§ 16 FRG: Beschäftigungszeiten
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
---|---|
Änderung | Im Abschnitt 3.3 wurden redaktionelle Anpassungen vorgenommen. Die Abschnitte 3.5.1 und 3.5.2.2 wurden hinsichtlich der Ausnahmen vom Erfordernis der Entgeltlichkeit überarbeitet. |
Stand | 18.08.2017 |
---|---|
Erstellungsgrundlage | in der Fassung des WFG 1997 vom 25.09.1996 in Kraft getreten am 01.01.1997 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 001.01 |
- Inhalt der Regelung
- Allgemeines
- Voraussetzungen
- Ausschlussgründe
- Rechtsfolgen
Inhalt der Regelung
Nach Absatz 1 stehen Beschäftigungszeiten im Herkunftsland unter bestimmten Voraussetzungen den Zeiten einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland gleich.
Absatz 2 enthält eine Sonderregelung zur Anrechnung von Beschäftigungszeiten für Zeit- und Berufssoldaten und vergleichbare Personen. Sie hatte nur bis zum 31.12.1991 Bedeutung für entsprechende Zeiten in der ehemaligen DDR.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
Unabhängig von den bereits im § 16 FRG aufgeführten Voraussetzungen wird die Anerkennungsmöglichkeit von Beschäftigungszeiten noch durch weitere Vorschriften eingeschränkt:
- § 17 Abs. 2 S. 2 FRG
schließt Berechtigte nach § 1 Buchst. b und d FRG sowie deren Hinterbliebene von der Anwendung des § 16 FRG aus. - § 18 Abs. 2 FRG
schließt die Anerkennung von Beschäftigungszeiten für einzelne Zeiträume aus, wenn bestimmte (hohe) Leistungsgruppen zuzuordnen wären. - § 18 Abs. 3 FRG
schließt die Anerkennung von Beschäftigungszeiten aus, wenn die Zeiten bei einer Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen berücksichtigt werden oder wenn eine Nachversicherung als durchgeführt gilt.
Eine Erweiterung der Anerkennungsmöglichkeit in persönlicher und räumlicher Hinsicht enthält § 17 Abs. 2 S. 1 FRG.
Ferner ist die Besitzschutzregelung in Art. 6 § 4 Abs. 3a FANG zu beachten.
Allgemeines
§ 16 FRG ist ein Kernstück des Fremdrentenrechts, in dem der Eingliederungsgedanke besonders deutlich zum Ausdruck kommt. Unabhängig davon, wie eine Beschäftigung im Herkunftsland rechtlich beurteilt wurde, sollen Beschäftigungszeiten angerechnet werden, wenn die Beschäftigung in Deutschland zur Versicherungspflicht in der Rentenversicherung geführt hätte. Vorrang hat jedoch die Anerkennung von Beitragszeiten. Hauptsächliche Anwendung findet § 16 FRG daher für Zeiträume, in denen in den Herkunftsländern die gesetzliche Rentenversicherung noch nicht eingeführt war, und in den Fällen, in denen die Betreffenden von Sondersystemen (zum Beispiel für den öffentlichen Dienst), und nicht von der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung erfasst wurden. Dementsprechend hat § 16 FRG im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren, weil seit der Nachkriegszeit in den Herkunftsländern fast alle Beschäftigten von der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst werden und somit Beitragszeiten erwerben können.
Das RRG 1992 hat an den Grundregelungen des § 16 FRG nichts Wesentliches geändert; lediglich in einem Punkt wurde das Eingliederungsprinzip noch verstärkt. Eine bis dahin mögliche Anerkennung von Beschäftigungszeiten wurde ausgeschlossen, wenn die für diese Beschäftigung entrichteten Beiträge erstattet worden sind (siehe Abschnitt 4.2).
Der ebenfalls durch das RRG 1992 angefügte Absatz 2 hat heute keine Bedeutung mehr. Sein Regelungsinhalt erschließt sich erst im Zusammenhang mit den weiteren Rechtsänderungen des RRG 1992. § 16 Abs. 2 FRG ermöglichte im Zusammenwirken mit den §§ 15 Abs. 3 S. 3 Buchst. d und 17 Abs. 1 FRG ab 01.07.1990 die Anerkennung von Zeiten einer Beschäftigung als Zeit- oder Berufssoldat in der DDR. Hierfür war eine eigenständige Regelung erforderlich, weil die DDR nicht zu den im § 16 Abs. 1 FRG aufgeführten Gebieten gehörte. Für die FRG-Berechtigten aus den Herkunftsgebieten nach Absatz 1 hat § 16 Abs. 2 FRG keine Bedeutung, denn die Beschäftigungen von Zeit- oder Berufssoldaten gehören ohnehin zu den nach Absatz 1 anrechenbaren Zeiten. Mit der Herausnahme der DDR-Zeiten aus dem FRG zum 01.01.1992 kann die Vorschrift des § 16 Abs. 2 FRG unbeachtet bleiben.
Mit dem WFG wurde die bei verschiedenen SGB VI-Vorschriften vorgenommene Verschiebung vom 16. auf das 17. Lebensjahr auch auf die Beschäftigungszeiten des § 16 FRG übertragen.
In dieser GRA sind beschrieben:
- die Grundvoraussetzungen, die für die Anerkennung von Beschäftigungszeiten zu erfüllen sind (siehe Abschnitt 3),
- die Ausschlussgründe, die einer Anerkennung entgegenstehen (siehe Abschnitt 4) und
- die sich aus der Gleichstellung ergebenden Rechtsfolgen (siehe Abschnitt 5).
Voraussetzungen
Um eine Beschäftigungszeit anerkennen zu können, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein.
- Zu beachten sind zunächst persönliche Statusmerkmale sowie zeitliche und räumliche Einschränkungen (siehe Abschnitte 3.1 bis 3.3).
- Erforderlich ist ferner ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, das in Deutschland zur Versicherungspflicht geführt hätte (siehe Abschnitte 3.4 und 3.5).
- Neben diesen Grundvoraussetzungen müssen noch einzelne Ausschlussgründe beachtet werden (siehe Abschnitt 4).
Vorrangig vor § 16 FRG ist aber stets zu prüfen, ob Beitragszeiten nach § 15 FRG anerkannt werden können.
Personenkreis
Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG können nicht sämtliche FRG-Berechtigte erwerben. Ausgeschlossen von der Anwendung des § 16 FRG sind gemäß § 17 Abs. 2 S. 2 FRG Berechtigte nach
- § 1 Buchst. b FRG (Deutsche, die infolge der Kriegsauswirkungen den früheren Versicherungsträger nicht mehr in Anspruch nehmen können),
- § 1 Buchst. d FRG (heimatlose Ausländer) sowie
- deren Hinterbliebene.
Der vom Wortlaut her eindeutige Ausschluss wurde bezüglich der heimatlosen Ausländer auch vom BSG bestätigt (Urteil vom 22.09.1965, AZ: 1 RA 21/64, SozR Nr. 5 zu § 16 FRG).
Alle anderen FRG-Berechtigten können Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG erwerben; das sind Berechtigte nach
- § 1 Buchst. a FRG (anerkannte Vertriebene und Spätaussiedler),
- § 1 Buchst. c FRG (verbrachte Spezialisten),
- § 17a FRG (deutschsprachige Angehörige des Judentums),
- § 20 WGSVG (vertriebene Verfolgte) sowie
- deren Hinterbliebene.
Wird bei Hinterbliebenenrenten (außer bei § 17a FRG) die FRG-Berechtigung vom Hinterbliebenen in eigener Person erfüllt (siehe GRA zu § 1 FRG, Abschnitt 8), steht dies der Anerkennung von Beschäftigungszeiten nicht entgegen (BSG vom 24.02.1966, AZ: 12 RJ 28/63, BSGE 24, 251 und Urteil des Großen Senats des BSG vom 06.12.1979, AZ: GS 1/79). Zu beachten ist jedoch die Ausschlussregelung des § 14a FRG bei Witwen- oder Witwerrenten, wenn der Zuzug der berechtigten Person oder der Tod des Ehegatten nach dem 31.12.2001 liegt.
Als Sonderregelung können aufgrund von § 17 Abs. 2 S. 1 FRG zusätzlich Deutsche für bestimmte, vor dem 09.05.1945 in den deutschen Ostgebieten verrichtete, versicherungsfreie Beschäftigungen Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG erwerben (siehe GRA zu § 17 FRG).
Zeitraum
Anerkennungsfähig sind nur Beschäftigungen, die nach vollendetem 17. Lebensjahr und vor der Vertreibung ausgeübt wurden.
Die Beschränkung auf Zeiträume nach dem vollendeten 17. Lebensjahr stellt eine notwendige Pauschalierung dar. Ursprünglich konnten Beschäftigungszeiten bereits nach vollendetem 16. Lebensjahr anerkannt werden. Da bei verschiedenen in Deutschland zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten eine Anerkennung inzwischen erst nach Vollendung des 17. Lebensjahres möglich ist, wurde diese Altersgrenze angesichts des Eingliederungsprinzips auf § 16 FRG übertragen. Beschäftigungen bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres können - auch wenn sie durchaus üblich und zulässig waren - grundsätzlich nicht als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden.
Ausnahme:
Schließt eine Rente unmittelbar an eine vorangegangene Rente an (zum Beispiel Altersrente nach einer Rente wegen Berufs- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit oder Hinterbliebenenrente nach einer Versichertenrente), in der entsprechend der am 31.12.1996 geltenden Rechtslage Beschäftigungszeiten bereits nach Vollendung des 16. Lebensjahres angerechnet waren, so können nach Art. 6 § 4 Abs. 3a FANG die Beschäftigungszeiten auch in der Folgerente weiterhin bereits von diesem Zeitpunkt an berücksichtigt werden.
