Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

§ 56 SGB VI: Kindererziehungszeiten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

11.09.2023

Änderung

Abschnitt 2: Ausführungen zur Wirksamkeit freiwilliger Beiträge durch Verlinkung in der GRA zu § 7 SGB VI, Abschnitt 2.3 ersetzt. Die Abschnitte 4.2.2. und 4.2.3 wurden überarbeitet. Ausführungen im Abschnitt 4.2.2 zu den Mutterschutzfristen geändert.

Dokumentdaten
Stand29.08.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 28.11.2018 in Kraft getreten am 01.01.2019
Rechtsgrundlage

§ 56 SGB VI

Version005.00
Schlüsselwörter
  • 1452

  • 1453

Inhalt der Regelung

§ 56 SGB VI legt den zeitlichen Umfang der Anrechnung fest und nennt die Voraussetzungen, unter denen bei einem Elternteil eine Kindererziehungszeit als Pflichtbeitragszeit anzurechnen ist.

  • Nach Absatz 1 ist Voraussetzung für die Anrechnung, dass
    • die Erziehungszeit dem betreffenden Elternteil zuzuordnen ist,
    • die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht,
    • der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
  • Absatz 2 regelt die Einzelheiten der Zuordnung zu einem bestimmten Elternteil, die Abgabe der übereinstimmenden Erklärung, die Wirkungen dieser Erklärung und benennt die Stellen, bei denen die Erklärung - außer beim Rentenversicherungsträger - abgegeben werden kann.
  • Absatz 3 legt fest, in welchen Fällen eine Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vorliegt und unter welchen Voraussetzungen eine Erziehung im Ausland einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gleichsteht.
  • Absatz 4 regelt, in welchen Fällen Elternteile von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind.
  • Absatz 5 konkretisiert Beginn und Ende der anzurechnenden Kindererziehungszeit, sowie die Verlängerung der Kindererziehungszeit bei gleichzeitiger Erziehung von mehreren Kindern.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Versicherungspflicht kraft Gesetzes wegen Kindererziehung ist in § 3 S. 1 Nr. 1 SGB VI normiert. Durch die Verweisung auf § 56 SGB VI richtet sich die Versicherungspflicht im Wesentlichen danach, ob nach dieser Vorschrift die Voraussetzungen dafür erfüllt werden. Beide Vorschriften werden ergänzt durch

Hinweis:

Die Berücksichtigung einer Kindererziehungsleistung an Mütter, die vor 1921 - beziehungsweise im Beitrittsgebiet vor 1927 - geboren sind, richtet sich nach §§ 294 ff. SGB VI und den Ausführungen in den entsprechenden Gemeinsamen Rechtlichen Arbeitsanweisungen.

Zeiten der Versicherungspflicht

Nach § 3 S. 1 Nr. 1 SGB VI begründet die Erziehung eines Kindes unter den Voraussetzungen des § 56 SGB VI kraft Gesetzes Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dadurch wird die Kindererziehung einer Beschäftigung im versicherungsrechtlichen Sinne gleichgestellt. Die Beiträge für die Versicherungspflicht werden vom Bund gezahlt (§ 177 SGB VI).

Unter welchen Voraussetzungen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind, ergibt sich aus §§ 56, 249, 249a SGB VI. Danach muss die Erziehungszeit dem betreffenden Elternteil zugeordnet werden können, die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sein oder einer solchen gleichstehen und der Elternteil darf nicht von der Anrechnung ausgeschlossen sein.

Die Erziehung von Kindern beziehungsweise die Anrechnung von Zeiten der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung führt nicht zu einer Minderung oder einem Entfallen der Beitragszahlung aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (vergleiche unter anderem BSG vom 30.09.2015, AZ: B 12 KR 15/12 R - BSGE 120, 23/SozR 4-1100 Art.3 Nr. 77).

Eine Beitragserstattung vor dem 01.01.1986 steht der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nicht entgegen. Zu den Rechtsfolgen einer nach dem 31.12.1985 durchgeführten Beitragserstattung nach § 82 AVG, § 210 SGB VI gelten die Ausführungen in der GRA zu § 210 SGB VI, Abschnitt 10.4.

Für Zeiten der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung dürfen freiwillige Beiträge nicht gezahlt werden.

Zur Wirksamkeit rechtswirksam gezahlter freiwilliger Beiträge, die nachträglich mit Kindererziehungszeiten zusammentreffen, siehe GRA § 7 SGB VI, Abschnitt 2.3.

Versicherter Personenkreis (§ 56 Abs. 1 SGB VI)

Zu den erziehenden Elternteilen gehören neben den leiblichen Eltern auch Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern (§ 56 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB I).

Leibliche Eltern

Leibliche Eltern sind Mutter und Vater eines gemeinsamen Kindes. Seit der rechtlichen Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder durch das Kindschaftsreformgesetz wird nicht mehr danach unterschieden, ob es sich um ein gemeinsames eheliches, für ehelich erklärtes oder nichteheliches Kind handelt.

Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB). Vater eines Kindes ist nach § 1592 BGB der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellt ist. Näheres zur Anerkennung, Anfechtung und gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft ist in den §§ 1594 bis 1600e BGB in der Fassung des Kindschaftsreformgesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942) geregelt.

Die Feststellung der Vaterschaft wirkt für und gegen alle und bindet damit auch die Deutsche Rentenversicherung. Nach Feststellung der Vaterschaft wird der Vater in das Geburtenregister eingetragen. Die danach ausgestellten Geburtsurkunden des Kindes enthalten den Namen des Vaters. Wird die Vaterschaft nach der Beurkundung der Geburt des Kindes anerkannt oder gerichtlich festgestellt, so wurde dies bis zum 31.12.2008 am Rande des Geburtseintrags vermerkt und ist ab dem 01.01.2009 beim Geburtseintrag zu beurkunden. Bei der Beurkundung werden Vorname und Familienname des Vaters eingetragen (§ 27 Abs. 1 PStG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG - Personenstandsgesetz).

Adoptiveltern

Adoptiveltern stehen nach bürgerlichem Recht den leiblichen Eltern gleich. Die Ausführungen in der GRA zu § 48 SGB VI, Abschnitt 3.1.2, gelten für Kindererziehungszeiten entsprechend.

Durch die Adoption erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Ehegatten (§ 1754 Abs. 1 BGB). Für einen Ehegatten besteht auch die Möglichkeit, ein Kind des anderen Ehegatten allein anzunehmen.

Ergänzend ist allerdings darauf hinzuweisen, dass Tatsachen, die geeignet sind, die Annahme und ihre Umstände aufzudecken, ohne Zustimmung des Annehmenden und des Kindes grundsätzlich nicht offenbart oder ausgeforscht werden dürfen (§ 1758 BGB).

Das Ausforschungsverbot des § 1758 Abs. 1 BGB ist von den Versicherungsträgern von Amts wegen zu beachten. Das bedeutet, dass jegliche Rückfragen - insbesondere bei der leiblichen Mutter -, die die Adoption und ihre Umstände betreffen, unterbleiben müssen. Dem steht nicht entgegen, dass mit dem Feststellungsantrag eingereichte Adoptionsurkunden als Beweismittel berücksichtigt werden.

Soweit Adoptiveltern das Kind bereits vor der Rechtswirksamkeit der Adoption in ihren Haushalt aufgenommen haben (Probezeit vor der Annahme – § 1744 BGB, sogenannte Adoptionspflege), ist das Ausforschungsverbot des § 1758 Abs. 1 BGB ebenfalls zu beachten. Während dieser Zeit stehen die Pflegeeltern den Adoptiveltern diesbezüglich gleich.

Nach deutschem Recht ist es derzeit nicht möglich, dass Lebenspartner, trotz Eintragung als eingetragene Lebenspartnerschaft, ein Kind gemeinsam adoptieren. Eine durch beide Lebenspartner erfolgte Adoption im Ausland (zum Beispiel USA) steht dagegen nicht (mehr) im eklatanten Widerspruch zu wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (vergleiche Beschluss OLG Schleswig-Holstein vom 27.01.2014, AZ: 12 UF 14/13) und ist somit als rechtswirksam anzusehen, soweit das Adoptionsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Dementsprechend sind auch beide Lebenspartner Adoptivelternteile.

Seit dem 01.10.2017 kann eine Ehe auch von zwei Personen gleichen Geschlechts geschlossen werden (§ 1353 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Ehepartner haben nun auch das Recht, ein Kind gemeinsam zu adoptieren (§ 1353 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit § 1741 Abs. 2 S. 2 BGB).

Lebenspartner haben seitdem nach § 17a LPartG die Möglichkeit, die Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln zu lassen. Ist dies geschehen, können die Ehepartner ebenfalls gemeinsam ein Kind adoptieren.

Aufgrund der Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes mit Wirkung ab 01.01.2005 besteht gemäß § 9 Abs. 7 LPartG für einen Lebenspartner die Möglichkeit, ein Kind seines Lebenspartners allein anzunehmen (sogenannte Stiefkindadoption). Das Kind erlangt - entsprechend § 1754 Abs. 1 BGB - die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes der Lebenspartner.

Die Möglichkeit der Annahme eines adoptierten Kindes des eingetragenen Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner wurde mit der Formulierung von § 9 Abs. 7 LPartG zwar zunächst nicht geschaffen. Dennoch war aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 19.02.2013, AZ: 1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09, § 9 Abs. 7 LPartG mit der Maßgabe anzuwenden, dass auch die Annahme eines adoptierten Kindes des eingetragenen Lebenspartners möglich ist. Mit Wirkung ab 27.06.2014 wurde die gesetzliche Regelung an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Nach § 9 Abs. 7 LPartG kann ein Lebenspartner, weil nunmehr § 1742 BGB entsprechend gilt, jetzt auch ein adoptiertes Kind des eingetragenen Lebenspartners als gemeinschaftliches Kind annehmen.

Seit dem 31.03.2020 können gemäß § 1766a BGB auch Personen, die in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben, ein Kind des nichtehelichen Partners allein annehmen (sogenannte Stiefkindadoption). Das gilt sowohl für nichteheliche Partnerschaften gleichen als auch ungleichen Geschlechts. In der Regel liegt eine verfestigte Lebensgemeinschaft vor, wenn zwei Personen seit mindestens vier Jahren oder als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes eheähnlich zusammenleben. Nimmt der nichteheliche Partner das Kind an, so erlangt dieses – entsprechend § 1754 Abs. 1 BGB – die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes.

Stiefeltern

Wer als Stiefmutter und Stiefvater zu berücksichtigen ist, regelt § 56 Abs. 1 SGB VI durch Verweisung auf § 56 Abs. 3 Nr. 2 SGB I. Der Begriff der Stiefmutter und des Stiefvaters im Sinne dieser Vorschrift setzt Stiefkinder voraus, die den Anforderungen des § 56 Abs. 2 Nr. 1 SGB I genügen.

Ein Stiefelternteil ist danach eine Person, die mit dem Kind des anderen Ehegatten einen eigenen Haushalt bildet und mit ihm ein auf Dauer angelegtes elternähnliches Betreuungs- und Erziehungsverhältnis begründet. Die Eigenschaft als Stiefmutter/-vater beginnt daher frühestens mit der Eheschließung, wenn das Kind mit dem Stiefelternteil zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Haushalt zusammenlebt. Davor liegende Erziehungszeiten können nicht anerkannt werden, selbst wenn der spätere Stiefelternteil bereits vor der Eheschließung mit dem leiblichen Elternteil und dem Kind in einem Haushalt zusammengelebt hat.

Der Begriff ‘Stiefkind’ ist gesetzlich nicht festgelegt. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist Stiefkind das Kind des anderen Ehegatten, das dieser in die Ehe eingebracht hat, sofern es sich nicht um ein eigenes Kind des aufnehmenden Ehegatten handelt. Der Status als Stiefkind wird durch eine spätere Auflösung der Ehe nicht beseitigt (BSG vom 25.07.1963, AZ: 4 RJ 423/61, SozR § 1262 RVO Nr. 9).

Aufgrund der Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes mit Wirkung ab 01.01.2005 können Lebenspartner von diesem Zeitpunkt an ebenfalls Stiefelternteil sein, wenn sie mit dem Kind des anderen Lebenspartners in einem Haushalt leben und es sich um ein auf Dauer angelegtes elternähnliches Betreuungs- und Erziehungsverhältnis handelt. Die Eigenschaft als Stiefelternteil beginnt frühestens mit der Begründung der Lebenspartnerschaft, wenn das Kind mit dem Stiefelternteil zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Haushalt zusammenlebt. Wird das Kind während der Lebenspartnerschaft geboren, beginnt die Eigenschaft als Stiefelternteil mit dem Tag der Geburt des Kindes.

Pflegeeltern

Pflegeeltern sind Personen, die ein Kind, das nicht leibliches oder angenommenes Kind der Pflegemutter oder des Pflegevaters ist, als Pflegekind aufgenommen haben. Den Personenkreis der Pflegeeltern grenzt § 56 Abs. 1 SGB VI durch Verweisung auf § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I ab. Der Begriff Pflegemutter/Pflegevater im Sinne dieser Vorschrift setzt Pflegekinder voraus, die von § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I erfasst werden. Erforderlich ist danach

  • ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis,
  • häusliche Gemeinschaft und
  • familiäre Bindung der Pflegeeltern mit dem Kind.

Auf eine Übertragung der elterlichen Sorge kommt es nicht an.

Ehegatten/Lebenspartner werden regelmäßig gemeinsam Pflegeeltern und zwar selbst dann, wenn nur ein Elternteil den Pflegevertrag mit dem Jugendamt geschlossen haben sollte. Bei gleichgeschlechtlichen Pflegeeltern mit gleichgewichtigen Erziehungsanteilen ist Abschnitt 4.2.3 zu beachten.

Auf längere Dauer ist ein Pflegeverhältnis regelmäßig dann angelegt, wenn das Kind aus dem Obhuts- und Erziehungsverhältnis zu den leiblichen Eltern ausgeschieden und in die alleinige Fürsorge der Pflegeeltern übergetreten ist. Das Pflegekindschaftsverhältnis mit familiärer Bindung - wie ein Eltern-Kind-Verhältnis - muss von vornherein für längere Dauer, seiner Natur nach regelmäßig auf mehrere Jahre und nicht nur für eine Übergangszeit bis zu einer anderweitigen Unterbringung beabsichtigt sein. Daher kommt es grundsätzlich nicht auf die tatsächliche Dauer dieser Bindung an, wie sie sich aus rückschauender Betrachtung darstellt. Maßgebend ist vielmehr die Dauer, die eine Bindung nach dem Willen der Beteiligten (Eltern des Kindes beziehungsweise Jugendamt auf der einen, betreuende Person auf der anderen Seite) bei der Übernahme des Kindes haben soll.

Ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis ist nach der Rechtsprechung des BSG auch in den Fällen gegeben, in denen zwar noch ein loses familiäres Band zwischen den leiblichen Eltern/der Mutter und dem Kind bestanden hat, das Kind jedoch praktisch von Geburt an allein in häuslicher Gemeinschaft mit der Pflegemutter gelebt hat und die leiblichen Eltern das Kind nur gelegentlich - dem äußeren Erscheinungsbild nach - wie ein fremdes Kind ‘besucht’ haben (BSG vom 23.04.1992, AZ: 5 RJ 70/90, SozR 3-1200 § 56 Nr. 5).

Darüber hinaus ist ein Pflegeverhältnis nur dann auf längere Dauer angelegt, wenn es einen Zeitraum umfasst, der für die körperliche und geistige Entwicklung des aufgenommenen Kindes auch erheblich ist. Bei Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Säuglingsalter ist ein Zeitraum von drei Jahren ausreichend, weil sich ein Kind während dieser Zeit typischerweise soweit entwickelt, dass es aus der ständigen häuslichen Betreuung entlassen werden und zum Beispiel in den Kindergarten gehen kann.

Ein Pflegekindschaftsverhältnis mit familiärer Bindung liegt ferner nur dann vor, wenn das Kind in der Familie der betreuenden Person durchgängig, das heißt nicht nur für einen Teil des Tages oder nur für einige Tage der Woche, Versorgung, Erziehung und Heimat findet. Erfolgt die Betreuung lediglich tagsüber oder an Werktagen und wird das Kind abends beziehungsweise an den Wochenenden von den Eltern beziehungsweise der Kindesmutter abgeholt, so liegt ein Pflegekindschaftsverhältnis in diesem Sinne nicht vor

Die Betreuung von Kindern in einer Pflegefamilie im Rahmen einer kurzzeitigen Vollzeitpflege, einer Interims-Vollzeitpflege oder einer familiären Übergangs-/Bereitschaftspflege erfüllt die Kriterien eines Pflegekindschaftsverhältnisses in Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich nicht. Es handelt sich um eine von vornherein zeitlich begrenzte und damit nur vorübergehende Unterbringung von Kindern in Pflegefamilien, bis die Rückführung in die eigene Familie erfolgen oder über Folgehilfe entschieden werden kann. Auch wenn die Dauer der Unterbringung nicht in allen Fällen absehbar und damit auch ein dauerhafter Verbleib des Kindes bei den Pflegeeltern nicht ausgeschlossen ist, bleibt die Unterbringung jedoch zumindest zu Beginn von vorübergehender Natur. Wird das Pflegeverhältnis später in eine auf Dauer angelegte Vollzeitpflege erweitert, so kann ab dem Zeitpunkt der Änderung (und nicht rückwirkend zum Beispiel ab Beginn der familiären Bereitschaftspflege) bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen vom Bestehen eines Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne der Rentenversicherung ausgegangen werden (zur Bereitschaftspflege vergleiche BSG vom 16.06.2016, AZ: B 13 R 15/14 R).

Eltern, die ein Kind zwecks späterer Annahme in ihren Haushalt aufnehmen (Adoptionspflege), erfüllen stets die Voraussetzungen für ein Pflegekindschaftsverhältnis. Bei der Adoptionspflege handelt es sich um eine Probezeit nach § 1744 BGB, die der Annahme eines Kindes regelmäßig voraus gehen sollte. Die Dauer der Probezeit richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall. Hinsichtlich der Adoptionspflege ist bereits das Ausforschungsverbot nach § 1758 Abs. 1 BGB zu beachten (vergleiche Abschnitt 3.2).

Pflegekindschaftsverhältnis unter Verwandten

Pflegeeltern können auch Personen sein, die mit dem Kind verwandt oder verschwägert sind (zum Beispiel Großeltern, Geschwister, Tanten). Es gelten hier im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie für die übrigen Pflegeeltern (vergleiche Abschnitt 3.4). Auch hier ist erforderlich, dass das Kind aus dem Haushalt der Eltern und damit aus deren Obhuts- und Erziehungsverhältnis ausgeschieden und in den Haushalt der Pflegeeltern übergetreten ist (BSG vom 12.09.1990, AZ: 5 RJ 45/89, SozR 3-1200 § 56 Nr. 1, BSG vom 28.11.1990, AZ: 5 RJ 64/89, SozR 3-1200 § 56 Nr. 2, und BSG vom 15.05.1991, AZ: 5 RJ 58/90, SozR 3-1200 § 56 Nr. 3).

Leben die Mutter beziehungsweise der Vater und das Kind derart räumlich getrennt, dass ein Besuch des Kindes objektiv nur am Wochenende möglich ist und auch nur gelegentlich erfolgt, so ist im Einzelfall zu prüfen, ob zu ihrem Kind (noch) ein Obhuts- und Erziehungsverhältnis besteht (siehe auch Abschnitt 4).

Führen die Eltern oder ein Elternteil mit dem Kind und den Großeltern einen gemeinsamen Haushalt, kann von einem Pflegekindschaftsverhältnis zu den Großeltern schon allein deshalb nicht gesprochen werden, weil Mutter und Großmutter in Bezug auf die Anrechnung einer Kindererziehungszeit nicht gleichzeitig ein familiäres Band mit dem Kind unterhalten können (BSG vom 25.04.1963, AZ: 4 RJ 341/61, BSGE 19, 106, und BSG vom 12.09.1990, AZ: 5 RJ 45/89, BSGE 67, 211).

Ein Pflegekindschaftsverhältnis unter Verwandten - insbesondere bei Großmüttern - kann daher nur die Ausnahme sein. Es liegt jedoch regelmäßig vor, wenn die Eltern entweder während der maßgeblichen Erziehungszeit verstorben sind oder sich um ihr Kind praktisch nicht gekümmert haben (BSG vom 01.02.1967, AZ: 1 RA 145/64, SozR Nr. 15 zu § 1262 RVO, und BSG vom 28.11.1990, AZ: 5 RJ 64/89, SozR 3-1200 § 56 Nr. 2).

Keine Pflegekindschaftsverhältnisse liegen insbesondere vor,

  • wenn die Großmutter in die Wohnung ihrer studierenden Tochter zieht, um sich der Betreuung und Versorgung ihres Enkelkindes zu widmen (BSG vom 12.09.1990, AZ: 5 RJ 45/89, SozR 3-1200 § 56 Nr. 1),
  • wenn die leibliche Mutter des Kindes ganztägig erwerbstätig ist und deshalb die im selben Haus lebende Großmutter die Pflege und Betreuung des Kindes übernimmt (BSG vom 29.11.1990, AZ: 5 RJ 35/90),
  • wenn ein Kind sich wechselweise nur für einen Teil des Tages oder für einige Tage in der Woche im Haushalt der Großeltern und seiner berufstätigen leiblichen Eltern aufgehalten hat, selbst wenn die Mutter oder der Vater tagsüber oder auch für einen längeren Zeitraum zum Beispiel beruflich oder aus Krankheitsgründen abwesend war,
  • wenn Eltern und Großeltern einen gemeinsamen Haushalt führen. Eine Haushaltsaufnahme liegt auch dann nicht vor, wenn die Eltern an dem gemeinsamen Haushalt nur anteilig beteiligt sind (BSG vom 11.07.1972, AZ: 5 RJ 392/71, SozR Nr. 30 zu § 1262 RVO) oder wenn der im gemeinsamen Haushalt lebende Elternteil noch minderjährig ist (BSG vom 30.06.1966, AZ: 12 RJ 116/66, SozR Nr. 24 zu § 1267 RVO),
  • wenn die Großmutter - an Stelle der Kindesmutter - für die Dauer der Erziehung und Betreuung des Kindes bis zur Bereitstellung eines Krippenplatzes die bezahlte Freistellung von der Arbeit durch Werktätige (sogenannte Mütterunterstützung) nach § 246 Abs. 3 AGB (Arbeitsgesetzbuch der DDR) in Anspruch genommen hat. In diesen Fällen wird ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Pflegekindschaftsverhältnis grundsätzlich nicht begründet.

Erwerbs-/Berufsmäßige Kindererziehung

Tagesmütter sowie Personen, die eine private Pflegestelle oder Kinderkrippe betreiben oder im steten Wechsel Säuglinge und Kleinkinder von Jugendämtern und/oder Eltern gegen Kostenersatz für eine bestimmte Zeit zur Betreuung übernehmen, gehören nicht zu den Pflegeeltern im Sinne von § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I.

Der häufige Wechsel und eine Anzahl gleichzeitig in den Haushalt aufgenommener Kinder stehen der Annahme eines auf längere Dauer angelegten familienähnlichen Bandes regelmäßig entgegen.

Die Begründung einer familienähnlichen Bindung zwischen Pflegeeltern und Pflegekind wird zwar nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass die Pflegeeltern für die Aufnahme, Betreuung, Bekleidung und Beköstigung des Kindes von anderer Seite einen Kostenersatz erhalten. Haben jedoch leibliche Eltern ein Kind auf ihre Kosten in einer privaten Pflegestelle untergebracht, ist davon auszugehen, dass ein Pflegekindschaftsverhältnis nicht in der Absicht der Beteiligten lag, sondern nur eine zeitweilige Versorgung des Kindes aufgrund der besonderen persönlichen Lebensverhältnisse der Eltern gewollt war.

Sind in einer Familie/Pflegestelle mehrere Kinder untergebracht (sogenannte Großpflegestelle), kann sich die Abgrenzung zwischen einer Pflege, die noch familiengebunden ist und einer Pflege, die schon erwerbsmäßige beziehungsweise institutionelle Bezüge aufweist, im Einzelfall schwierig gestalten.

Ein wesentliches Kriterium für die Abgrenzung ist die Anzahl der minderjährigen Pflegekinder, die in einem Kalenderjahr gleichzeitig erzogen worden sind. In diese Prüfung sind alle Pflegekinder, die in der Pflegefamilie aufgenommen wurden, unabhängig vom Alter (also auch nach Vollendung des 10. Lebensjahres) einzubeziehen. Das gilt auch für Pflegekinder, für die das Jugendamt zum Beispiel bestätigt hat, dass diese nur im Rahmen einer Wochenpflege betreut wurden und jeweils zum Wochenende wieder zu den leiblichen Eltern zurückgekehrt sind (vergleiche Abschnitt 3.4).

Wurden im Laufe eines Kalenderjahres bis zu fünf Pflegekinder (ab dem Jahr 2008 bis zu sechs Pflegekinder) gleichzeitig erzogen, ist ohne weitere Prüfung davon auszugehen, dass keine erwerbsmäßige Pflege vorliegt. Das gilt auch dann, wenn im Laufe eines Kalenderjahres nacheinander (nicht gleichzeitig) insgesamt mehr als fünf (beziehungsweise sechs) Pflegekinder erzogen wurden. Von der widerlegbaren Vermutung einer Erwerbsmäßigkeit ist grundsätzlich dann auszugehen, wenn im Laufe eines Kalenderjahres mehr als fünf Pflegekinder (ab dem Jahr 2008 mehr als sechs Pflegekinder) gleichzeitig erzogen wurden. In diesem Fall ist die steuerliche Einordnung anhand der jeweiligen Einkommensteuerbescheide zu prüfen. Nur wenn das zuständige Finanzamt eine Erwerbsmäßigkeit festgestellt hat, sind in den Einkommensteuerbescheiden Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit ausgewiesen. Ist das der Fall, können Erziehungszeiten für die entsprechenden Kalenderjahre nicht vorgemerkt werden. Als Rentenversicherungsträger schließen wir uns den Entscheidungen der Finanzbehörden an.

