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§ 48 SGB VI: Waisenrente

Änderungsdienst
veröffentlicht am

30.12.2023

Änderung

Im Abschnitt 5.4.2 wurde der pauschale Richtwert ab dem 01.01.2024 ergänzt.

Dokumentdaten
Stand13.12.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (5. SGB IV-ÄndG) vom 15.04.2015 in Kraft getreten am 01.07.2015
Rechtsgrundlage

§ 48 SGB VI

Version007.00

Inhalt der Regelung

§ 48 SGB VI regelt die Anspruchsvoraussetzungen für die Waisenrente.

Anspruch auf Waisenrente besteht für Kinder nach dem Tod eines die allgemeine Wartezeit erfüllenden Elternteils (Absatz 1 Halbwaisenrente und Absatz 2 Vollwaisenrente).

Absatz 3 nennt die den waisenrentenberechtigten Kindern gleichgestellten und weiteren anspruchsberechtigten Personen.

Nach Absatz 4 besteht Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente längstens

  • bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder
  • bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn weitere Voraussetzungen vorliegen.

Absatz 5 besagt abschließend, unter welchen Voraussetzungen auch nach Vollendung des 27. Lebensjahres ein Anspruch auf Waisenrente bestehen kann.

Nach Absatz 6 werden Waisenrentenansprüche, die bereits vor einer Adoption entstanden sind, durch eine Adoption nicht berührt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Im Zusammenhang mit der Waisenrente sind insbesondere folgende Regelungen von Bedeutung:

  • § 92 SGB VI schränkt die Zahlung des Zuschlags zur Waisenrente (§ 78 SGB VI) der Höhe nach ein, wenn die Waise neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung Anspruch auf Waisengeld hat.
  • Trifft eine Waisenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Waisenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusammen, sind §§ 93, 266 SGB VI zu prüfen.
  • § 48 SGB VI wurde bis zum 30.06.2015 durch die Regelungen zur Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes gemäß § 97 SGB VI in der Fassung bis 30.06.2015 ergänzt.
  • § 98 SGB VI bestimmt die Reihenfolge bei der Anwendung der Berechnungsvorschriften.
  • Der Beginn der Waisenrente richtet sich nach § 99 Abs. 2 SGB VI.
  • Waisenrenten sind nach § 102 Abs. 4 SGB VI auf das Ende des Kalendermonats zu befristen, in dem der Anspruch voraussichtlich endet. Die Befristung kann verlängert werden.
  • § 304 Abs. 1 SGB VI enthält eine Regelung für Waisenrenten wegen Gebrechlichkeit, die aufgrund besonderer Vorschriften des früheren Saarrechts ohne Altersbegrenzung gezahlt werden können. § 304 Abs. 2 SGB VI wurde mit Wirkung zum 01.01.2020 neu eingefügt und regelt, wann ein Waisenrentenanspruch aufgrund der Corona-Pandemie bestehen kann.

Erfüllung der Wartezeit

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Waisenrente liegen vor, wenn

Zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit vergleiche die jeweilige GRA zu den oben aufgeführten Vorschriften.

Personenkreis der waisenrentenberechtigten Kinder

Der Personenkreis der waisenrentenberechtigten Kinder ergibt sich aus § 48 Abs. 1 und 2 SGB VI sowie § 48 Abs. 3 SGB VI.

Nach Absätzen 1 und 2 sind anspruchsberechtigt die „Kinder“ des Versicherten. Kinder in diesem Sinne sind alle Kinder, die vom bürgerlich-rechtlichen Kindbegriff im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) umfasst sind (vergleiche hierzu Abschnitt 3.1).

Absatz 3 nennt die den waisenrentenberechtigten Kindern gleichgestellten und (unter bestimmten besonderen Voraussetzungen) weiteren anspruchsberechtigten Personen (vergleiche hierzu Abschnitt 3.2).

Kinder im Sinne des BGB

Waisenrentenberechtigt nach § 48 SGB VI sind die Kinder des Versicherten. Da der Kindbegriff in § 48 SGB VI nicht definiert ist, ist hierbei auf die allgemein gültige Begriffsdefinition im Rahmen des Familienrechts im BGB zurückzugreifen.

Kinder im Sinne des BGB sind

  • leibliche Kinder - vergleiche Abschnitt 3.1.1 und
  • als Kind angenommene (adoptierte) Kinder - vergleiche Abschnitt 3.1.2.

Leibliche Kinder

Nach § 1591 BGB ist Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat.

Vater eines Kindes ist nach § 1592 BGB der Mann,

Die rechtliche Zuordnung zur Mutter ist im Regelfall unproblematisch. Nähere Erläuterungen zur Frage der Vaterschaft sind unter den Abschnitten 3.1.1.1 und 3.1.1.2 zusammengefasst.

Grundsätzlich ist die rechtliche Stellung der Waise als leibliches Kind nachgewiesen, wenn die Geburtsurkunde die versicherte Person als Elternteil ausweist und sich sonst keine gegenteiligen Tatsachen ergeben.

Die im Zeitpunkt der Geburt eines Kindes rechtlich maßgebenden Elternteile werden im Geburtenregister (bis 2008: Geburtenbuch) eingetragen. Alle späteren Änderungen (zum Beispiel Anfechtung, Anerkennung, gerichtliche Feststellung der Vaterschaft) werden zum Geburtseintrag nachgetragen, sodass ein aktueller Auszug aus dem Geburtenregister (Geburtsurkunde) immer auch die aktuell gültigen Abstammungsverhältnisse widerspiegelt. Ausnahme: Eine Vaterschaftsanerkennung beziehungsweise -feststellung in der ehemaligen DDR wurde erfahrungsgemäß nicht in jedem Fall im Geburtenbuch nachgetragen, sodass gegebenenfalls auf andere Nachweise zurückzugreifen ist.

Durch das am 01.07.1998 in Kraft getretene Kindschaftsreformgesetz vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942) wurden die früheren rechtlichen Unterschiede zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern beseitigt. Für die Anwendung des § 48 Abs. 1 und 2 SGB VI hat das neue Kindschaftsrecht grundsätzlich keine weiteren Auswirkungen, sodass eine Unterscheidung zwischen Kindern, die vor dem 01.07.1998 und die nach dem 30.06.1998 geboren sind, nicht in Betracht kommt.

Die Vaterschaft eines vor dem 03.10.1990 in der ehemaligen DDR geborenen Kindes richtet sich im Wesentlichen nach den Regelungen des Familiengesetzbuches vom 20.12.1965 (FGB; vergleiche auch Art. 234 § 7 EGBGB). Da die Frage der Abstammung hier weitgehend gleich geregelt war, wie nach dem BGB in der Fassung ab 01.07.1998, kann auf die Abschnitte 3.1.1.1 und 3.1.1.2 verwiesen werden.

Vaterschaftsvermutung im Zusammenhang mit einer Ehe

Wurde das Kind innerhalb einer Ehe geboren, gilt nach § 1592 Nr. 1 BGB eine gesetzliche Vaterschaftsvermutung. Kraft Gesetzes wird davon ausgegangen, dass der Ehemann der Mutter auch der Vater des Kindes ist. Diese Vermutung ist gerichtlich anfechtbar (§ 1599 BGB).

Die Vaterschaftsvermutung gilt auch, wenn das Kind innerhalb von 300 Tagen nach dem Tod des Mannes geboren wird. Ausnahmen können sich ergeben, sofern zwischenzeitlich eine erneute Ehe geschlossen wurde (§ 1593 BGB) oder die Vaterschaft erfolgreich angefochten wurde (§ 1599 Abs. 1 BGB).

Wird ein Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren, findet die gesetzliche Vaterschaftsvermutung des § 1592 Abs. 1 BGB keine Anwendung, soweit ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsurteils die Vaterschaft anerkennt (§ 1599 Abs. 2 BGB). Die Anerkennung kann auch bereits vor dem Scheidungsurteil erfolgen und wird in diesem Fall mit der Rechtskraft des Scheidungsurteils wirksam.

Anerkennung oder gerichtliche Feststellung der Vaterschaft

Wurde das Kind außerhalb einer Ehe geboren oder die Vaterschaftsvermutung im Sinne des § 1592 Nr. 1 BGB erfolgreich angefochten, ist Vater derjenige, der die Vaterschaft wirksam anerkannt hat (§ 1592 Nr. 2 BGB) oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist (§ 1592 Nr. 3 BGB).

Für die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft durch das Familiengericht gilt rechtstheoretisch die Vaterschaftsvermutung des § 1600d Abs. 2 BGB. Danach wird als Vater vermutet, wer der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. In der Praxis stützt sich die Vaterschaftsfeststellung jedoch in der Regel auf biostatistische Gutachten (zum Beispiel DNA-Untersuchung).

Erst das Anerkenntnis oder die gerichtliche Feststellung stellen die Vaterschaft fest (§§ 1594 Abs. 1, 1600d Abs. 4 BGB). Ein Anspruch auf Waisenrente kann folglich frühestens mit Rechtskraft dieser Feststellung geltend gemacht beziehungsweise bewilligt werden. Die Zahlung kann jedoch dann unter Beachtung von § 99 Abs. 2 SGB VI rückwirkend erfolgen, wobei die Hemmungswirkung des Vaterschafts-Feststellungsprozesses zu berücksichtigen ist (vergleiche GRA zu § 99 SGB VI, Abschnitt 3.3.4).

Bei Zweifeln an der Vaterschaft im Fall der Vaterschaftsanerkennung kann es sich anbieten, eine nach der Anerkennung ausgestellte Geburtsurkunde zu verlangen, da der Standesbeamte bei der Eintragung in das Geburtenregister prüft, ob die Vaterschaft wirksam anerkannt wurde.

Adoptivkinder

Die Annahme als Kind erfolgt auf Antrag des Annehmenden. Sie wird durch das Familiengericht (bis 31.08.2009 Vormundschaftsgericht) ausgesprochen (§ 1752 BGB). Für die Annahme ist die Einwilligung des Kindes selbst beziehungsweise die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters erforderlich, sofern das Kind noch nicht 14 Jahre alt ist. Ehegatten können ein Kind gemeinsam annehmen, sodass das Kind den Status eines „gemeinsamen Kindes“ erlangt. Erfolgt die Annahme durch einen Ehegatten allein, ist das angenommene Kind im Verhältnis zum anderen Ehegatten Stiefkind.

Mit § 9 Abs. 7 LPartG (Lebenspartnerschaftsgesetzes) in der durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 (BGBl. I S. 3396) geänderten Fassung ist seit dem 01.01.2005 die Adoption eines in eine Eingetragene Lebenspartnerschaft eingebrachten Kindes des Lebenspartners möglich (sogenannte Stiefkindadoption). Ist eine derartige Adoption erfolgt, hat das Kind den Status eines gemeinschaftlichen Kindes der Lebenspartner (§ 9 Abs. 7 LPartG in Verbindung mit § 1754 Abs. 1 BGB). Wurde eine Adoption nicht vorgenommen, vergleiche Erläuterungen zum Stiefkind in Abschnitt 3.2.1.

Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption durch Lebenspartner wurde zum 27.06.2014 (BGBl I S. 786) durch eine Änderung des § 9 Abs. 7 S. 2 LPartG auch für Eingetragene Lebenspartnerschaften die Möglichkeit geschaffen, ein bereits vom Lebenspartner adoptiertes Kind durch Adoption anzunehmen (sogenannte Sukzessivadoption). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Lebenspartnerschaft im Zeitpunkt der ersten (Einzel-)Adoption bereits bestand oder erst nach dieser Adoption begründet wurde.

Ein von einem oder beiden Ehegatten oder Partnern einer ausländischen gleichgeschlechtlichen Ehe beziehungsweise gleichgeschlechtlichen registrierten Lebenspartnerschaft adoptiertes Kind hat nach § 48 SGB VI Anspruch auf Halb- beziehungsweise Vollwaisenrente aus der Versicherung des beziehungsweise der verstorbenen Elternteile (AGZWSR 1/2005, TOP 14).

Der Anspruch auf Waisenrente setzt grundsätzlich das Bestehen eines familienrechtlichen Verhältnisses zwischen dem Kind und dem Versicherten voraus. Für den Anspruch auf Waisenrente sind daher die familienrechtlichen Beziehungen des Kindes zum verstorbenen Versicherten im Zeitpunkt des Todes maßgebend. Es ist in diesem Zusammenhang zu unterscheiden, ob der Tod des Versicherten vor oder nach der Adoption eingetreten ist. Waisenrentenansprüche, die bereits vor der Adoption entstanden sind, werden durch eine Adoption nicht berührt (vergleiche Abschnitt 7).

Die familienrechtlichen Verhältnisse des Kindes sowohl zum Annehmenden als auch zu den leiblichen Elternteilen werden durch die Adoption wesentlich gestaltet. Dabei ist zwischen der Adoption Minderjähriger und der Adoption Volljähriger zu unterscheiden.

  • Adoption Minderjähriger
    Nimmt ein Ehepaar ein Kind an oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten oder ein eingetragener Lebenspartner ein Kind des anderen eingetragenen Lebenspartners an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines gemeinschaftlichen Kindes; in anderen Fällen erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines Kindes des Annehmenden (§ 1754 BGB). Die Annahme hat zur Folge, dass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den leiblichen Elternteilen erlischt (§ 1755 BGB). Wird somit ein minderjähriges Kind adoptiert, besteht aus der Versicherung der leiblichen Elternteile kein Anspruch auf Waisenrente. Zum Zeitpunkt der Adoption bereits bestehende Waisenrentenansprüche aus der Versicherung der leiblichen Elternteile bleiben jedoch unberührt (§ 48 Abs. 6 SGB VI - vergleiche Abschnitt 7).
  • Adoption Volljähriger
    Durch die Adoption Volljähriger wird das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu den leiblichen Elternteilen nicht berührt (§ 1770 Abs. 2 BGB), das heißt es kann auch noch nach der Adoption ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung der leiblichen Elternteile begründet werden.
    Ausnahme:
    Wird bei der Annahme eines Volljährigen gemäß § 1772 BGB bestimmt, dass die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger gelten sollen, kann nach der Adoption kein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung der leiblichen Eltern begründet werden.

Der Beginn des Annahmeverhältnisses bei Adoptionen ab dem 01.01.1977 bestimmt sich auf den Zeitpunkt, zu dem der Beschluss des zuständigen Familiengerichts (bis 31.08.2009: Vormundschaftsgericht) über die Annahme als Kind rechtswirksam wird (§ 1752 BGB). Der Beschluss wird rechtswirksam mit Zustellung an den Annehmenden (§ 197 Abs. 2 FamFG). Der erforderliche Nachweis über die Begründung des Annahmeverhältnisses ist gegebenenfalls durch Vorlage des rechtswirksamen Gerichtsbeschlusses zu führen.

Das Annahmeverhältnis kann unabhängig davon, nach welchem Recht die Adoption erfolgte, unter besonderen Voraussetzungen (§§ 1760 ff. BGB) durch das zuständige Familiengericht aufgehoben werden. Die Aufhebung wirkt nur für die Zukunft. Mit der Aufhebung erlischt das durch die Annahme begründete Verwandtschaftsverhältnis. Gleichzeitig lebt das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Elternteilen wieder auf. Die Aufhebung des Annahmeverhältnisses ist durch Vorlage des rechtswirksamen Gerichtsbeschlusses nachzuweisen.

Sonstige waisenrentenberechtigte Personen

Sonstige waisenrentenberechtigte Personen sind nach Absatz 3 die Stiefkinder (vergleiche Abschnitt 3.2.1), die Pflegekinder (vergleiche Abschnitt 3.2.2), sofern sie in den Haushalt des Verstorbenen aufgenommen waren und die Enkel und Geschwister (vergleiche Abschnitt 3.2.3), sofern sie in den Haushalt des Verstorbenen aufgenommen waren oder überwiegend von ihm unterhalten wurden.

Unter „Haushaltsaufnahme“ ist mehr zu verstehen, als lediglich eine äußere tatsächliche Einbeziehung. Haushaltsaufnahme bedeutet vielmehr ein auf längere Dauer gerichtetes Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art. Hierzu gehört die Versorgung, Erziehung und Beaufsichtigung des Kindes. Es kommt jede Art von Fürsorge in Betracht. Nicht erforderlich ist dagegen, dass das Kind tatsächlich ständig in einer Wohnung mit dem verstorbenen Versicherten gelebt hat. Bei vorübergehendem auswärtigen Aufenthalt (zum Beispiel Schulbesuch, Berufsausbildung) kann die einmal begründete Haushaltsaufnahme als fortbestehend angesehen werden, wenn beabsichtigt war, die tatsächliche Haushaltsgemeinschaft später fortzusetzen und das Betreuungs- und Erziehungsverhältnis daher ungeachtet fortbestanden hat.

Das BSG hat für die Beurteilung der Haushaltsaufnahme in ständiger Rechtsprechung Hilfskriterien entwickelt (vergleiche unter anderem BSG vom 22.04.1992, AZ: 5 RJ 28/91). Danach ist die Haushaltsaufnahme gekennzeichnet als Schnittstelle von

  • Merkmalen örtlicher Art (Familienwohnung; Nachweis zum Beispiel durch Meldebescheinigung),
  • Merkmalen materieller Art (Unterhalt in Form von Bar- und Betreuungsunterhalt) und
  • Merkmalen immaterieller Art (Zuwendung von Fürsorge, Begründung eines familienhaften Bandes).

Für die Aufnahme in den Haushalt des Versicherten (Großelternteil, Geschwister) ist es nicht erforderlich, dass das Kind aus dem Haushalt der Eltern völlig ausgeschieden ist. Der Begriff „Haushaltsaufnahme“ ist auch dann erfüllt, wenn der Versicherte neben der Wohnungsgewährung und Zuwendung von Fürsorge nicht unerheblich materiellen Unterhalt gewährt hat (vergleiche Urteil des BSG vom 22.04.1992, AZ: 5 RJ 28/91, SozR 3-2200 § 1267 Nr. 2). Die Intensität des Kontaktes zwischen den leiblichen Eltern und dem Kind ist dann unerheblich.

Für die Gewährung von nicht unerheblichem Unterhalt ist es ausreichend, wenn der verstorbene Versicherte etwa ein Viertel des notwendigen Betreuungsunterhalts geleistet hat. Da Barunterhalt und Betreuungsunterhalt wertmäßig gleich zu bewerten sind, reicht es auch aus, wenn der Versicherte statt des Betreuungsunterhalts etwa ein Viertel des notwendigen Barunterhalts geleistet hat. Zur Bestimmung der Beträge gelten die Erläuterungen zum „überwiegenden Unterhalt“.

Die Haushaltsaufnahme ist aufgehoben, wenn die Familiengemeinschaft auf längere Dauer verlassen wird und damit das Betreuungs- und Erziehungsverhältnis endet. Das ist zum Beispiel bei Heirat des Kindes, Heimunterbringung oder Fürsorgeerziehung des Kindes oder dem Antritt einer längeren Freiheitsstrafe der Fall. Allerdings ist hier auf die Gegebenheiten des Einzelfalles abzustellen.

War das Kind zwar bei Tod des Versicherten in einem Heim untergebracht, die Personensorge über das Kind dem Jugendamt aber vorläufig befristet, bis auf Weiteres übertragen oder dem Versicherten nur teilweise entzogen, ist eine Haushaltsaufnahme im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB VI zum Beispiel nicht von vornherein ausgeschlossen (Urteil des BSG vom 08.07.1998, AZ: B 13 RJ 97/97 R, SozR 3-2200 § 1367 Nr. 6). Im Falle einer teilweisen Entziehung der Personensorge (§ 1666a Abs. 2 BGB) ist im Einzelfall zunächst festzustellen, auf welche Bereiche sich diese teilweise Entziehung begründet. Im Anschluss daran ist zu prüfen, ob und inwieweit beziehungsweise in welchem Umfang der Versicherte noch in der Lage oder Willens war, seinen erzieherischen Einfluss auf das Kind geltend zu machen. Machte der Versicherte zu Lebzeiten keinen weiteren Gebrauch von seinem verbliebenen Sorgerecht, lag im Zeitpunkt des Todes keine Haushaltsaufnahme mehr vor.

Entsprechendes gilt, wenn das Kind mit Zustimmung des Versicherten in eine Heimerziehung gegeben wurde. Auch hier kann nicht zwangsläufig von einer dauerhaften Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft ausgegangen werden, zumindest dann nicht, wenn der Versicherte tatsächlich Willens und in der Lage war, von seinem Sorgerecht Gebrauch zu machen und gegenüber dem Jugendamt nichts anderes erklärt hatte, seitens des Versicherten der Wille zur Wiederaufnahme des Kindes bestand und/oder er für die Kosten der Heimunterbringung aufkam. Nach der Rechtsprechung des BSG wird die auf Dauer angelegte und vollzogene Haushaltsaufnahme im Einzelfall auch dann nicht beendet, wenn die räumliche Trennung durch einen Schicksalsschlag und ohne Willen des Versicherten oder des Kindes erfolgt (zum Beispiel Krankenhausaufenthalt des Versicherten bis zum Tod, vergleiche BSG vom 30.08.2001, AZ: B 4 RA 109/00 R).

Lag im Zeitpunkt des Todes bei Enkeln und Geschwistern eine Haushaltsaufnahme nicht vor, kann dennoch ein Anspruch bestehen, wenn diese vom Verstorbenen überwiegend unterhalten wurden.

Zur Feststellung des "überwiegenden Unterhalts“ ist auf den tatsächlichen Unterhaltsaufwand abzustellen. Zum Unterhaltsbedarf des Kindes gehört neben dem geldlichen Bedarf für Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnung unter anderem auch die Betreuungsleistung (Erziehung und Pflege). Ein genau bezifferbarer Wert der tatsächlichen Unterhaltskosten wird sich allerdings oftmals nicht ermitteln lassen. Pauschalierend ist deshalb auf den gesetzlichen Mindestunterhalt nach § 1612a BGB (in der Fassung ab 01.01.2008) zurückzugreifen. Der Mindestunterhalt ist seit dem 01.01.2008 für das gesamte Bundesgebiet in gleicher Höhe festgelegt. Er berechnet sich nach einem vom Alter des Kindes abhängigen Prozentsatz aus dem doppelten Kinderfreibetrag des EStG. Die entsprechenden Beträge ergeben sich aus der ersten Zeile der sogenannten „Düsseldorfer Tabelle“. Bis zum 31.12.2007 legte die Regelbetragsverordnung unterschiedliche Werte für die Alten und Neuen Bundesländer fest (die Werte waren ebenfalls in der Düsseldorfer Tabelle und für das Beitrittsgebiet in der sog. Berliner Tabelle zu finden). Mit Rücksicht auf die zu bewertende Betreuungsleistung ist dabei von den doppelten Monatsbeträgen auszugehen. Der Versicherte hat das Kind dann überwiegend unterhalten, wenn er mehr als die Hälfte des Unterhalts aufgebracht hat.

Stiefkinder

Waisenrentenberechtigt sind die Stiefkinder des Versicherten im Sinne des § 56 Abs. 2 Nr. 1 SGB I, die dieser im Zeitpunkt des Todes in seinen Haushalt aufgenommen hatte. Zur Haushaltsaufnahme vergleiche Abschnitt 3.2.

Eine gesetzliche Definition des Begriffs „Stiefkind“ gibt es nicht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind Stiefkinder die Kinder des anderen Ehegatten, die dieser in die Ehe mit dem Versicherten eingebracht hat.