Die Regelung, dass es sich um Beschäftigungen vor der Vertreibung handeln muss, bekräftigt einen weiteren Grundgedanken des Fremdrentenrechts. Durch das FRG sollen die Nachteile ausgeglichen werden, die durch die Vertreibung entstanden sind. In Fällen der Mehrfachvertreibung können Beschäftigungszeiten im Herkunftsgebiet bis zur letzten Vertreibung anerkannt werden. Mit der (letzten) Vertreibung und der daraus resultierenden Eingliederung ist der Berechtigte praktisch ‘Inländer’ geworden und muss sich für Zeiten nach diesem Ereignis rentenrechtlich auch als solcher behandeln lassen. Eine weitere Gleichstellung fremder Zeiten würde zu einer nicht mehr zu rechtfertigenden Besserstellung führen und wäre mit dem Eingliederungsgedanken des FRG nicht vereinbar.
Im rechtlichen Sinne haben nur die Vertriebenen (§ 1 BVFG) ein Vertreibungsschicksal erlitten. Beschäftigungszeiten können aber auch andere FRG-Berechtigte erwerben (siehe Abschnitt 3.1). Bei ihnen tritt an die Stelle der Vertreibung das Verlassen der Herkunftsgebiete. Bei Hinterbliebenenrenten, die aus eigenständigen Ansprüchen der Hinterbliebenen resultieren (und nicht vom Versicherten abgeleitet werden), ist der Vertreibungszeitpunkt der Hinterbliebenen maßgebend.
Neben diesen an individuellen Merkmalen ausgerichteten Anerkennungszeiträumen enthielt § 18 Abs. 2 FRG bis zum 31.12.1991 noch eine weitere zeitliche Einschränkung. Beschäftigungszeiten konnten nicht vor dem 01.01.1891 erworben werden. Das Datum ergab sich aus dem Eingliederungsgedanken, denn zum 01.01.1891 wurde in Deutschland eine gesetzliche Rentenversicherung eingeführt, die es ermöglichte, Versicherungszeiten zu erwerben. Formell wurde die zeitliche Einschränkung im FRG zum 01.01.1992 gestrichen. Anlass hierfür war aber keine beabsichtigte Rechtsänderung, sondern die Tatsache, dass die Regelung inzwischen durch Zeitablauf entbehrlich geworden ist.
Gebiete
Vertreibungen haben zwar in allen Teilen der Welt stattgefunden, Beschäftigungszeiten können aber nur dann anerkannt werden, wenn die Beschäftigungen in bestimmten Gebieten ausgeübt wurden. Bis zum 31.12.1991 enthielt § 16 FRG einen Verweis auf die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten Gebiete. Durch das RÜG wurde dieser Verweis zum 01.01.1992 durch eine konkrete Aufzählung der ausländischen Staaten ersetzt. Eine Rechtsänderung war damit nicht beabsichtigt, der räumliche Anwendungsbereich des § 16 FRG blieb unverändert. Die Aufzählung der einzelnen Staaten (die sich seit 1891 erheblich verändert haben) ist nicht im politischen Sinne gemeint, sondern dient lediglich der räumlichen Abgrenzung.
Anwendbar ist § 16 FRG also grundsätzlich auf Beschäftigungen in den aufgezählten Ländern. Unerheblich ist, dass
- einzelne Staaten erst nach dem 1. Weltkrieg gegründet wurden (§ 16 FRG gilt auch vor der Staatsgründung in den später zu diesen Staaten gehörenden Gebieten),
- Teile der Staaten zeitweise selbständig oder besetzt waren,
- einige Staaten sich zu Beginn der 1990er Jahre in mehrere souveräne Einzelstaaten getrennt haben (§ 16 FRG gilt auch in den jeweiligen Nachfolgestaaten).
Zu beachten ist die Einschränkung, dass § 16 FRG in den beschriebenen Ländern nicht angewandt werden kann, wenn dort seinerzeit die Sozialversicherung nach deutschem Recht durchgeführt wurde. Bedeutung hat die Einschränkung insbesondere wegen der im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen aufgetretenen territorialen Veränderungen. Teile der aufgeführten Staaten gehörten zeitweise zum Deutschen Reich beziehungsweise waren diesem vorübergehend ein- oder angegliedert oder zumindest von ihm besetzt. Grund dieser Einschränkung ist die Zielsetzung des § 16 FRG. Mit ihm sollen die Benachteiligungen der FRG-Berechtigten ausgeglichen werden, die durch eine fehlende gesetzliche Rentenversicherung in den Herkunftsländern entstanden sind. Galt aber Reichsrecht, so konnten die Betroffenen unter den üblichen Voraussetzungen Versicherungszeiten erwerben. Eine zusätzliche Anerkennung von Beschäftigungszeiten würde zu einer Besserstellung gegenüber den einheimischen Versicherten führen und ist deshalb ausgeschlossen worden. Die Abgrenzung zwischen Ausland (in dem Beschäftigungszeiten erworben werden können) und Inland (in dem § 16 FRG nicht anwendbar ist) erfolgt nicht nach dem völkerrechtlichen Status, sondern nach der Geltung deutschen Rechts. Entscheidend ist allein die Tatsache, dass Reichsrecht angewendet wurde, und nicht, ob der Einzelne tatsächlich Versicherungszeiten erworben hat. Eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn der Betreffende beispielsweise wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze in der deutschen Rentenversicherung versicherungsfrei geblieben ist.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn trotz der allgemeinen Einführung des Reichsrechts einzelne Personengruppen von der Anwendung des Reichsrechts ausgenommen waren. Diese Personen können wegen der für sie nicht geltenden reichsgesetzlichen Regelungen weiterhin Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG erwerben.
Umgekehrt gab es aber auch Gebiete, in denen das Reichsrecht nicht generell, sondern nur für bestimmte Personengruppen eingeführt wurde. Für diese Personen kann § 16 FRG nicht angewandt werden.
Der räumliche Anwendungsbereich des § 16 FRG ergibt sich aus der folgenden Aufzählung der Staaten. Gegebenenfalls zu beachtende Besonderheiten werden dabei erläutert. Gebietsverschiebungen zwischen den genannten Staaten können unbeachtet bleiben, da alle diese Staaten gleichermaßen zur Anwendung des § 16 FRG berechtigen.
Beschäftigungen in anderen Staaten können nicht nach § 16 FRG anerkannt werden, auch wenn es sich um Vertriebene im Sinne von § 1 Abs. 1 BVFG handelt. Das gilt in gleicher Weise für Überseestaaten wie für westeuropäische Länder oder die DDR.
- Albanien
- Bulgarien
- China
§ 16 FRG gilt auch für die zeitweise besetzte und zeitweise selbständige Mandschurei (BSG vom 02.12.1970, AZ: 4 RJ 439/69, BSGE 32, 126). - Jugoslawien
§ 16 FRG gilt bereits für Zeiten vor der Staatsgründung (1918 zunächst unter der Bezeichnung ‘Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen’), in denen die später jugoslawischen Gebiete teils selbständig waren (zum Beispiel Serbien), teils zu anderen Staaten gehörten (zum Beispiel zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie).
Während des 2. Weltkrieges können Beschäftigungszeiten ebenfalls durchgehend erworben werden. Das gilt sowohl für- formal selbständige Staaten wie Kroatien,
- unter deutscher Zivilverwaltung stehende Gebiete wie Untersteiermark, Kärnten, Krain (Die dort geltenden Bestimmungen waren formal kein Reichsrecht, auch wenn sie ihm nachgebildet waren und stehen daher der Anwendung des § 16 FRG nicht entgegen) und
- unter deutscher Militärverwaltung stehende (besetzte) Gebiete wie Serbien (Nach der Verordnung über die Sozialversicherung in den besetzten Gebieten vom 04.08.1941 (RGBl. I, Seite 486) unterlagen deutsche Staatsangehörige dem Reichsrecht, wenn sie bei deutschen Dienststellen/Arbeitgebern beschäftigt waren oder wenn sie aus dem Deutschen Reich in die besetzten Gebiete kamen, also dort nicht bereits vorher lebten. Diese Personen können folglich keine Beschäftigungszeiten erwerben.)
- Polen
Ausgehend vom heutigen Staatsgebiet steht der Anwendung des § 16 FRG in verschiedenen Gebieten und Zeiträumen die Geltung deutschen Rechts entgegen. Für folgende Gebiete sind Besonderheiten zu beachten:- frühere deutsche Ostgebiete
Diese Bezeichnung umschreibt die Gebiete des Deutschen Reichs in den Grenzen vom 31.12.1937, die heute zu Polen gehören (zum Beispiel Ostpreußen, Pommern, Schlesien). Dort galt durchgehend bis zum Kriegsende Reichsrecht, sodass für diese Zeit § 16 FRG nicht angewandt werden kann (siehe auch BSG vom 27.06.1967, AZ: 11 RA 316/64, SozEntsch. X/B Nr. 20 zu Art. 1 § 16 FANG).
Eine Ausnahmeregelung enthält § 17 Abs. 2 S. 1 FRG. Danach können bestimmte nach Reichsrecht versicherungsfrei gebliebene Beschäftigungen nach § 16 FRG berücksichtigt werden. Auf die GRA zu § 17 FRG wird hingewiesen. - der Provinz Schlesien eingegliederte Gebiete
Aufgrund der Schlesien-VO vom 16.01.1940 (RGBl. I, Seite 196) wurde in den der Provinz Schlesien eingegliederten, ehemals polnischen Gebieten ab 01.01.1940 Reichsrecht eingeführt. Die Schlesien-VO galt auch im Olsagebiet, das bis 1938 zur Tschechoslowakei gehörte. Das Reichsrecht galt bis zum Kriegsende.
