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4 RA 43/93

Tatbestand

Streitig ist die Vormerkung einer Pflichtbeitragszeit wegen Kindererziehung im Ausland.

Die 1936 geborene Klägerin besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Aus ihrer 1964 mit einem irakischen Staatsangehörigen geschlossenen Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, nämlich der am 27. Juli 1965 in B. / I. geborene Sohn O. und die am 26. September 1967 ebenfalls in B. / I. geborene Tochter R.

In der Zeit von April 1961 bis Januar 1968 war die Klägerin als Stenotypistin bzw. Sekretärin an der D. B. und am Goethe-Institut in B. /I. beschäftigt. Die in dieser Zeit entrichteten Pflichtbeiträge zur deutschen Rentenversicherung wurden ihr antragsgemäß erstattet (Bescheide vom 21. Juni 1968 bzw. vom 2. August 1971). Nach ihrer Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland entrichtete die Klägerin 1973 für die Zeit von November 1967 bis Mai 1973 freiwillige Beiträge nach.

Am 12. September 1988 beantragte die Klägerin die Vormerkung von Kindererziehungszeiten. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1989 ab und führte u.a. aus: Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für den Erwerb von Kindererziehungszeiten im Ausland nicht. Denn sie habe weder während der Kindererziehung noch unmittelbar vor der Geburt der Kinder wegen einer im Irak ausgeübten Beschäftigung Pflichtbeitragszeiten gehabt; durch die Erstattung der bis Januar 1968 entrichteten Pflichtbeiträge seien sämtliche Ansprüche aus diesen Versicherungszeiten erloschen.

Das Sozialgericht (SG) Dortmund hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, der Klägerin Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung für den Zeitraum 1. August 1965 bis 31. Juli 1966 und 1. Oktober 1967 bis 30. September 1968 vorzumerken (Urteil vom 29. September 1992). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 4. Juni 1993). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten habe die Klägerin einen Anspruch auf Vormerkung von Kindererziehungszeiten. Denn sie habe während der Erziehung bzw. vor der Geburt der Kinder Pflichtbeiträge zur deutschen Angestelltenversicherung entrichtet. Der Anspruch auf Vormerkung sei auch nicht wegen Erstattung der entrichteten Pflichtbeiträge ausgeschlossen. Denn die Klägerin habe tatsächlich Pflichtbeitragszeiten vor der Geburt bzw. während der Erziehung der Kinder i.S. von § 56 Abs. 3 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gehabt. Insoweit sei allein entscheidend, ob eine Pflichtbeitragszeit bestanden habe; unerheblich sei hingegen, ob für diese Beschäftigung noch anrechnungsfähige Beiträge vorhanden seien. Die Verfallswirkung der Beitragserstattung sei lediglich für die beitragsrechtlichen Voraussetzungen, also nur dort von Bedeutung, wo die Ausübung von Rechten die Entrichtung von Beiträgen voraussetze. Im übrigen seien die Kindererziehungszeiten von der Verfallswirkung der Beitragserstattung bereits deshalb nicht erfaßt worden, weil Kindererziehungszeiten erst nach der Beitragserstattung durch das Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeitengesetz (HEZG) vom 11. Juli 1985 (BGBl. I 1450) eingeführt worden seien.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI und trägt vor:

Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung nicht zu. Die Verfallswirkung der Beitragserstattung erstrecke sich grundsätzlich auf das gesamte den Erstattungszeitraum betreffende Versicherungsverhältnis. Wenn das Recht der Rentenversicherung nämlich bestimmte Zeiten wegen des Zusammenhangs mit Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit gleichstelle, setze es immer voraus, daß die Zeiten der versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit ihrerseits Beitragszeiten seien (so BSG SozR 2200 § 1260 Nr. 2). Wenn bei einer Auslandserziehung eine durch die Kindererziehung bedingte Lücke in der Versicherungsbiographie nur bei Vorliegen von Pflichtbeitragszeiten geschlossen werden könne, dann sei dies infolgedessen nur dann zu rechtfertigen, wenn Beiträge tatsächlich und rechtlich wirksam vorhanden seien.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

  • die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Juni 1993 und des Sozialgerichts Dortmund vom 29. September 1992 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 24. Februar 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1989 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