Stiefkind im Sinne des § 48 SGB VI ist auch ein in der Ehe geborenes Kind, welches damit (zunächst) kraft Gesetzes (§ 1592 Abs. 1 BGB) Kind des Ehemannes ist, für das sich zu einem späteren Zeitpunkt aber die Vaterschaft eines anderen Mannes ergibt (sogenanntes „Kuckuckskind“).

Der Status als Stiefkind wird durch die Auflösung der Ehe nicht beseitigt (vergleiche hierzu Urteil des BSG vom 25.07.1963, AZ: 4 RJ 423/61, SozR Nr. 9 zu § 1262 RVO). Auch ist es unbeachtlich, ob das Stiefkind im Zeitpunkt des Todes des Stiefelternteils das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

Zu den Stiefkindern gehören durch die umfassende Angleichung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft an die Ehe zum 01.01.2005 auch die vom Lebenspartner mit in die Eingetragene Lebenspartnerschaft eingebrachten Kinder. Diese haben - sofern die nach § 9 Abs. 7 LPartG (Lebenspartnerschaftsgesetz) mögliche Adoption nicht erfolgt ist - für Anspruchszeiträume ab 01.01.2005 den Status eines Stiefkindes. Ist der Tod vor dem 01.01.2005 eingetreten, sind die Lebensverhältnisse zum Zeitpunkt des Todes unter Beachtung der ab 01.01.2005 geltenden weitgehenden Angleichung neu zu betrachten.

Siehe Beispiel 16

Das Kind eines „andersgeschlechtlichen“ Lebensgefährten (eheähnliche Lebensgemeinschaft) ist jedoch mangels formeller Eheschließung kein Stiefkind (vergleiche auch BSG vom 21.10.1998, AZ: B 9 VG 1/97 R).

Pflegekinder

Waisenrentenberechtigt sind die Pflegekinder des Versicherten im Sinne des § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I, die dieser im Zeitpunkt des Todes in seinen Haushalt aufgenommen hatte. Zur Haushaltsaufnahme vergleiche Abschnitt 3.2.

Nach § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I sind Pflegekinder Personen, die mit dem Berechtigten durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis in häuslicher Gemeinschaft wie Kinder mit Eltern verbunden sind. Eine „für alle Zeiten geltende Bindung“ ist hierbei nicht erforderlich. Ebenso ist nicht Voraussetzung, dass der verstorbene Versicherte auch zu den Unterhaltskosten des Kindes beigetragen oder die Personensorge über das Kind ausgeübt hat. Maßgebend ist vielmehr, dass ein familiäres Verhältnis entsprechend oder zumindest ähnlich einem solchen zwischen leiblichen Eltern und Kind vorlag. Da dieses regelmäßig durch Obhut und Fürsorge, also Beaufsichtigung, Betreuung, Versorgung und Erziehung im Rahmen der Familie geprägt ist, kommt ein solches bei privater oder offizieller Kinderbetreuung - zum Beispiel von Tagesmüttern oder Betreibern privater Pflege-/Betreuungseinrichtungen - nicht in Betracht.

Um annähernd einem Eltern-Kind-Verhältnis gerecht zu werden, muss zwischen dem Pflegeelternteil und dem Pflegekind ein ausreichend großer Altersabstand gegeben sein, da ohne diesen ein Autoritätsverhältnis, wie es üblicherweise zu Eltern besteht, nicht denkbar ist (vergleiche Urteil des BSG vom 14.11.1961, AZ: 11 RV 20/61, BSG 15, 239, 242). Bei erwachsenen (Pflege-)Kindern, die im Zeitpunkt der Aufnahme in den Haushalt das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatten, liegt ein Pflegekindschaftsverhältnis regelmäßig nicht vor; im Einzelfall kann jedoch ein solches vorliegen, wenn das „Kind“ körperlich oder geistig behindert ist. Leben die Pflegeeltern mit dem Pflegekind im gleichen Haushalt oder Haus mit den leiblichen Eltern, ist ein Pflegekindschaftsverhältnis regelmäßig zu verneinen. Hier kann in der Regel nicht davon ausgegangen werden, dass das Kind aus den familienhaften Banden der leiblichen Eltern ausgeschieden ist. Ein Ausscheiden aus dem Haushalt der leiblichen Eltern ist grundsätzlich aber erforderlich (vergleiche entsprechend Urteile des BSG vom 25.04.1963, AZ: 4 RJ 341/61, BSG 19, 106, 107, BSG vom 30.06.1966, AZ: 12 RJ 116/66, SozR Nr. 24 zu § 1267 RVO, und BSG vom 11.07.1972, AZ: 5 RJ 392/71, SozR Nr. 30 zu § 1262 RVO). Daher kann sich ein Pflegekindschaftsverhältnis im Allgemeinen auch nicht zum Kind eines Lebensgefährten eines Elternteils in einer „eheähnlichen Lebensgemeinschaft“ ergeben (vergleiche auch BSG vom 21.10.1998, AZ: B 9 VG 1/97 R). Hier könnte ein Pflegekindschaftsverhältnis nur vorliegen, sofern

  • die leibliche Mutter oder der leibliche Vater nicht mehr mit im gemeinsamen Haushalt des Lebenspartners lebte oder
  • sich der jeweilige Elternteil aus Krankheitsgründen nicht selbst um das Kind kümmern konnte.

Das Pflegekindschaftsverhältnis muss zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten und mit erkennbarer Absicht, die gemeinsame Lebensführung auf längere Zeit aufrechtzuerhalten, bestanden haben. Dabei ist es für den Anspruch auf Waisenrente unerheblich, ob das Pflegekind im Zeitpunkt des Todes des Pflegeelternteils das 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte. War das Kind Pflegekind im oben angeführten Sinne, so ist es für den erworbenen Waisenrentenanspruch darüber hinaus unbeachtlich, wer das Kind nach dem Tod des Versicherten in seinen Haushalt aufnimmt.

Nicht erforderlich ist, dass es sich bei der Pflegemutter oder dem Pflegevater um eine verheiratete Person handelt, sodass ein Pflegekind auch von einer Einzelperson aufgenommen werden kann.

Ein Pflegekindschaftsverhältnis kann grundsätzlich nur bei einem gemeinsamen Wohnsitz des Kindes mit der Pflegeperson sowie einem getrennten Wohnsitz von den gegebenenfalls noch lebenden leiblichen Eltern vorliegen. Dies ist entsprechend nachzuweisen (zum Beispiel durch Meldebescheinigungen). Ein Anhaltspunkt für ein Pflegekindschaftsverhältnis kann die Tatsache sein, dass der Verstorbene das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz erhalten hat.

Enkel und Geschwister

Waisenrentenberechtigt sind die Enkel und Geschwister des Versicherten, die dieser in seinen Haushalt aufgenommen oder überwiegend unterhalten hat. Mindestens eine dieser Voraussetzungen muss im Zeitpunkt des Todes des Versicherten gegeben gewesen sein. Zur Haushaltsaufnahme und zum überwiegenden Unterhalt vergleiche Abschnitt 3.2. Geschwister sind Personen, die wenigstens einen gemeinsamen Elternteil haben; hierunter fallen auch Halb- und Stiefgeschwister.

Enkel eines Versicherten ist, wer als Kind im Sinne des BGB im zweiten Grad in absteigender Linie mit dem Versicherten verwandt ist. Auch adoptierte Kinder sind Enkelkinder der Eltern der Adoptiveltern, wenn sie bei der Adoption noch minderjährig waren oder die Vorschriften über die Annahme Minderjähriger galten.

Keine Enkel im Sinne des § 48 Abs. 3 Nr. 2 SGB VI sind die Stiefenkel und Urenkel. Sie gehören demzufolge auch nicht zum waisenrentenberechtigten Personenkreis, es sei denn, sie erfüllen in ihrer Person die Voraussetzungen für ein Pflegekindschaftsverhältnis.

Bei Enkeln und Geschwistern ist die familienrechtliche Beziehung des Kindes zum Verstorbenen nachzuweisen. Außerdem sind Nachweise dafür zu erbringen, dass das Kind zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten in dessen Haushalt aufgenommen war (vergleiche dazu Abschnitt 3.2) oder von ihm überwiegend unterhalten wurde. Ein Anhaltspunkt dafür ist zum Beispiel, dass der Verstorbene das Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz erhalten hat.

Status Halb- oder Vollwaise

Die Begriffe Halbwaise - Vollwaise ergeben sich aus Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 Nummer 1. Der Anspruch auf Halbwaisenrente oder auf Vollwaisenrente beurteilt sich danach, ob das Kind noch einen unterhaltsverpflichteten Elternteil hat:

Anspruch auf Halbwaisenrente besteht, wenn noch ein Elternteil vorhanden ist, der unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse unterhaltspflichtig ist.

Eine Vollwaisenrente ist zu leisten, wenn das Kind keinen unterhaltspflichtigen Elternteil mehr hat.

Bei der Feststellung, ob noch ein unterhaltsverpflichteter Elternteil vorhanden ist, kommt es nach der gesetzlichen Regelung (”unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse”) allein auf die Unterhaltspflicht dem Grunde nach an. Ob der Elternteil unterhaltsfähig und das Kind unterhaltsberechtigt ist und somit tatsächlich ein Unterhaltsanspruch besteht, ist unerheblich. Als dem Grunde nach unterhaltspflichtige Elternteile kommen nur Eltern nach den Abstammungsregelungen des BGB (vergleiche Abschnitt 3.1.1) und Adoptiveltern (vergleiche Abschnitt 3.1.2) in Betracht.

Weder Stief- noch Großeltern - selbst wenn diese dem Kind tatsächlich Unterhalt leisten - sind hierbei als Elternteil zu berücksichtigen. Zu unterscheiden ist zwischen der Anspruchsberechtigung gemäß § 48 Abs. 3 SGB VI einerseits und dem Status Halbwaise/Vollwaise gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Nr. 1 SGB VI andererseits.

Am Beispiel eines Kindes, das in dem Haushalt der Stiefmutter lebt, verdeutlicht, bedeutet das:

  • Leben die leiblichen Eltern noch, kann das Kind bei Tod der Stiefmutter und Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen eine Halbwaisenrente beanspruchen. Auch nach dem (weiteren) Tod eines leiblichen Elternteils besteht - solange noch mindestens ein Elternteil lebt - „nur“ ein Anspruch auf Halbwaisenrente.
  • Leben beide leiblichen Eltern nicht mehr, hat das Kind selbst dann Anspruch auf Vollwaisenrente, wenn die Stiefmutter es tatsächlich unterhält (vergleiche Urteil des BSG vom 26.04.1968, AZ: 12 RJ 180/65, SozR Nr. 5 zu § 1269 RVO). Verstirbt auch die Stiefmutter, kann sich durch § 66 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI eine höhere Vollwaisenrente ergeben.
  • Hat noch kein entsprechender Anspruch bestanden, ist ein solcher erstmals festzustellen.

Für die Feststellung, ob ein Kind Halb- oder Vollwaise ist, gelten im Einzelnen die Ausführungen in den folgenden Abschnitten 4.1 bis 4.3:

Status Voll-/Halbwaise im Zusammenhang mit Fragen der Vaterschaft

Hat das Kind im juristischen Sinne zwei Elternteile (Mutter und Vater; §§ 1591, 1592 BGB; vergleiche dazu auch Abschnitt 3.1.1), weil

  • die Eltern im Zeitpunkt der Geburt miteinander verheiratet waren und die Vaterschaft des Ehemannes nicht angefochten wurde oder
  • das Kind innerhalb von 300 Tagen (oder einer entsprechend längeren Empfängniszeit) nach dem Tod des Ehemannes geboren wurde oder
  • die Vaterschaft eines nicht mit der Mutter verheirateten Mannes wirksam anerkannt oder gerichtlich festgestellt wurde

so ist das Kind Halbwaise, wenn jeweils Vater oder Mutter verstorben ist. Dies gilt bei Tod der Mutter auch dann, wenn der Aufenthalt des Vaters unbekannt ist; vergleiche Urteil des BSG vom 15.03.1988, AZ: 4/11a RA 50/87, SozR 2200 § 1269 Nr. 4. Das Kind ist Vollwaise, wenn Vater und Mutter verstorben sind. Wird die Vaterschaft des Ehemannes im Nachhinein wirksam angefochten, ist ein einmal erteilter Halbwaisenrentenbescheid nach den Korrekturvorschriften des SGB X zu beurteilen.

Hat das Kind im juristischen Sinne nur einen Elternteil (nur Mutter), weil

  • es außerhalb einer Ehe geboren wurde und eine Vaterschaft weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt wurde oder
  • es zwar innerhalb einer Ehe geboren wurde, die Vaterschaft des Ehemannes aber wirksam angefochten wurde und für keinen anderen Mann die Vaterschaft anerkannt oder gerichtlich festgestellt wurde,

so ist das Kind nach dem Tode der Mutter Vollwaise, vergleiche Urteil des BSG vom 23.07.1959, AZ: 3 RJ 224/58, BSGE 10, 189, und BSG vom 29.02.1968, AZ: 4 RJ 287/67, SozR 2200 Nr. 4 zu § 1269 RVO. Bei nachträglicher Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft entfällt der Status als Vollwaise. Der Bescheid über die Bewilligung der Vollwaisenrente ist gegebenenfalls nach den Korrekturvorschriften des SGB X zu beurteilen.

Adoptivkinder

Bei Adoptivkindern kommt es für die Feststellung, ob ein Kind Halb- oder Vollwaise ist, darauf an, ob die Annahme als Minderjähriger oder als Volljähriger erfolgte.

Ein Kind, das als minderjähriges Kind adoptiert wurde, ist Halbwaise, solange noch ein Adoptivelternteil lebt. Es ist Vollwaise, wenn kein Adoptivelternteil mehr lebt. In beiden Fällen kommt es nicht darauf an, ob leibliche Eltern noch vorhanden sind.

Ein Kind, das bei der Adoption volljährig war, ist nur dann Vollwaise, wenn neben den Adoptiveltern auch die leiblichen Eltern verstorben sind.

Ausnahme:

Nach § 1772 BGB ist die Adoption eines Volljährigen mit den Rechtsfolgen einer Adoption eines Minderjährigen möglich. In diesem Fall ist das Kind Vollwaise, wenn die Adoptiveltern - unabhängig davon, ob leibliche Eltern noch vorhanden sind - verstorben sind.

Zur nachfolgenden Adoption einer Waise vergleiche Abschnitt 7.

Heirat der Waise

Der Status „Halbwaise“ oder „Vollwaise“ bleibt von der Heirat einer Waise unberührt. Auch wenn sich hierdurch die unterhaltsrechtlichen Beziehungen verändern, ist ein Anspruch auf Waisenrente bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen nach der Heirat der Waise weiterhin gegeben.

Die sogenannte Heiratsklausel in § 44 Abs. 1 S. 2 AVG/§ 1267 Abs. 1 S. 2 RVO hatte das BVerfG mit Beschluss vom 27.05.1970 für verfassungswidrig erklärt (BVerfG vom 27.05.1970, AZ: 1 BvL 22/63).

Anspruch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres

Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres (der Anspruch auf Waisenrente bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ist nicht von der Erfüllung weiterer Voraussetzungen abhängig) und darüber hinaus bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn die Waise

  • sich in Schulausbildung oder Berufsausbildung befindet (vergleiche hierzu Abschnitt 5.1) oder
  • sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines maßgebenden freiwilligen Dienstes liegt (vergleiche Abschnitt 5.2) oder
  • einen freiwilligen Dienst im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG leistet (vergleiche hierzu Abschnitt 5.3) oder
  • wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (vergleiche hierzu Abschnitt 5.4).

Erfolgt die Einberufung der Waise zum Grundwehrdienst/Zivildienst aufgrund freiwilliger Meldung beziehungsweise beginnt der ab 01.07.2011 mögliche freiwillige Wehrdienst als Probezeit (vergleiche hierzu Abschnitt 6.3) bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres, steht die Dienstleistung bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen dem Anspruch auf Waisenrente bis zum Ablauf des Monats, in dem die Waise das 18. Lebensjahr vollendet, nicht entgegen. Zum Verlängerungstatbestand im Sinne des § 48 Abs. 5 SGB VI vergleiche Abschnitt 6.1.

Zum Anspruch auf Waisenrente nach Vollendung des 27. Lebensjahres vergleiche Abschnitt 6.

Ausbildung

Unter Ausbildung im Sinne des § 48 SGB VI ist die planmäßige und zielgerichtete Vermittlung von Allgemeinbildung und beruflich verwertbaren Kenntnissen und Fertigkeiten an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen und Hochschulen, im Rahmen einer Berufsausbildung und in weiteren vergleichbaren Maßnahmen zu verstehen.

Eine anspruchsbegründende Schul- oder Berufsausbildung liegt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 48 Abs. 4 S. 2 SGB VI nur vor, wenn die Ausbildung einen tatsächlichen zeitlichen Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Stunden erfordert. Das gilt auch für Ausbildungen mit besonderer Ausbildungsgestaltung - zum Beispiel Abendunterricht, Teilzeitunterricht - (vergleiche auch Urteil des BSG vom 23.08.1989, AZ: 10 RKg 5/86, SozR 5870 § 2 Nr. 64). Das Erfordernis „wöchentlich mehr als 20 Zeitstunden“ macht es gegebenenfalls erforderlich, Unterrichtsstunden oder andere Angaben zum Zeitaufwand umzurechnen, sofern diese keiner Zeitstunde entsprechen. Dabei gilt:

  • Eine Unterrichtsstunde entspricht in der Regel 45 Minuten.
  • Eine Semesterwochenstunde (SWS) entspricht einer Vorlesungszeit von 45 Minuten pro Woche (ohne häuslichen Aufwand).
  • Ein ECTS-Leistungspunkt (Creditpoint) entspricht einem Arbeitsaufwand von 25 bis 30 Zeitstunden (einschließlich Vorlesungen, Vor-/Nacharbeiten, Hausarbeiten, Prüfungsvorbereitung et cetera).

Neben der eigentlichen Ausbildungszeit sind für die erforderlichen „mehr als 20 Zeitstunden wöchentlich“ auch die objektiv erforderliche häusliche Vorbereitungszeit und der Zeitaufwand für die Wege zur Ausbildungsstätte zu berücksichtigen. Eine Ausbildung liegt nicht vor, wenn ihr zeitlicher Aufwand (Ausbildungszeit, häusliche Vorbereitungszeit, Wegezeit) wöchentlich 20 Zeitstunden oder weniger beträgt. Als Wegezeit ist im Regelfall die erforderliche Zeit für die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel anzusehen. Bestehen Zweifel an den Angaben der Waise, kann gegebenenfalls auch die Ausbildungsstätte unter Beachtung des § 67a SGB X befragt werden, vergleiche GRA zu § 67a SGB X, Abschnitt 6.

Ist die Waise als ordentlich Studierende(r) an einer Hochschule immatrikuliert, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Ausbildung einen tatsächlichen zeitlichen Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Zeitstunden erfordert. Ergeben sich Zweifel, ist im Einzelfall eine gezielte Überprüfung erforderlich. Hier kann es sich anbieten, die erforderlichen Informationen, zum Beispiel hinsichtlich der Teilnahme an vorgesehenen Prüfungen, bei der Hochschule unter Beachtung des § 67a SGB X zu erfragen, vergleiche GRA zu § 67a SGB X, Abschnitt 6.

Nimmt die Ausbildung im Sinne des Absatzes 4 die Waise wöchentlich mehr als 20 Zeitstunden in Anspruch, steht die gleichzeitige Ausübung einer Beschäftigung oder Tätigkeit einem Anspruch auf Waisenrente nicht entgegen; entsprechendes gilt auch in Fällen des Nebeneinanders von „Schulausbildung“ und Wehr- oder Zivildienst (vergleiche hierzu auch Abschnitte 5.1.1.1 und 5.1.1.2). Die Zeit des Wehr- oder Zivildienstes, für die zeitgleich Waisenrente geleistet wird, ist aber kein Verlängerungstatbestand im Sinne des § 48 Abs. 5 SGB VI (vergleiche Abschnitt 6.1).

Siehe Beispiele 14, 17

Auch die Zahlung eines vollen Arbeitsentgelts beziehungsweise voller Dienstbezüge während der Ausbildung oder aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis neben der Ausbildung sowie die Absolvierung eines (freiwilligen) Wehrdienstes stehen der Berücksichtigung einer Ausbildung nicht von vornherein entgegen. Entscheidend ist vielmehr, dass alle sonstigen Kriterien erfüllt sind, insbesondere dass die Ausbildung einen tatsächlichen zeitlichen Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Stunden erfordert.

Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme kann nach den Umständen des Einzelfalls Ausbildung sein. Erforderlich ist, dass der Qualifizierungsanteil wöchentlich mehr als 20 Zeitstunden in der Woche beträgt. Dies ist durch eine entsprechende Bescheinigung der Ausbildungsstätte nachzuweisen. Unabhängig davon, ob oder durch welche Stelle eine entsprechende Maßnahme gefördert wird, ist der Tatbestand „Schul- oder Berufsausbildung“ regelmäßig nach den allgemeinen Grundsätzen im Einzelfall zu prüfen; vergleiche hierzu auch Anlage 1, Abschnitt 17 Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen.

Eine Ausbildung im Sinne des § 48 SGB VI liegt nicht nur im Rahmen der „Erstausbildung“ vor. Auch erneute und weiterführende Ausbildungen können einen Anspruch auf die Waisenrente begründen (vergleiche auch Abschnitt 5.1.4).

Schulausbildung

Schulausbildung im Sinne des § 48 SGB VI ist die Ausbildung an allgemein- und berufsbildenden öffentlichen und privaten Schulen, Fachschulen, Fachhochschulen und Hochschulen.

Allgemeinbildende Schulen sind Grund-, Haupt-, Mittel- und Realschulen sowie Gymnasien und Sonderschulen für körperlich oder geistig behinderte oder sozial benachteiligte Kinder (zum Beispiel Taubstummen- oder Gehörlosenschulen). Dazu zählen auch Schulen des zweiten Bildungsweges wie Abendmittelschulen, Abendgymnasien und allgemeinbildende Kollegs.

Berufsbildende Schulen nehmen eine Zwischenstellung bei der Abgrenzung von Schulausbildung und Berufsausbildung ein. Sie vermitteln sowohl allgemeinbildende als auch berufliche Abschlüsse. Berufsbildende Schulen sind zum Beispiel die Berufsfachschulen, die Fachschulen oder die Fachoberschulen.

Der Begriff der Hochschulausbildung ist gleichbedeutend mit dem des Hochschulstudiums. Zeiten der Hochschulausbildung sind daher grundsätzlich die Zeiten, in denen ein als ordentlicher Hörer immatrikulierter Student an einer Hochschule einen geregelten Ausbildungsgang durchlaufen hat. Zu den Hochschulen zählen insbesondere Universitäten und Fachhochschulen. In Deutschland sind unter anderem Folgende Abschlüsse möglich: Diplom, Magister, Bachelor, Master, Staatsexamen.

Eine Hochschulausbildung besonderer Art ist das Duale Studium, welches von einigen Staatlichen Berufsakademien und weiteren staatlichen und privaten Hochschulen angeboten wird. Parallel zum Studium schließen die Studenten hier einen Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen (sogenanntes Partnerunternehmen) ab. In die Prüfung des Zeitaufwandes sind sowohl der Theorieteil an der Hochschule, als auch der Praxisteil im Partnerunternehmen einzubeziehen.