Nachweis der Haushaltsaufnahme

Pflegekindschaftsverhältnisse werden grundsätzlich beim Jugendamt registriert. Als Nachweis der Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Pflegeeltern dient daher regelmäßig eine Bescheinigung des Jugendamtes, aus der sich die Art des Pflegeverhältnisses (Vollzeit-, Wochen-, Tages-, Adoptionspflege und so weiter) und die Dauer der häuslichen Gemeinschaft ergeben. Da der Begriff des Pflegekindes im Sinne von § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I von dem des § 33 SGB VIII (bis 31.12.1990 § 27 Jugendwohlfahrtsgesetz) abweicht, kann selbst eine vom Jugendamt bescheinigte Vollzeit- beziehungsweise Dauerpflege nur im Rahmen der vorgenannten Kriterien zur Anerkennung einer Kindererziehungszeit führen.

Liegen Unterlagen beim Jugendamt nicht (mehr) vor, so wird die Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Pflegeeltern durch eine Bescheinigung des Einwohnermeldeamtes belegt. Ist im Einzelfall eine polizeiliche Ummeldung des Kindes versehentlich unterblieben (insbesondere bei Verwandten), so genügt ausnahmsweise eine wahrheitsgemäße Erklärung, dass das Kind von den Pflegeeltern in ihren Haushalt aufgenommen und von ihnen wie ein eigenes Kind erzogen worden ist.

Die Zuordnung von Kindererziehungszeiten zur Pflegemutter setzt grundsätzlich auch die Anhörung der leiblichen Mutter voraus, sofern das Pflegekindschaftsverhältnis nicht durch eine Bescheinigung des Jugendamtes hinreichend nachgewiesen ist. Dies gilt nicht in Fällen der sogenannten Adoptionspflege wegen des bestehenden Ausforschungsverbotes. Ergeben die Ermittlungen, dass das Kind und die Großeltern oder Dritte mit den Eltern in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben, kann selbst mit Zustimmung der Eltern/eines Elternteiles die Erziehungszeit den Großeltern oder Dritten grundsätzlich nicht zugeordnet werden (siehe Abschnitt 3.4.1).

Erziehung (§ 56 Abs. 2 SGB VI)

Für die Erziehung gelten die gleichen Grundsätze wie bei der Anwendung der §§ 46, 47 SGB VI.

Erziehung ist Teil der Elternverantwortung im Sinne von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG, welche die Eltern nach ihren eigenen Vorstellungen frei und grundsätzlich mit Vorrang vor anderen wahrnehmen können. Sie ist die Sorge für die sittliche, geistige und körperliche Entwicklung eines Kindes und beinhaltet alle Maßnahmen, durch die das Kind zur voll entwickelten Persönlichkeit werden soll (BSG vom 28.11.1990, AZ: 4 RA 40/90, SozR 3-2200 § 1251a Nr. 8). Das setzt voraus, dass der Erziehende nicht nur gewillt, sondern auch in der Lage ist, das Kind tatsächlich zu erziehen. Er muss sich um das Kind kümmern und einen erzieherischen Einfluss auf das Kind haben (BSG vom 18.08.1971, AZ: 4 RJ 411/70, BSGE 33, 105). Lebt das Kind im Haushalt der Mutter und/oder des Vaters, ist regelmäßig von Erziehung auszugehen.

Hat ein Elternteil aus bestimmten Gründen keinen erzieherischen Einfluss auf das Kind, so liegt auch keine Erziehung vor (zum Beispiel Fürsorgeunterbringung des Kindes in einem Heim auf Anordnung des Vormundschaftsgerichtes, Verbüßung einer längeren Freiheitsstrafe des betreffenden Elternteils). Ein vorübergehender Krankenhausaufenthalt des Kindes oder eine gelegentliche Verhinderung durch Erkrankung/Krankenhausaufenthalt des betreffenden Elternteils stehen dem Fortbestand der häuslichen Gemeinschaft und der Annahme von Erziehung nicht entgegen. Dies gilt auch dann, wenn sich das Kind seit Geburt bis zum Tod ausschließlich im Krankenhaus befand. In diesem Zusammenhang wird ein Krankenhausaufenthalt grundsätzlich als vorübergehend angesehen (RBRTS 1/2003, TOP 10).

Das gilt gleichermaßen dann, wenn das Kind bei ansonsten internatsmäßiger Unterbringung nur an den Wochenenden oder in den Ferien zu den Eltern zurückkehrt.

Leben Kind und Elternteil nicht in einem gemeinsamen Haushalt zusammen (zum Beispiel Unterbringung des Kindes bei den Großeltern), liegt eine Erziehung durch den Elternteil nur dann vor, wenn auch konkrete Maßnahmen zur Erziehung des Kindes ergriffen werden (zum Beispiel durch persönliche Einwirkung auf das Kind, Einflussnahme auf die Großmutter als Betreuungsperson). Hierzu reichen zum Beispiel Geldüberweisungen zur Sicherstellung des Unterhaltes an die Großmutter und ein gemeinsam verbrachter Jahresurlaub allein nicht aus.

Wurde das Kind vorübergehend in einem Kinder- oder Säuglingsheim untergebracht und haben die Eltern in dieser Zeit zum Beispiel durch regelmäßige Besuche im Laufe der Woche und/oder an den Wochenenden erzieherischen Einfluss ausgeübt, liegt gleichfalls Erziehung vor.

Auf das elterliche Sorgerecht oder das Umgangsrecht kommt es im Rahmen der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung allein nicht an. Die elterliche Sorge stellt allerdings ein wesentliches Indiz für die Erziehung dar.

Für die Zuordnung der Erziehungszeit wird im Wesentlichen zwischen zwei Kategorien der Erziehung unterschieden:

  • Alleinerziehung (vergleiche Abschnitt 4.1)
  • Gemeinsame Erziehung (vergleiche Abschnitt 4.2).

Zuordnung bei Alleinerziehung

Eine Erziehungszeit ist dem Elternteil zuzuordnen, der sein Kind - ohne Mitwirkung des anderen Elternteils - erzogen hat (§ 56 Abs. 2 S. 1 SGB VI).

Alleinerziehung liegt grundsätzlich bei dem Elternteil vor, in dessen Haushalt das Kind lebt. Das gilt insbesondere für die unverheiratete Mutter, wenn die Vaterschaft weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt ist.

Bei dauerhaft getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern liegt Alleinerziehung regelmäßig bei dem Elternteil vor, in dessen Haushalt das Kind lebt, selbst wenn ihm das alleinige Sorgerecht nicht übertragen wurde. Das gilt auch, wenn Lebenspartner nicht nur vorübergehend getrennt leben oder die Lebenspartnerschaft durch gerichtliches Urteil aufgehoben wurde.

Steht getrennt lebenden Eltern die elterliche Sorge gemeinsam zu, so hat der Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung gewöhnlich aufhält, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens (§ 1687 Abs. 1 S. 2 BGB in der Fassung des Kindschaftsreformgesetzes). Damit liegt bei dem Elternteil, in dessen Haushalt das Kind lebt, Alleinerziehung selbst dann vor, wenn dem anderen Elternteil ein regelmäßiges Besuchsrecht eingeräumt wurde. Bei der Ausübung des Besuchsrechts des anderen Elternteils handelt es sich nicht um Erziehung im Sinne des § 56 SGB VI. Im Einzelfall kann allerdings auch bei getrennt lebenden Eltern (weiterhin) gemeinsame Erziehung vorliegen (siehe Abschnitt 4.2).

Führen die Eltern einen gemeinsamen Haushalt, kann keinesfalls von einer Alleinerziehung eines Elternteils ausgegangen werden; hier liegt eine gemeinsame Erziehung vor (vergleiche Abschnitt 4.2).

Liegen die Voraussetzungen für eine Alleinerziehung nicht vor, weil das Kind von mehreren Elternteilen gleichzeitig erzogen wird, finden die Abschnitte 4.2 und 4.2.2 Anwendung.

Zuordnung bei gemeinsamer Erziehung

Erziehen Eltern ihr Kind gemeinsam, kann die Erziehungszeit nur einem Elternteil zugeordnet werden (§ 56 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Das gilt auch dann, wenn beide Elternteile gemeinsam die Elternzeit nach den Vorschriften des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) ab 01.01.2001 beziehungsweise des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) ab 01.01.2007 in Anspruch genommen haben.

Von einer gemeinsamen Erziehung durch Eltern ist stets auszugehen, wenn die Eltern in Ausübung ihres Elternrechts bei der Erziehung des Kindes für denselben Erziehungszeitraum zusammenwirken. Leben Eltern mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft zusammen, ist gemeinsame Erziehung anzunehmen. Das gilt selbst dann, wenn ein Elternteil zum Beispiel aufgrund beruflicher Inanspruchnahme sich weniger um das Kind kümmern kann.

Gemeinsame Erziehung kann auch dann vorliegen, wenn Eltern zwar getrennt leben, aber dennoch (weiterhin) in Ausübung ihres Elternrechts bei der Erziehung des Kindes zusammenwirken. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Kind regelmäßig sowohl mit dem einen als auch mit dem anderen Elternteil (die Eltern jedoch nicht miteinander) in häuslicher Gemeinschaft lebt und dementsprechend von den Elternteilen im täglichen oder wöchentlichen Wechsel erzogen wird.

Gemeinsame Erziehung endet, wenn ein Elternteil den gemeinsamen Haushalt auf Dauer verlässt und die Eltern nicht mehr in Ausübung ihres Elternrechts bei der Erziehung des Kindes zusammenwirken. Die gemeinsame Erziehung endet auch dann, wenn ein Elternteil verstirbt. In diesen Fällen liegt danach regelmäßig Alleinerziehung eines Elternteils vor. Im Falle der Wiederheirat beziehungsweise bei Begründung einer neuen Eingetragenen Lebenspartnerschaft endet die Alleinerziehung; danach liegt gemeinsame Erziehung mit dem „neuen“ Elternteil vor.

Unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Erziehung können gemeinsam erziehende Eltern durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung bestimmen, welchem Elternteil die Erziehungszeit zugeordnet werden soll (vergleiche Abschnitt 4.2.1). Wurde eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, ist die Erziehungszeit grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind - nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet - überwiegend erzogen hat (vergleiche Abschnitt 4.2.2).

Übereinstimmende Erklärung

Eine übereinstimmende Erklärung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Zugang bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger oder einer in § 16 SGB I genannten Stelle wirksam wird.

Gemeinsam erziehende Eltern können durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung für jedes ihrer Kinder bestimmen, welchem Elternteil die Erziehungszeiten zugeordnet werden sollen. Sie können die Erziehungszeiten auch unter sich aufteilen. Die Aufteilung ist mehrfach möglich, sie ist jedoch stets nur für volle Kalendermonate zulässig. Für das Recht zur Abgabe der übereinstimmenden Erklärung genügt es, dass der andere Elternteil an der Erziehung beteiligt ist.

Die übereinstimmende Erklärung kann zum Beispiel auch von den Eltern eines Kindes abgegeben werden, die nicht verheiratet sind und in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben, wenn die Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt worden ist (§ 27 Abs. 1 PStG in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG - Personenstandsgesetz). Die minderjährige Mutter benötigt zur Abgabe der übereinstimmenden Erklärung zusätzlich die Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters (§ 36 Abs. 2 S. 2 SGB I). Volljährigkeit tritt auch bei Eheschließung einer Minderjährigen erst mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein.

Lebenspartner in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft können eine übereinstimmende Erklärung wirksam frühestens für Erziehungszeiten ab 01.01.2005 abgeben.

Haben Elternteile Versorgungsanwartschaften als Beamter, Richter oder Ähnlicher, sind die Besonderheiten unter Abschnitt 4.2.1.3 zu beachten.

Die Erklärung muss von beiden Elternteilen übereinstimmend abgegeben werden. Eine Erklärung nur durch einen Elternteil ist nicht ausreichend. Auf die Gründe, warum ein Elternteil die Erklärung nicht abgeben will oder kann, kommt es nicht an.

Wird eine übereinstimmende Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder sonst nicht rechtswirksam, insbesondere nicht rechtzeitig abgegeben, findet der Abschnitt 4.2.2 zur überwiegenden Erziehung Anwendung.

Wirkung der übereinstimmenden Erklärung

Die übereinstimmende Erklärung der Eltern ist grundsätzlich mit Wirkung für künftige Kalendermonate abzugeben. Die Zuordnung kann jedoch auch rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen. Bei Lebenspartnern in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft rückwirkend längstens bis zum 01.01.2005.

Eine einmal wirksam abgegebene Erklärung kann weder von einem Elternteil noch von beiden widerrufen werden. Ein Widerruf ist nur dann möglich, wenn dieser entweder ausdrücklich im Gesetz zugelassen ist oder die Voraussetzungen für die Anfechtung von öffentlich-rechtlichen Erklärungen für Privatpersonen nach dem BGB erfüllt sind. Das SGB kennt für derartige Fälle keine Widerrufsregelung, sodass es auf die Vorschriften des BGB ankommt. In Betracht kommt alleine die Anfechtung wegen Irrtums (§ 119 BGB) oder wegen Täuschung/Drohung (§ 123 BGB). Derartige Anfechtungsgründe liegen jedoch regelmäßig nicht vor; vielmehr berufen sich Eltern meistens auf einen (gegebenenfalls auch erst im Laufe der Zeit eingetretenen) Irrtum im Beweggrund (sogenannter Motivirrtum), bei dem es sich nicht um einen Anfechtungsgrund im Sinne des BGB handelt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, für die Zukunft beziehungsweise für zwei Kalendermonate zurück eine neue übereinstimmende Erklärung abzugeben. Darüber hinaus sind bei fehlerhafter Beratung die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs anzuwenden (siehe GRA zu § 14 SGB I).

Die übereinstimmende Erklärung für die Kindererziehungszeiten kann grundsätzlich nur während der ersten 36 Kalendermonate nach dem Geburtsmonat wirksam abgegeben werden. Wegen der zweimonatigen Rückwirkung ist eine Erklärung für den 35. und 36. Kalendermonat allerdings auch noch im 37. beziehungsweise 38. Monat möglich.

Dies gilt auch für Mehrlingsgeburten, bei denen eine wirksame Erklärung für die Kindererziehungszeiten ebenfalls nur in den ersten 36 Kalendermonaten nach der Geburt abgegeben werden kann. Wird die Erklärung im 37. beziehungsweise 38. Kalendermonat rückwirkend abgegeben, so gehen auch die entsprechenden Verlängerungszeiten aus dem 35. und 36. Kalendermonat auf den anderen Elternteil über. Verstirbt ein Elternteil vor Ablauf der Kindererziehungszeit, ist die restliche Kindererziehungszeit und die sich daraus ergebende Verlängerungszeit dem überlebenden Elternteil zuzuordnen. Verstirbt jedoch ein Elternteil während der Verlängerungszeit, kann die restliche Verlängerungszeit nicht bei dem überlebenden Elternteil angerechnet werden.

Eine rückwirkende Zuordnung von Kindererziehungszeiten ist allerdings unzulässig, wenn für den anderen Elternteil unter Berücksichtigung dieser Kalendermonate bereits eine Leistung (zum Beispiel Rente, Leistung zur Rehabilitation) bindend festgestellt oder ein Versorgungsausgleich beziehungsweise ein Versorgungsausgleich nach Aufhebung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft oder ein Rentensplitting durchgeführt worden ist.

Ein Versorgungsausgleich ist erst dann durchgeführt, wenn die Entscheidung rechtskräftig und damit wirksam ist (§§ 45, 224 Abs. 1 FamFG - Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). Das Rentensplitting ist dann durchgeführt, wenn die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über das Rentensplitting unanfechtbar geworden ist (§ 120a Abs. 9 SGB VI).

Die übereinstimmende Erklärung verliert ihre rechtliche Wirkung regelmäßig von dem Zeitpunkt an (und nicht rückwirkend), an dem ein Elternteil vollständig aus dem Erziehungsverhältnis ausscheidet und damit keine gemeinsame Erziehung der Elternteile, die die übereinstimmende Erklärung abgegeben haben, mehr vorliegt. Das gilt auch, wenn ein Elternteil verstirbt.

Übereinstimmende Erklärung für Zeiten vor dem 01.01.1992

Für Erziehungszeiten vor dem 01.01.1992 ist zwischen alten und neuen Bundesländern zu unterscheiden.

  • Alte Bundesländer
    Bei Geburten vor dem 01.12.1985 bestand bis zum 31.12.1996 für gemeinsam erziehende Eltern die Möglichkeit, gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger übereinstimmend zu erklären, dass der Vater das Kind überwiegend erzogen hat (§ 28a Abs. 2 S. 1 AVG, § 1251a Abs. 2 S. 1 RVO). Diese Erklärungsfrist galt auch für die über den 31.12.1985 hinaus nach § 2a AVG, § 1227a RVO anzurechnende Kindererziehungszeit. Die Kindererziehungszeit wurde in diesem Fall insgesamt dem Vater zugeordnet. Das galt auch für den Fall, dass ein Elternteil vor dem 01.01.1997 gestorben ist und der überlebende Elternteil die Erklärung bis zum 31.03.1997 allein abgegeben hat.
    Ist die Mutter in den alten Bundesländern bereits vor dem 01.01.1986 gestorben, wird die Kindererziehungszeit kraft Gesetzes insgesamt dem Vater zugeordnet, ohne dass es einer Erklärung bedurfte.
    Weitere Einzelheiten zur Zuordnung zum Vater sind der GRA zu § 249 SGB VI zu entnehmen.
    Bei Geburten in der Zeit vom 01.12.1985 bis 31.12.1991 konnten Eltern bis zum Ablauf des dritten Kalendermonats nach der Geburt des Kindes gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger erklären, dass - anstelle der berechtigten Mutter - der Vater versichert sein sollte (§ 2a Abs. 2 S. 1 AVG, § 1227a Abs. 2 S. 1 RVO).
    Die Erklärungsfristen sind inzwischen abgelaufen. Da es sich hierbei um gesetzliche Ausschlussfristen handelt, ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch Gesetz ausgeschlossen.
    Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder nicht rechtzeitig abgegeben, findet der Abschnitt 4.2.2 zur überwiegenden Erziehung Anwendung.
  • Neue Bundesländer
    Haben Eltern ihr Kind vor dem 01.01.1992 in den neuen Bundesländern gemeinsam erzogen, konnten sie bis zum 31.12.1996 übereinstimmend erklären, dass der Vater das Kind in dessen erstem Lebensjahr überwiegend erzogen hat. Ist ein Elternteil bis zum 31.12.1996 gestorben, konnte der überlebende Elternteil die Erklärung bis zum 31.03.1997 allein abgeben. Anders als beim Tod der Mutter vor dem 01.01.1986 in den alten Bundesländern ist eine gesetzliche Zuordnung beim Tod der Mutter vor dem 01.01.1986 in den neuen Bundesländern zum Vater nicht geregelt.
    Weitere Einzelheiten zur Zuordnung zum Vater sind der GRA zu § 249a SGB VI Kindererziehungszeiten (Inland) - Besonderheiten bei Geburten vor dem 01.01.1992 im Beitrittsgebiet - zu entnehmen.
    Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder nicht rechtzeitig abgegeben, findet der Abschnitt 4.2.2 zur überwiegenden Erziehung Anwendung.
Übereinstimmende Erklärung im Versorgungsrecht

Bei Personen, die als Beamte, Richter oder aus einem anderen öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis Versorgungsanwartschaften besitzen, können unter bestimmten Voraussetzungen Kindererziehungszeiten als Kindererziehungszuschlag bei der späteren Versorgung berücksichtigt werden.

Bis zum 31.12.1991 berücksichtigte die Beamtenversorgung eine Kindererziehung in der Weise, dass die Zeit eines Erziehungsurlaubs beziehungsweise die Zeit einer Kindererziehung, die in eine Freistellung vom Dienst fällt, bis zu dem Tag als ruhegehaltfähige Dienstzeit angerechnet wurde, an dem das Kind sechs Monate alt wurde (§ 6 Abs. 1 S. 4 und 5 BeamtVG in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung).

Wurden in diesen Fällen die Kindererziehungszeiten durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung nach § 249 Abs. 6 SGB VI dem Vater zugeordnet, so hat die übereinstimmende Erklärung auch dann Bestand, wenn in der Versorgung der Mutter ruhegehaltsfähige Dienstzeiten anerkannt wurden.

Mit Artikel 16 des Gesetzes zur Änderung des Beamtenversorgungsgesetzes und sonstiger dienst- und versorgungsrechtlicher Vorschriften (BeamtVGÄndG) vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2218) wurde mit Wirkung vom 01.01.1992 in der Beamtenversorgung eine dem Rentenrecht entsprechende Regelung eingeführt. Die Erziehung eines nach dem 31.12.1991 geborenen Kindes führt seither zu einem Zuschlag zum Ruhegehalt der Beamtin/des Beamten in analoger Anwendung der rentenrechtlichen Bewertung von Kindererziehungszeiten (§§ 1 und 2 KEZG - Gesetz über die Gewährung eines Kindererziehungszuschlags - Kindererziehungszuschlagsgesetz).

Mit dem Versorgungsreformgesetz 1998 vom 29.06.1998 (BGBl. I S. 1666) wurde das Kindererziehungszuschlagsgesetz mit Wirkung vom 01.07.1998 neu gefasst und die in der Rentenversicherung durch das Rentenreformgesetz 1999 verbesserte Bewertung von Kindererziehungszeiten auf die Beamtenversorgung übertragen. Mit der Neufassung des Kindererziehungszuschlagsgesetzes wurde auch die Zuordnung der Erziehungszeit zu einem Elternteil innerhalb der Beamtenversorgung neu geregelt. Erstmalig haben nun auch Eltern mit Ansprüchen auf eine Versorgung die Möglichkeit, durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung die Erziehungszeit der Beamtenversorgung zuordnen zu lassen.

Nach Durchführungshinweisen des Bundesministeriums des Innern zum Kindererziehungszuschlagsgesetz hatten Eltern, sofern sie beide Beamte waren, die Möglichkeit, abweichend von § 56 Abs. 2 S. 6 SGB VI eine übereinstimmende Erklärung bis zum 31.12.1999 rückwirkend auch über zwei Kalendermonate hinaus für die Gewährung eines Kindererziehungszuschlags zu ihrer Versorgung gegenüber dem Dienstherrn abzugeben. Eine derartige Erklärung entfaltet ihre Rückwirkung allerdings allein im Versorgungsrecht und nicht in der Rentenversicherung.

Durch Artikel 20 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3926) ist das Kindererziehungszuschlagsgesetz am 01.01.2002 außer Kraft getreten. Die Regelung über die Gewährung eines Kindererziehungszuschlags ist nunmehr in § 50a BeamtVG eingestellt (Art. 1 Nr. 33 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001). Danach erhöht sich das Ruhegehalt der Beamten für jeden Monat der jeweils zuzuordnenden Kindererziehungszeit um einen Zuschlag von maximal 36 Kalendermonaten. Bei der Zusammenrechnung von Ruhegehalt und Kindererziehungszuschlag gelten Höchstgrenzen (§ 50a Abs. 5 und 6 BeamtVG). Ein Zuschlag wird jedoch dann nicht gewährt, wenn wegen der Kindererziehung bereits in der Rentenversicherung Versicherungspflicht bestand und die allgemeine Wartezeit für eine Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt ist. Für die Zuordnung der Erziehungszeit zu einem Elternteil gelten bei gemeinsamer Erziehung die Regelungen des § 56 Abs. 2 SGB VI entsprechend.

Kann die Kindererziehung sowohl bei einem Elternteil in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch bei dem anderen Elternteil in der späteren Versorgung berücksichtigt werden, können die Eltern durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung - in analoger Anwendung von § 56 Abs. 2 SGB VI - bestimmen, bei welchem Elternteil die Kindererziehungszeit angerechnet werden soll. Eine wirksam abgegebene Erklärung ist sowohl in der Rentenversicherung als auch in der späteren Versorgung zu beachten. Vor Abgabe einer Erklärung sollten sich die Eltern deshalb zunächst wegen der Auswirkungen in der späteren Versorgung mit der für sie zuständigen Personaldienststelle in Verbindung setzen.

Durch das Beamtenversorgungsgesetz in der Fassung des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20.12.2001 sind auch die rentenrechtlichen Regelungen nach § 70 Abs. 3a SGB VI in die Beamtenversorgung übertragen worden (§ 50b BeamtVG).

Danach erhalten die Versorgungsempfänger einen Kindererziehungsergänzungszuschlag, wenn nach dem 31.12.1991 liegende Zeiten der Kindererziehung oder der nicht erwerbsmäßigen Pflege eines pflegebedürftigen Kindes mit entsprechenden Zeiten für ein anderes Kind oder mit ruhegehaltfähigen Zeiten in einem Beamtenverhältnis oder mit einer nicht erwerbsmäßigen Pflege im Sinne von § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI zusammentreffen. Ein Zuschlag wird allerdings nur insoweit gewährt, als kein Anspruch auf Leistung nach entsprechenden Regelungen in der Rentenversicherung besteht.

Kann nunmehr die nach Ablauf der Kindererziehungszeit liegende Kinderberücksichtigungszeit bis zum 10. Lebensjahrs des Kindes sowohl bei einem Elternteil in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch bei dem anderen Elternteil in der späteren Versorgung berücksichtigt werden, können die Eltern ebenfalls durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung - in analoger Anwendung von § 56 Abs. 2 SGB VI - bestimmen, bei welchem Elternteil die weitere Erziehungszeit - längstens bis zum 10. Lebensjahr des Kindes - angerechnet werden soll. Eine wirksam abgegebene Erklärung ist sowohl in der Rentenversicherung als auch in der späteren Versorgung zu beachten. Auch hier sollten sich die Eltern zunächst wegen der Auswirkungen in der späteren Versorgung mit der für sie zuständigen Personaldienststelle in Verbindung setzen.