  • die Revision zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Gründe der erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen und weist darauf hin: Allein entscheidend sei, ob in dem fraglichen Zeitraum die Voraussetzungen für eine Pflichtversicherung vorgelegen hätten. Auf die Frage, ob Beiträge erstattet worden seien, komme es nicht an. Im übrigen sei die Rechtsgrundlage für die Anerkennung von Kindererziehungszeiten erst nach der Beitragserstattung geschaffen worden. Wenn die Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung auch von den Rechtsfolgen der davor liegenden Beitragserstattung hätten erfaßt werden sollen, so hätte ihr im Hinblick auf eine Gleichbehandlung mit anderen versicherten Personen auch der insoweit in Ansatz zu bringende Betrag für die Kindererziehungszeit ausgezahlt werden müssen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Zu Recht haben die Vorinstanzen einen Anspruch der Klägerin auf Vormerkung von Pflichtbeitragstatbeständen wegen Kindererziehung für die beiden in B. /I. geborenen Kinder (O., geb. am 27. Juli 1965, und R., geb. am 26. September 1967) bejaht. Verfahrensfehlerfrei sind die Vorinstanzen insoweit auch zutreffend davon ausgegangen, daß der Ehemann der Klägerin dem Rechtsstreit nicht notwendig beizuladen war (§ 75 Abs. 2 SGG; vgl. BSG SozR 3-2200 § 1227a Nr. 7). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG (§§ 163, 164 Abs. 2 Satz 3 SGG) sind nämlich keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der Ehemann der Klägerin einen Anspruch auf Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten für den fraglichen Zeitraum geltend macht oder daß insoweit Streit zwischen den beiden Elternteilen über die Zuordnung dieser Pflichtbeitragszeiten besteht.

Die Klärung des Versicherungskontos i.S. von § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI hat ergeben, daß die Klägerin in der Zeit vom 1. August 1965 bis 31. Juli 1966 und vom 1. Oktober 1967 bis 30. September 1968 Tatbestände von Pflichtbeitragszeiten i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 56 Abs. 1 bis 3 und Abs. 5 i.V.m. § 249 Abs. 1 SGB VI erfüllt hat. Nach den genannten Vorschriften sind Personen versicherungspflichtig für Zeiten, in denen ihnen Kindererziehungszeiten anzurechnen sind. Dies ist der Fall, wenn die Erziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen ist (§ 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VI), die Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland erfolgt oder einer solchen gleichsteht (Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a.a.O.) und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 a.a.O.).

Die Klägerin erfüllt sämtliche Voraussetzungen für die Vormerkung von Pflichtbeitragstatbeständen wegen Kindererziehung in dem o.g. Zeitraum.

Sie hat ihre beiden Kinder O. und R. während dieser Zeit, innerhalb der mit Ablauf des Geburtsmonats beginnenden Jahresfrist (Kindererziehungszeit für ein vor dem 1. Januar 1991 geborenes Kind: § 249 Abs. 1 SGB VI), erzogen. Diese Erziehung ist ihr auch i.S. von § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI zuzuordnen. Zwar ist nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht erkennbar, ob die Klägerin ihre beiden Kinder i.S. von § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VI „allein“ oder aber i.S. von Satz 2 a.a.O. „gemeinsam“ mit ihrem Ehemann erzogen hat. Sollten die Klägerin und ihr Ehemann die Kinder gemeinsam erzogen haben, dann haben sie von ihrer Befugnis keinen Gebrauch gemacht, durch eine übereinstimmende Erklärung zu bestimmen, wem von ihnen und in welcher Weise die Pflichtbeitragszeiten zuzuordnen sind. Dies ist jedoch unschädlich, wenn - wie hier - eine Zuordnung an einen Dritten nicht in Betracht kommt und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß - wie ausgeführt - der andere Elternteil die Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung ganz oder teilweise für sich beansprucht. Bei dieser Sachlage sind nämlich die Pflichtbeitragszeiten aufgrund wahlweiser Feststellung der Mutter zuzuordnen (vgl. hierzu BSG SozR 3-6180 Nr. 4). Hat sie nämlich das Kind „allein“ erzogen, steht ihr die Zeit bereits nach § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zu. Hat sie das Kind jedoch „gemeinsam“ mit ihrem Ehemann erzogen und fehlt es an einer übereinstimmenden Erklärung über die Zuordnung, dann ist die Pflichtbeitragszeit der Mutter aufgrund der Regelung in Abs. 2 Satz 8 a.a.O. ebenfalls gutzuschreiben. Dahinstehen kann in diesen Fällen, ob diese nach dem Gesetzestext zwingende Zuordnungsregel mit dem Gleichberechtigungsgebot des Art. 3 Abs. 2 Grundgesetz (GG) vereinbar oder verfassungskonform auf eine widerlegbare Vermutung zugunsten der Mutter zu reduzieren ist (vgl. BSGE 70, 138, 142 = SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 2 sowie SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 4).