Davon zu unterscheiden ist ein berufsbegleitendes Studium, welches neben einer Berufstätigkeit ohne eigenen Ausbildungscharakter durchgeführt wird. Hier sind allein die Studienzeiten (zuzüglich der Vorbereitungs- und Wegezeiten) maßgebend.

Für den Anspruch auf eine Waisenrente kommt es nicht darauf an,

  • ob die Schule staatlich genehmigt oder staatlich anerkannt ist oder
  • ob die Ausbildung nach einem staatlich genehmigten Lehrplan erfolgt und der Unterricht von staatlich zugelassenen Lehrern erteilt wird.

Entscheidend für die Berücksichtigungsfähigkeit einer staatlich nicht genehmigten oder nicht anerkannten Schule ist, dass diese Ausbildung zumindest annähernd derjenigen entspricht, die den Schülern auf den oben angeführten Schulen vermittelt wird (Urteil des BSG vom 26.06.1969, AZ: 12 RJ 430/68, SozR Nr. 23 zu § 1259 RVO).

Schulausbildung kann auch die im Ausland zurückgelegte Ausbildung sein, vergleiche hierzu auch Anlage 1, Abschnitt 6 Auslandsaufenthalt.

Unbeachtlich für den Tatbestand „Schulausbildung“ ist, ob die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen wurde. Auch bestimmte zeitliche Höchstgrenzen der Ausbildungsdauer sind nicht vorgesehen.

Hinsichtlich der Begriffsbestimmung von schulischen Ausbildungen an entsprechenden Schulen vergleiche auch GRA zu § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI - Zeiten einer schulischen Ausbildung. Bei Anwendung der dort festgelegten Grundsätze im Rahmen des § 48 SGB VI ist der Status der Ausbildung allerdings nicht von Belang.

Beginn der Schulausbildung

Bei der Prüfung des Waisenrentenanspruchs ist der Beginn der Schulausbildung an allgemein- und berufsbildenden Schulen, Fachschulen, Fachhoch- und Hochschulen, Privatschulen und anderen Schulen abhängig von den Ausbildungsplänen und Studienordnungen. Nimmt die Waise die Schulausbildung tatsächlich erst zu einem späteren Zeitpunkt auf, ist dieser Tag für den Beginn der Schulausbildung maßgeblich (vergleiche auch verbindliche Entscheidungen in RVaktuell 03/2014, 86).

Bei öffentlichen und privaten allgemein- oder berufsbildenden Schulen sowie an Fachschulen ist damit der von der Schule bescheinigte Unterrichtsbeginn maßgebend.

Siehe Beispiel 1

Für den Beginn der „Schulausbildung“ an Fachhoch- und Hochschulen ist der bescheinigte Beginn des Semesters (laut Semester-/Studienbescheinigung) entscheidend, auch wenn die Vorlesungen in diesem Semester tatsächlich erst an einem späteren Tag beginnen.

Siehe Beispiele 3 und 4

Wird die Schulausbildung tatsächlich erst nach dem Unterrichts- oder Vorlesungsbeginn aufgenommen, ist dieser Zeitpunkt für die Zahlung der Waisenrente maßgebend.

Beim Dualen Studium kann sich ein Beginn vor Semesterbeginn aufgrund des Ausbildungsverhältnisses mit dem Partnerunternehmen ergeben.

Fällt der Erste eines Monats auf einen Sonnabend, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag und beginnt die Schulausbildung erst am nächstfolgenden Werktag, ist der Erste des Monats als Ausbildungsbeginn zugrunde zu legen.

Die von den Rentenversicherungsträgern bisher vertretene Auffassung, bei Geltung des bundeseinheitlichen Schuljahres pauschal für den Beginn der Ausbildung auf den 01.08. des jeweiligen Kalenderjahres oder bei einem Studium an einer Fachhoch- oder Hochschule pauschal auf den allgemeinen Sommer- oder Winter-Semesterbeginn abzustellen, wurde zwischenzeitlich aufgegeben.

Siehe Beispiel 17

Ende der Schulausbildung

Das Ende der Schulausbildung an allgemein- und berufsbildenden Schulen, Fachschulen, Fachhoch- und Hochschulen, Privatschulen und anderen Schulen ist abhängig von den Ausbildungsplänen und Studienordnungen. Ist die Ablegung einer Abschlussprüfung danach nicht vorgesehen, endet die Ausbildung mit dem letzten Unterrichtstag. Sieht der Ausbildungsplan oder die Studienordnung eine Prüfung vor, endet die Ausbildung mit dem Tag der letzten Prüfung, wenn der Waise dabei das Prüfungsergebnis bekannt gegeben wird. Wird der Waise das Prüfungsergebnis erst später bekannt gegeben, so ist Endzeitpunkt der Tag der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses. Wird die Ausbildung abgebrochen, ist der Zeitpunkt maßgebend, von dem an eine tatsächliche Ausbildung mit dem erforderlichen Zeitaufwand nicht mehr vorlag (zum Ende einer Fachschul- oder Hochschulausbildung vergleiche auch verbindliche Entscheidungen in RVaktuell 12/2011, 387 und in RVaktuell 03/2014, 86).

Unter „Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses“ ist eine verbindliche Aussage zu verstehen, ob die Waise bestanden oder nicht bestanden hat. Die Aushändigung des Prüfungszeugnisses kann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Bei allgemein- oder berufsbildenden Schulen (mit Ausnahme von Fachschulen beziehungsweise höheren Fachschulen) ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Prüfungsergebnis offiziell erst mit der Zeugnisausgabe im obigen Sinne „bekannt gegeben“ ist. Die Ausbildung an allgemein- oder berufsbildenden Schulen endet daher mit der Aushändigung des letzten Zeugnisses (Urteil des BSG vom 01.07.2010, AZ: B 13 R 86/09 R, SozR 4-2600 § 48 Nr. 4, mit Hinweisen auf weitere Rechtsprechung). Das Datum der Aushändigung ist in der Regel identisch mit dem Datum des Zeugnisses (es sei denn, die Waise weist einen anderen Tag der Zeugnisausgabe nach). Ist eine Zeugniserteilung nicht vorgesehen, endet die Schulausbildung mit dem letzten Unterrichtstag.

Beachte:

In einigen Bundesländern ist bei Abiturienten das letzte Schuljahr verkürzt (vergleiche insbesondere die Mainzer Studienstufe - MSS - in Rheinland-Pfalz). Diese verkürzte gymnasiale Oberstufe endet regelmäßig mit einer Zeugnisausgabe im März.

Schließt sich an den Schulbesuch oder den Besuch einer Berufsfachschule ein „Anerkennungspraktikum“ an, welches für den Erwerb der Fachhochschulreife oder den vollwertigen Abschluss der Ausbildung erforderlich ist, endet die Ausbildung erst mit dem Ende des Praktikums. Ob das absolvierte Praktikum den Erfordernissen der Fachhochschulreife genügt, hat regelmäßig die - im Anschluss an das Praktikum - angestrebte Fachhochschule zu entscheiden. Die Waise ist daher in Zweifelsfällen zu bitten, eine Bescheinigung der angestrebten Fachhochschule beizubringen, dass das Praktikum den grundsätzlichen Erfordernissen der Fachhochschulreife genügt. Zur Wertung eines Praktikums vergleiche im Übrigen Anlage 1, Abschnitt 41 Praktikanten.

Bei einer Hochschulausbildung liegt - abhängig von der Studienordnung - „Schulausbildung“ bis zu dem Tage vor, an dem für die Waise feststand, dass das Studium erfolgreich abgeschlossen worden ist. Endzeitpunkt kann somit gegebenenfalls der Tag des Erhalts des Abschlusszeugnisses oder bereits ein früherer Zeitpunkt sein, wenn der Waise vor Aushändigung des Abschlusszeugnisses offiziell das Bestehen der jeweiligen Prüfung (zum Beispiel durch Aushang oder durch gesonderte Bestätigung) bekannt gegeben wird. Der Zeitpunkt der Exmatrikulation ist unbeachtlich.

Auch die Zeit der Anfertigung einer schriftlichen Arbeit sowie die Zeit zwischen der Abgabe einer schriftlichen Abschlussarbeit (zum Beispiel Masterarbeit) und einer im Rahmen der Prüfungsordnung vorgeschriebenen Verteidigung der Arbeit ist grundsätzlich Ausbildung im Sinne der § 48 Abs. 4 SGB VI. Der tatsächliche zeitliche Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Stunden kann unterstellt werden, wenn in dieser Zeit keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Für das Ende des Waisenrentenanspruchs ist im Einzelfall zu prüfen, ob die „Schulausbildung“ bereits mit der Abgabe, der Verteidigung der schriftlichen Arbeit oder gegebenenfalls erst mit einer späteren Bekanntgabe des Gesamtprüfungsergebnisses beendet ist.

Erfolgt die Prüfung oder Anfertigung der schriftlichen Arbeit erst geraume Zeit nach dem letzten Unterrichtstag, ist im Einzelfall festzustellen, ob in der Zwischenzeit tatsächlich noch von „Ausbildung“ auszugehen ist. Hier ist insbesondere die zeitliche Inanspruchnahme durch die Ausbildung zu prüfen.

Beim Dualen Studium ist für das Ende der Ausbildung gegebenenfalls auch der Abschluss der Praxisausbildung beim Partnerunternehmen zu berücksichtigen.

Wird die im Rahmen des Jurastudiums bestehende Möglichkeit der Wiederholung der ersten Staatsprüfung (nach einem sogenannten „Freiversuch“) zum Erreichen einer besseren Punktzahl genutzt, liegt auch für die Zeit bis zur Wiederholung der Staatsprüfung „Ausbildung im Sinne des § 48 SGB VI“ vor. Die erforderliche zeitliche Inanspruchnahme durch die Ausbildung von mehr als 20 Stunden wöchentlich kann auch für diese Zeit angenommen werden, sofern sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben.

Hinsichtlich der Befristung einer Waisenrente bei Fachhoch- und Hochschulausbildung vergleiche Abschnitt 8.

Berufsausbildung

Berufsausbildung im Sinne des § 48 SGB VI ist der Erwerb von Kenntnissen und Fertigkeiten für einen später gegen Entgelt auszuübenden Beruf. Berufsausbildung ist danach die Ausbildung im Rahmen rechtsverbindlicher Ausbildungsrichtlinien für einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf. Darüber hinaus ist Berufsausbildung auch die Ausbildung für einen Beruf, für den es zwar noch keine rechtsverbindlichen Ausbildungsrichtlinien gibt, die vorgesehene Ausbildung jedoch üblich und allgemein anerkannt ist.

Bei einer üblichen und allgemein anerkannten Ausbildung für einen Beruf, für den es (noch) keine rechtsverbindlichen Ausbildungsrichtlinien geben sollte, kommt es allein auf die tatsächliche Gestaltung des Ausbildungsverhältnisses unter Berücksichtigung der Gesamtumstände an. In Abgrenzung zu einem Beschäftigungsverhältnis muss hier ein planmäßig ausgestaltetes Ausbildungsverhältnis vorliegen, das sich an einem konkreten Berufsziel orientiert. Hierbei darf der Ausbildungszweck nicht hinter der Verwertung der Arbeitskraft zurücktreten (vergleiche Urteil des BSG vom 27.02.1964, AZ: 12/3 RJ 208/60, SozR Nr. 12 zu § 1267 RVO).

Ist die Ausbildung für den angestrebten Beruf durch eine staatliche Ausbildungsordnung geregelt, sind hiervon abweichend gestaltete Ausbildungen beziehungsweise Ausbildungsteile grundsätzlich keine Berufsausbildung im Sinne des § 48 SGB VI (vergleiche hierzu unter anderem Urteil des BSG vom 12.12.1984, AZ: 10 RKg 12/84, SozR 5870 § 2 Nr. 39. Einzelne Ausbildungsteile können jedoch gegebenenfalls als berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme anerkannt werden, vergleiche Qualifizierungsbausteine unter dem Stichwort „Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen“ in der Anlage 1, Abschnitt 17. Berufsausbildung liegt allerdings dann vor, wenn das Ausbildungsverhältnis abweichend vom „normalen“ Ausbildungsgang lediglich eine verkürzte Ausbildungsdauer vorsieht.

Berufsausbildung im Sinne des § 48 SGB VI liegt nicht vor, wenn durch die Ausbildung lediglich bestimmte Eignungskriterien oder nur das Vorhandensein einer gewissen Erfahrung geprüft oder lediglich ein Einblick in das Berufsleben vermittelt werden soll. Berufsausbildung liegt ferner nicht vor, wenn die praktische Tätigkeit lediglich die Neigungen oder die Eignung für den angestrebten Beruf erproben oder den Betreffenden nur mit den Anforderungen und Problemen des angestrebten Berufs vertraut machen soll.

Das Anlernen in einem Betrieb kann nach den Umständen des Einzelfalls Berufsausbildung sein. Hierunter fällt allerdings nicht die Einarbeitung oder Einweisung am Arbeitsplatz (vergleiche hierzu auch Anlage 1, Abschnitt 3 Anlernlinge). Dies gilt selbst dann, wenn sie Voraussetzung für die spätere Ausbildung ist (vergleiche aber Anlage 1, Abschnitt 41 Praktikanten).

Berufsausbildung ist nicht nur die „Erstausbildung“, sondern auch eine hierauf aufbauende weitere Ausbildung, sofern für diese nächste „Stufe“ eine weitere Ausbildung und/oder Prüfung erforderlich ist.

Die Fortbildung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, um sich auf den neuesten technischen und fachlichen Stand zu bringen, ist keine Berufsausbildung im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI.

Für das Vorliegen einer „Berufsausbildung“ ist nicht erforderlich, dass ein schriftlicher Ausbildungsvertrag abgeschlossen wird, es kommt vielmehr auf die tatsächliche Gestaltung des Ausbildungsverhältnisses und die Umstände des Einzelfalles an.

Unbeachtlich für die Annahme einer „Berufsausbildung“ im Sinne des § 48 SGB VI ist ebenfalls, dass die Ausbildung abgeschlossen wird beziehungsweise ein formeller Abschluss vorgesehen ist.

Die ständige Rechtsprechung der Finanzgerichte zur Auslegung des steuerrechtlichen Begriffs der „Berufsausbildung“, wonach sich in Berufsausbildung befindet, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat und alle Maßnahmen einzubeziehen sind, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausbildung des angestrebten Berufs geeignet sind, ist auf Ansprüche auf Waisenrente nicht entsprechend anwendbar. Dem steht schon die Verschiedenartigkeit der Rechts- und Regelungsbereiche entgegen (vergleiche Urteil des BSG vom 20.07.2011, AZ: B 13 R 52/10 R, Rn. 21).

Für nähere Informationen zu einzelnen Berufen steht im Intranet die BERUFEnet - Datenbank der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung.

Beginn der Berufsausbildung

Die „Berufsausbildung“ im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI beginnt grundsätzlich mit dem im Ausbildungsvertrag vereinbarten tatsächlichen Zeitpunkt.

Beginnt die Berufsausbildung laut Vertrag nicht am Ersten eines Kalendermonats, weil dieser Tag zum Beispiel ein Sonntag, ein gesetzlicher Feiertag oder ein arbeitsfreier Sonnabend ist, sondern erst am nachfolgenden ersten Arbeitstag dieses Monats, ist „Berufsausbildung“ im Sinne des Absatzes 4 dennoch ab dem Ersten des Monats als gegeben anzusehen.

Ende der Berufsausbildung

Das Ende einer Berufsausbildung bestimmt sich nach § 21 BBiG.

Grundsätzlich endet eine Berufsausbildung danach mit dem vertraglich festgelegten Ende der Ausbildungszeit (§ 21 Abs. 1 BBiG). Wird die Abschlussprüfung vorher erfolgreich bestanden, ist hiermit auch ein Ende der Berufsausbildung mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss verbunden (§ 21 Abs. 2 BBiG). Dies gilt unabhängig vom Ausbildungszeitraum im Lehrvertrag, mit der Folge, dass die Ausbildung gegebenenfalls schon vor dem im Lehrvertrag geregelten Ausbildungsende tatsächlich beendet ist.

Wurde die Abschlussprüfung zum Beispiel im Rahmen einer Wiederholungsprüfung später als zum eigentlichen Termin absolviert, ist einzelfallbezogen festzustellen, ob in der Zeit ab dem vertraglichen Ausbildungsende tatsächlich noch der Tatbestand der Ausbildung gegeben war.

Für bestimmte Berufsausbildungen (zum Beispiel in der Kranken- und Altenpflege, zur Hebamme oder zum Notfallsanitäter) ist in den jeweiligen Gesetzen unter anderem geregelt, dass § 21 Abs. 2 BBiG keine Anwendung findet. Die Ausbildung endet in diesen Fällen unabhängig vom Zeitpunkt der staatlichen Prüfung mit dem Ablauf der im Gesetz festgelegten Ausbildungsdauer, in der Regel nach drei Jahren.

Die Berufsausbildung als Beamtenanwärter endet entsprechend den jeweils geltenden landes- beziehungsweise bundesrechtlichen Regelungen (RBRTN 2/2011, TOP 12). Sofern erforderlich, kann der tatsächliche Endzeitpunkt der Ausbildung unter Beachtung des § 67a SGB X, vergleiche GRA zu § 67a SGB X, Abschnitt 6, bei der Ausbildungsstätte erfragt werden.

Hinsichtlich der Befristung von Waisenrenten bei Berufsausbildung vergleiche Abschnitt 8.

Unterbrechung oder Abbruch der Ausbildung

Wird die Ausbildung abgebrochen (zum Beispiel Abmeldung von der Schule oder Lösung des Ausbildungsverhältnisses) oder für längere Zeit unterbrochen, so liegt grundsätzlich keine Schul- oder Berufsausbildung während dieser Zeit vor, auch wenn der Ausbildungs-(Lehr-)vertrag oder die Zugehörigkeit zur Schule während dieser Zeit fortbesteht.

Die Unterbrechung der Ausbildung durch die regelmäßigen Ferien oder durch den regelmäßigen Erholungsurlaub heben die Schul- oder Berufsausbildung nicht auf.

Ein Abbruch der Ausbildung liegt vor, wenn der Ausbildungsbetrieb in die Insolvenz geht und die Ausbildung tatsächlich nicht mehr erfolgt.

Ein Hochschulstreik unterbricht die Ausbildung hingegen nicht, solange die Waise weiterhin immatrikuliert ist.

Zur möglichen Unterbrechung der Ausbildung bei Auslandsaufenthalt vergleiche Anlage 1, Abschnitt 6 Auslandsaufenthalt.

Erkrankung

Der tatsächliche zeitliche Aufwand für die Schul- oder Berufsausbildung ist nach § 48 Abs. 4 S. 3 SGB VI für Zeiten irrelevant, in denen das Ausbildungsverhältnis trotz einer Erkrankung fortbesteht und damit gerechnet werden kann, dass die Ausbildung fortgesetzt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Unterbrechung der Ausbildung durch eine Krankheit im In- oder Ausland handelt.

Bei einer nicht länger als sechs Kalendermonate dauernden Unterbrechung der Ausbildung infolge Krankheit ist regelmäßig die Schul- oder Berufsausbildung als fortbestehend anzusehen. Dauert die Unterbrechung infolge Krankheit länger als sechs Kalendermonate, so ist die Schul- oder Berufsausbildung so lange als fortbestehend anzusehen, als nach der Art der Krankheit damit gerechnet werden kann, dass die Waise nach absehbarem Heilverlauf soweit gesundheitlich wiederhergestellt ist, dass sie die begonnene Schul- oder Berufsausbildung fortsetzen kann.

Eine Unterbrechung wegen Krankheit ist jedoch nur unschädlich in Fällen, in denen die rechtliche Grundlage des Ausbildungsverhältnisses fortbesteht, das heißt, dass der Lehrvertrag nicht gekündigt oder das Ausbildungsverhältnis nicht von der Waise aus beendet worden ist. Ferner müssen der Ausbildende und die Waise den erkennbaren Willen haben, nach Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit die Ausbildung sofort fortzusetzen. Werden diese Voraussetzungen während der Krankheit erfüllt, tritt aber später eine Änderung ein (zum Beispiel Verschlechterung des Gesundheitszustandes ohne Aussicht auf Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses), so fällt der Anspruch auf Waisenrente von dem Zeitpunkt der Änderung an weg. Die bis zu diesem Zeitpunkt gewährte Waisenrente ist nicht zurückzufordern. Bei einer langwierigen Krankheit, mit deren Dauer für nicht absehbare Zeit zu rechnen ist, kann aber ein Anspruch auf Waisenrente wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung bestehen (vergleiche Abschnitt 5.4).

Ein Waisenrentenanspruch ist für die Dauer der Unterbrechung einer Ausbildung durch eine Krankheit aber nur gegeben, wenn die unterbrochene Ausbildung einen wöchentlichen Zeitaufwand von mehr als 20 Stunden erfordert.

Zur schwangerschaftsbedingten Erkrankung vergleiche Abschnitt 5.1.3.2.

Mutterschutz und Elternzeit

Befindet sich die Waise in Ausbildung und wird die Ausbildung lediglich infolge der (fiktiven) Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) nach § 3 Abs. 1 und 2 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 unterbrochen (in der Regel sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt - im Einzelnen vergleiche GRA zu § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI), ist dies für den Anspruch auf die Waisenrente unschädlich. Voraussetzung ist, dass das Ausbildungsverhältnis fortbesteht und die Fortsetzung der Ausbildung beabsichtigt ist.

Entsprechendes gilt auch für eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung vor Beginn der (fiktiven) Mutterschutzfrist, die Zeit des schwangerschaftsbedingten Beschäftigungsverbotes nach §§ 11 und 16 Abs. 1 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 und die Zeit eines (teilweisen) Beschäftigungsverbotes nach § 16 Abs. 2 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 (keine volle Leistungsfähigkeit) und § 12 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 (Beschäftigungsverbot bei Stillzeit).

Unterbricht die Waise hingegen ihre Ausbildung schwangerschaftsbedingt vor Beginn der (fiktiven) Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG, ohne dass hierfür gesundheitliche Gründe oder ein Beschäftigungsverbot nach § 11 und § 16 Abs. 1 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 verantwortlich sind, entfällt der Waisenrentenanspruch mit Ablauf des Monats der Unterbrechung. Besteht in diesen Fällen das Ausbildungsverhältnis dem Grunde nach weiter und kann damit gerechnet werden, dass das Ausbildungsverhältnis fortgesetzt wird, ist die Waisenrente für den Zeitraum der (fiktiven) Mutterschutzfristen wieder zu leisten. Umfasst der Zeitraum zwischen dem Beginn der Unterbrechung der Ausbildung und dem Beginn der (fiktiven) Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 1 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 nicht mehr als vier Kalendermonate, ist auch für diese Übergangszeit ein Anspruch auf Waisenrente gegeben. Entsprechendes gilt für die Zeit nach dem Ende der (fiktiven) Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 beziehungsweise der Zeit eines Beschäftigungsverbotes nach §§ 12 und 16 Abs. 2 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 und der Wiederaufnahme der Ausbildung. Beträgt dieser Zeitraum nicht mehr als vier Kalendermonate, ist ebenfalls für diese Übergangszeit eine Waisenrente zu zahlen.

Siehe Beispiel 21

Bei einer durch Schwangerschaft/Mutterschaft unterbrochenen Ausbildung im Ausland ist für das Weiterbestehen des Waisenrentenanspruchs nicht auf die deutschen Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz, sondern auf die maßgebenden Schutzfristen des ausländischen Staates abzustellen. Das gilt selbst dann, wenn die Waise sich in dieser Zeit vorübergehend in Deutschland aufhält.

