§ 149 SGB VI: Versicherungskonto
veröffentlicht am |
02.01.2023 |
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Änderung | Die im Abschnitt 4.6 gemachten Angaben zu Beschäftigungen im Übergangsbereich wurden um die ab 01.01.2023 geltenden Werte ergänzt. |
Stand | 14.12.2022 |
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Erstellungsgrundlage | in der Fassung des Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 28.11.2018 in Kraft getreten am 01.07.2019 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 005.00 |
Schlüsselwörter |
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- Inhalt der Regelung
- Inhalt des Versicherungskontos
- Datenspeicherung
- Kontenklärung
- Anlass zur Kontenklärung
- Prüfen der gespeicherten Daten
- Unterrichten der Versicherten durch Versicherungsverlauf
- Mitwirkungspflicht der Versicherten
- Überprüfen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse
- Überprüfen von Beschäftigungsverhältnissen mit Arbeitsentgelten im Rahmen des Übergangsbereichs
- Zuständigkeit
- Feststellungsbescheid
- Inhalt der Regelung
- Inhalt des Versicherungskontos
- Datenspeicherung
- Kontenklärung
- Anlass zur Kontenklärung
- Prüfen der gespeicherten Daten
- Unterrichten der Versicherten durch Versicherungsverlauf
- Mitwirkungspflicht der Versicherten
- Überprüfen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse
- Überprüfen von Beschäftigungsverhältnissen mit Arbeitsentgelten im Rahmen des Übergangsbereichs
- Zuständigkeit
- Feststellungsbescheid
Inhalt der Regelung
Die Vorschrift regelt die Einzelheiten zur Versicherungskontoführung. Sie entspricht im Wesentlichen der Vorgängervorschrift (§ 104 AVG, § 1325 RVO, § 108h RKG). Die eng an die Vorschrift des § 149 SGB VI geknüpfte Pflicht zur Erteilung von Rentenauskünften ist, anders als im bisherigen Recht, gesondert im § 109 SGB VI geregelt.
Absatz 1 verpflichtet den Rentenversicherungsträger für jeden Versicherten ein Versicherungskonto zu führen. Es enthält sämtliche Daten, die zur Durchführung der Versicherung sowie für die Feststellung und Erbringung von Leistungen erforderlich sind (Absatz 1 Sätze 1 und 2).
Absatz 1 Satz 3 ermächtigt die Rentenversicherungsträger für bestimmte versicherungsfreie oder von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreite Personen ein Versicherungskonto zu führen. Diese Regelung steht in engem Zusammenhang
- mit der ab 01.01.1996 erfolgten Übertragung der Arbeitgeberprüfung von den Einzugsstellen auf die Rentenversicherungsträger und der Errichtung einer Arbeitgeberdatei (siehe § 28p SGB IV) sowie
- mit der ab 01.04.1999 erfolgten Einbeziehung der Meldungen für geringfügig Beschäftigte in das Meldeverfahren nach § 28a SGB IV und der für die Feststellung von Versicherungs- und Beitragspflicht erforderlichen Überprüfung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse durch den Rentenversicherungsträger.
Absatz 2 regelt wie das Versicherungskonto zu führen ist, damit die Daten jederzeit verfügbar sind. Die Daten, auf deren Richtigkeit und Vollständigkeit der Rentenversicherungsträger hinzuwirken hat, sollen so gespeichert sein, dass sie in einem automatisierten Verfahren abgerufen und übermittelt werden können. Stellt der Rentenversicherungsträger fest, dass für einen Beschäftigten mehrere Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV oder § 8a SGB IV gemeldet oder die Zeitgrenzen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV überschritten sind, hat er diese Beschäftigungsverhältnisse unverzüglich zu überprüfen. Stellt der Träger der Rentenversicherung dabei beispielsweise fest, dass eine Beschäftigung infolge einer Zusammenrechnung versicherungspflichtig ist, obwohl sie nicht oder als versicherungsfrei gemeldet wurde, teilt er diese Beschäftigung mit den notwendigen Daten der Einzugsstelle mit. Dies gilt entsprechend, wenn er feststellt, dass beim Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungsverhältnisse die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften zu Beschäftigungen im Übergangsbereich nicht oder nicht mehr vorliegen.
Absatz 3 verpflichtet die Rentenversicherungsträger, ihre Versicherten regelmäßig über die im Versicherungskonto gespeicherten Daten, die für die Feststellung der Höhe der Rentenanwartschaft maßgeblich sind, zu unterrichten (Versicherungsverlauf).
Absatz 4 regelt die Mitwirkungspflicht der Versicherten bei der Klärung ihres Versicherungskontos.
Im Absatz 5 sind die Bedingungen festgelegt, unter denen der Rentenversicherungsträger die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten per Bescheid festzustellen oder früher erteilte Feststellungsbescheide wegen Rechtsänderungen aufzuheben hat. Ferner ist geregelt, dass über die Anrechnung und Bewertung der im Feststellungsbescheid und dem dazu gehörenden Versicherungsverlauf enthaltenen Daten erst bei Feststellung einer Leistung entschieden werden darf.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Nach Maßgabe von Art. 80 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 85 Abs. 5 RRG 1992 waren bereits ab 01.01.1990 die für das Recht nach dem SGB VI erheblichen Daten unter Mitwirkung des Versicherten jederzeit abrufbar und übermittelbar im Versicherungskonto zu speichern.
Ergänzende Regelungen zu § 149 SGB VI sind:
- § 8 SGB IV
Geringfügige Beschäftigung und geringfügige selbständige Tätigkeit; Geringfügigkeitsgrenze, - § 8a SGB IV
Geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten, - § 20 SGB IV
Aufbringung der Mittel, Übergangsbereich - § 28p SGB IV
Prüfung bei den Arbeitgebern, - § 134 SGB IV
Übergangsregelung zum Übergangsbereich - § 147 SGB VI
Versicherungsnummer, - § 148 SGB VI
Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung beim Rentenversicherungsträger, - § 150 SGB VI
Dateien bei der Datenstelle, - § 152 SGB VI
Verordnungsermächtigung, - § 24 SGB X
Anhörung Beteiligter, - § 31 SGB X
Begriff des Verwaltungsaktes, - § 31a SGB X
Vollständig automatisierter Erlass eines Verwaltungsaktes, - § 33 SGB X
Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes, - § 35 SGB X
Begründung des Verwaltungsaktes, - § 36 SGB X
Rechtsbehelfsbelehrung, - § 37 SGB X
Bekanntgabe des Verwaltungsaktes, - § 48 SGB X
Aufhebung des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse, - §§ 32 bis 34 DEÜV und §§ 38 bis 40a DEÜV
Übernahme und Weiterleitung der Meldungen durch die Sozialversicherungsträger;
Meldung von Entgeltersatzleistungen, Anrechnungszeiten, Zeiten des Wehr- und Zivildienstes, - § 7 VKVV
Versendung des Versicherungsverlaufs.
