B 4 RA 39/98 R
Tatbestand
Streitig ist die Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung.
Die 1935 geborene Klägerin ließ sich 1964 die von ihr bis Mai 1962 zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichteten Beiträge wegen Heirat erstatten. Danach war sie nicht mehr rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Im Juli 1964 begleitete sie ihren Ehemann G.S. in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA). Dieser war zuvor bei den Farbwerken H. AG (im folgenden: H. AG) in F. beschäftigt; er unterlag nach damaligem Recht in dieser Beschäftigung wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung. Ab 1. Juli 1964 arbeitete er in den USA für eine Tochtergesellschaft der H. AG, der H. Corporation in M., N. J. (später in A. H. Corporation umbenannt, im folgenden: H. Corporation). Für diese Firma hatte er „als kaufmännischer Mitarbeiter auf dem Foliengebiet“ den Vertrieb in Deutschland hergestellter Folien zur organisieren, Mitarbeiter einzustellen, das Produkt bekanntzumachen und entsprechende Kundenkontakte herzustellen. Eine mit der H. AG geschlossene Vereinbarung vom 14. Juli 1964 sah vor, daß G.S. in die Dienste der H. Corporation eintritt, er mit dieser seine Dienstbezüge regele und während der Dauer seines Auslandsaufenthalts die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsverhältnis zur H. AG ruhen. Weiter wurden G.S. ein Wettbewerbsverbot auferlegt, Regelungen über Urlaubsgewährung, Umzugs- und Reisekostenerstattung getroffen und bestimmt, daß die H. AG für die Dauer des Auslandsaufenthalts für G.S. eine Unfallversicherung abschließt und weiterhin Beiträge zur „Pensionskasse der Angestellten der … H.“ zahlt. Hinsichtlich der Dauer des Auslandsaufenthalts bestimmte die Vereinbarung folgendes:
„1. Diese Vereinbarung tritt am 1. Juli 1964 in Kraft. Sie verpflichten sich, den Auslandsauftrag für die Dauer von drei Jahren zu übernehmen. Die Firma behält sich vor, den Auftrag zu einem früheren Zeitpunkt zu beenden und Sie zurückzurufen oder zu versetzen. Für diesen Fall wird die Firma Sie spätestens drei Monate vor diesem Zeitpunkt verständigen; eine abweichende Regelung behalten wir uns vor, wenn besondere Gründe vorliegen.
Wird eine vorzeitige Rückberufung oder Versetzung nicht ausgesprochen, so hat diese Vereinbarung Gültigkeit für drei Jahre zuzüglich der Dauer des Deutschlandurlaubs. Im Anschluß an diesen Zeitraum verlängert sie sich - ohne daß hierdurch die Berechtigung zu einer vorzeitigen Rückberufung oder Versetzung berührt wird - um jeweils ein weiteres Jahr, wenn weder Sie noch die Firma sechs Monate vor Ablauf der jeweiligen Geltungsdauer mitteilen, daß der Auslandsauftrag beendet werden soll.
2. ...
3. Im Falle einer von uns veranlaßten Rückberufung oder Versetzung verpflichten Sie sich, das mit der H. CORPORATION eingegangene Dienstverhältnis zum gleichen Zeitpunkt zu lösen.
...“
Im Januar 1968 vereinbarte G.S. mit Wirkung zum 1. Oktober 1967 eine Verlängerung seines Auslandsaufenthalts; diese sollte für zwei Jahre zuzüglich der Dauer des Deutschlandurlaubs Gültigkeit haben und sich jeweils um zwei Jahre verlängern, wenn weder die H. Corporation noch G.S. noch die H. AG mitteilen, daß das Vertragsverhältnis beendet werden soll. Nach Ablauf des Verlängerungszeitraums kehrte G.S. im September 1969 mit seiner Familie nach Deutschland zurück, wo er seine Beschäftigung bei der H. AG fortsetzte.
Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte merkte bei der Klägerin für ihren am 27. April 1963 in Deutschland geborenen Sohn F. Kindererziehungszeiten vom 1. Mai 1963 bis 30. April 1964 vor, sie lehnte es jedoch ab, Kindererziehungszeiten für ihren am 29. Juli 1966 in den USA geborenen und erzogenen Sohn A. vorzumerken. Zur Begründung führte sie aus, G.S. sei während seines Auslandsaufenthalts nach deutschem Rentenversicherungsrecht nicht versicherungspflichtig und sein Auslandsaufenthalt angesichts der Verlängerungsklausel nicht von vornherein vertraglich zeitlich befristet gewesen (Bescheid vom 3. September 1996; Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1996, der Klägerin nach eigenen Angaben zugegangen am 7. Januar 1997; der Absendevermerk bzw. die Aufgabe des per Einschreiben zuzustellenden Widerspruchsbescheides ist aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich).
Das Sozialgericht (SG) Mainz hat die Beklagte unter „Aufhebung des Bescheides vom 3. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 1996 verpflichtet, den Zeitraum des Auslandsaufenthalts der Klägerin vom 1. Juli 1964 bis 31. August 1969 als Kindererziehungszeit anzuerkennen und rentensteigernd zu berücksichtigen“ (Urteil vom 28. November 1997). Das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und u.a. ausgeführt, die fortbestehende Inlandsintegration der Klägerin und des G.S. während ihres USA-Aufenthalts komme deutlich dadurch zum Ausdruck, daß das Inlandsunternehmen die Pensionsbeiträge für G.S. weitergezahlt, auf seine Kosten eine Auslandsunfallversicherung abgeschlossen und sich das Recht vorbehalten habe, G.S. jederzeit zurückzurufen oder zu versetzen. Diese Merkmale zeigten zudem, daß von vornherein ein nur zeitlich begrenzter vorübergehender Auslandseinsatz beabsichtigt gewesen sei. Dabei dürfe die Befristung mit Verlängerungsklausel nicht isoliert gesehen werden; entscheidend seien vielmehr die gesamten Umstände. Diese ergäben vorliegend, daß der Arbeitnehmer nur für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt werden sollte; die Verlängerungsklausel habe lediglich nebensächliche Bedeutung gehabt. Gerade die verkürzte zweite Periode mache deutlich, daß von der ursprünglichen Vorgabe (Laufzeit drei Jahre) abgewichen und dieser weitere Auslandseinsatz auf die festgelegte Zeit beschränkt sein sollte. Tatsächlich sei G.S. dann auch nach zwei Jahren zurückgekehrt und habe seine Inlandsbeschäftigung bei der Firma H. AG fortgesetzt (Urteil vom 24. Juni 1998).
Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt, eine Verletzung von § 249 Abs. 1 i.V.m. § 56 Abs. 3 Sätze 2 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) gerügt und beantragt,
- das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. Juni 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 28. November 1997 aufzuheben und
- die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
1. Gründe, die einer Sachentscheidung des Senats entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Die am 4. Februar 1997 (einem Dienstag) beim SG eingegangene Klage gegen den Vormerkungsbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Dezember 1996 ist fristgerecht eingelegt worden. Nach § 85 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in seiner vorliegend noch maßgeblichen, bis zum Inkrafttreten des Fünften Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 30. März 1998 (BGBl. I S. 638) geltenden Fassung, war der Widerspruchsbescheid vom 23. Dezember 1996 zuzustellen. Mit der Zustellung begann die Klagefrist zu laufen (vgl. § 87 Abs. 2 SGG). Nach Lage der Akten sollte der Widerspruchsbescheid durch die Post mittels eingeschriebenen Briefes zugestellt werden. In derartigen Fällen gilt der Widerspruchsbescheid mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, daß das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (vgl. § 4 Abs. 1 Verwaltungszustellungsgesetz <VwZG> i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 85 Abs. 3 Satz 1 SGG a.F.). Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken (§ 4 Abs. 2 VwZG). Diese erfolgte nach Angabe der Beklagten (erst) am 30. Dezember 1996, jedoch behauptet die Klägerin, den Widerspruchsbescheid erst am 7. Januar 1997 erhalten zu haben.
Die Beklagte sieht sich außerstande, den (früheren) Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides nachzuweisen, was ihr nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VwZG bei Zweifeln über diesen Zeitpunkt obliegt. Mangels anderer Anhaltspunkte ist damit von dem von der Klägerin angegebenen Zeitpunkt des Zugangs am 7. Januar 1997 auszugehen, so daß von diesem Tag an die Frist des § 87 Abs. 1 SGG zu laufen begann und bei Eingang der Klagefrist am 4. Februar 1997 noch nicht abgelaufen war.