Überwiegende Erziehung

Erziehen Eltern das Kind gemeinsam und ist von ihnen eine übereinstimmende Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder nicht rechtzeitig abgegeben worden, ist die Erziehungszeit nach § 56 Abs. 2 S. 8 SGB VI dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind - nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet - überwiegend erzogen hat.

Das Maß der jeweiligen Zuwendung der Elternteile zu ihrem Kind ist nach den Grundsätzen des § 20 SGB X vom Rentenversicherungsträger von Amts wegen zu ermitteln; er bestimmt dabei im eigenen Ermessen Art und Umfang der für die Erzielung eines sachgerechten Ergebnisses notwendigen Ermittlungen.
Es steht grundsätzlich in der alleinigen Verantwortung der Eltern, zu entscheiden, wie und mit welchem Ziel sie die Entwicklung des Kindes fördern, insbesondere in welchem Ausmaß und mit welcher Intensität sie sich selbst dieser Aufgabe widmen (Art. 6 Abs. 2 GG). Dieser innere Lebensbereich der Familie ist dem Rentenversicherungsträger für die objektive Tatsachenfeststellung kaum zugänglich. Dementsprechend ist von Amts wegen bei den Eltern zu ermitteln, ob und ggf. welcher Elternteil die überwiegende Erziehungsarbeit geleistet hat und der Rentenversicherungsträger kann seinen Entscheidungen grundsätzlich diese Angaben der Elternteile zugrunde legen.

Geben gemeinsam erziehende Eltern an, dass ein Elternteil die überwiegende Erziehungsarbeit geleistet hat, kann der Rentenversicherungsträger für die Zuordnung der Erziehungszeiten grundsätzlich von diesen Angaben ausgehen. Eine darüber hinaus gehende Prüfung nach den Kriterien, die bei der Prüfung nach objektiven Gesichtspunkten (siehe unten) eine Rolle spielen, ist nicht erforderlich.
Sofern die Angaben der Eltern voneinander abweichen oder offensichtlich im Widerspruch zum Akteninhalt stehen, die Angaben eines Elternteils nicht vom anderen Elternteil bestätigt werden oder die Erziehungszeiten bereits bei einem anderen Elternteil vorgemerkt wurden, hat eine weitergehende eigenverantwortliche Prüfung der überwiegenden Erziehungsanteile zu erfolgen.

Eigenverantwortliche Prüfung der überwiegenden Erziehungsanteile nach objektiven Gesichtspunkten:

Es hat eine unabhängige und neutrale Beurteilung der Erziehungssituation zu erfolgen. Dabei kann es sich ausschließlich um das objektiv mögliche zeitliche Maß der Zuwendung des jeweiligen Elternteils zu seinem Kind handeln. Auf den zeitlichen Umfang der täglich im Einzelnen anfallenden Erziehungsleistungen kommt es bei der objektiven Betrachtungsweise insoweit nicht an. Die Qualität der Zuwendung kann vom Rentenversicherungsträger nicht ermittelt werden.

Wesentliches Kriterium zur Feststellung der überwiegenden Erziehungsanteile ist daher die Verteilung der Erwerbstätigkeit der Eltern in dem maßgeblichen Zeitraum. Hat ein Elternteil die Erwerbstätigkeit - als abhängig Beschäftigter oder als Selbständiger - allein ausgeübt, ist das ein wesentliches Indiz dafür, dass der andere (also nicht erwerbstätige oder arbeitslose) Elternteil den überwiegenden Anteil an der Erziehungsarbeit geleistet hat. Sind beide Elternteile in etwa gleichem zeitlichen Umfang erwerbstätig gewesen, ist davon auszugehen, dass sie sich auch zu gleichen Teilen der Kindererziehung gewidmet haben, sodass keine überwiegende Erziehung eines Elternteils vorliegt. Das gilt gleichermaßen dann, wenn beide Elternteile keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sind (zum Beispiel bei Arbeitslosigkeit).

Während der gesetzlichen Mutterschutzfrist nach der Geburt eines Kindes ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine überwiegende Erziehung durch den Vater/die andere Lebenspartnerin nicht vorlag. Während dieser Zeit ist es der Mutter verboten eine Beschäftigung auszuüben; dementsprechend kann selbst dann, wenn auch der andere Elternteil nicht erwerbstätig ist, im Regelfall lediglich gleichgewichtige Erziehung angenommen werden. Werden während der Mutterschutzfristen noch weitere Kinder erzogen, sind die zeitgleichen Erziehungszeiten dieser Kinder grundsätzlich auch der Mutter zuzuordnen.

Bei gleichzeitiger Erziehung von zwei oder mehr Kindern ist die Zuordnung eines Kindes zum Vater und eines anderen Kindes zur Mutter ohne eine rechtzeitig abgegebene übereinstimmende Erklärung regelmäßig nicht möglich (RBRTS 1/2014, TOP 6).

Ein weiteres Kriterium für die Feststellung von überwiegender Erziehung kann die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub beziehungsweise ab 01.01.2001 von Elternzeit nach den Vorschriften des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) beziehungsweise ab 01.01.2007 nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) sein. Erziehungsurlaub und Elternzeit sind Zeiten der Freistellung von der Arbeit zur Betreuung und Erziehung von Kindern. Die Beschäftigung kann jedoch weiterhin im Umfang von bis zu 30 Stunden pro Woche ausgeübt werden. Haben die Eltern ab 2001 beziehungsweise Lebenspartner in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft frühestens ab 2005 von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Elternzeit gemeinsam in Anspruch zu nehmen, ist davon auszugehen, dass sie sich auch zu gleichen Teilen - und somit keiner überwiegend - der Kindererziehung gewidmet haben. Aus der Inanspruchnahme von Elternzeit kann nicht automatisch auf das Vorliegen überwiegender Erziehung geschlossen werden (RBRTB 1/2009, TOP 6).

Auch der zeitliche Aufwand für eine schulische Ausbildung (Schul-, Fachschul- oder Hochschulausbildung) kann Einfluss auf die objektive Beurteilung der überwiegenden Erziehungsanteile haben. Hier ist jedoch bei Bedarf stets eine Prüfung im Einzelfall erforderlich. Eine generelle Gleichstellung mit einer Erwerbstätigkeit ist nicht möglich, weil je nach Ausbildungsart zum Beispiel unterschiedliche Anwesenheits- und/oder häusliche Vorbereitungszeiten anfallen.

Für die Prüfung der überwiegenden Erziehung ist das Monatsprinzip anzuwenden. Eine darüber hinausgehende weitere Aufteilung nach Zeit oder Wert ist nicht vorzunehmen. Haben die Eltern ihr Kind im täglichen oder wöchentlichen Wechsel erzogen, haben sie sich objektiv betrachtet - bezogen auf den Kalendermonat als kleinsten zuzuordnenden Zeitabschnitt - gleichgewichtig um die Erziehung ihres Kindes gekümmert (Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 08.12.2010, AZ: L 4 R 715/08). Die Erziehungszeiten sind in diesen Fällen der Mutter zuzuordnen (§ 56 Abs. 2 S. 8 SGB VI).

Lassen sich bei eigenverantwortlicher Prüfung überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen, sondern sind die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig, richtet sich die Zuordnung der Erziehungszeit nach § 56 Abs. 2 S. 9 und 10 SGB VI (vergleiche Abschnitt 4.2.3).

Hinweis:

Die Rentenversicherungsträger sind bis zu den Entscheidungen des BSG vom 16.12.1997 und 31.08.2000 davon ausgegangen, dass Kindererziehungszeiten im Falle einer gemeinsamen Erziehung generell nur dann dem Vater zugeordnet werden können, wenn eine fristgemäße übereinstimmende Erklärung der Eltern entweder nach § 56 Abs. 2 S. 3 SGB VI oder nach § 249 Abs. 6, 249a Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung vorgelegt wurde. Ohne Erklärung sind die Zeiten nach § 56 Abs. 2 S. 8 SGB VI stets der Mutter zugeordnet worden.

Diese Auffassung ist - nunmehr auch für Erziehungszeiten vor dem 01.01.1992 - aufgegeben worden (Beratungsergebnis der AGFAVR 2/2001, TOP 3). Unabhängig von dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes können dem Vater Kindererziehungszeiten auch ohne Vorlage einer übereinstimmenden Erklärung zugeordnet werden, wenn eine überwiegende Erziehung festgestellt wird und sonstige Ausschlussgründe nicht gegeben sind.

Soweit Väter nunmehr die Anerkennung von Kindererziehungszeiten beantragen, ohne dass eine übereinstimmende Erklärung der Eltern vorliegt, ist diesen Anträgen - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen - zu entsprechen.

Sind Anträge von Vätern unter Hinweis auf eine nicht rechtswirksame, insbesondere nicht rechtzeitig abgegebene übereinstimmende Erklärung abgelehnt worden, sind diese Entscheidungen auf Antrag des Berechtigten oder im Rahmen eines laufenden Bearbeitungsvorganges von Amts wegen nach § 44 SGB X im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu überprüfen.

Wird eine überwiegende Erziehung des Vaters nachgewiesen und sind die entsprechenden Kindererziehungszeiten bereits im Versicherungskonto der Mutter gespeichert, ist zunächst zu prüfen, ob der rechtswidrig begünstigende, an die Mutter gerichtete Anerkennungsbescheid nach § 45 SGB X zurückgenommen werden kann. Sollte die Zweijahresfrist des § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X bereits abgelaufen sein, käme eine Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides nur dann in Betracht, wenn die Mutter der Rücknahme zugunsten einer Zuordnung der Kindererziehungszeiten zum Vater zustimmt und damit auf den sich aus § 45 Abs. 2 SGB X ergebenden Vertrauensschutz verzichtet. Das gilt insbesondere in den Fällen, in denen die Eltern eine nicht fristgemäße übereinstimmende Erklärung abgegeben hatten. Andernfalls muss es - trotz der Anerkennung der Kindererziehungszeiten beim Vater - bei der rechtswidrig begünstigenden Anerkennung bei der Mutter verbleiben. In diesen Fällen besteht nur die Möglichkeit der Aussparung im Leistungsfall nach § 48 Abs. 3 S. 2 SGB X.

Gleichgewichtige Erziehung

Haben gemeinsam erziehende Eltern eine übereinstimmende Erklärung nicht, nicht übereinstimmend oder nicht rechtzeitig abgegeben und sind die Erziehungsanteile, gegebenenfalls nach Prüfung der überwiegenden Erziehung (vergleiche GRA zu § 56 SGB VI, Abschnitt 4.2.2), in etwa gleichgewichtig, richtet sich die Zuordnung zu einem Elternteil nach § 56 Abs. 2 S. 9 und 10 SGB VI.

Haben die Eltern bei der Beantragung von Erziehungszeiten angegeben, dass das Kind von beiden Elternteilen gleichgewichtig erzogen wurde, kann der Rentenversicherungsträger seinen Entscheidungen grundsätzlich diese Angaben der Eltern zugrunde legen. Es gelten auch hier die in der GRA zu § 56 SGB VI, Abschnitt 4.2.2, Absatz 2 beschriebenen Grundsätze im Rahmen des § 20 SGB X.
Sofern die Angaben der Eltern voneinander abweichen oder offensichtlich im Widerspruch zum Akteninhalt stehen, die Angaben eines Elternteils nicht vom anderen Elternteil bestätigt werden oder die Erziehungszeiten bereits bei einem anderen Elternteil vorgemerkt wurden, hat eine weitergehende eigenverantwortliche Prüfung der Erziehungsanteile zu erfolgen.
Lassen sich überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils im Rahmen der eigenverantwortlichen Prüfung nach objektiven Gesichtspunkten (beachte GRA zu § 56 SGB VI, Abschnitt 4.2.2) nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen, sind die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig.

Nach Satz 9 1. Halbsatz aaO (bis 31.12.2018 Satz 8 aaO) werden die Zeiten grundsätzlich der Mutter zugeordnet (siehe auch BSG vom 16.12.1997, AZ: 4 RA 60/97, SozR 3-2600 § 56 Nr. 10, und BSG vom 31.08.2000, AZ: B 4 RA 28/00 R).

Bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen ist jedoch eine Zuordnung zur Mutter nicht möglich, weil entweder zwei Mütter oder zwei Väter an der Erziehung beteiligt sind. Die Zuordnung erfolgt in diesem Fall nach Satz 9 2. Halbsatz aaO vorrangig zum leiblichen Elternteil (§ 1591 BGB oder § 1592 BGB).

Ist ein leiblicher Elternteil nicht vorhanden, sind die Erziehungszeiten nach Satz 9 3. Halbsatz aaO dem Elternteil zuzuordnen, der seine Elternstellung zuerst erlangt hat; beispielsweise bei einer sukzessiven Adoption dem Elternteil, der das Kind zuerst adoptiert hat. Das gilt selbst dann, wenn die/der andere Lebenspartner/in aufgrund der Adoption des Kindes (eine sogenannte juristische Sekunde später) Stiefelternteil geworden ist. Entsprechend ist bei gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern oder Ehegatten zu verfahren, wenn einer seine Elternstellung als Pflegeelternteil zuerst erlangt hat.

Ist ein leiblicher Elternteil nicht vorhanden und hat auch kein Elternteil seine Elternstellung zuerst erlangt, zum Beispiel, wenn gleichgeschlechtliche Ehegatten (frühestens seit dem 01.10.2017) ein Kind gemeinsam adoptiert haben, erfolgt die Zuordnung der Kindererziehungszeiten bei gleichgeschlechtlichen Elternteilen nach Satz 10 aaO zu gleichen Teilen im kalendermonatlichen Wechsel zwischen den Elternteilen. Hierbei ist der erste Kalendermonat dem älteren Elternteil zuzuordnen. Diese Regelung begünstigt – nur in den Fällen, in denen eine ungerade Anzahl an Kalendermonaten zuzuordnen ist – denjenigen Elternteil, der bei typisierender Betrachtung früher eine Rente beanspruchen kann. Sie findet für jeden im Rahmen des § 56 Abs. 2 S. 10 SGB VI zuzuordnenden Erziehungszeitraum Anwendung, so dass in Fällen, in denen zwei oder mehr Erziehungszeiträume mit einer ungeraden Anzahl an Kalendermonaten aufzuteilen sind, entsprechend mehr Kalendermonate dem älteren Elternteil begünstigend zuzuordnen sind.

Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland (§ 56 Abs. 3 S. 1 SGB VI)

Grundvoraussetzung für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist nach § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB VI, dass die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist (vergleiche Abschnitt 5.1). Dies ist nach § 56 Abs. 3 S. 1 SGB VI dann der Fall, wenn sich die/der Erziehende zusammen mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten hat (vergleiche Abschnitt 5.2). In welchen Fällen eine Erziehung im Ausland einer Erziehung im Inland gleichsteht ist in Abschnitt 6 dargestellt.

§ 56 Abs. 3 S. 1 SGB VI wird durch § 249 Abs. 2 SGB VI ergänzt. Diese Vorschrift stellt eine Erziehung im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze einer Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gleich.

Gebiet der Bundesrepublik Deutschland

Zum Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zählen alle Gebiete, in denen das SGB VI am 01.01.1992 - Inkrafttreten des RRG 1992 - galt. Hierzu zählen auch Gebiete, die nach 1945 dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (Gebietsstand 01.01.1992) zugeordnet wurden. Im Inland zurückgelegt sind deshalb auch Erziehungszeiten

  • im Saarland während Zeiten, in denen dort kein Reichs- oder Bundesrecht galt,
  • in den ehemaligen niederländischen Verwaltungsgebieten (Brommel Mühle, Elten, Etzenrather Mühle, Feldhuisen, Grondstein, Hauberg Bhf., Havert, Hegern, Heidkant, Heilder, Hillensberg, Hoch-Elten, Höngen, Isenbruch, Isenbrucher Mühle, Lind, Millen, Mindergangelt, Schalbruch, Stein, Steinward, Süstenseel, Tüddern, Vogelsang b. Wyler, Voorthuisen, Wehr, Groß- und Klein-Wehrhagen) während der Zeit vom 23.04.1949 bis 31.07.1963,
  • in den ehemaligen belgischen Verwaltungsgebieten (Aachen-Bildchen, Losheim, Losheimergraben, Leykoul, Hemmeres) während der Zeit vom 01.04.1949 bis 27.08.1958,
  • im Beitrittsgebiet.

Gewöhnlicher Aufenthalt

Hinsichtlich der Frage, wann von einem gewöhnlichen Aufenthalt der/des Erziehenden und Kind in der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise im Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze auszugehen ist, gelten die Ausführungen in der GRA zu § 30 SGB I. Bei Versicherungspflicht wegen Kindererziehung kommt es nicht auf den Wohnsitz (§ 30 Abs. 3 S. 1 SGB I) an.

Gegen einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland spricht nicht, dass die Kindererziehung während eines vorübergehenden Aufenthalts im Ausland erfolgt ist, zum Beispiel während eines Urlaubs. Umgekehrt liegt ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland bei nur vorübergehendem Verweilen hier (etwa zu Urlaubszwecken, zur stationären Behandlung oder zum Besuch der Eltern) nicht vor.

Von einem gewöhnlichen Aufenthalt der Familie im Ausland ist regelmäßig dann auszugehen, wenn ein Elternteil oder der Erziehende eine Beschäftigung oder Tätigkeit im Ausland ausgeübt hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Auslandsaufenthalt beziehungsweise die Beschäftigung zeitlich begrenzt oder auf Dauer angelegt ist.

Das Beibehalten einer Wohnung im Inland spricht nicht gegen einen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland (vergleiche BSG vom 28.02.1980, AZ: 8b RKg 6/79, SozR 5870 Nr. 7; BSG vom 27.09.1990, AZ: 4 RA 64/89.

Gleichgestellte Auslandserziehungen (§ 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI und überstaatliches Recht)

Soweit es um die Versicherungspflicht wegen Kindererziehung (§ 3 Abs. 1 SGB VI) ab 01.01.1992 geht - es handelt sich hier um eine Versicherungspflicht, die eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht voraussetzt - ist die in § 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI getroffene Regelung, die unter bestimmten Voraussetzungen Erziehungen im Ausland einbezieht, eine abweichende Regelung im Sinne von § 1 Abs. 3 SGB IV zu § 3 Nr. 2 SGB IV.

§ 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Erziehungszeiten, die im Ausland zurückgelegt worden sind, einer Erziehung im Inland gleichstehen. Dabei benennen die dort getroffenen Regelungen nur besonders typische Beispiele für die Anerkennung von Auslandserziehungszeiten (vergleiche BSG vom 17.11.1992, AZ: 4 RA 15/91, BSGE 71, 221). Die unterschiedlichen Anknüpfungspunkte, die für die Berücksichtigung von Erziehungszeiten in dieser Vorschrift genannt sind, zielen im Kern auf dasselbe ab:

Die Erziehenden müssen unmittelbar vor der Geburt oder während der Erziehung des Kindes in einer engen Beziehung zur Arbeits- und Erwerbswelt in Deutschland stehen (Inlandsintegration).

Ist dies der Fall, so sollen nach dem Willen des Gesetzgebers Lücken in der sozialen Biographie des Erziehenden geschlossen werden, die dadurch entstehen, dass sich der Erziehende, anstatt eine Erwerbstätigkeit auszuüben, der Kindererziehung widmet.

Wurde das Kind in einem Herkunftsgebiet im Sinne des FRG erzogen und gehört der Erziehende dem Personenkreis des § 1 FRG, § 20 WGSVG oder § 17a FRG an, gilt die GRA zu § 28b FRG.

Für Verfolgte im Sinne des § 1 BEG, die bis zum 31.12.1949 Kinder im Ausland erzogen haben, gilt die GRA zu § 12a WGSVG. Haben Verfolgte ein Kind im Ausland nach dem 31.12.1949 erzogen, können Erziehungszeiten nur bei Vorliegen der in diesem Abschnitt dargestellten allgemeinen Grundsätze berücksichtigt werden.

Übersicht über die Voraussetzungen

Erziehungszeiten können Erziehenden nach Maßgabe des § 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI auch angerechnet werden, wenn sie

  • ein Kind im Ausland erziehen und
  • sich gemeinsam mit dem Kind im Ausland gewöhnlich aufhalten und
  • während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes in die inländische (deutsche) Arbeits- und Erwerbswelt eingegliedert (integriert) sind.

Auf die Staatsangehörigkeit des Erziehenden kommt es bei der Anwendung der Vorschrift nicht an.

Erziehung, gewöhnlicher Aufenthalt und Beschäftigung/selbständige Tätigkeit im Ausland

§ 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI ist nur anzuwenden, wenn die Erziehung während eines gewöhnlichen Aufenthalts (vergleiche Abschnitt 5.2) von erziehendem Elternteil und Kind im Ausland erfolgt. Kommt es auf die Verhältnisse beim Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner des erziehenden Elternteils an (vergleiche Abschnitt 6.3.4), müssen sich die Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner und das Kind gewöhnlich im Ausland aufhalten.

‘Ausland’ ist die Gesamtheit aller Gebiete außerhalb der Bundesrepublik Deutschland (vergleiche Abschnitt 5.1) beziehungsweise des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze (vergleiche GRA zu § 249 SGB VI).

Der gewöhnliche Aufenthalt des Erziehenden und die Erziehung in einem anderen Mitgliedstaat der EU/des EWR beziehungsweise der Schweiz oder in einem Staat, mit dem ein SV-Abkommen geschlossen wurde, stehen einem gewöhnlichem Aufenthalt und einer Erziehung im Inland nicht gleich (Belgien: BSG vom 25.04.1990, AZ: 4 RA 48/89; Israel: BSG vom 15.11.1988, AZ: 4/11a RA 58/87, SozSich 1989, 157; USA: BSG vom 12.07.1988, AZ: 4/11a RA 36/87, SozR 2200 § 1251a Nr. 2; Türkei: Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.01.1990, AZ: L 4 An 57/90, unveröffentlicht; Großbritannien: BSG vom 30.10.1990, AZ: 4 RA 44/89, SozR 3-5750 Art. 2 § 62 Nr. 3).

Bei Erziehung in einem anderen Mitgliedstaat der EU, des EWR oder der Schweiz sind jedoch Besonderheiten zu beachten (vergleiche Abschnitt 6.5).

§ 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI setzt im Übrigen voraus, dass eine Beschäftigung/selbständige Tätigkeit im Ausland ausgeübt wird. Es ist dabei unerheblich, ob die Beschäftigung/selbständige Tätigkeit im ausländischen Wohnstaat oder in einem anderen ausländischen Staat ausgeübt wird.

Integration in die inländische Arbeits- und Erwerbswelt

Die während des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland fortbestehende Integration in die inländische Arbeits- und Erwerbswelt, die Voraussetzung für die Anrechnung von Erziehungszeiten bei Erziehung im Ausland ist, kann auf unterschiedlichen Sachverhalten (Integrationssachverhalten) beruhen, die im Folgenden beschrieben werden. Die verschiedenen Integrationssachverhalte stehen gleichrangig nebeneinander, sie können im Einzelfall teilweise auch gleichzeitig vorliegen.

Integrationsmerkmal „deutsche Pflichtbeitragszeiten“

Erziehungszeiten im Ausland können immer dann angerechnet werden, wenn für den Erziehenden für den Erziehungszeitraum Pflichtbeiträge wegen einer Beschäftigung/selbständigen Tätigkeit im Ausland gezahlt worden sind.

Verziehen Eltern/eingetragene Lebenspartner zusammen mit dem Kind aus der Bundesrepublik Deutschland in einen Staat außerhalb der EU, des EWR oder der Schweiz, können Erziehungszeiten nur bis zum Verlassen des Bundesgebietes angerechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn unmittelbar vor der Geburt des Kindes Pflichtbeiträge für eine Beschäftigung im Inland gezahlt wurden. Pflichtbeitragszeiten wegen einer zuvor in Deutschland ausgeübten Beschäftigung erfüllen nicht die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Erziehung von Kindern im Ausland (BSG vom 28.08.1991, AZ: 13/5 RJ 16/90, SozR 3-2200 § 1251a Nr. 20).

Es muss sich um Pflichtbeitragszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften handeln. Nach welchen deutschen Rechtsvorschriften (Rentenversicherung) Pflichtbeiträge wegen einer Beschäftigung/selbständigen Tätigkeit, die im Ausland ausgeübt wird, gezahlt werden, ist unerheblich. Auch Pflichtbeiträge nach § 4 Abs. 1 SGB VI (Versicherungspflicht auf Antrag) können zur Anrechnung von Erziehungszeiten führen.

Pflichtbeitragszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften liegen auch dann vor, wenn Pflichtbeiträge als gezahlt gelten (§ 199 SGB VI) oder in der irrtümlichen Annahme von Versicherungspflicht gezahlt worden sind und nicht mehr beanstandet werden können.

Die Zeit der Erziehung eines Kindes im Ausland, die nach § 56 Abs. 3 S. 2 oder 3 SGB VI angerechnet werden kann, steht nach Sinn und Zweck der Regelung einer ‘Pflichtbeitragszeit wegen einer Beschäftigung im Ausland’ gleich, und zwar auch für den Fall, dass ein weiteres Kind während oder unmittelbar nach einer anzurechnenden Kindererziehungszeit geboren wird.

Siehe Beispiel 1

Berücksichtigungszeiten nach § 57 SGB VI stehen einer ‘Pflichtbeitragszeit wegen einer Beschäftigung im Ausland’ allerdings nicht gleich.

Ausländische Pflichtbeitragszeiten können den Tatbestand ‘Pflichtbeitragszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften’ nicht erfüllen, und zwar selbst dann nicht, wenn es sich um Pflichtbeiträge eines Mitgliedstaates der EU, des EWR, der Schweiz oder eines Abkommensstaates handelt. Das über- und zwischenstaatliche Recht enthält insoweit keine Gleichstellung von ausländischen Pflichtbeiträgen mit deutschen Pflichtbeiträgen (BSG vom 25.04.1990, AZ: 4 RA 48/89).