Inhalt des Versicherungskontos
§ 149 Abs. 1 SGB VI verpflichtet und berechtigt den Rentenversicherungsträger, für jeden bei ihm Versicherten ein Versicherungskonto zu führen. Zuordnungsmerkmal ist die Versicherungsnummer. Die Vergabe einer Versicherungsnummer ist nach § 147 Abs. 1 und 2 SGB VI in Verbindung mit der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung (VKVV) für alle nach dem SGB VI rentenversicherten Personen zwingend erforderlich.
Im Versicherungskonto sind die Daten zu speichern, die
- für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht,
- zur Durchführung der Versicherung sowie
- zur Feststellung und Erbringung von Leistungen einschließlich der Rentenauskunft
notwendig sind.
In welchem Umfang die Daten gespeichert, verarbeitet und genutzt werden dürfen, richtet sich nach § 148 SGB VI in Verbindung mit §§ 67 ff. SGB X. Hiernach gilt unter anderem das Erforderlichkeitsprinzip, wonach zum Beispiel eine Datenspeicherung ‘auf Vorrat’ verboten ist.
Folgende Daten gehören ins Versicherungskonto soweit diese für eine künftige Leistungsgewährung erforderlich sein können:
- persönliche Daten der oder des Versicherten,
- Daten über geleistete oder als gezahlt geltende Beiträge (zum Beispiel aus Pflichtversicherung, freiwilliger Versicherung, Nachversicherung, KEZ, Verfolgungszeiten aufgrund beruflicher Rehabilitierung nach dem BerRehaG, Ersatz von Versicherungskarten, glaubhaft gemachte Zeiten, Zeiten nach dem FRG),
- Daten zu weiteren rentenrechtlichen Zeiten (§ 54 SGB VI)
- Daten zum Versorgungsausgleich und
- Angaben über medizinische Sachverhalte.
Diese Daten zählen zu den Sozialdaten (§ 67 Abs. 2 SGB X, Art. 4 Nr. 1 DSGVO).
Datenspeicherung
Unter ‘Datenspeicherung’ versteht man das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von (Sozial-) Daten auf einem Datenträger zu ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung (siehe auch § 148 SGB VI in Verbindung mit §§ 67 ff. SGB X; Art. 4 Nr. 2 DSGVO). Im Versicherungskonto werden Sozialdaten ohne Rücksicht auf ihre spätere Anrechenbarkeit und Bewertung gespeichert.
§ 149 Abs. 2 S. 2 SGB VI verpflichtet den Rentenversicherungsträger, Daten so auf maschinellen Datenträgern zu speichern, dass sie jederzeit abgerufen oder übermittelt werden können. Damit stehen die Daten unmittelbar zur Verfügung (zum Beispiel für eine Rentenauskunft oder für die Leistungsfeststellung). Sie können auch bei Verlagerung der Zuständigkeit durch einen Kontoführungswechsel von einem Rentenversicherungsträger zu einem anderen ausgetauscht werden.
Kontenklärung
Die Rentenversicherungsträger sind nach § 149 Abs. 2 S. 1 SGB VI verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die in den Versicherungskonten gespeicherten Daten vollständig und geklärt sind. § 149 SGB VI lässt offen, zu welchem Zeitpunkt der Rentenversicherungsträger die Kontenklärung einleitet. Ein zeitlicher Rahmen ergibt sich aber zum einen aus der Notwendigkeit spätestens im Leistungsfall auf ein geklärtes Konto zurückgreifen zu können (§ 149 Abs. 1 SGB VI) und zum anderen aus § 7 Abs. 1 VKVV, wonach Versicherte ab dem vollendeten 43. Lebensjahr sowie sechs Jahre nach Versendung des letzten Versicherungsverlaufs über den Inhalt des Versicherungskontos zu informieren sind.
Für die Durchführung der Kontenklärung gilt gemäß § 20 SGB X der Amtsermittlungsgrundsatz mit Einschränkung durch § 67a SGB X. Ermittlungen sind grundsätzlich bei der betroffenen Person zu führen. Diese hat im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach § 149 Abs. 4 SGB VI alle für die Kontenklärung erheblichen Tatsachen anzugeben und die notwendigen Urkunden und sonstigen Beweismittel beizubringen (siehe Abschnitt 4.3).
Ein Kontenklärungsverfahren endet mit der Erteilung eines Feststellungsbescheides (siehe Abschnitt 5).
Anlass zur Kontenklärung
Eine Kontenklärung nach § 149 SGB VI mit abschließender Erteilung eines Feststellungsbescheides - gegebenenfalls einschließlich einer Rentenauskunft nach § 109 SGB VI - ist möglich:
- von Amts wegen nach § 7 Abs. 1 VKVV,
- auf Antrag von Versicherten ohne Rücksicht auf den Geburtsjahrgang,
- bei sämtlichen Versicherungsangelegenheiten, für deren Entscheidung ein geklärtes Versicherungskonto vorhanden sein muss, wie zum Beispiel
- in Versorgungsausgleichsverfahren,
- bei Anträgen auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung,
- für Anfragen von Versicherten, die eine Auskunft über die Höhe der Beitragszahlung beantragen, die zum Ausgleich einer Rentenminderung bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters erforderlich ist (§ 109 Abs. 5 S. 4 SGB VI),
- parallel zur Bearbeitung eines abzulehnenden Rentenantrages (sofern noch nicht geschehen),
- im Zusammenhang mit von Amts wegen zu erteilenden Rentenauskünften für Versicherte ab vollendetem 55. Lebensjahr (§ 109 SGB VI).