Wird das Ausbildungsverhältnis während der Schutzfristen beendet (zum Beispiel durch Kündigung), liegt „Berufsausbildung“ von diesem Zeitpunkt an nicht mehr vor.

Nach dem Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) vom 05.12.2006 (BGBl. I S. 2748) besteht bei Geburt eines Kindes die Möglichkeit der Elternzeit. Die Elternzeit wird nicht von § 48 Abs. 4 S. 3 und 4 SGB VI erfasst und stellt damit für sich genommen keinen Anspruchsgrund für die Waisenrente dar.

Der gegenteiligen Rechtsprechung (Urteile des BSG vom 29.04.1997, AZ: 5 RJ 84/95, SozR 3-2200 § 1267 Nr. 5, und BSG vom 26.01.2000, AZ: B 13 RJ 53/99 R, SozR 3-2600 § 48 Nr. 3) wurde nach übereinstimmender Auffassung aller Rentenversicherungsträger nicht gefolgt, da während der Elternzeit weder eine Ausbildung im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI vorliegt, noch ein unschädlicher Unterbrechungstatbestand im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des BSG gegeben war. Mit der Neufassung des Absatzes 4 durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz zum 01.08.2004 wurde diese Auslegung bestätigt, indem nunmehr die unschädlichen Unterbrechungstatbestände – ohne Zeiten der Elternzeit - festgeschrieben worden sind. Das BSG hält aufgrund der Neufassung des § 48 Abs. 4 SGB VI für die Zeiten ab 01.08.2004 an seiner bisherigen Rechtsprechung ebenfalls nicht mehr fest. Nach dem abschließenden Wortlaut des § 48 Abs. 4 SGB VI in der Fassung ab 01.08.2004 sind als Unterbrechungstatbestände allein die Erkrankung sowie die Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz aufgeführt. Da Zeiten der Kindererziehung beziehungsweise Elternzeit hier nicht ausdrücklich genannt werden, könnten diese Zeiten der Unterbrechungen keinen Anspruch auf Waisenrente begründen, vergleiche Urteil des BSG vom 01.06.2017, AZ: B 5 R 2/16 R.

Eine Zahlung der Waisenrente während der Elternzeit kommt jedoch dann in Betracht, wenn

  • die Ausbildung während der Elternzeit im Rahmen eines wöchentlichen Zeitaufwandes von mehr als 20 Stunden weitergeführt wird oder
  • der Zeitraum zwischen dem Ende der Mutterschutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG in der Fassung ab 01.01.2018 und der Wiederaufnahme der Ausbildung nicht mehr als vier Kalendermonate umfasst.
Beurlaubung während des Hochschulstudiums

Wird ein Studierender - im Allgemeinen für ein Semester - zur Vorbereitung auf eine Prüfung oder wegen eines Studienaufenthaltes im Ausland beurlaubt, so wird die Hochschulausbildung nicht unterbrochen, wenn die Waise während der Urlaubssemester einen tatsächlichen zeitlichen Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Stunden für die Vorbereitung auf die Fortsetzung oder die Wiederholung des bisherigen Unterrichtsstoffes oder für die Prüfung aufwendet. Während der Beurlaubung muss somit eine irgendwie geartete „Schul- oder Berufsausbildung“ im Sinne des Absatzes 4 vorliegen.

Eine Beurlaubung vom Studium wegen der Tätigkeit als Mitglied im Allgemeinen Studentenausschuss (AStA) stellt eine waisenrentenschädliche Unterbrechung dar.

Zur Beurlaubung wegen Schwangerschaft vergleiche Abschnitt 5.1.3.2.

Mehrere Ausbildungsabschnitte

Schul- oder Berufsausbildung liegt grundsätzlich immer dann vor, wenn und solange sich die Waise in Schul- oder Berufsausbildung befindet. Wird nach Abschluss beziehungsweise Abbruch einer Ausbildung eine weitere Ausbildung aufgenommen, so ist auch diese weitere Ausbildung „Schul- oder Berufsausbildung“, wenn in Anwendung der allgemeinen Grundsätze Schul- oder Berufsausbildung angenommen werden kann (vergleiche hierzu Abschnitt 5.1).

Unbeachtlich ist, ob es sich bei der weiteren Ausbildung um eine solche in der gleichen Fachrichtung handelt. Das heißt sowohl eine (weitere) Ausbildung in einer anderen Fachrichtung, als auch die weitere Ausbildung in der gleichen Fachrichtung mit dem Ziel eines höher qualifizierten Abschlusses, können anspruchsbegründend sein. Hiervon ist im Regelfall auszugehen, wenn ein neuer akademischer Grad erworben wird. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Studiengang mit einem Bachelor abgeschlossen wurde und im Anschluss daran ein Masterstudiengang zurückgelegt wird. Liegen im Einzelfall jedoch Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich nicht um einen höherwertigen Abschluss handelt, liegt keine Schulausbildung im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI vor.

Für die Dauer einer Promotion als weitere Qualifizierung in einer bereits mit einer Prüfung abgeschlossenen Studienrichtung derselben Fachrichtung liegt keine „Schul- oder Berufsausbildung“ im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI vor (vergleiche hierzu auch Anlage 1, Abschnitt 44 Promotion).

Übergangszeiten

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI besteht ein Waisenrentenanspruch auch in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- beziehungsweise Zivildienstes (vergleiche Abschnitt 5.2.2) oder eines Freiwilligendienstes im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI, sofern eine Dauer von vier Kalendermonaten (vergleiche Abschnitt 5.2.1) nicht überschritten wird.

Hinsichtlich der sonstigen den Anspruch auf Waisenrente begründenden Zeitabschnitte (vor Vollendung des 18. Lebensjahres oder bei Behinderung) ist entsprechend zu verfahren.

Zusammenfassend ergibt sich damit die Möglichkeit einer Übergangszeit zwischen

  • zwei Zeiträumen, für die dem Grunde nach Anspruch auf Waisenrente besteht (bis 18/Behinderung/Ausbildung/Freiwilligendienste nach § 32 EStG) oder
  • einem Anspruchszeitraum im oben genannten Sinne und der Ableistung des gesetzlichen Wehr-/Zivildienstes oder
  • der Ableistung des gesetzlichen Wehr-/Zivildienstes und einem Anspruchszeitraum im oben genannten Sinne.

Siehe Beispiel 2

Grundvoraussetzung für die Weiterzahlung ist ein ernsthafter Wille der Waise, die Ausbildung fortsetzen zu wollen. Dies zeigt sich zum Beispiel durch ein frühzeitiges Bemühen, einen (neuen) Ausbildungsplatz zu finden.

Es ist unbeachtlich, ob die Beendigung der vorangegangenen Ausbildung durch die Waise verursacht wurde (zum Beispiel durch Abbruch der Ausbildung, Kündigung durch den Ausbilder wegen Fehlverhaltens der Waise).

Eine Übergangszeit kann auch dann vorliegen, wenn beide Ausbildungsabschnitte dem Grunde nach die Voraussetzungen des Begriffs „Schul- oder Berufsausbildung“ zwar erfüllen, für einen der beiden Ausbildungsabschnitte oder auch für beide Ausbildungsabschnitte eine Waisenrente zum Beispiel wegen des Rentenbeginns nach § 99 Abs. 2 SGB VI (möglicher Rentenbeginn im Folgemonat) nicht gezahlt werden kann.

Wird in den „Zwischenzeiten“ eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt beziehungsweise der Wehr-/Zivildienst geleistet oder hat sich die Waise bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und bezieht gegebenenfalls Leistungen, steht dies der Annahme einer Übergangszeit im Sinne des Absatzes 4 nicht entgegen. Erzielte Einkünfte sind bis 30.06.2015 gemäß § 97 SGB VI in der Fassung bis 30.06.2015 anzurechnen.

Siehe Beispiel 3

Eine Übergangszeit ist jedoch nur gegeben, wenn beide „Abschnitte“ dem Grunde nach anspruchsbegründend sind. Wird zum Beispiel die nachfolgende Ausbildung nach dem 27. Lebensjahr aufgenommen, ohne dass ein Verlängerungszeitraum (siehe Abschnitt 6) vorhanden ist, liegt eine anspruchsbegründende Übergangszeit nicht vor.

Siehe Beispiel 19

Höchstdauer der Übergangszeit

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI besteht der Waisenrentenanspruch für eine Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten fort. Durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791) ist zum 01.08.2004 eine gesetzliche Festlegung der Höchstdauer der Übergangszeit erfolgt. Die Maximaldauer von vier Kalendermonaten wurde auch durch das Urteil des BSG vom 01.07.2010, AZ: B 13 R 86/09 R, insbesondere RdNrn. 23, 24, SozR 4-2600 § 48 Nr. 4 bestätigt.

Damit ist es erforderlich, dass der nächste Ausbildungsabschnitt (beziehungsweise Freiwilligendienst beziehungsweise Wehrdienst) spätestens am ersten Tag des fünften auf die Beendigung der vorangegangenen Ausbildung (beziehungsweise Freiwilligendienst beziehungsweise Wehrdienst) folgenden Kalendermonats beginnt.

Dies gilt auch, wenn die weitere Ausbildung zum Beispiel aus allein hochschulorganisatorischen Gründen (zum Beispiel Abitur im März, frühestmögliche Aufnahme des Studiums im Oktober - vergleiche Abschnitt 5.1.1.2) nicht früher beginnt.

Hinsichtlich des Beginns und Ende einer „Ausbildung“ finden die in Abschnitt 5.1 genannten Grundsätze Anwendung.

Siehe Beispiel 4

Ist der erste Tag des fünften Kalendermonats ein arbeitsfreier Sonnabend, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, muss die Ausbildung am nachfolgenden ersten Werktag/Arbeitstag dieses Monats aufgenommen werden. Endet die Ausbildung zum Beispiel am 13.06.2014, muss die nachfolgende Ausbildung spätestens am 03.11.2014 (der 01.11.2014 ist ein Sonnabend und der 02.11.2014 ein Sonntag) beginnen.

Siehe Beispiel 5

Für die Zahlung einer Waisenrente während der Übergangszeit ist es ausreichend, wenn die Aufnahme der weiteren Ausbildung beziehungsweise des Freiwilligendienstes bis zum ersten Werktag des fünften Kalendermonats durch die Vorlage einer Anmeldung über den weiteren Schulbesuch, eines Berufsausbildungsvertrages beziehungsweise einer Bescheinigung des Trägers des Freiwilligendienstes hinreichend wahrscheinlich ist. Die tatsächliche Aufnahme der weiteren Ausbildung beziehungsweise des Freiwilligendienstes abzuwarten und die Waisenrente erst rückwirkend zu bewilligen, entspräche nicht dem Sinn und Zweck der Waisenrente, die zur Sicherung des laufenden Lebensunterhalts der Waise dienen soll.

Wird der zweite Ausbildungsabschnitt beziehungsweise Freiwilligendienst entgegen der ursprünglichen Annahme nicht bis spätestens zum ersten Tag des fünften auf die Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts folgenden Kalendermonat aufgenommen, endet der Anspruch auf Waisenrente bereits mit Ablauf des Monats, in dem dies erkennbar wird.

Siehe Beispiele 6 und 7

Steht dagegen bereits zum Zeitpunkt der Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes fest, dass der zweite Ausbildungsabschnitt beziehungsweise Freiwilligendienst erst nach Ablauf des ersten Tages des fünften auf die Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts folgenden Kalendermonats begonnen werden kann, endet der Anspruch auf Waisenrente mit Ablauf des Monats, in dem der erste Ausbildungsabschnitt beendet wird. Es liegt dann für die gesamte Zwischenzeit kein Anspruch auf Waisenrente vor.

Siehe Beispiel 8

Ist der Anspruch auf Waisenrente für eine Übergangszeit rückschauend zu beurteilen und wurde innerhalb der gesetzlichen Frist tatsächlich eine (weitere) Ausbildung aufgenommen, so kann regelmäßig unterstellt werden, dass „Ausbildungswilligkeit“ vorlag (RBRTN 1/2009, TOP 7).

Die oben angeführten Grundsätze gelten auch, wenn der versicherte Elternteil während einer Übergangszeit verstirbt. Gegebenenfalls kann eine Zahlung der Waisenrente für den verbliebenen Zeitraum der vier Kalendermonate in Betracht kommen. Zum Beginn der Rente in diesen Fällen vergleiche Abschnitt 8.

Siehe Beispiele 10 und 20

Die Rechtsprechung des BSG zu den Übergangszeiten im Rahmen von § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI (vergleiche unter anderem Urteil des BSG vom 10.02.2005, AZ: B 4 RA 26/04 R, SozR 4-2600 § 58 Nr. 4) hat bezogen auf die Waisenrente keine Auswirkungen, da im § 48 Abs. 4 SGB VI die maximal mögliche Übergangszeit seit 01.08.2004 ausdrücklich geregelt ist.

Die Regelung der §§ 62, 63 Abs. 1 S. 2, 32 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. c EStG beziehungsweise der §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 3 BKGG, wonach bei einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten auch für mehr als vier Monate eine Weiterzahlung des Kindergeldes erfolgt, wenn die Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht innerhalb der Übergangszeit von vier Monaten begonnen oder fortgesetzt werden kann, ist auf Ansprüche auf Waisenrente über das 18. Lebensjahr hinaus nicht entsprechend anwendbar.

Übergangszeiten im Zusammenhang mit Wehr- oder Zivildienst

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. B SGB VI kann ein Waisenrentenanspruch auch für eine Übergangszeit vor oder nach der „Ableistung des gesetzlichen Wehr- und Zivildienstes“ bestehen. Diese Formulierung bezieht sich ursprünglich auf den Grundwehrdienst bzw. Zivildienst, welcher aufgrund der bis 30.06.2011 bestehenden Wehrpflicht nach dem Wehrpflichtgesetz (WPflG) bzw. Zivildienstgesetz zu leisten war. Zu den bis 30.06.2011 dazu bestehenden Regelungen vergleiche Abschnitte 6.2 und 6.4.

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht zum 01.07.2011 wurde über § 54 WPflG ein neuer freiwilliger Wehrdienst eingeführt. Zu diesem können sich sowohl Männer als auch Frauen verpflichten. Der freiwillige Wehrdienst besteht aus sechs Monaten freiwilligem Wehrdienst als Probezeit und bis zu 17 Monaten anschließendem freiwilligen zusätzlichem Wehrdienst (vergleiche auch Abschnitt 6.3). Beide Dienste sind für die Prüfung einer anspruchsbegründenden Übergangszeit wie ein Wehrdienst aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zu behandeln (vergleiche verbindliche Entscheidung in RVaktuell 10/2011, 311; siehe auch § 58f SG). Seit 13.04.2013 ist dieser freiwillige Wehrdienst mit dem Zusatz „als besonderes staatsbürgerliches Engagement“ in § 58b SG geregelt. Dieser freiwillige Wehrdienst ist abzugrenzen von einer freiwilligen Verpflichtung als „Soldat/in auf Zeit“ oder „Berufssoldat/in“.

Zum 01.07.2011 wurde zugleich die Verpflichtung zur Ableistung des Zivildienstes ausgesetzt. Näheres ist dem Abschnitt 6.5 zu entnehmen.

Die folgenden Ausführungen gelten gleichermaßen für den aktuell möglichen freiwilligen Wehrdienst (als besonderes staatsbürgerliches Engagement) im Sinne des § 58b SG als auch für Übergangszeiten in der Vergangenheit, die im Zusammenhang mit dem Grundwehr-/Zivildienst zu beurteilen waren:

Die Zeit des Grundwehrdienstes oder des Zivildienstes nach dem Wehrpflichtgesetz beziehungsweise dem Zivildienstgesetz selbst ist keine Schul- oder Berufsausbildung (zum Grundwehrdienst vergleiche ausdrücklich Urteil des BSG vom 07.07.1970, AZ: 12 RJ 36/70, SozR Nr. 40 zu § 1267 RVO). Entsprechendes gilt für den freiwilligen Wehrdienst i. S. d. § 58b SG (für Ausbildungen im Rahmen einer Verpflichtung als Soldat/in auf Zeit oder Berufssoldat/in siehe Anlage 1, Abschnitt 38). Die Zahlung einer Waisenrente kommt entsprechend den Ausführungen im Abschnitt 5.2.1  nur in Betracht, wenn die Übergangszeit maximal vier Kalendermonate beträgt (für die anders lautende Auslegung vor dem 01.08.2004 siehe Hinweis am Ende des Abschnitts).

Siehe Beispiel 9

Für den Anspruch auf Waisenrente für die „Übergangszeit“ vor der Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst ist nicht erforderlich, dass die Ausbildung nach Beendigung des Wehr- oder Zivildienstes auch tatsächlich innerhalb der im Abschnitt 5.2.1 dargelegten Frist fortgesetzt wird. Es genügt allein die zum Zeitpunkt der Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes bestehende Absicht, die Ausbildung nach Beendigung des Wehr- oder Zivildienstes fortzusetzen. Entsprechendes gilt für die Prüfung des Anspruchs auf Waisenrente für die „Übergangszeit“ nach Beendigung des Wehr- oder Zivildienstes. Hierfür ist nicht erforderlich, dass auch vor der Einberufung oder für die Zwischenzeit ein Anspruch auf Waisenrente gegeben war. Jede der „Übergangszeiten“ ist für sich einzeln zu prüfen und kann für sich gesehen einen Anspruch auf Waisenrente begründen.

Erfolgt die Einberufung zum Wehr- oder Zivildienst beziehungsweise die Aufnahme der weiteren Ausbildung nach Beendigung des Wehr- oder Zivildienstes entgegen der ursprünglichen Annahme erst später als vier Monate nach Ablauf des Kalendermonats, in dem die erste Ausbildung beziehungsweise der Wehr- oder Zivildienst endete, so fällt der Anspruch auf Waisenrente mit Ablauf des Monats weg, in dem dies erkennbar wird.

Steht dagegen bereits zum Zeitpunkt der Beendigung

  • der ersten Ausbildung fest, dass die Einberufung erst später als vier Kalendermonate nach der ersten Ausbildung erfolgen wird,
  • des Wehr- oder Zivildienstes fest, dass die weitere Ausbildung erst später als vier Monate nach dem Ende des Wehr- oder Zivildienstes beginnt,

besteht für die Übergangszeit kein Waisenrentenanspruch.

Ist der Anspruch auf Waisenrente für eine Übergangszeit rückschauend zu beurteilen und wurde nach dem Wehr-/Zivildienst tatsächlich eine (weitere) Ausbildung aufgenommen, so kann regelmäßig unterstellt werden, dass „Ausbildungswilligkeit“ vorlag (RBRTN 1/2009, TOP 7).

Der freiwillige Wehrdienst i. S. d. § 58b SG beginnt mit dem Dienstantritt ( § 2 Abs. 1 Nr. 3 SG). Dieser wird der betroffenen Person spätestens vier Wochen vorher mit der „Aufforderung zum Dienstantritt“ bekannt gegeben (§ 58d SG). Der Grundwehrdienst begann mit dem im Einberufungsbescheid für den Dienstantritt festgesetzten Zeitpunkt. Seit dem 01.01.1997 erfolgte die Einberufung von Grundwehrdienstleistenden ausnahmslos zum 1. des jeweiligen Einberufungsmonats mit Ansprüchen auf Wehrsold, auch wenn der Dienstantritt zum Beispiel erst am 02.01. war, sodass ein die Annahme von Schul- oder Berufsausbildung ausschließender Grundwehrdienst vom ersten Tag des Einberufungsmonats vorliegt. Seit dem 01.01.2002 erfolgten die Einberufungen quartalsweise zum 01.01., 01.04., 01.07. oder 01.10. eines Jahres.

Siehe Beispiel 22

Der Zivildienst begann anders als der Wehrdienst mit dem Zeitpunkt, der im Einberufungsbescheid für den Diensteintritt festgesetzt ist.

Im Rahmen der Übergangszeiten stand ein freiwilliger zusätzlicher Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst nach § 6b WPflG dem gesetzlichen Wehrdienst gleich. Zu der Frage der Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus vergleiche jedoch Abschnitt 6.2.

Zum 01.12.2010 wurde ein freiwilliger zusätzlicher Zivildienst (§ 41a Zivildienstgesetz - ZDG) eingeführt. Der freiwillige zusätzliche Zivildienst wurde im Anschluss an den Zivildienst aufgrund gesetzlicher Pflicht geleistet für mindestens drei bis zu höchstens sechs Monate. Für die Prüfung einer anspruchsbegründenden Übergangszeit nach Ende des Dienstes war der freiwillige zusätzliche Zivildienst wie ein Zivildienst aufgrund gesetzlicher Verpflichtung zu behandeln (vergleiche verbindliche Entscheidung in RVaktuell 05+06/2011, 179).

Der von Frauen geleistete freiwillige Dienst nach dem Soldatengesetz (möglich in der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2011) konnte nicht zur Anerkennung einer entsprechenden (waisenrentenunschädlichen) Übergangszeit führen (vergleiche auch Abschnitt 6.2).

Hinweis zur entfallenen Auslegung infolge der BSG-Rechtsprechung vor dem 01.08.2004:

Eine weitere Zahlung für die Dauer von bis zu vier Kalendermonaten nach Beendigung des Wehr- oder Zivildienstes kann für Anspruchszeiträume ab 01.08.2004 auch dann nicht erfolgen, wenn die weitere Ausbildung nach Beendigung des Wehr- oder Zivildienstes allein aus generell unvermeidbaren schulorganisatorischen Gründen nicht innerhalb der oben angeführten Höchstdauer aufgenommen werden konnte. Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 48 Abs. 4 SGB VI zum 01.08.2004 der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG (vergleiche unter anderem Urteil des BSG vom 27.02.1997, AZ: 4 RA 21/96, SozR 3-2600 § 48 Nr. 1) nicht gefolgt. Dies hat zur Folge, dass eine Weiterzahlung der Waisenrente (auch für vier Kalendermonate) nicht erfolgen kann, wenn die Übergangszeit länger als vier Kalendermonate andauert. Entsprechendes gilt, wenn nach Beendigung einer Ausbildung der Wehr- oder Zivildienst aus wehr- oder zivildienstorganisatorischen Gründen nicht innerhalb der oben angeführten Höchstdauer aufgenommen werden konnte (Urteil des BSG vom 01.07.2010, AZ: B 13 R 86/09 R, insbesondere Rand-Nummern 28, 29, SozR 4-2600 § 48 Nr. 4).

Im Übrigen gelten die Grundsätze im Abschnitt 5.2.1.

