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§ 1 FRG: Berechtigter Personenkreis

Änderungsdienst
veröffentlicht am

23.12.2024

Änderung

Die Abschnitte 3 und 3.3 bis 3.3.10 wurden in Hinblick auf die Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsamtes überarbeitet beziehungsweise neu aufgenommen.

Dokumentdaten
Stand02.12.2024
Rechtsgrundlage

§ 1 FRG

Version006.00

Inhalt der Regelung

§ 1 FRG regelt den persönlichen Geltungsbereich des FRG. Anwendung findet das Gesetz auf die folgenden Personengruppen:

  1. anerkannte Vertriebene und Spätaussiedler,
  2. Deutsche, die infolge der Kriegsauswirkungen den früher zuständigen Versicherungsträger eines auswärtigen Staates nicht mehr in Anspruch nehmen können,
  3. zur Arbeitsleistung ins Ausland verbrachte Deutsche,
  4. heimatlose Ausländer,
  5. Hinterbliebene der vorstehend bezeichneten Personen.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Neben den im § 1 FRG ausdrücklich bezeichneten Personen kann das FRG aufgrund ergänzender Regelungen noch für weitere Personen angewandt werden, und zwar für

  • Deutsche, die vor dem 09.05.1945 in den früheren deutschen Ostgebieten bestimmte versicherungsfreie Beschäftigungen ausgeübt haben (§ 17 Abs. 2 FRG),
  • deutschsprachige Angehörige des Judentums (§ 17a FRG),
  • vertriebene Verfolgte (§ 20 WGSVG).

Unter welchen Voraussetzungen dies im Einzelnen möglich ist, ist in den jeweiligen GRA zu diesen Vorschriften ausgeführt.

Ferner sind im Rahmen des deutsch-polnischen Rentenabkommens (DPRA 1975) vom 09.10.1975 die polnischen Abkommenszeiten nach dem FRG anzuerkennen (Art. 2 Abs. 1 des Zustimmungsgesetzes zu diesem Abkommen), ohne dass die persönlichen Voraussetzungen des § 1 FRG erfüllt sein müssen. Gleiches galt im Rahmen der Sozialversicherungsabkommen der ehemaligen DDR, solange diese im Beitrittsgebiet vorübergehend weiter anzuwenden waren.

Abgesehen von diesen ergänzenden Regelungen enthält die Vorschrift des § 1 FRG eine abschließende Aufzählung der vom persönlichen Geltungsbereich erfassten Personen. Eine Ausdehnung oder analoge Anwendung auf weitere Personen ist nicht möglich. Mit dem Status als Flüchtling im Sinne der Genfer Konventionen, Kontingentflüchtling, Asylberechtigter oder ähnlicher Personengruppen können daher keine Ansprüche nach dem FRG geltend gemacht werden.

Seit dem 01.01.1992 ist das FRG auch nicht mehr anwendbar, soweit es um die Behandlung von Zeiten im Beitrittsgebiet und von sogenannten übergegangenen Beiträgen geht (Streichung des § 17 Abs. 1 FRG).

Allgemeines

Welche Voraussetzungen die in den Buchstaben a bis e des § 1 FRG beschriebenen Personengruppen im Einzelnen erfüllen müssen, um vom persönlichen Geltungsbereich des FRG erfasst zu werden, ist in den folgenden Abschnitten 3 bis 8 beschrieben. Sind die Voraussetzungen erfüllt, können sie die Ansprüche, die sich aus den Vorschriften des FRG ergeben (insbesondere die Gleichstellung fremder Zeiten), geltend machen. Teilweise sind dabei aber Einschränkungen zu beachten, auf die in den einzelnen Abschnitten hingewiesen wird.

Im Abschnitt 9 sind Muster verschiedener, von den Betroffenen vorgelegter Unterlagen abgebildet.

Berechtigte nach Buchstabe a

 Das FRG findet Anwendung auf Vertriebene im Sinne des § 1 BVFG sowie Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG, die als solche in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt sind.

Die anerkannten Vertriebenen beziehungsweise Spätaussiedler sind die größte Personengruppe, die Ansprüche nach dem FRG geltend machen kann.

Bis zum 31.12.1992 existierte nur der Status als Vertriebener. Der Begriff des Spätaussiedlers wurde erst durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz definiert und mit Wirkung vom 01.01.1993 in das BVFG  aufgenommen.

Im Abschnitt 3.1 sind die einzelnen Tatbestände beschrieben, die den Status als Vertriebener begründen. Da die Rentenversicherungsträger diese Feststellung nicht selbst zu treffen haben (siehe Abschnitt 3.3.10), dienen die dortigen Ausführungen im Wesentlichen der Hintergrundinformation, die es ermöglicht, Entscheidungen der Vertriebenenämter nachzuvollziehen und die Vertreibungszeitpunkte festzustellen.

Entsprechendes gilt im Abschnitt 3.2 für den Status als Spätaussiedler.

Im Abschnitt 3.3 ist - jeweils bezogen auf das Zuzugsdatum - im Wesentlichen beschrieben, mit welchen Unterlagen die Anerkennung als Vertriebener beziehungsweise Spätaussieder nachgewiesen werden kann und wie diese erlangt wurden beziehungsweise heute noch zu erlangen sind (unter anderem bei Verlust oder wenn bisher kein Anerkennungsverfahren betrieben wurde).

Abschnitt 3.4 enthält schließlich Hinweise auf die Rechtsfolgen, die sich aus der Anerkennung als Vertriebener beziehungsweise Spätaussiedler ergeben.

Personenkreis der Vertriebenen

Die Bezeichnung ‘Vertriebene’ ist der Oberbegriff aller in § 1 BVFG im Einzelnen bezeichneten Personengruppen. Hierzu gehören die (im engeren Sinne) Vertriebenen (Absatz 1), die im Absatz 2 genannten Personen (insbesondere bestimmte Verfolgte, Umsiedler, Aussiedler) sowie die als Vertriebene geltenden Ehegatten (Absatz 3).

Ein großer Teil der Vertriebenen ist gleichzeitig Heimatvertriebener im Sinne des § 2 BVFG. Die Unterscheidung zu den übrigen Vertriebenen besteht darin, dass sie ihren Wohnsitz bereits vor einem bestimmten Stichtag im Vertreibungsgebiet hatten. Für die Rentenversicherung ist diese Unterscheidung ohne Bedeutung.

Der Status als Vertriebener wird mit der Erfüllung der gesetzlich festgelegten Voraussetzungen erworben. Durch die Rückkehr in das Herkunftsgebiet können zwar die Rechte und Vergünstigungen nach dem BVFG verloren gehen, der einmal erworbene Status als Vertriebener beziehungsweise Aussiedler und die damit verbundene Rechtsstellung nach § 1 Buchst. a FRG bleiben jedoch erhalten (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts BVerwG vom 12.06.1959, AZ: IV C 47/58).

Den Vertriebenen stehen nach § 20 WGSVG vertriebene Verfolgte gleich, die lediglich deswegen nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht ausdrücklich zum deutschen Volkstum bekannt haben.

Nicht zu den Vertriebenen gehören die anerkannten ‘Sowjetzonenflüchtlinge’ im Sinne des § 3 BVFG beziehungsweise § 4 BVFG in der Fassung bis 31.12.1992.

Vertriebene (im engeren Sinne)

Nach § 1 Abs. 1 BVFG ist Vertriebener, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den früheren deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten Weltkrieges infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht verloren hat. Dabei muss die Vertreibung nicht aus einem osteuropäischen Staat erfolgt sein. Vertreibungsgebiet in diesem Sinne kann vielmehr die ganze Welt sein. So sind zum Beispiel Fälle der Vertreibung aus den USA, Brasilien, Japan und Südafrika bekannt.

Verfolgte

Vertriebener ist auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger nach dem 30.01.1933 die späteren Vertreibungsgebiete (§ 1 Abs. 1 BVFG) aus Verfolgungsgründen verlassen und seinen Wohnsitz außerhalb des Deutschen Reiches genommen hat (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BVFG). Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die Anerkennung als Vertriebener solchen Personen nicht zu versagen, die nur deshalb nicht unter § 1 Abs. 1 BVFG fallen, weil sie schon vor der allgemeinen Vertreibung ihre Heimat zwangsweise aus Verfolgungsgründen verlassen mussten. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BVFG gilt folglich nur für solche Gebiete, aus denen der Verfolgte als Deutscher ohne Rücksicht auf seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus vertrieben worden wäre, wenn er nicht schon vorher aufgrund nationalsozialistischer Zwangsmaßnahmen ausgewandert wäre. Für Gebiete, in denen eine Kollektivvertreibung der Deutschen stattgefunden hat, ist davon auszugehen, dass ein Deutscher ohne vorherige Auswanderung das Schicksal der Vertreibung erlitten hätte (vergleiche auch Urteil des BSG vom 29.10.1985, AZ: 5b RJ 26/85).

Umsiedler

Zu den Vertriebenen gehören auch die Umsiedler im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 BVFG. Umsiedler sind deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige, die aufgrund der während des Zweiten Weltkrieges geschlossenen zwischenstaatlichen Verträge aus außerdeutschen Gebieten oder während des gleichen Zeitraumes aufgrund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der Deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten umgesiedelt worden sind.

Die hauptsächlichsten Umsiedlungsaktionen fanden statt aus

  • Wollhynien, Galizien und dem Narewgebiet von 11/1939 bis 03/1940,
  • Bessarabien und Nordbukowina von 09/1940 bis 11/1940,
  • Estland von 10/1939 bis 03/1940 und von 01/1941 bis 03/1941,
  • Lettland von 10/1939 bis 12/1939 und von 01/1941 bis 03/1941,
  • Litauen von 01/1941 bis 03/1941.

Hauptsächlich in der Zeit von Januar 1943 bis März 1944 sind Russlanddeutsche aus den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten der ehemaligen Sowjetunion durch deutsche Militär- und Verwaltungsbehörden in das Deutsche Reich/in den Warthegau umgesiedelt worden.

Umsiedler können zugleich auch als Spätaussiedler im Sinne von § 4 BVFG anerkannt werden, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen.

Umsiedler, die als deutsche Staatsangehörige ohne ein Aufnahmeverfahren nach Deutschland einreisen, können unter Umständen ebenfalls die Eigenschaft als Spätaussiedler erwerben (vergleiche Abschnitt 3.2.1).

Aussiedler

Die zahlenmäßig bedeutendste Gruppe nach den Vertriebenen im engeren Sinne (Abschnitt 3.1.1) sind die zu den Vertriebenen gehörenden Aussiedler nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG. Das sind deutsche Staatsangehörige oder deutsche Volkszugehörige, die ihre Herkunftsgebiete unter bestimmten Voraussetzungen verlassen haben.

Die Vertreibungsgebiete sind - anders als im § 1 Abs. 1 BVFG - nicht die ganze Welt, sondern nur die in dieser Vorschrift aufgeführten Staaten. Es handelt sich um die Sowjetunion (mit ihren Nachfolgestaaten), Polen, die Tschechoslowakei (mit ihren Nachfolgestaaten), Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien (mit seinen Nachfolgestaaten), Albanien und China.

Der Vertreibungszeitraum ist ebenfalls in der Vorschrift festgelegt. Er beginnt nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen. Als frühestmöglicher Zeitpunkt ist etwa die Jahreswende 1946/47 anzusehen. Bei einem früheren Verlassen der Herkunftsgebiete gehören die Betreffenden noch zu den Vertriebenen nach § 1 Abs. 1 BVFG (vergleiche Abschnitt 3.1.1). Spätestens muss das Vertreibungsgebiet bis zum 31.12.1992 verlassen worden sein. Bei einem späteren Verlassen ist zu prüfen, ob der Status als Spätaussiedler nach § 4 BVFG (vergleiche Abschnitt 3.2) gegeben ist.

Weitere Voraussetzung ist, dass der Wohnsitz nicht (erstmalig) nach dem 08.05.1945 in den Vertreibungsgebieten begründet wurde (bestätigt durch Urteil des BVerwG vom 18.04.1962, AZ: IV C 130/61). Eine erneute Wohnsitzbegründung nach dem 08.05.1945 ist zulässig, wenn die Betreffenden zuvor aus diesen Gebieten vertrieben wurden und grundsätzlich bis zum 31.03.1952 dorthin zurückkehrten (sogenannte Mehrfachvertreibung). Alle genannten Gebiete sind dabei als einheitliches Vertreibungsgebiet anzusehen; eine Rückkehr muss daher nicht zum früheren Wohnort/Staat erfolgt sein. Ein Überschreiten dieses Rückkehrdatums ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, unter anderem in Bezug auf Rumänien.

In Rumänien wurden nach dem Krieg offiziell keine Vertreibungsmaßnahmen durchgeführt, dennoch konnten zahlreiche aus westlicher Kriegsgefangenschaft entlassene Rumäniendeutsche wegen ihrer Zugehörigkeit zur Deutschen Wehrmacht nicht in ihre Heimat zurückkehren und mussten daher zunächst im Bundesgebiet verbleiben. Eine gefahrlose Rückkehr war erst seit Mitte der 1950er Jahre möglich (rumänisches Amnestiegesetz vom 23.08.1956). Erfolgte unter diesen Umständen die Rückkehr nach dem 31.03.1952, jedoch zum frühestmöglichen Zeitpunkt, kann im Einzelfall davon ausgegangen werden, dass der Wohnsitz in Rumänien beibehalten wurde, wenn dort ein Teil der Familie verblieben ist (Erlass des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 21.03.1983, AZ: V 7 - 8065 745/83, den auch andere Bundesländer entsprechend angewendet haben). In diesen Fällen kann auch der spätere Zuzug ein Aussiedlungstatbestand im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG sein.