2. Die zulässige Revision der Beklagten ist teilweise begründet; das LSG hat ihre Berufung gegen das Urteil des SG insoweit zu Unrecht zurückgewiesen, als sie verurteilt worden ist, auch die Zeit vor dem 1. August 1966 und über den 31. Juli 1967 hinaus bis zum 31. August 1969 „als Kindererziehungszeit anzuerkennen und rentensteigernd zu berücksichtigen“. Soweit das SG die Beklagte verpflichtet hatte, die genannten Kindererziehungszeiten „rentensteigernd zu berücksichtigen“ hätte das LSG der Berufung schon deshalb stattgeben müssen, weil der allein streitgegenständliche Vormerkungsanspruch niemals darauf gerichtet sein kann, die Beklagte habe über die „rentensteigernde Berücksichtigung“ vorgemerkter Daten zu entscheiden (§ 149 Abs. 5 Satz 3 SGB VI).
Bezüglich des zeitlichen Umfangs der Verpflichtung zur Vormerkung von Tatbeständen einer Kindererziehungszeit hätte die Berufung für die Zeiten vor dem 1. August 1966 und ab 1. August 1967 Erfolg haben müssen. Für die Zeit vom 1. Juli 1964 bis zum 31. Juli 1966 und ab 1. August 1967 hat die Klägerin nämlich entgegen dem SG bereits deshalb keinen Vormerkungsanspruch, weil nach § 249 Abs. 1 SGB VI die Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind zwölf Monate nach Ablauf des Monats der Geburt des Kindes endet. Für den am … in Deutschland geborenen Sohn F. hat die Beklagte daher richtig den Tatbestand einer Kindererziehungszeit nur für die Zeit vom 1. Mai 1963 bis zum 30. April 1964 vorgemerkt. Für den Sohn Andreas der Klägerin, der in den USA am 29. Juli 1966 geboren wurde, begann die Kindererziehungszeit, worauf die Beklagte bereits in ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich hingewiesen hatte, am 1. August 1966 und endete am 31. Juli 1967. Für eine darüber hinausgehende Vormerkung von Kindererziehungszeittatbeständen für den gesamten Auslandsaufenthalt der Klägerin fehlt es an einer Rechtsgrundlage.
3. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen ihre Verpflichtung wendet, bei der Klägerin die Zeit vom 1. August 1966 bis 31. Juli 1967 als Kindererziehungszeit vorzumerken. Insoweit ist der angefochtene Vormerkungsbescheid rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
a) Nach § 149 Abs. 5 SGB VI ist der Versicherungsträger verpflichtet, einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, zu erlassen, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat (vgl. BSG SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 2 S. 7 m.w.N.; SozR 3-2600 § 56 Nr. 4 S. 13). Demgemäß hat die Klägerin Anspruch darauf, daß auch die Zeit vom 1. August 1966 bis 31. Juli 1967 als rechtserheblicher Tatbestand einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung vorgemerkt wird.
Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 56 Abs. 1 bis 3 und 5, § 249 Abs. 1 SGB VI sind Personen versicherungspflichtig in der Zeit, für die ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Einem Elternteil wird gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn 1. die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, 2. die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und 3. der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Keiner Darlegung bedarf, daß die Klägerin von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten nicht i.S. von § 56 Abs. 4 SGB VI ausgeschlossen ist. Auch sind ihr die Zeiten der Kindererziehung zuzurechnen, zumal sie sich selbst für eine derartige Zuordnung in Gestalt des von ihr gestellten Kontenklärungsantrages und ihr Ehemann zumindest sinngemäß in Gestalt seiner während des instanzlichen gerichtlichen Verfahrens abgegebenen Erklärungen für eine Zuordnung der Kindererziehungszeit zur Klägerin ausgesprochen haben (zur Problematik der Zuordnung von Kindererziehungszeiten näher: BSG SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 2 S. 9 f. m.w.N.; SozR 3-2600 § 56 Nr. 10; zur Zuordnung, wenn zwar keine gemeinsame Erklärung der Erziehenden aber auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der „andere Elternteil“ die Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung ganz oder teilweise für sich beansprucht, vgl. BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 8 S. 39).