Einbezogen in die der Provinz Schlesien eingegliederten Gebiete war Ost-Oberschlesien, das bereits früher einmal zum Deutschen Reich gehört hatte und in dem bis zum 14.06.1922 Reichsrecht gegolten hatte. - eingegliederte Ostgebiete
Nach der Besetzung Polens durch Deutschland wurden verschiedene Gebiete dem Deutschen Reich eingegliedert; dort galt nach der Ostgebiete-VO vom 22.12.1941 (RGBl. I, Seite 777) vom 01.01.1942 bis zum Kriegsende Reichsrecht. Die Anwendung des § 16 FRG ist in dieser Zeit nicht möglich (BSG vom 17.03.1970, AZ: 11 RA 319/67, SozR Nr. 12 zu § 16 FRG, und vom 29.01.1981, AZ: 11 RA 16/80, SozR 5050 § 16 Nr. 17). Die frühere Auffassung, dass für ‘Schutzangehörige und Staatenlose polnischen Volkstums’ ein späterer Stichtag für die Einführung des Reichsrechts galt, wurde aufgegeben.
Zu den eingegliederten Gebieten gehörten unter anderem die Provinzen Posen und Westpreußen, die bereits früher einmal zum Deutschen Reich gehört hatten und in denen bis zum 31.12.1918 (Posen) beziehungsweise bis zum 31.12.1919 (Westpreußen) Reichsrecht gegolten hatte (siehe das oben angeführte BSG-Urteil vom 27.06.1967, AZ: 11 RA 316/64). - Danzig
In Danzig galt bis zum 09.01.1920 und dann erneut vom 01.01.1940 bis zum Kriegsende nach der "Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung in der bisherigen Freien Stadt Danzig" vom 22.01.1940 (RGBl. I, Seite 260) Reichsrecht, was der Anwendung des § 16 FRG entgegensteht. Zwischen 1920 und 1940 war Danzig als ‘Freie Stadt’ selbständig; die seinerzeit dort geltenden Bestimmungen waren kein Reichsrecht (auch wenn sie ihm ähnelten) und stehen daher der Anwendung des § 16 FRG nicht entgegen. - Generalgouvernement
Mit Generalgouvernement werden die im 2. Weltkrieg besetzten polnischen Gebiete bezeichnet, die nicht dem Deutschen Reich eingegliedert waren. Ab August 1941 gehörte hierzu auch der Distrikt Galizien. Im Generalgouvernement galt grundsätzlich fremdes Recht; nur bestimmte Personen unterlagen nach der VO vom 17.06.1940 (RGBl. I, Seite 908) vom 01.10.1939 bis Kriegsende dem Reichsrecht. Erfasst wurden deutsche Staatsangehörige, deutsche Volkszugehörige aus den eingegliederten Ostgebieten, Protektoratsangehörige und Ausländer (nicht Polen!); sie können somit keine Beschäftigungszeiten erwerben (siehe Urteil des LSG Schleswig-Holstein vom 15.04.1971, AZ: L 4 An 23/70).
Angewandt werden kann § 16 FRG in Bezug auf Polen somit generell seit Kriegsende (maßgebend ist das tatsächliche Kriegsende am jeweiligen Beschäftigungsort, das heißt der Zeitpunkt der Eroberung durch russische Truppen), in der vorangegangenen Zeit (auch vor der Staatsneugründung 1918) nur, soweit nach den vorstehenden Ausführungen kein Reichsrecht galt.
- frühere deutsche Ostgebiete
- Rumänien
- Sowjetunion
§ 16 FRG gilt auch für Zeiten vor der Staatsgründung in den entsprechenden Gebieten des Russischen Reichs. Einbezogen sind ferner die zwischen den beiden Weltkriegen selbständigen baltischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen).
Während des 2. Weltkrieges waren Teile der Sowjetunion von Deutschland besetzt. Das steht der Anwendung des § 16 FRG grundsätzlich nicht entgegen, denn deutsches Recht wurde nicht eingeführt (auch nicht in den unter deutscher Zivilverwaltung stehenden Reichskommissariaten Ostland und Ukraine).
Eine Ausnahme bildete lediglich das Memelgebiet, das bereits früher einmal zum Deutschen Reich gehörte und in dem bis zum 09.01.1920 Reichsrecht gegolten hatte. Dort wurde Reichsrecht mit der "Verordnung über die Einführung der Reichsversicherung im Memelland" vom 17.08.1939 (RGBl. I, Seite 1426) zum 01.05.1939 erneut eingeführt und bis zum Kriegsende beibehalten. Ebenfalls zum Deutschen Reich gehörte Ostpreußen, in dem durchgehend bis zum Kriegsende Reichsrecht galt (maßgebend ist das tatsächliche Kriegsende am jeweiligen Beschäftigungsort, das heißt der Zeitpunkt der Eroberung durch russische Truppen). In diesen Gebieten und Zeiträumen kann § 16 FRG daher nicht angewandt werden (entsprechend dem BSG vom 27.06.1967, AZ: 11 RA 316/64, SozEntsch. X/B Nr. 20 zu Art. 1 § 16 FANG).
Zu beachten ist auch, dass während der Besetzung durch Deutschland einzelne Personen nach der Verordnung über die Sozialversicherung in den besetzten Gebieten vom 04.08.1941 (RGBl. I, Seite 486) dem Reichsrecht unterlagen. Erfasst wurden in erster Linie deutsche Staatsangehörige, die bei deutschen Dienststellen/Arbeitgebern beschäftigt waren oder die aus dem Deutschen Reich in die besetzten Gebiete kamen, also dort nicht bereits vorher lebten.
Anzuwenden ist § 16 FRG schließlich weiterhin für Beschäftigungen nach der Auflösung der Sowjetunion zu Beginn der 1990er Jahre in den einzelnen Nachfolgestaaten (GUS-Staaten, baltische Staaten). - Tschechoslowakei
§ 16 FRG gilt bereits für Zeiten vor der Staatsgründung, in denen die später tschechoslowakischen Gebiete noch zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörten.
Vor beziehungsweise während des 2. Weltkrieges ist die Tschechoslowakei in mehrere (zum Teil formal selbständige) Gebiete aufgeteilt worden.
Im Sudetenland galt nach der "Verordnung über die vorläufige Durchführung der Reichsversicherung in den sudetendeutschen Gebieten" vom 12.10.1938 (RGBl. I, Seite 1437) ab 01.10.1938 Reichsrecht, das bis zum Kriegsende beibehalten wurde. Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG können in diesem Zeitraum daher nicht berücksichtigt werden (siehe BSG vom 31.07.1975, AZ: 5 RJ 245/73, Mitteilungen LVA Oberfranken 1976, Seite 62). Eine Ausnahme galt lediglich für Mitglieder der Sudetendeutschen Arbeiterpensionsfonds; sie waren von der Geltung des Reichsrechts ausgenommen und können daher Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG erwerben. Zum Sudetenland gehörte auch das Hultschiner Ländchen, das früher einmal zum Deutschen Reich gehörte und in dem bis zum 09.01.1920 Reichsrecht galt. Nicht zum Sudetenland gehörte das Olsagebiet (siehe oben unter ‘Polen’).
Im Protektorat Böhmen/Mähren können grundsätzlich Beschäftigungszeiten erworben werden. Eine Ausnahme betrifft Beschäftigte bei Behörden und Dienststellen des Reichs; für sie galt bis zum Kriegsende Reichsrecht und zwar seit 16.03.1939 zunächst nur für deutsche Staatsangehörige, ab 01.07.1941 für alle Beschäftigten (Verordnungen vom 30.08.1939, RGBl. I, Seite 1737, und vom 25.06.1941, RGBl. I, Seite 375). Für diese Personen kann § 16 FRG nicht angewandt werden.
In der während des 2. Weltkrieges selbständigen Slowakei gelten für § 16 FRG keine Einschränkungen.
Anzuwenden ist § 16 FRG schließlich weiterhin nach der Spaltung der Tschechoslowakei zum 01.01.1993 für Beschäftigungen in Tschechien und der Slowakei. - Ungarn
§ 16 FRG gilt bereits für Zeiten der Zugehörigkeit Ungarns zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Weitere Besonderheiten sind nicht zu beachten. - Besonderheiten
Grundsätzlich bestimmt der Beschäftigungsort, ob § 16 FRG angewandt werden kann oder nicht. Ausnahmen gelten aber, soweit allgemeine Grundsätze oder zwischenstaatliche Vereinbarungen dieses Territorialitätsprinzip durchbrechen (wie zum Beispiel beim Botschaftspersonal oder im Rahmen der Ein- beziehungsweise Ausstrahlung).
Beim Botschaftspersonal muss regelmäßig unterschieden werden zwischen den sogenannten Ortskräften (Beschäftigte aus dem Gastland, in dem die Botschaft ihren Sitz hat, die die Staatsangehörigkeit des Gastlandes besitzen) und dem Geschäftspersonal (Beschäftigte, die an die Botschaft ihres Landes entsandt sind und die Staatsangehörigkeit des Heimatlandes besitzen). Ortskräfte unterliegen grundsätzlich dem am Ort der Botschaft geltenden Recht, das Geschäftspersonal als exterritoriale Personen dem Recht des Heimatlandes.
Das hat zur Folge, dass das Geschäftspersonal der Botschaften der im § 16 FRG genannten Staaten Beschäftigungszeiten erwerben kann (unabhängig davon, wo sich die Botschaft befindet - auch in Deutschland), nicht aber die Ortskräfte. Umgekehrt können an fremden Botschaften in den Vertreibungsgebieten die Ortskräfte Beschäftigungszeiten erwerben, nicht aber das Geschäftspersonal.