Bis zum 30.06.1990 war die Aussiedlung an keine weiteren Verfahrensvorschriften gebunden. Die Aussiedlung musste auch nicht nach Deutschland erfolgen, sondern konnte auch auf einen Drittstaat gerichtet sein.

Ab 01.07.1990 musste die Aussiedlung dagegen im Wege des sogenannten Aufnahmeverfahrens erfolgen. Das Aufnahmeverfahren musste noch im Herkunftsgebiet über die deutsche Botschaft beziehungsweise das Bundesverwaltungsamt eingeleitet werden. Dort erfolgte eine Vorprüfung der Vertriebenen-/Aussiedlereigenschaft; bei positivem Ergebnis wurde ein Aufnahmebescheid erteilt. Erst danach konnte die Aussiedlung erfolgen, die - anders als bis zum 30.06.1990 - nur auf einen Zuzug nach Deutschland ausgerichtet war.

Ausnahmsweise konnte das Aufnahmeverfahren in Fällen besonderer Härte auch im Bundesgebiet nachgeholt werden.

Ehegatten

Als Vertriebener gilt auch, wer, ohne selbst deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger zu sein, als Ehegatte eines Vertriebenen seinen Wohnsitz in den Vertreibungsgebieten verloren hat (§ 1 Abs. 3 BVFG). Diese gesetzliche Fiktion gilt aber nur für die Ehegatten von Vertriebenen, Ehegatten von Spätaussiedlern erlangen einen solchen Status dagegen nicht (vergleiche Abschnitt 3.2.2). Voraussetzung hierfür ist, dass die Ehe bereits vor dem Verlassen des Vertreibungsgebietes geschlossen wurde und zur Zeit des Verlassens noch bestand. Von diesem Erfordernis besteht auch dann keine Ausnahme, wenn die beabsichtigte Eheschließung nur aufgeschoben wurde, um die Ausreise des deutschen Volkszugehörigen nicht zu gefährden (Urteil des BVerwG vom 18.03.1986, AZ: 9 C 3/86).

Nicht erforderlich ist, dass die Eheleute das Vertreibungsgebiet gemeinsam verlassen haben. Deshalb kann selbst der nicht deutschstämmige Ehepartner, der die Vertreibungsgebiete nach 1992 verlassen hat, als Vertriebener gelten, wenn sein Ehegatte, von dem der Vertriebenenstatus abgeleitet wird, bis 1992 ausgesiedelt ist.

Diese Regelung kann auch auf deutschstämmige Personen angewandt werden, die deshalb nicht als Aussiedler im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG anerkannt werden können, weil sie erst nach dem 31.03.1952 in das Herkunftsgebiet zurückgekehrt sind (vergleiche Abschnitt 3.1.4).

Nachgeborene Kinder

Nach § 7 BVFG in der Fassung bis 31.12.1992 erwarben nach der Vertreibung geborene Kinder den Vertriebenenstatus des sorgeberechtigten Elternteils. Sie gehören damit zum berechtigten Personenkreis des FRG; angesichts der weiteren FRG-Regelungen (insbesondere dem Endzeitpunkt für die Anrechnung von FRG-Zeiten, vergleiche Abschnitt 3.4.2) bleibt die praktische Bedeutung jedoch gering.

Siehe Beispiel 1

Zum 01.01.1993 wurde diese Regelung gestrichen; die seit diesem Zeitpunkt geborenen Kinder können die Vertriebeneneigenschaft daher nicht mehr erwerben. Sie können auch den Status als Spätaussiedler nicht erlangen (vergleiche Abschnitt 3.2).

Personenkreis der Spätaussiedler

Der Begriff des Spätaussiedlers wurde erst durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz definiert und mit Wirkung vom 01.01.1993 in das BVFG aufgenommen. Spätaussiedler ist nach § 4 BVFG ein deutscher Volkszugehöriger, der die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten Aussiedlungsgebiete nach dem 31.12.1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens (beachte aber Abschnitt 3.2.1) verlassen und innerhalb von sechs Monaten seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland genommen hat. Außerdem muss der Wohnsitz während bestimmter Zeiträume im Aussiedlungsgebiet bestanden haben und bei der Spätaussiedlung aus verschiedenen Staaten ein Vertreibungsdruck glaubhaft gemacht werden.

Der Personenkreis der Spätaussiedler ist vergleichbar mit dem der Aussiedlern im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG. Die hierzu gemachten Ausführungen (vergleiche Abschnitt 3.1.4) gelten also weitgehend auch für Spätaussiedler. Allerdings gibt es folgende Unterschiede:

  • Aussiedler und Spätaussiedler unterscheiden sich durch den Zeitpunkt, an dem das Herkunftsgebiet verlassen wurde. Aussiedler haben das Herkunftsgebiet bis zum 31.12.1992 verlassen, Spätaussiedler erst nach diesem Datum.
  • Spätaussiedler müssen den Vertreibungsdruck (Benachteiligungen beziehungsweise Nachwirkungen früherer Benachteiligungen aufgrund der deutschen Volkszugehörigkeit) glaubhaft machen. Nur bei Spätaussiedlern aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion wird der Vertreibungsdruck - wie früher bei allen Aussiedlern - generell vermutet. Durch den Beitritt zur Europäischen Union werden die baltischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen) von dieser generellen Vermutung ausgeschlossen.
  • Spätaussiedler müssen innerhalb von sechs Monaten ihren ständigen Aufenthalt in Deutschland genommen haben. Eine Spätaussiedlung in einen Drittstaat (zum Beispiel USA, Israel) ist dagegen nicht möglich.
  • Verschiedene Tatbestände (zum Beispiel Verstöße gegen Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit, Missbrauch der Stellung und Ähnliches) schließen den Erwerb der Rechtsstellung als Spätaussiedler aus. Folglich können diese Personen keine FRG-Ansprüche erwerben (anders als bei den Aussiedlern, bei denen derartige Tatbestände zwar bestimmte Rechte beseitigten, aber nicht zum Verlust ihrer Rechtsstellung und damit auch nicht zum Verlust ihrer FRG-Ansprüche führten).
  • Personen, die nach dem 31.12.1992 geboren sind, können die Rechtsstellung eines Spätaussiedlers in keinem Fall erlangen.

Spätaussiedlereigenschaft ohne Aufnahmeverfahren

In Ausnahmefällen ist die Anerkennung als Spätaussiedler auch dann möglich, wenn das Aufnahmeverfahren nicht durchlaufen wurde. Dies aber nur dann, wenn die Versagung eines Aufnahmebescheides eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung des Aufnahmebescheides als Spätaussiedler vorliegen (§ 27 Abs. 1 S. 2 BVFG).

Die besondere Härte kann sich nur aus der individuellen Situation ergeben. Es werden dabei Fälle erfasst, in denen es für die Betreffenden unzumutbar oder in hohem Maße unbillig wäre, die Erteilung des Aufnahmebescheides im Herkunftsgebiet abzuwarten.

Dies gilt beispielsweise, wenn ein deutscher Staatsangehöriger (zum Beispiel ein Umsiedler) einreist und zwischen dem Eintreffen im Bundesgebiet und dem Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheides nicht mehr als zwölf Monate vergangen sind.

Deutschen Staatsangehörigen, bei denen dieser zeitliche Zusammenhang gegeben ist und die im Herkunftsgebiet kein Aufnahmeverfahren durchlaufen haben, ist daher zu empfehlen, die Erteilung eines Aufnahmebescheides auf dem ‘Härteweg’ zu beantragen.

Eine besondere Härte kann darüber hinaus bei Ehegatten von Deutschen oder Spätaussiedlern vorliegen, die mit Blick auf den durch Art. 6 GG gewährten Schutz nicht gezwungen werden können, allein oder gemeinsam ins Herkunftsgebiet zurückzukehren, um von dort aus das Aufnahmeverfahren zu betreiben (BVerwG vom 05.07.2007, AZ: 5 C 30/06).

Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern

Ein weiterer wesentlicher Unterschied gegenüber den Aussiedlern liegt in der Behandlung der Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern. Jeder muss die Voraussetzungen für die Anerkennung als Spätaussiedler in eigener Person erfüllen. Eine Ableitung wie beim Vertriebenenstatus ist weder nach § 1 Abs. 3 BVFG für Ehegatten (vergleiche Abschnitt 3.1.5) noch nach § 7 BVFG in der Fassung bis 31.12.1992 für nachgeborene Kinder (vergleiche Abschnitt 3.1.6) möglich.

Ehegatten und Kinder (Abkömmlinge) von Spätaussiedlern, die die Voraussetzungen des § 4 BVFG nicht erfüllen, können nach § 7 Abs. 2 BVFG in der Fassung ab 01.01.1993 zwar verschiedene Rechte erwerben und auch eingebürgert werden; sie erlangen aber nicht die Rechtsstellung eines Spätaussiedlers. Folglich gehören sie auch nicht zum Personenkreis des § 1 Buchst. a FRG und können hieraus keine Rechte nach dem FRG geltend machen (vergleiche Urteile des BSG vom 23.06.1999, AZ: B 5 RJ 44/98 R, SozR 3-5050 § 1 Nr. 4 und BSG vom 26.01.2000, AZ: B 13 RJ 39/98 R).

Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass Ehegatten und Abkömmlinge eines Spätaussiedlers auch noch nachträglich als Spätaussiedler anerkannt werden. Das erfordert jedoch, dass sie die Voraussetzungen für die Anerkennung als Spätaussiedler in eigener Person erfüllen und eine besondere Härte vorliegt (vergleiche Abschnitt 3.2.1).

Anerkennung

Wer Vertriebener beziehungsweise Spätaussiedler ist, ist nicht im FRG, sondern im BVFG geregelt. Die Anerkennung als Vertriebener beziehungsweise Spätaussiedler erfolgt daher nicht durch die Träger der Deutschen Rentenversicherung (siehe Abschnitt 3.3.10).

Für die Statusanerkennung waren für Zuzüge bis 31.12.2004 die Vertriebenen- und Ausgleichsämter in den jeweiligen Kreis-, Stadt- oder Gemeindeverwaltungen zuständig. Für Zuzüge seit 01.01.2005 ist das Bundesverwaltungsamt zuständig.

Zu den nach § 1 Buchst. a FRG berechtigten Personen gehören nur die anerkannten Vertriebenen oder Spätaussiedler.

Welche Unterlagen die Anerkennung des Vertriebenen- beziehungsweise Spätaussiedlerstatus dokumentieren und wie diese erlangt wurden beziehungsweise heute noch zu erlangen sind (unter anderem bei Verlust oder wenn bisher kein Anerkennungsverfahren betrieben wurde), richtet sich nach dem Zuzugsdatum.

Nachweise bei einem Zuzug bis 31.12.1992

Die Vertriebeneneigenschaft wird nachgewiesen durch

  • Vertriebenenausweise A oder B
    Vertriebene erhalten den Ausweis B; diejenigen, die die engeren Wohnsitzvoraussetzungen für Heimatvertriebene erfüllen, den Ausweis A. Das Muster eines Vertriebenenausweises ist im Abschnitt 9.1.1 abgebildet.
    Ein im Ausweis unter Umständen enthaltener Sperrvermerk (‘Zur Inanspruchnahme von Rechten und Vergünstigungen gemäß §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 BVFG nicht berechtigt’) betrifft nur bestimmte Rechte und Vergünstigungen. Die Gleichstellung für die Sozialversicherung wird nicht berührt (§ 13 Abs. 1 S. 2 BVFG in der Fassung bis 31.12.1992), ebenso wenig der Status als Vertriebener. Solche Ausschlüsse sind daher für die gesetzliche Rentenversicherung und die FRG-Anwendung ohne Bedeutung.
    Vertriebenenausweise wurden nur durch die Vertriebenen- und Ausgleichsämter ausgestellt. Sie konnten dort nur bis spätestens 31.12.1993 beantragt werden.
  • Bewilligungsbescheide nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz
    Nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz vom 27.09.1994 (BGBl. I Seite 2624) erhalten Vertriebene, die nach der Vertreibung ihren ständigen Wohnsitz im Beitrittsgebiet vor dem 03.10.1990 genommen und ihn dort bis zu diesem Zeitpunkt ohne Unterbrechung innegehabt haben, eine einmalige Zuwendung. Der Bewilligungsbescheid umfasst die Feststellung, dass der Empfänger Vertriebener im Sinne des § 1 BVFG ist. Dieser Bescheid ist als Nachweis der Vertriebeneneigenschaft anzusehen; bei dessen Vorliegen ist keine weitere Bescheinigung, die den Vertriebenenstatus bestätigt, anzufordern. Das Muster eines Bewilligungsbescheides nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz ist im Abschnitt 9.1.4 abgebildet.