Zwar hat die Klägerin sich während des streitigen Zeitraums mit ihren Kindern nicht gewöhnlich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten. Auch hat sie in der Zeit des gewöhnlichen Aufenthalts in den USA während der Erziehung ihres Sohnes A. oder unmittelbar vor dessen Geburt wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit keine Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt (vgl. § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). Ebensowenig hat ihr Ehemann G.S., mit dem sie sich gemeinsam in den USA aufhielt, solche Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt oder die Voraussetzungen nur deshalb nicht erfüllt, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 SGB VI genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit war (a.a.O., Satz 3). In verfassungskonformer Ausdehnung hat das Bundessozialgericht (BSG) § 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI aber dahin ausgelegt, daß eine Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung im Ausland auch dann vorgemerkt bzw. bei der Entstehung oder beim monatlichen Wert des Rechts auf Rente berücksichtigt werden kann, wenn der Erziehende vor der Geburt oder während der Kindererziehung in einer hinreichend engen Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben stand und damit in das inländische Rechts-, Wirtschafts- und Sozialsystem integriert blieb (vgl. BSGE 71, 227, 232 = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4 S. 16).
Kindererziehungszeiten wurden in das Rentenversicherungsrecht eingeführt, weil in Familien mit Kleinkindern in der Regel ein Ehegatte während der Kindererziehung gar nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, eigene Rentenansprüche aufzubauen. Diese Erwägung trifft zunächst auf diejenigen Erziehenden zu, die sich während der Erziehung mit ihrem Kind gewöhnlich in Deutschland aufhalten, denn alle, die im Inland erwerbstätig sein dürfen, haben freien Zugang zu einer - im Blick auf die Breitenwirkung der gesetzlichen Rentenversicherung regelmäßig versicherungspflichtigen - Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl. BSGE 71, 227, 232 = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4; BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 6 S. 25).
Darüber hinaus sind auch bestimmte Auslandstätigkeiten zum Aufbau eigener Ansprüche in der deutschen Rentenversicherung geeignet; ist dies - wie insbesondere bei sog. Entsendungsfällen i.S. von § 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - der Fall, werden Kindererziehungszeiten auch dann vorgemerkt bzw. bei der Begründung des Rechts auf Rente und bei der Rentenhöhe berücksichtigt, wenn sich der Erziehende mit dem Kind im Ausland gewöhnlich aufhält, er aber während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten hat (vgl. § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI). D.h., auch in diesem Fall trifft die Erwägung zu, daß ihm in der deutschen Rentenversicherung gerade wegen der Kindererziehung Rentenanwartschaften entgangen sind.
Folgt ein selbst nicht erwerbstätiger Elternteil seinem im Ausland beschäftigten oder tätigen Ehegatten nach, treffen die genannten Erwägungen (Entgehen von Rentenanwartschaften wegen Kindererziehung) nicht ohne weiteres zu (vgl. BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 6 S. 27; BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 8 S. 40). Dennoch soll es ihm im Vergleich zu einem im Inland Erziehenden mit Blick auf die Schutzpflichten des Staates für Ehe und Familie (vgl. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz) nicht zum Nachteil gereichen, wenn er das Inland verläßt und damit den Erziehungsort ins Ausland verlegt, um mit dem vorübergehend im Ausland erwerbstätigen Ehegatten und dem Kind als Familie zusammenzuleben (zu diesem Gesichtspunkt stellvertretend: BSGE 71, 227, 231 = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4). Der Auslandsaufenthalt des erziehenden Elternteils muß allerdings mit der typisierenden und pauschalierenden Grundwertung des Gesetzes in Einklang bleiben, daß während der Zeit des Auslandsaufenthalts deutsche Rentenanwartschaften gerade wegen der Kindererziehung entgangen sind, nicht aber wegen einer Integration in eine ausländische Arbeitswelt oder weil sich der Erziehende dauerhaft bzw. auf nicht absehbare Zeit von der inländischen Arbeits- und Erwerbswelt und damit auch von der deutschen Rentenversicherung gelöst hat (z.B. Auswanderungsfälle).