Freiwilligendienste nach § 32 EStG

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines freiwilligen Dienstes im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG. Darunter fallen folgende, abschließend aufgezählte Freiwilligendienste:

  • Freiwilliges soziales Jahr im Sinne des JFDG (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. aa EStG, Abschnitt 5.3.1)
  • Freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des JFDG (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. bb EStG, Abschnitt 5.3.2)
  • Bundesfreiwilligendienst nach dem BFDG (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. cc EStG, Abschnitt 5.3.3)
  • Freiwillige Dienste für die Europäische Union im Europäischen Solidaritätskorp (ESK) beziehungsweise im Sinne des Programms Erasmus+ (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. dd EStG, Abschnitt 5.3.4)
  • Anderer Dienst im Ausland (ADiA) im Sinne von § 5 BFDG (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. ee EStG, Abschnitt 5.3.5)
  • Freiwilligendienst „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 01.01.2016 (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. ff EStG, Abschnitt 5.3.6)
  • Freiwilligendienst aller Generationen im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB VII (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. gg EStG, Abschnitt 5.3.7)
  • Internationaler Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie des BMFSFJ vom 04.01.2021 (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d, Doppelbuchst. hh EStG, Abschnitt 5.3.8)

Nur die in den gesetzlichen Vorschriften ausdrücklich genannten Dienste können zu einem Rentenanspruch führen. Andere Dienste und Dienste nicht zugelassener Träger sind auch dann nicht anspruchsbegründend, wenn Bezeichnung, Zielrichtung und tatsächliche Ausgestaltung einem der genannten Dienste ähnlich sind. Gegebenenfalls kommt eine Berücksichtigung als Praktikum in Betracht (vergleiche Anlage 1, Abschnitt 41 Praktikanten).

Als Nachweis für einen anspruchsbegründenden Freiwilligendienst reicht der Kindergeldbescheid grundsätzlich aus, sofern sich aus diesem für die bewilligte Zeitdauer die Ableistung des Freiwilligendienstes entnehmen lässt. Ergänzend sind Angaben über den Zeitraum, also über Beginn und Ende des Freiwilligendienstes, von der Waise erforderlich, da die Anspruchszeiträume von Waisenrente und Kindergeld nicht deckungsgleich sind. Lassen sich aus dem Kindergeldbescheid keine Angaben zu einem Freiwilligendienst entnehmen, liegt kein Kindergeldbescheid vor oder kann ein solcher nicht vorgelegt werden, können alternativ folgende Nachweise herangezogen werden:

  • Vereinbarung über den Freiwilligendienst mit Nennung des Trägers, der Einsatzstelle, des genauen Einsatzzeitraums und der zugrundeliegenden Rechtsvorschrift;
  • Bescheinigung des Trägers (formlos oder im R0616) mit vergleichbarem Inhalt wie die Vereinbarung;
  • für den Bundesfreiwilligendienst auch der Freiwilligenausweis (für Freiwillige im Bundesfreiwilligendienst), da dieser Ausweis nur ausgestellt wird, wenn eine Vereinbarung über die Ableistung des Bundesfreiwilligendienstes nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz abgeschlossen wurde.

Ein entsprechender freiwilliger Dienst im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG wird auch „geleistet“, solange das Vertragsverhältnis während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz fortbesteht.

Bei einem nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats der EU, des EWR oder der Schweiz geleisteten Freiwilligendienstes vergleiche GRA zu Art. 5 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 5.7.

Für Zeiträume vor dem 01.07.2015 waren nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 48 SGB VI in der Fassung bis 30.06.2015 nur das freiwillige soziale oder ökologische Jahr und der Bundesfreiwilligendienst anspruchsbegründend. Dies ist bei der Prüfung für Zeiten bis 30.06.2015 zu berücksichtigen, so dass Ansprüche auf Waisenrente und Übergangszeiten, vergleiche hierzu Abschnitt 5.2, aus den weiteren freiwilligen Diensten frühstens ab dem 01.07.2015 entstehen konnten beziehungsweise können.

Freiwilliges soziales Jahr

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines freiwilligen sozialen Jahres im Sinne des „Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG)“.

Ein freiwilliges soziales Jahr wird zwischen der Vollendung des 16. und des 27. Lebensjahres in Vollzeit oder auch in Teilzeit von mehr als 20 Stunden pro Woche als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in geeigneten Einrichtungen (Einsatzstellen) geleistet.

Zum freiwilligen sozialen Jahr im Sinne des Absatzes 4 gehören bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen

  • Einsätze im Inland und
  • Einsätze im Ausland, wenn der Träger des Jugendfreiwilligendienstes seinen Sitz im Inland hat.

Einsätze im außereuropäischen Ausland (zum Beispiel in Israel) sind allerdings erst seit dem 01.06.2002 anspruchsbegründend.

Im Inland beträgt die Dauer in der Regel 12 zusammenhängende Monate. Die Mindestdauer der Verpflichtung bei demselben Träger liegt bei sechs Monaten, der Dienst kann bis zu einer Gesamtdauer von insgesamt 18 Monaten verlängert werden. Ist es im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet, kann der Jugendfreiwilligendienst auch bis 24 Monate andauern.

Ein Jugendfreiwilligendienst im Ausland wird ausschließlich ununterbrochen geleistet.

Im Übrigen können Einsätze im In- und Ausland bis zu einer Dauer von 18 Monaten auch kombiniert werden. Das freiwillige soziale Jahr und das freiwillige ökologische Jahr (vergleiche Abschnitt 5.3.2) können bis zu einer Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten mit einer Mindestdauer von sechs Monaten nacheinander geleistet werden.

Geeignete Einrichtungen zur Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres sind insbesondere Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe einschließlich der Einrichtungen für außerschulische Jugendbildung und Einrichtungen für Jugendarbeit, in Einrichtungen der Gesundheitspflege, in Einrichtungen der Kultur und Denkmalpflege oder in Einrichtungen des Sports.

Als Träger des freiwilligen sozialen Jahres sind ausdrücklich zugelassen:

  • die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege zusammengeschlossenen Verbände und ihre Untergliederungen,
  • die Religionsgemeinschaften mit dem Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft,
  • die Gebietskörperschaften sowie nach näherer Bestimmung der Länder sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts.

Die zuständige Landesbehörde kann weitere Träger des freiwilligen sozialen Jahres zulassen, wenn sie für eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Durchführung Gewähr bieten.

Zum Nachweis vergleiche Abschnitt 5.3.

Besonderheiten:

  • Die Aktion „Sühnezeichen/Friedensdienste“ ist als Träger des freiwilligen sozialen Jahres zugelassen. Jedoch sind die von der Aktion „Sühnezeichen/Friedensdienste“ ausgestellten Bescheinigungen über die Ableistung eines sogenannten „freiwilligen sozialen Friedensdienstes“ allein kein Nachweis über die Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres im Sinne des JFDG. Hierfür sind die Nachweise gemäß Abschnitt 5.3 erforderlich. Zudem kann die Aktion „Sühnezeichen/Friedensdienste“ auch Träger für andere Freiwilligendienste im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG sein, die einen Waisenrentenanspruch begründen können.
  • Die Organisation „Christen in der Offensive e. V.“ zählt zu den zugelassenen Trägern des freiwilligen sozialen Jahres. Die Teilnahme an einer Dienstleistung dieser Organisation ist daher ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Absatzes 4, sofern alle Voraussetzungen vorliegen und die Teilnahme entsprechend nachgewiesen ist.
  • Die Teilnahme an dem vom Jugendwerk der Evangelisch-methodistischen Kirche durchgeführten internationalen sozialen Jahreseinsatz ist ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des JFDG, sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind und ein entsprechender Nachweis geführt wird.

Freiwilliges ökologisches Jahr

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines freiwilligen ökologischen Jahres im Sinne des „Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (Jugendfreiwilligendienstegesetz - JFDG)“.

Ein freiwilliges ökologisches Jahr wird zwischen der Vollendung des 16. und des 27. Lebensjahres in Vollzeit oder auch in Teilzeit von mehr als 20 Stunden pro Woche als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in geeigneten Einrichtungen (Einsatzstellen) geleistet.

Zum freiwilligen ökologischen Jahr im Sinne des Absatzes 4 gehören bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen

  • Einsätze im Inland und
  • Einsätze im Ausland, wenn der Träger des Jugendfreiwilligendienstes seinen Sitz im Inland hat.

Im Inland beträgt die Dauer in der Regel 12 zusammenhängende Monate. Die Mindestdauer der Verpflichtung bei demselben Träger liegt bei sechs Monaten, der Dienst kann bis zu einer Gesamtdauer von insgesamt 18 Monaten verlängert werden. Ist es im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet, kann der Jugendfreiwilligendienst auch bis 24 Monate andauern.

Ein Jugendfreiwilligendienst im Ausland wird ausschließlich ununterbrochen geleistet.

Im Übrigen können Einsätze im In- und Ausland bis zu einer Dauer von 18 Monaten auch kombiniert werden. Das freiwillige ökologische Jahr und das freiwillige soziale Jahr (vergleiche Abschnitt 5.3.1) können bis zu einer Höchstdauer von insgesamt 18 Monaten mit einer Mindestdauer von sechs Monaten nacheinander geleistet werden.

Ein freiwilliges ökologisches Jahr kann in geeigneten Stellen und Einrichtungen zurückgelegt werden, die im Bereich des Natur- und Umweltschutzes, einschließlich der Bildung der Nachhaltigkeit tätig sind.

Die Träger des freiwilligen ökologischen Jahres sind Einrichtungen, die von den zuständigen Landesbehörden zugelassen werden, wenn sie für eine den gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Durchführung Gewähr bieten.

Zum Nachweis vergleiche Abschnitt 5.3.

Bundesfreiwilligendienst

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines Bundesfreiwilligendienstes nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz.

Der Bundesfreiwilligendienst kann ausschließlich im Inland geleistet werden.

Er wird nach Erfüllung der Vollzeitschulpflicht (in der Regel das 16. Lebensjahr) in Vollzeit oder auch in Teilzeit von mehr als 20 Stunden pro Woche als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen (Einsatzstellen) geleistet und steht Frauen und Männern aller Generationen offen.

Die Dauer beträgt in der Regel zwölf zusammenhängende Monate. Der Dienst dauert mindestens sechs Monate und höchstens 18 Monate. Er kann ausnahmsweise bis zu einer Dauer von 24 Monaten verlängert werden, wenn dies im Rahmen eines besonderen pädagogischen Konzepts begründet ist. Im Rahmen eines pädagogischen Gesamtkonzepts ist auch eine Ableistung in zeitlich getrennten Abschnitten möglich, wenn ein Abschnitt mindestens drei Monate dauert. Der Bundesfreiwilligendienst kann mehrmals im Leben geleistet werden. Bis zum 27. Lebensjahr darf die Gesamtdauer aller Abschnitte sowie mehrerer Bundesfreiwilligendienste einschließlich eines Jugendfreiwilligendienstes nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz die maximal mögliche Dauer von 18 beziehungsweise (ausnahmsweise) 24 Monaten allerdings nicht überschreiten.

Geeignete Einrichtungen zur Ableistung eines Bundesfreiwilligendienstes sind insbesondere Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, einschließlich der Einrichtungen für außerschulische Jugendbildung und für Jugendarbeit, in Einrichtungen der Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege, der Behindertenhilfe, der Kultur und Denkmalpflege, des Sports, der Integration, des Zivil- und Katastrophenschutzes und in Einrichtungen, die im Bereich des Naturschutzes und der Bildung der Nachhaltigkeit tätig sind.

Zuständige Bundesbehörde ist das „Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben“ (BAFzA). Das BAFzA schließt mit der Waise vor Beginn des Bundesfreiwilligendienstes eine schriftliche Vereinbarung ab.

Zum Nachweis vergleiche Abschnitt 5.3.

Freiwillige Dienste für die Europäische Union im Europäischen Solidaritätskorp (ESK) oder im Sinne des Programms Erasmus+

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer bestimmter freiwilliger Dienste für die Eurpäischen Union. Darunter fallen Freiwilligentätigkeiten im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32).

Die Europäische Freiwilligentätigkeit wird auf der Grundlage eines privatrechtlichen Fördervertrages (Vereinbarung) geleistet, der zwischen der antragstellenden Organisation (das kann entweder die Aufnahmeorganisation oder die Entsendeorganisation sein) und der die Förderung bewilligenden Stelle abgeschlossen wird. Die die Förderung bewilligende Stelle kann für in Deutschland ansässige Freiwillige die Nationalagentur JUGEND für Europa (Godesberger Allee 142 -148, 53175 Bonn) oder eine mit der Abwicklung betraute Nationalagentur in einem der anderen beteiligten Programmländer sein und in Ausnahmefällen auch unmittelbar die Europäische Kommission in Brüssel. Der Vertrag kommt erst mit abschließender Unterzeichnung durch die bewilligende Stelle zustande; er ist zwingende Voraussetzung für die Berücksichtigung. Der Tätigkeitsort liegt regelmäßig, aber nicht notwendig, im EU-/EWR-Gebiet. Die Dauer ist auf maximal zwölf Monate beschränkt; bis zu der Höchstdauer können auch mehrere Dienste beziehungsweise die Arbeit in verschiedenen Projekten berücksichtigt werden.

Der Europäische Freiwilligendienst (EFD) war bis 4. Oktober 2018 Teil des EU-Programms „Erasmus+“, geregelt in der Verordnung (EU) 1288/2013 (anspruchsbegründend für die Waisenrente jedoch erst mit § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI i. d. F. ab 01.07.2015). Zum 5. Oktober 2018 sind die Freiwilligendienste im Zuge der Verordnung (EU) Nr. 2018/1475 in das eigenständige EU-Programm Europäisches Solidaritätskorps übergegangen. An den Antragsmodalitäten und -voraussetzungen hatten sich durch das neue Programm gegenüber dem Europäischen Freiwilligendienst in „Erasmus+“ keine Änderungen ergeben.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2021 wurde die Verordnung (EU) 2018/1475 aufgehoben. Ab diesem Zeitpunkt werden die freiwilligen Dienste für die Europäische Union als Freiwilligentätigkeiten im Rahmen des Europäischen Solidaritätskorps im Sinne der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2021 zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014 (ABl. L 202 vom 8.6.2021, S. 32) geleistet. Hierzu erfolgte unter anderem eine sprachliche Anpassung im EStG in Bezug auf den in der Verordnung (EU) 2021/888 verwendeten Begriff „Freiwilligentätigkeit“ (vorher „Freiwilligenaktivität“).

Die ab dem 01.01.2021 geltende Verordnung lässt die Weiterführung oder Änderung der Maßnahmen, die gemäß den vorherigen Verordnungen zu den freiwilligen Diensten durchgeführt werden, bis zu deren Abschluss unberührt und die bisherigen Verordnungen selbst anwendbar. Daher sind die Anspruchsvoraussetzungen nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst.d EStG gleichwohl erfüllt, sofern noch ein ein Freiwilligendienst beziehungsweise eine Freiwilligenaktivität nach den bisherigen Programmen vereinbart wurde.

Der Nachweis ist durch eine Bescheinigung, die die deutsche Nationalagentur oder die Entsendeorganisation unter Bezugnahme auf das Programm und Angabe der Beteiligten (des Freiwilligen, der Entsendeorganisation und der Aufnahmeorganisation), der Dauer sowie der Projektnummer ausstellt, zu erbringen. Zum Nachweis vergleiche außerdem Abschnitt 5.3.

Anderer Dienst im Ausland (ADiA)

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines Anderen Dienstes im Ausland.

Der „Andere Dienst im Ausland“ ist in § 14b Zivildienstgesetz (ZDG) geregelt. Mit dem „Anderen Dienst im Ausland“ konnten anerkannte Kriegsdienstverweigerer bis zum 30.06.2011 ihre Zivildienstpflicht erfüllen.

Über § 5 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes (BFDG) wird der „Andere Dienst im Ausland“ nach § 14b ZDG auch nach Aussetzung der Wehr- und damit Zivildienstpflicht zum 01.07.2011 (vergleiche Abschnitte 6.3 und 6.5) weiterhin angeboten.

Der Dienst wird auf der Grundlage eines frei zu vereinbarenden privatrechtlichen Vertrags zwischen dem oder der Freiwilligen und dem anerkannten Träger durchgeführt.

Als Träger eines Anderen Dienstes im Ausland können juristische Personen anerkannt werden, die

  • steuerbegünstigten Zwecken im Sinne der §§ 51 bis 68 AO (Abgabenverordnung) dienen,
  • Gewähr dafür bieten, dass ihre Vorhaben den Interessen der Bundesrepublik Deutschland dienen und
  • ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Über die Anerkennung eines Trägers entscheidet auf dessen Antrag das BMFSFJ im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt. Es kann die Anerkennung auf bestimmte Vorhaben der Träger beschränken.

Zum Nachweis vergleiche Abschnitt 5.3.

Beachte:

Für Zeiten bis zum 30.06.2015 war ein Anspruch auf Waisenrente nicht möglich, da es sich bei dem Anderen Dienst im Ausland weder um ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes noch um einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes handelt. Eine Anerkennung konnte lediglich nach Prüfung des jeweiligen Einzelfalles im Rahmen einer Schul- oder Berufsausbildung als Praktikum in Frage kommen.

Der „Andere Dienst im Ausland“ kann - soweit er zur Erfüllung der Zivildienstpflicht geführt hat - zu einer Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus führen (vergleiche Abschnitt 6.4.1). Fällt die Waise nicht unter die Wehr- beziehungsweise Zivildienstpflicht, kommt aufgrund des „Anderen Dienstes im Ausland“ eine Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus jedoch nicht in Betracht. Dies gilt insbesondere für Zeiträume ab 01.07.2011 (vergleiche insoweit auch Abschnitt 6.5).

Freiwilligendienst „weltwärts“

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes „weltwärts“ im Sinne der Förderleitlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) vom 01.01.2016.

Ziel von „weltwärts“ ist, dass sich junge Menschen in Entwicklungsländern engagieren und internationale Erfahrungen und Qualifikationen sammeln, die für ihre berufliche Orientierung und Zukunftsfähigkeit hilfreich sind. “Weltwärts“ soll zur Völkerverständigung beitragen und der Nachwuchsförderung dienen.

Teilnehmen können junge Erwachsene im Alter von 18 bis 28 Jahren. Sie schließen eine Vereinbarung mit einer vom BMZ anerkannten Entsendeorganisation (EO) in Deutschland und einer Aufnahmeorganisation in einem Entwicklungsland und arbeiten volldienstlich auf gemeinwohlorientierten Einsatzplätzen der Aufnahmeorganisation. Die Einsatzdauer beträgt mindestens 6 und höchstens 24 zusammenhängende Monate (in der Regel 9 bis 15 Monate).

Zum Nachweis vergleiche Abschnitt 5.3.

Wird der Freiwilligendienst als Ersatz für den Zivildienst nach § 14b Zivildienstgesetz (ZDG) anerkannt, vergleiche Abschnitt 6.4.1).

Beachte:

Für Zeiten bis zum 30.06.2015 war ein Anspruch auf Waisenrente nicht möglich, da „weltwärts“ weder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes noch ein Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes ist. Eine Anerkennung konnte lediglich nach Prüfung des jeweiligen Einzelfalles im Rahmen einer Schul- oder Berufsausbildung als Praktikum in Frage kommen.

Freiwilligendienst aller Generationen

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines Freiwilligendienstes aller Generationen im Sinne des § 2 Abs. 1a SGB VII.

Ein Freiwilligendienst aller Generationen wird nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten unentgeltlich geleistet. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts (insbesondere Kommunen) oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung).

Zum Nachweis vergleiche Abschnitt 5.3.

Beachte:

Für Zeiten bis zum 30.06.2015 war ein Anspruch auf Waisenrente nicht möglich, da es sich bei dem generationsübergreifenden Freiwilligendienst weder um ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes noch um einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes handelt. Eine Anerkennung konnte lediglich nach Prüfung des jeweiligen Einzelfalles im Rahmen einer Schul- oder Berufsausbildung als Praktikum in Frage kommen.

Internationaler Jugendfreiwilligendienst

Nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für die Dauer eines „Internationalen Jugendfreiwilligendienstes“ (IJFD) im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vom 04.01.2021 (GMBl S. 77). Die Richtlinie wurde in der Vergangenheit mehrmals angepasst. An der Berücksichtigung dieser Dienste für einen Waisenrentenanspruch hat sich dadurch nichts geändert.

Der IJFD ermöglicht jungen Menschen, einen freiwilligen Dienst im Ausland zu leisten und dadurch interkulturelle, gesellschaftspolitische und persönliche Erfahrungen in einer anderen Kultur zu sammeln. In der Regel findet der Einsatz im sozialen oder ökologischen Bereich sowie in der Friedens- und Versöhnungsarbeit statt.

Der IJFD richtet sich an junge Menschen, die die Vollzeitschulpflicht erfüllt und bis zum Dienstabschluss das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Der IJFD kann zwischen sechs und 18 Monate dauern, regelmäßig beträgt die Dienstzeit jedoch zwölf Monate.

Der zugelassene Träger des IJFD und die oder der Freiwillige schließen vor Beginn des Freiwilligendienstes eine schriftliche Vereinbarung ab. Die Zulassung der Träger erfolgt durch das BMFSFJ oder eine vom BMFSFJ beauftragte Stelle.

Zum Nachweis vergleiche Abschnitt 5.3.

Beachte:

Für Zeiten bis zum 30.06.2015 war ein Anspruch auf Waisenrente nicht möglich, da es sich bei dem Internationalen Jugendfreiwilligendienst weder um ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes noch um einen Bundesfreiwilligendienst im Sinne des Bundesfreiwilligendienstgesetzes handelt. Eine Anerkennung konnte lediglich nach Prüfung des jeweiligen Einzelfalles im Rahmen einer Schul- oder Berufsausbildung als Praktikum in Frage kommen.

Nicht anerkennungsfähige Dienste

Die nachfolgenden Dienste stellen keinen Freiwilligendienst im Sinne des § 32 EStG dar:

  • Missionswerk Neues Leben e. V.
  • Die Teilnahme am sogenannten „missionarischen Jahr“ des Missionswerkes Neues Leben e. V. ist kein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Absatzes 4. Das Missionswerk Neues Leben ist nicht als Träger des freiwilligen sozialen Jahres zugelassen.
  • Freiwilliges soziales Trainingsjahr (FSTJ)
  • Berufsvorbereitendes Soziales Jahr (BSJ) der Lebenshilfe e. V.
    Das BSJ ist ein berufliches Orientierungsjahr zwischen Schule, Ausbildung und Beruf im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Ausgehend vom Ziel des BSJ dient dieses Orientierungsjahr unter anderem der Berufsorientierung und der Vorbereitung auf die Aufnahme einer Berufsausbildung. Es handelt sich nicht um ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) und auch nicht um eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme.
    Ein Anspruch auf Waisenrente kann sich nur ergeben, sofern das BSJ als Praktikum in Rahmen einer Schul- oder Hochschulausbildung (zum Beispiel bei einer Ausbildung im sozialen Bereich) anerkannt wird. Gleiches gilt für den Fall, dass die Ableistung eines BSJ als Praktikum im Rahmen einer sonstigen Ausbildung anerkannt wird.

Unterhaltsunfähigkeit wegen Behinderung

Anspruch auf Waisenrente besteht für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres für eine Waise, die infolge körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten.

Eine Behinderung (vergleiche Abschnitt 5.4.1) muss also die Ursache dafür sein, dass die Waise kein Einkommen erzielt oder nur ein so geringes Einkommen, dass sie ihren Unterhaltsbedarf damit nicht selbst sicherstellen kann (vergleiche dazu Abschnitt 5.4.2).

Eine Waisenrentenzahlung wegen Behinderung über das 27. Lebensjahr hinaus ist in keinem Fall möglich. Die Begrenzung des Waisenrentenanspruchs wegen Behinderung auf Zeiten bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres ist verfassungsgemäß (entsprechend dem Beschluss des BVerfG vom 18.06.1975, AZ: 1 BvL 4/74, SozR 2400 § 44 Nr. 1, und Urteil des BSG vom 12.03.1981, AZ: 11 RA 12/80).