Prüfen der gespeicherten Daten
Nach § 149 Abs. 2 S. 1 SGB VI hat der Rentenversicherungsträger darauf hinzuwirken, dass die im Versicherungskonto gespeicherten Daten vollständig und geklärt sind. Dies gilt insbesondere für sämtliche Tatbestände zu rentenrechtlichen Zeiten im Sinne von § 54 SGB VI und Lücken im Versicherungsverlauf ab Vollendung des 17. Lebensjahres. Erfolgte nachweislich ein früherer Eintritt in die Rentenversicherung, sind auch diese Zeiten zu klären. Zu prüfen ist beispielsweise auch, ob Tatbestände zu folgenden Sachverhalten vorliegen:
- Kindererziehungs- oder Berücksichtigungszeiten,
- Überentgelten,
- glaubhaft gemachten Zeiten,
- Zeiten nach dem BerRehaG bei beruflicher Rehabilitierung,
- Zeiten nach dem FRG.
Die Rentenversicherungsträger haben sicherzustellen, dass alle im Versicherungskonto für die Durchführung der Versicherung erforderlichen Daten nach geltender Rechtslage sachlich und rechnerisch richtig gespeichert sind.
Die Rentenversicherungsträger sind im Rahmen der Führung des Versicherungskontos nach § 149 SGB VI allerdings nicht verpflichtet, die Beitragszahlung in Bezug auf die Beitragsbemessungsgrenze zu prüfen (§§ 157, 159 SGB VI). Die Prüfung der Beitragsbemessungsgrenze im Zuge der Beitragsabführung ist Aufgabe des Arbeitgebers, der Einzugsstelle und der Betriebsprüfung. Damit besteht zwar nach § 149 SGB VI keine Verpflichtung zur Prüfung der BBG, jedoch wird hierdurch die Berechtigung zur Prüfung der BBG nicht eingeschränkt.
Die Prüfung des Inhalts des Versicherungskontos erfolgt insbesondere
- vor dem erstmaligen Erteilen eines Feststellungsbescheides zum Abschluss des Kontenklärungsverfahrens,
- vor dem Erteilen eines Folgefeststellungsbescheides; die Prüfung erstreckt sich dann regelmäßig auf Zeiten nach dem Verbindlichkeitsdatum des vorherigen Feststellungsbescheides und schließt erforderliche Aufhebungsentscheidungen wegen Rechtsänderungen für Zeiten, die in früheren Feststellungsbescheiden verbindlich festgestellt wurden, mit ein (siehe Abschnitt 5),
- in Verfahren zu Erstrentenanträgen, bei Anträgen auf (Anschluss-) Hinterbliebenenrente sowie bei Rentenanträgen auf Änderung der Leistungsart.
Unterrichten der Versicherten durch Versicherungsverlauf
§ 149 Abs. 3 SGB VI regelt, dass der oder die Versicherte regelmäßig in Form eines Versicherungsverlaufes über den Inhalt seines oder ihres Versicherungskontos vom Rentenversicherungsträger unterrichtet wird. Hierdurch können Betroffene möglichst zeitnah an der Klärung ihres Versicherungskontos mitwirken.
Der Konto führende Träger der Rentenversicherung unterrichtet Versicherte, die das 43. Lebensjahr vollendet haben, alle sechs Jahre durch einen Versicherungsverlauf (§ 7 Abs. 1 S. 1 VKVV). Dieser Versicherungsverlauf enthält alle Sozialdaten, die für die Feststellung der Höhe einer Rentenanwartschaft erheblich sind (siehe Abschnitt 2).
Gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 VKVV kann der Versicherungsverlauf auf Antrag auch
- in kürzeren Abständen,
- an jüngere Versicherte und
- an Versicherte mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland
versandt werden.
Der erste zu übersendende Versicherungsverlauf enthält in chronologischer Reihenfolge alle für die versicherte Person gespeicherten Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten und Berücksichtigungszeiten ohne Rücksicht auf ihre Anrechenbarkeit sowie Daten, die für die Anerkennung solcher Zeiten erheblich sein können (§ 7 Abs. 2 VKVV).
Mit dem Versicherungsverlauf, der dem Anschreiben zum Aufruf zur Kontenklärung beigefügt ist, unterrichtet der Rentenversicherungsträger Versicherte über die zu diesem Zeitpunkt in ihrem Versicherungskonto gespeicherten Sozialdaten. Auf Kalendermonate ohne rentenrechtliche Tatbestände (Lücken) ist hinzuweisen. Bei diesem Versicherungsverlauf ohne Feststellungsbescheid handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X. Es wird vielmehr nur eine Erklärung ohne Rechtsfolgeregelung abgegeben. Gegen den Inhalt dieses Versicherungsverlaufes ist ein Widerspruch nicht zulässig (GRA zu § 84 SGG).
Mitwirkungspflicht der Versicherten
Um die Arbeit des Rentenversicherungsträgers zu unterstützen, sind Versicherte zur Mitwirkung bei der Kontenklärung verpflichtet (§ 149 Abs. 4 SGB VI). Nur Versicherte selbst sind in der Lage, Unstimmigkeiten im Versicherungsverlauf festzustellen und aufzuklären. Die Vorschrift verpflichtet Versicherte, Einwendungen gegen die für unrichtig gehaltenen Daten geltend zu machen und in Zweifelsfällen die erforderlichen Beweismittel (zum Beispiel Urkunden, Bescheinigungen) zur Verfügung zu stellen. Sind Versicherte nicht in der Lage, geeignete Nachweise zu erbringen, wird der Rentenversicherungsträger - sofern möglich - von Amts wegen weitere Sachverhaltsaufklärung betreiben.
Anders als im Leistungsverfahren wird bei unterlassener Mitwirkung von Versicherten auf Sanktionen, wie sie § 66 SGB I vorsieht, verzichtet. Auch bei eingetretener Bindungswirkung des Feststellungsbescheides (siehe Abschnitt 5) können Versicherte die Mitwirkung nachholen, um gegebenenfalls fehlerhaft berücksichtigte Daten vom Rentenversicherungsträger korrigieren zu lassen oder eine Entscheidung über bisher nicht geltend gemachte Daten zu beantragen.