Im Rahmen der Ausstrahlung können Beschäftigungszeiten auch außerhalb der Vertreibungsgebiete erworben werden, wenn der Betreffende von einem Betrieb im Vertreibungsgebiet vorübergehend ins Ausland (auch nach Deutschland) entsandt wurde und weiterhin dem Recht des Entsendestaates und nicht dem des Beschäftigungsstaates unterlag (siehe BSG vom 15.06.1976, AZ: 11 RA 106/75). Andererseits kann bei einer Einstrahlung § 16 FRG nicht angewandt werden, obwohl die Beschäftigung im Vertreibungsgebiet ausgeübt wurde, wenn sie nicht dem dortigen Recht unterlag, sondern nach dem Recht des Entsendestaates zu beurteilen war.
Beschäftigung
Die Gleichstellung des § 16 FRG beschränkt sich auf Beschäftigungen. Der Begriff ‘Beschäftigung’ ist im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zu verstehen. Er ist gekennzeichnet durch die Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Beschäftigten sowie durch die Dienstbereitschaft des Beschäftigten. Ein wesentliches Merkmal für eine abhängige Beschäftigung ist die Eingliederung des Beschäftigten in den Betrieb des Arbeitgebers und die Weisungsgebundenheit hinsichtlich Art und Ausführung der Arbeit, des Arbeitsortes und der Arbeitszeit (persönliche Abhängigkeit). Zudem gehört zu einer Beschäftigung die entsprechende Entlohnung (wirtschaftliche Abhängigkeit).
Beschäftigungen sind nicht auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse beschränkt; sie umfassen auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse (Beamte, Richter, Berufssoldaten). Von § 16 FRG erfasst wird ferner ein betriebliches Ausbildungsverhältnis (Lehre), bei dem das sonst geforderte Merkmal der Entlohnung entfallen kann.
Der Abschluss eines Beschäftigungsverhältnisses beruht grundsätzlich auf dem freien Willen der beiden Vertragsparteien (Arbeitnehmer und Arbeitgeber). Allgemeine staatliche Einschränkungen wie zum Beispiel während des Krieges ausgesprochene Dienstverpflichtungen oder aufgrund planwirtschaftlicher Vorgaben zugewiesene Arbeitsplätze stehen einer Beschäftigung im Sinne des § 16 FRG nicht entgegen. Zwangsarbeiten (wie sie zum Beispiel Straf- oder Kriegsgefangene verrichten mussten) können generell nicht als Beschäftigungszeiten anerkannt werden, allerdings gibt es dabei Ausnahmen; auf die Ausführungen im Abschnitt 3.4.4 wird hingewiesen.
Nicht erfasst von § 16 FRG wird eine selbständige Erwerbstätigkeit. Das gilt unabhängig davon, ob eine solche Tätigkeit in Deutschland der Versicherungspflicht unterlegen hätte. Mitunter sind die Grenzen zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit fließend (siehe Abschnitte 3.4.2 und 3.4.5); es muss dann geprüft werden, welche Merkmale überwiegen.
Auch andere Tatbestände (zum Beispiel gesetzlicher Grundwehrdienst), die nicht auf einer Beschäftigung beruhen, werden - unabhängig von ihrer versicherungsrechtlichen Beurteilung in Deutschland - nicht von § 16 FRG erfasst (siehe BSG vom 28.02.1967, AZ: 4 RJ 527/64, Mitteilungen Ruhrknappschaft 1968, Seite 123).
Ob eine Beschäftigung vorgelegen hat, muss im Einzelfall anhand der tatsächlichen Verhältnisse geprüft werden. Die Behandlung im Herkunftsland ist grundsätzlich unbeachtlich. So steht eine (entgegen den Bestimmungen) unterbliebene Beitragsleistung der Anerkennung von Beschäftigungszeiten nicht entgegen und selbst eine nach den Vorschriften des Herkunftslandes illegale Beschäftigung kann zur Anwendung des § 16 FRG führen. Andererseits führt eine im Herkunftsland vorgenommene Gleichstellung einzelner Tatbestände mit ‘normalen’ Beschäftigungen nicht zur automatischen Anerkennung von Beschäftigungszeiten (siehe BSG vom 15.03.1979, AZ: 11 RA 46/78, SozR 5050 § 15 Nr. 11).
Dennoch kann in bestimmten Zweifelsfällen (zum Beispiel bei der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit oder familienhafter Mithilfe) die Behandlung im Herkunftsgebiet mitunter als zusätzliches Indiz gewertet werden. Führte eine Beschäftigung im fremden Recht ebenso wie in Deutschland zur Versicherungspflicht, so spricht eine fehlende Beitragsleistung grundsätzlich gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses; sie kann aus den oben genannten Gründen aber nicht zum alleinigen Ablehnungsgrund gemacht werden (siehe BSG vom 30.09.1969, AZ: 1 RA 203/68, SozR Nr. 11 zu § 16 FRG).
Für einige der gelegentlich auftretenden Sonderfälle, in denen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zweifelhaft sein kann, werden in den folgenden Abschnitten entsprechende Hinweise gegeben.
Familienhafte Mithilfe
Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber schließen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht generell aus, bieten jedoch verschiedene andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten. Es muss daher im Einzelfall geprüft werden, ob ein ‘reguläres’ abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestand.
Für die Beschäftigung beim Ehegatten erübrigt sich eine solche Prüfung, weil die Anerkennung von Beschäftigungszeiten bereits aus anderen Gründen verwehrt ist (Versicherungsfreiheit in Deutschland, siehe Abschnitt 3.5.2.1).
Auf welcher rechtlichen Grundlage die ‘Beschäftigung’ bei einem Verwandten beruhte, lässt sich oft nur schwer feststellen. Vielfach erfolgten nur mündliche Absprachen, schriftliche Arbeitsverträge - selbst wenn sie seinerzeit existierten - sind (wie andere Unterlagen) häufig während der Vertreibung verlorengegangen. Zeugen können über die rechtliche Gestaltung selten Aussagen machen, weil Außenstehende kaum Einblick in familiäre Regelungen hatten. Es muss daher auf allgemeine Erfahrungen und Indizien zurückgegriffen werden.
Allgemeine Erfahrungen zeigen: Je enger die verwandtschaftlichen Beziehungen sind, desto seltener wurde für die Tätigkeit ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis als Rechtsgrundlage gewählt; stattdessen treten verstärkt allgemeine familiäre Verpflichtungen in den Vordergrund. So sind beispielsweise nach § 1619 BGB (früher: § 1617) Kinder, die dem elterlichen Hausstand angehören und von den Eltern erzogen und unterhalten werden, zur Dienstleistung im elterlichen Haushalt und Geschäft verpflichtet. Auch in den Herkunftsländern gab es ähnliche Verpflichtungen; sie stellen kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dar. In Betracht zu ziehen ist auch die Möglichkeit, dass die Betreffenden Mitinhaber des Betriebes waren oder dass sie im Rahmen eines Volontariats auf die spätere Geschäftsübernahme vorbereitet wurden.
Indizien für die im Einzelfall notwendige Prüfung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sind unter anderem die Art der Tätigkeit, die Arbeitszeit, die Entlohnung, deren steuerliche Behandlung und die versicherungsrechtliche Behandlung im Herkunftsgebiet.
Gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen:
- häufig wechselnde Tätigkeiten im Betrieb (Volontariat),
- eine gegenüber den anderen Beschäftigten kürzere oder längere beziehungsweise eine schwankende, am Bedarf orientierte Arbeitszeit,
- eine von vergleichbaren anderen Beschäftigten abweichende Entlohnung und zwar sowohl höhere Einkünfte (Gewinnbeteiligung) als auch geringere Einkünfte (Taschengeld),
- die steuerliche Verbuchung der Entlohnung als Privatausgaben des Inhabers,
- eine fehlende Beitragszahlung zur fremden Rentenversicherung, wenn abhängige Beschäftigungen dort zur Versicherungspflicht führten und die verwandtschaftlichen Beziehungen kein ausdrücklicher Befreiungsgrund waren (BSG vom 30.09.1969, AZ: 1 RA 203/68, SozR Nr. 11 zu § 16 FRG),
- das Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt (Urteil des LSG Hessen vom 11.11.1965, AZ: L 6 J 947/64).
Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen:
- eine von den zuständigen Gremien (zum Beispiel Handwerkskammer) bestätigte Ausbildung als Lehrling,
- die gleiche feste Arbeitszeit wie die übrigen Beschäftigten,
- eine tarifliche beziehungsweise ortsübliche Entlohnung,
- die steuerliche Verbuchung der Entlohnung als Betriebsausgaben beziehungsweise die Abführung von Lohnsteuer.
Lässt sich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht mit der für eine Glaubhaftmachung erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit feststellen, muss nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast eine Anerkennung der Beschäftigungszeit nach § 16 FRG abgelehnt werden.
Genossenschaftsmitglieder
In den Herkunftsländern hat es in verschiedenen Bereichen (insbesondere in der Landwirtschaft, aber auch beim Handwerk) Zusammenschlüsse auf genossenschaftlicher Basis gegeben. Die Genossenschaftsmitglieder nehmen dabei insofern eine Sonderstellung ein, als sich bei ihnen die Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit denen einer abhängigen Beschäftigung mischen. Angesichts der in den Herkunftsländern stark ausgeprägten Kollektivierung überwogen regelmäßig die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung. Mitgliedszeiten in Landwirtschaftlichen Genossenschaften (LPG, Kolchosen) in allen Ländern sowie in sowjetischen handwerklichen Genossenschaften (Gewerbeartels) können daher als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden (für sowjetische Kolchosmitglieder siehe BSG-Urteile vom 24.02.1966, AZ: 12 RJ 28/63, SozR Nr. 6 zu § 16 FRG, und vom 01.12.1966, AZ: 4 RJ 457/66, SozEntsch. BSG X/B Nr. 5 zu Art. 1 § 15 FANG).