Nachweise bei einem Zuzug seit 01.01.1993

Die Spätausiedlereigenschaft wird nachgewiesen durch die

  • Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG
    Die Bescheinigung wird auf Antrag der berechtigten Person ausgestellt; gegebenenfalls ist sie aufzufordern, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Das Muster einer Spätaussiedlerbescheinigung ist im Abschnitt 9.1.6 abgebildet.
    Bei Personen, die außerhalb des Aufnahmeverfahrens als Touristen oder Besucher in die Bundesrepublik Deutschland einreisen, können Einreisedatum und Beginn des ständigen Aufenthalts voneinander abweichen. In derartigen Fällen ist der Zeitpunkt des Antrags auf Registrierung in der Durchgangsstelle für Aussiedler oder einer Vertriebenenstelle als objektives Kriterium für den ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet im Sinne von § 4 Abs. 1 BVFG maßgebend.
    Die Bescheinigungen dienen aber nicht nur dazu, die Rechtsstellung als Spätaussiedler (§ 4 BVFG) zu dokumentieren; sie enthalten auch die - für andere Rechtsgebiete bedeutsamen - Bestätigungen der Rechtsstellung als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers (§ 7 Abs. 2 BVFG). Es muss daher sorgfältig geprüft werden, welcher Status den einzelnen Personen bestätigt wird.

Nachweise sind nicht mehr vorhanden bei einem Zuzug bis 31.12.2004 

Können (Heimat-)Vertriebene oder Spätaussiedler, die bis 31.12.2004 zugezogen sind, den Nachweis nicht mehr erbringen, weil sie ihren Vertriebenenausweis oder ihre Spätaussiedlerbescheinigung nicht mehr besitzen, müssen sie sich selbst um eine Zweitausfertigung bemühen. Die Ausstellung erfolgt durch die Behörde, die den ursprünglichen Ausweis oder die Bescheinigung ausgestellt hat beziehungsweise durch deren Nachfolgebehörde (§ 15 Abs. 3 BVFG).

Da es die Vertriebenen- und Ausgleichsämter in den jeweiligen Kreis-, Stadt- oder Gemeindeverwaltungen heute oft nicht mehr gibt, müssen sich die Betroffenen an das Sozialamt der Stadt, der Gemeinde oder des Landkreises wenden, das die ursprüngliche Bescheinigung ausgestellt hatte. In den meisten Fällen erfolgte die Ausstellung am ersten Wohnsitz, der nach der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland und dem Aufnahmeverfahren begründet wurde. Der Anfrage sind alle noch vorhandenen Unterlagen (zum Beispiel Registrierschein, Aufnahmebescheid) beizufügen.

Ausnahmen:

Wurde der Vertriebenenausweis oder die Spätaussiedlerbescheinigung von einer Behörde in Bayern ausgestellt, ist zentral die Regierung von Mittelfranken, Sachgebiet 15, Marienstr. 21, 90402 Nürnberg zuständig.

In Nordrhein-Westfalen wurden Ausweise und Bescheinigungen teilweise auch in der Landesaufnahmeeinrichtung Unna-Massen ausgestellt. Zweitausfertigungen können dann dort beantragt werden: Kreisstadt Unna, Vertriebenenamt/Standesamt, Klosterstr. 12, 59423 Unna, Email: standesamt@stadt-unna.de.

Nachweise sind nicht mehr vorhanden bei einem Zuzug seit 01.01.2005 

Können Spätaussiedler, die seit 01.01.2005 zugezogen sind, den Nachweis nicht mehr erbringen, weil sie ihre Spätaussiedlerbescheinigung nicht mehr besitzen, müssen sie sich selbst um eine Zweitausfertigung bemühen. Hierfür haben sich Spätaussiedler zentral an das Bundesverwaltungsamt, Außenstelle Friedland, Heimkehrerstr.16, 37133 Friedland zu wenden. Der Anfrage sind alle noch vorhandenen Unterlagen (zum Beispiel Registrierschein, Aufnahmebescheid) beizufügen.

Nachweise sind nicht mehr vorhanden bei einem Zuzug in einen Drittstaat bis 30.06.1990

Können Vertriebene, die bis 30.06.1990 direkt in einen Drittstaat zugezogen sind, den Nachweis nicht mehr erbringen, weil sie den Vertriebenenausweis nicht mehr besitzen, müssen sie sich selbst um eine Zweitausfertigung bemühen. Hierfür haben sich Vertriebene zentral an die Bezirksregierung Köln, Zeughausstr. 2, 50667 Köln zu wenden.

Anerkennungsverfahren nicht betrieben bei einem Zuzug bis 31.12.1992

Personen, die bis zum 31.12.1992 zugezogen sind und es versäumt haben, innerhalb der gesetzlichen Fristen bis spätestens 31.12.1993 einen Vertriebenenausweises zu beantragen, können den Antrag heute nicht mehr stellen.

Im Ausnahmefall kann nur der Rentenversicherungsträger nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG beim Bundesverwaltungsamt, Referat TS II 6, Hannoversche Str. 6-8, 49084 Osnabrück um Feststellung der Vertriebeneneigenschaft nach § 1 BVFG ersuchen.

Dies ist aber nur möglich, wenn

  • der (Heimat-)Vertriebene seinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland vor dem 01.01.1993 begründet hat und
  • es versäumt hatte, bis 31.12.1993 einen Vertriebenenausweis zu beantragen, sowie
  • die Höhe der Rente von der Anerkennung als Person im Sinne des § 1 BVFG abhängt.

Das heißt, die Anforderung einer Bescheinigung nach § 100 Abs. 2 S. 3 BVFG durch die Deutsche Rentenversicherung ist in den Fällen unzulässig, in denen die behauptete Vertriebeneneigenschaft nicht zu einer Anerkennung von FRG-Zeiten führen kann, weil die behauptete Vertreibung vor den geltend gemachten FRG-Zeiten liegt. In diesen Fällen sollte die Ablehnung der FRG-Zeiten damit begründet werden, dass der Betreffende nicht als Vertriebener oder Spätaussiedler anerkannt ist und dass eine Anerkennung von FRG-Zeiten auch bei Feststellung der Vertriebeneneigenschaft nicht erfolgen könnte. Vergleiche hierzu im Abschnitt 3.4.2 die Ausführungen zum Endzeitpunkt der Anrechnung von FRG-Zeiten für Umsiedler.

Dass es in solchen Fällen entbehrlich ist, ein entsprechendes Verfahren einzuleiten, wurde durch ein Urteil des Bayerischen LSG vom 18.05.2011, AZ: L 13 R 457/10 bestätigt.

Die Feststellung des Bundesverwaltungsamts ist kein Verwaltungsakt gegenüber der Person, sondern eine behördeninterne, sachverständige Auskunft an den Rentenversicherungsträger. Das Muster einer solchen Bescheinigung ist im Abschnitt 9.1.2 abgebildet.

Beachte:

Ein Ersuchen des Rentenversicherungsträgers nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BVFG ist nicht zulässig, wenn nach der Einreise bereits ein Vertriebenenausweis beantragt wurde, der Antrag durch die damals zuständige Behörde jedoch rechtskräftig abgelehnt wurde.

Die Person hat vor dem Ersuchen des Rentenversicherungsträgers zu erklären, dass ein Anerkennungsverfahren noch nie durchgeführt wurde und warum dies seinerzeit unterblieb.

Ist ein Verfahren zur Anerkennung der Vertriebeneneigenschaft zu irgendeinem Zeitpunkt bereits durchgeführt worden, ist eine Anfrage beim Bundesverwaltungsamt durch den Rentenversicherungsträger nicht zulässig. Die betroffenen Personen müssen sich selbst um eine Zweitausfertigung bemühen (siehe hierzu Abschnitt 3.3.3).

Anerkennungsverfahren nicht betrieben bei einem Zuzug seit 01.01.1993

Personen, die seit 01.01.1993 zugezogen sind und es bisher versäumt haben eine Spätaussiedlerbescheinigung zu beantragen, müssen sich selbst zentral an das Bundesverwaltungsamt, Referat TS II 6, Hannoversche Str. 6-8, 49084 Osnabrück wenden und prüfen lassen, ob sie als Spätaussiedler im Sinne des § 4 BVFG anerkannt werden können. Der Anfrage sind alle vorhandenen Unterlagen (zum Beispiel Aufnahmebescheid, Registrierschein) beizufügen.

Tod vor Anerkennung der Vertriebenen- oder Spätaussiedlereigenschaft

Ist ein Versicherter noch vor der Antragstellung beziehungsweise der Ausweiserteilung verstorben, haben die Rentenversicherungsträger grundsätzlich selbst zu prüfen und zu entscheiden, ob die Vertriebeneneigenschaft vorgelegen hat. Der Anspruch auf Ausstellung des Vertriebenenausweises ist höchstpersönlicher Natur; er kann daher nicht vom Ehegatten, von den Hinterbliebenen oder den Erben geltend gemacht werden (Urteil des BVerwG vom 31.08.1960, AZ: VIII C 361/59, NJW 1961, Seite 331). Verschiedentlich haben in der Vergangenheit die Vertriebenenämter die Vertriebeneneigenschaft dennoch zumindest dem Grunde nach festgestellt, was dann übernommen werden kann. Das Muster einer solchen Feststellung ist im Abschnitt 9.1.5 abgebildet.

War der Verstorbene bereits im Wege des Aufnahmeverfahrens ausgesiedelt, reicht die Vorlage des Aufnahmebescheides oder einer vorläufigen Bescheinigung (vergleiche Muster in Abschnitt 9.2.1 und 9.2.2) in diesen Ausnahmefällen als Nachweis aus.

Siehe Beispiel 2 (a)

Anderenfalls müssen die Versicherungsträger alle für die Entscheidung erheblichen Tatsachen selbst ermitteln und alle Beweise erheben. Vor der Entscheidung ist dann regelmäßig eine gutachtliche Stellungnahme vom Bundesverwaltungsamt einzuholen. Die gutachtliche Stellungnahme ist von den Versicherungsträgern (nicht von den Hinterbliebenen) zu beantragen. Dem Antrag sind die vorliegenden Beweismittel beizufügen. Zu beachten ist jedoch, dass die Versicherungsträger an die gutachtliche Stellungnahme nicht gebunden sind (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts a.a.O. und rechtskräftiges Urteil des Bayerischen LSG vom 28.10.1969, AZ: L 16 An 275/68); sie können daher in begründeten Einzelfällen von ihr abweichen.

Grundvoraussetzung für die Feststellung der Vertriebeneneigenschaft durch den Rentenversicherungsträger ist, dass ein Vertreibungstatbestand vorliegt (der Betreffende also nicht bereits vor der Vertreibung im Herkunftsland verstorben ist).

Siehe Beispiel 2 (b)

Unzureichende Unterlagen

Nicht ausreichend für die Feststellung der Vertriebenen- beziehungsweise Spätaussiedlereigenschaft sind die folgenden Unterlagen:

  • Ausweis C
    Den Ausweis C erhielten frühere Sowjetzonenflüchtlinge (§ 3 BVFG). Dies ist nicht gleichbedeutend mit dem Status als Vertriebener.
  • Aufnahmebescheide
    Aufnahmebescheide erhalten Personen, die ihre Herkunftsgebiete nach dem 30.06.1990 verlassen wollen und die nach der Aussiedlung voraussichtlich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG oder des § 4 BVFG erfüllen werden. Der Aufnahmebescheid ist lediglich eine für die Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler notwendige Vorstufe; da er vor der (Spät-)Aussiedlung erteilt wird, kann er noch nicht als Nachweis der Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler angesehen werden. Das Muster eines solchen Aufnahmebescheides ist im Abschnitt 9.2.1 abgebildet.
  • Registrierscheine
    Bei der Registrierung im Durchgangslager werden Registrierscheine ausgestellt. Ähnlich wie eine Spätaussiedlerbescheinigung enthält dieser Angaben zum Status (Spätaussiedler, Ehegatte eines Spätaussiedlers, Abkömmling eines Spätaussiedlers oder Ähnliche). Von den Registrierscheinen darf der Status nicht hergeleitet werden, er reicht für eine Statusfeststellung nicht aus. Nicht selten weicht der Status aus dem Registrierschein vom tatsächlichen Status, der in der Spätaussiedlerbescheinigung ausgewiesen ist, ab.
  • Vorläufige Bescheinigungen
    Da das Anerkennungsverfahren als Vertriebener oder Spätaussiedler unter Umständen längere Zeit in Anspruch nehmen kann, werden gelegentlich vorläufige Bescheinigungen über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens erteilt. Diese Bescheinigungen sind in erster Linie für die sofort nach dem Zuzug notwendigen und befristeten Leistungen (zum Beispiel in der Krankenversicherung und für die Arbeitsförderung - Sprachkurse -) gedacht. Für Leistungen der Rentenversicherung sind sie als Nachweis der Vertriebenen- oder Spätaussiedlereigenschaft nicht ausreichend. Das Muster einer solchen vorläufigen Bescheinigung ist im Abschnitt 9.2.2 abgebildet.
  • Bescheinigungen nach § 15 Abs. 2 BVFG n.F.
    Nach § 15 Abs. 2 BVFG in der Fassung ab 01.01.1993 erhalten der ausländische Ehegatte sowie Abkömmlinge eines Spätaussiedlers, sofern diese Angehörigen selbst zur Anerkennung als Spätaussiedler nicht erfüllen, eine Bescheinigung, die im Sinne von § 7 Abs. 2 BVFG die Integration erleichtern soll. Da mit der Erteilung einer solchen Bescheinigung nicht die Anerkennung als Spätaussiedler verbunden ist, hat diese Unterlage für die Rentenversicherung keine Bedeutung.
  • Bescheinigungen über den Status als Kontingentflüchtling
    Personen, die nach dem Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge vom 22.07.1980 (mit Wirkung ab 01.01.2005 außer Kraft durch Art. 15 Abs. 3 Nr. 3 Zuwanderungsgesetz) Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland gefunden haben (Kontingentflüchtlinge), gehören nicht zum Personenkreis des § 1 FRG. Sie sind weder deutsche Staatsangehörige noch deutsche Volkszugehörige und damit auch keine Vertriebenen oder Spätaussiedler.
    Ein Anspruch kann sich im Einzelfall nach den Vorschriften des FRG nur ergeben, wenn die Voraussetzungen des § 17a FRG erfüllt sind.
  • Deutscher Staatsangehörigkeitsnachweis
    Im Einzelfall erhalten Berechtigte ab 01.01.1993 nach einem Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren bereits im Herkunftsgebiet die deutsche Staatsangehörigkeit (zum Beispiel aus früherem Reichsgebiet stammend). Dieser Personenkreis erfüllt regelmäßig nicht die Voraussetzungen als Spätaussiedler.