Überprüfen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse
Um Arbeitgeber vor möglicherweise erheblichen Beitragsnachforderungen zu schützen, wurde mit dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) zum 01.04.2003 die Amnestieregelung des § 8 Abs. 2 S. 3 SGB IV eingeführt. Danach tritt die Versicherungspflicht in den in Satz 1 dieser Regelung angeführten Zusammenrechnungsfällen grundsätzlich erst mit dem Tage der Bekanntgabe der Feststellung durch die Einzugsstelle oder den Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Betriebsprüfung ein. Diese Amnestieregelung findet nicht nur auf Entscheidungen Anwendung, die für Zeiten vom 01.04.2003 an getroffen werden, sondern sie gilt auch für Zusammenrechnungsfälle vor dem 01.04.2003. Insoweit erübrigen sich Rückfragen an die bis zum 31.03.2003 zuständigen Einzugsstellen beziehungsweise an die seit 01.04.2003 zuständige Bundesknappschaft (Minijob-Zentrale).
Wird vom Rentenversicherungsträger festgestellt, dass eine Beschäftigung infolge einer Zusammenrechnung versicherungspflichtig ist, diese Beschäftigung jedoch als versicherungsfreie Beschäftigung oder gar nicht gemeldet wurde, so ist dies mit den notwendigen Daten der Einzugsstelle mitzuteilen (§ 149 Abs. 2 S. 4 SGB VI). Die Mitteilung erfolgt in einem maschinellen Rückmeldeverfahren. Mittels Datenbaustein-Rückmeldung bei Zusammentreffen geringfügiger Beschäftigung (DBRG) erhält die Einzugsstelle bei unzulässigen Überschneidungen Kenntnis.
Überprüfen von Beschäftigungsverhältnissen mit Arbeitsentgelten im Rahmen des Übergangsbereichs
§ 149 Abs. 2 S. 5 SGB VI verpflichtet die Rentenversicherungsträger, die Einzugsstelle über Beschäftigungen zu informieren, wenn sie feststellen, dass beim Zusammentreffen mehrerer Beschäftigungsverhältnisse die Voraussetzungen für die Anwendung der Vorschriften zum Übergangsbereich nicht oder nicht mehr vorliegen.
Diese Verpflichtung realisieren die Rentenversicherungsträger im Rahmen der Betriebsprüfungen bei den Arbeitgebern.
In den einzelnen Zeiträumen gelten folgende Werte:
Eine Beschäftigung im Übergangsbereich liegt vor, wenn ein Arbeitsentgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 Abs. 1a SGB IV) bis zu der in § 20 SGB IV genannten Höchstgrenze im Monat erzielt wird. Ab 01.01.2023 beträgt diese Höchstgrenze 2000,00 EUR im Monat. Vom 01.10.2022 bis zum 31.12.2022 galt eine Höchstgrenze von 1600,00 EUR im Monat.
Vom 01.07.2019 bis zum 30.09.2022 lag eine Beschäftigung im Übergangsbereich vor, wenn ein regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt zwischen 450,01 EUR und 1.300,00 EUR erzielt wurde. Für Beschäftigte, die am 30.09.2022 wegen einer mehr als geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig waren, existiert eine Übergangsregelung (§134 SGB IV).
Für Zeiten vor dem 01.07.2019 galten Grenzwerte nach den einschlägigen Vorschriften über die bis dahin gültige Gleitzone (zuletzt mit einem regelmäßigen Arbeitsentgelt von 450,01 EUR bis 850,00 EUR monatlich).
Zuständigkeit
Für das Durchführen der Kontenklärung gelten die Zuständigkeitsregelungen aus den durch das RVOrgG vom 09.12.2004 (BGBl. I S. 3242) geänderten §§ 125 ff. SGB VI.
Feststellungsbescheid
§ 149 Abs. 5 S. 1 SGB VI regelt die Feststellung der im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten durch Bescheid. Im Feststellungsbescheid wird für jeden einzelnen rentenrechtlich bedeutsamen Tatbestand ein Verwaltungsakt gesetzt (Urteil des BSG vom 18.05.2006, AZ: B 4 RA 40/05 R und GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 6.2). Zur Wirkung eines Feststellungsbescheids - siehe Abschnitt 5.1.
Mittels Feststellungsbescheid (der vom Bundessozialgericht auch als ‘Vormerkungsbescheid’ bezeichnet wird, vergleiche dazu die Urteile des BSG vom 30.03.2004, AZ: B 4 RA 36/02 R - SozR 4-2600 § 149 Nr. 1 und AZ: B 4 RA 46/02 R) werden Sozialdaten vorgemerkt, abgelehnt oder aufgrund von Rechtsänderungen korrigiert (§ 149 Abs. 5 S. 1 und 2 SGB VI). Hierzu gehören auch Bescheide, mit denen außerhalb eines Kontenklärungsverfahrens über das Vorliegen einzelner rentenrechtlich bedeutsamer Tatbestände verbindlich entschieden oder mit denen eine Aufhebungsentscheidung (siehe Abschnitt 5.3) im Rahmen des § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI nachgeholt wird, ohne dass neue „Zeiten“ verbindlich festgestellt oder vorgemerkt werden.
Der Rentenversicherungsträger hat zum Abschluss der Kontenklärung über die im Versicherungsverlauf enthaltenen und noch nicht bindend festgestellten sowie länger als sechs Kalenderjahre zurückliegenden Daten einen Feststellungsbescheid zu erteilen.
Bestehen Versicherte ausdrücklich auf einer Bescheiderteilung für Sozialdaten, die noch keine sechs Kalenderjahre zurückliegen, ist diesem Antrag im Einzelfall zu entsprechen. § 149 SGB VI verpflichtet den Rentenversicherungsträger zwar nicht zu einer solchen Bescheiderteilung, hindert ihn aber auch nicht an einer Einzelentscheidung zu rentenrechtlich bedeutsamen Tatbeständen. Eine konkrete Verpflichtung dazu kann sich zum Beispiel aus § 199 S. 2 SGB VI ergeben.
Die Zeitangabe ‘länger als sechs Kalenderjahre zurück’ in § 149 Abs. 5 S. 1 SGB VI bezieht sich regelmäßig auf das Datum des zuletzt erteilten Feststellungsbescheides und somit auf den Versicherungsverlauf, der diesem Feststellungsbescheid als Bestandteil beigefügt ist. Die Zeitangabe bezieht sich dagegen nicht auf den Versicherungsverlauf, der gegebenenfalls sechs Kalendermonate zuvor der oder dem Versicherten zur Einleitung des Kontenklärungsverfahrens übersandt wurde (§ 149 Abs. 3 SGB VI).