Wurden die für eine im Ausland ausgeübte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit gezahlten Pflichtbeiträge nach § 82 AVG oder früheren Erstattungsvorschriften vor dem 01.01.1986 erstattet, steht dies der Berücksichtigung einer Erziehungszeit im Ausland nicht entgegen. In Erstattungsfällen ist die Beschäftigung oder Tätigkeit, die den erstatteten Beiträgen zugrunde liegt, der Integrationssachverhalt (BSG vom 22.02.1995, AZ: 4 RA 43/93, SozR 3-2600 § 56 Nr. 8).

Bei Erstattungen nach dem 31.12.1985 unterliegen Erziehungszeiten der Verfallswirkung des § 210 Abs. 6 SGB VI (bis 31.12.1991: § 82 Abs. 7 AVG) und zwar unabhängig davon, ob diese bereits festgestellt wurden oder nicht. Etwas anderes gilt nur bei Erstattungen für Personen, die versicherungsfrei oder von der Versicherung befreit waren. Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der GRA zu § 210 SGB VI, Abschnitt 10.4 verwiesen.

Integration ohne deutsche Pflichtbeitragszeiten

  • Versicherungs- und Beitragspflicht hat vorgelegen
    Erziehende, die im Rahmen ihres im Inland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses im Ausland eingesetzt waren und während der Zeit des Auslandseinsatzes Kinder im Ausland erzogen haben, erhalten Erziehungszeiten auch dann, wenn ihr inländischer Arbeitgeber für die Zeit des Auslandseinsatzes keine Pflichtbeiträge gezahlt hat, obwohl in der deutschen Rentenversicherung Versicherungspflicht bestanden hatte.
    Das gilt auch, wenn der Ehegatte/eingetragene Lebenspartner des Erziehenden in diesem Rahmen im Ausland beschäftigt ist.
  • Versicherungs- oder Beitragspflicht hat nicht vorgelegen
    Erziehende, die im Rahmen ihres im Inland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses im Ausland eingesetzt waren und während der Zeit des Auslandseinsatzes Kinder im Ausland erzogen haben, erhalten Erziehungszeiten auch dann, wenn
    • Versicherungspflicht für die Zeit des Auslandseinsatzes nicht bestanden hat, weil die Entsendung den seinerzeit nach der Ausstrahlungstheorie maßgebenden zeitlichen Rahmen überschritten hat,
    • sie nach übergangsrechtlichen Vorschriften von der Versicherungspflicht befreit waren (zum Beispiel nach Art. 2 § 1 AnVNG) oder
    • sie wegen Überschreitens der früheren Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht versicherungspflichtig oder versicherungsfrei waren.

    Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Erziehung im Ausland ist in den drei genannten Fallgruppen, dass der Auslandseinsatz im Rahmen des inländischen Beschäftigungsverhältnisses erfolgte und
    • infolge der Eigenart der Beschäftigung oder
    • vertraglich im Voraus
    zeitlich begrenzt war (vergleiche hierzu die Ausführungen in Abschnitt 6.3.3.1).

Bei übergangsrechtlicher Befreiung oder Überschreiten der Jahresarbeitsverdienstgrenze sind Erziehungszeiten auch dann zu berücksichtigen, wenn der Erziehende während einer im Ausland ausgeübten Beschäftigung im Rahmen einer

  • Ausnahmevereinbarung nach über- oder zwischenstaatlichem Recht oder
  • einer Antragspflichtversicherung,

dem Grunde nach versicherungspflichtig war, Pflichtbeiträge jedoch wegen der Befreiung oder des Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht zu zahlen waren. Das gilt auch, wenn der Ehegatte/eingetragene Lebenspartner des Erziehenden in diesem Rahmen im Ausland beschäftigt ist.

‘Rumpfarbeitsverhältnis’

Für die Integration in die inländische Arbeits- und Erwerbswelt reicht es aus,

  • wenn für die Dauer der im Ausland ausgeübten Beschäftigung zumindest ein sogenanntes Rumpfarbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber in Deutschland fortbesteht und
  • die Beschäftigung im Ausland im Voraus zeitlich befristet ist (Abschnitt 6.3.3.1).

Ein Rumpfarbeitsverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer ein zeitlich befristetes Beschäftigungsverhältnis bei einem Arbeitgeber im Ausland begründet hat und zwischen dem Arbeitnehmer und seinem inländischen Arbeitgeber während der Zeit des Auslandseinsatzes noch wechselseitige Rechte und Pflichten bestehen. Das Arbeitsverhältnis, aus dem sich das Rumpfarbeitsverhältnis ableitet, muss nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes in seinen Hauptpflichten wieder aufleben.

Liegt ein Rumpfarbeitsverhältnis vor, bestehen somit zwei Verträge, nämlich der auf ein Rumpfarbeitsverhältnis reduzierte Vertrag mit einem Arbeitgeber im Inland und der Arbeitsvertrag für das aktuelle Beschäftigungsverhältnis zu einem Arbeitgeber im Ausland. Beide Verträge müssen miteinander korrespondieren. Das wird auch der Regelfall sein. Dennoch können sie insbesondere hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung des Auslandseinsatzes voneinander abweichen oder sich widersprechen.

Kriterien für das Vorliegen eines Rumpfarbeitsverhältnisses mit einem inländischen Arbeitgeber sind

  • eine den ursprünglichen Arbeitsvertrag abändernde Abrede über das Ruhen der Hauptpflichten (Arbeitsleistung und Entgeltanspruch) aus diesem Arbeitsverhältnis,
  • das automatische Aufleben der Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag bei Beendigung des ausländischen Arbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer muss somit von vornherein verpflichtet und berechtigt sein, nach Beendigung des befristeten Auslandseinsatzes ‘seine Arbeit’ beim inländischen Arbeitgeber wieder aufzunehmen (ob das auf demselben Arbeitsplatz geschieht, ist unerheblich),
  • es muss rechtlich, das heißt durch Abrede sichergestellt sein, dass noch wechselseitige Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Arbeitsverhältnis während des befristeten Auslandseinsatzes fortbestehen. Dabei kann es sich handeln um:
    • Die Übernahme der Verantwortung und Fürsorge für den im Ausland befristet eingesetzten Arbeitnehmer, zum Beispiel:
      • die vertraglich eingegangene Verpflichtung zur Zahlung freiwilliger Rentenversicherungsbeiträge,
      • das Fortbestehen der betrieblichen Altersversorgung.
    • Das Recht, den Arbeitnehmer vor Ablauf der Befristung jederzeit in das Inland zurückzuberufen.
    • Die Pflicht des Arbeitnehmers
      • zur Aufrechterhaltung von Kontakten mit dem inländischen Unternehmen,
      • alles zu unterlassen, was dem inländischen Unternehmen schadet.

Diese (beispielhaft genannten) Voraussetzungen müssen gleichzeitig vorliegen. Die letzte Voraussetzung ist auch dann gegeben, wenn nur einer der dort genannten Sachverhalte oder ein gleichwertiger vorliegt.

Der Integrationssachverhalt - das Rumpfarbeitsverhältnis - kann auch dann zur Berücksichtigung von Erziehungszeiten führen, wenn die zeitlich befristete Beschäftigung in einem Mitgliedstaat der EU, des EWR beziehungsweise der Schweiz oder einem Abkommensstaat ausgeübt wird und den Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht des Beschäftigungsstaates unterliegt. Die in den SV-Abkommen und der VO (EG) Nr. 883/2004 beziehungsweise VO (EWG) Nr. 1408/71 enthaltenen Regelungen, die bestimmen, ob eine Beschäftigung den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht oder denen des Staates, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, unterliegt, beziehen sich in der Rentenversicherung nur auf die Beschäftigung selbst, nicht aber auf andere Sachverhalte. Ein solch anderer Sachverhalt ist die Kindererziehung.

Ein Rumpfarbeitsverhältnis liegt nicht vor, wenn

  • der Arbeitnehmer von einer Stelle im Inland in ein Beschäftigungsverhältnis bei einem Arbeitgeber im Ausland vermittelt wird (Vermittlung durch Dritte) und zu der inländischen Stelle ein Beschäftigungsverhältnis nicht bestanden hat und auch nach Rückkehr in das Inland ein solches nicht beabsichtigt ist. Während des Auslandseinsatzes hat hier ein Rumpfarbeitsverhältnis selbst dann nicht vorgelegen, wenn die inländische Stelle Beihilfen oder vergleichbare finanzielle Zuwendungen für die Zeit der Auslandsbeschäftigung erbracht hat. Derartige Fallgestaltungen liegen in der Regel dann vor, wenn der Erziehende durch die Arbeitsgemeinschaft ‘Dienst in Übersee’ oder die ‘GTZ’ oder eine vergleichbare Stelle in das Arbeitsverhältnis im Ausland vermittelt wird (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 03.03.1994, AZ: L 10 An 712/93) und er kein Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfergesetzes ist. Im Falle eines Dienstes als Entwicklungshelfer hätte Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 AVG, § 1227 Abs. 1 Nr. 8 RVO beziehungsweise ab 01.01.1992 nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bestanden.
    In den vorgenannten Fällen kann unter Umständen ein Rumpfarbeitsverhältnis vorliegen, wenn der Arbeitgeber, bei dem der Erziehende im Inland beschäftigt war, bevor ihn eine inländische Stelle zu einer Auslandsbeschäftigung vermittelt hat, das bisherige Arbeitsverhältnis als Rumpfarbeitsverhältnis fortbestehen lässt.
  • für die Dauer des Auslandsaufenthaltes das Arbeitsverhältnis im Inland aufgelöst ist, selbst wenn der inländische Arbeitgeber vertraglich zusagt, den Beschäftigten nach seiner Rückkehr wieder einzustellen.
Befristung des Auslandseinsatzes

Der Auslandseinsatz muss in jedem Fall

  • infolge der Eigenart der Beschäftigung oder
  • vertraglich im Voraus

zeitlich begrenzt sein.

Eine Befristung infolge der Eigenart der Beschäftigung liegt vor, wenn sich die Befristung aus der Aufgabe, die der Arbeitnehmer im Ausland zu verrichten hat, eindeutig ergibt.

Siehe Beispiele 2 und 3

Eine vertragliche Befristung im Voraus liegt grundsätzlich vor, wenn die Begrenzung zu Beginn des Auslandseinsatzes (‘im Vorab’) vereinbart wurde und die Begrenzung eindeutig ist, also ein fester Endzeitpunkt (auflösende Zeitbestimmung im Sinne des § 163 BGB) vertraglich festgelegt worden ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Beschäftigung im Ausland vertraglich im Voraus zeitlich befristet ist, kommt es maßgeblich auf die vertragliche Ausgestaltung insgesamt im Zeitpunkt des Wechsels zum Unternehmen im Ausland an. Der Nachweis der Voraussetzungen hat grundsätzlich durch Vorlage der Verträge beziehungsweise der entsprechenden Arbeitgeberbescheinigungen zu erfolgen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, in den Lohnunterlagen entsprechende Angaben über die zeitliche Begrenzung der Beschäftigung aufzubewahren (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 NachwG, § 8 Abs. 1 Nr. 17 BVV).

Ein fester Endzeitpunkt für die Auslandsbeschäftigung ist zum Beispiel bei Verwendung folgender Vertragsklausel festgelegt:

‘Herr N. wird vom 01.05.2004 bis 30.04.2007 zu unserer Tochtergesellschaft, der Fa. XY in Brasilien abgeordnet und schließt für diese Zeit mit der Fa. XY einen Arbeitsvertrag ab.’

Ein fester Endzeitpunkt ist auch dann vereinbart, wenn anstelle des Zeitraumes ‘01.05.2004 bis 30.04.2007’ die Wendung ‘ab 01.05.2004 für drei Jahre’ verwendet wird.

Eine Verlängerungsklausel, nach der die Verlängerung des Auslandseinsatzes der ausdrücklichen Zustimmung beider Vertragsparteien bedarf, ist für die Annahme einer zeitlichen Befristung unschädlich. Sie könnte in diesem Fall zum Beispiel lauten:

‘Dieser Vertrag wird zunächst für drei Jahre geschlossen, er kann im Einvernehmen mit Herrn N. verlängert werden.’

Sieht die vertragliche Ausgestaltung bei automatischer Verlängerung ein uneingeschränktes Direktionsrecht des inländischen Arbeitgebers vor, ist diese ‘gelockerte’ Form der zeitlichen Begrenzung für die Annahme einer zeitlichen Befristung im Voraus ausreichend (BSG vom 10.11.1998, AZ: B 4 RA 39/98 R, SozR 3-2600 § 56 Nr. 13). Das uneingeschränkte Direktionsrecht des Arbeitgebers beinhaltet ein jederzeitiges, voraussetzungsloses Versetzungs- und Rückrufsrecht.

Siehe Beispiel 4

Liegt ein Rumpfarbeitsverhältnis vor, sind zur Beurteilung der Frage der zeitlichen Begrenzung im Voraus die Verträge mit dem Arbeitgeber im Inland und dem Arbeitgeber im Ausland in einer Gesamtschau zu würdigen.

Siehe Beispiele 5 und 6

Eine zeitliche Befristung liegt nicht vor, wenn

  • eine solche nicht vereinbart wurde, aber das Inlandsunternehmen im Allgemeinen die im Ausland eingesetzten Personen nach einer bestimmten Zeit in das Inland zurückruft,
  • im Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen im Ausland keine zeitliche Befristung vereinbart worden ist. Dies gilt auch dann, wenn das Inlandsunternehmen, zu dem das Rumpfarbeitsverhältnis besteht, üblicherweise die Arbeitnehmer aus dem Ausland nach Ablauf einer bestimmten Zeit in das Inland zurückruft oder sich ein jederzeitiges Rückrufsrecht vorbehält. Ein nicht befristeter Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen im Ausland muss bei einem Rückruf durch das Inlandsunternehmen zunächst gekündigt werden. Das Fehlen einer auflösenden Zeitbestimmung (§ 163 BGB) und die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur vertragstreuen Erfüllung der zum Unternehmen im Ausland eingegangenen Bedingungen werden selbst dann nicht gegenstandslos, wenn die beteiligten Unternehmen demselben Konzern angehören. Absprachen dergestalt, dass das Unternehmen im Ausland im Falle eines Rückrufs auf einer weiteren Erfüllung des mit dem Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsvertrages nicht besteht, sind nicht relevant; eine solche Absprache bestätigt vielmehr, dass der Auslandseinsatz des Arbeitnehmers tatsächlich zeitlich nicht im Voraus begrenzt war.
  • eine diesbezügliche Absprache nicht stattgefunden hat, weil der Arbeitnehmer von vornherein beabsichtigte, bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses (zum Beispiel Beginn der Schulpflicht eines Kindes) nach Deutschland zurückzukehren (Urteil des LSG Hamburg vom 22.03.1994, AZ: I ANBf 43/92),
  • sich der Abordnungsvertrag automatisch verlängert und dem inländischen Arbeitgeber kein uneingeschränktes Direktionsrecht eingeräumt wird (BSG vom 29.09.1998, AZ: B 4 RA 9/98 R). Der Vertrag enthält dann zum Beispiel folgende Klausel:
    ‘Dieser Vertrag verlängert sich jeweils um weitere drei Jahre, sofern keine der Vertragsparteien der Verlängerung widerspricht.’
    Siehe Beispiel 7
  • eine Delegierung zu einer ausländischen Firma ‘bis auf Weiteres’ oder ‘unbefristet’ erfolgt, selbst wenn die inländische Firma ein uneingeschränktes Direktionsrecht hatte und nach dem Arbeitsvertrag jederzeit die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur ausländischen Firma verlangen konnte. Der Auslandsaufenthalt ist bei dieser Konstellation auf nicht absehbare Zeit angelegt. Im Falle einer auf unbestimmte Zeit übernommenen Auslandsbeschäftigung steht die Rückkehr in das Inland innerhalb eines überschaubaren zeitlichen Rahmens bei vorausschauender Betrachtungsweise nicht fest; eine Inlandsintegration liegt nicht vor (Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 27.01.1999, AZ: L 6 A 59/97),
  • der Vertrag (lediglich) die Klausel enthält, dass der Einsatz für ‘vorerst’ (oder ‘zunächst’) XX Jahre vorgesehen ist (BSG vom 04.05.1994, AZ: 11 RAr 55/93),
  • während des Auslandseinsatzes eine Probezeit zurückzulegen ist.

Integrationssachverhalte beim Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner des Erziehenden

Erziehungszeiten im Ausland können auch dann berücksichtigt werden, wenn die in den Abschnitten 6.3.1 bis 6.3.3 beschriebenen Integrationssachverhalte nicht beim Erziehenden, jedoch bei dessen Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner vorliegen und sich die Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner gemeinsam im Ausland gewöhnlich aufhalten. Nicht erforderlich ist, dass die Ehe/eingetragene Lebenspartnerschaft bereits während eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland (vor dem Auslandseinsatz) geschlossen/eingetragen wurde. Wird die Ehe/eingetragene Lebenspartnerschaft jedoch erst nach der Geburt des Kindes geschlossen/eingetragen, können Erziehungszeiten im Ausland beim Erziehenden auf Grundlage des § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI frühestens ab dem Zeitpunkt der Eheschließung/Eintragung der Lebenspartnerschaft berücksichtigt werden.

Beachte:

Bei Anwendung des § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI ist es unerheblich, ob die erziehende Person vor oder während der Erziehungszeit eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufnimmt, für die die Rechtsvorschriften eines anderen Staates gelten („Pflichtbeiträge nach ausländischem Recht“), weil § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI diesbezüglich nichts Einschränkendes regelt.

Sind sowohl die Voraussetzungen des § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI als auch die Voraussetzungen des Art. 44 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe GRA zu Art. 44 VO (EG) Nr. 987/2009) erfüllt, ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch die erziehende Person auch in einem anderen Anwenderstaat des Europarechts deshalb unschädlich.

Siehe Beispiel 15

Auch andere Sachverhalte, die beim Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner des Versicherten vorliegen, können Integrationssachverhalte sein und deshalb die Berücksichtigung von Erziehungszeiten während eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland bewirken.

  • Nicht erziehender Elternteil versicherungsfrei oder befreit
    Personen, die sowohl im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erziehungszeiten als auch während einer im Erziehungszeitraum liegenden Beschäftigung im Ausland versicherungsfrei oder nach anderen als übergangsrechtlichen Vorschriften von der Versicherungspflicht befreit sind, können für sich selbst keine Erziehungszeiten erwerben, sofern für sie der Anrechnungsausschluss des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI gilt (vergleiche Abschnitt 7.4). Erziehungszeiten können jedoch dem anderen (begleitenden) Elternteil angerechnet werden (§ 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI), wenn diesem die Erziehungszeiten zuzuordnen sind (siehe Abschnitt 4) und er nicht selbst vom Anrechnungsausschluss des § 56 Abs. 4 SGB VI erfasst wird.
    Lag während der Auslandsbeschäftigung bei dem Elternteil, dem die Erziehungszeit nicht zuzuordnen ist, Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 1 SGB VI oder entsprechenden früheren Vorschriften nicht vor, ist zu prüfen, ob ein Fall der Quasi-Entsendung vorliegt.
  • Quasi-Entsendung
    Quasi-Entsandte sind Personen, die aus ihrem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder einem vergleichbaren Dienstverhältnis, das in einer im Inland ausgeübten Beschäftigung nach § 5 Abs. 1 SGB VI versicherungsfrei ist oder in dem sie für eine im Inland ausgeübte Beschäftigung nach § 6 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit sind, im Rahmen
    • der Entsendungsrichtlinien des Bundes oder eines Landes oder
    • der Beurlaubungsrichtlinien für Entwicklungshelfer des Bundes oder eines Landes oder
    • entsprechender kirchenrechtlicher Regelungen
    zu einer Beschäftigung im Ausland beurlaubt werden, ohne dass während der Zeit der Beurlaubung die Voraussetzungen des § 4 SGB IV (Ausstrahlung) dem Grunde nach vorliegen. Entsprechende frühere Vorschriften über die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht stehen den vorstehend genannten gleich.
    Die Fallgruppe der Quasi-Entsandten unterscheidet sich von der Fallgruppe der Personen mit Rumpfarbeitsverhältnis (vergleiche Abschnitt 6.3.3) dadurch, dass den Quasi-Entsandten in der im Ausland ausgeübten Beschäftigung weiterhin Versorgungsanwartschaften gewährleistet werden. Aus diesem Grund können Quasi-Entsandte für sich selbst keine Erziehungszeiten erwerben, sofern für sie der Anrechnungsausschluss des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI gilt (vergleiche Abschnitt 7.4).
    Eine Quasi-Entsendung setzt voraus, dass
    • während der beamtenrechtlichen Entsendung das Dienstverhältnis/Beschäftigungsverhältnis zum deutschen Dienstherren/Arbeitgeber (unter zeitweiliger Aufhebung bestimmter Haupt- und Nebenpflichten wie der Erbringung der Dienstleistung einerseits und der Entgeltzahlung andererseits) fortbesteht (vergleiche BSG vom 27.09.1990, AZ: 4 RA 64/89),
    • es sich um eine Entsendung nach (oder entsprechend den) beamtenrechtlichen oder vergleichbaren kirchenrechtlichen Vorschriften im Rahmen einer Beurlaubung handelt, bei der das Besoldungsdienstalter nicht verändert und die Zeit der Entsendung als ruhegehaltsfähig zugrunde gelegt wird,
    • die Entsendung als Voraussetzung für die Beurlaubung im Interesse des deutschen Dienstherren liegt und
    • der Auslandseinsatz von vornherein zeitlich begrenzt ist (vergleiche Abschnitt 6.3.3.1; BSG vom 16.06.1994, AZ: 13 RJ 31/93).

    Die beamtenrechtliche Entsendung dient regelmäßig dienstlichen Interessen, wenn sie in Form einer Gewährleistungsentscheidung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt wird.
    Eine Quasi-Entsendung liegt nicht vor, wenn
    • die Beurlaubung nicht aufgrund der Entsenderichtlinien des Bundes oder eines Landes beziehungsweise vergleichbarer Regelungen sondern zum Beispiel im Rahmen eines Arbeitsmarkturlaubs nach Maßgabe der jeweiligen landes- beziehungsweise bundesrechtlichen Vorschriften erfolgt. Der Beamte ist in diesen Fällen nicht von seinem Dienstherren zur Erfüllung seiner Arbeitspflicht im Rahmen des (ruhenden) Beamtenverhältnisses ins Ausland entsandt worden (vergleiche BSG vom 23.10.2003, AZ: B 4 RA 15/03 R),
    • der Eintritt in das Beamtenverhältnis zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte und die eventuell zuvor im Ausland zurückgelegte Beschäftigungszeit nachträglich als ruhegehaltsfähige Dienstzeit berücksichtigt wurde (zum Beispiel nach § 11 BeamtVG). Insofern kann eine beamtenrechtliche Entsendung nicht im Nachhinein fingiert werden (vergleiche Urteil des LSG Bremen vom 05.02.1998, AZ: L 2 An 23/96, sowie des LSG Berlin vom 10.08.2000, AZ: L 8 RA 140/98, unveröffentlicht). Dies würde zu einer nicht gerechtfertigten Besserstellung von Beamten gegenüber sonstigen Versicherten führen (eine Entsendung beziehungsweise ein Rumpfarbeitsverhältnis können nicht nachträglich begründet werden),
    • zum Beispiel vom Bundesverwaltungsamt lediglich ein (allgemeines) öffentliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Auslandstätigkeit bescheinigt wird. Dieses öffentliche Interesse steht dem dienstlichen Interesse des beurlaubenden Dienstherren nicht gleich. In diesem Zusammenhang begründen Zuwendungen des Bundesverwaltungsamtes, die ihrer Struktur nach der Beamtenbesoldung vergleichbar sind, zwar eine Nähe zum Fall der Quasi-Entsendung, rechtfertigen jedoch keine Gleichstellung. Das öffentlich-rechtliche Zuwendungsverhältnis zwischen einem Quasi-Entsandten und der Bundesrepublik Deutschland stellt kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 SGB IV dar (BSG vom 23.10.2003, AZ: B 4 RA 15/03 R). Die Ausführungen in Abschnitt 6.3.3 zur ‘Vermittlung durch Dritte’ gelten für den Personenkreis der Quasi-Entsandten entsprechend.

    Bei Beamten, die ihren ‘gewöhnlichen’ Dienstsitz im Ausland haben (zum Beispiel bei einer Dienststelle des Bundes im Ausland), die also nicht ohne Dienstbezüge beurlaubt sind, ist regelmäßig von einer befristeten Auslandstätigkeit auszugehen. Hier werden die Voraussetzungen für die Anrechnung von Erziehungszeiten bereits über die Regelung des § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI erfüllt. Eine Quasi-Entsendung liegt nicht vor.

Zeitlicher Zusammenhang zwischen Erziehung und Integration

Die Sachverhalte, die auch bei einer Beschäftigung im Ausland zu einer (fortbestehenden) Integration in die inländische Arbeits- und Erwerbswelt führen (Integrationssachverhalte) müssen in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Erziehungszeit stehen.

Dieser enge zeitliche Zusammenhang ist dann gegeben, wenn der Integrationssachverhalt entweder während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes vorliegt.

Ergibt sich der Integrationssachverhalt aus dem Vorhandensein von Pflichtbeitragszeiten für die Beschäftigung im Ausland, ist die Unterbrechung der Pflichtbeitragsleistung durch eine Arbeitsunfähigkeit oder durch das Entfallen des Lohnfortzahlungsanspruchs aus Gründen der Schwangerschaft unschädlich, wenn in diesen Fällen das inländische Beschäftigungsverhältnis fortbesteht.