Ausnahmsweise können Aufnahmebescheide oder vorläufige Bescheinigungen zur Feststellung der Vertriebenen- beziehungsweise Spätaussiedlereigenschaft ausreichen, wenn der Betreffende nach der (Spät-)Aussiedlung, aber vor der endgültigen Feststellung seines Rechtsstatus verstorben ist (siehe Abschnitt 3.3.8).

Bindungswirkung

Nach § 15 BVFG ist die Entscheidung über die Feststellung der Vertriebenen- oder Spätaussiedlereigenschaft für alle Behörden und Stellen verbindlich, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen als Vertriebene oder Spätaussiedler zuständig sind. Die Bindungswirkung gilt somit auch für die Versicherungsträger, und zwar sowohl in positiver (Erteilung des Ausweises) als auch in negativer Hinsicht (Ablehnung des Antrages auf Ausstellung eines Ausweises).

Sind Versicherte mit einer Entscheidung nicht einverstanden, können nur sie selbst nach § 51 VwVfG und unter den dort genannten Voraussetzungen einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung bei der Behörde stellen, die den Antrag abgelehnt hat.

Ist in solchen Fällen bereits ein sozialgerichtliches Verfahren anhängig, ist darauf hinzuwirken, dass das Bundesverwaltungsamt beigeladen wird (AGFRG 1/2012, TOP 2; so auch BSG vom 21.03.2006, AZ: B 5 RJ 54/04 R).

Dabei ist zu beachten, dass sich die Bindungswirkung nach § 15 BVFG nur auf den Status als solchen, nicht jedoch auf den im Ausweis eingetragenen Zeitpunkt der Aufenthaltsnahme in Deutschland erstreckt. Die Versicherungsträger können daher in begründeten Einzelfällen von dieser Eintragung sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Berechtigten abweichen und den maßgebenden Vertreibungs- beziehungsweise Aussiedlungszeitpunkt selbst bestimmen (so auch Urteil des BSG vom 13.12.1984, AZ: 11 RA 69/83, SozR 5050 § 15 FRG Nr. 27), was für den Endzeitpunkt, bis zu dem die fremden Zeiten angerechnet werden können, von Bedeutung ist (vergleiche Abschnitt 3.4.2).

Halten die Rentenversicherungsträger die Entscheidung des Vertriebenenamtes nicht für gerechtfertigt (zum Beispiel bei begründetem Fälschungsverdacht oder widersprüchlichen Angaben), so können sie nach § 15 BVFG bei der Ausstellungsbehörde eine Rücknahme beantragen.

Wird aufgrund eines solchen Antrages oder aus anderem Anlass die Einziehung des Vertriebenenausweises angeordnet oder die Bescheinigung über die Feststellung der Vertriebenen- beziehungsweise Spätaussiedlereigenschaft zurückgenommen und sind dem Betreffenden bereits Zeiten nach dem FRG anerkannt worden, ist diese Feststellung zu überprüfen und gegebenenfalls zurückzunehmen. Dabei ist Folgendes zu beachten:

  • Rentenbescheide, die vor dem 01.01.1981 erteilt wurden
    Rentenbescheide, die vor dem 01.01.1981 erteilt worden sind, sind erst dann nach § 45 SGB X zu überprüfen, wenn die Entscheidung über die Einziehung des Vertriebenenausweises bindend beziehungsweise rechtskräftig geworden ist. Solange noch ein Widerspruchs- oder verwaltungsgerichtliches Verfahren gegen die Entscheidung anhängig ist, ist eine Aufhebung des Rentenbescheides nicht zulässig. Dies gilt selbst dann, wenn die Vertriebenenbehörde die sofortige Vollziehung der Entscheidung besonders angeordnet hat und daher Widerspruch und Klage gegen den Einziehungsbescheid nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine aufschiebende Wirkung haben.
  • Rentenbescheide, die nach dem 31.12.1980 erteilt wurden, sowie Herstellungsbescheide
    Rentenbescheide, die nach dem 31.12.1980 erteilt wurden, sowie Herstellungsbescheide sind bereits vor der Bindungswirkung beziehungsweise Rechtskraft der Einziehungs- beziehungsweise Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X zu überprüfen, wenn die Vertriebenenbehörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung des Einziehungs- beziehungsweise Rücknahmebescheides angeordnet hat und damit die aufschiebende Wirkung eines Widerspruches oder einer Anfechtungsklage entfallen ist.
    Wurde die sofortige Vollziehung nicht angeordnet oder von der Widerspruchsbehörde oder vom Gericht wieder aufgehoben, ist eine Überprüfung des Renten- beziehungsweise Herstellungsbescheides erst nach bindender beziehungsweise rechtskräftiger Entscheidung zulässig.
  • Anwendung des § 45 SGB X
    Die Rücknahme eines Renten- oder Herstellungsbescheides nach § 45 SGB X setzt stets eine Vertrauensschutzprüfung voraus. Diese ist von den Rentenversicherungsträgern vorzunehmen, allerdings wird sie sich in der Regel die Einziehungs- beziehungsweise Rücknahmebegründung der Vertriebenenbehörde zu Eigen machen können, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat auch die Vertriebenenbehörde eine Vertrauensschutzprüfung vorzunehmen. Sie ist hiervon nur dann befreit, wenn die Ausstellung des Vertriebenenausweises auf falschen Angaben des Begünstigten beruht. Auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit kommt es dabei (anders als bei § 45 SGB X) nicht an. Erst die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Einziehungsbescheides erfordert von der Vertriebenenbehörde eine weitergehende Vertrauensschutzprüfung, für die dann in der Regel auch die Tatbestandsmerkmale des Vorsatzes oder der groben Fahrlässigkeit vorliegen müssen.
    Eine etwaige Rücknahme des Renten- oder Herstellungsbescheides erfolgt dann nach den allgemeinen Regelungen des § 45 SGB X. Für sich gegebenenfalls anschließende Widerspruchs- oder Klageverfahren ist zu beachten, dass der Widerspruch nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung hat, und zwar sowohl, was die Rückforderung erbrachter Leistungen als auch was die Entziehung der laufenden Rente angeht. Die Klage hat nach § 86a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGG dagegen nur aufschiebende Wirkung, soweit es um die Rückforderung von Leistungen geht, nicht dagegen, soweit es um die Entziehung der laufenden Rente geht. Insoweit kann das Gericht allerdings gemäß § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
    Sofern der Rücknahmebescheid des Rentenversicherungsträgers vor bindender beziehungsweise rechtskräftiger Einziehung des Vertriebenenausweises erfolgte, ist im Sozialgerichtsverfahren dem Sozialgericht anheimzustellen, sein Verfahren nach § 114 Abs. 2 SGG auszusetzen.

Wurde oder wird die Feststellung über das Vorliegen beziehungsweise das Nichtvorliegen der Vertriebeneneigenschaft nach § 100 Abs. 2 S. 3 BVFG direkt dem Rentenversicherungsträger bekanntgegeben (siehe Abschnitt 3.3.6), unterliegt diese nicht der Kontrollmöglichkeit des Betroffenen. Da die Vertriebeneneigenschaft die Grundlage für die Anerkennung von FRG-Zeiten bildet, ist eine materiell-rechtliche Prüfung im Wege des sozialgerichtlichen Verfahrens - unter Beiladung der zuständigen Vertriebenenbehörde - zulässig (so auch BSG vom 21.03.2006, AZ: B 5 RJ 54/04 R).

Rechtsfolgen

Durch die Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler werden die Betreffenden zum Berechtigten im Sinne von § 1 Buchst. a FRG. Sie können damit grundsätzlich sämtliche Regelungen des FRG in Anspruch nehmen, insbesondere die Gleichstellung der fremden Zeiten.

Hinweise zu Einschränkungen und zur Dauer der FRG-Berechtigung enthält der Abschnitt 3.4.1.

Bis zu welchem Endzeitpunkt die FRG-Regelungen angewandt werden können, ist im Abschnitt 3.4.2 beschrieben.

Sonstige ergänzende Hinweise enthält Abschnitt 3.4.3.

Erläuterungen, in welchem Maße die eigene Rechtsstellung einer hinterbliebenen Person zu FRG-Ansprüchen auf eine Hinterbliebenenrente berechtigt, enthält Abschnitt 8 beziehungsweise Abschnitt 8.1.

Einschränkungen und Dauer der FRG-Berechtigung

Für Berechtigte nach § 1 Buchst. a FRG gibt es - abgesehen von den für alle Personengruppen geltenden, und im Abschnitt 8 beschriebenen Besonderheiten für Hinterbliebene - keine Einschränkungen der FRG-Anwendung.

Die Vertriebenen- beziehungsweise Spätaussiedlereigenschaft kann durch spätere Ereignisse nicht mehr verloren gehen. Damit besteht auch die FRG-Berechtigung dauerhaft und braucht nicht überprüft zu werden. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn sich die Anerkennung der Vertriebenen- beziehungsweise Spätaussiedlereigenschaft nachträglich als fehlerhaft erweist und von der zuständigen Behörde zurückgenommen wird (vergleiche Abschnitt 3.3.3).

Endzeitpunkt der Gleichstellung

Für den in § 1 Buchst. a FRG genannten Personenkreis sind die fremden Zeiten beziehungsweise Tatbestände längstens bis zur Vertreibung beziehungsweise Spätaussiedlung gleichgestellt. Durch die Vertreibung beziehungsweise Spätaussiedlung sind die Berechtigten ‘Inländer’ geworden und müssen sich für Zeiten nach diesem Ereignis rentenrechtlich auch als solche behandeln lassen. Eine weitere Gleichstellung fremder Zeiten würde zu einer gegenüber den anderen inländischen Versicherten nicht mehr zu rechtfertigenden Besserstellung führen und wäre mit dem Eingliederungsgedanken des FRG nicht vereinbar (so auch Beschluss des Großen Senats des BSG vom 06.12.1979, AZ: GS 1/79, BSGE 49, 175).

Für die FRG-Anwendung ist daher der Vertreibungs- beziehungsweise Spätaussiedlungszeitpunkt von Bedeutung; das heißt der Zeitpunkt des Ereignisses, das die Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler bewirkt hat.

Maßgebend ist der Vertreibungs- beziehungsweise Spätaussiedlungszeitpunkt der jeweiligen berechtigten Person. Das gilt selbst für Berechtigte, die ihre Vertriebeneneigenschaft nach § 1 Abs. 3 BVFG von den Ehepartnern abgeleitet haben (vergleiche Abschnitt 3.1.5). Auch dort ist bei unterschiedlichem Wohnsitzverhalten für jeden Ehepartner sein individueller Vertreibungszeitpunkt festzustellen.

Etwas anderes gilt nur für die nach der Vertreibung geborenen Kinder (vergleiche Abschnitt 3.1.6); für sie gilt der Vertreibungszeitpunkt des Elternteils, von dem sie ihren Vertriebenenstatus ableiten.

Die Vertreibung oder Spätaussiedlung ist regelmäßig mit der Wohnsitznahme beziehungsweise der Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland beendet. In der Regel wird auf den im Vertriebenenausweis beziehungsweise in der Spätaussiedlerbescheinigung eingetragenen Zeitpunkt zurückgegriffen werden können.

Anders als die Spätaussiedlung, musste die Vertreibung nicht auf Deutschland gerichtet sein, sondern konnte auch in einen Drittstaat (Ausland) erfolgen. Dann erfolgt die Gleichstellung längstens bis zur Aufenthaltsnahme in diesem Staat. Eine Vertreibung in einen Drittstaat liegt dagegen nicht vor, wenn der Berechtigte in einen Drittstaat entsandt war (zum Beispiel als Entwicklungshelfer in Afrika) und er diese Entsendung genutzt hat, um sich ins Bundesgebiet abzusetzen. Ein Vertreibungstatbestand liegt erst mit dem letztgenannten Ereignis vor.

Der Wohnsitzwechsel innerhalb des Vertreibungsgebietes ist noch kein Vertreibungstatbestand; die Regelungen des FRG finden daher bis zum endgültigen Verlassen des Vertreibungsgebietes Anwendung.

Siehe Beispiel 3

Wurden die Vertreibungsgebiete mehrfach verlassen, kann das im Vertriebenenausweis beziehungsweise in der Spätaussiedlerbescheinigung eingetragene Datum nicht ohne nähere Prüfung übernommen werden. Es muss festgestellt werden, welcher Wohnsitzwechsel die Vertreibung beziehungsweise Spätaussiedlung darstellt. Im Zweifelsfall kann das Bundesverwaltungsamt um eine Stellungnahme gebeten werden, welches Verlassen der Herkunftsgebiete die Vertreibung/Spätaussiedlung darstellt.

