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§ 5 SGB IV: Einstrahlung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

10.05.2021

Änderung

Abschnitte 2, 3, 3.1 und 3.2: redaktionelle Überarbeitung unter Berücksichtigung der aktuellen 'Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer' in der Fassung vom 18.03.2020

Dokumentdaten
Stand27.04.2021
Erstellungsgrundlage in der Fassung des SGB IV vom 23.12.1976 in Kraft getreten am 01.07.1977
Rechtsgrundlage

§ 5 SGB IV

Version002.00

Inhalt der Regelung

Absatz 1 regelt, auf welche Beschäftigungen bei Entsendungen aus dem Ausland in die Bundesrepublik Deutschland die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht und Versicherungsberechtigung nicht anzuwenden sind. Nach Absatz 2 gilt dies für selbständige Tätigkeiten entsprechend.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • § 30 SGB I
    § 30 SGB I definiert den persönlichen Geltungsbereich für alle Sozialleistungsbereiches des Sozialgesetzbuches
  • § 3 SGB IV
    § 3 SGB IV definiert den persönlichen und räumlichen Geltungsbereich des SGB IV und regelt, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten.
  • § 4 SGB IV
    § 4 SGB IV regelt, in welchen Fällen auf Beschäftigungen/selbständige Tätigkeiten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt werden, abweichend von § 3 Nr. 1 SGB IV die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht anzuwenden sind.
  • § 6 SGB IV
    Nach § 6 SGB IV bleiben Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts von § 4 SGB IV unberührt und sind damit vorrangig anzuwenden.

Allgemeines

Die Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung gelten nach § 3 Nr. 1 SGB IV grundsätzlich für alle Personen, die im Geltungsbereich des SGB eine Beschäftigung tatsächlich ausüben (Beschäftigungsortprinzip beziehungsweise. Territorialitätsprinzip, siehe GRA zu § 3 SGB IV). Ausnahmen von diesem Prinzip regeln die Vorschriften über die Ausstrahlung (§ 4 SGB IV, siehe GRA zu § 4 SGB IV) und die Einstrahlung (siehe Abschnitt 3). Darüber hinaus sind abweichende Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts vorrangig zu beachten (siehe GRA zu § 6 SGB IV).

Liegen die Voraussetzungen der Einstrahlung (Entsendung im Rahmen eines bestehenden Beschäftigungsverhältnisses, zeitliche Begrenzung der Entsendung im Voraus) vor, sind die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht einheitlich für alle Zweige der Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Unfallversicherung sowie für das Recht der Arbeitsförderung) nicht anzuwenden. Auf die Staatsangehörigkeit des Arbeitnehmers, den Sitz des Arbeitgebers und den Wohnort des Arbeitnehmers kommt es hierbei nicht an.

Die Regelung des § 5 SGB IV ist auf Beschäftigungen/Tätigkeiten im Anwendungsbereich des Europarechts (VO (EG) Nr. 883/2004) oder eines bilateralen Sozialversicherungsabkommens für die vom jeweiligen Abkommen erfassten Sozialversicherungszweige grundsätzlich nicht anzuwenden, weil in diesem Fall nach § 6 SGB IV die Kollisionsnormen der Art. 11 ff. VO (EG) Nr. 883/2004 oder die entsprechenden Bestimmungen der Sozialversicherungsabkommen Vorrang genießen.

Siehe Beispiel 1

Liegt eine Entsendung nach Deutschland im Rahmen eines zweiseitigen Abkommens über Soziale Sicherheit vor, gelten für die vom Abkommen erfassten Zweige der sozialen Sicherheit die jeweiligen Bestimmungen des Abkommens. Für die vom Abkommen nicht erfassten übrigen Zweige der sozialen Sicherheit, liegt jedoch gleichzeitig Einstrahlung nach § 5 SGB IV vor.

Siehe Beispiel 2

§ 5 SGB IV findet auch Anwendung bei der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung „innerdeutscher Entsendungen“, die unter anderem für die Zuordnung von Entgeltpunkten oder Entgeltpunkten (Ost) nach § 254d SGB VI von Bedeutung sein kann (Art. 8 in Verbindung mit Anlage I, Kapitel VIII, Sachgebiet F, Abschnitt III Nr. 1 Buchst. a des Einigungsvertrags). Diese Regelung gilt solange, wie die unterschiedlichen Bezugsgrößen in der Sozialversicherung für die Rechtskreise West (alte Bundesländer) und Ost (neue Bundesländer) bestehen (bis 31.12.2024). Hierzu haben die Spitzenverbände die Gemeinsamen Grundsätze vom 12.12.1991 erlassen.