Mitgliedschaftszeiten in einer LPG in Rumänien ab 01.01.1966, in einer Kolchose in der ehemaligen UdSSR ab 01.01.1965 sowie in einer LPG (RSP) in Polen ab 01.07.1962 sind regelmäßig als Beitragszeiten nach § 15 Abs. 1 FRG anzuerkennen.
Ausführliche Erläuterungen enthalten für Mitgliedschaftszeiten in einer
- LPG in Rumänien die GRA zu Rumänien: Recht der Herkunftsgebiete Abschnitt 4.9 in Verbindung mit Abschnitt 4.2.2,
- Kolchose in der ehemaligen UdSSR die GRA zu Sowjetunion (bis 1991) - 2.4 Kolchosmitglieder: Recht der Herkunftsgebiete, 2.4 Kolchosmitglieder, Abschnitt 5.2 sowie
- LPG (RSP) in Polen die GRA zu Polen - Versicherungs- und Beitragsrecht ab 1945: Recht der Herkunftsgebiete, Abschnitt 14.15.2.
Ausnahme:
In der Tschechoslowakei waren die LPG Ende der 1940er und in den 1950er Jahren je nach Grad der Kollektivierung unterschieden in LPG des I. bis IV. Typs. Die vorangegangene Feststellung gilt nur für die LPG des III. und IV. Typs und die späteren Einheitsgenossenschaften. Die Mitglieder der LPG des I. und II. Typs sind dagegen noch als Selbständige zu behandeln und können somit keine Beschäftigungszeiten erwerben.
Ordensmitglieder
Mitglieder geistlicher Genossenschaften und Diakonissen waren mitunter auch außerhalb ihres Ordens für Dritte tätig (meist in der Krankenpflege, in der Bildung oder in anderen gemeinnützigen Tätigkeiten). Ob es sich dabei um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat, das die Anerkennung nach § 16 FRG ermöglicht, muss im Einzelfall geprüft werden. Entscheidend ist dabei, ob die Ordensmitglieder im Rahmen eines selbst abgeschlossenen Arbeitsvertrages oder im Rahmen eines Gestellungsvertrages zwischen dem Orden und dem Dritten tätig werden (siehe BSG vom 20.01.1983, AZ: 11 RA 67/81).
Erfolgte die Tätigkeit im Rahmen eines Gestellungsvertrages (vertragliche Regelungen bestehen allein zwischen der Ordensgemeinschaft und dem Empfänger der Dienste), können Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG nicht anerkannt werden. Hatte das Ordensmitglied selbst einen Arbeitsvertrag abgeschlossen und unterlag es dem Weisungsrecht des Dienstherrn, können dagegen Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden. Einer Anerkennung steht nicht entgegen, wenn die Ordensgemeinschaft am Zustandekommen des Arbeitsvertrages mitgewirkt hat, wenn das Entgelt an den Orden abgetreten wird oder wenn die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Dienstherrn wegen der Sicherung durch den Orden fehlt.
Unerheblich für die Entscheidung ist, ob eine solche Tätigkeit in Deutschland Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 7 AVG (in der Fassung vom 01.03.1957) ausgelöst hätte. Diese Versicherungspflicht konnte auch ohne abhängiges Beschäftigungsverhältnis eintreten, beim Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses wäre § 2 Nr. 1 AVG aber vorrangig gewesen.
Zwangsarbeit
Ein Beschäftigungsverhältnis entsteht regelmäßig auf freiwilliger Basis; Arbeitsleistungen, die nur aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses erbracht werden, sind dagegen nicht als Beschäftigungen anzusehen. Die während der Inhaftierung in einem Straf-, Arbeits-, Kriegsgefangenen- oder Konzentrationslager verrichteten Arbeiten können daher nicht zur Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG führen (BSG vom 31.10.1967, AZ: 3 RK 84/65, BSGE 27, 197, vom 10.12.1974, AZ: 4 RJ 379/73, BSGE 38, 245, und vom 04.10.1979, AZ: 1 RA 95/78, SozR 5070 § 14 Nr. 9).
Geringere staatliche Eingriffe wie Arbeitsverpflichtungen, die die Wahl der Arbeit und des Arbeits- beziehungsweise Aufenthaltsortes einschränken oder sogar gänzlich ausschließen, stehen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen. Dermaßen erzwungene Arbeitsleistungen (wie zum Beispiel häufig während des Krieges oder in der ersten Nachkriegszeit) können durchaus als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden. Das zeigt sich bereits daran, dass § 16 FRG auch für Berechtigte nach § 1 Buchst. c FRG gilt, die stets unfreiwillig zur Arbeitsleistung verbracht wurden. Bestätigt wurde das auch durch die Rechtsprechung (BSG vom 25.10.1966, AZ: 11 RA 212/65, BSGE 25, 217, und vom 01.12.1966, AZ: 4 RJ 457/66, SozEntsch. BSG X/B Nr. 5 zu Art. 1 § 15 FANG).
Von den Betroffenen wird der Begriff ‘Zwangsarbeit’ oft für alle Arbeitsleistungen verwandt, die auf staatliche Eingriffe zurückgehen. Es muss daher stets im Einzelfall geprüft werden, ob ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis vorlag (der Versicherte also inhaftiert war beziehungsweise unter haftähnlichen Bedingungen leben und arbeiten musste), das nicht nach § 16 FRG anerkannt werden kann, oder ob ‘nur’ eine Arbeitsverpflichtung vorlag, die nach § 16 FRG berücksichtigt werden kann.
Weitere Sonderfälle
Die Grenzen zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit können mitunter fließend sein. Es muss dann im Einzelfall geprüft werden, welche Merkmale überwiegen. Kennzeichen einer abhängigen Beschäftigung ist die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers, die sich im Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung ausdrückt. Demgegenüber wird eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und durch die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung unter Berücksichtigung des Vertragswillens der Beteiligten.
Heimarbeiter und Vertreter können sowohl als abhängig Beschäftigte wie auch als selbständig Erwerbstätige arbeiten. Indizien, die im Rahmen der notwendigen Einzelfallprüfung gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, sind unter anderem die gleichzeitige Arbeit für mehrere Auftraggeber oder ein fehlendes festes Gehalt (Fixum).
Bei Personen, die nicht aufgrund eines Arbeitsvertrages tätig sind, sondern im Rahmen von Agentur- oder Auftragsverträgen (Polen) beziehungsweise Mitarbeiter-, Werk-, Dienstleistungs- oder Auftragsverträgen (Rumänien), überwiegen regelmäßig die Merkmale einer selbständigen Erwerbstätigkeit. Ihnen können daher grundsätzlich keine Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden. Eine Ausnahme bilden die Agenturkräfte bei der polnischen Arbeiter-Verlagsgenossenschaft ‘Presse-Buch-Ruch’; die aus Einzelfällen bekannten Vertragsregelungen sprechen für ein Überwiegen einer abhängigen Beschäftigung, sodass Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden können (siehe Urteil des LSG Hamburg vom 18.11.1982, AZ: III ANBf 70/80, Breithaupt 1983, 698). Gleiches gilt für die aufgrund eines Auftragsvertrages tätigen Milchaufkäufer bei den polnischen Bezirksmolkereigenossenschaften.
Versicherungspflicht nach Bundesrecht
Beschäftigungszeiten im Sinne von § 16 FRG können nur dann anerkannt werden, wenn die Beschäftigung nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätte, wenn sie im Alt-Bundesgebiet verrichtet worden wäre (§ 16 Abs. 1 S. 2 erster Halbs. FRG). Bei dieser Voraussetzung kommt das Eingliederungsprinzip deutlich zum Ausdruck; die FRG-Berechtigten sollen so behandelt werden, als hätten sie ihr Versicherungsleben in Deutschland verbracht.
Ob Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung eingetreten wäre, ist nach westdeutschem Recht zu beurteilen. Das ergibt sich sowohl aus § 3 Abs. 2 FRG als auch aus der Formulierung in § 16 FRG. Ferner ist für die Rechtsanwendung der Stichtag 01.03.1957 festgeschrieben (also das Recht nach der Neuregelung des Rentenrechts); unerheblich ist sowohl das deutsche Recht, das während der Zurücklegung der Beschäftigung galt als auch das aktuelle Recht. Eine Ausnahme gilt für Beschäftigungen, die der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen sind; da die Neuregelungen im Knappschaftsrecht nicht zum 01.03.1957, sondern erst zum 01.06.1957 in Kraft getreten sind, gilt für solche Beschäftigungen der Stichtag 01.06.1957.
Im Ergebnis muss also geprüft werden, ob am Stichtag nach westdeutschem Recht Versicherungspflicht bestanden hätte. Hierzu gehört
- die Feststellung der Versicherungspflicht dem Grunde nach sowie
- die Prüfung etwaiger Ausnahmetatbestände (Versicherungsfreiheit), wobei § 16 Abs. 1 S. 2 zweiter Halbs. FRG verschiedene Ausnahmetatbestände aufzählt, die unberücksichtigt bleiben sollen.
Versicherungspflicht dem Grunde nach
Versicherungspflichtig waren nach damaligen bundesdeutschen Vorschriften (§§ 2 AVG, 1227 RVO, 1 RKG) grundsätzlich alle als Arbeitnehmer gegen Entgelt beschäftigten Personen sowie Lehrlinge und sonstige Auszubildende. Die genannten Vorschriften konnten zwar nicht völlig identisch sein, weil sie die Personen nach den jeweiligen Versicherungszweigen differenzieren mussten, in ihrem Kerngehalt waren sie aber inhaltsgleich.
Mit Arbeitnehmern waren alle diejenigen gemeint, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen. Es gelten insoweit die Ausführungen im Abschnitt 3.4.
Die Arbeitnehmer mussten gegen Entgelt beschäftigt sein. Unbezahlte Beschäftigungen führten nicht zur Versicherungspflicht.