  • Integrationssachverhalt während der Kindererziehung
    Für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit sind ausschließlich die Verhältnisse in den ersten 36 Kalendermonaten nach dem Monat der Geburt des Kindes (Erziehungszeitraum) maßgeblich. Das gilt auch im Falle von Mehrlingsgeburten.
    Liegt während des gesamten Erziehungszeitraums ein Integrationssachverhalt vor, ist eine Kindererziehungszeit im Umfang von 36 Kalendermonaten anzurechnen. Bei Geburten vor dem 01.01.1992 sind die Verhältnisse in den ersten 30 Kalendermonaten nach dem Monat der Geburt maßgebend (§ 249 Abs. 1 SGB VI).
    Ist die Kindererziehungszeit nur teilweise mit einem Integrationssachverhalt belegt und liegt die Voraussetzung ‘Integrationssachverhalt unmittelbar vor der Geburt des Kindes’ (vergleiche nachstehend) nicht vor, kann eine Kindererziehungszeit nur für die Monate angerechnet werden, in denen der Integrationssachverhalt vorliegt.
    Siehe Beispiele 8 und 9
  • Integrationssachverhalt unmittelbar vor der Geburt des Kindes
    Erziehende haben einen Integrationssachverhalt ‘unmittelbar vor der Geburt des Kindes’, wenn zwischen dem letzten mit einem solchen Integrationssachverhalt belegten Monat und der Geburt des Kindes kein voller Kalendermonat ohne solchen Integrationssachverhalt liegt (Urteil des LSG Berlin vom 02.03.1989, AZ: L 10/2 An 43/88; Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 11.05.1989, AZ: L 5 A 87/88, beide unveröffentlicht).
    Wird die Ehe/eingetragene Lebenspartnerschaft erst nach Geburt des betreffenden Kindes geschlossen/eingetragen, kommt eine Ableitung dieses Integrationssachverhalts vom Ehegatten/eingetragenen Lebenspartner (siehe Abschnitt 6.3.4) nach § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI nicht in Betracht, weil die Pflichtbeitragszahlung zur deutschen Rentenversicherung zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes in diesem Fall in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Auslandserziehung des (erst späteren) Ehegatten/eingetragenen Lebenspartners stände. Kindererziehungszeiten können in diesem Fall nur über das Integrationsmerkmal „Pflichtbeiträge während der Kindererziehung“ (frühestens ab dem Zeitpunkt der Eheschließung/Eintragung der Lebenspartnerschaft) angerechnet werden.
    Liegt die Voraussetzung ‘Integrationssachverhalt unmittelbar vor der Geburt’ vor, ist es für die Berücksichtigung von KEZ unerheblich, ob und in welchem Umfang während der ersten 36 Kalendermonate (bei Geburten vor dem 01.01.1992: der ersten 30 Kalendermonate) nach dem Monat der Geburt ein Integrationssachverhalt vorhanden ist.
    Der Integrationssachverhalt ‘Pflichtbeiträge unmittelbar vor Geburt des Kindes’ geht nach Rückkehr in das Inland (Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts) unter. Er lebt bei erneutem Auslandsaufenthalt nicht wieder auf. In diesem Fall kann sich ein Integrationssachverhalt nur im Rahmen einer versicherten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit während der Erziehungszeit oder im Rahmen des Europarechts (vergleiche Abschnitt 6.5) ergeben.
    Siehe Beispiel 10

Erziehungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat der EU, des EWR oder der Schweiz nach Europarecht

§ 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI regelt als Ausnahme vom Territorialitätsprinzip des § 56 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI in Verbindung mit § 56 Abs. 3 S. 1 SGB VI die Anrechnung von Erziehungszeiten während eines gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland, sofern die erziehende Person oder ein sie begleitender Ehegatte aufgrund einer dort (im Ausland) ausgeübten Beschäftigung (zum Beispiel im Rahmen einer Entsendung nach § 4 SGB IV) weiterhin in einer engen Beziehung zur Arbeitswelt und Erwerbswelt in Deutschland steht (vergleiche Abschnitte 6 bis 6.4).

Das Europarecht (die VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009) beinhaltet weitere Anrechnungsmöglichkeiten für Erziehungszeiten. Die Anrechnung von Erziehungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat der EU, des EWR oder der Schweiz kommt danach über die Regelungen des § 56 Abs. 3 S. 2 und 3 SGB VI hinaus auch über

in Betracht.

Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der GRA zu Art. 44 VO (EG) Nr. 987/2009 verwiesen.

Ausnahmen von der Versicherungspflicht (§ 56 Abs. 4 SGB VI)

§ 56 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI regelt, in welchen Fällen - trotz einer Erziehung im Inland - Kindererziehungszeiten nicht angerechnet werden können. Erfasst werden Personen, die im Inland Kinder erziehen und eine Beschäftigung ausüben, die jedoch im Rahmen der Einstrahlung (§ 5 SGB IV) beziehungsweise nach Maßgabe des über- und zwischenstaatlichen Rechts nicht den deutschen Rechtsvorschriften über die Sozialversicherung unterliegt (siehe Abschnitte 7.1 bis 7.2.1).

§ 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI in der Fassung ab 22.07.2009 regelt, dass Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen sind, wenn sie während der Erziehungszeit zu den in § 5 Abs. 4 SGB VI genannten Personen gehören, die bereits eine Altersversorgung beziehen (siehe Abschnitt 7.3).

§ 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der Fassung ab 22.07.2009 beziehungsweise ab 01.07.2014 regelt, dass Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen sind, wenn sie während der Erziehungszeit einem Alterssicherungssystem angehört haben, in dem Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben werden können, die nach den geltenden Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt werden, wie die Kindererziehung in der Rentenversicherung. Eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen gilt nach dem seit 01.07.2014 geltenden Recht stets als in diesem Sinne gleichwertig (siehe Abschnitte 7.4 bis 7.4.6).

Ausführungen zum Anrechnungsausschluss nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 und 3 SGB VI in der bis zum 21.07.2009 beziehungsweise 30.06.2014 geltenden Fassung sowie Besonderheiten im Zusammenhang mit den Neufassungen enthalten die Abschnitte 7.5 bis 7.8.

Erwerbstätigkeiten, die nicht deutschem Recht unterliegen

Nach § 56 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI sind Kindererziehungszeiten auch bei gewöhnlichem Aufenthalt von erziehender Person und Kind in der Bundesrepublik nicht zu berücksichtigen, wenn eine Beschäftigung/selbständige Tätigkeit in Deutschland ausgeübt wird, die nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterliegt.

Dies ist der Fall bei Erwerbstätigkeiten in Deutschland im Rahmen einer

Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten kommt für diese Personenkreise frühestens ab dem Zeitpunkt in Betracht, in dem die Erwerbstätigkeit, die nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterliegt, beendet wird, sofern der erziehende Elternteil und das Kind ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 SGB I) in Deutschland beibehalten. Eine nachträgliche Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Zeiträume, in denen der erziehende Elternteil nach Maßgabe der zuvor genannten Regelungen nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterlag, ist nicht möglich.

Für begleitende Ehegatten/eingetragene Lebenspartner der zuvor genannten Personen können Kindererziehungszeiten berücksichtigt werden, wenn kein sonstiger Ausschlussgrund vorliegt und der gewöhnliche Aufenthalt (vergleiche GRA zu § 30 SGB I) während der Erziehung im Inland lag.

Besondere Personenkreise

Neben den zuvor genannten Ausschlussgründen nach § 56 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI kommt eine Anrechnung von Erziehungszeiten nach Maßgabe des über- beziehungsweise zwischenstaatlichen Rechts auch nicht für Personenkreise in Betracht, die im Wege von Vorrechten und Befreiungen nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterliegen (siehe Abschnitte 7.2.1 und 7.2.2).

Ausnahmen von der Nichtberücksichtigung werden in Abschnitt 7.2.3 dargestellt.

Personen mit diplomatischen und konsularischen Vorrechten

In Deutschland tätige Diplomaten und Mitglieder der konsularischen Vertretungen anderer Staaten sind nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) vom 18.04.1961 beziehungsweise des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24.04.1963 von den deutschen Vorschriften über die soziale Sicherheit befreit. Dies gilt grundsätzlich auch für ihre Familienangehörigen sowie für andere bei den Vertretungen beschäftigte Personen.

Im Grundsatz gilt für diesen Personenkreis, dass Kindererziehungszeiten nicht angerechnet werden können, solange die Befreiung gilt.

Die nachfolgende Tabelle führt auf, für welche vom WÜK/WÜD erfassten Personenkreise die Befreiung von den deutschen Vorschriften über die soziale Sicherheit gilt und Kindererziehungszeiten nicht angerechnet werden können und für welche Personenkreise die Befreiung nicht gilt und Kindererziehungszeiten angerechnet werden können.

Ausnahmen von der Nichtberücksichtigung werden in Abschnitt 7.2.3 dargestellt.

Von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften:

Befreit

ist gleich grundsätzlich keine KEZ

Nicht befreit

ist gleich KEZ anrechenbar

PersonenkreisRechtsgrundlageAusnahme
DiplomatenArt. 33 Abs. 1 WÜD
Familienangehörige des DiplomatenArt. 37 Abs. 1 WÜDdeutsche Staatsangehörige
private Hausangestellte des DiplomatenArt. 33 Abs. 2 WÜDdeutsche Staatsangehörige/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Mitglieder des Verwaltungs- und technischen PersonalsArt. 37 Abs. 2 WÜDwie vor
Familienangehörige des Verwaltungs- und technischen Personalswie vorwie vor
Mitglieder des Dienst- und HauspersonalsArt. 37 Abs. 3 WÜDwie vor
privates Hauspersonal der MissionsmitgliederArt. 37 Abs. 4 WÜDwie vor
KonsularbeamteArt. 48 Abs. 1 WÜK
Familienangehörige der Mitglieder des Konsulats

Art. 48 Abs. 1 WÜK

Art. 71 Abs. 2 WÜK

deutsche Staatsangehörige/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Privatpersonal des konsularischen PersonalsArt. 48 Abs. 2 WÜKwie vor
Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals

Art. 48 Abs. 1 WÜK

Art. 71 Abs. 2 WÜK

wie vor
Familienangehörige des Verwaltungs- und technischen Personalswie vorwie vor
Mitglieder des Dienst- und Hauspersonalswie vorwie vor

Über-/internationale Organisationen

Bedienstete über-/internationaler Einrichtungen unterliegen nach jeweiliger Erklärung der Bundesrepublik Deutschland gemäß der Verordnung über die Gewährung diplomatischer Vorrechte und Immunitäten im Bereich der Sozialen Sicherheit an durch zwischenstaatliche Vereinbarungen geschaffene Organisationen vom 05.08.1985 nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht.

Im Grundsatz gilt für diesen Personenkreis, dass Kindererziehungszeiten nicht angerechnet werden können.

Der Anrechnungsausschluss bezieht sich grundsätzlich nur auf die Bediensteten selbst, nicht auf ihre Familienangehörigen. Diese können Kindererziehungszeiten erhalten, sofern sie nicht selbst von der Anrechnung ausgeschlossen sind und sich gemeinsam mit dem Kind gewöhnlich in Deutschland aufhalten (§ 30 SGB I).

In Bezug auf die NATO ist jedoch zu beachten, dass Art. 13 ZA NATO TrStat auch die Familienangehörigen der Truppenangehörigen beziehungsweise des zivilen Gefolges erfasst. Insofern sind die Mütter und Väter von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen, die während der Zeit der Kindererziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes zum Personenkreis des Art. 13 ZA NATO TrStat oder zu einem Personenkreis gehören, auf den diese Regelung entsprechend anzuwenden ist.

Entsprechend anzuwenden ist diese Regelung auf Angehörige der sowjetischen Streitkräfte. Dies ergibt sich aus dem deutsch-sowjetischen Truppenabzugsvertrag (BGBl. II Nr. 36 vom 02.10.1990, Seite 1254 ff.). Einschlägig sind hier aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht die Artikel 21 und 22.

Im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sind unter anderem die nachfolgenden internationalen Organisationen vertreten/tätig:

  • Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Berlin,
  • Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, München,
  • Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie, Heidelberg,
  • Europäisches Patentamt, München/Berlin,
  • Europäische Weltraumorganisation, Darmstadt,
  • Europäische Organisation für die astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre, Garching,
  • Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt - EUROCONTROL, Karlsruhe,
  • Europäische Zentralbank, Frankfurt am Main,
  • Europäische Organisation für die Nutzung von meteorologischen Satelliten, Darmstadt,
  • Internationaler Seegerichtshof, Hamburg,
  • Internationale Arbeitsorganisation,
  • Sekretariat des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (CMS - Sekretariat),
  • NATO (Hauptquartiere/Agenturen).

Ausnahmen von der Nichtberücksichtigung werden in Abschnitt 7.2.3 dargestellt.

Ausnahmen von der Nichtberücksichtigung (nur WÜD/WÜK und NATO)

Kindererziehungszeiten können Personen grundsätzlich nicht erwerben, die entweder in ihrer Tätigkeit für eine diplomatische Mission beziehungsweise konsularische Vertretung (die Ausnahmen in Abschnitt 7.2.1 sind jedoch zu beachten) oder für die NATO als Mitglied der NATO-Truppen beziehungsweise ihres zivilen Gefolges nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterliegen (siehe Abschnitte 7.2.1 und 7.2.2). Neben den entsprechenden Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts werden diese Personen auch direkt vom Wortlaut des § 56 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b SGB VI erfasst. Auch nach dem Wegfall des Status „Entsandter“ kommt eine nachträgliche Anrechnung von Kindererziehungszeiten nicht in Betracht. Sofern nach Maßgabe der bisherigen GRA für die in den Abschnitten 7.2.1 und 7.2.2 genannten Bediensteten selbst Kindererziehungszeiten angerechnet wurden, hat es damit sein Bewenden.

Für Familienangehörige von Mitgliedern diplomatischer und konsularischer Vertretungen sowie Familienangehörige von Mitgliedern der NATO-Truppen beziehungsweise ihres zivilen Gefolges kommt eine Anrechnung von Erziehungszeiten jedoch unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht, weil diesem Personenkreis § 56 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b SGB VI nicht entgegengehalten werden kann, wenn sie selbst keine Tätigkeit für die genannten Einrichtungen ausgeübt haben. Darüber hinaus stehen bei ihnen auch die zur Befreiung von den deutschen Rechtsvorschriften führenden Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts nicht in jedem Fall der Anrechnung von Kindererziehungszeiten entgegen (vergleiche BSG vom 25.05.1993, AZ: 4 RA 46/92). Für sie kommt unter den nachfolgend aufgeführten Voraussetzungen die Anrechnung von Kindererziehungszeiten daher (gegebenenfalls nachträglich) in Betracht:

  • Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland
    Kindererziehungszeiten können Familienangehörigen von Mitgliedern diplomatischer und konsularischer Vertretungen sowie Familienangehörigen von Mitgliedern der NATO-Truppen beziehungsweise ihres zivilen Gefolges - gegebenenfalls rückwirkend - anerkannt werden, wenn der „Entsandten“-Status nicht mehr gegeben ist (beispielsweise wenn der Ehegatte seinen Dienst beendet hat oder nach Scheidung/Beendigung der Lebenspartnerschaft), der betreffende Elternteil das Kind im Inland erzogen und dort später seinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen hat. Kindererziehungszeiten können bereits während des „Entsandten“-Status des Ehegatten für Familienangehörige anerkannt werden, wenn diese vor dem Statuserwerb des Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten.
    Siehe Beispiel 12
  • Beitragsleistung zur deutschen Rentenversicherung
    Familienangehörige von Mitgliedern diplomatischer und konsularischer Vertretungen sowie Familienangehörige von Mitgliedern der NATO-Truppen beziehungsweise ihres zivilen Gefolges können Kindererziehungszeiten - gegebenenfalls rückwirkend - erwerben, wenn sie einen Bezug zur deutschen Rentenversicherung begründet haben. Das bedeutet, dass eine Pflicht- oder freiwillige Beitragsleistung zur deutschen Rentenversicherung vor, während oder nach der Zeit der Befreiung des Ehegatten die Anrechnung einer Kindererziehungszeit ermöglicht. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Beitragsleistung und der Kindererziehung ist nicht erforderlich (BSG vom 25.02.1992, AZ: 4 RA 34/91, und AGZWSR 2/92, TOP 17).
    Siehe Beispiel 13

Eine Beitragsleistung zu einem ausländischen Versicherungsträger während oder aufgrund der Zugehörigkeit zu den unter den Abschnitten 7.2.1 und 7.2.2 genannten Personenkreisen steht der Anrechnung der im Inland zurückgelegten Zeiten der Kindererziehung nach Maßgabe der in Abschnitt 7.2.3 genannten Voraussetzungen nicht entgegen.

Altersvollrentner und Bezieher einer Altersversorgung (Nummer 2 am angeführten Ort)

Elternteile sind von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit zu den in § 5 Abs. 4 SGB VI genannten versicherungsfreien Personen gehören.

Das sind Bezieher einer Altersvollrente - seit dem 01.01.2017 jedoch erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze (vergleiche GRA zu § 5 SGB VI, Abschnitt 5.1). Versicherungsfrei sind auch Bezieher einer Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften (mit Ausnahme der Bezieher von Altersgeld nach dem AltGG) oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung nach Erreichen der im jeweiligen Versorgungssystem maßgebenden Altersgrenze (vergleiche GRA zu § 5 SGB VI, Abschnitt 5.2 und 5.2.7). Dazu gehören auch Personen, die die in der Gemeinschaft übliche Versorgung im Alter beziehen (zum Beispiel Diakonissen). Eine Vormerkung von Erziehungszeiten ist daher ab Beginn dieser Altersvollrente/Altersversorgung nicht mehr möglich.

Darüber hinaus ist der Bezug einer vergleichbaren Altersvollrente nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats der EU, des EWR oder der Schweiz nach Art. 5 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 seit dem Anwendungsstart des neuen Europarechts (EU 01.05.2010, Schweiz 01.04.2012, EWR 01.06.2012) dem Bezug einer deutschen Altersvollrente gleichgestellt und führt somit zur Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI und damit grundsätzlich zum Anrechnungsausschluss nach § 56 Abs. 4 SGB VI. Nach VO (EG) Nr. 883/2004, Anhang XI, Deutschland, Nr. 1 können Bezieher einer mitgliedstaatlichen Altersvollrente jedoch die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung beantragen. Im Zusammenhang mit der Anrechnung von Kindererziehungszeiten wird dieser Antrag regelmäßig unterstellt, sodass Kindererziehungszeiten im Ergebnis auch für Zeiten des Bezugs einer mitgliedstaatlichen Altersvollrente angerechnet werden können (vergleiche auch GRA zu VO (EG) Nr. 883/2004, Anhang XI, Deutschland, Nr. 1 Abschnitt 6.3).

Seit der Neufassung des Absatzes 4 mit Wirkung ab 22.07.2009 sind Altersteilrentner - anders als nach dem bisher geltenden Recht (siehe Abschnitt 7.5) - nicht mehr von der Anrechnung von Erziehungszeiten ausgeschlossen. Die amtliche Begründung enthält diesbezüglich keine Ausführungen. Es handelt sich insoweit um eine gesetzliche Neuregelung (siehe Abschnitt 7.7), die auch Erziehungszeiten vor dem 22.07.2009 erfasst.

Der für den Ausschluss von der Versicherungspflicht maßgebende Zeitraum ist stets die mit einem der Ausschlussgründe zusammentreffende Zeit der Kindererziehung (siehe Abschnitt 7.4.2, Beachte).

Anrechnungsausschluss bei Versorgungsanwartschaften außerhalb der Rentenversicherung (Nummer 3 am angeführten Ort)

Nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der Fassung ab 01.07.2014 sind Elternteile weiterhin - wie nach der bisher geltenden Rechtslage - von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben haben und diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt werden wie die Kindererziehung in der Rentenversicherung. Ergänzend wird nunmehr jedoch im zweiten Halbsatz neu geregelt, dass als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen gilt.

Die Neuregelung ab 01.07.2014 erfasst ohne Einschränkung auch Erziehungszeiten vor dem 01.07.2014.

Ausführungen zum Anrechnungsausschluss in den vor dem 01.07.2014 geltenden Fassungen enthalten die Abschnitte 7.5 und 7.6.

Versorgungsanwartschaften im Alter

Neben der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es eine Vielzahl anderer Altersversorgungen.

Dazu gehören insbesondere Versorgungen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen.

Für Mitglieder berufsständischer Kammern bestehen öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen. Darüber hinaus existieren für weitere Personenkreise und Berufsgruppen besondere Versorgungsregelungen.

Bei anderen Versorgungen handelt es sich dagegen grundsätzlich nur um ergänzende zusätzliche (betriebliche) Absicherungen oder um Absicherungen im Bereich der Privatversicherung.

Hinweise:

  • Die Künstlersozialkasse - KSK ist kein anderes Alterssicherungssystem im Sinne des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI, sondern Bestandteil der gesetzlichen Rentenversicherung.
  • Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten in ausländischen Rentenversicherungssystemen führt nicht zum Anrechnungsausschluss nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI (AGZWSR 2/2009, TOP 9, AF 87), da dieser nur eine doppelte Anrechnung von Kindererziehungszeiten innerhalb des deutschen Rechtskreises verhindert. Dies gilt für Versorgungssysteme internationaler Organisationen entsprechend.

Versorgungsanwartschaften während und aufgrund der Erziehung

Ein Anrechnungsausschluss kann überhaupt nur dann vorliegen, wenn Eltern während der Erziehungszeit einem Alterssicherungssystem außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung angehört haben, in dem Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben werden können.

Haben Eltern während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter in einem anderen Alterssicherungssystem erworben, ist festzustellen, ob die dort geltenden besonderen Versorgungsregelungen auch Anwartschaften aufgrund der Erziehung vorsehen.

Ist das der Fall, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob diese systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt werden wie in der gesetzlichen Rentenversicherung oder bereits als gleichwertig berücksichtigt gelten (vergleiche Abschnitt 7.4.3).

Beachte:

Der für die Prüfung des Anrechnungsausschlusses maßgebende Zeitraum ist stets die Zeit der Zugehörigkeit zu einem anderen Alterssicherungssystem, die mit einer Zeit der Kindererziehung in den ersten 36 Kalendermonaten - bis 31.12.1991 in den ersten 30 Kalendermonaten - nach dem Geburtsmonat des Kindes zusammentrifft. Hat der anspruchsberechtigte Erziehende zum Beispiel nur während eines Teils der gesamten 30 beziehungsweise 36 Kalendermonate Kindererziehungszeit einem anderen Alterssicherungssystem angehört, so ist für den übrigen Zeitraum ein Anrechnungsausschluss nicht zu prüfen und Zeiten der Versicherungspflicht wegen Kindererziehung können - soweit die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind - ohne Besonderheiten angerechnet werden. Der Anrechnungsausschluss ist auch für Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung zu prüfen, weil deren Anrechnung gemäß § 57 S. 1 SGB VI wiederum nur möglich ist, wenn auch die Voraussetzungen für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten erfüllt sind.

Siehe Beispiel 11

Beginnt oder endet die Zugehörigkeit zu einem anderen Alterssicherungssystem im Laufe eines Kalendermonats, so ist dieser Kalendermonat stets der Rentenversicherung zuzuordnen; ein Anrechnungsausschluss ist nicht zu prüfen.

Werden in einem anderen Alterssicherungssystem nicht nur Zeiten während der Zugehörigkeit zu diesem anderen Alterssicherungssystem berücksichtigt, sondern auch vor der Zugehörigkeit liegende sogenannte Vordienstzeiten, spielen diese Vordienstzeiten für die Prüfung des Anrechnungsausschlusses grundsätzlich keine Rolle.

Gleichwertige Versorgungsanwartschaften

Eine annähernd gleichwertige Berücksichtigung der Erziehungszeiten in einem anderen Alterssicherungssystem liegt dann vor, wenn Erziehungszeiten für nach dem 31.12.1920 beziehungsweise nach dem 31.12.1926 geborene Eltern für Geburten bis 31.12.1991 im Umfang von zweieinhalb Jahren und für Geburten ab 01.01.1992 von drei Jahren bei der Ermittlung der Versorgungsansprüche berücksichtigt werden.

Außerdem müssen die Erziehungszeiten mit einer für eine nach dem jeweiligen Sicherungssystem zusätzlichen, im Verhältnis zu den übrigen Versicherten des Sicherungssystems durchschnittlichen, Bewertung der Zeiten berücksichtigt werden.

Für die Feststellung, ob es sich bei den in einem anderen Alterssicherungssystem aufgrund der Kindererziehung erworbenen Versorgungsanwartschaften im Alter um eine der gesetzlichen Rentenversicherung systembezogen annähernd gleichwertige Berücksichtigung handelt, ist die gesetzliche Rentenversicherung zuständig. Die Beurteilung ist nicht von dem Versorgungsträger des anderweitigen Alterssicherungssystems vorzunehmen.

Es ist nicht in jedem Einzelfall anhand der konkreten leistungsrechtlichen Auswirkungen zu beurteilen, ob die Erziehungszeiten bei dem anderen Alterssicherungssystem systembezogen gleichwertig berücksichtigt werden. Es genügt, wenn das andere Alterssicherungssystem generell Ansprüche aus einer Erziehungszeit vorsieht und diese als gleichwertig anzusehen sind.

Die Feststellung zur Gleichwertigkeit eines anderen Alterssicherungssystems ist nicht abschließend. Immer dann, wenn in einem anderen Alterssicherungssystem rechtliche Änderungen zur Berücksichtigung von Erziehungszeiten erfolgen, ist die Gleichwertigkeit neu zu beurteilen. Die Gleichwertigkeit der erworbenen Versorgungsanwartschaften ist daher sowohl im Zeitpunkt der Geltendmachung der Erziehungszeiten außerhalb eines Leistungsfeststellungsverfahrens, als auch in einem späteren Leistungsfeststellungsverfahren zu prüfen. Die erstmalige Prüfung der Gleichwertigkeit erfolgt im Zeitpunkt der erstmaligen Bescheiderteilung über die Erziehungszeiten (Moment-Aufnahme). Bei dieser Entscheidung verbleibt es - auch über den Beginn einer Rente (gleich welcher Art) hinaus - solange bis eine neue Feststellung zur Gleichwertigkeit getroffen wird, die sich auf diese Erziehungszeiten auswirkt. In diesem Fall ist dann die bisherige Entscheidung zu überprüfen.