Ob sich der erziehende Elternteil, der selbst nicht erwerbstätig ist, während seines Auslandsaufenthalts dauerhaft oder zumindest für nicht absehbare Zeit vom inländischen Arbeits- und Erwerbsleben gelöst hat, ist zunächst aufgrund der in seiner Person liegenden Umstände zu beurteilen und i.S. von § 128 SGG tatrichterlich zu würdigen. Soweit diese keine abschließende Beurteilung zulassen, ist ergänzend auf die beim Ehegatten gegebenen Umstände abzustellen. Dies ist in der Regel der Fall, wenn der erziehende Elternteil seinem im Ausland beschäftigten Ehegatten nachfolgt, so daß ergänzend auf die Person seines Ehegatten und mittelbar an dessen Status anzuknüpfen ist, wegen dessen die Kindererziehung nicht im Inland, sondern im Ausland erfolgt (vgl. BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 6 S. 27). Maßgeblich ist dabei auf die Verhältnisse zu Beginn des Auslandsaufenthalts abzustellen (vgl. BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 2 S. 6; ebenso der 5. Senat des BSG in SozR 3-2600 § 56 Nr. 7 S. 33).
Eine Lösung von der inländischen Arbeits- und Erwerbswelt und damit von der deutschen Rentenversicherung hat das BSG verneint und hierdurch die Vormerkung bzw. Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten ermöglicht, wenn der den Auslandsaufenthalt vermittelnde Ehegatte auch während seines Auslandsaufenthalts weiterhin hinreichend in das deutsche Arbeits- und Erwerbsleben integriert blieb. Eine fortbestehende Inlandsintegration hat das BSG dabei auch für den erziehenden Elternteil angenommen, wenn sein im Ausland beschäftigter Ehegatte während des Auslandsaufenthalts der Familie durchgehend in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben integriert blieb, sei es aufgrund eines fortbestehenden inländischen Dienstverhältnisses, Arbeitsverhältnisses oder einer fortgeführten selbständigen Tätigkeit, zumal sich die Auslandsbeschäftigung in dieser Fallgruppe lediglich als - vorübergehende - Lockerung, nicht aber als Auflösung der Beziehungen zur inländischen Arbeitswelt darstellt. Die durch sie bedingte, im voraus nur zeitlich begrenzte Verlagerung des Familienwohnsitzes und damit des Erziehungsortes ins Ausland ist nach der Rechtsprechung des BSG in solchen Fällen kein hinreichender Grund, dem erziehenden Elternteil Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehungszeiten zu versagen, zumal seine Erziehungsleistung hier ihre bestandssichernde Bedeutung für die deutsche Rentenversicherung behält (vgl. BSGE 71, 227, 233 mit Hinweisen auf BVerfGE 87, 1 f.).
Gleiches gilt auch für die Fallgruppe, daß während der Auslandstätigkeit die Beziehungen zur inländischen Arbeits- und Erwerbswelt zwar gelockert sind, im Inland aber zumindest ein sog Rumpfarbeitsverhältnis mit einem inländischen Arbeitgeber fortbesteht. Ein solches, die - nach § 56 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB VI maßgebliche - fortdauernde Integration in das inländische Arbeitsleben noch hinreichend vermittelndes Rumpfarbeitsverhältnis ist dann gegeben, wenn zwar das inländische Arbeitsverhältnis für die Dauer der Auslandsbeschäftigung teilweise - etwa mit Blick auf die Hauptpflichten (Arbeitsleistung/Zahlung von Arbeitsentgelt) - zum Ruhen gebracht wird, aber aus ihm a) auch während der Auslandsbeschäftigung noch wechselseitige Rechte und Pflichten erwachsen, b) die Auslandsbeschäftigung von vornherein zeitlich durch Vertrag oder ihrer Eigenart nach rechtlich begrenzt ist und wenn c) rechtlich von vornherein sichergestellt ist, daß das inländische Beschäftigungsverhältnis nach Beendigung der Auslandsbeschäftigung auch mit den Hauptpflichten in vollem Umfang wiederauflebt (vgl. BSGE 71, 227, 231 f. = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4 S. 16 f.; Urteil vom 16. November 1993 - 4 RA 39/92).