Über die Anrechnung und Bewertung von Sozialdaten wird im Feststellungsbescheid keine Entscheidung getroffen (§ 149 Abs. 5 S. 3 SGB VI).
Hinweis:
Der Begriff ‘Vormerkung’ umschreibt die positive Berücksichtigung eines im Feststellungsbescheid verbindlich festgestellten und rentenrechtlich möglicherweise bedeutsamen Tatbestandes für einen späteren Leistungsfall. Häufig wird deshalb in der Fachliteratur der Begriff „Vormerkungsbescheid“ verwendet.
Die erstmalige positive Berücksichtigung einer rentenrechtlichen Zeit im Rentenbewilligungsbescheid wird hingegen als ‘Anerkennung’ bezeichnet. Denn dann wird gleichzeitig auch über Anrechnung und Bewertung dieser Zeit entschieden.
Mögliche Bestandteile des Feststellungsbescheides nach Kontenklärung sind
- das Bescheidschreiben,
- der beigefügte Versicherungsverlauf, wenn dieser unter der Überschrift ‘Allgemeine Hinweise’ zum Bestandteil des Feststellungsbescheides erklärt wird,
- das Zuordnungsblatt mit Angaben zu Tabellenentgelten nach dem FRG oder der Anlage 13 SGB VI oder der Anlage 14 SGB VI, wenn es unter der Überschrift ‘Allgemeine Hinweise’ zum Bestandteil des Feststellungsbescheides erklärt wird.
Wirkung des Feststellungsbescheides
Der Feststellungsbescheid (vergleiche Abschnitt 5) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 31 SGB X (GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 6.2).
Mittels Feststellungsbescheid werden Sozialdaten vorgemerkt, abgelehnt oder aufgrund von Rechtsänderungen korrigiert (§ 149 Abs. 5 S. 1 und 2 SGB VI). Die Bindungswirkung des Bescheides erstreckt sich auf alle länger als sechs Kalenderjahre zurückliegenden Sozialdaten, soweit sie nicht bereits in einem früheren Feststellungsbescheid oder in einem gesonderten Bescheid festgestellt wurden. Erfolgte auf ausdrücklichen Antrag von Versicherten zudem eine Bescheiderteilung für Sozialdaten, die noch keine sechs Kalenderjahre zurückliegen, erstreckt sich die Bindungswirkung auch auf diese Verwaltungsakte.
Der Feststellungsbescheid enthält Feststellungen auf der Grundlage des bei seinem Erlass geltenden Rechts über Tatbestände einer rentenversicherungsrechtlich relevanten Vorleistung, die grundsätzlich in den späteren Rentenbescheid und damit in den Rentenwert eingehen können. Verbindlich festgestellt werden sowohl der Rechtscharakter als auch der zeitliche Umfang eines rentenrechtlich bedeutsamen Tatbestandes. Sind rentenrechtliche Tatbestände durch Verwaltungsakt abgelehnt worden, so sind diese Negativentscheidungen als Teil des Feststellungsbescheides ebenfalls verbindlich (Urteil des BSG vom 30.03.2004, AZ: B 4 RA 36/02 R; SozR 4-2600 § 149 Nr. 1).
Im Übrigen dient der Feststellungsbescheid der ‘Beweissicherung’.
Keine bindende Feststellung wird über die Anrechnung und Bewertung der Sozialdaten getroffen, denn Absatz 5 Satz 3 bestimmt, dass hierüber erst im Leistungsfall entschieden werden darf.
Beispielsweise wird der Besuch einer Schule nach Vollendung des 17. Lebensjahres beim Vorliegen der vom Gesetz geforderten Voraussetzungen ‘lediglich’ als (Anrechnungszeit-)Tatbestand ‘Schulausbildung’ vorgemerkt. Ob hierfür bei einem später eintretenden Leistungsfall eine Anrechnungszeit zu berücksichtigen ist, beurteilt sich nach dem zum Zeitpunkt des Rentenbeginns geltenden Recht. Insofern darf die in § 149 Abs. 5 S. 3 SGB VI beschriebene ‘Anrechenbarkeit’ erst geprüft werden, wenn der Leistungsfall eintritt. Dasselbe gilt hinsichtlich des Umfangs der bei der Rentenberechnung zu berücksichtigenden schulischen Ausbildungsanrechnungszeiten. Ist die Anrechenbarkeit gegeben, ist im Leistungsfall nach dem dann geltenden Recht noch zu entscheiden, ob und in welcher Höhe eine Bewertung erfolgt.
Vormerken von Tatbeständen rentenrechtlicher Zeiten
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (Urteil des BSG vom 30.08.2001, AZ: B 4 RA 114/00 R; SozR 3-2600 § 149 Nr. 6) ist vor dem Erteilen eines Feststellungsbescheides zu prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für rentenrechtliche Zeiten im Zeitpunkt des Vormerkens vorliegen. Hierfür müssen zu diesem Zeitpunkt sämtliche vom Gesetz geforderten Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sein und es muss nach aktueller Rechtslage die Möglichkeit bestehen, dass diese Tatbestände in einem künftigen Leistungsfall rentenversicherungsrechtlich relevant sein könnten.
So darf die Zeit eines Schulbesuchs zum Beispiel nur dann als Anrechnungszeittatbestand vorgemerkt werden, wenn eine schulische Ausbildung im Sinne von § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI absolviert wurde und sie zudem auch nach Vollendung des 17. Lebensjahres der oder des Versicherten liegt.
Tatbestände für Pflichtbeitragszeiten wegen Kindererziehung sind nur dann im Versicherungskonto des Vaters oder der Mutter vorzumerken, soweit im Vormerkungszeitpunkt die Erziehung eines Kindes geklärt ist und die Möglichkeit ihrer Rechtserheblichkeit in einem zukünftigen Leistungsfall besteht.
Je nach Zeitenart unterscheidet sich der Umfang der im Bescheid verbindlich festgestellten Tatbestände. Danach sind zu unterscheiden:
- Tatbestände für Beitragszeiten (vergleiche Abschnitt 5.2.1).
- Tatbestände für beitragsfreie Zeiten (vergleiche Abschnitt 5.2.2).