Beachte:

Die Prüfung der Gleichwertigkeit nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI wird seit dem 01.07.2014 aufgrund des neu angefügten zweiten Halbsatzes um eine Regelung ergänzt, die festlegt, welche Arten von Versorgungsanwartschaften stets als gleichwertig gelten.

Ohne inhaltliche Prüfung der jeweiligen Versorgungsregelungen gelten dadurch nunmehr Anwartschaften auf eine Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen (sofern diese die entsprechende Anwendung der beamtenrechtlichen Vorschriften vorsehen oder den beamtenrechtlichen Regelungen nachgebildet sind) stets als gleichwertig. Entscheidend ist in diesen Fällen allein, dass es sich um Anwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder diesen entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen handelt (beachte Abschnitt 7.4.4 und Anlage 1).

Die Regelung des § 56 Abs. 4 Nr. 3 2. Halbs. SGB VI wurde durch Urteil des BSG vom 10.10.2018, AZ: B 13 R 20/16 R und Urteil des BSG vom 10.10.2018, AZ: B 13 R 29/17 R als verfassungskonform bestätigt. Das gilt auch für die Fälle, in denen eine sogenannte Mindestversorgung gewährt wird, deren Höhe sich ohne die Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung bemisst. In den Verfahren ging es um die Gleichwertigkeit beamtenrechtlicher Versorgungsanwartschaften für Geburten vor dem 01.01.1992.

Die gesetzliche Neuregelung ab 01.07.2014 erfasst ohne Einschränkung auch Erziehungszeiten vor dem 01.07.2014.

Für alle - nicht vom neuen zweiten Halbsatz erfassten - anderen Versorgungsanwartschaften ist unverändert weiterhin die Gleichwertigkeit der jeweiligen Versorgungsregelungen zu prüfen.

Die aktuellen Feststellungen zur Gleichwertigkeit anderer Versorgungsanwartschaften beziehungsweise Alterssicherungssysteme (sowohl nach inhaltlicher Prüfung gleichwertig, als auch als gleichwertig geltend) können der Anlage 1 entnommen werden.

Die Anlage 1 ist nur anzuwenden, wenn zeitgleich eine Zugehörigkeit zu einem anderen Alterssicherungssystem und eine Zeit der Kindererziehung vorliegen (maßgebender Zeitraum für die Prüfung des Anrechnungsausschlusses, vergleiche Abschnitt 7.4.2 unter Beachte:).

Die Abschnitte 7.4.4 bis 7.4.6 enthalten zum besseren Verständnis ergänzende Erläuterungen zu einzelnen Alterssicherungssystemen beziehungsweise Personenkreisen.

Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen

Die Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) finden für alle Personen Anwendung, die Versorgungsanwartschaften nach Bundes-, Landes- oder kommunalem Recht erworben haben. Seit dem 01.09.2006 sind die Gesetzgeber der Bundesländer befugt, das gemäß Art. 125a Abs. 1 GG fortgeltende Beamtenversorgungsgesetz landesrechtlich zu ersetzen oder zu ergänzen (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.08.2006). Für Berufssoldaten finden die entsprechenden Regelungen des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) Anwendung, die inhaltlich den Vorschriften des BeamtVG entsprechen.

Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Grundsätzen, das heißt in Anlehnung an beamtenrechtliche Vorschriften, erwerben unter anderem Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen und denen Versorgungsanwartschaften nicht bereits aufgrund ihres Status gewährt werden und Personen, die in einem Arbeitsverhältnis mit einem dem Beamtenverhältnis angenäherten Versorgungsstatus stehen. In diesen Fällen liegen regelmäßig sogenannte Gewährleistungsentscheidungen vor.

Versorgungsanwartschaften nach entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen erwerben unter anderem Geistliche, Kirchenbeamte (sind keine Beamten im staatsrechtlichen Sinne) und sonstige Kirchenbedienstete. Dazu gehören zum Beispiel Pfarrer, Pastoren, Vikare, Kandidaten der Theologie oder des Pfarramtes, Kuratoren, Dekane, Prediger, Kirchenräte, Kircheninspektoren, Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen oder Lehrer an kirchlichen Schulen.

Die Landeskirchen der Evangelischen Kirche Deutschland sowie die Bistümer der Katholischen Kirche haben jeweils eigenständige Versorgungsregelungen, die nicht einheitlich beurteilt werden können. Die Versorgungsregelungen orientieren sich nach derzeitigem Erkenntnisstand regelmäßig am Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) und gelten daher stets als gleichwertig. Allerdings gibt es auch die Besonderheit, dass die jeweilige Kirche keine Gewährleistungsentscheidung beantragt hat, sodass während der Zugehörigkeit zum kirchlichen Versorgungssystem dennoch gegebenenfalls Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen sind. In diesen Fällen werden nach kirchenrechtlichen Regelungen während und aufgrund der Kindererziehung grundsätzlich keine gleichwertigen Versorgungsanwartschaften erworben. Das ist zum Beispiel bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und für bestimmte Zeiträume auch bei den Evangelischen Landeskirchen in Baden und in Hessen und Nassau der Fall (siehe Anlage 1).

Während einer Beurlaubung ohne Besoldung (zum Beispiel aufgrund Kindererziehung), besteht das Beamtenverhältnis fort. Das gilt auch dann, wenn nach der bis zum 31.12.1991 geltenden Regelung des § 125 AVG/§ 1403 RVO aufgrund der Beurlaubung eine Aufschubbescheinigung erstellt wurde. Es bleibt auch in dieser Zeit bei der Zugehörigkeit zu einem Alterssicherungssystem nach beamtenrechtlichen Vorschriften, das stets als gleichwertig gilt. Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn während der Beurlaubung eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt werden sollte.

Beamte, die aus dem Dienstverhältnis entlassen werden und eine Dienstzeit von mindestens 5 Jahren zurückgelegt haben, erwerben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Altersgeld. Bei den Versorgungsanwartschaften, die anspruchsbegründend für die Zahlung eines Altersgeldes (nach dem Altersgeldgesetz/vergleichbaren Alterssicherungsleistungen auf landesgesetzlicher Basis) sind, handelt es sich um Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen. Es liegt somit ein Ausschlussgrund nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI vor.

Während einer bis zum Erreichen einer Altersgrenze bezogenen Versorgung wegen Dienstunfähigkeit oder während des Bezuges eines Altersgeldes (nach dem Altersgeldgesetz/vergleichbaren Alterssicherungsleistungen auf landesgesetzlicher Basis) werden regelmäßig keine weiteren Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen aufgrund einer Kindererziehung erworben. Es liegt somit kein Ausschlussgrund nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI vor. Erziehungszeiten können bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen in der Rentenversicherung vorgemerkt werden.

Wurde die Zeit der Mitgliedschaft in einem anderen Alterssicherungssystem in der Rentenversicherung nachversichert oder wurde für diese Zeit eine Abfindung beziehungsweise Abfindungsrente gezahlt, werden für diesen Zeitraum aufgrund der Kindererziehung keine Ansprüche nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen (mehr) erworben. Es liegt somit kein Ausschlussgrund nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI vor. Erziehungszeiten können bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen in der Rentenversicherung vorgemerkt werden.

Bei der Nachversicherung und Vormerkung der Erziehungszeiten verbleibt es auch dann, wenn die nachversicherte Dienstzeit aufgrund eines späteren Wiedereintritts in ein neues Beamtenverhältnis in der Beamtenversorgung wiederauflebt. In diesem Fall wird durch § 50a BeamtVG eine doppelte Anrechnung der Erziehungszeiten in der Beamtenversorgung ausgeschlossen.

Erfolgte die Nachversicherung in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, werden im Ergebnis nicht mehr Ansprüche nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen, sondern Ansprüche aus der berufsständischen Versorgung erworben (vergleiche Abschnitt 7.4.5).

Besonderheiten bei Soldaten auf Zeit

Anders als Berufssoldaten erwerben Zeitsoldaten der Bundeswehr jedoch keine Ansprüche auf Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG). Nach Ablauf der Verpflichtung werden sie regelmäßig aus dem Dienst bei der Bundeswehr entlassen und in der Rentenversicherung nachversichert. Die Anrechnung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung ist daher bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen nicht ausgeschlossen.

Die Nachversicherung wird allerdings aufgeschoben, wenn die (ehemaligen) Zeitsoldaten als Berufssoldaten weiterbeschäftigt werden oder in ein „normales“ Beamtenverhältnis eintreten (§ 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI). In diesem Fall ändern sich die Verhältnisse derart, dass nunmehr auch für das zurückliegende Dienstverhältnis als Zeitsoldat Versorgungsansprüche nach dem SVG oder dem BeamtVG aufgrund der Erziehung erworben werden, die als annähernd gleichwertig gelten.

Werden Erziehungszeiten, die ganz oder teilweise während der Dauer des Zeitsoldatenverhältnisses liegen, noch während der laufenden Dienstzeit vorgemerkt, sind Versicherte im Vormerkungsbescheid vorsorglich für den Fall der späteren Übernahme als Berufssoldat beziehungsweise in ein Beamtenverhältnis über die Folgen aufzuklären. Dadurch wird sichergestellt, dass bei Bedarf die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristgerechte Bescheidkorrektur nach § 48 SGB X erfüllt sind.

„Bitte teilen Sie uns mit, wenn Sie nach Beendigung Ihres Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit in ein Beamtenverhältnis eintreten oder Berufssoldat werden. Für die ganz oder teilweise während Ihres Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit liegenden Erziehungszeiten besteht in diesem Fall die Möglichkeit, dass sie bei der Versorgung berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung bei der Versorgung führt dazu, dass diese Erziehungszeiten in der Rentenversicherung nicht mehr vorzumerken sind.“

Versorgungsanwartschaften für besondere Berufsgruppen

Es handelt sich insbesondere um Angehörige der sogenannten Kammerberufe (Berufsständler). Das sind zum Beispiel Apotheker, Architekten, Ärzte und Rechtsanwälte. Soweit Mitglieder dieser Versorgungseinrichtungen ihren Beruf nicht als Selbständige, sondern als abhängig Beschäftigte ausüben beziehungsweise ausgeübt haben, dürfte regelmäßig eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI/§ 7 Abs. 2 AVG vorliegen.

Nach den bisherigen Feststellungen werden Erziehungszeiten in keinem der bereits abschließend geprüften berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen gleichwertig berücksichtigt. Erziehungszeiten können daher - unabhängig davon, ob eine Befreiung ausgesprochen wurde oder nicht - bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen in der Rentenversicherung vorgemerkt werden.

Versorgungsanwartschaften können jedoch auch von anderen Personen- beziehungsweise Berufsgruppen - als denen der Kammerangehörigen - erworben werden und zwar zum Beispiel von Landwirten und Abgeordneten der Bundesländer sowie des Deutschen Bundestages.

Satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften erhalten zwar die in der Gemeinschaft übliche Versorgung im Alter, allerdings wird keine Alterssicherung in Geld gewährt, sodass sich Erziehungszeiten generell nicht auswirken können. Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung können somit bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen in der Rentenversicherung vorgemerkt werden. Es handelt sich um den in § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI genannten versicherungsfreien Personenkreis. Dazu gehören auch Krankenschwestern des Deutschen Roten Kreuzes, Mitglieder der Zeugen Jehovas und Methodisten.

Besonderheiten bei Abgeordneten

Abgeordnete üben keine abhängige Beschäftigung und auch keine selbständige Tätigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts aus; es besteht keine Rentenversicherungspflicht. Die Ermittlung der Versorgungsansprüche von Abgeordneten der Länderparlamente sowie des Deutschen Bundestages richtet sich nach den jeweiligen Abgeordnetengesetzen. Abgeordnete haben danach - mit Ausnahme der Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags ab 01.01.2007 - einen Anspruch auf Altersversorgung beziehungsweise Altersentschädigung, wenn sie eine gewisse Mindestzeit Mitglied des Parlaments waren (Mandatszeiten). Die Altersversorgung beziehungsweise Altersentschädigung ermittelt sich jedoch allein aus dem Umfang der Mandatszeiten. Erziehungszeiten werden bei der Ermittlung der Versorgungsansprüche nicht berücksichtigt. Scheiden Abgeordnete ohne Anspruch auf Altersversorgung aus dem Parlament aus, so können sie eine Versorgungsabfindung beantragen oder sich in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichern lassen. Die Anrechnung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung ist in jeder der geschilderten Fallgestaltungen bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen nicht ausgeschlossen.

Abgeordnete, die ohne Anspruch auf Altersversorgung aus dem Parlament ausscheiden, haben jedoch auch die Möglichkeit, sich die Abgeordnetenzeit auf Antrag als ruhegehaltsfähige Dienstzeit nach beamtenrechtlichen Vorschriften anrechnen zu lassen. Der Antrag kann jederzeit, also auch erst bei Erreichen des Versorgungsalters und bei Tod des Abgeordneten sogar durch dessen Hinterbliebene gestellt werden. In diesem Fall ändern sich die Verhältnisse derart, dass für die zurückliegenden Abgeordnetenzeiten Versorgungsansprüche nach dem BeamtVG aufgrund der Erziehung erworben werden, die als annähernd gleichwertig gelten.

Werden Erziehungszeiten, die ganz oder teilweise während der Dauer des Abgeordnetenverhältnisses liegen, vorgemerkt, sind Versicherte im Vormerkungsbescheid vorsorglich für den Fall der späteren Anrechnung nach beamtenrechtlichen Vorschriften über die Folgen aufzuklären. Dadurch wird sichergestellt, dass bei Bedarf die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristgerechte Bescheidkorrektur nach § 48 SGB X erfüllt sind.

„Bitte teilen Sie uns mit, wenn Sie einen Antrag auf Berücksichtigung Ihrer Mandatszeit als Dienstzeit im Sinne des Versorgungsrechts der Beamten und Richter gestellt haben. Für die ganz oder teilweise während Ihres Abgeordnetenmandats liegenden Erziehungszeiten besteht in diesem Fall die Möglichkeit, dass sie nach den Regelungen des Versorgungsrechts der Beamten und Richter berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung nach diesen Regelungen führt dazu, dass diese Erziehungszeiten in der Rentenversicherung nicht mehr vorzumerken sind.“

Sonstige Versorgungsanwartschaften

Neben den in den vorherigen Abschnitten beschriebenen, in der Regel verpflichtenden Altersvollversorgungen, gibt es weitere ergänzende/zusätzliche Absicherungen und Absicherungen im Bereich der privaten Versicherungswirtschaft.

In den Fällen der ergänzenden/zusätzlichen Absicherung sagt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses regelmäßig Versorgungsleistungen im Alter zu. Entsprechende Versorgungen gibt es sowohl in der Privatwirtschaft als auch im Bereich des öffentlichen beziehungsweise kirchlichen Dienstes.

Handelt es sich um derartige Versorgungsanwartschaften, liegt ein Anrechnungsausschluss nicht vor, weil es sich nicht um Alterssicherungssysteme im Sinne des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI handelt. Das sind zum Beispiel

  • Zusatzversorgungskassen der katholischen und evangelischen Kirche (zum Beispiel Kirchliche Zusatzversorgungskasse (KZVK) Köln, Zusatzversorgungskasse der Evangelischen Landeskirche Hannover),
  • Bayerische Versorgungskammer München (kirchliche Zusatzversorgung),
  • Versorgungswerk der Presse,
  • Pensionskasse Rundfunk,
  • Versorgungsanstalt der Deutschen Bühnen (Bayerische Versorgungskammer),
  • Versorgungsanstalt der Deutschen Kulturorchester (Bayerische Versorgungskammer),
  • Zusatzversorgungskasse für Betriebsrenten im öffentlichen Dienst (VBL),
  • Versorgungskasse des Bankgewerbes (BVV).

Grundsätzlich ist das Vorhandensein zeitgleicher Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung ein Indiz dafür, dass es sich nur um eine für den Anrechnungsausschluss unerhebliche Zusatzversorgung handelt.

Bei Personen, die zur Altersversorgung ausschließlich einen privaten Versicherungsvertrag (Lebens-, Rentenversicherung oder Ähnliches) abgeschlossen haben, liegt ein Anrechnungsausschluss ebenfalls nicht vor. Es handelt sich nicht um eine Versorgung in einem anderen Alterssicherungssystem im Sinne des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI. Bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen können Erziehungszeiten in der Rentenversicherung vorgemerkt werden.

Anrechnungsausschluss in der bis zum 21.07.2009 geltenden Fassung

Nach § 56 Abs. 4 SGB VI in der Fassung bis zum 21.07.2009 war die Anwendung des Anrechnungsausschlusses vom versicherungsrechtlichen Status der Eltern im Erziehungszeitraum abhängig.

Elternteile waren von der Anrechnung von Erziehungszeiten ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit zu den versicherungsfreien Personen des § 5 Abs. 1 und 4 SGB VI gehörten oder von der Versicherungspflicht befreit waren und nach dieser Zeit nicht nachversichert wurden. Auch Bezieher einer Teilrente wegen Alters waren von der Anrechnung von Erziehungszeiten ausgeschlossen. Ebenso wurden Abgeordnete, Minister und Parlamentarische Staatssekretäre, die mit Anspruch auf Versorgung ausgeschieden sind, vom Anrechnungsausschluss erfasst.

Diese Regelung war seit Einführung der Kindererziehungszeiten mit dem HEZG vom 11.07.1985 Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Auseinandersetzungen.

In den ersten BSG-Verfahren ging es um die übergangsrechtlichen Befreiungen (wie zum Beispiel nach dem AnVNG). Hierzu hat das BSG entschieden, dass Personen, die nach übergangsrechtlichen Vorschriften von der Rentenversicherungspflicht befreit worden sind, nicht von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind (BSG vom 27.06.1991, AZ: 4 RA 5/91, SozR 3-2200 § 1251a Nr. 19, und BSG vom 21.07.1992, AZ: 4 RA 27/91, DAngVers 1992 S. 472).

Die weitere Rechtsprechung betraf vorrangig von der Versicherungspflicht befreite Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen. Hierzu hat das BSG unter anderem entschieden, dass von der Versicherungspflicht befreite Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen von der Anrechnung einer Erziehungszeit dann nicht ausgeschlossen sind, wenn sie ausschließlich außerhalb des zur Befreiung führenden Berufes unbefristet rentenversicherungspflichtig werden (BSG vom 22.10.1998, AZ: B 5/4 RA 80/97 R, SozR 3-2600 § 56 Nr. 12).

In zwei nachfolgenden Verfahren hat das BSG als Weiteres entschieden, dass bei von der Versicherungspflicht Befreiten ein Anrechnungsausschluss nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Befreiung tatsächlich Wirkung entfaltet und die Erziehungszeiten in dem anderweitigen Alterssicherungssystem annähernd gleichwertig berücksichtigt werden wie in der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG vom 18.10.2005, AZ: B 4 RA 6/05 R, und BSG vom 31.01.2008, AZ: B 13 R 64/06 R). Die Rentenversicherungsträger sind diesen Urteilen gefolgt (FAVR 2/2008, TOP 6, RVaktuell 10/2008 S. 328).

Die Urteile des BSG aus den Jahren 2005 und 2008 waren dann der Auslöser für die Neufassung des § 56 Abs. 4 SGB VI mit Wirkung vom 22.07.2009 (siehe Abschnitte Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., 7 und 7.3 ff.).

Anrechnungsausschluss in der vom 22.07.2009 bis 30.06.2014 geltenden Fassung

Nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI in der Fassung vom 22.07.2009 bis 30.06.2014 waren Elternteile von der Anrechnung ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung in der Rentenversicherung. Die Neufassung erfasste ohne Einschränkung auch Kindererziehungszeiten vor dem 22.07.2009.

Ob Versorgungsanwartschaften während und aufgrund der Erziehung systembezogen gleichwertig berücksichtigt werden, war für jedes Alterssicherungssystem gesondert festzustellen, und zwar im Hinblick auf die in dem anderen Alterssicherungssystem geltenden Regelungen für Geburten bis 31.12.1991 und für Geburten ab 01.01.1992.

Das führte bei der Prüfung der beamtenrechtlichen Vorschriften beziehungsweise der an diese angelehnten Regelungen - bei der Feststellung von Erziehungszeiten bei Geburten vor dem 01.01.1992 - zu dem Ergebnis, dass eine dem anderen System immanente Anrechnung von Erziehungszeiten zwar grundsätzlich erfolgte; allerdings von weniger als zwölf Kalendermonaten und auch nicht additiv. Das führte wiederum zu dem Ergebnis, dass diese nicht gleichwertig wie in der Rentenversicherung und damit folgerichtig in der Rentenversicherung zusätzlich Erziehungszeiten im vollen Umfang von bis zu 12 Kalendermonaten anzurechnen waren.

Zur Vermeidung von derartigen nicht gewünschten Doppelanrechnungen in zwei ansonsten dem Grunde nach gleichwertigen Alterssicherungssystemen hat der Gesetzgeber zum 01.07.2014 reagiert und in § 56 Abs. 4 Nr. 3 zweiter Halbs. SGB VI zusätzlich neu geregelt, dass Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen und entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen stets als annähernd gleichwertig gelten (vergleiche Abschnitt 7.4.3).

In allen anderen Fällen verbleibt es unverändert bei der Prüfung der Gleichwertigkeit des jeweiligen anderen Alterssicherungssystems.

Besonderheiten im Zusammenhang mit der Neufassung des Anrechnungsausschlusses ab 22.07.2009

Aufgrund der Neufassung des Anrechnungsausschlusses ab 22.07.2009 konnte es dazu kommen, dass Erziehungszeiten - anders als nach dem bis zum 21.07.2009 geltenden Recht - angerechnet oder nicht mehr angerechnet werden können. In einem solchen Fall ist es von Bedeutung, ob es sich bei der Neufassung tatsächlich um eine Neuregelung oder lediglich um eine Klarstellung handelt (vergleiche Abschnitt 7.7.1). Je nach Ergebnis können sich unterschiedliche Rechtsfolgen ergeben.

Von Bedeutung ist die Unterscheidung insbesondere bei der Frage

  1. der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung für eine Rentenzahlung (Erfüllung der Wartezeit erst aufgrund Anrechnung der Kindererziehungszeiten) und des Beginns der jeweiligen Rente aus den Erziehungszeiten (vergleiche Abschnitt 7.7.2) und
  2. ob ein sozialrechtlicher Herstellunganspruch bestehen kann, der gegebenenfalls mit einem neuen Dispositionsrecht verbunden ist (vergleiche Abschnitt 7.7.3).

Verbleibt es dagegen bei der bisherigen Anrechnung beziehungsweise Nichtanrechnung, spielt diese Unterscheidung keine Rolle.

Klarstellung oder Neuregelung

Nach der amtlichen Begründung zur Neufassung des Absatzes 4 handelt es sich um eine Klarstellung, mit der der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Rechnung getragen wird. Das ist für die Versicherten, die von der Rentenversicherungspflicht befreit sind, zutreffend und betrifft insbesondere Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen mit Befreiungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Unabhängig von der Neufassung des Absatzes 4 haben die Rentenversicherungsträger bereits aufgrund der Rechtsprechung des BSG prüfen müssen, ob die Befreiten einem anderen Alterssicherungssystem angehören, in dem Zeiten der Kindererziehung gleichwertig wie in der Rentenversicherung berücksichtigt werden.

Für nicht von der Versicherungspflicht befreite Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen handelt es sich hingegen um eine gesetzliche Neuregelung. Anders als nach dem bis zum 21.07.2009 geltenden Recht, ist für diesen Personenkreis erstmalig der Anrechnungsausschluss zu prüfen. Es ergeben sich jedoch letztendlich keine Auswirkungen, weil im Ergebnis weiterhin kein Ausschlussgrund (weil keine gleichwertige Berücksichtigung im anderen Alterssicherungssystem) vorliegt. Gleiches gilt für Landwirte, die Versorgungsanwartschaften nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) erworben haben.

Altersteilrentner wurden bisher ohne Ausnahme vom Anrechnungsausschluss erfasst. Das ist aufgrund der Neufassung nicht mehr der Fall. Es handelt sich insoweit ebenfalls um eine gesetzliche Neuregelung

Auch für versicherungsfreie Personen mit beamtenrechtlichen oder kirchenrechtlichen Versorgungsanwartschaften handelt es sich um eine gesetzliche Neuregelung. Die Rechtsprechung des BSG bezog sich allein auf den Personenkreis der von der Versicherungspflicht Befreiten. Für versicherungsfreie Personen wäre daher - ohne die Neufassung des Absatzes 4 - weiterhin allein auf den Status abzustellen gewesen und die Anrechnung wäre grundsätzlich ausgeschlossen gewesen. Nunmehr ist zu prüfen, ob die Versorgungsregelungen des anderen Alterssicherungssystems eine gleichwertige Berücksichtigung von Erziehungszeiten wie in der gesetzlichen Rentenversicherung vorsehen. Gleiches gilt für Abgeordnete, Minister und parlamentarische Staatssekretäre. In diesen Fällen kommt es nunmehr in bestimmten Konstellationen nicht mehr zu einem Anrechnungsausschluss.

Satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften wurden bisher aufgrund ihres versicherungsfreien Status regelmäßig vom Anrechnungsausschluss erfasst. Das ist aufgrund der Beschränkung der Neufassung auf beamtenrechtliche, kirchenrechtliche und berufsständische Versorgungsanwartschaften nicht mehr der Fall. Es handelt sich insoweit um eine gesetzliche Neuregelung.

Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente

Bei den Personenkreisen, für die die Neufassung des Absatzes 4 als Klarstellung zu werten ist, kann sich ein Rentenbeginn bereits für Zeiten vor Inkrafttreten der Neufassung des § 56 Abs. 4 SGB VI oder sogar vor der Rechtsprechung des BSG vom 18.10.2005, AZ: B 4 RA 6/05 R ergeben. Entscheidend ist, wann die letzte Anspruchsvoraussetzung eingetreten ist. Der Rentenbeginn bestimmt sich durch den Zeitpunkt der Antragstellung.

Bei den Personenkreisen, für die die Neufassung des Absatzes 4 eine Neuregelung darstellt, ist Zeitpunkt der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen (frühestens) der 22.07.2009. Ein Rentenbeginn ist in diesen Fällen frühestens zum 22.07.2009 (für Hinterbliebenenrenten) beziehungsweise zum 01.08.2009 (für Versichertenrenten) möglich.

Die Unterscheidung zwischen Klarstellung und Neufassung ist auch für die Frage von Bedeutung, ob eine Rente, die bereits vor dem Zeitpunkt der Rechtsänderung am 22.07.2009 begonnen hat, allein wegen der Berücksichtigung erstmals anrechenbarer Erziehungszeiten neu festzustellen ist (siehe hierzu GRA zu § 306 SGB VI, Abschnitt 3.3).

Neues Dispositionsrecht bei Klarstellung

Die Rentenversicherungsträger sind bis zur Rechtsprechung des BSG vom 18.10.2005 beziehungsweise 31.01.2008 (vergleiche Abschnitt 7.5) aufgrund des Wortlautes des § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI in der Fassung bis zum 21.07.2009 davon ausgegangen, dass Personen, die von der Rentenversicherungspflicht befreit sind (mit Ausnahme von Personen, die nach sog. übergangsrechtlichen Regelungen von der Rentenversicherungspflicht befreit sind) regelmäßig von der Anrechnung ausgeschlossen sind.

Haben Eltern aufgrund dieser (rückschauend betrachtet fehlerhaften) Auslegung der Rentenversicherungsträger eine übereinstimmende Erklärung abgegeben oder nicht abgegeben, kann von einer fehlerhaften Aufklärung und Beratung im Sinne der §§ 13, 14 SGB I ausgegangen werden und den Eltern im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein neues Dispositionsrecht ohne Einzelfallprüfung eingeräumt werden (FAVR 2/2008, TOP 6, AGFAVR 2/2008, TOP 5). Ein solcher Fall kann damit nur dann vorliegen, wenn ein Elternteil während der Erziehungszeit von der Rentenversicherungspflicht befreit war.

Haben die Eltern eine übereinstimmende Erklärung abgegeben und dadurch die Erziehungszeiten ganz oder teilweise dem Elternteil zugeordnet, der nicht von der Versicherungspflicht befreit war, besteht daher ein neues Dispositionsrecht. Das Dispositionsrecht besteht in der vollständigen oder teilweisen Rücknahme der übereinstimmenden Erklärung und gegebenenfalls darüber hinaus in der Abgabe einer neuen übereinstimmenden Erklärung. Das Dispositionsrecht kann nur von den Eltern gemeinsam ausgeübt werden.

Siehe Beispiel 14

Haben die Eltern dagegen eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben und dadurch die Erziehungszeiten (nach den Regelungen zur gleichgewichtigen beziehungsweise überwiegenden Erziehung) ganz oder teilweise dem Elternteil zugeordnet, der nicht von der Versicherungspflicht befreit war, besteht ebenfalls ein neues Dispositionsrecht. Das Dispositionsrecht besteht dann in der Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung für den gesamten Erziehungszeitraum oder einen entsprechenden Teilzeitraum.

Waren beide Elternteile während der Erziehungszeiten von der Rentenversicherungspflicht befreit und haben Sie eine übereinstimmende Erklärung abgegeben oder nicht abgegeben, besteht ebenfalls ein neues Dispositionsrecht. Das Dispositionsrecht besteht in der vollständigen oder teilweisen Rücknahme der übereinstimmenden Erklärung und der (erstmaligen) Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung für den gesamten Erziehungszeitraum oder einen entsprechenden Teilzeitraum.

Hinweis:

Haben Eltern von ihrem neuen Dispositionsrecht gemeinsam Gebrauch gemacht, müssen zuvor erteilte Bescheide über die Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung korrigiert werden. Für die jetzt dem anderen Elternteil zuzuordnenden Zeiten sind nunmehr entsprechende Ablehnungsbescheide zu erteilen. Es ist ein Zusatz aufzunehmen, dass die bisherigen Bescheide über die Vormerkung von Kindererziehungszeiten und/oder Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung als „auf andere Weise erledigt“ im Sinne des § 39 Abs. 2 SGB X erklärt werden. Die Bescheidkorrektur richtet sich nicht nach den §§ 45, 48 SGB X.

Kein neues Dispositionsrecht bei Neuregelung

Die Rechtsprechung des BSG vom 18.10.2005 beziehungsweise 31.01.2008 (vergleiche Abschnitt 7.5) bezog sich allein auf den Personenkreis der von der Versicherungspflicht Befreiten.

Für versicherungsfreie Personen mit beamtenrechtlichen oder kirchenrechtlichen Versorgungsanwartschaften, Altersteilrentner, Abgeordnete, Minister und parlamentarische Staatssekretäre sowie satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften handelt es sich dagegen um eine gesetzliche Neuregelung.

Die Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger, dass diese Personen aufgrund ihres besonderen Status von der Anrechnung von Erziehungszeiten ausgeschlossen sind, wurde durch die oben angegebene Rechtsprechung des BSG nicht berührt. Ein fehlerhaftes und für die Eltern nachteiliges Handeln der Rentenversicherungsträger, welches generell im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu korrigieren wäre, liegt somit nicht vor. Damit scheidet auch ein neues Dispositionsrecht der Eltern aus.

Die Prüfung und Feststellung eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann somit allenfalls im Rahmen einer Einzelfallentscheidung erfolgen.

Besonderheiten im Zusammenhang mit der Neufassung des Anrechnungsausschlusses ab 01.07.2014

Aufgrund der Neufassung des Anrechnungsausschlusses ab 01.07.2014 für Personen, die Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen erworben haben, kann es dazu kommen, dass Erziehungszeiten - anders als bisher - nicht mehr berücksichtigt werden können.

Wurden Erziehungszeiten für diesen Personenkreis rechtmäßig vorgemerkt, entsprechen sie ab 01.07.2014 nicht mehr dem geltenden Recht. Diese Vormerkungsentscheidungen sind nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI ohne Anwendung der §§ 24, 48 SGB X möglichst im Folgefeststellungsbescheid (vergleiche GRA zu § 149 SGB VI, Abschnitt 5.3.1) oder aber spätestens im Rentenbescheid (vergleiche GRA zu § 149 SGB VI, Abschnitt 5.3.2) aufzuheben.

Bei der Feststellung von Renten gilt der Anrechnungsausschluss in der Fassung ab 01.07.2014, wenn die Rente am 01.07.2014 oder zu einem späteren Zeitpunkt beginnt (vergleiche § 300 Abs. 1 SGB VI).

Liegt der Beginn der Rente noch vor dem 01.07.2014 und wurde der Rentenantrag bis zum 30.09.2014 gestellt, ist der Anrechnungsausschluss in der jeweils vor dem 01.07.2014 geltenden Fassung anzuwenden (vergleiche § 300 Abs. 2 SGB VI). Dies kann zur Folge haben, dass bei einer in der Zeit vom 22.07.2009 bis 30.06.2014 beginnenden Rente Kindererziehungszeiten auch für Versicherte mit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen anzurechnen sind (siehe Abschnitt 7.6 und GRA zu § 306 SGB VI, Abschnitt 3.3). Für vor dem 01.01.1992 geborene Kinder wären dann gemäß § 249 SGB VI in der Fassung bis zum 30.06.2014 allerdings höchstens 12 Kalendermonate an Kindererziehungszeit je Kind anrechenbar.

Im Fall einer Hinterbliebenenrente, die erst nach dem 30.09.2014 beantragt wurde, findet der Anrechnungsausschluss in der Fassung ab 01.07.2014 selbst dann Anwendung, wenn die Rente gemäß § 99 Abs. 2 SGB VI noch vor dem 01.07.2014 beginnt.

Waren bei einer Rente nach dem bisherigen Recht für den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes Kindererziehungszeiten anzurechnen, ist gemäß § 307d Abs. 4 SGB VI ab dem 01.07.2014 kein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung zu gewähren, wenn die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs. 4 SGB VI in der Fassung ab 01.07.2014 ganz oder teilweise ausgeschlossen ist. Die bisher bei der Rente angerechneten Kindererziehungszeiten entfallen aber nicht (siehe § 306 Abs. 1 SGB VI).

Beachte:

Das im Abschnitt 7.7.3 beschriebene neue Dispositionsrecht für von der Versicherungspflicht befreite Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen gilt weiterhin.

Umfang der Kindererziehungszeit (§ 56 Abs. 5 SGB VI)

Versicherungspflicht wegen Kindererziehung besteht bei Geburten ab 01.01.1992 für 36 Kalendermonate (§ 56 Abs. 5 SGB VI). Für die Erziehung eines vor dem 01.01.1992 geborenen Kindes wird eine Erziehungszeit von 12 Kalendermonaten, ab 01.07.2014 von 24 Kalendermonaten beziehungsweise ab dem 01.01.2019 von 30 Kalendermonaten angerechnet (§ 249 Abs. 1 SGB VI in der jeweils gültigen Fassung).

Die Kindererziehungszeit beginnt nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes. Liegen die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit erst zu einem späteren Zeitpunkt vor (zum Beispiel nach einem Auslandsaufenthalt der/des Erziehenden), beginnt die Kindererziehungszeit erst nach Eintritt der (letzten) Anrechnungsvoraussetzung.

Die Kindererziehungszeit endet aktuell 30 beziehungsweise 36 Kalendermonate nach Ablauf des Geburtsmonats des Kindes, je nachdem, ob das Kind vor dem 01.01.1992 oder nach dem 31.12.1991 geboren ist. Sie erstreckt sich auch dann ausschließlich auf die ersten 30 beziehungsweise 36 Kalendermonate nach dem Geburtsmonat des Kindes, wenn es sich um ein angenommenes oder ein Pflegekind handelt (BSG vom 28.11.1990, AZ: 4 RA 40/90).

Bei Tod des Kindes endet die Erziehungszeit am Todestag. Entfallen dagegen die Voraussetzungen für die Anrechnung der Kindererziehungszeit vor Ablauf des 30. beziehungsweise 36. Kalendermonats aus anderen Gründen (zum Beispiel Eintritt in ein Beamtenverhältnis), endet die anrechenbare Erziehungszeit grundsätzlich am Tag vor Eintritt des entscheidenden Ereignisses.

Bei einem Wechsel in der Erziehung erhält der erste Erzieher die Zeit bis zum Ende des Monats, in dem der Wechsel vorgenommen wird. Beim neuen Erzieher wird die Erziehungszeit erst ab Beginn des Folgemonats angerechnet. Hat Versicherungspflicht wegen Kindererziehung im Kalendermonat des Wechsels noch nicht bestanden, tritt die Versicherungspflicht bereits mit der Aufnahme der Erziehung ein. Das kann zum Beispiel bei einer Auslandsadoption der Fall sein (beachte Abschnitt 5), oder dann, wenn ein Pflegekind unmittelbar vor Beginn des Pflegekindschaftsverhältnisses im Sinne des Abschnitts 3.4 in einem Heim untergebracht war.

Bei Erziehung von mehreren Kindern innerhalb des 30- beziehungsweise 36-Monatszeitraumes (zum Beispiel bei Mehrlingsgeburten) verlängert sich die Zeit der Versicherung um die Anzahl an Kalendermonaten, in denen gleichzeitig mehrere Kinder erzogen werden (zum Beispiel besteht bei ab 01.01.1992 geborenen Zwillingen für längstens 72 Kalendermonate und bei Drillingen für längstens 108 Kalendermonate Versicherungspflicht).

Die sich aufgrund der gleichzeitigen Erziehung von zwei oder mehreren Kindern ergebenen Verlängerungszeiten schließen sich an das Ende der jeweiligen originären Kindererziehungszeit an, sofern diese Zeiten nicht mit einer weiteren originären Kindererziehungszeit belegt sind.

Siehe Beispiel 16

Eine Verlängerung erfolgt auch, wenn innerhalb der 30 beziehungsweise 36 Erziehungsmonate ein weiteres Kind geboren oder ein noch nicht zweieinhalb beziehungsweise drei Jahre altes Kind adoptiert oder in Pflege genommen wird und daher mehrere Kinder gleichzeitig erzogen werden.

Siehe Beispiel 17

Wird während eines Verlängerungszeitraums ein weiteres Kind geboren oder adoptiert, so verlängert sich die Versicherungszeit um die Kalendermonate des Zusammentreffens der Kindererziehungszeit mit dem ursprünglichen Verlängerungszeitraums.

Siehe Beispiel 18

Auf die Verhältnisse im Verlängerungszeitraum selbst kommt es für die Versicherungspflicht nicht an. Es spielt zum Beispiel keine Rolle, ob die Erziehung der Kinder im Verlängerungszeitraum wegfällt oder ein Kind stirbt. Auch eine Mitgliedschaft in einem anderen Alterssicherungssystem (zum Beispiel Beamtenversorgung) oder sonstige Tatbestände im Sinne des § 56 Abs. 4 SGB VI, die während der Verlängerungszeit eintreten, beenden die Versicherungspflicht wegen Kindererziehung nicht.

Verstirbt jedoch der Elternteil, dem die originären Erziehungszeiten zuzuordnen sind während des Verlängerungszeitraums, endet der Verlängerungszeitraum mit dem Todestag. Eine Vormerkung verbleibender Verlängerungszeiträume beim anderen Elternteil ist nicht zulässig, weil diesem die originären Erziehungszeiten nicht zuzuordnen waren.

Rechtskreiszuordnung

Für Zeiten der Erziehung eines Kindes im Beitrittsgebiet treten Entgeltpunkte-Ost an die Stelle der ermittelten Entgeltpunkte (§ 254d Abs. 1 Nr. 3 SGB VI). Erziehungszeiten sind daher grundsätzlich immer dem Rechtskreis zuzuordnen, in dem die Erziehung tatsächlich erfolgt ist. Dies gilt aus materiell-rechtlicher Sicht auch dann, wenn der Wohnsitz innerhalb eines Kalendermonats von den alten in die neuen Bundesländer - oder umgekehrt - wechselt. Da eine tagegenaue Speicherung der Erziehungszeiten nicht möglich ist, ist der Kalendermonat des Wohnsitzwechsels in diesen Fällen dem Rechtskreis West zuzuordnen (siehe verbindliche Entscheidung in Rvaktuell 05-06/2009, Seite 212, und AGFAVR 3/2008, TOP 5).

Die Zuordnung zum Rechtskreis ist abhängig vom Wohnsitz und kann sich daher von daneben liegenden Pflichtbeitragszeiten unterscheiden (Wohnsitz-West Beschäftigungsort-Ost).

Unabhängig vom Wohnsitz während des Verlängerungszeitraums erfolgt die Rechtskreiszuordnung (Ost oder West) nach dem Wohnsitz des erziehenden Elternteils im originären Erziehungszeitraum. Der Verlängerungszeitraum erfährt dadurch dieselbe rechtliche Beurteilung wie der originäre Erziehungszeitraum.

Bei Auslandserziehungen, die nach Maßgabe des Abschnitt 6 anzurechnen sind, treten Entgeltpunkte-Ost an die Stelle der ermittelten Entgeltpunkte, wenn sich die für die Berücksichtigung der Erziehungszeit maßgebenden Integrationssachverhalte (vergleiche Abschnitt 6.3) aus dem Beitrittsgebiet herleiten (zum Beispiel Pflichtbeiträge aufgrund einer Entsendung aus dem Beitrittsgebiet). Im Einzelnen wird auf die GRA zu § 254d SGB VI, Abschnitt 4.7) verwiesen.

Beispiel 1: Erziehungszeiten während oder unmittelbar nach einer anzurechnenden KEZ

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.1)

Das Kind A ist am 20.10.1993 geboren. Die Mutter hat wegen einer Beschäftigung in Brasilien Pflichtbeitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung bis 30.09.1993. Eine Kindererziehungszeit ist für die Zeit vom 01.11.1993 bis 31.10.1996 anzurechnen.

Das Kind B ist am 02.11.1996 geboren. Die Mutter hat die Beschäftigung wegen der Erziehung des Kindes A nicht mehr aufgenommen.

Lösung:

Da die Erziehung des Kindes nach dem Gesetzeszweck einer Beschäftigung gleichsteht und die Mutter wegen der Erziehung des Kindes A in Brasilien unmittelbar vor der Geburt des Kindes Pflichtbeitragszeiten nach deutschen Rechtsvorschriften hat, ist ihr wegen der Erziehung des Kindes B eine Kindererziehungszeit vom 01.12.1996 bis 30.11.1999 anzurechnen.

Beispiel 2: Zeitliche Befristung infolge der Eigenart der Beschäftigung

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.3.1)

Delegierung zu einer ausländischen Firma ‘Zum Bau der Straße von X nach Y.’

Lösung:

Eindeutige Befristung: Ist die Straße fertig gestellt, ist auch der Auslandseinsatz des Arbeitnehmers beendet.

Beispiel 3: Zeitliche Befristung infolge der Eigenart der Beschäftigung

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.3.1)

Delegierung zu einer ausländischen Firma ‘Zum Zwecke Marktbeobachtung in Südafrika.

Lösung:

Keine eindeutige Befristung: Das Ende des Auslandseinsatzes lässt sich nicht anhand von objektiven Kriterien feststellen (BSG vom 29.10.1987, AZ: 11a RA 8/86).

Beispiel 4: Befristung des Auslandseinsatzes: ‘Gelockerte’ zeitliche Begrenzung im Voraus - uneingeschränktes Direktionsrecht des Arbeitgebers

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.3.1)

Der Ehemann ist ‘für zunächst drei Jahre’ oder ‘für die Dauer von drei Jahren’ zu einer ausländischen Firma delegiert worden. Diese Frist verlängert sich nach dem Arbeitsvertrag um jeweils einen weiteren Zeitraum (zum Beispiel für ein Jahr), sofern nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorher gekündigt wird. Der deutsche Arbeitgeber hat uneingeschränktes Direktions- und Rückrufsrecht.

Lösung:

Die Auslandsbeschäftigung ist vertraglich im Voraus befristet und daher von einer weiter bestehenden Inlandsintegration auszugehen (vergleiche BSG vom 10.11.1998, AZ: B 4 RA 39/98 R). Das gilt auch dann, wenn sich mehrere derartige Auslandbeschäftigungen nahtlos aneinander anschließen.

Beispiel 5: Befristung des Auslandseinsatzes: Rumpfarbeitsvertrag befristet, Auslandsarbeitsvertrag unbefristet

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.3.1)

Der Vertrag, mit dem das Rumpfarbeitsverhältnis gestaltet worden ist, enthält eine eindeutige zeitliche Befristung, während mit dem Unternehmen im Ausland ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden ist.

Lösung:

Im diesem Fall wird regelmäßig davon auszugehen sein, dass der Einsatz im Ausland nicht im Voraus zeitlich begrenzt ist, denn in einem solchen Fall muss der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis im Ausland erst kündigen, um es zu beenden. Ob sich der Arbeitnehmer auch so verhält, steht zu Beginn der Auslandsbeschäftigung nicht zweifelsfrei fest.

Beispiel 6: Befristung des Auslandseinsatzes: Rumpfarbeitsvertrag unbefristet, Auslandsarbeitsvertrag befristet

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.3.1)

Der das Rumpfarbeitsverhältnis regelnde Vertrag enthält keine Befristung, sondern regelt nur, dass der Arbeitnehmer ‘zurückgenommen wird’, wenn die Beschäftigung im Ausland endet. Der Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen im Ausland ist für einen bestimmten Zeitraum (zum Beispiel für drei Jahre) geschlossen worden.

Lösung:

Im diesem Fall ist die Begrenzung der im Ausland ausgeübten Beschäftigung von Anbeginn an klar. Der Zeitpunkt ihrer Beendigung steht eindeutig fest, auch das Bestehen einer Rücknahmeverpflichtung durch einen inländischen Arbeitgeber mit Beendigung der Auslandsbeschäftigung ist ohne jeden Zweifel.

Beispiel 7: Keine Befristung des Auslandseinsatzes: ‘Gelockerte’ zeitliche Befristung im Voraus - eingeschränktes Direktionsrecht

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.3.1)

Der Ehemann ist ‘für zunächst drei Jahre’ oder ‘für die Dauer von drei Jahren’ zu einer ausländischen Firma delegiert worden. Diese Frist verlängert sich nach dem Arbeitsvertrag um jeweils einen weiteren Zeitraum (zum Beispiel für ein Jahr), sofern nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vorher gekündigt wird. Der deutsche Arbeitgeber hat kein uneingeschränktes Direktions- und Rückrufsrecht.

Lösung:

Eine zeitliche Befristung im Voraus liegt bei dieser Konstellation nicht vor, da der deutsche Arbeitgeber kein uneingeschränktes Direktions- und Rückrufsrecht hat. Die Auslandsbeschäftigung ist hier nicht im Voraus zeitlich begrenzt. Eine Inlandsintegration liegt nicht vor (vergleiche BSG vom 29.09.1998, AZ: B 4 RA 9/98 R).

Beispiel 8: Integrationssachverhalt während der Erziehung

(Beispiel zu Abschnitt 6.4)

Das Kind A ist am 12.01.1992 in Mexiko geboren.

Mutter und Kind halten sich gemeinsam in Mexiko gewöhnlich auf.

Als Erziehungszeitraum ergibt sich die Zeit vom 01.02.1992 bis 31.01.1995. Die Mutter ist bei der Deutschen Botschaft in Mexiko aushilfsweise in der Zeit vom 01.08.1992 bis 31.12.1992 beschäftigt und hat für diese Zeit Pflichtbeiträge gezahlt (§ 1 S. 2 SGB VI).

Lösung:

Eine Kindererziehungszeit ist für die Zeit vom 01.08.1992 bis 31.12.1992 anzurechnen.

Beispiel 9: Integrationssachverhalt während der Erziehung, Mehrlingsgeburt

(Beispiel zu Abschnitt 6.4)

Wie Beispiel 8, es handelt sich jedoch um eine Zwillingsgeburt.

Lösung:

In dem Zeitraum vom 01.08.1992 bis 31.12.1992 (5 Kalendermonate), der als Erziehungszeit zu berücksichtigen ist, werden zwei Kinder erzogen. Der Mutter sind für folgende Zeiträume Kindererziehungszeiten anzurechnen:

Für das Kind A der Zeitraum vom 01.08.1992 bis 31.12.1992.

Für das Kind B der Zeitraum vom 01.01.1993 bis 31.05.1993.

Beispiel 10: Integrationssachverhalt ‘Pflichtbeiträge unmittelbar vor Geburt des Kindes’

(Beispiel zu Abschnitt 6.4)

Das Kind ist am 15.05.1993 in Tunesien geboren. Mutter und Kind halten sich gemeinsam in Tunesien auf. Der Integrationssachverhalt ‘Pflichtbeiträge unmittelbar vor Geburt des Kindes’ liegt vor.

Am 12.10.1993 ziehen Mutter und Kind nach Deutschland. Am 05.09.1994 verlegen sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt wieder nach Tunesien, bevor sie am 30.11.1995 endgültig ihren Wohnsitz nach Deutschland verlegen. Während des zweiten Aufenthalts in Tunesien bestehen keine Bindungen zur inländischen Arbeits- und Erwerbswelt.

Lösung:

Da Pflichtbeiträge unmittelbar vor Geburt des Kindes vorliegen, kann die Zeit vom 15.05.1993 bis 11.10.1993 als Erziehungszeit im Ausland anerkannt werden. Für die Zeit vom 12.10.1993 bis 05.09.1994 sowie ab 30.11.1995 liegt eine Erziehungszeit im Inland vor. Die Zeit vom 06.09.1994 bis 29.11.1995 ist als Erziehungszeit nicht anzurechnen, weil der Integrationssachverhalt ‘Pflichtbeiträge unmittelbar vor Geburt des Kindes’ durch den vorherigen Inlandsaufenthalt untergegangen ist.

Beispiel 11: Maßgebender Zeitraum für die Prüfung des Anrechnungsausschlusses

(Beispiel zu Abschnitt 7.4.2)

SachverhaltDatum
Geburtsdatum der Versicherten14.07.1975
Geburt des Kindes am03.03.2007
Kindererziehungszeiten vom01.04.2007 bis 31.03.2010
Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom03.03.2007 bis laufend
Beamtenverhältnis (ohne Nachversicherung) vom01.01.2000 bis 31.03.2009
Hausfrau vom01.04.2009 bis 31.07.2009
Beamtenverhältnis ab01.08.2009 bis laufend.

Lösung:

Der Anrechnungsausschluss ist für die Zeit vom 03.03.2007 bis 31.03.2009 und ab dem 01.08.2009 bis laufend zu prüfen.

Beispiel 12: Gewöhnlicher Aufenthalt im Inland

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.3)

Eine Frau heiratet einen NATO-Angehörigen. Aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor, die in Deutschland von der Mutter überwiegend erzogen werden.

Lösung:

Da die Mutter Familienangehörige eines Truppenmitglieds ist, können Kindererziehungszeiten für sie - solange sie diesen Status innehat - nicht anerkannt werden. Eine Anerkennung von Kindererziehungszeiten für die gesamte Zeit der Erziehung im Inland ist erst nach Aufgabe dieses Status (zum Beispiel durch Quittierung des Dienstes des Ehegatten) möglich, wenn der gewöhnliche Aufenthalt danach im Inland beibehalten/genommen wird.