Beachte aber § 304 SGB VI: Nach dieser Übergangsregelung können Waisenrenten wegen Gebrechlichkeit, die im Saarland aufgrund des dort vor 1957 geltenden Rechts bewilligt wurden, über das 25. Lebensjahr hinaus ohne Altersbegrenzung weitergeleistet werden, solange der Zustand der Gebrechlichkeit anhält.

Behinderung

Unter Behinderung eines Menschen im Sinne des Absatzes 4 ist in Anlehnung an § 2 SGB IX in der Fassung ab 01.01.2018 zu verstehen, dass diese Menschen körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Entsprechende Behinderungen können auch durch Krankheiten (zum Beispiel langwierige Lungentuberkulose) bewirkt werden (entsprechend den Urteilen des BSG vom 02.03.1961, AZ: 4 RJ 198/59, SozR Nr. 3 zu § 1267 RVO, und BSG vom 25.07.1963, AZ: 4 RJ 437/61, SozR Nr. 9 zu § 1267 RVO). Unter den Begriff „Behinderung“ sind jedoch nicht Krankheiten einzuordnen, deren Verlauf sich auf eine im Voraus abschätzbare kurze oder längere Dauer beschränkt (sogenannte akute Krankheiten).

Auch Drogenabhängigkeit kann Behinderung bewirken, wobei die Behinderung regelmäßig auch nach erfolgter Entwöhnung noch für einen eingeschränkten Zeitraum gegeben sein wird.

Für die Frage, ob eine „Behinderung“ vorliegt, ist stets die medizinische Würdigung im Einzelfall maßgebend. Nicht erforderlich ist, dass verminderte Erwerbsfähigkeit im Sinne der §§ 43, 240 SGB VI beziehungsweise der entsprechenden Vorgängervorschriften besteht.

Fähigkeit, sich selbst zu unterhalten

Anspruch auf Waisenrente wegen „Behinderung“ besteht nur dann, wenn die Waise infolge der Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Die Fähigkeit „sich selbst zu unterhalten“ ist dann nicht gegeben, wenn die Waise ihren notwendigen Lebensbedarf nicht selbst bestreiten kann. Es kommt in diesem Zusammenhang nur auf das tatsächliche Können der Waise an. Ob dieses Können auch in eine reale Möglichkeit umgesetzt wird, zum Beispiel durch Aufnahme einer Beschäftigung, ist unbeachtlich.

Zum notwendigen Lebensbedarf gehören die gesamten zwingenden Ausgaben des täglichen Lebens, insbesondere Aufwendungen für Nahrung, Wohnung, Bekleidung, Beschaffung von Gebrauchsgegenständen, ärztliche Behandlung und so weiter. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Waise gerade aufgrund ihrer Behinderung gegebenenfalls erhöhte und zusätzliche Aufwendungen hat (zum Beispiel durch besondere Ernährungsweise, Pflegeperson, Heil- und Hilfsmittel).

Der notwendige Lebensunterhalt einer behinderten Waise im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2d SGB VI ist als nicht gedeckt anzusehen, wenn das zu berücksichtigende Einkommen der Waise beziehungsweise das Nettoeinkommen, zu dessen Erwerb die Waise fähig ist, einen pauschalen Richtwert nicht übersteigt. Für die Zeit bis zum 11.09.2016 galt ein Richtwert von 799,00 EUR. Für die Zeit ab 12.09.2016 ist von einem Richtwert in Höhe von 899,00 EUR auszugehen und er verändert sich zukünftig nach der Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG sowie der Pauschalbeträge für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 3 EStG (vergleiche auch verbindliche Entscheidung in RVaktuell 7/2016, 160). Der pauschale Richtwert beträgt:

abBetrag
01.01.2002799,00 EUR
12.09.2016899,00 EUR
01.01.2017913,00 EUR
01.01.2018928,00 EUR
01.01.2019942,00 EUR
01.01.2020962,00 EUR
01.01.20211.168,00 EUR
01.01.20221.218,00 EUR
01.01.20231.265,00 EUR
01.01.20241.323,00 EUR

Besteht nicht die Fähigkeit, ein höheres Einkommen zu erzielen und wird es auch tatsächlich nicht erzielt, ist die Fähigkeit „sich selbst zu unterhalten“ nicht gegeben. Liegt das berücksichtigungsfähige Nettoeinkommen über den maßgebenden „Pauschalbeträgen“, ist eine Prüfung im Einzelfall erforderlich.

Bei der Prüfung der Frage, ob die Waise fähig ist, „sich selbst zu unterhalten“ und ihren notwendigen Lebensbedarf zu decken, ist in erster Linie auf das aus einer Beschäftigung oder Tätigkeit tatsächlich erzielte beziehungsweise auf das aus einer zumutbaren Beschäftigung gegebenenfalls zu erzielende Einkommen abzustellen. Zu den tatsächlich erzielten Einkommen zählt auch volles Arbeitsentgelt einschließlich der Lohnkostenzuschüsse für eine im Rahmen eines Budgets für Arbeit geförderte Beschäftigung.

Die Fähigkeit „sich selbst zu unterhalten“ ist zudem aber auch immer dann als gegeben anzusehen, wenn die Waise ihren notwendigen Lebensbedarf durch sonstiges Einkommen, das Lohnersatzfunktion hat, bestreiten kann.

Sonstige Einkünfte in diesem Sinn sind:

  • Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (vergleiche hierzu Urteil des BSG vom 27.04.1978, AZ: 8/12 RKg 14/77, SozR 5870 § 2 Nr. 10),
  • Rente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung,
  • Krankengeld,
  • Arbeitslosengeld,
  • Leistungen aus der Unfallversicherung, soweit diese nicht für einen tatsächlichen Mehrbedarf zweckgebunden erbracht werden (zum Beispiel Schwerverletztenzulage, Blindenrente),
  • Versorgungsbezüge nach besoldungsrechtlichen Vorschriften,
  • Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit Ausnahme der Leistungen, die zur Abdeckung des durch den Körperschaden verursachten Mehrbedarfs (zum Beispiel Grundrente, Schwerbeschädigtenzulage, Pflegezulage oder Ähnliches) dienen,
  • Renten nach dem Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder“ (Conterganschäden), soweit sie den Betrag übersteigen, der im Falle einer Versorgungsberechtigung nach dem BVG als Grundrente zu zahlen wäre,
  • die in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG zustehenden Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz, soweit sie im Falle einer Versorgungsberechtigung nach dem BVG als Einkünfte anzusehen wären,
  • Dauerrenten, die im Rahmen einer privaten Haftpflichtversicherung als Einkommensersatz gezahlt werden,
  • Elterngeld, soweit der nach § 10 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) geschützte Betrag von 300,00 EUR beziehungsweise bei einer Verlängerung des Elterngeldes nach § 6 BEEG von 150,00 EUR überschritten wird. Bei Mehrlingsgeburten sind gemäß § 10 Abs. 4 BEEG entsprechend höhere Beträge geschützt,
  • Vermögenseinkommen (vergleiche GRA zu § 18a SGB IV, Abschnitt 6).

Nicht zu den Einkünften im vorstehenden Sinne zählen:

  • Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung,
  • Sozialhilfe (einschließlich der Leistungen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung - §§ 41 ff. SGB XII),
  • Arbeitslosenhilfe (bis 31.12.2004),
  • Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (ab 01.01.2005),
  • Unterhaltsleistungen des Ehegatten/Lebenspartners und der Verwandten,
  • Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, um einen Mehrbedarf zu decken, der durch einen Körperschaden verursacht ist (zum Beispiel Pflegegeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Krankenversicherung, Ersatz der Mehrkosten für den Kleider- und Wäscheverschleiß oder Ähnliches),
  • Einkommen von behinderten Menschen in den in § 1 S. 1 Nr. 2 und 3 SGB VI genannten Einrichtungen, es sei denn, die behinderte Waise ist in der Lage, auch unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes versicherungspflichtig zu arbeiten.

Beachte:

Die von den Rentenversicherungsträgern vertretene Auffassung, Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht zu berücksichtigen, wurde zwischenzeitlich aufgegeben. Soweit in der Vergangenheit eine Waisenrente allein aufgrund der Tatsache, dass Vermögenseinkünfte außer Betracht blieben, anerkannt wurde, ist - sobald der Fall in den Geschäftsgang gelangt - eine Korrektur der entsprechenden Bewilligungsbescheide zu prüfen. Die Korrekturmöglichkeit richtet sich in Fällen, in denen bereits bei Erlass des Rentenbewilligungs-/Weiterzahlungsbescheides Vermögenseinkommen vorhanden war, nach § 45 SGB X. Ist das Vermögen erst später hinzugetreten, gilt für die Korrekturmöglichkeit § 48 SGB X.

Anspruch über das 27. Lebensjahr hinaus

Die für den Anspruch auf Waisenrente maßgebende Altersbegrenzung von 27 Jahren erhöht sich bei Unterbrechung oder Verzögerung der Schulausbildung oder Berufsausbildung durch Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder eines gleichgestellten Dienstes grundsätzlich um die Zeit dieser Dienstleistung, höchstens um einen der Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes oder Zivildienstes entsprechenden Zeitraum.

Ein Anspruch auf Waisenrente für die Dauer des Verlängerungszeitraumes im Sinne des Absatzes 5 kann sich nur ergeben, soweit sich die Waise während des Verlängerungszeitraumes in Schul- oder Berufsausbildung befindet.

Für die Gewährung der Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus ist es unerheblich, ob der Wehrdienst, der Zivildienst oder der gleichgestellte Dienst vor oder nach dem zur Waisenrentengewährung führenden Tod des Versicherten geleistet worden ist (vergleiche hierzu Urteil des BSG vom 22.06.1972, AZ: 12 RJ 272/71, SozR Nr. 48 zu § 1267 RVO).

Die Waisenrente wird bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen über das 27. Lebensjahr hinaus auch dann gezahlt, wenn der Tod des Versicherten zwar erst nach Vollendung des 27. Lebensjahres (der Waise), aber noch innerhalb des maßgeblichen Verlängerungszeitraumes (vergleiche Abschnitt 6.1) eintritt.

Erfolgte die Einberufung der Waise zum Grundwehrdienst/Zivildienst aufgrund freiwilliger Meldung beziehungsweise begann der ab 01.07.2011 mögliche freiwillige Wehrdienst als Probezeit (vergleiche hierzu Abschnitt 6.3) bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres, ist für die Bestimmung des maßgeblichen Verlängerungszeitraumes nur der Teil des Grundwehrdienstes/Zivildienstes zu berücksichtigen, der auf die Zeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres entfällt (vergleiche Abschnitt 6.1).

Hat die Waise vor Vollendung des 27. Lebensjahres einen gesetzlichen Wehr- oder Zivildienst abgeleistet, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die jeweilige Dienstleistung die Schul- oder Berufsausbildung unterbrochen beziehungsweise verzögert hat. Es ist regelmäßig nicht zu prüfen, ob der Wehrdienst, der Zivildienst oder der gleichgestellte Dienst tatsächlich Ursache für eine Unterbrechung oder Verzögerung der Ausbildung gewesen ist.

Ein Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 ist dann nicht gegeben, wenn der Wehr- oder Zivildienst in vollem Umfang erst nach Vollendung des 27. Lebensjahres abgeleistet worden ist. Ein Anspruch auf Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus kann dann nicht entstehen.

Berechnung des Verlängerungszeitraumes

Der Verlängerungszeitraum berechnet sich grundsätzlich in der Weise, dass die Zeit des Wehr- oder Zivildienstes - für die dem Grunde nach keine „Schul- oder Berufsausbildung" angenommen werden kann (vergleiche Abschnitt 5.2.2) - an den Ablauf des Monats der Vollendung des 27. Lebensjahres angehängt wird. Der Umfang des Verlängerungszeitraumes ergibt sich somit grundsätzlich aus der Dauer des geleisteten Wehr- oder Zivildienstes. Der Verlängerungszeitraum kann höchstens einen Zeitraum bis zur Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes oder Zivildienstes umfassen. Der Verlängerungszeitraum ist nach Monaten und Tagen zu berechnen. Jeder voll mit Wehr- oder Zivildienst belegte Monat zählt als ein Monat.

Siehe Beispiele 11, 12

Erfolgte die Einberufung der Waise zum Grundwehrdienst/Zivildienst aufgrund freiwilliger Meldung beziehungsweise begann der ab 01.07.2011 mögliche freiwillige Wehrdienst als Probezeit (vergleiche hierzu Abschnitt 6.3) bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres, ist Verlängerungstatbestand im Sinne des § 48 Abs. 5 SGB VI nur der Teil des gesetzlichen Grundwehrdienstes/Zivildienstes, der auf die Zeit nach dem Tag der Vollendung des 18. Lebensjahres entfällt. Nur für die Zeit ab dem vollendeten 18. Lebensjahr entsteht eine Unterbrechung der Ausbildung aufgrund gesetzlicher Verpflichtung, denn nach § 1 Wehrpflichtgesetz (WPflG) besteht eine Wehrpflicht erst ab dem 18. Lebensjahr. Darüber hinaus ist ein Anspruchsverlust für die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nicht eingetreten, da die Waisenrente bis zu diesem Zeitpunkt ohne Erfüllung weiterer Voraussetzungen geleistet wird.

Siehe Beispiel 18

Absolviert die Waise während des Wehr- oder Zivildienstes eine „Schul- oder Berufsausbildung“ im Sinne des Absatzes 4, weil sie zum Beispiel beurlaubt ist, ist die Zeit des Wehr- oder Zivildienstes, für die zeitgleich Waisenrente aufgrund der Ausbildung geleistet wird, bei der Berechnung des Verlängerungszeitraumes nicht zu berücksichtigen (vergleiche auch Abschnitt 5.1.1).

Siehe Beispiele 12, 13, 14 und 17

Beginnt der Wehr- oder Zivildienst vor Vollendung des 27. Lebensjahres und endet erst nach diesem Zeitpunkt, so ist die gesamte Dienstdauer - also auch die nach der Vollendung des 27. Lebensjahres liegende Zeit - grundsätzlich Verlängerungstatbestand. Der Verlängerungszeitraum wird in diesen Fällen errechnet, indem die gesamte Dienstzeit an den Ablauf des Monats der Vollendung des 27. Lebensjahres angehängt wird.

Siehe Beispiel 15

Gesetzlicher Wehrdienst

Gesetzlicher Wehrdienst im Sinne des Absatzes 5 ist nur der zur Erfüllung der gesetzlichen Wehrdienstpflicht nach Bundesrecht zu leistende Wehrdienst. Die Beurteilung richtet sich nach der zur Zeit des Wehrdienstes jeweils geltenden Fassung des Wehrpflichtgesetzes (WPflG). Die Dauer des zur Erfüllung der gesetzlichen Wehrdienstpflicht geleisteten Wehrdienstes ist durch eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Militärdienststelle nachzuweisen.

Der gesetzliche Wehrdienst umfasst

Die Wehrpflichtigen unterlagen bis zum 31.12.2001 im Anschluss an den Grundwehrdienst für zwei Monate der Verfügungsbereitschaft. In dieser Zeit konnten die Wehrpflichtigen zum Wehrdienst herangezogen werden. Der während der Verfügungsbereitschaft geleistete Wehrdienst wurde auf die Gesamtdauer der Wehrübungen angerechnet; das Vorliegen eines Verlängerungstatbestandes beurteilt sich in diesen Fällen entsprechend Abschnitt 6.2.2. Mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der Bundeswehr vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 4013) wurde der Dienst in der Verfügungsbereitschaft zum 01.01.2002 abgeschafft.

Nicht zum gesetzlichen Wehrdienst gehören der freiwillige zusätzliche Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst (§ 6b WPflG) und die Teilnahme an besonderen Auslandsverwendungen (§ 6a WPflG). Erfolgte eine Verpflichtung als Soldat auf Zeit vergleiche Abschnitt 6.2.3.

Zur Wertung gleichgestellter Dienste sowie zur Wehrdienstleistung von Deutschen in ausländischen Streitkräften vergleiche Abschnitte 6.4.3 und 6.2.5.

Nach dem geltenden Wehrpflichtgesetz unterliegen Frauen nicht der Wehrpflicht. In der Zeit vom 01.01.2001 bis 30.06.2011 konnten Frauen jedoch freiwillig Dienst nach dem Soldatengesetz leisten. Dieser von Frauen geleistete freiwillige Dienst ist kein Verlängerungstatbestand im Sinne von § 48 Abs. 5 SGB VI.

Die gesetzliche Wehrpflicht wurde zum 01.07.2011 mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011) vom 28.04.2011 (BGBl. I S. 678) ausgesetzt. Zugleich wurde ein freiwilliger Wehrdienst eingeführt, der Männern und Frauen möglich ist (§ 54 WPflG in der Fassung des WehrRÄndG 2011 gültig bis 12.04.2013). Mit dem fünfzehnten Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes wurden die bis dahin im Wehrpflichtgesetz geltenden Regelungen zum freiwilligen Wehrdienst ab 13.04.2013 inhaltsgleich in die Systematik des Soldatengesetzes (BGBl. I S. 730) integriert. Näheres hierzu ist dem Abschnitt 6.3 zu entnehmen.

Soldaten, die zu einem Grundwehrdienst einberufen worden waren, der über den 30.06.2011 hinausging, waren auf Antrag mit Ablauf dieses Tages zu entlassen. Wurde ein entsprechender Antrag nicht gestellt, galt für die verbliebene Zeit das neue Recht. Auf die Möglichkeit der Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus ergeben sich diesbezüglich keine Auswirkungen, da auch der freiwillige Wehrdienst als Probezeit nach § 54 WPflG in der Fassung bis 12.04.2013 eine Verlängerung des Waisenrentenanspruchs begründen kann (vergleiche Abschnitt 6.3).

Dauer des Grundwehrdienstes

Seit dem 01.12.2010 dauert der Grundwehrdienst nach dem Gesetz zur Änderung wehr- und zivildienstrechtlicher Vorschriften 2010 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 - WehrRÄndG 2010 - BGBl. I S. 1052) 6 Monate.

In der Zeit

  • vom 01.01.2002 bis zum 30.11.2010 betrug die Höchstdauer des Grundwehrdienstes 9 Monate,
  • 01.01.1996 bis zum 31.12.2001 10 Monate,
  • vom 01.10.1990 bis zum 31.12.1995 12 Monate und
  • vom 01.01.1973 bis 30.09.1990 15 Monate.

Wehrpflichtige, die sich am 31.12.2010 im Grundwehrdienst befanden und zu diesem Zeitpunkt bereits 6 Monate oder länger Grundwehrdienst geleistet hatten, wurden zum 31.12.2010 entlassen. Andernfalls war die Dienstzeit nach der ab 01.12.2010 geltenden Rechtslage neu festzusetzen. Die Wehrpflichtigen konnten jedoch auch beantragen, den Grundwehrdienst bis zum Ablauf der im Einberufungsbescheid festgesetzten Dauer zu leisten. Gemäß § 48 Abs. 5 SGB VI gilt dann die gesamte Zeit als Verlängerungszeitraum.

Wehrübungen

Die Gesamtdauer der abzuleistenden Wehrübungen bestimmt sich nach dem jeweiligen Dienstrang (§ 6 Abs. 2 Wehrpflichtgesetz -WPflG-). Die einzelne Wehrübung dauert höchstens drei Monate. Derartige kurzfristige Wehrübungen sind grundsätzlich kein Verlängerungstatbestand im Sinne des § 48 Abs. 5 SGB VI. Durch die Ableistung der Wehrübung tritt regelmäßig eine Unterbrechung oder Verzögerung der Ausbildung nicht ein. Dies gilt insbesondere für Wehrübungen, die keinen vollen Kalendermonat umfassen. Ist im Einzelfall eine längerfristige Übung abgeleistet worden, so ist zu prüfen, ob diese tatsächlich eine Unterbrechung oder Verzögerung der Ausbildung bewirkt hat. Dies ist zum Beispiel immer dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Ableistung der Wehrübung bereits ein Waisenrentenanspruch bestanden hat und die Zahlung der Waisenrente im Hinblick auf die Ableistung der Wehrübung unterbrochen worden ist. Zur Höchstdauer des eventuellen Verlängerungszeitraumes vergleiche Abschnitt 6.1.

Verpflichtung als Soldat auf Zeit

Für die Beurteilung der Frage, inwieweit der Dienst als Soldat auf Zeit dem gesetzlichen Wehrdienst im Sinne des Absatzes 5 gleichsteht, ist zu unterscheiden, ob der Dienst als Soldat auf Zeit bis zu drei Jahren oder länger als drei Jahre gedauert hat. Hierbei sind in den Fällen, in denen die Verpflichtung als Soldat auf Zeit während der Ableistung des Grundwehrdienstes erfolgte, der bereits geleistete Grundwehrdienst und die anschließende Dienstleistung als Soldat auf Zeit zusammenzuzählen. Entsprechendes gilt bei einer Verpflichtung als Soldat auf Zeit im Anschluss an den Grundwehrdienst, sofern der Grundwehrdienst auf die Verpflichtungszeit angerechnet wird. Ergibt sich danach eine Gesamtdienstzeit von mehr als drei Jahren, gelten die Grundsätze zu „Dienst als Soldat auf Zeit“ von mehr als drei Jahren.

  • Dienst als Soldat auf Zeit bis zu drei Jahren
    Der Dienst als Soldat auf Zeit steht dem gesetzlichen Wehrdienst bis zu dem Umfang gleich, in dem nach der jeweiligen Fassung des Wehrpflichtgesetzes regelmäßig Grundwehrdienst zu leisten war. Die auf den Grundwehrdienst anzurechnende Dienstzeit ist bis zur Dauer des gesetzlichen Wehrdienstes Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5.
  • Dienst als Soldat auf Zeit von mehr als drei Jahren
    Bei einer Dienstzeit von mehr als drei Jahren steht der Dienst als Soldat auf Zeit in keinem Fall dem gesetzlichen Wehrdienst im Sinne des Absatzes 5 gleich (vergleiche hierzu Urteil des BSG vom 26.09.1974, AZ: 5 RJ 77/72, SozR 2200 § 1267 Nr. 3). Dieser Dienst kann somit nicht zu einem Anspruch auf Waisenrente über das 27. Lebensjahr hinaus führen.

Dem Wehrdienst gleichgestellte Dienste

Die gesetzliche Wehrpflicht ist unter Umständen auch durch andere Dienste erfüllt.

Folgende Dienste kommen dafür in Betracht und können zur Verlängerung des Waisenrentenanspruchs führen:

  • Dienst nach dem Bundesgrenzschutzgesetz
    Bei Wehrpflichtigen, die nach dem Bundesgrenzschutzgesetz zum Polizeivollzugsdienst im Bundesgrenzschutz verpflichtet worden sind (Grenzschutzdienstpflichtige), wird der im Bundesgrenzschutz geleistete Dienst gemäß § 42a WPflG auf den Grundwehrdienst angerechnet. In dem zur Anrechnung gelangten zeitlichen Umfang - längstens bis zur Dauer des gesetzlichen Grundwehrdienstes - ist der im Bundesgrenzschutz geleistete Dienst Verlängerungstatbestand im Sinne des § 48 Abs. 5 SGB VI.
  • Entwicklungsdienst nach dem Entwicklungshelfer-Gesetz
    Haben Wehrpflichtige mindestens zwei Jahre Entwicklungsdienst geleistet, so erlischt ihre Pflicht, Grundwehrdienst zu leisten (§ 13b Abs. 3 S. 1 WPflG). Ist hiernach die Verpflichtung zur Ableistung des Grundwehrdienstes erfüllt, ist der Entwicklungsdienst bis zum Umfang des Grundwehrdienstes Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5. Über diesen zeitlichen Umfang hinaus kann ein Verlängerungstatbestand nicht gegeben sein (vergleiche hierzu Urteil des BSG vom 10.09.1980, AZ: 11 RA 129/79, SozR 2200 § 1262 Nr. 16). Wurde der Entwicklungsdienst aus Gründen, die der Wehrpflichtige nicht zu vertreten hatte, vorzeitig beendet, kann der geleistete Dienst teilweise auf den Wehrdienst angerechnet werden. Der Umfang der anrechnungsfähigen Zeit ist durch eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Militärdienststelle nachzuweisen. Insoweit ist dann ein Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 gegeben. Der Entwicklungsdienst ist auch nur insoweit Verlängerungstatbestand, als der Wehrpflichtige nicht bereits vor Ableistung des Entwicklungsdienstes Grundwehrdienst geleistet hat.