Zu einem mehrfachen Verlassen der Herkunftsgebiete kann es aus verschiedenen Gründen gekommen sein:

  • Es kann tatsächlich eine mehrfache Vertreibung beziehungsweise eine Vertreibung und Spätaussiedlung vorliegen.
    Zur Vertreibung zählen unterschiedliche Tatbestände (vergleiche Abschnitt 3.1), von denen auch ein Einzelner mehrfach nacheinander betroffen sein kann. Auch wenn Berechtigte bereits einmal vertrieben wurden, schließt das nicht aus, dass nach einer (freiwilligen oder unfreiwilligen) Rückkehr in die Vertreibungsgebiete erneut eine (Spät-)Aussiedlung erfolgt. Die Gleichstellung nach dem FRG gilt dann nicht nur bis zur ersten Vertreibung, sondern auch für die späteren, von der Rückkehr bis zur zweiten Vertreibung beziehungsweise Spätaussiedlung zurückgelegten Zeiten.
    Hierzu gehören unter anderem Umsiedler, die im üblichen Verfahren (vergleiche Abschnitt 3.1) oder auf dem ‘Härtewege’ (vergleiche Abschnitt 3.2.1) zusätzlich als Spätaussiedler anerkannt sind.
    Siehe Beispiele 4 und 12
  • Eine Umsiedlung geht einem späteren Zuzug nach Deutschland voraus.
    Personen, die im Zweiten Weltkrieg selbst als Kind umgesiedelt oder als Kind eines Umsiedlers von § 7 BVFG in der Fassung bis 31.12.1992 erfasst wurden, können zum anspruchsberechtigten Personenkreis des § 1 Buchst. a FRG gehören. Ihre FRG-Zeiten können jedoch nur bis zu dem maßgeblichen Vertreibungssachverhalt ‘Umsiedlung’ anerkannt werden (so auch BSG vom 17.10.2006, AZ: B 5 RJ 21/05 R).
    Siehe Beispiel 11
  • In der Vergangenheit erfolgte ein sogenannter ‘missglückter Aussiedlungsversuch’.
    Vor Schaffung des Spätaussiedlungstatbestandes (und erst recht vor Einführung des Aufnahmeverfahrens für Aussiedler) bedurfte eine Aussiedlung keiner formalen Vorbereitung. Mitunter wurde der Entschluss bei günstiger Gelegenheit (zum Beispiel Auslandstätigkeit oder Besuchsreise) spontan gefasst, nach einiger Zeit aber wieder rückgängig gemacht. Es muss dann anhand der im Einzelfall vorliegenden Anhaltspunkte geprüft werden, ob eine Aussiedlung bereits vollzogen war oder ob erst das spätere (endgültige) Verlassen eine (Spät-)Aussiedlung darstellt. Je nachdem, endet die Gleichstellung nach dem FRG bereits mit der ersten oder erst mit der endgültigen Ausreise. Vorher ist allerdings zu prüfen, ob tatsächlich beide Ereignisse mögliche Vertreibungszeitpunkte sind.
    Die Frage, ob eine Aussiedlung im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG oder nur ein ‘missglückter’ Aussiedlungsversuch vorliegt, beurteilt sich im Übrigen nicht ausschließlich nach den Grundsätzen des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne von § 30 Abs. 3 SGB I. Eine Aussiedlung ist vielmehr nur dann anzunehmen, wenn der Berechtigte das Herkunftsgebiet ‘verlassen’ hat und im Bundesgebiet beziehungsweise einem Drittstaat ‘eingegliedert’ worden ist. Die Meldung im Grenzdurchgangslager oder die Beantragung eines Vertriebenenausweises lassen allein noch nicht die Annahme einer (endgültigen) Aussiedlung zu.
    Ein ‘Verlassen’ des Herkunftslandes ist zu verneinen, wenn der während einer Besuchsreise gefasste Entschluss zur Nichtrückkehr aus zwingenden Gründen alsbald wieder aufgegeben wurde und die Berechtigten noch vor Ablauf einer kurzen Besuchszeit in das Herkunftsgebiet zurückgekehrt sind. Dabei kann in der Regel ein Aufenthalt bis zu sechs Monaten als ‘kurz’ angesehen werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rückkehr noch vor Ablauf der im Visum eingetragenen Besuchsfrist erfolgte. ‘Zwingende’ Gründe sind regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Berechtigten wegen ihrer im Herkunftsgebiet verbliebenen Verwandten zurückgekehrt sind. In diesen Fällen sind die Beitrags- und Beschäftigungszeiten bis zum zweiten (endgültigen) Zuzug gleichgestellt (BSG vom 13.12.1984, AZ: 11 RA 69/83, SozR 5050 § 15 FRG Nr. 27).
    Siehe Beispiel 5
    Wenn allerdings die Berechtigten ihre Vertriebenenausweise bereits während des ersten Aufenthalts erhalten haben, dann ist der erste Zuzug der zugrunde zulegende Vertreibungszeitpunkt, bis zu dem Zeiten im Herkunftsgebiet eingegliedert werden können (BSG vom 17.11.1987, AZ: 4a RJ 73/86, SozR 5050 § 15 FRG Nr. 34).
  • Ein Wohnsitzwechsel erfolgte aus sonstigen Gründen.
    Wie beim ‘missglückten Aussiedlungsversuch’ muss auch in allen anderen Fällen des mehrfachen Wohnsitzwechsels geprüft werden, ob und gegebenenfalls wann das Herkunftsgebiet tatsächlich verlassen wurde oder ob gegebenenfalls nur ein vorübergehender Aufenthalt vorgelegen hat.

Ergänzende Hinweise

Auch wenn die FRG-Anwendung erst durch die Anerkennung als Vertriebener oder Spätaussiedler möglich wird, wirkt die Gleichstellung der fremden Zeiten auf den Zeitpunkt ihrer Zurücklegung zurück. Der Zeitpunkt der Vertreibung beziehungsweise Spätaussiedlung oder die formelle Anerkennung der Vertriebenen- oder Spätaussiedlereigenschaft haben daher keinen Einfluss auf allgemeine innerstaatliche Regelungen wie beispielsweise den Zeitpunkt, von dem an die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch vorliegen.

Siehe Beispiel 6

Berechtigte nach Buchstabe b

Das FRG findet Anwendung auf Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und frühere deutsche Staatsangehörige im Sinne des Art. 116 Abs. 2 S. 1 GG, wenn sie unabhängig von den Kriegsauswirkungen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, jedoch infolge der Kriegsauswirkungen den früher für sie zuständigen Versicherungsträger eines auswärtigen Staates nicht mehr in Anspruch nehmen können.

Diese Regelung bezweckt, dass Personen, die infolge der Kriegsauswirkungen zwar nicht (wie die Vertriebenen) ihren Wohnsitz, aber dennoch ihre Rentenansprüche beziehungsweise Rentenanwartschaften verloren haben, Ansprüche nach dem FRG erwerben können. Infolge der im Einzelnen zu erfüllenden Tatbestände liegen die Voraussetzungen heute kaum noch vor (vergleiche insbesondere Abschnitt 4.3.3), im Übrigen befinden sich diese Personen bereits im Rentenalter (vergleiche insbesondere Abschnitt 4.3.1), so dass erstmalige Rentenansprüche nur noch selten entstehen.

Voraussetzung für die Anrechnung von Beitragszeiten über § 1 Buchst. b FRG ist, dass die Versicherten

a) Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG oder frühere deutsche Staatsangehörige im Sinne von Art. 116 Abs. 2 S. 1 GG sind (vergleiche Abschnitt 4.1),

b) in irgendeinem Zeitraum ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland genommen haben (vergleiche Abschnitt 4.2) und

c) infolge der Kriegsauswirkungen die früher für sie zuständigen Versicherungsträger des auswärtigen Staates nicht mehr in Anspruch nehmen können (vergleiche Abschnitt 4.3).

Die sich für den Personenkreis des § 1 Buchst. b FRG ergebenden Rechtsfolgen sind im Abschnitt 4.4 beschrieben.

Rechtsstellung als Deutscher

Die Vorschrift des § 1 Buchst. b FRG begünstigt nur Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG und frühere deutsche Staatsangehörige im Sinne von Art. 116 Abs. 2 S. 1 GG.

In der Regel wird die Anwendung nur für deutsche Staatsangehörige, die nicht gleichzeitig Vertriebene im Sinne des BVFG sind, in Betracht kommen. Personen, die als Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland genommen haben und damit Deutsche im Sinne von Art. 116 GG sind, werden die Anrechnung ihrer Fremdzeiten bereits über § 1 Buchst. a FRG geltend machen können.

Es reicht nicht aus, dass die Berechtigten die deutsche Staatsangehörigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt besessen haben. Vielmehr muss diese Rechtsstellung für den gesamten Zeitraum bestehen, in dem Ansprüche nach dem FRG geltend gemacht werden, also insbesondere für die gesamte Dauer einer Rentengewährung. Wird die Rechtsstellung als Deutscher erst zu einem späteren Zeitpunkt erworben oder geht sie später wieder verloren, sind die Abschnitte 4.4.1 und 4.4.3 zu beachten.

Der Anwendung des § 1 Buchst. b FRG steht nicht entgegen, wenn die Betreffenden neben der deutschen noch eine weitere Staatsangehörigkeit besitzen. Beim Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit ist aber stets zu prüfen, ob damit eventuell der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit verbunden ist (vergleiche Abschnitt 4.4.1).

Die nach Europarecht beziehungsweise in den einzelnen Sozialversicherungsabkommen vorgesehene Gleichstellung fremder Staatsangehöriger mit deutschen Staatsangehörigen gilt auch bei Anwendung des § 1 Buchst. b FRG. Staatsangehörige eines anderen EG-Mitgliedstaates beziehungsweise eines Vertragsstaates können daher ebenfalls die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG erfüllen (AGZWSR 1/91, TOP 2). Die frühere gegenteilige Auffassung wird aufgegeben. Frühere Entscheidungen können auf Antrag korrigiert werden; eine Korrektur von Amts wegen ist nicht ausgeschlossen.

Aufenthaltsnahme in Deutschland

Die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG setzt voraus, dass die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland genommen haben. Nach § 30 Abs. 3 S. 2 SGB I bedeutet gewöhnlicher Aufenthalt ein nicht nur vorübergehendes Verweilen.

Eine vorübergehende Aufenthaltsnahme in Deutschland (zum Beispiel ein Verweilen anlässlich eines Besuchs oder einer Krankheit, eine vorläufige Aufenthaltsnahme zwischen Aufgabe des bisherigen Wohnsitzes und der Auswanderung) erfüllt deshalb die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG nicht, selbst wenn der Aufenthalt über ein Jahr gedauert hat. Andererseits kommt der zeitlichen Begrenzung keine ausschlaggebende Bedeutung zu, so dass auch kurzfristige Aufenthalte (unter einem Jahr) als gewöhnliche Aufenthalte angesehen werden können. Entscheidend ist, ob der Wille des Berechtigten von vornherein darauf gerichtet ist beziehungsweise war, den gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland zu nehmen.

Der gewöhnliche Aufenthalt muss in der Bundesrepublik Deutschland genommen worden sein, das heißt in Deutschland nach dem Stand vom 03.10.1990, also einschließlich des Beitrittsgebietes.

Die Aufenthaltsnahme in Deutschland soll ‘unabhängig von den Kriegsauswirkungen’ erfolgt sein. Die Bedeutung dieser Formulierung erschöpft sich in der Abgrenzung des Personenkreises des § 1 Buchst. b FRG von dem Personenkreis, der einen Vertreibungstatbestand im Sinne des BVFG erfüllt und damit bereits von § 1 Buchst. a FRG erfasst wird. Auf den Grund der Aufenthaltsnahme in Deutschland kommt es damit nicht an. Ebenso stellt die Formulierung keine zeitliche Einschränkung dar. Es ist unbeachtlich, ob die Berechtigten den gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland ‘unabhängig von den Kriegsauswirkungen’ vor Beginn, während oder nach Beendigung des 2. Weltkrieges genommen haben.

Die früher in dieser Vorschrift enthaltene Stichtagsregelung, wonach die Aufenthaltsnahme bis zum 31.12.1952 erfolgt sein musste, ist durch das RVÄndG zum 01.07.1965 gestrichen worden.

§ 1 Buchst. b FRG fordert nicht, dass der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland ständig beibehalten werden muss. Ist die Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthaltes in irgendeinem Zeitraum erfüllt gewesen, so geht sie durch einen späteren Verzug ins Ausland nicht mehr verloren. Allerdings wird in solchen Fällen genau zu prüfen sein, ob durch den Verzug ins Ausland möglicherweise andere Voraussetzungen entfallen (vergleiche Abschnitt 4.4.1).

Schlechterstellung durch die Kriegsauswirkungen

Die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG setzt voraus, dass in der Rechtsposition der Versicherten gegenüber der Rentenversicherung des Herkunftslandes eine Schlechterstellung durch die Kriegsauswirkungen eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist dann erfüllt, wenn

a) die Versicherten bereits vor Kriegsende gegenüber dem im Herkunftsgebiet zuständigen Versicherungsträger Anwartschaften erworben hatten (vergleiche hierzu Abschnitt 4.3.1) und

b) der Versicherungsträger des Herkunftslandes vor Kriegsende Renten an Berechtigte in Deutschland gewährt hat (vergleiche hierzu Abschnitt 4.3.2) und

c) dies seit Kriegsende nicht mehr möglich ist (vergleiche hierzu Abschnitt 4.3.3).

Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, liegt keine Schlechterstellung durch die Kriegsauswirkungen vor. § 1 Buchst. b FRG findet folglich keine Anwendung, wenn

Die geforderten Tatbestände können heute nur noch in wenigen Fällen erfüllt werden. Eine nach Herkunftsländern gegliederte Zusammenfassung ist im Abschnitt 4.3.4 enthalten.

Anwartschaften vor Kriegsende

Die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG setzt voraus, dass der ausländische Versicherungsträger bereits vor dem Einsetzen der Kriegsauswirkungen zuständig war. Daraus folgt, dass die Versicherten bereits vor Beendigung des Krieges - also vor dem 09.05.1945 - gegenüber dem Versicherungsträger des auswärtigen Staates eine Rechtsstellung erworben haben müssen. Es müssen also Beitragszeiten bei einem ausländischen Versicherungsträger vor dem 09.05.1945 zurückgelegt worden sein.

In einigen der betroffenen Herkunftsgebiete galt während des Krieges generell (zum Beispiel Sudetenland) oder für bestimmte Personen (zum Beispiel Protektorat Böhmen/Mähren) deutsches Recht. Solche deutschen Beitragszeiten können keine Berechtigung nach § 1 Buchst. b FRG begründen. Es muss sich vielmehr um Beiträge zu einer fremden gesetzlichen Rentenversicherung handeln. Beiträge zu besonderen Versicherungssystemen wie zum Beispiel für Angehörige des öffentlichen Dienstes reichen ebenfalls nicht aus.

Die Beitragszeiten müssen vor dem 09.05.1945 zurückgelegt worden sein. Nicht erforderlich ist, dass die Beitragsleistung unmittelbar bis zum 08.05.1945 erfolgt ist oder einen bestimmten Umfang erreicht. Es genügt, wenn die Beitragszeiten während irgendeines Zeitraumes vor dem 09.05.1945 zurückgelegt worden sind.

Allerdings müssen die Beitragszeiten am Stichtag 08.05.1945 existent gewesen sein. Sind Fremdbeiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erst nach dem 08.05.1945 für Zeiten davor gezahlt worden (zum Beispiel bei Aufnahme der versicherungspflichtigen Beschäftigung am 15.04.1945 und tatsächlicher Beitragszahlung bei der nächsten Gehaltsabrechnung Ende Mai 1945), so steht dies der Anwendung des § 1 Buchst. b FRG nicht entgegen. Es reicht - unabhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen Beitragszahlung - aus, wenn das öffentlich-rechtliche Versicherungsverhältnis vor dem 09.05.1945 begründet worden ist.

Ferner reicht es aus, wenn Versicherte im Herkunftsgebiet nach Kriegsende für davor liegende Zeiten in ein auf Beitragsleistung beruhendes Sicherungssystem rückwirkend - ex tunc - einbezogen worden sind. (BSG vom 16.12.1980, AZ: 11 RA 90/79, SozR 5050 § 15 Nr. 19). Das betrifft insbesondere die (unserer Nachversicherung vergleichbaren) Ausfolgung der Prämienreserve von einem Pensionsfonds an die gesetzliche Rentenversicherung nach früherem tschechoslowakischem Recht.

Umgekehrt reicht es nicht aus, wenn früher entrichtete Beiträge untergegangen sind (zum Beispiel durch eine Beitragserstattung oder durch eine Übertragung an ein System außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung).

Mögliche Rentenzahlung vor Kriegsende

Eine Schlechterstellung kann nur dann vorliegen, wenn vor Kriegsende die Möglichkeit bestand, in Deutschland den ausländischen Versicherungsträger in Anspruch zu nehmen, das heißt, wenn fremde Renten nach Deutschland gezahlt werden konnten. Das war im Verhältnis zu mehreren Staaten möglich, und zwar aufgrund von deren innerstaatlichen Vorschriften oder aufgrund von Sozialversicherungsabkommen.

Eine Rentenzahlung nach Deutschland war aus folgenden Staaten möglich:

  • Bulgarien,
  • Estland,
  • Jugoslawien,
  • Lettland,
  • Litauen,
  • Polen,
  • Tschechoslowakei,
  • Ungarn.

Aus Rumänien und der Sowjetunion bestand dagegen keine Möglichkeit der Rentenzahlung nach Deutschland.

Eine Verpflichtung zur Rentenzahlung bei Aufenthalt der Berechtigten in Deutschland bestand weder nach den rumänischen SV-Vorschriften (vergleiche Art. 36 des Gesetzes vom 07.04.1933; § 74 des Gesetzes vom 22.12.1938) noch nach der ‘deutsch-rumänischen Vereinbarung über Sozialversicherung’ vom 23.08.1941 (AN 1942 Seite 130). Wenn der rumänische Versicherungsträger nicht in Anspruch genommen werden kann, sind dafür nicht die Kriegsauswirkungen, sondern die rumänischen Rechtsvorschriften ursächlich.

Nach dem Rentenrecht der ehemaligen Sowjetunion wurden vor dem Krieg und auch später noch Renten grundsätzlich nicht ins Ausland gezahlt. Eine Verschlechterung infolge der Kriegsauswirkungen kann somit im Verhältnis zur Sowjetunion nicht eingetreten sein.

Für rumänische und sowjetische Zeiten kommt daher die Anwendung von § 1 Buchst. b FRG bereits aus diesem Grund nicht in Betracht. Das wurde auch durch die Rechtsprechung bestätigt:

Keine Rentenzahlung nach Kriegsende

Eine Schlechterstellung durch die Kriegsauswirkungen im Sinne von § 1 Buchst. b FRG ist dann gegeben, wenn der Versicherungsträger des Herkunftslandes seit Kriegsende Renten an Berechtigte in Deutschland nicht mehr gewährt, weil die innerstaatlichen Vorschriften geändert wurden oder die Abkommen bei Kriegsende als suspendiert gelten (Erlass des BMA vom 03.03.1950, AZ: IV a 8-658/50, BABl. Seite 124).

Das galt zunächst für alle Staaten, die zuvor Renten nach Deutschland gezahlt hatten. Im Laufe der Zeit wurden mit den betreffenden Staaten aber neue Abkommen geschlossen beziehungsweise es wurden die dortigen innerstaatlichen Vorschriften erweitert, so dass die Schlechterstellung inzwischen beseitigt ist.

Der frühere jugoslawische Versicherungsträger kann seit Inkrafttreten des deutsch-jugoslawischen SV-Abkommens am 01.09.1969 wieder in Anspruch genommen werden. Das gilt unverändert durch die weitere Anwendung dieses Abkommens in den Nachfolgestaaten Jugoslawiens beziehungsweise nach den inzwischen mit einzelnen Nachfolgestaaten geschlossenen neuen Abkommen (deutsch-slowenisches SV-Abkommen vom 24.09.1997, deutsch-kroatisches SV-Abkommen vom 24.11.1997, deutsch-mazedonisches SV-Abkommen vom 08.07.2003). Darüber hinaus werden seit dem Beitritt zur Europäischen Union Renten aus Slowenien ab 01.05.2004 und aus Kroatien seit dem 01.07.2013 im Rahmen der Anwendung des Europarechts gezahlt.

Der polnische Versicherungsträger kann seit Inkrafttreten des deutsch-polnischen SV-Abkommens vom 08.12.1990 am 01.10.1991 wieder in Anspruch genommen werden, sofern der Betreffende vom Geltungsbereich dieses Abkommens erfasst wird. Seit dem Beitritt Polens zur Europäischen Union am 01.05.2004 werden Renten aus Polen im Rahmen des Europarechts gezahlt. Im Übrigen beruht seit 01.05.1976 die Schlechterstellung bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet nicht mehr auf den Kriegsauswirkungen, sondern auf den Regelungen des deutsch-polnischen Rentenabkommens vom 09.10.1975 und stellt somit auch keine Schlechterstellung im Sinne von § 1 Buchst. b FRG dar.

Erfasst werden davon nicht nur die ‘reinen’ polnischen Zeiten, sondern auch Zeiten in Danzig, weil (anders als nach deutscher Auffassung) der polnische Versicherungsträger sie aus seiner Sichtweise als polnische Zeiten behandelt.

Der tschechische Versicherungsträger zahlt aufgrund einer innerstaatlichen Rechtsänderung seit 01.01.1996 Renten ins Ausland. Außerdem werden aufgrund des deutsch-tschechischen SV-Abkommens vom 27.07.2001 seit 01.09.2002 Renten ins Ausland gezahlt. Seit dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union am 01.05.2004 werden Renten im Rahmen des Europarechts gezahlt.

Der slowakische Versicherungsträger zahlt aufgrund des deutsch-slowakischen SV-Abkommens vom 12.09.2002 seit 01.12.2003 Renten ins Ausland. Seit dem Beitritt der Slowakei zur Europäischen Union am 01.05.2004 ist dies im Rahmen des Europarechts möglich.

Der bulgarische Versicherungsträger kann seit Inkrafttreten des deutsch-bulgarischen SV-Abkommens am 01.02.1999 wieder in Anspruch genommen werden. Seit dem Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union am 01.01.2007 ist dies im Rahmen des Europarechts möglich.

Der ungarische Versicherungsträger kann seit Inkrafttreten des deutsch-ungarischen SV-Abkommens am 01.05.2000 wieder in Anspruch genommen werden. Seit dem Beitritt Ungarns zur Europäischen Union am 01.05.2004 werden Renten im Rahmen des Europarechts ins Ausland gezahlt.

Der estnische, der lettische und der litauische Versicherungsträger kann seit dem Beitritt Estlands, Lettlands und Litauens am 01.05.2004 wieder in Anspruch genommen werden.

Für Personen, die sich gewöhnlich im Beitrittsgebiet aufhalten, sind Besonderheiten zu beachten. Dort sind unter Umständen die von der DDR mit Bulgarien, Rumänien, der Sowjetunion, der Tschechoslowakei und Ungarn abgeschlossenen SV-Abkommen vorübergehend weiter anzuwenden. Die früher zuständigen Versicherungsträger (beziehungsweise wegen der Abkommensregelungen anstelle dessen die deutschen Versicherungsträger) können in Anspruch genommen werden. Eine Schlechterstellung im Sinne von § 1 Buchst. b FRG liegt dort schon vor Inkrafttreten der neuen Abkommen nicht vor.

Dies gilt aber nur, solange die früheren DDR-Abkommen noch anzuwenden sind; das heißt bei Rentenfällen bis 31.12.1992 beziehungsweise (in bestimmten Übergangsfällen) bis 31.12.1995 sowie für entsprechende Nachfolgerenten. Danach können - sofern die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind - wie im alten Bundesgebiet Ansprüche nach § 1 Buchst. b FRG auch im Beitrittsgebiet bestehen.

Länderüberblick

Nach den in den Abschnitten 4.3.2 und 4.3.3 beschriebenen Voraussetzungen kann § 1 Buchst. b FRG im Ergebnis nur noch selten als Anspruchsgrundlage dienen. Sofern die Schlechterstellung durch innerstaatliche Rechtsänderungen in den Herkunftsländern oder durch SV-Abkommen beseitigt wurde, bleiben bereits anerkannte Ansprüche aber nach Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 2 und 3 FANG geschützt.