Von dieser Grundregelung gibt es folgende Ausnahmen:
- Sachbezüge, deren Wert einem Entgelt entsprach, das über der Geringfügigkeitsgrenze lag, sind einem beitragspflichtigen Entgelt gleichgestellt. Sachbezüge waren mehr als geringfügig, wenn sie die Leistungen für einen freien Unterhalt (Kost, Wohnung, Kleidung usw.) nicht unerheblich überschritten. Die Überschreitung ist nicht unerheblich, wenn sie über den Wert eines bloßen Taschengeldes hinausging. Bei dem Vergleich der Werte der betreffenden Sachbezüge mit dem Wert des notwendigen Lebensbedarfs ist allein auf die Verhältnisse im Herkunftsgebiet abzustellen. Ein Vergleich von Werten und Preisen im Herkunftsland mit Werten und Preisen im Inland ist ausgeschlossen (BSG vom 31.08.1978, AZ: 4/5 RJ 46/77, SozR 5050 § 16 Nr. 11).
- Lehrlinge mussten lediglich in einem formellen Ausbildungsverhältnis stehen. Weitere Voraussetzungen brauchten nicht erfüllt zu werden; insbesondere war keine Entgeltzahlung erforderlich.
- Eine weitere Ausnahme betrifft die bereits im Abschnitt 3.4.4 erwähnten erzwungenen Arbeitsleistungen (insbesondere in der ersten Nachkriegszeit). Das BSG hat mit seinem Urteil vom 25.10.1966, AZ: 11 RA 212/65, BSGE 25, 217, nicht nur das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bejaht, sondern aufgrund der in der Gesetzesbegründung deutlich werdenden Regelungsabsicht auch eine fehlende Entgeltzahlung als unschädlich angesehen. Solche Arbeitsverpflichtungen können daher ebenfalls ohne Entgeltzahlung nach § 16 FRG anerkannt werden.
Neben dieser (jeweils an erster Stelle genannten) Grundregelung zählten die bundesdeutschen Vorschriften noch weitere Tatbestände auf, die zur Versicherungspflicht führten. Für die Anwendung des § 16 FRG sind sie jedoch ohne Bedeutung, denn es handelte sich entweder um selbständige Erwerbstätigkeiten oder um andere - außerhalb eines regulären Beschäftigungsverhältnisses liegende - Tatbestände, die ohnehin nicht unter § 16 FRG fallen (siehe Abschnitt 3.4).
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die im Abschnitt 3.4 beschriebenen Beschäftigungen nach deutschem Recht grundsätzlich zur Versicherungspflicht geführt hätten. Zu beachten ist lediglich, dass eine dem Grunde nach bestehende Versicherungspflicht durch Ausnahmetatbestände (Versicherungsfreiheit) aufgehoben werden konnte.
Versicherungsfreiheit
Im deutschen Recht gab es verschiedene Ausnahmeregelungen zur Versicherungspflicht (§§ 4, 6 AVG, §§ 1228, 1229 RVO, §§ 30, 31 RKG). Sie führten dazu, dass versicherungspflichtige Beschäftigungen versicherungsfrei blieben. Diese Regelungen müssen bei Anwendung des § 16 FRG grundsätzlich nachvollzogen werden. Allerdings sind im § 16 Abs. 1 S. 2 zweiter Halbs. FRG einige Tatbestände aufgeführt, die zwar nach deutschem Recht zur Versicherungsfreiheit geführt hätten, einer Anerkennung als Beschäftigungszeit aber nicht entgegenstehen.
Unschädlich sind nach § 16 Abs. 1 S. 2 zweiter Halbs. FRG die folgenden Vorschriften über die Beschränkung der Versicherungspflicht:
- nach der Stellung des Beschäftigten im knappschaftlichen Betrieb
Gemeint ist die Vorschrift des § 1 Abs. 2 RKG, wonach leitende Angestellte von der Versicherungspflicht ausgenommen waren. Demnach können auch im knappschaftlichen Bereich Beschäftigungen unabhängig von der Position innerhalb der Betriebshierarchie nach § 16 FRG anerkannt werden. Beschränkungen können sich jedoch aus § 18 Abs. 2 FRG ergeben. - nach der Höhe des Arbeitsverdienstes
Gemeint ist in erster Linie die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 1 AVG, wonach Personen, deren Entgelt die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritt, versicherungsfrei blieben. Im FRG wäre eine solche Regelung nicht praktizierbar, weil die fremden Entgelte nicht bekannt sind. Einen gewissen Ausgleich dafür bietet § 18 Abs. 2 FRG.
Betroffen ist aber auch das Unterschreiten bestimmter Grenzbeträge (1/8 der Beitragsbemessungsgrenze) bei Nebenbeschäftigungen nach § 4 Abs. 2 Buchst. b AVG beziehungsweise §§ 1228 Abs. 2 Buchst. b RVO, 30 Abs. 2 Buchst. b RKG. Da Nebenbeschäftigungen aber auch aus anderen Gründen versicherungsfrei bleiben konnten, die im Rahmen des § 16 FRG nachzuvollziehen sind, wird auf die Ausführungen im Abschnitt 3.5.2.4 hingewiesen. - wegen der Gewährleistung von Versorgungsanwartschaften
Gemeint sind die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AVG beziehungsweise § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO, wonach Personen versicherungsfrei blieben, denen eine Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet war (Beamte, Richter, Geistliche und sonstige Beschäftigte verschiedener Körperschaften). Dass diese Regelung im Rahmen des § 16 FRG nicht nachvollzogen werden soll, ist darauf zurückzuführen, dass fremde Versorgungsansprüche durch die Vertreibung verlorengegangen sind und deutsche Versorgungsansprüche für die in den Herkunftsgebieten ausgeübten Beschäftigungen regelmäßig nicht bestehen. Dafür soll ein Ausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden. Sollten im Einzelfall tatsächlich Ansprüche oder Anwartschaften auf eine deutsche Versorgung bestehen, so ist § 18 Abs. 3 FRG zu beachten. - wegen der Eigenschaft als Beamter oder Soldat
Gemeint sind die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 2, 5 und 6 AVG beziehungsweise § 1229 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 RVO, wonach die genannten Personen angesichts der später zu erwartenden Versorgungsanwartschaften (siehe vorhergehende Ausführungen) versicherungsfrei blieben. Beschäftigungen in einem fremden öffentlichen Dienst können somit nach § 16 FRG anerkannt werden.
Ebenfalls ohne Bedeutung für § 16 FRG sind die Vorschriften, die eine Befreiung von der Versicherungspflicht nur auf Antrag vorsahen (zum Beispiel §§ 7, 8 AVG).
Beachtet werden müssen dagegen die übrigen Vorschriften zur Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes. Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG können daher bei den folgenden Sachverhalten nicht anerkannt werden.
Beschäftigung beim Ehegatten
Wer bei seinem Ehegatten in Beschäftigung stand, war nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 AVG beziehungsweise § 1228 Abs. 1 Nr. 1 RVO, § 30 Abs. 1 Nr. 1 RKG versicherungsfrei. Dass diese Regelung später (zum 01.01.1967) gestrichen wurde, ist unerheblich, weil es für § 16 FRG auf die Rechtslage am 01.03.1957 ankommt. Beschäftigungen beim Ehegatten können daher nicht nach § 16 FRG anerkannt werden (siehe Urteil des Bayerischen LSG vom 09.01.1979, AZ: L 16 An 222/77).
Beschäftigung nur für freien Unterhalt
Wer als Entgelt für eine Beschäftigung (die nicht zur Berufsausbildung ausgeübt wurde) nur freien Unterhalt erhielt, war nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AVG beziehungsweise § 1228 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 30 Abs. 1 Nr. 2 RKG versicherungsfrei.
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AVG beziehungsweise § 1228 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 30 Abs. 1 Nr. 2 RKG ist aber keine Vorschrift über die Beschränkung der Versicherungspflicht nach der Höhe des Arbeitsverdienstes, die nach § 16 Abs. 1 S. 2 zweiter Halbs. FRG unbeachtlich wäre. Beschäftigungen, für die der Betreffende nur freien Unterhalt erhielt, können daher grundsätzlich nicht nach § 16 FRG anerkannt werden. Wurden hingegen neben dem freien Unterhalt Sachbezüge geleistet, deren Wert einem Entgelt entsprach, das über der Geringfügigkeitsgrenze lag, können Zeiten nach § 16 FRG anerkannt werden (BSG vom 31.08.1978, AZ: 4/5 RJ 46/77, SozR 5050 § 16 Nr. 11), siehe Abschnitt 3.5.1.
Daneben gibt es noch zwei weitere Ausnahmen. Die erste betrifft die in § 4 Abs. 1 Nr. 3 AVG beziehungsweise § 1228 Abs. 1 Nr. 2 RVO, § 30 Abs. 1 Nr. 2 RKG genannten Beschäftigungen zur Berufsausbildung (Lehre und Ähnliches). Diese Ausbildungsverhältnisse führten in Deutschland unabhängig von einer Entgeltzahlung zur Versicherungspflicht und können daher auch ohne Entgeltzahlung nach § 16 FRG anerkannt werden.
Die zweite Ausnahme betrifft die bereits im Abschnitt 3.4.4 erwähnten erzwungenen Arbeitsleistungen (insbesondere in der ersten Nachkriegszeit). Das BSG hat mit seinem Urteil vom 25.10.1966, AZ: 11 RA 212/65, BSGE 25, 217, nicht nur das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bejaht, sondern aufgrund der in der Gesetzesbegründung deutlich werdenden Regelungsabsicht auch eine fehlende Entgeltzahlung als unschädlich angesehen. Solche Arbeitsverpflichtungen können daher ebenfalls ohne Entgeltzahlung nach § 16 FRG anerkannt werden.