Die folgenden Dienste können ebenfalls die gesetzliche Wehrpflicht erfüllen, führen jedoch nicht zur Verlängerung:

  • Dienst im Vollzugsdienst der Polizei
    Der von Wehrpflichtigen im Vollzugsdienst der Polizei geleistete Dienst ist kein Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5.
  • Dienst im Zivilschutz oder Katastrophenschutz
    Der von Wehrpflichtigen im Zivil- oder Katastrophenschutz (zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk oder beim Deutschen Roten Kreuz) geleistete Dienst ist grundsätzlich kein Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5. Durch diese Dienste tritt regelmäßig keine Unterbrechung beziehungsweise Verzögerung der Schul- oder Berufsausbildung ein, selbst wenn gemäß § 13a Abs. 2 WPflG durch Ableistung eines entsprechenden Dienstes die Grundwehrdienstpflicht erlischt.

Wehrpflicht in fremden Streitkräften

Für die Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der Wehrdienst in fremden Streitkräften dem gesetzlichen Wehrdienst im Sinne von § 48 Abs. 5 SGB VI gleichgestellt ist, ist es entscheidend, welche Staatsangehörigkeit die Waise hat. Besitzt die Waise die deutsche Staatsangehörigkeit und hat sie ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, so steht der in anderen Staaten geleistete Wehrdienst dem Wehrdienst im Inland gleich, wenn der Wehrdienst im Ausland ebenfalls zur Erfüllung einer gesetzlichen Wehrpflicht geleistet wurde und - abgestellt auf den Zuzugszeitpunkt - auch nach Bundesrecht Wehrdienst zu leisten gewesen wäre. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist der ausländische Wehrdienst in dem Umfang Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5, in dem zum Zuzugszeitpunkt aus dem Ausland nach dem jeweils geltenden Wehrpflichtgesetz in der Bundesrepublik Deutschland Grundwehrdienst zu leisten war (vergleiche Abschnitt 6.2.1).

Begründet die Waise keinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland, ist der im Ausland geleistete Wehrdienst kein Verlängerungstatbestand (vergleiche aber Abschnitte 6.2.5.1 und 6.2.5.2).

Bei einem Dienst als Soldat auf Zeit beurteilt sich das Vorliegen eines Verlängerungstatbestandes entsprechend Abschnitt 6.2.3.

Der von Ausländern, die nicht Staatsangehörige eines Staates der EU, des EWR oder der Schweiz sind, in fremden Streitkräften geleistete Wehrdienst ist kein Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 (vergleiche hierzu Urteil des BSG vom 22.06.1972, AZ: 12 RJ 262/71, SozR Nr. 29 zu § 1262 RVO).

Wehrpflicht bei „Mehrstaatlern“

Besitzt die Waise neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch die Staatsangehörigkeit Argentiniens oder - für Zeiten vor Begründung der EU/EWR-Mitgliedschaft - Norwegens, Österreichs, Schwedens oder Spaniens, ist der dort abgeleistete ausländische Wehrdienst in dem zeitlichen Umfang Verlängerungstatbestand, in dem er tatsächlich geleistet worden ist. Für die Berechnung des Verlängerungstatbestandes ist nicht darauf abzustellen, in welchem zeitlichen Umfang nach deutschem Recht Wehrdienst zu leisten gewesen wäre. Unbeachtlich ist auch, ob die Waise einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat.

Bei einem in einem Staat der EU, des EWR oder der Schweiz geleisteten Wehrdienst vergleiche Abschnitt 6.2.5.2.

Für sonstige „Mehrstaatler“ gelten die im Abschnitt 6.2.5 dargelegten Grundsätze.

Wehrdienst in einem Staat der EU, des EWR oder der Schweiz

Der in einem Staat der EU, des EWR oder der Schweiz nach dem Recht des jeweiligen Staates abgeleistete Wehrdienst ist für die Verlängerung des Waisenrentenanspruchs nach Absatz 5 dem deutschen Wehrdienst gleichgestellt (vergleiche EuGH-Urteil vom 25.06.1997, Rechtssache C-131/96, Romero).

Auswirkungen können sich danach - soweit Wehrdienstpflicht bestand - zu folgenden Zeitpunkten ergeben:

  • Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande ab 01.01.1958,
  • Dänemark, Großbritannien, Irland ab 01.01.1973,
  • Griechenland ab 01.01.1981,
  • Portugal, Spanien ab 01.01.1986,
  • Finnland, Island, Norwegen, Österreich, Schweden ab 01.01.1994,
  • Liechtenstein ab 01.05.1995,
  • die Schweiz ab 01.06.2002,
  • Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern ab 01.05.2004,
  • Bulgarien und Rumänien ab 01.01.2007 sowie
  • Kroatien ab 01.07.2013.

Dabei kann auch ein Wehrdienst vor diesen Zeitpunkten den Waisenrentenanspruch verlängern - Art. 94 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 1408/71 beziehungsweise Art. 87 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004.

Der Waisenrentenanspruch verlängert sich grundsätzlich um den Zeitraum, in dem gesetzlicher Wehrdienst nach dem Recht des anderen Staates der EU, des EWR oder der Schweiz geleistet wurde. Der Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 ist nicht auf die Dauer des gesetzlichen deutschen Wehrdienstes beschränkt. Unbeachtlich ist auch, ob die Waise einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat.

Für Ansprüche auf Waisenrente, die unter die VO (EG) Nr. 883/2004 fallen, vergleiche GRA zu Art. 5 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 7.2.2.

Freiwilliger Wehrdienst ab 01.07.2011

Die gesetzliche Wehrpflicht wurde zum 01.07.2011 mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011) vom 28.04.2011 (BGBl. I S. 678) ausgesetzt. Zugleich wurde ein freiwilliger Wehrdienst eingeführt (§ 54 WPflG in der Fassung bis 12.04.2013). Mit dem fünfzehnten Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes (SG) wurden die bis dahin im Wehrpflichtgesetz geltenden Regelungen zum freiwilligen Wehrdienst ab 13.04.2013 inhaltsgleich in die Systematik des Soldatengesetzes (BGBl. I S. 730) integriert. Seither ist der freiwillige Wehrdienst in § 58b SG geregelt.

Der freiwillige Wehrdienst besteht aus sechs Monaten freiwilligem Wehrdienst als Probezeit und bis zu 17 Monaten anschließendem freiwilligen zusätzlichem Wehrdienst. Er steht sowohl Männern als auch Frauen offen.

Mit der Differenzierung des freiwilligen Wehrdienstes in zwei Abschnitte wird über § 58f SG klargestellt, dass die ersten sechs Monate des freiwilligen Wehrdienstes dem Grundwehrdienst nach § 5 WPflG entsprechen. Da gemäß § 58f SG die Regelungen in anderen Gesetzen, die an die Ableistung des Grundwehrdienstes anknüpfen, auch auf den neuen freiwilligen Wehrdienst als Probezeit anzuwenden sind, gilt § 48 Abs. 5 SGB VI gleichermaßen für den freiwilligen Wehrdienst als Probezeit. Dieser kann damit bei Männern und Frauen zu einer Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus führen (vergleiche verbindliche Entscheidung in RVaktuell 10/2011, 311).

Da der sich an den freiwilligen Wehrdienst als Probezeit anschließende freiwillige zusätzliche Wehrdienst gemäß § 58f SG dem freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst im Anschluss an den Grundwehrdienst nach § 6b WPflG entspricht, führt er nicht zu einer Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus (vergleiche verbindliche Entscheidung in RVaktuell 10/2011, 311).

Gesetzlicher Zivildienst

Zivildienst im Sinne des Absatzes 5 ist der aufgrund gesetzlicher Verpflichtung nach Bundesrecht von anerkannten Kriegsdienstverweigerern zu leistende Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz - ZDG -.

Die Dauer des Zivildienstes entspricht seit dem 01.10.2004 der Dauer des Grundwehrdienstes (§ 24 Abs. 2 ZDG). Ab dem 01.12.2010 ist der Zivildienst damit nach dem Gesetz zur Änderung wehr- und zivildienstrechtlicher Vorschriften 2010 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 - WehrRÄndG 2010 - BGBl. I S. 1052) 6 Monate zu leisten.

Zivildienstpflichtige, die sich am 31.12.2010 im Zivildienst befanden und zu diesem Zeitpunkt bereits 6 Monate oder länger Zivildienst geleistet hatten, wurden zum 31.12.2010 entlassen. Andernfalls war die Dienstzeit nach der ab 01.12.2010 geltenden Rechtslage neu festzusetzen. Die Dienstpflichtigen konnten jedoch auch beantragen, den Zivildienst bis zu der ursprünglichen (nach dem Recht bis 30.11.2010 geltenden) Dauer zu leisten. Gemäß § 48 Abs. 5 SGB VI gilt dann die gesamte Zeit als Verlängerungszeitraum.

Siehe Beispiel 12

In der Zeit vom

  • 01.10.2004 bis zum 30.11.2010 betrug die Dauer des Zivildienstes regelmäßig 9 Monate,
  • 01.01.2002 bis zum 30.09.2004 10 Monate,
  • 01.07.2000 bis zum 31.12.2001 11 Monate,
  • 01.01.1996 bis zum 30.06.2000 13 Monate und
  • 01.10.1990 bis zum 31.12.1995 15 Monate.

Der nach den oben angeführten Regelungen jeweils geleistete Zivildienst ist grundsätzlich Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5. Die Dauer des geleisteten Dienstes ist durch eine entsprechende amtliche Bescheinigung nachzuweisen.

Der seit dem 01.12.2010 mögliche freiwillige zusätzliche Zivildienst (§ 41a ZDG) führt zu keiner Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus (vergleiche verbindliche Entscheidung in RVaktuell 10/2011, 311).

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht zum 01.07.2011 wurde zugleich die Verpflichtung zur Ableistung des Zivildienstes ausgesetzt. Näheres ist dem Abschnitt 6.5 zu entnehmen.

Dem gesetzlichen Zivildienst gleichgestellte Dienste

Für den von anerkannten Kriegsdienstverweigerern im Vollzugsdienst der Polizei geleisteten Dienst gelten die Grundsätze zu Abschnitt 6.2.4.

Für den von anerkannten Kriegsdienstverweigerern zur Erfüllung der gesetzlichen Zivildienstpflicht geleisteten Entwicklungsdienst gelten die Grundsätze zu Abschnitt 6.2.4. Die Dienstleistung ist bis zu dem Umfang, wie Zivildienst zu leisten gewesen wäre, Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5.

Der von anerkannten Kriegsdienstverweigerern geleistete Dienst beim Zivil- oder Katastrophenschutz (zum Beispiel beim Technischen Hilfswerk oder beim Deutschen Roten Kreuz) ist kein Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 (vergleiche hierzu Abschnitt 6.2.4).

Die Teilnahme von anerkannten Kriegsdienstverweigerern an Einsätzen der Aktion „Sühnezeichen/Friedensdienste“ ist grundsätzlich kein Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5. Die Aktion „Sühnezeichen/Friedensdienste“ ist nicht als Einrichtung für den Zivildienst anerkannt. Der bei ihr geleistete Dienst steht damit dem gesetzlichen Zivildienst grundsätzlich nicht gleich (vergleiche hierzu Urteil des BSG vom 20.01.1983, AZ: 11 RA 14/82, SozR 2200 § 1262 Nr. 24).

Etwas anderes kann sich jedoch ergeben, wenn der Dienst unter § 14b ZDG (Zivildienstgesetz) fällt. Nach § 14b ZDG erlischt die Pflicht Zivildienst zu leisten, wenn sich ein anerkannter Kriegsdienstverweigerer gegenüber bestimmten Trägereinrichtungen vor Vollendung des 23. Lebensjahres (bis zum 30.09.2004 war hier das 25. Lebensjahr maßgebend) zu einem „Anderen Dienst im Ausland“ (ADiA) verpflichtet, der das friedliche Zusammenleben der Völker fördern will und mindestens zwei Monate länger dauert als der Zivildienst, den er sonst zu leisten hätte. Der Dienst muss unentgeltlich geleistet werden. Ein derartiger Dienst ist Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 bis zu dem Umfang, in dem Zivildienst zu leisten gewesen wäre. Dies gilt auch für ein unter § 14b ZDG fallendes berufsvorbereitendes soziales Jahr. Fällt die Waise nicht unter die Wehr- beziehungsweise Zivildienstpflicht, kommt aufgrund des „Anderen Dienstes im Ausland“ beziehungsweise des berufsvorbereitenden sozialen Jahres eine Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus jedoch nicht in Betracht. Dies gilt insbesondere für Zeiträume ab 01.07.2011 (vergleiche insoweit auch Abschnitt 5.3.2).

Wird der Dienst aus Gründen, die der Kriegsdienstverweigerer nicht zu vertreten hat, vorzeitig beendet, so ist die in dem Dienst zurückgelegte Zeit, soweit sie zwei Monate übersteigt, auf den Zivildienst anzurechnen.

Als Trägereinrichtung für die oben angeführten Dienste kommen neben anderen die Aktion „Sühnezeichen/Friedensdienste“, der Internationale Diakonische Jugendeinsatz sowie die „Initiative Christen für Europa“ in Betracht. Die entsprechende Anerkennung, die auf bestimmte Vorhaben des Trägers beschränkt werden kann, erfolgt durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Auswärtigen. Legt die Waise eine Bescheinigung über die Anerkennung der Dienstleistung nach § 14b ZDG vor, so ist die Dienstleistung im oben angeführten Umfang Verlängerungstatbestand.

Während der Teilnahme an einem Freiwilligendienst im Sinne des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG besteht nach § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c SGB VI ein Anspruch auf Waisenrente. Diese Zeit kann somit nicht zur Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus führen, auch wenn die Ableistung des freiwilligen Dienstes zum Erlöschen der Zivildienstpflicht (§ 14c ZDG) geführt hat.

Totalverweigerer

Bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern, die aus Gewissensgründen gehindert sind, Zivildienst zu leisten, erlischt die Pflicht Zivildienst zu leisten, wenn sie sich nach dem 30.06.1986 verpflichtet haben, ein Arbeitsverhältnis mit üblicher Arbeitszeit in einem Krankenhaus oder einer anderen Einrichtung zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen zu begründen und in diesem Arbeitsverhältnis mindestens acht Monate (bis 30.11.2010: ein Jahr) länger als die übliche Zivildienstdauer tätig waren. Dies gilt aber nur, wenn das Arbeitsverhältnis nach der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer und vor Vollendung des 22. Lebensjahres (bis zum 30.09.2004 war hier das 24. Lebensjahr maßgebend) begründet worden ist (§ 15a ZDG). Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 ist das „freiwillige Arbeitsverhältnis“ dann bis zu dem Umfang, in dem Zivildienst zu leisten gewesen wäre.

Wird das Arbeitsverhältnis aus Gründen, die der Kriegsdienstverweigerer nicht zu vertreten hat, vorzeitig beendet, so ist die in dem Arbeitsverhältnis zurückgelegte Zeit, soweit sie acht Monate übersteigt, auf den Zivildienst anzurechnen. In dem zur Anrechnung gelangten zeitlichen Umfang (längstens bis zur Dauer des gesetzlichen Zivildienstes) ist dann die Tätigkeit Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5.

Ersatzdienst in einem anderen Staat der EU, des EWR oder der Schweiz

Der von Staatsangehörigen eines anderen Staates der EU, des EWR oder der Schweiz (vergleiche Abschnitt 6.2.5.2) nach dem Recht des jeweiligen Staates abgeleistete gesetzliche Ersatzdienst ist für die Verlängerung des Waisenrentenanspruchs nach Absatz 5 dem deutschen Zivildienst gleichgestellt (vergleiche EuGH-Urteil vom 25.06.1997, Rechtssache C-131/96, Romero).

Der Waisenrentenanspruch verlängert sich um den Zeitraum, in dem gesetzlicher Ersatzdienst nach dem Recht des anderen EU/EWR-Staates oder der Schweiz geleistet wurde. Der Verlängerungstatbestand im Sinne des Absatzes 5 ist nicht auf die Dauer des gesetzlichen deutschen Zivildienstes beschränkt. Unbeachtlich ist auch, ob die Waise einen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland begründet hat.

Für Ansprüche auf Waisenrente, die unter die VO (EG) Nr. 883/2004 fallen, vergleiche GRA zu Art. 5 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 7.2.2.

Aussetzung der Zivildienstpflicht zum 01.07.2011

Zum 01.07.2011 wurde die gesetzliche Wehrpflicht mit dem Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011) vom 28.04.2011 (BGBl. I S. 678) ausgesetzt. Dies hat zur Folge, dass auch Kriegsdienstverweigerer Zivildienst nach § 1 Abs. 2 des Kriegsdienstverweigerungsgesetzes nur im Spannungs- und Verteidigungsfall zu leisten haben.

Einberufungen zum Zivildienst waren noch für Dienstantritte bis einschließlich 30.06.2011 möglich. Zivildienstleistende, die sich am 30.06.2011 in einem Zivildienst befanden, waren auf Antrag zu entlassen. Zivildienstleistende, die diesen Antrag nicht gestellt haben, können ihren Dienst bis zum 31.12.2011 fortsetzen. Über diesen Tag hinaus ist keine Ableistung des Zivildienstes mehr möglich.

Anstelle des Zivildienstes ist seit 03.05.2011 der Bundesfreiwilligendienst möglich (Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes vom 28.04.2011 - BGBl. I S. 687). Während der Zivildienst im Falle einer Ausbildung nur eine Verlängerung des Waisenrentenanspruchs über das 27. Lebensjahr hinaus zulässt, führt der Bundesfreiwilligendienst zu einem direkten Anspruch auf eine Waisenrente (vergleiche Abschnitt 5.3.7).

Nachfolgende Adoption (Absatz 6)

Waisenrentenansprüche, die bereits vor der Adoption entstanden sind, werden durch eine Adoption nicht berührt. Dies gilt ungeachtet der familienrechtlichen Verhältnisse des Adoptivkindes zu den leiblichen Eltern nach der Adoption (vergleiche Abschnitt 3.1.2). So tritt durch die nachfolgende Adoption zum Beispiel ein Wegfall der Vollwaisenrente nicht ein, obwohl das Kind durch die Adoption ein oder zwei neue unterhaltspflichtige Elternteile hat.

Verstirbt der leibliche Elternteil hingegen erst nach der Adoption, ist ein Anspruch auf Waisenrente regelmäßig nicht möglich (Ausnahme bei der Adoption Volljähriger, vergleiche Abschnitt 3.1.2).

Nicht erforderlich ist, dass der Anspruch ununterbrochen besteht. Fällt die Waisenrentenzahlung zum Beispiel wegen Vollendung des 18. Lebensjahres zunächst weg, kann der Anspruch mit Aufnahme einer Ausbildung erneut entstehen.

Beginn, Befristung und Ende der Waisenrente

Der Beginn der Waisenrente richtet sich nach § 99 Abs. 2 SGB VI; vergleiche hierzu GRA zu § 99 SGB VI. Die Befristung von Waisenrenten erfolgt nach § 102 Abs. 4 SGB VI, vergleiche GRA zu § 102 SGB VI.

Die Waisenrente ist auf das Ende des Kalendermonats zu befristen, in dem der Anspruch auf Waisenrente voraussichtlich entfällt (zum Beispiel 18. Lebensjahr, Ende der Ausbildung).

Bei der Gewährung oder Weitergewährung einer Waisenrente ist bei Waisen, die eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und das 18. Lebensjahr vollendet haben, im Bewilligungs- oder Weitergewährungsbescheid ein konkretes Enddatum als Wegfallzeitpunkt anzugeben (§ 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI, § 102 Abs. 4 SGB VI in Verbindung mit § 102 Abs. 1 SGB VI). Maßgebliches Befristungsdatum ist der letzte Tag des Kalendermonats, in dem die Schulausbildung voraussichtlich endet (vergleiche verbindliche Entscheidung in RVaktuell 12/2011, 388).

Waisenrenten bei Berufsausbildung werden grundsätzlich auf das Ende des Kalendermonats des voraussichtlichen Prüfungstermins befristet. Dies gilt nicht für Ausbildungen, die unabhängig von der Prüfung drei Jahre dauern, vergleiche Abschnitt 5.1.2. Die Überprüfung der Waisenrentenberechtigung erfolgt einmal im Jahr. Ein Nachweis über das tatsächliche Ende der Berufsausbildung wird nur angefordert, wenn erkennbar ist, dass die Waise eine Ausbildung im Ausland oder eine nicht rentenversicherungspflichtige Ausbildung absolviert oder Anhaltspunkte vorliegen, dass die Ausbildung bereits vor dem Prüfungstermin beendet wurde (vergleiche auch verbindliche Entscheidungen in RVaktuell 06/2018, 172).

Bei Fachhoch- oder Hochschulausbildung werden Waisenrenten auf das voraussichtliche Ende des Kalendermonates des letzten Semesters der Fachhoch- oder Hochschulausbildung abzüglich zwei Monaten befristet, wenn die Hochschule voraussichtlich im Sommer beendet wird, beziehungsweise abzüglich einem Monat, wenn die Hochschule voraussichtlich im Wintersemester beendet wird (vergleiche auch verbindliche Entscheidungen in RVaktuell 03/2014, 86). Dies gilt, solange das konkrete Ende/Prüfungsdatum der Fachhoch- oder Hochschulausbildung noch nicht bekannt ist.

Über das tatsächliche Ende der Schul-, Fachschul- und Hochschulausbildung ist ein Nachweis anzufordern (AGFAVR 3/2013, TOP 5, Ziffer 10).

Die Befristung kann wiederholt werden (vergleiche hierzu GRA zu § 102 SGB VI). Zum sonstigen Ende der Waisenrentenzahlung infolge des Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen vergleiche GRA zu § 100 SGB VI.

Das 18./27. Lebensjahr wird mit Ablauf des Tages vollendet, der dem 18./27. Geburtstag vorausgeht (§§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB). Ist die Waise am Ersten eines Monats geboren, wird das 18./27. Lebensjahr folglich mit Ablauf des letzten Kalendertags des Vormonats beendet. In diesen Fällen endet ein Waisenrentenanspruch mit dem Ende dieses Vormonats, in allen anderen Fällen mit Ablauf des Geburtstagsmonats.

Wird eine Waise adoptiert, vergleiche Abschnitt 7.

Stirbt der Versicherte zu einem Zeitpunkt, in dem sich die Waise nicht tatsächlich in „Schul- oder Berufsausbildung“ befindet, ist zu prüfen, ob unter Zugrundelegung der im Abschnitt 5.2 dargelegten Grundsätze zum Zeitpunkt des Todes eine „unschädliche Übergangszeit“ gegeben ist.