  • Bulgarien
    Die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG konnten nur bis 31.01.1999 erfüllt werden, sofern nicht das DDR-Bulgarien-Abkommen anwendbar war. Seit dem 01.02.1999 ist das nicht mehr möglich, denn der früher zuständige Versicherungsträger kann nach dem Inkrafttreten des deutsch-bulgarischen SV-Abkommens wieder in Anspruch genommen werden. Seit dem 01.01.2007 ist dies aufgrund des Europarechts möglich.
  • Estland, Lettland, Litauen
    Die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG ist nur bis 30.04.2004 möglich, denn die Versicherungsträger dieser Länder können nach dem Beitritt zur Europäischen Union wieder in Anspruch genommen werden.
    Für die Zeit bis dahin war dies möglich, da die baltischen Staaten aufgrund innerstaatlicher Regelungen vor Kriegsende Renten nach Deutschland zahlten und diese Regelungen durch das sowjetische Recht aufgehoben wurden.
    Beachte:
    Betroffen waren lediglich die bis Juni 1944 zurückgelegten Zeiten, da ab Juli 1944 sowjetisches Recht galt, das keine Rentenzahlung nach Deutschland ermöglichte.
    Eine Ausnahme galt darüber hinaus noch beim Aufenthalt im Beitrittsgebiet, wenn das Abkommen zwischen der ehemaligen DDR und der ehemaligen Sowjetunion noch anzuwenden war. Es lag keine Schlechterstellung vor mit der Folge, dass § 1 Buchst. b FRG nicht angewandt werden konnte.
  • Jugoslawien (und Nachfolgestaaten)
    Die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG konnten nur bis 31.08.1969 erfüllt werden.
    Seit dem 01.09.1969 ist das nicht mehr möglich, denn der früher zuständige Versicherungsträger kann nach dem Inkrafttreten des deutsch-jugoslawischen SV-Abkommens (beziehungsweise nach den mit den Nachfolgestaaten neu abgeschlossenen Abkommen) wieder in Anspruch genommen werden. Durch den Beitritt zur Europäischen Union können slowenische Rentenansprüche ab 01.05.2004 und kroatische Ansprüche ab 01.07.2013 aufgrund des Europarechts gezahlt werden.
  • Polen
    Die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG konnten nur bis 30.04.1976 erfüllt werden.
    Seit dem 01.05.1976 ist das nicht mehr möglich, denn nach dem Inkrafttreten des deutsch-polnischen Rentenabkommens konnten Ansprüche aus den polnischen Zeiten wieder geltend gemacht werden. Seit dem 01.10.1991 kann nach dem neuen deutsch-polnischen SV-Abkommen der früher zuständige Versicherungsträger auch wieder direkt in Anspruch genommen werden. Seit dem 01.05.2004 ist dies aufgrund des Beitritts zur Europäischen Union nach Europarecht möglich. Das gilt nicht nur für die ‘reinen’ polnischen Zeiten, sondern auch für Zeiten in Danzig, weil (anders als nach deutscher Auffassung) der polnische Versicherungsträger sie aus seiner Sichtweise als polnische Zeiten behandelt.
  • Rumänien
    Die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG war nie möglich, da Rumänien auch vor Kriegsende keine Renten nach Deutschland zahlte.
  • Sowjetunion (und Nachfolgestaaten)
    Die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG war nie möglich, da die ehemalige Sowjetunion auch vor Kriegsende keine Renten nach Deutschland zahlte.
  • Tschechoslowakei
    Nachdem sich das Recht in den beiden Nachfolgestaaten (Tschechien und Slowakei) unterschiedlich entwickelt hat, muss insoweit differenziert werden.
    Für tschechische Beitragszeiten konnten die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG nur bis 31.12.1995 erfüllt werden, sofern nicht das DDR-Tschechoslowakei-Abkommen anwendbar war.
    Seit dem 01.01.1996 ist das nicht mehr möglich, denn der tschechische Versicherungsträger zahlt nach seinen innerstaatlichen Vorschriften wieder Renten ins Ausland (und damit auch nach Deutschland). Darüber hinaus ist dies seit 01.09.2002 aufgrund des deutsch-tschechischen SV-Abkommens und seit 01.05.2004 aufgrund des Beitritts zur Europäischen Union nach Europarecht möglich.
    Für slowakische Beitragszeiten konnten die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG bis 30.11.2003 erfüllt werden, sofern nicht das DDR-Tschechoslowakei-Abkommen anwendbar war.
    Für slowakische Beitragszeiten ist die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG seit dem 01.12.2003 nicht mehr möglich, da seit diesem Zeitpunkt aufgrund des deutsch-slowakischen SV-Abkommens Zahlungen ins Ausland möglich sind. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union am 01.05.2004 können Renten aufgrund des Europarechts gezahlt werden
  • Ungarn
    Die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG konnten nur bis 30.04.2000 erfüllt werden, sofern nicht das DDR-Ungarn-Abkommen anwendbar war.
    Seit dem 01.05.2000 ist das nicht mehr möglich, denn der früher zuständige Versicherungsträger kann nach dem Inkrafttreten des deutsch-ungarischen SV-Abkommens wieder in Anspruch genommen werden. Seit dem Beitritt zur Europäischen Union am 01.05.2004 können Renten aufgrund des Europarechts gezahlt werden.

Rechtsfolgen

Sind die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG erfüllt, können die Betreffenden Ansprüche nach dem FRG erwerben. Im Vergleich zu den anerkannten Vertriebenen im Sinne des § 1 Buchst. a FRG sind aber verschiedene Unterschiede zu beachten.

Hinweise zu Einschränkungen und zur Dauer der FRG-Berechtigung enthält der Abschnitt 4.4.1. Bis zu welchem Endzeitpunkt die FRG-Regelungen angewandt werden können, ist im Abschnitt 4.4.2 beschrieben. Sonstige ergänzende Hinweise enthält Abschnitt 4.4.3. Erläuterungen, in welchem Maße die eigene Rechtsstellung einer Hinterbliebenen zu FRG-Ansprüchen auf eine Hinterbliebenenrente berechtigt, enthält Abschnitt 8 beziehungsweise 8.2.

Einschränkungen und Dauer der FRG-Berechtigung

Berechtigte im Sinne von § 1 Buchst. b FRG können nicht sämtliche Regelungen des FRG in Anspruch nehmen. Es gilt folgende Einschränkung:

Die Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG ist wegen § 17 Abs. 2 S. 2 FRG ausgeschlossen.

Anders als bei der Vertriebeneneigenschaft, die grundsätzlich nicht verloren gehen kann, können sich die einzelnen Tatbestände, die zur Berechtigung nach § 1 Buchst. b FRG führen, ändern. Die einzelnen Voraussetzungen müssen aber während der gesamten Zeit des Leistungsbezuges vorliegen. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG garantiert daher nicht die ständige Anwendung des FRG. Eine Anerkennung von FRG-Zeiten ist somit nur unter Vorbehalt möglich.

Liegen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG nicht mehr vor, geht die FRG-Berechtigung verloren und die entsprechenden Bescheide müssen in dem nach § 47, § 48 SGB X zulässigen Rahmen widerrufen beziehungsweise aufgehoben werden.

Der Verlust der FRG-Berechtigung kann aus folgenden Gründen eintreten:

  • Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
    Durch einen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit gehen auch die Rechte aus § 1 Buchst. b FRG verloren. Ausnahmen bilden lediglich der Erwerb einer Staatsangehörigkeit, die der deutschen gleichgestellt ist und der - hier weniger bedeutsame - Personenkreis der früheren deutschen Staatsangehörigen im Sinne von Art. 116 Abs. 2 S. 1 GG.
  • Auslandsverzug
    Der Auslandsverzug ist für sich allein kein Hinderungsgrund für die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG; dennoch kann er zum Verlust der Ansprüche führen. Ansprüche gehen jedoch nicht verloren bei einem Verzug in einen EU-/EWR-Staat oder die Schweiz. Die im Inland wirkende Vertrauensschutzregelung des Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 2 FANG ist durch Übertragung der EuGH-Rechtsprechung zum Freizügigkeits- und Leistungsexportgebot auch hier anzuwenden (vergleiche EuGH-Urteil vom 18.12.2007, Rechtssache C-396/05, C-419/05 und C-450/05, Habelt, Möser, Wachter).
    Verzieht ein Berechtigter jedoch in ein anderes Land, geht der bisherige Vertrauensschutz verloren.

Endzeitpunkt für die Anrechnung

Die Anerkennung sämtlicher im Zusammenhang mit dem FRG stehender rentenrechtlicher Zeiten ist nach § 15 Abs. 1 S. 3 FRG grundsätzlich nur bis zum 08.05.1945 möglich. Nachkriegszeiten können nur ausnahmsweise anerkannt werden, wenn wegen der Härteregelung des Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 1 FANG die Einschränkung des § 15 Abs. 1 S. 3 FRG nicht anzuwenden ist.

Sofern sich als Endzeitpunkt nicht ohnehin der gesetzlich normierte Stichtag 08.05.1945 ergibt, können Beitragszeiten nach § 15 FRG (und andere nach dem FRG anzuerkennende Zeiten wie Kindererziehungs- oder Anrechnungszeiten) für den nach § 1 Buchst. b FRG berechtigten Personenkreis längstens bis zum Zuzug, das heißt bis zum gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland angerechnet werden. Ist der gewöhnliche Aufenthalt zunächst nicht nach Deutschland, sondern in einen Drittstaat verlegt worden, so können die Beitragszeiten nur bis zur Aufenthaltsnahme in diesem Staat angerechnet werden.

Für Zeiten nach dem Zuzug entrichtete Beiträge (zum Beispiel bei Weiterzahlung durch den bisherigen Arbeitgeber) werden von der Gleichstellung nach § 15 FRG grundsätzlich nicht erfasst (vergleiche auch BSG vom 10.09.1980, AZ: 11 RA 49/79, DAngVers März 1981, Seite 151 ff. und - analog - Beschluss des Großen Senats des BSG vom 06.12.1979, AZ: GS 1/79, in DAngVers Oktober 1980, Seite 382 ff.).

Ausnahme:

Bis zur Suspendierung der mit dem Deutschen Reich bestehenden Sozialversicherungsabkommen am 08.05.1945 können Fremdbeiträge über § 1 Buchst. b FRG auch dann angerechnet werden, wenn sie für Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts oder einer Beschäftigung im Reichsgebiet entrichtet worden sind.

Ist der Versicherte ins Herkunftsgebiet zurückgekehrt und hat dort weitere Beitragszeiten zurückgelegt, so können diese Zeiten nach erneuter Aufenthaltsnahme in Deutschland nicht mehr über § 1 Buchst. b FRG angerechnet werden, selbst wenn die Härteregelung des Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 1 FANG anwendbar ist. Diese zeitliche Beschränkung folgt aus dem engen Zusammenwirken zwischen § 1 Buchst. a und b FRG. Die Vorschrift des § 1 Buchst. b FRG soll die des § 1 Buchst. a FRG lediglich ergänzen; hinsichtlich des Umfangs der Anrechnung dürfen die nach § 1 Buchst. b Berechtigten jedoch nicht besser gestellt werden als die Vertriebenen beziehungsweise Aussiedler. Da für den nach § 1 Buchst. a FRG berechtigten Personenkreis die Anrechnung von Fremdzeiten grundsätzlich auf die Zeit bis zum erstmaligen Verlassen des Herkunftsgebietes (hier durch Vertreibung beziehungsweise Aussiedlung) beschränkt ist und während einer erneuten Aufenthaltsnahme im Herkunftsgebiet regelmäßig keine weiteren Fremdzeiten erworben werden können, kann für den Personenkreis des § 1 Buchst. b FRG nichts anderes gelten.

Ergänzende Hinweise

Die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass Berechtigte die deutsche Staatsangehörigkeit erst nach dem Rentenbeginn beziehungsweise dem den Rentenanspruch auslösenden Ereignis erworben haben oder erwerben (so auch Erlass des BMA vom 23.08.1967, AZ: IV b 4 - 4537.7 - 687/66). Der Zeitpunkt des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit wirkt sich in diesen Fällen jedoch auf den Beginn der Leistung beziehungsweise der höheren Leistung aus. Es gelten dann die allgemeinen Vorschriften der §§ 99, 100 SGB VI über den Beginn der Rente beziehungsweise der Erhöhung der Rente.

Berechtigte nach Buchstabe c

Das FRG findet Anwendung auf Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und frühere deutsche Staatsangehörige im Sinne des Art. 116 Abs. 2 S. 1 GG, die nach dem 08.05.1945 in ein ausländisches Staatsgebiet zur Arbeitsleistung verbracht wurden.

In erster Linie zielt die Regelung auf die unter der Bezeichnung ‘verbrachte Spezialisten’ bekannt gewordenen Personen, die nach Kriegsende (insbesondere im Oktober 1946, im Frühjahr 1947 beziehungsweise Frühjahr 1948) im Zusammenhang mit der Demontage von Industriebetrieben als Fachkräfte aus der DDR zur Arbeitsleistung in die Sowjetunion verbracht wurden.

Diese Personen sind regelmäßig keine Vertriebenen (der Wohnsitz lag bei Kriegsende nicht im Vertreibungsgebiet) und gehören nicht zu den Berechtigten nach § 1 Buchst. b FRG (es fehlt an den Vorkriegsbeiträgen), so dass für sie eine eigenständige Regelung geschaffen wurde.

Der betroffene Personenkreis ist heute in der Regel bereits im Rentenalter, so dass diese Vorschrift für erstmalige Anträge nur eine untergeordnete Rolle spielt.

Persönliche Voraussetzungen

Die Regelung des § 1 Buchst. c FRG begünstigt nur Deutsche. Ausländische Staatsangehörige, die zur Arbeitsleistung ins Ausland verbracht wurden, werden hiervon nicht erfasst. Allerdings gelten auch hier etwaige über- beziehungsweise zwischenstaatliche Regelungen zur Gleichstellung der Staatsangehörigkeit (AGZWSR 1/91, TOP 2).

Die Deutschen müssen ins Ausland verbracht worden sein. In der Regel wird das die Sowjetunion gewesen sein. Anwendbar ist diese Vorschrift aber auch in Bezug auf andere Länder. Die früheren deutschen Ostgebiete sind in diesem Zusammenhang als Ausland anzusehen.

Der Tatbestand ‘verbracht wurden’ erfordert eine unfreiwillige (zwangsweise) Begründung des Auslandsaufenthalts. Wurde der Auslandsaufenthalt freiwillig begründet, kann die FRG-Berechtigung nicht nach § 1 Buchst. c FRG erworben werden. Das gilt selbst dann, wenn der Betreffende später an der Rückkehr gehindert wurde und der zunächst freiwillige Auslandsaufenthalt dann zu einem Zwangsaufenthalt wurde (BSG vom 24.09.1968, AZ: 11 RA 120/67, SozEntsch BSG 6 § 25 Nr. 34). Wurde dagegen andererseits der Auslandsaufenthalt zwangsweise begründet (Verbringung), bleibt die Berechtigung des § 1 Buchst. c FRG auch dann erhalten, wenn der Auslandsaufenthalt später freiwillig beibehalten wurde.

Die Betreffenden müssen nach dem 08.05.1945 ins Ausland verbracht worden sein. Eine frühere Aufenthaltsnahme im Ausland reicht nicht aus.