Die Erziehung der Kinder O. und R. in B. /I. steht auch einer Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland gleich. Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 SGB VI sind die Erziehungsorte gleichzustellen, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten hat und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes - u.a. - wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung Pflichtbeitragszeiten hat.

Die Klägerin hat sich in dem o.g. Zeitraum mit ihren Kindern im Ausland gewöhnlich aufgehalten. Dabei ist im Hinblick auf ihre Beschäftigung und ihren entsprechenden Aufenthalt von mehr als sechs Jahren im I. davon auszugehen, daß sie mit ihren Kindern den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse dort begründet hat (vgl. hierzu BSG SozR 3-1251a Nr. 6; BSGE 70, 138, 141 = SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 2).

Die Klägerin erfüllt auch die für die Gleichstellung des Erziehungsortes Bundesrepublik Deutschland mit dem ausländischen Erziehungsort erforderliche weitere Voraussetzung für die Anerkennung einer Pflichtbeitragszeit wegen einer Kindererziehung im Ausland, da sie vor der Geburt und während der Erziehung der Kinder in der inländischen Arbeitswelt integriert war (vgl. hierzu BSGE 71, 227 ff. = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4). Zwar stellt § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI - nach seinem Wortlaut - allein darauf ab, ob der Erziehende unmittelbar vor der Geburt oder während der Kindererziehung Pflichtbeitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung hat. Hierauf kommt es jedoch nach dem Normzweck von § 56 SGB VI nicht entscheidend an.

Nach dem Normprogramm der vorgenannten Bestimmung sollen durch die Anrechnung von Kindererziehungszeiten alle diejenigen in das System der gesetzlichen Rentenversicherung einbezogen werden, die wegen der Kindererziehung keine oder nur geringe Rentenanwartschaften erwerben. Wer im Inland Kinder erzieht und - in typisierender Betrachtung aus diesem Grunde - nicht in den (vollen) Genuß von Beitragszeiten gelangt, soll zum Ausgleich speziell „für Zeiten der Erziehung eines Kindes“ (§ 56 Abs. 1 SGB VI) Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung erhalten. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, daß alle, die im Inland erwerbstätig sein dürfen, freien Zugang zu einer - im Blick auf die Breitenwirkung der gesetzlichen Rentenversicherung - regelmäßig versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Dabei wird die Erziehungsleistung auch als Beitrag zur Aufrechterhaltung der als Generationenvertrag ausgestalteten Rentenversicherung gewertet. Incidenter ist nämlich damit grundsätzlich die Erwartung verknüpft, daß die nachrückende Generation der Beitragszahler die Mittel für die Alterssicherung der jetzt erwerbstätigen Generation aufbringen werde. Wegen der o.g. Breitenwirkung kann dabei vernachlässigt werden, daß nicht jedes Kind später zum Beitragszahler wird (vgl. zum Vorstehenden: BVerfGE 87, 1 ff. = SozR 3-5761 Allg Nr. 1; BSGE 71, 227 ff = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4 sowie BSG SozR 3-2600 § 56 Nr. 6). Unerheblich ist im Hinblick auf die dem Normprogramm zugrundeliegende Wertung, ob der Erziehende Deutscher ist oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates besitzt (vgl. BSGE 63, 282 ff. = BSG SozR 2200 § 1251a Nr. 2; SozR 3-2600 § 56 Nr. 6). Ohne Bedeutung ist aus diesem Grunde ferner, ob der Erziehende jemals vor, während oder nach der Erziehung der Versichertengemeinschaft angehört oder auch nur einen pflichtigen oder freiwilligen Beitrag entrichtet hat (vgl. BSG SozR 3-6180 Art. 13 Nr. 4; BSGE 69, 101, 103 f. = SozR 3-2200 § 1251a Nr. 19). Entscheidend für den Erwerb von Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung ist vielmehr im Hinblick auf den in der deutschen Rentenversicherung verankerten Familienlastenausgleich und damit auch für die mit der Erziehungsleistung verbundene bestandssichernde Bedeutung für das System der Altersversorgung, daß die Erziehung grundsätzlich im Inland erfolgen muß und nur ausnahmsweise im Ausland erfolgen darf. Nur dann, wenn während des Auslandsaufenthaltes des Erziehenden eine so enge Bindung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben besteht, daß die mit dem Normprogramm verbundene Zielsetzung eintreten kann, greift die o.g. pauschalierende Wertung ein.