Beschäftigung während des Studiums
Wer während der Dauer seines Studiums als ordentlicher Studierender einer Hochschule oder einer sonstigen der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Entgelt beschäftigt war, war nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 AVG beziehungsweise § 1228 Abs. 1 Nr. 3 RVO, § 30 Abs. 1 Nr. 3 RKG versicherungsfrei.
Diese Vorschrift wurde in Deutschland eng ausgelegt; das heißt, Versicherungsfreiheit trat nicht für jede mit einem Studium zusammentreffende Beschäftigung ein, sondern nur für bestimmte. Versicherungsfrei waren in erster Linie die sogenannten Werkstudenten. Das sind Studierende, die neben ihrem Studium eine Beschäftigung gegen Entgelt ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten des Lebensunterhaltes erforderlichen Mittel zu verdienen. Die Arbeit muss ihrem Umfang nach begrenzt sein; sie darf üblicherweise nur bis zur Hälfte der normalen Arbeitszeit betragen.
Ebenfalls versicherungsfrei waren Praktikanten, wenn das Praktikum während der Immatrikulation abgeleistet wurde.
Solche Beschäftigungen als Werkstudent oder Praktikant können folglich nicht nach § 16 FRG anerkannt werden.
Für andere Beschäftigungen während des Studiums ist eine Anwendung des § 16 FRG dagegen möglich. Das gilt unter anderem bei
- der Fortsetzung einer früheren Beschäftigung während eines Fern- oder Abendstudiums,
- einer Beurlaubung zum Studium unter Fortzahlung des Gehaltes (nicht Stipendium),
- den vor oder nach dem Studium abzuleistenden Praktika und
- Beschäftigungen nach dem ersten Studienabschluss (zum Beispiel Aspirantur).
Nebenbeschäftigung
Wer eine Nebenbeschäftigung ausübte, war nach § 4 Abs. 1 Nr. 5 und 6 AVG beziehungsweise § 1228 Abs. 1 Nr. 4 und 5 RVO, § 30 Abs. 1 Nr. 4 und 5 RKG, versicherungsfrei. Dabei war es gleichgültig, ob die Nebenbeschäftigung tatsächlich neben einer Hauptbeschäftigung ausgeübt wurde oder ob sie die einzige Tätigkeit war. Charakteristisch für eine Nebenbeschäftigung war, dass bestimmte, im § 4 Abs. 2 AVG beziehungsweise § 1228 Abs. 2 RVO, § 30 Abs. 2 RKG bezeichnete Geringfügigkeitsgrenzen nicht überschritten wurden. Unterschieden wurde dabei nach Gelegenheits-/Aushilfsbeschäftigungen und Dauerbeschäftigungen.
Gelegenheits-/Aushilfsbeschäftigungen blieben versicherungsfrei, wenn sie auf eine Zeitdauer von zwei Monaten oder 50 Arbeitstagen pro Jahr beschränkt waren. Solche Beschäftigungen können daher nicht nach § 16 FRG anerkannt werden.
Dauerbeschäftigungen blieben versicherungsfrei, wenn bestimmte Entgeltgrenzen nicht überschritten wurden. Vorschriften über die Beschränkung der Versicherungspflicht nach der Höhe des Arbeitsverdienstes sollen zwar nach § 16 Abs. 1 S. 2 zweiter Halbs. FRG unbeachtlich bleiben; nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG vom 29.01.1981, AZ: 11 RA 16/80, BSGE 51, 153) bedarf es in diesen Fällen einer gewissen Modifizierung, um dem Eingliederungsgedanken ausreichend Rechnung zu tragen. Anstelle der ersten Entgeltgrenze (1/8 der Beitragsbemessungsgrenze) sind daher auf Dauer angelegte Beschäftigungen als Nebenbeschäftigungen anzusehen, wenn die Arbeitszeit unter zwei Stunden pro Tag beziehungsweise unter zehn Stunden pro Woche liegt. Diese Zeitgrenze steht übrigens auch im Einklang mit der Regelung des § 26 S. 4 FRG. Übersteigt die Beschäftigung diese Geringfügigkeitsgrenze, ist die zweite Entgeltgrenze (1/5 des Gesamteinkommens) zu prüfen. Diese Regelung ist direkt anwendbar, da sie keine Kursumrechnung erfordert. Dauerbeschäftigungen, die eine der beiden Geringfügigkeitsgrenzen nicht überschreiten, können folglich nicht als Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG anerkannt werden.
Beschäftigung als Altersrentner
Personen, die ein Altersruhegeld bezogen, blieben vom Rentenbeginn an nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 AVG beziehungsweise § 1229 Abs. 1 Nr. 1 RVO, § 31 RKG versicherungsfrei.
Mit dem Bezug einer Altersrente ist das Erwerbsleben regelmäßig abgeschlossen; weitere Versicherungszeiten können nicht mehr erworben werden. Das muss aufgrund des Eingliederungsgedankens auch im Rahmen des § 16 FRG gelten. Als Altersrente ist grundsätzlich jede fremde Rente anzusehen, die wegen des Erreichens eines bestimmten Lebensalters gewährt wird. In den Herkunftsländern sind diese Altersgrenzen teilweise erheblich niedriger als in Deutschland, wo Altersrenten frühestens ab Vollendung des 60. Lebensjahres beginnen können. Um im Rahmen des Eingliederungsgedankens eine Gleichbehandlung vorzunehmen, stehen die fremden Altersrenten ebenfalls erst ab Vollendung des 60. Lebensjahres einer Anerkennung als Beschäftigungszeit entgegen. Es braucht dabei nicht geprüft zu werden, ob der Betreffende in Deutschland alle Voraussetzungen für ein Altersruhegeld erfüllt hätte (Wartezeit, persönliche Voraussetzungen). Entscheidend ist, dass die fremde Altersrente tatsächlich bezogen wurde. Ein teilweises Ruhen (Einkommensanrechnung) der Rente beseitigt den Tatbestand der Rentenzahlung nicht. Sofern in Ausnahmefällen die Rente wegen der Beschäftigung vollständig entfallen ist, steht einer Anerkennung von Beschäftigungszeiten nichts im Wege.
Beschäftigungen während einer fremden Altersrente bis zum Monat der Vollendung des 60. Lebensjahres können dagegen nach § 16 FRG anerkannt werden (ebenso wie Beschäftigungen während einer Invalidenrente).
Beachte:
Die Einschränkung für Beschäftigungszeiten wegen des Altersrentenbezuges weicht von der Einschränkung für Beitragszeiten (§ 19 Abs. 3 FRG) ab.
Ausschlussgründe
Sind die Grundvoraussetzungen für eine Beschäftigungszeit erfüllt (siehe Abschnitt 3), bedarf es einer weiteren Prüfung von Ausschlussgründen, die einer Anerkennung entgegenstehen können. Diese Ausschlussgründe ergeben sich teilweise aus § 16 FRG selbst, teilweise aber auch aus anderen Vorschriften (§ 18 Abs. 2 und 3 FRG).
Vorrang von Beitragszeiten
Die Anerkennung einer Beschäftigungszeit ist nur dann möglich, ‘wenn sie nicht mit einer Beitragszeit zusammenfällt’ (§ 16 Abs. 1 S. 1 FRG). Aus dieser Regelung ergibt sich die Vorrangstellung von Beitragszeiten vor Beschäftigungszeiten. Können Beitragszeiten anerkannt werden, so bleibt für Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG kein Raum.
Zu den Beitragszeiten, die eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten verhindern, gehören aber nicht deutsche Beitragszeiten, die aus Beitragszahlungen für die gleichen Zeiträume resultieren (für freiwillige deutsche Beiträge siehe BSG vom 08.10.1964, AZ: 1 RA 303/61, BSGE 22, 31; für die Nachentrichtung nach § 10 WGSVG siehe BSG vom 14.05.1981, AZ: 12 RK 73/79, SozR 5070 § 10 Nr. 16).
Der Ausschluss zielt vielmehr auf die nach § 15 FRG anrechenbaren fremden Beitragszeiten. So verhindert der nach dem Vorkriegsrecht in der Tschechoslowakei mögliche Einkauf von Beitragszeiten für eine nicht versicherte Dienstzeit deren Anerkennung als Beschäftigungszeit; anrechenbar sind allein die aufgrund des Einkaufs entstandenen Beitragszeiten, auch wenn sie als freiwillige Beiträge unter Umständen geringer gewertet werden.
Sind ursprünglich vorhandene Beitragszeiten nicht mehr existent, steht einer Anerkennung als Beschäftigungszeit grundsätzlich nichts im Wege (eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Verlust der Beitragszeit auf eine Beitragserstattung zurückzuführen ist - siehe Abschnitt 4.2 -). Das kann der Fall sein bei der Übertragung von der gesetzlichen Rentenversicherung auf ein anderes Sicherungssystem wie zum Beispiel bei der Ausfolgung der Prämienreserve nach dem tschechoslowakischen Vorkriegsrecht an einen Pensionsfonds des öffentlichen Dienstes (siehe BSG vom 15.12.1970, AZ: 1 RA 65/70, Nachr. LVA Hessen 1972, 23). Die frühere Beitragszahlung verhindert die Anerkennung als Beschäftigungszeit nicht.
Einer Anerkennung nach § 16 FRG steht ebenfalls nicht entgegen, wenn im Herkunftsland zwar Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden, diese aber nach § 15 Abs. 3 S. 3 Buchst. d FRG nicht anrechnungsfähig sind.