Zur Auslegung der im Rahmen der Einstrahlung (§ 5 SGB IV) verwendeten Rechtsbegriffe haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung die „Gemeinsame Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer“ (früher: Richtlinien zur Versicherungsrechtlichen Beurteilung von Arbeitnehmern bei Ausstrahlung und Einstrahlung) zur Verfügung gestellt, deren aktuelle Fassung vom 18.03.2020 in Bezug auf die Einstrahlung im Wesentlichen in den folgenden Abschnitten wiedergegeben wird.

Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz, Insolvenzgeldumlage

Sind nach § 5 Abs. 1 SGB IV die deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung/Arbeitslosenversicherung nicht anwendbar, fließen die Arbeitsentgelte dieser Arbeitnehmer nicht in die Berechnung der Insolvenzgeldumlage ein. In diesen Fällen, in denen nicht die deutschen, sondern die Rechtsvorschriften eines anderen Staats (auch Vertrags- oder Abkommensstaats) Anwendung finden, besteht für die Arbeitgeber keine Insolvenzgeldumlagepflicht.

Einstrahlung

Für einen Arbeitnehmer gelten während einer vorübergehenden Beschäftigung in Deutschland die deutschen Vorschriften über die Sozialversicherung nach § 5 Abs. 1 SGB IV nicht, wenn

  • es sich um eine Entsendung im Rahmen eines im Ausland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses handelt und
  • die Dauer der Beschäftigung in Deutschland im Voraus oder durch ihre Eigenart zeitlich begrenzt ist.

Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, liegt keine Entsendung im Sinne der Einstrahlung vor.

Eine Entsendung kann auch bei erlaubter Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland vorliegen.

Das europäische Gemeinschaftsrecht kennt als einen Ausschlusstatbestand für eine Entsendung die Ablösung eines zuvor entsandten Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004). Ein derartiges Ablöseverbot hat demgegenüber bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne der Einstrahlung nach § 5 SGB IV oder nach Maßgabe der bilateralen Sozialversicherungsabkommen grundsätzlich keine entscheidungsrelevante Bedeutung.

Fehlt eine soziale Absicherung in dem Staat, aus dem der Arbeitnehmer nach Deutschland entsendet wird, führt dies nicht dazu, dass allein aus diesem Grund eine Entsendung im Sinne der Einstrahlung nicht vorliegt.

Begriff der Entsendung

Eine Entsendung im Sinne der Einstrahlung liegt vor, wenn sich ein Beschäftigter auf Weisung seines im Ausland ansässigen Arbeitgebers vom Ausland in das Inland begibt, um hier eine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber auszuüben. Die Einstrahlung ist somit das Gegenstück zur Ausstrahlung (§ 4 SGB IV).

Siehe Beispiel 3

Zur weiteren Bedeutung der im Rahmen der Einstrahlung maßgeblichen Begriffe „Entsendung“, „Beschäftigungsverhältnis“ und „zeitliche Begrenzung im Voraus“ gelten die Ausführungen in der GRA zu § 4 SGB IV, Abschnitte 3 bis 3.4.2 entsprechend. Hinsichtlich der Ausführungen in der GRA zu § 4 SGB IV, Abschnitt 3.3 (Arbeitnehmerüberlassung) ist zu beachten, dass das Verleihunternehmen, das einen Arbeitnehmer vorübergehend in Deutschland einsetzt, über die erforderliche Verleiherlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verfügen muss. Ist dies nicht der Fall, liegt keine Entsendung im Sinne der Einstrahlung nach Deutschland vor.

Prüfung der Voraussetzungen einer Entsendung

Die Prüfung, ob die Voraussetzungen einer Entsendung und damit Einstrahlung nach § 5 SGB IV vorliegen, obliegt bei Beschäftigten nach § 28h Abs. 2 SGB IV der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse).

Die Rentenversicherungsträger sind für die Entscheidung über die Einstrahlung von Selbständigen zuständig.

Versetzung von Ordensmitgliedern aus dem außereuropäischen Ausland nach Deutschland

Bei diesem Personenkreis kann von einer Befristung ausgegangen werden, wenn zwischen dem Orden und dem Entsandten eine vertragliche Abrede getroffen worden ist, die ein bestimmtes Datum enthält, zu dem die Entsendung endet. Sofern die Dauer der Tätigkeit im Inland sachlich begrenzt ist, weil sie an eine bestimmte Amtszeit anknüpft, ist die zeitliche Begrenzung infolge der Eigenart der Beschäftigung gegeben.