- Tatbestände für Kindererziehungs-/Berücksichtigungszeiten (vergleiche Abschnitt 5.2.3).
- Tatbestände für Pflegezeiten (vergleiche Abschnitt 5.2.4).
Für Zeiten, für die laut Angabe der oder des Versicherten keine rechtserheblichen Tatbestände (‘geklärte Lücken’) vorliegen, gilt das unter Abschnitt 5.2.5 Gesagte.
Tatbestände für Beitragszeiten
Als Tatbestände werden für Beitragszeiten
- wegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit neben dem Zeitraum regelmäßig auch der daraus versicherte Verdienst oder
- nach dem FRG oder nach der Anlage 13 SGB VI, der Anlage 14 SGB VI oder der Anlage 16 SGB VI neben dem Zeitraum auch der kraft Gesetzes als fiktiv versichert geltende Verdienst
vorgemerkt (Urteil des BSG vom 23.09.2003, AZ: B 4 RA 48/02 R).
Für Beitragszeiten ab dem 01.07.2019 innerhalb des Übergangsbereichs (§ 20 Abs. 2 SGB IV) gehört zum Tatbestand das im Beschäftigungszeitraum tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt (§ 70 Abs. 1a SGB VI, § 256 Abs. 2 S. 5 SGB VI). Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt wird in diesen Fällen hingegen nicht vorgemerkt (AGKK 3/2018, TOP 7.2).
Zum Tatbestand gehört ferner die Zuordnung zu den alten oder neuen Bundesländern (Rechtskreiszuordnung) – GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 6.2.
Hinweis:
Wurde vor dem Einsatz der geänderten Verfahren zum 01.12.2006 im Versicherungsverlauf zu einem Feststellungsbescheid ein im Beitrittsgebiet erzielter Arbeitsverdienst nach Anlage 10 SGB VI auf ‘Westniveau’ hochgewertet und gegebenenfalls auf die BBG-West begrenzt (§ 260 S. 2 und 3 SGB VI), handelte es sich hierbei nicht um einen rechtsmittelfähigen Verwaltungsakt. Diese Angaben waren als Hinweise zu verstehen, mit denen jedoch keine Bewertung der im Beitrittsgebiet erzielten Arbeitsverdienste erfolgte. Anderenfalls hätte ein Verstoß gegen das in § 149 Abs. 5 S. 3 SGB VI enthaltene und hinreichend bekannte Verbot einer Bewertung von rentenrechtlichen Zeiten vor Eintritt des Leistungsfalles vorgelegen.
Handelt es sich um andere Beitragszeiten als die oben genannten wegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit oder nach dem FRG, können auch andere Tatbestandsmerkmale vorzumerken sein. Dies ist beispielsweise bei sonstigen Versicherten nach § 3 SGB VI oder freiwillig Versicherten der Fall. So gehört die Höhe der gezahlten Beiträge und nicht der versicherte Verdienst zu den Tatbestandsmerkmalen der Zeit einer freiwilligen Versicherung.
Tatbestände für beitragsfreie Zeiten
Im Einzelnen gilt neben der Rechtskreiszuordnung hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale zu beitragsfreien Zeiten insbesondere Folgendes:
- Arbeitsunfähigkeit, medizinische Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben
Zum Anrechnungszeittatbestand bei Arbeitsunfähigkeit oder medizinischer Rehabilitation beziehungsweise Teilhabe am Arbeitsleben zählt neben der Krankheitszeit oder dem Bezug von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beziehungsweise zur Teilhabe am Arbeitsleben für Zeiten vor dem 01.01.1984 auch die Kalendermonatsfrist nach § 252 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 SGB VI. Dies gilt über den 31.12.1983 hinaus auch für Krankheitszeiten zwischen dem vollendeten 17. und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI).
Zum Anrechnungszeittatbestand zählt für diese Zeiten darüber hinaus auch das Unterbrechungserfordernis einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder eines versicherungspflichtigen Wehrdienstes nach § 58 Abs. 2 SGB VI. Der Unterbrechungstatbestand ist für die nach der Vollendung des 17. Lebensjahres und vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegenden Zeiten jedoch nicht erforderlich (§ 58 Abs. 2 S. 1 zweiter Halbs. SGB VI).
Krankheitszeiten können nur nach dem vollendeten 17. Lebensjahr und vor dem vollendeten 25. Lebensjahr berücksichtigt werden. Die Nichtbelegung der Krankheitszeiten mit anderen rentenrechtlichen Zeiten gehört ebenfalls zum Anrechnungszeittatbestand für diese Zeiten (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a SGB VI). - Schwangerschaft, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit, Ausbildungsuche
Der Anrechnungszeittatbestand umfasst bei Zeiten der Schwangerschaft, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit oder Ausbildungsuche neben dem vorzumerkenden Zeitraum auch das Unterbrechungserfordernis nach § 58 Abs. 2 SGB VI. Der Unterbrechungstatbestand ist jedoch für die nach Vollendung des 17. Lebensjahres und vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegenden Zeiten nicht erforderlich (§ 58 Abs. 2 S. 1 zweiter Halbs. SGB VI).
Die Kalendermonatsfrist für Zeiten der Arbeitslosigkeit vor dem 01.01.1992 ist nach § 252 Abs. 7 S. 1 Nr. 3 SGB VI ebenfalls Anrechnungszeittatbestand.
Zeiten der Ausbildungsuche können nur nach dem vollendeten 17. Lebensjahr berücksichtigt werden. Die Nichtbelegung der Ausbildungsuche mit anderen rentenrechtlichen Zeiten gehört ebenfalls zum Anrechnungszeittatbestand (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a SGB VI). - Zeiten der schulischen Ausbildung
Zeiten der schulischer Ausbildung können nur ab Vollendung des 17. Lebensjahres Anrechnungszeittatbestand sein (§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI).
Die Nichtbelegung von Zeiten des Fernstudiums oder Abendunterrichts im Beitrittsgebiet mit Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit zählt ebenfalls zum Anrechnungszeittatbestand (§ 252a Abs. 1 S. 4 SGB VI). - Ersatzzeittatbestände
Die in § 250 SGB VI geregelten Voraussetzungen für die Vormerkung einer Ersatzzeit zählen vollumfänglich zu den Ersatzzeittatbeständen.