Beispiel 13: Beitragsleistung zur deutschen Rentenversicherung

(Beispiel zu Abschnitt 7.2.3)

Die Ehefrau eines ausländischen Konsularbeamten reist mit diesem in die Bundesrepublik Deutschland ein. Während des Aufenthalts werden Kinder geboren und im Inland erzogen. Zu einem späteren Zeitpunkt nimmt die Ehefrau eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf und zahlt Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung.

Lösung:

Eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist für die gesamte Zeit der Kindererziehung im Inland möglich.

Beispiel 14: Erneutes Dispositionsrecht zur Zuordnung von Erziehungszeiten

(Beispiel zu Abschnitt 7.7.3)

Geburt des Kindes am 20.06.1995

Die Mutter ist seit dem 01.02.1992 nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit. Der Vater ist/war nicht von der Vormerkung der Erziehungszeiten ausgeschlossen.

Mit übereinstimmender Erklärung vom 15.07.1995 haben die Eltern die Erziehungszeiten dem Vater zugeordnet.

Das Kind wurde von den Eltern in etwa gleichgewichtig erzogen.

Die Eltern begehren jetzt die Zuordnung aller Erziehungszeiten zur Mutter.

Lösung:

Dem Begehren der Eltern kann entsprochen werden.

Nach der Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger war die Mutter ursprünglich nach § 56 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI (in der Fassung bis 21.07.2009) von der Anrechnung ausgeschlossen, weil sie nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit war. Durch die Rechtsprechung des BSG vom 18.10.2005 beziehungsweise 31.01.2008 wurde jedoch klargestellt, dass die Mutter - bei verfassungskonformer Auslegung des Anrechnungsausschlusses - nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist, weil die Erziehungszeiten in ihrer berufsständischen Versorgung nicht annähernd gleichwertig berücksichtigt werden.

Es kann somit von einer fehlerhaften Aufklärung und Beratung nach den §§ 13, 14 SGB I ausgegangen werden und den Eltern im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ein neues Dispositionsrecht ohne Einzelfallprüfung eingeräumt werden.

Die Eltern können daher die übereinstimmende Erklärung vom 15.07.1995 zurücknehmen. Damit sind die Erziehungszeiten (bei in etwa gleichgewichtigen Erziehungsanteilen) der Mutter zuzuordnen.

Beispiel 15: Voraussetzungen nach § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI und Europarecht liegen nebeneinander vor

(Beispiel zu Abschnitt 6.3.4)

Ein Ehepaar wohnt und arbeitet in Deutschland. Die Mutter beendet ihre Beschäftigung anlässlich der Geburt ihres Kindes am 15.10.2017.

Ab 01.12.2017 wird der Ehemann von seinem deutschen Arbeitgeber im Voraus befristet für zwei Jahre nach Frankreich entsandt und unterliegt auch während dieser Zeit den deutschen Rechtsvorschriften (Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004). Sein Arbeitgeber zahlt weiterhin den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die deutsche Einzugsstelle (Krankenkasse). Für diese Zeit zieht die Familie gemeinsam nach Frankreich und kehrt am 01.12.2019 nach Deutschland zurück.

Am 01.07.2018 nimmt die Mutter eine Beschäftigung in Frankreich auf, für die nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 die französischen Rechtsvorschriften gelten, und übt diese bis zum 30.11.2019 aus.

Lösung:

Der Mutter sind auch während der gesamten Auslandserziehung in Frankreich Kindererziehungszeiten anzurechnen.

Zum einen sind die Voraussetzungen des Art. 44 VO (EG) Nr. 987/2009 erfüllt, weil für sie am Stichtag (Geburt des Kindes am 15.10.2017) aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 die deutschen Rechtsvorschriften galten. Die Anrechnung der Erziehungszeiten nach Art. 44 VO (EG) Nr. 987/2009 endet jedoch am Tag vor der Aufnahme der Beschäftigung in Frankreich am 30.06.2018 (Art. 44 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009).

Es ist jedoch zu prüfen, ob eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach anderen Vorschriften in Betracht kommt. Dies ist der Fall.

Da für den Ehemann während des Auslandsaufenthaltes Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung aufgrund einer im Ausland (Frankreich) ausgeübten Beschäftigung gezahlt wurden, sind für seine Ehefrau Kindererziehungszeiten auch nach § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI anzurechnen. § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI enthält keine Regelung, nach der Kindererziehungszeiten nicht (mehr) zu berücksichtigen sind, wenn die erziehende Person im Ausland eine Erwerbstätigkeit ausübt/aufnimmt, für die die dortigen Rechtsvorschriften gelten. Die Aufnahme der Beschäftigung in Frankreich am 01.07.2018 ist für die Anrechnung der Kindererziehungszeiten nach § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI daher unbeachtlich.

Beispiel 16: Verlängerungszeiten bei gleichzeitiger Erziehung von zwei Kindern (Zwillinge)

(Beispiel zu Abschnitt 8)

Geburt Kind A und B (Zwillinge)15.01.1993Kindererziehungszeiten je Kind vom01.02.1993 bis 31.01.1996
Zusammentreffen der Kindererziehungszeiten Kind A und B vom01.02.1993 bis 31.01.1996Anzahl der Monate des Zusammentreffens36 Kalendermonate

Lösung:

Verlängerungszeitraum der Kindererziehungszeiten vom01.02.1996 bis 31.01.1999Anzahl der Monate36 Kalendermonate

Die Zeit der Versicherungspflicht aufgrund Kindererziehung verlängert sich um 36 Kalendermonate und umfasst damit einen Gesamtzeitraum vom 01.02.1993 bis 31.01.1999. Dieser Zeitraum schließt auch die anzurechnenden Verlängerungszeiten vom 01.02.1996 bis 31.01.1999 aufgrund der gleichzeitigen Erziehung von zwei Kindern ein.

Beispiel 17: Verlängerungszeiten bei gleichzeitiger Erziehung von zwei Kindern

(Beispiel zu Abschnitt 8)

Geburt Kind A15.01.1993Kindererziehungszeiten vom01.02.1993 bis 31.01.1996
Geburt Kind B17.02.1994Kindererziehungszeiten vom01.03.1994 bis 28.02.1997
Zusammentreffen der Kindererziehungszeiten Kind A und B vom01.03.1994 bis 31.01.1996Anzahl der Monate des Zusammentreffens23 Kalendermonate

 Lösung:

Verlängerungszeitraum der Kindererziehungszeiten vom01.03.1997 bis 31.01.1999Anzahl der Monate23 Kalendermonate

Die Zeit der Versicherungspflicht aufgrund Kindererziehung verlängert sich um 23 Kalendermonate und umfasst damit einen Gesamtzeitraum vom 01.02.1993 bis 31.01.1999. Dieser Zeitraum schließt auch die anzurechnenden Verlängerungszeiten vom 01.03.1997 bis 31.01.1999 aufgrund der gleichzeitigen Erziehung von zwei Kindern ein.

Beispiel 18: Verlängerungszeiten bei Erziehung eines weiteren Kindes im Verlängerungszeitraum

(Beispiel zu Abschnitt 8)

Geburt Kind A15.01.1993Kindererziehungszeiten vom01.02.1993 bis 31.01.1996
Geburt Kind B15.08.1995Kindererziehungszeiten vom01.09.1995 bis 31.08.1998
Geburt Kind C15.11.1998Kindererziehungszeiten vom01.12.1998 bis 30.11.2001
Zusammentreffen der Kindererziehungszeiten Kind A und B vom01.09.1995 bis 31.01.1996Anzahl der Monate des Zusammentreffens5 Kalendermonate

Kein Zusammentreffen der Kindererziehungszeiten Kind B und C

Lösung:

Verlängerungszeitraum der Kindererziehungszeiten vom01.09.1998 bis 30.11.1998Anzahl der Monate3 Kalendermonate
Zusammentreffen der Kindererziehungszeiten Kind C mit Verlängerungszeitraum vom01.12.1998 bis 31.01.1999Anzahl der Monate des Zusammentreffens2 Kalendermonate
Verlängerungszeitraum der Kindererziehungszeiten vom01.12.2001 bis 31.01.2002Anzahl der Monate2 Kalendermonate

Die Zeit der Versicherungspflicht aufgrund Kindererziehung verlängert sich um 5 Kalendermonate. Die Kindererziehungszeiten umfassen einen Gesamtzeitraum vom 01.02.1993 bis 31.01.2002. Dieser Zeitraum schließt auch die anzurechnenden Verlängerungszeiträume vom 01.09.1998 bis 30.11.1998 und vom 01.12.2001 bis 31.01.2002 aufgrund der gleichzeitigen Erziehung zweier Kinder ein.

Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz) vom 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016)

Inkrafttreten: 01.01.2019

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/4668

Durch Artikel 1 Nummer 2 des RV-Leistungsverbesserungs- und –Stabilisierungsgesetzes wird erstmalig die Zuordnung von Kindererziehungszeiten bei gemeinsam erziehenden gleichgeschlechtlichen Elternteilen für die Fälle geregelt, in denen die Eltern keine wirksame übereinstimmende Erklärung abgegeben haben und eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht vorgelegen hat. Die Zuordnung erfolgt vorrangig zu dem Elternteil nach den § 1591 BGB oder § 1592 BGB. Ist ein solcher Elternteil nicht vorhanden, erfolgt die Zuordnung zu dem Elternteil, der seine Elternstellung zuerst erlangt hat (zum Beispiel zuerst adoptiert hat), weil grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der zuerst adoptierende Elternteil eine längere und damit tiefere Beziehung zum Kind aufbaut. Entsprechendes gilt bei Pflegeeltern, wenn das auf Dauer angelegte Pflegekindschaftsverhältnis zunächst nur zu einem Elternteil bestand. Anderenfalls erfolgt die Zuordnung im kalendermonatlichen Wechsel zwischen den Elternteilen, beginnend mit dem älteren Elternteil.

Die bisherigen Sätze 8 und 9 wurden aus rechtssystematischen Gründen umgestellt und um einen neuen Satz 10 ergänzt.

Gesetz über Leistungsverbesserungen in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 23.06.2014 (BGBl. I S. 787)

Inkrafttreten: 01.07.2014

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/909 und 18(11)102

Durch Artikel 1 des oben genannten Gesetzes wurde der Anrechnungsausschluss des § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI mit Wirkung ab 01.07.2014 wiederum neu gefasst.

Mit der Neufassung wurde im Hinblick auf Personen, die Versorgungsanwartschaften nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen erworben haben, dem Grunde nach der Rechtszustand vor der Änderung des Anrechnungsausschlusses mit Wirkung ab 22.07.2009 wiederhergestellt. Deren Versorgungsanwartschaften gelten jetzt generell als gleichwertig.

Die Neufassung war erforderlich, weil sich herausgestellt hatte, dass es bei diesem Personenkreis zu Unsicherheiten gekommen war, was als systembezogen gleichwertig anzusehen ist, sodass es infolgedessen in bestimmten Fällen sowohl zur Anrechnung in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch zu Versorgungsanwartschaften in dem anderen Alterssicherungssystem gekommen war.

Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.07.2009 (BGBl. I S. 1939)

Inkrafttreten: 22.07.2009

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16(11)1402

Durch Artikel 4 des oben genannten Gesetzes wurde der Anrechnungsausschluss des § 56 Abs. 4 Nr. 2 und 3 SGB VI mit Wirkung ab 22.07.2009 neu gefasst.

Mit der Neufassung wird der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts Rechnung getragen, nach der Eltern auch dann Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, wenn sie zwar einem anderen Alterssicherungssystem angehören, dieses jedoch keine Leistung kennt, die systembezogen der Kindererziehungszeit annähernd gleichwertig ist. Es wird klargestellt, dass Personen nicht bereits deswegen von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind, weil sie aufgrund ihres Rechtsstatus versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Deshalb werden die Ausschlusstatbestände unter anderem auf solche Personen beschränkt, denen die Kindererziehung in einem anderen Alterssicherungssystem nach beamtenrechtlichen oder kirchenrechtlichen Vorschriften oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung als gleichwertig anerkannt wird.

RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I S. 554)

Inkrafttreten: 01.01.2008

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/3794

Durch Artikel 1 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 20.04.2007 wurde Absatz 2 Satz 6 neu gefasst. Die rückwirkende Zuordnung von Kindererziehungszeiten aufgrund einer übereinstimmenden Erklärung ist auch dann nicht zulässig, wenn für einen Elternteil unter Berücksichtigung dieser Zeiten ein Rentensplitting (§§ 120a SGB VI ff.) durchgeführt wurde.

Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts (LPartÜG) vom 15.12.2004 (BGBl. I S. 3396)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 15/3445

Mit dem Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 sind mit Wirkung ab 01.01.2005 in § 56 Abs. 3 S. 3 SGB VI nach dem Wort ‘Ehegatte’ die Wörter ‘oder Lebenspartnern’ und nach dem Wort ‘Ehegatte’ die Wörter ‘oder Lebenspartner’ eingefügt worden. Darüber hinaus wird durch Änderungen im Kindschaftsrecht die Stiefkindadoption durch Lebenspartner in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft ermöglicht (§ 9 LPartG). Seit dem 01.01.2005 kann ein Lebenspartner in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft das Kind seines Lebenspartners allein annehmen. Darüber hinaus sind die in die Lebenspartnerschaft eingebrachten Kinder eines Lebenspartners im Verhältnis zu dem Lebenspartner - ohne Adoption - auch Stiefkind. Ohne Änderung der Rechtsvorschriften im SGB VI erweitert sich damit der Personenkreis der Elternteile, denen Erziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt werden können.

AVmEG vom 21.03.2001 (BGBl. I S. 403)

Inkrafttreten: 01.01.2002

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4595

Durch das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz - AVmEG) vom 21.03.2001 ist die bisherige in § 279f SGB VI enthaltene Regelung über die Beitragszahlung für Kindererziehungszeiten mit Wirkung vom 01.01.2002 weggefallen und vom selben Zeitpunkt - im Wesentlichen inhaltsgleich - in § 177 SGB VI aufgenommen worden. Ferner wurde die bisher in § 279g SGB VI enthaltene Verordnungsermächtigung mit Wirkung vom 27.03.2001 in § 178 Abs. 3 SGB VI eingestellt.

Damit ist dauerhaft festgelegt, dass die Beiträge für Kindererziehungszeiten vom Bund gezahlt werden.

Korrekturgesetz vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3843)

Inkrafttreten: 01.01.2000

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/45

Bis zum 31.05.1999 wurden für die Versicherungspflicht wegen Kindererziehung, keine Beiträge gezahlt; sie galten kraft Gesetzes als durch den Bund gezahlt. Die Abgeltung erfolgte über den an die Rentenversicherung zu leistenden allgemeinen Bundeszuschuss. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19.12.1998 (BGBl. I S. 3843) trägt der Bund die Beiträge für Kindererziehungszeiten nach § 177 SGB VI. Die Feststellung der für Kindererziehungszeiten zu zahlenden Beiträge für die Jahre 1999 und 2000 ist in § 279f SGB VI geregelt. Die vom Bund nach dem Jahr 2000 für Kindererziehungszeiten an die Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten zu zahlenden Beiträge sollen in einer Verordnung festgelegt werden. Hierzu enthält § 279g SGB VI die Ermächtigung.

RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998)

Inkrafttreten: 01.07.1998

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/8011

Eine weitere Rechtsverbesserung erfolgte durch das Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998). Die vom BVerfG mit seinen Beschlüssen vom 12.03.1996, AZ: 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90, für verfassungswidrig erklärte Bewertung von Kindererziehungszeiten neben Pflicht- oder freiwilligen Beiträgen wurde beseitigt. Außerdem wurde die bisherige Bewertung mit 75 Prozent des Durchschnittsentgelts stufenweise auf 100 Prozent angehoben (vergleiche §§ 70 Abs. 2, 256d, 307d SGB VI).

Rü-ErgG vom 24.06.1993 (BGBl. I S. 1038)

Inkrafttreten: 01.07.1993

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/4810

Durch das Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24.06.1993 sind die Fristen für die Abgabe der Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 in den alten Bundesländern beziehungsweise vor dem 01.01.1992 in den neuen Bundesländern endgültig auf den 31.12.1996 beziehungsweise 31.03.1997 festgelegt worden.

RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 197/91, BT-Drucksache 12/405

Der am 18.05.1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik unterzeichnete Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion (BGBl. II S. 518, 537) machte es erforderlich, dass auch die innerdeutschen Rechtsvorschriften für den Bereich der Rentenversicherung angepasst werden mussten.

Die in § 56 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 3 und 4 Nr. 1 SGB VI ursprünglich im Gesetz enthaltenen Worte ‘im Geltungsbereich dieses Gesetzbuchs’ und ‘außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs’ sind durch Artikel 1 des Gesetzes zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) durch die Worte ‘im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland’ und ‘im Ausland’ ersetzt worden.

Für Eltern, die ihr Kind vor dem 01.01.1992 im Beitrittsgebiet gemeinsam erzogen haben, wurde ebenfalls die Möglichkeit der Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung eingeräumt (§ 249a Abs. 2 SGB VI).

Die Fristen für die Abgabe der Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 in den alten Bundesländern beziehungsweise vor dem 01.01.1992 in den neuen Bundesländern wurden einheitlich auf den 31.12.1994 beziehungsweise 31.03.1995 festgelegt.

Damit sollte den Eltern gegenüber der bereits vor Inkrafttreten des RRG 1992 wieder geänderten Regelung zur Abgabe einer Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten ein weiteres Jahr eingeräumt werden. Insbesondere für die Zuordnung der Erziehungszeiten im Beitrittsgebiet vor dem 01.01.1992 wurde der Erklärungszeitraum von zwei Jahren für nicht ausreichend erachtet.

Wie seinerzeit im HEZG schließt auch das RÜG Elternteile, die ihren Wohnsitz am 18.05.1990 in den neuen Bundesländern hatten, von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten aus, wenn sie bei Inkrafttreten des SGB VI am 01.01.1992 bereits 65 Jahre alt waren. Eine Berücksichtigung der Kindererziehungsleistung für Mütter in den neuen Bundesländern der Geburtsjahrgänge vor 1927 erfolgt entsprechend der für Mütter vor 1921 in den alten Bundesländern geltenden Regelungen (§ 294a SGB VI).

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 - RRG 1992) und die Einführung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) vom 18.12.1989 ist die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten weiter verbessert worden. Die entscheidende Veränderung gegenüber dem bis dahin geltenden Recht besteht darin, dass die anrechnungsfähige Kindererziehungszeit für Geburten ab 01.01.1992 auf drei Jahre verlängert und zusätzlich zur Versicherungspflicht wegen Kindererziehung eine Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes eingeführt wurde. Darüber hinaus ist den Eltern das Recht eingeräumt worden, die Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung untereinander aufzuteilen. Des Weiteren sind nunmehr alle Kindererziehungszeiten, und zwar unabhängig davon, wann sie zurückgelegt worden sind, Pflichtbeitragszeiten, für die kraft gesetzlicher Fiktion Pflichtbeiträge als gezahlt gelten.

§ 56 SGB VI gilt nach dem Grundsatz des § 300 Abs. 1 SGB VI vom Inkrafttreten an nicht nur für Kindererziehungszeiten ab 1992, sondern auch für Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1992, soweit nicht die Sondervorschrift des § 249 SGB VI etwas Abweichendes bestimmte. Die Vorschrift hat die §§ 2a, 8a, 28a und 112 Abs. 6 AVG, §§ 1227a, 1231a, 1251a, 1385 Abs. 6 RVO, §§ 29a, 31a, 51a, 130 Abs. 9 RKG, die am 31.12.1991 außer Kraft getreten sind (Art. 83 Nr. 1, Art. 6 Nr. 24 in Verbindung mit Art. 85 Abs. 1 RRG 1992), ersetzt. Inhaltlich entspricht die Regelung im Wesentlichen den bisherigen Vorschriften.

Die Frist für die Abgabe der Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 durch gemeinsam erziehende Eltern wurde auf den 31.12.1993 festgelegt. Ist ein Elternteil in der Zeit vom 01.01.1986 bis zum 31.12.1993 gestorben, konnte der überlebende Elternteil die Erklärung bis zum 31.03.1994 allein abgeben (§ 249 Abs. 6 SGB VI).

Die Vorschriften des KLG (Art. 2 §§ 61 AnVNG ff., Art. 2 § 62 ArVNG, Art. 2 § 35 KnVNG) sind ebenfalls am 31.12.1991 außer Kraft getreten und weitgehend in die §§ 294 SGB VI ff. übernommen worden.

Kindererziehungsleistungs-Gesetz (KLG) vom 12.07.1987 (BGBl. I S. 1585)

Inkrafttreten: 17.07.1987

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 60/87, BT-Drucksache 11/197

Die durch das HEZG erfolgte Begrenzung des begünstigten Personenkreises auf die nach dem 31.12.1920 geborenen Eltern stieß in der Öffentlichkeit und im Parlament auf massive Kritik. Die darin liegende Benachteiligung der Honorierung von Kindererziehungsleistungen führte dazu, dass mit dem Kindererziehungsleistungs-Gesetz (KLG) vom 12.07.1987 (BGBl. I S. 1585) nunmehr auch ältere Mütter begünstigt wurden (Art. 2 §§ 61AnVNG ff., Art. 2 § 62 ArVNG, Art. 2 § 35 KnVNG).

Anspruchsberechtigt waren alle leiblichen Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921, die ein Kind lebend geboren hatten und zwar unabhängig davon, ob sie die Voraussetzungen für eine Rente erfüllten. Die Leistung für Kindererziehung wurde gestaffelt nach Geburtsjahrgängen in vier Stufen eingeführt:

  • vom 01.10.1987 für Mütter der Geburtsjahrgänge 1906 und früher,
  • vom 01.10.1988 für Mütter der Geburtsjahrgänge von 1907 bis 1911,
  • vom 01.10.1989 für Mütter der Geburtsjahrgänge von 1912 bis 1916,
  • vom 01.10.1990 für Mütter der Geburtsjahrgänge von 1917 bis 1920.
HEZG vom 11.07.1985 (BGBl. I S. 1450)

Inkrafttreten: 01.01.1986

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 10/2677, 10/3519

Mit dem Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (HEZG) vom 11.07.1985 (BGBl. I S. 1450) ist erstmals die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung eingeführt worden. Dabei war es das Anliegen des Gesetzgebers, insbesondere die eigenständige soziale Sicherung der Frauen zu verbessern, die in der Regel die Kinder überwiegend erziehen und dadurch typischerweise an der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und damit an dem Aufbau eigener Rentenanwartschaften gehindert sind.

Die Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung in der Rentenversicherung steht im Zusammenhang mit der dem Gesetzgeber vom BVerfG mit Urteil vom 12.03.1975 aufgegebenen Neuordnung des Hinterbliebenenrentenrechts. Kindererziehungszeiten sind ein Element des auf dem Sozialstaatsprinzip beruhenden Familienlastenausgleichs.

Die Erziehung eines Kindes wurde - begrenzt auf den Zeitraum der ersten 12 Kalendermonate nach dem Geburtsmonat - nach § 2a AVG, § 1227a RVO, § 29a RKG, als Pflichtbeitragszeit ausgestaltet und ist damit rentenbegründend und rentensteigernd.

Beiträge für die Pflichtversicherung waren von den Berechtigten nicht zu zahlen; sie galten als entrichtet (§ 2a, § 112 Abs. 3 Buchst. g, Abs. 6 AVG, §§ 1227a, 1385 Abs. 3 Buchst. f, Abs. 6 RVO, §§ 29a, 130 Abs. 5 Buchst. c, Abs. 9 RKG). Die den Rentenversicherungsträgern im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten entstandenen Aufwendungen wurden aus dem Bundeshaushalt erstattet, da es sich hierbei um eine aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragende Leistung des Familienlastenausgleichs handelt. Die Abrechnung erfolgte durch das Bundesversicherungsamt. Die Einzelheiten waren in der aufgrund des § 117c AVG, § 1395c RVO, § 140a Abs. 2 RKG erlassenen Kindererziehungszeiten-Erstattungsverordnung vom 02.01.1986 (BGBl. I S. 31) geregelt.

Anders als Kindererziehungszeiten ab 1986 waren Kindererziehungszeiten vor 1986 - mit Rücksicht auf die damalige Rentenformel - Versicherungszeiten eigener Art ohne Beiträge, die ohne besondere versicherungsrechtliche Voraussetzungen anzurechnen waren (§ 28a AVG, § 1251a RVO, § 51a RKG). Der Gesetzgeber wollte damit negative Auswirkungen auf die in der Vergangenheit liegenden Versicherungsbiografien der Berechtigten vermeiden, die mit Einführung einer rückwirkenden Pflichtversicherung insbesondere für den Zeitpunkt des Eintritts in die Versicherung, den Zeitraum der ersten fünf Kalenderjahre seit dem Eintritt in die Versicherung sowie die Halbbelegung für die Anrechnung von Ersatz-, Ausfall- und Zurechnungszeiten hätten eintreten können.

Vor dem 01.01.1986 zurückgelegte Kindererziehungszeiten wurden nur bei nach 1920 geborenen Eltern für zukünftige Versicherungsfälle, spätestens jedoch mit Vollendung des 65. Lebensjahres berücksichtigt (Art. 2 § 6c AnVNG, Art. 2 § 62 ArVNG, Art. 2 § 35 KnVNG). Diese Beschränkung des Gesetzgebers auf diejenigen Mütter und Väter, die bei Inkrafttreten des HEZG am 01.01.1986 noch nicht 65 Jahre alt waren, wurde allein aus finanziellen Gründen vorgenommen. Die Verfassungsmäßigkeit dieser Beschränkung ist durch das Urteil des BVerfG vom 07.07.1992, AZ: 1 BvR 761/91, bestätigt worden.

Anlage 1: Tabelle: Prüfung der Gleichwertigkeit anderer Versorgungsanwartschaften (vergleiche Abschnitt 7.4.3)

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 56 SGB VI