Liegen die Voraussetzungen für eine Einstrahlung gemäß § 5 SGB IV nicht (mehr) vor, ist für die Dienstzeit in Deutschland deutsches Recht anzuwenden. Die betroffenen Personen sind dann entweder als Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen oder Angehörige ähnlicher Gemeinschaften während ihres Dienstes für die Gemeinschaft und während der Zeit ihrer außerschulischen Ausbildung nach § 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI versicherungspflichtig oder nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB VI in dieser Beschäftigung versicherungsfrei, wenn ihnen nach den Regeln der Gemeinschaft Anwartschaft auf die in der Gemeinschaft übliche Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist. Im Falle der Versicherungsfreiheit sind sie bei unversorgtem Ausscheiden aus der Ordensgemeinschaft für die Zeiten, in denen deutsches Recht anzuwenden ist, nachzuversichern.

Beispiel 1: Vorrangige Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Arbeitnehmer A ist pakistanischer Staatsangehöriger. Er wird von seinem in der Türkei ansässigen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt.

Arbeitnehmer B mit der Staatsangehörigkeit Ägyptens und rechtmäßigem Wohnsitz in Irland wird von seinem Arbeitgeber mit Sitz in Irland nach Deutschland entsandt.

Lösung:

Da die Zuständigkeitsregelung des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit gelten, ist diese Regelung gegenüber der Regelung in § 5 SGB IV vorrangig anzuwenden.

Für Arbeitnehmer B gilt aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 1231/2010 (sogenannte „Drittstaatsverordnung“) vorrangig vor § 5 SGB IV die Entsenderegelung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004).

Beispiel 2: Einstrahlung neben Regelungen des zwischenstaatlichen Rechts

(Beispiel zu Abschnitt 2)

Ein Unternehmen mit Sitz in Tunesien beschäftigt dort Arbeitnehmer. Arbeitnehmer E wird nach Deutschland entsandt.

Lösung:

Für Arbeitnehmer E sind hinsichtlich der Kranken-, Renten- und Unfallversicherung die Zuständigkeitsregelungen des SVA-Tunesien zu beachten.

Für die Arbeitsförderung und die Pflegeversicherung, die nicht vom sachlichen Geltungsbereich des SVA-Tunesien erfasst werden (siehe GRA zu Art. 2 SVA-Tunesien, Abschnitt 2), sind die deutschen Rechtsvorschriften nach § 5 SGB IV ebenfalls nicht anzuwenden.

Beispiel 3: Entsendung im Rahmen der Einstrahlung

(Beispiel zu Abschnitt 3.1)

Die Arbeitnehmer X und Y werden von einem Unternehmen in Kenia zeitlich befristet nach Deutschland entsandt. Der Arbeitnehmer X ist weiter für das kenianische Unternehmen beschäftigt und erhält sein Arbeitsentgelt von ihm. Ein Teil des Arbeitsentgelts wird von dem Unternehmen, bei dem der Arbeitseinsatz erfolgt, für Rechnung des kenianischen Unternehmens ausgezahlt. Der Arbeitnehmer Y wird von der Filiale in Deutschland beschäftigt und erhält sein Arbeitsentgelt in vollem Umfang von ihr. Das Arbeitsentgelt für den Arbeitnehmer Y wird von der Filiale steuerlich als Betriebsausgabe geltend gemacht.

Lösung:

Beim Arbeitnehmer X handelt es sich bei der "Lohnzahlung" durch das Unternehmen in Deutschland nur um einen finanztechnischen Vorgang. Deshalb kann selbst dann, wenn das gezahlte Teilarbeitsentgelt in der Lohnbuchhaltung wie für eigene Beschäftige ausgewiesen wird, daraus nicht auf ein Arbeitsverhältnis zum Unternehmen in Deutschland geschlossen werden. Damit liegt eine Entsendung nach Deutschland vor. Auf die Beschäftigung sind nach § 5 SGB IV die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht nicht anwendbar.

Beim Arbeitnehmer Y liegt der Schwerpunkt des Beschäftigungsverhältnisses bei der Filiale in Deutschland, so dass keine sozialversicherungsrechtliche Entsendung im Sinne der Einstrahlung vorliegt. Er unterliegt daher dem deutschen Sozialversicherungsrecht.

SGB IV vom 23.12.1976

Inkrafttreten: 01.07.1977

Quelle: Bundesgesetzblatt I 1977, S. 3845 ff.

§ 5 SGB IV wurde mit dem Sozialgesetzbuch (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 23.12.1976 eingeführt und ist mit Wirkung vom 01.07.1977 in Kraft getreten (Artikel II § 21 des Gesetzes).

Im Beitrittsgebiet ist § 5 SGB IV am 01.01.1991 in Kraft getreten (Artikel 8 in Verbindung mit Anlage I, Kapitel VIII, Sachgebiet F, Abschnitt III Nummer 1 Buchstabe o des Einigungsvertrags).

Durch das SGB IV sind Normen, die für alle Sozialversicherungszweige gemeinsam gelten und früher in verschiedenen Einzelgesetzen geregelt waren, zusammengefasst worden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 5 SGB IV