Tatbestände für Kindererziehungs-/Berücksichtigungszeiten
Die Tatbestandsvoraussetzungen für Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten nach dem 31.12.1991 ergeben sich aus §§ 56 und 57 SGB VI. Hierzu gehören neben dem
- Zeitraum der ersten drei Jahre nach der Geburt eines Kindes (beziehungsweise bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahr),
- die Zuordnung der Erziehung zu einem Elternteil,
- die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik (oder eine gleichgestellte Erziehung) und
- das Nichtvorliegen eines Anrechnungsausschlussgrundes sowie
das Pflichtbeitragserfordernis für Berücksichtigungszeiten neben einer mehr als geringfügigen selbständigen Tätigkeit.
Tatbestände für Pflegezeiten
Für Pflegezeiten ergeben sich die Tatbestandsvoraussetzungen aus § 3 S. 1 Nr. 1a, S. 2 und 3 SGB VI. Demzufolge sind diese Zeiten nur dann vorzumerken, wenn Versicherungspflicht besteht und der Träger, bei dem der Pflegebedürftige gegen das Pflegerisiko abgesichert ist, die Pflichtbeiträge gezahlt hat.
Keine rechtserheblichen Tatbestände (geklärte Lücke)
Zeiten, für die laut Angabe der oder des Versicherten keine rechtserheblichen Tatbestände vorliegen, werden als ‘geklärte Lücke’ bezeichnet.
Der Feststellungsbescheid enthält zu den Lücken im Versicherungskonto keine Aussagen, da es sich bei den ‘Lücken’ nicht um rentenrechtliche Tatbestände handelt.
Sind für bisherige Lücken zu einem späteren Zeitpunkt doch rentenrechtliche Tatbestände vorzumerken, geschieht dies durch den Erlass eines neuen Feststellungsbescheides. Es ergeht dann über jeden neu vorzumerkenden Tatbestand jeweils erstmals ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X (GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 6.2). Ein Anwendungsfall der Vorschrift des § 44 SGB X, die das Vorhandensein eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes voraussetzt, ist bei diesem Sachverhalt nicht gegeben.
Etwas anderes gilt, wenn Lücken im Versicherungsverlauf zum Feststellungsbescheid auf eine fehlende Entscheidung des Rentenversicherungsträgers zu beantragten Zeiten zurückzuführen sind (GRA zu § 84 SGG, Abschnitt 6).
Aufhebungsentscheidungen wegen Rechtsänderungen
Für im Nichtleistungsbescheid verbindlich festgestellte Daten ist eine Korrektur
- wegen Rechtsänderungen nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI oder
- aus anderen Gründen nach §§ 44 ff. SGB X (siehe GRA zu § 44 SGB X ff.)
zu prüfen.
Wurde bei der Vormerkung von Tatbeständen im Feststellungsbescheid das Recht unrichtig angewendet, besteht die Möglichkeit zur Korrektur des Bescheides allein nach §§ 44 ff. SGB X. Fehlerhaft im Versicherungsverlauf aufgeführte Daten, die nicht durch einen (Feststellungs-)Bescheid bindend festgestellt sind, können ohne weiteres korrigiert werden. Die Vorschriften des §§ 44 ff. SGB X sind dann nicht einschlägig.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung von Daten in Feststellungsbescheiden wegen Rechtsänderungen ist bis zur Erteilung eines Rentenbescheides ausschließlich die Regelung des § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI. Der Feststellungsbescheid, der vor einer Rechtsänderung rechtmäßig erteilt wurde, ist ohne Anwendung der § 24 SGB X und § 48 SGB X möglichst im Folgefeststellungsbescheid (vergleiche Abschnitt 5.3.1) oder aber spätestens im Rentenbescheid (vergleiche Abschnitt 5.3.2) aufzuheben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kann die nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI im Rentenbescheid vorzunehmende Aufhebung des dem aktuell geltenden Recht entgegenstehenden Feststellungsbescheids auch noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens gegen den Rentenbescheid erfolgen (Urteil des BSG vom 13.11.2008, AZ: B 13 R 43/07 R). Wurde auch diese Möglichkeit nicht genutzt, kann eine Aufhebung wegen Rechtsänderungen nur nach den Vorschriften des SGB X erfolgen. Die Legitimation zur vereinfachten Bescheidaufhebung nach § 149 Abs. 5 S. 2, 2. Halbs. SGB VI besteht dann nicht mehr.
§ 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI befreit die Rentenversicherungsträger von der Verpflichtung, nach jeder Rechtsänderung die bisher erteilten Feststellungsbescheide umgehend zu überprüfen. Dies kann im Rahmen der Bearbeitung des nächsten Kontenklärungsverfahrens erfolgen. Gegebenenfalls erforderlich werdende Aufhebungsentscheidungen sollten im Folgefeststellungsbescheid getroffen werden. Wird während eines Kontenklärungsverfahrens ein Rentenantrag gestellt, sind Aufhebungsentscheidungen stattdessen im Rentenbescheid aufzuführen.
In die Prüfung nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI sind folgende Nichtleistungsbescheide einzubeziehen:
- Feststellungsbescheide nach § 104 AVG/§ 149 SGB VI,
- Bescheide über anerkannte/festgestellte/vorgemerkte Zeiten,
- Bescheide über die Zuordnung von Zeiten nach dem FRG oder der VuVO.
Die in einem Folgefeststellungsbescheid oder Rentenbescheid enthaltenen Aufhebungsentscheidungen müssen folgende Inhalte berücksichtigen:
- Rechtscharakter des vorgemerkten rentenversicherungsrechtlichen Tatbestandes (zum Beispiel Anrechnungszeittatbestand),
- Zeitraum des aufzuhebenden rentenversicherungsrechtlichen Tatbestandes (Beginn und Ende),
- Grund der Aufhebung (geänderte Rechtslage),
- Datum des Feststellungsbescheides, mit dem der durch Rechtsänderung rechtswidrig gewordene Verwaltungsakt festgestellt wurde.
(Ist aus technischen oder organisatorischen Gründen das Datum des aufzuhebenden Feststellungsbescheides nicht mehr zweifelsfrei feststellbar, ist bei der Aufhebung auf die Angabe dieses Datums zu verzichten).