Nach der Regelungsabsicht können nur solche fremden Beitragszeiten die parallele Anerkennung von Beschäftigungszeiten verhindern, die aufgrund desselben Sachverhaltes entstanden sind beziehungsweise für denselben Sachverhalt gelten. Bedeutung hat dies beispielsweise für Mehrfachbeschäftigte. Werden zwei getrennte Beschäftigungen ausgeübt, so liegen auch zwei unabhängig voneinander zu beurteilende Sachverhalte vor. Führt eine der Beschäftigungen zu einer Beitragszeit, so steht das einer Anerkennung der zweiten Beschäftigung als Beschäftigungszeit nach § 16 FRG nicht entgegen (sofern alle übrigen Voraussetzungen erfüllt sind).
Beitragserstattung
Durch das RRG 1992 wurde dem § 16 Abs. 1 FRG ein Satz 3 angefügt, der die Anerkennung von Beschäftigungszeiten für die Zeiten ausschließt, ‘für die Beiträge erstattet worden sind’. Diese Neuregelung verstärkt das den § 16 FRG ohnehin beherrschende Eingliederungsprinzip. Da auch im Bundesgebiet mit einer Beitragserstattung sämtlicher Ansprüche aus diesen Versicherungszeiten verlorengehen, soll Gleiches auch für die FRG-Berechtigten gelten.
Die Ausschlusswirkung tritt immer dann ein, wenn für eine Beschäftigung im Herkunftsgebiet Beiträge gezahlt wurden, diese aber nach den dort geltenden Vorschriften wieder erstattet wurden.
Zu den Auswirkungen einer Beitragserstattung in Kasachstan wird auf die Ausführungen in der GRA zum Recht der Herkunftsgebiete, Nachfolgestaaten der Sowjetunion (ohne Russische Föderation), 2.1 Versicherte Personen, Abschnitt 6.2 verwiesen.
Die Beitragserstattung muss aber nicht unbedingt nach den Vorschriften des Herkunftsgebietes erfolgt sein; denkbar ist auch eine Miterstattung der fremden Beiträge nach reichsgesetzlichen Vorschriften. Hierzu konnte es kommen, wenn die fremden Beiträge in Gebieten entrichtet waren, in denen vor oder während des 2. Weltkrieges Reichsrecht eingeführt wurde (Sudetenland, Memelgebiet, Danzig, eingegliederte Ostgebiete). Dann konnten die fremden Beiträge unter bestimmten Voraussetzungen auf die reichsdeutsche Rentenversicherung übergehen (siehe GRA zu § 17 FRG) und bei einer Beitragserstattung miterstattet werden.
Beitragserstattungen nach bundesdeutschem Recht wirken sich auf § 16 Abs. 1 S. 3 FRG nicht aus, denn fremde Beiträge werden nicht miterstattet. Die Verfallswirkung einer deutschen Beitragserstattung (§ 210 Abs. 6 SGB VI beziehungsweise entsprechende Vorgängervorschriften wie zum Beispiel § 82 Abs. 7 AVG) bleibt jedoch unberührt, muss also bei Beschäftigungszeiten wie bei allen rentenrechtlichen Zeiten beachtet werden. Durch die Erstattung gehen Ansprüche aus allen zum Zeitpunkt der Erstattung existenten Zeiten verloren. Beschäftigungszeiten konnten - mangels entsprechender Vorgängervorschriften - frühestens mit der Verkündung des FRG/FANG (03.03.1960 beziehungsweise in Berlin am 15.03.1960) entstehen. Beitragserstattungen nach bundesdeutschem Recht vor diesen Zeitpunkten stehen der Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG folglich nicht entgegen, weil sie erst nach der Erstattung existent geworden sind. Beitragszeiten zu Rentenversicherungsträgern in den Herkunftsgebieten konnten hingegen bereits nach den Vorgängervorschriften des FRG/FANG (zum Beispiel Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz vom 07.08.1953, BGBl. I, Seite 848) anerkannt werden. Diese Zeiten waren daher bereits vor Verkündung des FRG/FANG als Beitragszeiten existent und wurden folglich auch von der Verfallswirkung einer Beitragserstattung nach bundesdeutschem Recht vor dem 03.03.1960 erfasst. Die Anerkennung als Beschäftigungszeiten ist in diesen Fällen ausgeschlossen.
Hohe Leistungsgruppeneinstufung
Nach § 18 Abs. 2 in Verbindung mit Anlagen 2 und 3 FRG ist die Anerkennung von Beschäftigungszeiten ausgeschlossen, wenn der Betreffende in verschiedenen Zeiträumen in bestimmte (hohe) Leistungsgruppen einzustufen ist. Diese Regelung ist ein teilweiser Ersatz für die nicht anzuwendende Vorschrift zur Versicherungsfreiheit wegen Überschreitens der Jahresarbeitsverdienstgrenze (siehe Abschnitt 3.5.2). Mit ihr wird pauschalierend unterstellt, dass der Betreffende bei vergleichbarer Tätigkeit in Deutschland die Jahresarbeitsverdienstgrenze überschritten hätte, damit versicherungsfrei geblieben wäre und folglich keine Versicherungszeiten erworben hätte. Betroffen sein können nur Einstufungen in die Leistungsgruppen 1 und 2 der Angestellten sowie der Angestellten in der knappschaftlichen Rentenversicherung. Einzelheiten hierzu sind der GRA zu § 18 FRG zu entnehmen.
Einschränkungen gibt es in keinem Fall bei Einstufungen in die
- Leistungsgruppen 3 bis 5 der Angestellten und Angestellten in der knappschaftlichen Rentenversicherung,
- Leistungsgruppen der Arbeiter und Arbeiter in der knappschaftlichen Rentenversicherung,
- Qualifikationsgruppen.
Versorgungsansprüche
Nach § 18 Abs. 3 FRG ist die Anerkennung von Beschäftigungszeiten ausgeschlossen, wenn der Betreffende für diese Zeiten Ansprüche oder Anwartschaften auf eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen hat oder eine Nachversicherung als durchgeführt gilt. Mit dieser Regelung wird eine doppelte Honorierung der Zeiten vermieden. Einzelheiten hierzu sind der GRA zu § 18 FRG zu entnehmen.
Rechtsfolgen
Wird eine Beschäftigungszeit nach § 16 FRG anerkannt, so steht diese Zeit einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in Deutschland, für die Beiträge entrichtet sind, gleich. Diese Gleichstellung ist umfassend; die Beschäftigungszeiten haben grundsätzlich dieselbe Wirkung wie Beitragszeiten nach § 55 SGB VI. Zu berücksichtigen sind die Beschäftigungszeiten beispielsweise für die
- Erfüllung der Wartezeiten und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen,
- Ermittlung der Entgeltpunkte,
- Erfüllung von Vorversicherungszeiten.
Zur Abgrenzung zwischen nachgewiesenen und glaubhaft gemachten Beschäftigungszeiten wird auf die GRA zu § 22 FRG, Abschnitt 7, verwiesen.
Von der Gleichstellung gibt es zwei wesentliche Ausnahmen:
- Entgeltpunkte aus Beschäftigungszeiten werden bei Rentenleistungen ins Ausland außerhalb des Anwendungsbereichs des Europarechts nicht berücksichtigt. Ein Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat oder der Schweiz ist wie ein Aufenthalt in Deutschland zu behandeln (siehe EuGH-Urteil vom 18.12.2007 Rechtssache C-396/05, C-419/05 und C-450/05, Habelt, Möser, Wachter).
- Nach der BSG-Rechtsprechung (Urteile vom 23.09.1980, AZ: 12 RK 28/79, SozR 5070 § 8 Nr. 3, und vom 14.05.1981, AZ: 12 RK 73/79, SozR 5070 § 10 Nr. 16) stehen Beschäftigungszeiten einer Beitragsnachentrichtung nach den Sonderregelungen des WGSVG (§§ 8, 10 WGSVG in der Fassung vor dem RRG 1992) nicht entgegen.
WFG vom 25.09.1996 (BGBl. I S. 1461) |
Inkrafttreten: 01.01.1997 Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/4610, Seiten 14 und 27 |
In Absatz 1 Satz 1 wurde die Zahl 16 durch die Zahl 17 ersetzt.
Damit wurde die untere Altersgrenze für anzuerkennende Beschäftigungszeiten vom 16. auf das 17. Lebensjahr heraufgesetzt.
RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606) |
Inkrafttreten: 01.01.1992 Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405, Seiten 93 und 162 |
Es hat redaktionelle Änderungen bei den Gebietsbezeichnungen gegeben.
Zum einen wurde der zuvor enthaltene Verweis auf die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten Gebiete durch eine konkrete Aufzählung der ausländischen Staaten ersetzt. Der räumliche Anwendungsbereich des § 16 FRG blieb dadurch jedoch unverändert.
Zum anderen wurden in Absatz 1 Satz 2 die Worte „im Bundesgebiet“ durch die Worte „im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet“ ersetzt.
RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261) |
Inkrafttreten: 01.07.1990 (in den neuen Bundesländern: 01.01.1992) Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124, Seite 217, und 11/5530, Seite 64 |
Im letzten Halbsatz des Satzes 1 in Absatz 1 wurde das Wort "soweit" durch das Wort "wenn" ersetzt.
Inhaltliche Bedeutung hatte die zum 01.07.1990 vorgenommene Anfügung des Satzes 3 im Absatz 1, der eine bis dahin mögliche Anerkennung von Beschäftigungszeiten ausschloss, wenn für diese Zeiten Beiträge erstattet worden sind.
Der neue Absatz 2 war nur bis zum 31.12.1991 im Zusammenhang mit anzuerkennenden DDR-Zeiten bedeutsam.
FRG – Fremdrentengesetz (Art. 1 - FANG - Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz) vom 25.02.1960 (BGBl. I Seite 93) |
Inkrafttreten: 01.01.1959 (in den neuen Bundesländern: 01.01.1992) Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 3/1109, Seite 40, und zu 3/1532, Seite 9 |
§ 16 FRG ist gemeinsam mit dem gesamten FRG in der Fassung des FANG in Kraft getreten.