b) Die Entscheidung des LSG, eine hinreichende Inlandsintegration der Klägerin habe bei der Erziehung des Sohnes A. vom 1. August 1966 bis zum 31. Juli 1967 vorgelegen, ist aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen, für das BSG bindenden (§§ 163, 164 Abs. 2 Satz 2 SGG) tatsächlichen Feststellungen revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden; sie hält sich bei der gebotenen zukunftsgerichteten Gesamtbeurteilung aller Umstände in den Grenzen zulässiger freier Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat festgestellt: Das Arbeitsverhältnis zwischen G.S. und der H. AG wurde während des Auslandsaufenthalts nicht (vollständig) aufgelöst. Andererseits bestand es auch nicht unverändert fort; insbesondere war dieses nicht lediglich dergestalt modifiziert, daß G.S. seine Arbeitsleistung (zeitlich begrenzt) nicht im Inland, sondern in den USA zu erbringen hatte. Vielmehr ruhten die aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden (Leistungs-)Hauptpflichten für die Dauer der Beschäftigung des G.S. in den USA. Dieser war insoweit verpflichtet, seine Arbeitsleistung gegenüber der amerikanischen Tochtergesellschaft der H. AG zu erbringen, von der er auch bezahlt wurde. Andererseits bestand die Direktionsgewalt der H. AG in der Form eines jederzeitig durchsetzbaren Rückruf- und Versetzungsrechts fort.
Das Berufungsgericht hat die rechtlichen Vorgaben für die Gesamtbeurteilung (im wesentlichen) beachtet: Die im Vertrag zwischen G.S. und der H. AG vorgesehene Verlängerungsklausel steht der Annahme eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses, dessen Bindungen über diejenigen eines (bloßen) Rumpfarbeitsverhältnisses hinausgehen, jedenfalls mit ihnen gleichwertig sind, nicht entgegen. Zwar ist die Beendigung einer Auslandsbeschäftigung bei Vereinbarung derartiger Klauseln von der Abgabe einer entsprechenden (Kündigungs-)Erklärung abhängig, wie dies für die Beendigung von auf unbestimmte Zeit geschlossene Arbeitsverträge typisch ist, und gerade nicht von einem zeitlich fixierten Datum oder dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses (vgl. Urteil des Senats vom 29. September 1998 - B 4 RA 9/98 R). Ob eine Auslandsbeschäftigung rechtlich infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im voraus zeitlich begrenzt, mithin bei Beginn des Auslandsaufenthalts vom Fortbestand einer hinreichenden Inlandsintegration auszugehen war, beurteilt sich allerdings nicht allein nach dem Vorliegen oder Nichtvorliegen derartiger Verlängerungsklauseln. Maßgeblich sind vielmehr die Bewertung der gesamten Umstände im Zeitpunkt der Kindererziehung als dem Zeitpunkt des Eintritts der Versicherungspflicht (vgl. BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 2 S. 6; ebenso der 5. Senat des BSG, BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 7 S. 33), die darüber Aufschluß geben können, ob die Verlegung des Erziehungsorts ins Ausland anfänglich (und während der Dauer dieser Zeit) als endgültige Lösung des Erziehenden vom inländischen Arbeits- und Sozialleben oder aber nur als deren vorübergehende Lockerung angelegt war. Dabei hat das LSG vorliegend insbesondere dem jederzeitigen und voraussetzungslosen Versetzungs- und Rückrufrecht als Ausdruck der fortbestehenden Direktionsgewalt der H. AG und der hiermit korrespondierenden Pflicht des G.S., sein amerikanisches Arbeitsverhältnis nach erfolgtem Rückruf zu kündigen, zutreffend besonderes Gewicht beigemessen; es hat hieraus in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise im Zusammenhang mit dem von der H. AG thematisch und sachlich definierten Aufbauauftrag des G.S. in den USA sowie der Verkürzung der zweiten Periode des Auslandsaufenthalts entnommen, daß G.S. und mit ihm die Klägerin den Familienwohnsitz weder dauerhaft noch auf unabsehbare Zeit, sondern nur vorübergehend in die USA verlegt hatte.
Nach allem bestand die für die Vormerkung von Kindererziehungszeiten erforderliche Inlandsintegration der Klägerin während ihres Auslandsaufenthalts fort; dessen Ende war zwar vertraglich nicht von vornherein exakt fixiert, jedoch stand nach den Feststellungen des LSG die Rückkehr der Klägerin nach Deutschland in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen fest. Bei einer solchen Konstellation von Hilfstatsachen konnte die Beklagte nicht begründet rügen, das LSG habe - abgesehen von seiner zum Teil angewandten rückschauenden Betrachtungsweise, die rechtswidrig war - bei der Feststellung einer hinreichenden Inlandsintegration der Klägerin die Grenzen der freien Beweiswürdigung verletzt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.