- Angabe der Korrekturvorschrift des § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI,
- Zeitpunkt, zu dem die Aufhebung wirksam wird.
Aufhebungsentscheidungen in Feststellungsbescheiden
Neben den unter Abschnitt 5.3 erläuterten Grundsätzen gilt im Übrigen Folgendes:
Bei der erstmaligen Prüfung, ob Daten aus bisher erteilten Feststellungsbescheiden (vergleiche Abschnitt 5.3) nach § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI aufzuheben sind, werden sämtliche in der Vergangenheit erteilte Bescheide einbezogen.
Nachfolgende Prüfungen können regelmäßig auf nach dem vorherigen Prüfzeitpunkt liegende Rechtsänderungen und gegebenenfalls seither erteilte Nichtleistungsbescheide beschränkt werden.
Aufhebungsentscheidungen in Rentenbescheiden
Neben den unter Abschnitt 5.3 erläuterten Grundsätzen gilt im Übrigen Folgendes:
Die Aufhebung eines wegen Rechtsänderungen rechtswidrig gewordenen Feststellungsbescheides auf der Grundlage des § 149 Abs. 5 S. 2 SGB VI - also ohne Anwendung der § 24 SGB X und § 48 SGB X - muss spätestens im ersten (darauf folgenden) Rentenbescheid oder im dazu anhängigen Widerspruchsverfahren erfolgen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist eine Aufhebung nur nach den Vorschriften des SGB X möglich.
Rentenbescheide in diesem Sinne sind auch Ablehnungsbescheide zur beantragten Rente, wenn die Ablehnung aus versicherungs- oder wartezeitrechtlichen Gründen erfolgt. Das bedeutet, dass erforderliche Aufhebungsentscheidungen zum Beispiel auch dann zu treffen sind, wenn der Rentenanspruch mangels Wartezeiterfüllung nicht gegeben ist. Dagegen besteht in den Fällen, in denen eine Rente allein aus medizinischen Gründen abgelehnt wird (beispielsweise bei einer Rente wegen Erwerbsminderung), keine Notwendigkeit zur Aufhebung von Vormerkungsentscheidungen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass ein solcher Rentenablehnungsbescheid keine bindenden Feststellungen zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen trifft.
Hinsichtlich der Aufhebung von Tatbeständen schulischer Ausbildungsanrechnungszeiten, die über der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstdauer liegen, gilt gestützt auf das Urteil des BSG vom 18.10.2005, AZ: B 4 RA 43/03 R Folgendes:
§ 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI regelt im letzten Halbsatz nicht den Tatbestand, sondern die Anrechnungsvoraussetzungen von schulischen Ausbildungsanrechnungszeiten. Die darin genannte Höchstdauer stellt eine Anrechnungs- und Bewertungsvoraussetzung dar, die erst mit Eintritt des Leistungsfalls beachtlich wird. Daraus folgt, dass eine Aufhebungsentscheidung über die die Höchstdauer überschreitenden schulischen Ausbildungsanrechnungszeiten erst bei Erteilung des Rentenbescheides zu treffen ist.
Rechtsbehelfe
Da der Feststellungsbescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI verbindliche Regelungen trifft, ist der Widerspruch dagegen zulässig.
Richtet sich der Widerspruch gegen früher mit einem Feststellungsbescheid bindend festgestellte Versicherungsdaten, sind diese Einwände als Überprüfungsantrag auszulegen.
RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016) |
Inkrafttreten: 01.07.2019 Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/4668 |
In Absatz 2 wurden in Satz 5 die Worte „die Gleitzone“ durch die Worte „den Übergangsbereich“ ersetzt (Artikel 1 Nummer 7 des Gesetzes über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung). Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung zur begrifflichen Anpassung zum „Übergangsbereich“ (§ 20 Absatz 2 SGB IV).
Zweites Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) |
Inkrafttreten: 01.04.2003 Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 15/26 |
In Absatz 2 wurde in Satz 3 nach der Angabe von ‘§ 8 Abs. 1 Nr. 1’ die Angabe ‘oder § 8a’ eingefügt. Ferner wurden die Sätze 4 und 5 angefügt (Art. 4 des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt). Es handelt sich um eine Folgeregelung zur Einführung versicherungsfreier Beschäftigungen im haushaltsnahen Bereich. In den Fällen, in denen der Rentenversicherungsträger feststellt, dass durch Zusammenrechnung eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, wird er verpflichtet, die zuständige Einzugsstelle darüber zu unterrichten.
Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.03.1999 (BGBl. I S. 388) |
Inkrafttreten: 01.04.1999 Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 14/280 und 14/441 |
In Absatz 1 Satz 3 wurden vor dem Wort ‘Prüfungen’ die Worte ‘die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und für’ eingefügt. Dem Absatz 2 wurde Satz 3 angefügt (Art. 4 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse).
1. SGB III-ÄndG vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) |
Inkrafttreten: 01.01.1998 Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 13/8012; 13/8653 und 13/8994 |
Absatz 5 Satz 2 wurde eingefügt (Art. 5 des Ersten SGB III-Änderungsgesetz - 1. SGB III-ÄndG).
3. SGBÄndG vom 30.06.1995 (BGBl. I S. 890) |
Inkrafttreten: 01.01.1996 Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 13/1205 und 13/1559 |
Absatz 1 Satz 3 wurde angefügt (Art. 3 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs - 3. SGBÄndG).
2. SGBÄndG vom 13.06.1994 (BGBl. I S. 1229) |
Inkrafttreten: 18.06.1994 Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 12/5187 und 12/7324 |
In Absatz 3 wurden die Worte ‘personenbezogene Daten’ durch das Wort ‘Sozialdaten’ ersetzt (Art. 4 des Zweites Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs -2. SGBÄndG).
RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) |
Inkrafttreten: 01.01.1992 Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124 |
Die Vorschrift ist in den alten Bundesländern am 01.01.1992 in Kraft getreten (Art. 85 Abs. 1 des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 1992). Sie entspricht im Wesentlichen der Vorgängervorschrift (§ 104 AVG, § 1325 RVO, § 108h RKG).
Im Beitrittsgebiet trat § 149 SGB VI bereits mit dem Wirksamwerden des Beitritts am 03.10.1990 in Kraft (Anlage I, B, Kapitel VIII, Sachgebiet H, Abschnitt III, Ziffer 1 b des Einigungsvertrages).