Siehe Beispiele 10 und 20

Ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung des eingetragenen Lebenspartners eines Elternteils kann aufgrund des Inkrafttretens des „Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts“ (vergleiche Abschnitt 3) zum 01.01.2005 frühestens ab 01.01.2005 bestehen. Dies gilt selbst dann, wenn der Tod vor dem 01.01.2005 eingetreten ist.

Siehe Beispiel 16

Bei Tod der Waise endet der Rentenanspruch gemäß § 102 Abs. 5 SGB VI mit Ablauf des Todesmonats.

 

Beispiel 1: Beginn der Schulausbildung

(Beispiel zu Abschnitt 5.1.1.1)

Die Waise nimmt eine Fachschulausbildung mit Unterrichtsbeginn (erster Unterrichtstag) am 25.08.2014 auf.

Lösung:

Die Schulausbildung im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI liegt mit dem Unterrichtsbeginn ab 25.08.2014 vor.

Beispiel 2: Übergangszeit zwischen der Vollendung des 18. Lebensjahres und einer weiteren Schulausbildung

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Die Waise vollendet das 18. Lebensjahr am 15.04.2014. Der Anspruch auf Waisenrente besteht bis 30.04.2014.

Eine Schulausbildung nimmt sie auf ab 01.09.2014.

Lösung:

Die Waisenrente ist über den Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus weiterzuzahlen, da die „Schulausbildung“ im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI bis spätestens zum ersten Tag des fünften auf die Vollendung des 18. Lebensjahres folgenden Kalendermonats aufgenommen worden ist.

Beispiel 3: Übergangszeit und Beschäftigung

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Die Waise absolviert eine Abendschulausbildung mit einem Zeitaufwand von mehr als 20 Wochenstunden bis 30.05.2014.

Im Anschluss daran übt sie eine Beschäftigung aus vom 02.06.2014 bis 20.09.2014.

Eine Fachhochschulausbildung folgt ab 01.10.2014 (Semesterbeginn) mit Vorlesungsbeginn am 06.10.2014.

Lösung:

Für den Zeitraum zwischen der Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes (Abendschulausbildung) und dem Beginn des zweiten Ausbildungsabschnittes (Fachhochschulausbildung) ist eine „Übergangszeit“ im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI gegeben.

Der zweite Ausbildungsabschnitt beginnt bis spätestens zum ersten Tag des fünften auf die Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts folgenden Monats (01.10.2014), weil für die Berechnung des zeitlichen Rahmens der „Übergangszeit“ auf den Semesterbeginn 01.10.2014 abzustellen ist.

Die ausgeübte Beschäftigung steht der Annahme einer „Übergangszeit“ im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI nicht entgegen. Es ist allerdings für Zeiten bis zum 30.06.2015 die Einkommensanrechnung nach § 97 SGB VI in der Fassung bis 30.06.2015 zu prüfen.

Beispiel 4: Übergangszeit und Ausbildungsende

(Beispiel zu Abschnitt 5.2.1)

Ausgabe des Abiturzeugnisses am 23.05.2014

Semesterbeginn der Hochschulausbildung am 01.10.2014 (Vorlesungsbeginn 13.10.2014)

Lösung:

Für den Zeitraum zwischen der Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes und dem Beginn des zweiten Ausbildungsabschnittes ist eine „Übergangszeit“ im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI gegeben.

Der erste Ausbildungsabschnitt endet mit der Zeugnisausgabe am 23.05.2014.

Der zweite Ausbildungsabschnitt beginnt damit bis spätestens zum ersten Tag des fünften auf die Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts folgenden Kalendermonats.

Beispiel 5: Übergangszeit und Ausbildungsbeginn

(Beispiel zu Abschnitt 5.2.1)

Beendigung der Schulausbildung mit der Zeugnisausgabe am 07.06.2013

Beginn einer Berufsausbildung in Bayern am 04.11.2013

Lösung:

Für den Zeitraum zwischen der Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes und dem Beginn der Berufsausbildung ist „Übergangszeit“ im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI gegeben.

Die Berufsausbildung beginnt bis spätestens zum ersten Tag des fünften auf die Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts folgenden Kalendermonats; da der 01.11.2013 in Bayern ein Feiertag, der 02.11.2013 ein Samstag und der 03.11.2013 ein Sonntag ist, muss die Berufsausbildung am nachfolgenden Werktag/Arbeitstag aufgenommen werden.

Beispiel 6: Übergangszeit und Ausbildungsende

(Beispiel zu Abschnitt 5.2.1)

Beendigung der Schulausbildung mit der Zeugnisausgabe am 13.06.2014

Beabsichtigte Aufnahme der Hochschulausbildung zum 01.10.2014

Entscheidung über die Nichtzulassung zum Studium (numerus clausus) wird bekannt gegeben am 15.08.2014

Lösung:

Für die Zeit bis einschließlich August 2014 liegt eine „Übergangszeit“ im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI vor, da in diesem Monat die Ablehnung über die Erlangung des weiteren Ausbildungsplatzes bekannt gegeben worden ist.

Der Anspruch auf Waisenrente entfällt mit Ablauf August 2014.

Beispiel 7: Übergangszeit und Ausbildungsende

(Beispiel zu Abschnitt 5.2.1)

Beendigung der Schulausbildung mit der Zeugnisausgabe am 30.05.2014

vorgesehener Beginn der angestrebten Lehre am 01.10.2014

Zusage für einen Lehrbeginn zum 01.01.2015 am 19.09.2014

Lösung:

Eine „Übergangszeit“ im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI liegt nur für die Zeit bis einschließlich September 2014 vor, da in diesem Monat erkennbar wurde, dass die Ausbildung nicht wie ursprünglich vorgesehen bis zum ersten Tag des fünften auf die Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts folgenden Kalendermonats aufgenommen wird.

Der Anspruch auf Waisenrente entfällt mit Ablauf September 2014.

Beispiel 8: Übergangszeit und Ausbildungsende

(Beispiel zu Abschnitt 5.2.1)

Beendigung der Fachschulausbildung am 27.03.2014

Beginn einer weiteren Fachschulausbildung am 15.09.2014

Lösung:

Für die Zeit zwischen der Beendigung des ersten Ausbildungsabschnittes und dem Beginn des zweiten Ausbildungsabschnittes ist keine „Übergangszeit“ im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI gegeben.

Es war von vornherein erkennbar, dass der zweite Ausbildungsabschnitt nicht bis zum ersten Tag des fünften auf die Beendigung des ersten Ausbildungsabschnitts folgenden Kalendermonats aufgenommen werden konnte.

Der Anspruch auf Waisenrente entfällt mit Ablauf März 2014.

Beispiel 9: Übergangszeiten bei Wehr-/Zivildienst

(Beispiel zu Abschnitt 5.2.2)

Ende der Fachschulausbildung am 30.04.2013

Freiwilliger Wehrdienst vom 01.08.2013 bis 31.01.2014

Hochhochschulausbildung ab 01.04.2014 (Semesterbeginn, Vorlesungsbeginn am 07.04.2014)

Lösung:

Für die Zeiträume zwischen der Beendigung der Fachschulausbildung und dem Beginn des freiwilligen Wehrdienstes sowie zwischen der Beendigung des freiwilligen Wehrdienstes und dem Beginn der Hochschulausbildung besteht Anspruch auf Waisenrente.

Die jeweiligen Tatbestände beginnen bis spätestens zum ersten Tag des fünften auf die Beendigung des vorherigen Tatbestandes folgenden Kalendermonats.

Beispiel 10: Übergangszeiten bei freiwilligem Wehrdienst als Probezeit - Tod des Versicherten in der Übergangszeit

(Beispiel zu Abschnitten 5.2.1, 5.2.2, 8)

Tod des Versicherten (kein Rentenbezieher) am 07.02.2014

Freiwilliger Wehrdienst als Probezeit bis 31.12.2013

Hochschulausbildung ab 01.04.2014

Lösung:

Ab dem 07.02.2014 besteht ein Anspruch auf Waisenrente, da die Hochschulausbildung innerhalb von vier Kalendermonaten nach dem Ende des freiwilligen Wehrdienstes als Probezeit beginnt.

Beispiel 11: Berechnung des Verlängerungszeitraumes

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)

Die Waise absolviert ihren Zivildienst vom 01.08.2009 bis 20.04.2010 (8 Monate und 20 Tage).

Sie vollendet das 27. Lebensjahres im August 2014.

Lösung:

Der Verlängerungszeitraum umfasst somit die Zeit vom 01.09.2014 bis 20.05.2015.

Ein Anspruch auf Waisenrente kann folglich bis zum 31.05.2015 bestehen.

Beispiel 12: Verlängerungszeitraum bei freiwilligem Wehrdienst als Probezeit und zeitgleicher Schulausbildung

(Beispiel zu Abschnitten 6.1, 6.4)

Die Waise übt eine Beschäftigung (keine Ausbildung) aus vom 01.01.2013 bis 31.10.2013.

Sie absolviert einen freiwilligen Wehrdienst als Probezeit vom 01.11.2013 bis 30.04.2014 (6 Monate).

Eine Abendschulausbildung mit einem Zeitaufwand mehr als 20 Wochenstunden nimmt sie auf ab 01.04.2014.

Das 27. Lebensjahres vollendet die Waise im August 2014.

Lösung:

Waisenrente ist vom Beginn der „Schulausbildung“ im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI ab 01.04.2014 zu zahlen.

Als Verlängerungszeitraum kann nur die Zeit vom 01.11.2013 bis 31.03.2014 (5 Monate) berücksichtigt werden.

Der Verlängerungszeitraum umfasst damit die Zeit vom 01.09.2014 bis einschließlich Januar 2015.

Beispiel 13: Verlängerungszeitraum bei Zivildienst und gleichzeitiger Schul- und Fachschulausbildung

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)

Beendigung der Schulausbildung (Ende des bundeseinheitlichen Schuljahres) am 31.07.2008

Zivildienst vom 15.06.2008 bis 14.03.2009 (9 Monate)

Fachschulausbildung (private Ausbildungsstätte, Zeitaufwand mehr als 20 Wochenstunden) vom 01.02.2009 bis 31.01.2013

Hochschulausbildung ab 01.04.2014

Vollendung des 27. Lebensjahres im November 2014

Lösung:

Waisenrente wegen „Schulausbildung“ im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI ist (aufgrund der früheren Rechtsauslegung der Rentenversicherungsträger) bis zum 31.07.2008 gezahlt worden.

Der geleistete Zivildienst vom 15.06.2008 bis 31.07.2008 stand dem Waisenrentenanspruch nicht entgegen.

Die weitere „Schulausbildung“ im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI begann am 01.02.2009. Waisenrente war ab 01.02.2009 zu zahlen, weil der vom 01.02.2009 bis 14.03.2009 geleistete Zivildienst dem Anspruch nicht entgegenstand.

Bei der Berechnung des Verlängerungszeitraumes sind die Zeiten des Zivildienstes, für die zeitgleich Waisenrente wegen „Schulausbildung“ zu zahlen ist, nicht zu berücksichtigen.

Für die Verlängerung kann somit nur die Zeit vom 01.08.2008 bis 31.01.2009 (6 Monate) berücksichtigt werden.

Da für die Monate Juni und Juli 2008 aufgrund der damaligen Auffassung von einer Ausbildung auszugehen war und damit Waisenrente gezahlt worden ist, können die Monate Juni und Juli 2008 nicht für den Verlängerungszeitraum herangezogen werden. Entsprechendes gilt für die Zeit vom 01.02.2009 bis 14.03.2009.

Der Verlängerungszeitraum umfasst somit 6 Monate und damit die Zeit vom 01.12.2014 bis einschließlich 31.05.2015.

Beispiel 14: Verlängerungszeitraum bei freiwilligem Wehrdienst als Probezeit und gleichzeitigem Fernstudium

(Beispiel zu Abschnitt 5.1, 6.1)

Fernstudium (Zeitaufwand mehr als 20 Wochenstunden) vom 01.10.2013 bis 31.03.2015

Freiwilliger Wehrdienst als Probezeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014 (6 Monate)

Vollendung des 27. Lebensjahres im August 2014

Lösung:

Waisenrente ist für die Zeit des Fernstudiums ab 01.10.2013 zu zahlen.

Der zeitgleiche freiwillige Wehrdienst als Probezeit ab 01.01.2014 führt nicht zum Wegfall der Waisenrente. Da durch den freiwilligen Wehrdienst als Probezeit keine Verzögerung der Ausbildung erfolgte, entsteht kein Verlängerungszeitraum nach Vollendung des 27. Lebensjahres.

Beispiel 15: Verlängerungszeitraum bei Beginn des freiwilligen Wehrdienstes als Probezeit vor und Ende desselben nach dem 27. Lebensjahr

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)

Vollendung des 27. Lebensjahres im Mai 2014

Freiwilliger Wehrdienst als Probezeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014 (6 Monate)

Lösung:

Der Verlängerungszeitraum umfasst die Zeit vom 01.06.2014 bis 30.11.2014.

Beispiel 16: Status „Stiefkind“ in Eingetragener Lebenspartnerschaft

(Beispiel zu Abschnitten 3.2.1, 8)

Tod des eingetragenen Lebenspartners des Vaters 28.05.2003

Das Kind lebte im Zeitpunkt des Todes im Haushalt des Vaters sowie seines eingetragenen Lebenspartners.

Lösung:

Ab dem 01.01.2005 besteht ein Anspruch auf Waisenrente aus der Versicherung des eingetragenen Lebenspartners des Vaters.

Vor dem Hintergrund der ab 01.01.2005 vorgenommenen Angleichung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft an die Ehe war das Kind mit Wirkung vom 01.01.2005 an Stiefkind des Verstorbenen.

Beispiel 17: Beginn der Schulausbildung und des Grundwehrdienstes - Verlängerungszeitraum

(Beispiel zu Abschnitten 5.1, 5.1.1.1, 6.1)

Grundwehrdienst vom 01.03.2011 bis 31.08.2011

Beginn der weiterführenden Schulausbildung mit tatsächlichem Unterrichtsbeginn am 05.09.2011 (Beginn des bundeseinheitlichen Schuljahres am 01.08.2011)

Lösung:

Schulausbildung im Sinne des § 48 Abs. 4 SGB VI lag nach der alten Rechtsauffassung ab 01.08.2011 vor. Der bis zum 31.08.2011 geleistete Grundwehrdienst stand dem Anspruch auf die Waisenrente nicht entgegen. Für die Zeit vom 01.08. bis 31.08.2011 entsteht jedoch kein Verlängerungszeitraum für die Zeit nach Vollendung des 27. Lebensjahres im Sinne des § 48 Abs. 5 SGB VI. Der Verlängerungszeitraum umfasst die Zeit vom 01.03.2011 bis 31.07.2011 (5 Monate).

Beispiel 18: Berechnung des Verlängerungszeitraums - freiwilliger Wehrdienst vor dem 18. Lebensjahr

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)

Vollendung des 18. Lebensjahres am 10.04.2005

Vollendung des 27. Lebensjahres am 10.04.2014

Wehrdienst aufgrund freiwilliger Meldung vom 01.10.2004 bis 31.07.2005

Lösung:

Für die Verlängerung kann nur die Zeit vom 11.04.2005 bis 31.07.2005 (3 Monate 20 Tage) berücksichtigt werden.

Die Zeit des Wehrdienstes bis zum Tag der Vollendung des 18. Lebensjahres (01.10.2004 bis 10.04.2005) ist kein Verlängerungstatbestand.

Beispiel 19: Übergangszeit - nachfolgende Ausbildung nach Vollendung des 27. Lebensjahres

(Beispiel zu Abschnitt 5.2)

Berufsausbildung bis 16.05.2014

Vollendung 27. Lebensjahr am 20.07.2014

Aufnahme einer Hochschulausbildung am 01.10.2014

Ein (freiwilliger) Wehr- oder Zivildienst wurde nicht geleistet.

Lösung:

Der Anspruch auf Waisenrente endet zum 31.05.2014.

Eine Übergangszeit im Sinne des § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI für die Zeit ab 01.06.2014 liegt nicht vor, da die zum 01.10.2014 aufgenommene Hochschulausbildung nach dem 27. Lebensjahr liegt und damit nicht anspruchsbegründend ist.

Beispiel 20: Übergangszeit - Tod des Versicherten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten

(Beispiel zu Abschnitten 5.2.1, 8)

Tod des Versicherten (kein Rentenbezieher) am 01.08.2014

Berufsausbildung bis 30.10.2013

Freiwilliger Wehrdienst als Probezeit vom 01.01.2014 bis 30.06.2014

Aufnahme einer Hochschulausbildung zum 01.10.2014

Lösung:

Der Zeitraum vom 01.07. bis 30.09.2014 ist eine anspruchsbegründende Übergangszeit im Sinne von § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI.

Die Waisenrente kann folglich zum 01.08.2014 beginnen.

Beispiel 21: Schwangerschaftsbedingte Unterbrechung der Ausbildung

(Beispiel zu Abschnitt 5.1.3.2)

Fachschulausbildung vom 01.08.2012 bis 08.06.2015

Unterbrechung der Ausbildung wegen Schwangerschaft/Betreuung des Kindes für ein Jahr vom 01.08.2013 bis 31.07.2014

Geburt des Kindes am 13.12.2013

(fiktive) Mutterschutzfrist vom 01.11.2013 bis 07.02.2014

Lösung:

Bis zum Ende des Monats der (fiktiven) Mutterschutzfrist (28.02.2014) besteht ein Anspruch auf Waisenrente, da die (fiktive) Mutterschutzfrist innerhalb von vier Kalendermonaten nach der Unterbrechung der Ausbildung beginnt.

Nach dem Ende der (fiktiven) Mutterschutzfrist ist eine Weiterzahlung der Waisenrente hingegen nicht möglich, da der Zeitraum zwischen dem Ende der (fiktiven) Mutterschutzfrist und der Wiederaufnahme der Ausbildung mehr als vier Kalendermonate umfasst.

Die Waisenrente kann damit erst ab dem 01.08.2014 wieder geleistet werden.

Beispiel 22: Übergangszeit bei freiwilligem Wehrdienst als Probezeit

(Beispiel zu Abschnitt 5.2.2)

Fachschulausbildung bis 30.09.2013

Einstellung zum freiwilligen Wehrdienst als Probezeit zum 01.01.2014

Tatsächlicher Dienstantritt zum 03.01.2014

Lösung:

Der Zeitraum vom 01.10. bis 31.12.2013 ist eine anspruchsbegründende Übergangszeit im Sinne von § 48 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI.

Für den Monat Januar 2014 besteht kein Anspruch auf Waisenrente, da die Waise bereits zum 01.01.2014 eingestellt wurde und ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Wehrsold hat.

Fünftes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (5. SGB IV-ÄndG) vom 15.04.2015 (BGBl. I S. 583)

Inkrafttreten: 01.07.2015

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/3699

Mit dem 5. SGB IV-ÄndG wurden im Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 die Anspruchsvoraussetzungen für eine Waisenrente bei der Ableistung von freiwilligen Diensten an das Einkommensteuergesetz (Kindergeldrecht) angepasst. Alle Freiwilligendienste, die im Kindergeldrecht anerkannt sind, führen nunmehr auch zum Anspruch auf Waisenrente. Die Änderung beseitigt die uneinheitliche Behandlung der Waisen im Renten- und Kindergeldrecht bei der Ableistung eines freiwilligen Dienstes. Darüber hinaus ist ab 01.07.2015 die Anrechnung des eigenen Einkommens der Waise auf die Waisenrente entfallen.

Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes vom 28.04.2011 (BGBl. I S. 687)

Inkrafttreten: 03.05.2011

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 17/4803, 17/5249

Mit dem Gesetz zur Einführung eines Bundesfreiwilligendienstes wurden im Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe c der Bundesfreiwilligendienst als weiterer, den Anspruch auf Waisenrente begründender Tatbestand aufgenommen und im Absatz 5 die Wörter „sozialen oder ökologischen Jahres“ durch das Wort „Dienstes“ ersetzt. Mit der Ergänzung des Absatzes 4 kann nunmehr eine Waisenrente auch während eines Bundesfreiwilligendienstes gezahlt werden. Mit der Änderung des Absatzes 5 wird klargestellt, dass der (nun anstelle des Zivildienstes mögliche) Bundesfreiwilligendienst keinen Verlängerungstatbestand darstellt.

Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten vom 16.05.2008 (BGBl. I S. 842)

Inkrafttreten: 01.06.2008

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/6519, 16/8256

Mit dem Jugendfreiwilligendienstegesetz wurde im Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 der Buchstabe c neu gefasst. Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Zusammenfassung des bisherigen Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres und des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres im neuen Jugendfreiwilligendienstegesetz.

RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791)

Inkrafttreten: 01.08.2004

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/2149, 15/3158

Mit der Neufassung des Absatzes 4 werden nunmehr die für eine Waisenrente nach dem 18. Lebensjahr unschädlichen Unterbrechungstatbestände konkret definiert. Danach besteht ein Anspruch auf Waisenrente auch

  • für Übergangszeiten von höchstens vier Kalendermonaten zwischen Schul- und Berufsausbildung und Wehr- oder Zivildienst oder einem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr,
  • bei Erkrankung, wenn das Ausbildungsverhältnis fortbesteht und mit einer Fortsetzung gerechnet werden kann und
  • für die Dauer des Mutterschutzes, wenn das Ausbildungsverhältnis fortbesteht und mit einer Fortsetzung gerechnet werden kann.

Mit Satz 2 des „neuen“ Absatzes 4 wird der für eine waisenrentenbegründende Ausbildung erforderliche zeitliche Aufwand entsprechend der BSG-Rechtsprechung mit mehr als 20 Wochenstunden festgelegt.

Der dem Absatz 5 neu angefügte letzte Satz stellt klar, dass Zeiten der Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres als Ersatz für den Zivildienst keinen Verlängerungstatbestand über das 27. Lebensjahr darstellen.

Gesetz zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres vom 17.12.1993 (BGBl. I S. 2118)

Inkrafttreten: 01.09.1993

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/4716

Absatz 4 Nummer 2 Buchstabe c (seinerzeit Buchstabe a) ist durch das „Gesetz zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres“ vom 17.12.1993 (BGBl. I S. 2118), in Kraft ab 01.09.1993, geändert worden. Danach besteht der Anspruch auf Waisenrente für Zeiten nach Vollendung des 18. Lebensjahres längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres auch für ein Waise, die ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des oben angeführten Gesetzes leistet.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

§ 48 SGB VI hat die Vorgängervorschriften der § 1267 RVO und § 44 AVG ersetzt und ist zum 01.01.1992 in den alten und neuen Bundesländern in Kraft getreten. Es ergaben sich folgende Änderungen:

  • Die Begriffe „Halbwaise“ und „Vollwaise“ werden nunmehr in der Vorschrift selbst definiert. Im Gegensatz zum Recht des AVG/der RVO wird diese Unterscheidung nicht erst im Zusammenhang mit der Rentenhöhe getroffen.
  • Für Anspruchszeiträume ab dem 18. Lebensjahr wird anstelle der festen Einkommensgrenzen beim Zusammentreffen der Waisenrente mit eigenem Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen im Sinne von § 18a SGB IV eine Einkommensanrechnung eingeführt (§ 97 SGB VI, § 314 Abs. 5 SGB VI).
  • Der Beginn der Waisenrente ist seit dem 01.01.1992 gemäß § 99 Abs. 2 SGB VI antragsabhängig.
Anlage 1Einzelne Berufsgruppen

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 48 SGB VI