Für den vergleichbaren Fall, daß der nichterwerbstätige Erziehende seinem vorübergehend im Ausland erwerbstätigen Ehegatten dorthin folgt (§ 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI), hat der Senat bereits aus diesem Grunde entschieden, für eine Gleichstellung des ausländischen mit dem inländischen Erziehungsort sei die fortbestehende Integration in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben von entscheidender Bedeutung. Er hat hierzu ausgeführt: Sämtliche in Abs. 3 geregelten Fallgestaltungen für den Erwerb von Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung enthielten lediglich scheinbar verschiedene Anknüpfungspunkte. Sie beruhten auf dem einheitlichen Grundgedanken, daß die Erziehenden (bzw. im Falle von Abs. 3 Satz 3 der Ehegatte des Erziehenden) vor der Geburt oder während der Kindererziehung im Hinblick auf den o.g. Normzweck eine solch enge Beziehung zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben hätten, daß die typisierende und pauschalierende Grundwertung Platz greifen könne, während dieser Zeit seien ihnen nicht wegen der Integration in eine ausländische Arbeitswelt, sondern im wesentlichen wegen der Kinderziehung deutsche Rentenanwartschaften entgangen (vgl. BSGE 71, 227 ff. = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4).

Anhand dieser aus dem Normprogramm des § 56 SGB VI abgeleiteten Grundsätze wird deutlich, daß der Begriff „Pflichtbeitragszeit“ in § 56 Abs. 3 Satz  a.a.O., keine spezifisch versicherungsrechtliche Bedeutung für die Gleichstellung der Erziehungsorte hat. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich vielmehr, daß durch die Heranziehung dieses Begriffs lediglich die im Rahmen einer pauschalierenden Betrachtung notwendige enge Bindung des im Ausland Erziehenden zum inländischen Arbeits- und Erwerbsleben dokumentiert werden soll. Diese - erweiternde - Auslegung steht im Einklang mit dem Gesamtkonzept des § 56 SGB VI. Insbesondere bildet sie eine Einheit mit den Regelungen über den Erwerb von Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung des seinem Ehegatten ins Ausland folgenden Erziehenden (§ 56 Abs. 3 Satz 3 SGB VI). Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, wenn der Anspruch auf Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung in den Fällen des § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI an strengere, engere Voraussetzungen geknüpft würde, als bei nichterwerbstätig im Ausland Erziehenden, bei denen die Gleichstellung der Erziehungsorte im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 GG mittelbar über die - fortbestehende - Integration des Ehemannes in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben erreicht wird. In sämtlichen Fallgestaltungen des § 56 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB VI ist somit die Integration in das inländische Arbeits- und Erwerbsleben erforderlich, die während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes fortbestanden haben muß (vgl. BSGE 71, 227 ff. = SozR 3-2600 § 56 Nr. 4).

Eine derartige Integration in das deutsche Arbeitsleben bestand bei der Klägerin während des o.g. Zeitraums - vor der Geburt bzw. und/während der Erziehung der beiden Kinder - zweifellos. Denn sie war von 1961 bis 1968 an der Deutschen Botschaft und an dem Goethe-Institut in B. /I., also bei einer deutschen Arbeitgeberin, der Bundesrepublik Deutschland, beschäftigt (Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Angestelltenversicherungsgesetz). Bei einem derartigen Sachverhalt ist davon auszugehen, daß die Erziehungsleistung - pauschalierend und typisierend betrachtet - u.a. bestandssichernde Bedeutung für die deutsche Rentenversicherung erlangt.

Der Klägerin steht mithin die von ihr begehrte Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten wegen Kinderziehung zu. Dabei ist unerheblich, daß sie - soweit ersichtlich - jedenfalls wegen der Kindererziehung nicht an der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und damit an dem Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert war. Denn wegen der o.g. - pauschalierenden und typisierenden - Grundwertung setzt die Zuerkennung von solchen Pflichtbeitragszeiten weder bei einer Erziehung im Inland noch bei einer solchen im Ausland einen Kausalzusammenhang zwischen Kindererziehung und fehlender Rentenanwartschaft voraus.

Nach alledem kommt es im Rahmen des § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI nicht darauf an, ob Pflichtbeitragszeiten, die vor der Geburt oder während der Erziehung der Kinder im Ausland tatsächlich zurückgelegt worden waren, wegen späterer Beitragserstattung ihre versicherungsrechtliche Bedeutung verloren haben; ebenso ist hier der Umstand der später freiwillig nachentrichteten Beiträge unerheblich. Für die im Urteil des SG festgestellten Zeiten hat die Klägerin somit einen Anspruch auf Vormerkung von Pflichtbeitragstatbeständen wegen Kindererziehung; die Revision der Beklagten ist mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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