Schließlich muss die Verbringung zur Arbeitsleistung erfolgt sein. Andere Gründe (wie zum Beispiel Verbüßung einer Strafe, Repatriierung) führen selbst dann nicht zur Berechtigung nach § 1 Buchst. c FRG, wenn die Betreffenden zwangsweise ins Ausland verbracht wurden (BSG vom 30.04.1981, AZ: 11 RA 42/80, DAngVers 1981, Seite 375).

Eine Ausnahme gilt lediglich für Familienangehörige, die eine berechtigte Person im Sinne von § 1 Buchst. c FRG ins Ausland begleitet haben. Auch wenn die Familienangehörigen formal nicht zur Arbeitsleistung ins Ausland verbracht worden sind, befanden sie sich zumindest in einer psychischen Zwangslage, die es rechtfertigt, sie ebenso zu behandeln wie die zur Arbeitsleistung verbrachte Person. Die Familienangehörigen können daher aufgrund der von ihnen im Ausland zurückgelegten Zeiten beziehungsweise Tatbestände FRG-Ansprüche auch für ihre eigene Versichertenrente erwerben.

Rechtsfolgen

Sind die Tatbestände des § 1 Buchst. c FRG erfüllt, können die Betreffenden sämtliche Regelungen des FRG in Anspruch nehmen. Einschränkungen wie bei den Berechtigten nach § 1 Buchst. b FRG bestehen nicht. Die im Ausland zurückgelegten Zeiten können grundsätzlich bis zur Rückkehr angerechnet werden.

Zu beachten ist, dass die von den ‘verbrachten Spezialisten’ in der früheren Sowjetunion zurückgelegten Zeiten häufig im DDR-SV-Ausweis eingetragen sind. Dennoch handelt es sich nicht um Zeiten im Beitrittsgebiet, sondern um ausländische Zeiten, die nur auf der Grundlage des FRG zu berücksichtigen sind. Die Eintragung im DDR-SV-Ausweis kann aber als Mittel der Glaubhaftmachung der fremden Zeiten angesehen werden.

Erläuterungen, in welchem Maße die eigene Rechtsstellung einer Hinterbliebenen zu FRG-Ansprüchen auf eine Hinterbliebenenrente berechtigt, enthält Abschnitt 8 beziehungsweise Abschnitt 8.3).

Berechtigte nach Buchstabe d

Das FRG findet Anwendung auf heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (HAuslG) vom 25.04.1951 (BGBl. I Seite 269), auch wenn sie die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben oder erwerben.

Wer heimatloser Ausländer ist, ist nicht im FRG geregelt, sondern in einem eigenständigen Gesetz (HAuslG), das nicht nur für die Rentenversicherung von Bedeutung ist.

Bei dem betroffenen Personenkreis handelt es sich in erster Linie um

a) die sogenannten ‘Ostarbeiter’, die während des Zweiten Weltkrieges freiwillig oder unfreiwillig aus Osteuropa nach Deutschland gekommen sind,

b) Flüchtlinge, die während des Zweiten Weltkrieges beziehungsweise in den ersten Nachkriegsjahren nach Deutschland geflohen sind,

und die dann in der Nachkriegszeit als sogenannte ‘displaced persons (DP)’ von der IRO betreut wurden.

Die Feststellung, ob jemand die Rechtsstellung als heimatloser Ausländer erworben hat, ist vom Rentenversicherungsträger zu treffen. Welche Voraussetzungen hierfür im Einzelnen erfüllt sein müssen und welche Unterlagen das belegen, ist im Abschnitt 6.1 dargelegt. Im Abschnitt 6.2 sind die sich aus dem Status als heimatloser Ausländer ergebenden Rechtsfolgen dargestellt.

Die betroffenen Personen sind in der Regel bereits im Rentenalter, so dass dieser Personenkreis bei Rentenanträgen keine große Rolle spielt.

Personenkreis der heimatlosen Ausländer

Die für die Berechtigung nach § 1 Buchst. d FRG erforderlichen Voraussetzungen ergeben sich aus dem Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25.04.1951 (HAuslG). Der Begriff des heimatlosen Ausländers ist in § 1 HAuslG definiert. Gefordert wird, dass es sich um Ausländer beziehungsweise Staatenlose handelt, die der Obhut einer UN-Flüchtlingsorganisation unterstanden haben, nicht Deutsche im Sinne des Art. 116 GG waren und sich am 30.06.1950 im damaligen Bundesgebiet aufgehalten haben. Familienangehörige eines heimatlosen Ausländers stehen ihnen regelmäßig gleich, siehe Abschnitt 6.1.4. Die Rechtsstellung als heimatloser Ausländer geht nach § 2 HAuslG beim Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit oder beim Verzug ins Ausland verloren, siehe Abschnitt 6.1.3.

Staatsangehörigkeit

Heimatlose Ausländer können nach der Begriffsbestimmung in § 1 Abs. 1 HAuslG nur fremde Staatsangehörige oder Staatenlose sein. Die deutsche Staatsangehörigkeit steht dem Status als heimatloser Ausländer entgegen (§ 1 Abs. 1 Buchst. b HAuslG); für den Bereich des Fremdrentenrechts ist diese Beschränkung durch § 1 Buchst. d FRG aber beseitigt. FRG-Ansprüche können daher auch von Personen geltend gemacht werden, die später die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, wenn sie die übrigen Voraussetzungen für den Status als heimatloser Ausländer erfüllen.

Der Erwerb einer anderen als der deutschen Staatsangehörigkeit nach dem 30.06.1950 führt zum Verlust der Rechtsstellung als heimatloser Ausländer (§ 2 Abs. 1 HAuslG).

Obhut der UN-Flüchtlingsorganisation

Heimatloser Ausländer kann generell nur sein, wer ‘nachweist, dass er der Obhut der Internationalen Organisation untersteht, die von den Vereinten Nationen mit der Betreuung verschleppter Personen und Flüchtlinge beauftragt ist’ (§ 1 Abs. 1 Buchst. a HAuslG). Abgesehen von dem insoweit eindeutigen Gesetzestext ist dieses Erfordernis auch mit dem BSG vom 25.05.1972, AZ: 11 RA 178/71, BSGE 34, 184, bestätigt worden.

Die mit der Betreuung beauftragte UN-Flüchtlingsorganisation ist die IRO (International Refugee Organization); Vorgänger war (bis etwa 1947) die UNRRA (United Nations Relief und Rehabilitation Administration).

Der Nachweis, dass jemand der Obhut der UN-Flüchtlingsorganisation unterstand, wird unter anderem durch den sogenannten IRO-Ausweis erbracht. Ein Muster ist im Abschnitt 9.3.1 abgebildet. Daneben kann sich die IRO-Betreuung aus einer Vielzahl anderer Bescheinigungen ergeben; ein weiteres Beispiel ist das im Abschnitt 9.3.2 abgebildete ‘Certificate of IRO Eligibility’.

Ist der Versicherte nicht mehr im Besitz derartiger Unterlagen, ist gegebenenfalls eine entsprechende Anfrage an den Internationalen Suchdienst in 34454 Bad Arolsen zu richten. Dort sind in der Regel Unterlagen darüber vorhanden, ob der Betreffende von der IRO betreut wurde oder ob die Betreuung unter Umständen abgelehnt wurde. Allerdings sollen die Unterlagen des Internationalen Suchdienstes nicht vollständig sein. Eine Negativauskunft ist daher kein absoluter Beweis gegen die IRO-Betreuung. Ein Gegenbeweis ist bei Vorlage geeigneter Unterlagen durchaus möglich.

Nach einem neueren Urteil BSG vom 14.05.1991, AZ: 5 RJ 29/90, SozR 3-5050 § 1 Nr. 1, sieht das BSG es jedoch als ausreichend an, wenn die Betreffenden - ohne tatsächlich betreut worden zu sein - dem Grunde nach zu den betreuungsberechtigten Personen gehörten; die Rentenversicherungsträger folgen diesem Urteil (FAVR 1/94, TOP 11). Die Versicherten müssen somit nicht tatsächlich der Obhut der UN-Flüchtlingsorganisation unterstanden haben. Es genügt, wenn sie zu dem Personenkreis gehört haben, der von der UN-Flüchtlingsorganisation betreut werden konnte.

Für diese Feststellung können gegebenenfalls auch die Entscheidungen anderer Verwaltungsbehörden akzeptiert werden. In der Regel sind die Betroffenen - sofern sie nicht inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben - im Besitz eines Reiseausweises (nach dem Abkommen vom 28.07.1951), in dem der folgende Vermerk enthalten ist:

Aufenthaltserlaubnis
Der Inhaber des Passes - Reiseausweises - ist heimatloser Ausländer nach dem Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet und zum Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt.

Für die Rentenversicherung reicht diese Bestätigung regelmäßig aus, sofern sich keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben. Rückfragen beim Internationalen Suchdienst können dann unterbleiben.

Beachte:

Die weiteren Voraussetzungen für die Anerkennung als heimatloser Ausländer (Aufenthalt, fremder Staatsangehöriger oder Staatenloser) müssen zusätzlich geprüft werden. Die Zuhilfenahme von Entscheidungen anderer Verwaltungsbehörden ist nur zulässig für die Voraussetzung ‘Unterstellung unter die Obhut der UN-Flüchtlingsorganisation’.

Kann ein Reiseausweis oder eine entsprechende pass- beziehungsweise ausländerrechtliche Bescheinigung nicht vorgelegt werden, ist zu prüfen, ob die Betreffenden nach der Satzung beziehungsweise dem Statut der IRO (siehe Anlage 1) zu den zu betreuenden Personen gehört haben.

Hierzu ist zunächst festzustellen, ob die betroffene Person ‘Flüchtling’ oder ‘verschleppte Person’ war.

Flüchtlinge sind nach der Satzung der IRO, Anlage 1, 1. Teil, Abschnitt A

a) Ausländer und Staatenlose außerhalb ihres Herkunftslandes, die

- Opfer des NS-, eines verbündeten oder eines Satellitenregimes geworden sind,

- 'Flüchtlinge' aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg sind (zum Beispiel spanische Republikaner),

b) Ausländer und Staatenlose außerhalb ihres Herkunftslandes, die wegen der Nachkriegsereignisse dorthin nicht zurückkehren konnten oder wollten,

c) Ausländer, Staatenlose sowie Personen jüdischer Abstammung nach einer NS-Verfolgung in Deutschland oder Österreich, aber vor ihrer festen Niederlassung dort,

d) Kriegswaisen unter 16 Jahren außerhalb ihres Heimatlandes.

Verschleppte Personen sind nach der Satzung der IRO, Anlage 1, 1. Teil, Abschnitt B (Displaced Persons ist gleich DP's) Personen, die von Behörden des NS-, eines verbündeten oder eines Satellitenregimes aus ihrem Herkunftsland deportiert worden sind (zum Beispiel zur Zwangsarbeit oder Deportation aus rassischen, religiösen oder politischen Gründen) oder es verlassen mussten.

Ist die Frage, ob die betroffene Person ‘Flüchtling’ beziehungsweise ‘verschleppte Person’ im Sinne der Satzung der IRO ist, zu bejahen, müssen zusätzliche Betreuungsvoraussetzungen erfüllt sein.

Nach Anlage 1, 1. Teil, Abschnitt C des IRO-Statuts befasste sich die Organisation mit Flüchtlingen und DP's, die ‘heimgeschafft werden können’ oder die in aller Freiheit endgültig mit zufriedenstellenden Gründen erklären, nicht dorthin zurückkehren zu wollen. Zu diesem Personenkreis dürften DP's - vor allem aus Osteuropa - regelmäßig gehört haben, wenn sie sich bei der IRO gemeldet hätten.

Die Betreuung endete nach Anlage 1, 1. Teil, Abschnitt D der Satzung der IRO unter anderem bei der Rückkehr in den Heimatstaat oder bei Erwerb einer neuen Staatsangehörigkeit, was ohnehin die Rechtsstellung als heimatloser Ausländer beseitigt (vergleiche Abschnitte 6.1.1 und 6.1.3).

Nicht (weiter) betreut wurden auch solche Personen, die sich nach Ansicht der Organisation anderweit fest niedergelassen hatten oder die sich ohne triftige Gründe weigerten, die Vorschläge der IRO betreffend ihrer Umsiedlung oder Heimschaffung anzunehmen. Nach der BSG-Rechtsprechung führt das aber nicht pauschal zum Ausschluss der Berechtigung nach § 1 Buchst. d FRG. Wenn der Flüchtling/DP sich nach dem Krieg unangefochten im Bundesgebiet aufhielt und deshalb den Schutz der IRO nicht in Anspruch zu nehmen brauchte und nicht in Anspruch nahm, ist das Ausscheiden aus der Betreuung durch die IRO unschädlich.

Der 2. Teil der Anlage 1 des IRO-Statuts enthält Ausschlussgründe für die Betreuung. Die dort genannten Personengruppen, insbesondere Kriegsverbrecher und Personen deutscher Abstammung, unterstanden grundsätzlich nicht der Obhut der Organisation und gehören deshalb nicht zu dem begünstigten Personenkreis nach § 1 Buchst. d FRG.

Aufenthalt

Heimatloser Ausländer kann nur sein, wer sich am 30.06.1950 im (damaligen) Bundesgebiet aufgehalten hat (§ 1 Abs. 1 Buchst. c HAuslG). Ein Aufenthalt in der früheren DDR (Beitrittsgebiet) reicht nicht aus (Erlass des Bundesministers des Innern vom 24.08.1992, AZ: V II 3-125412/1); derartige Fälle werden angesichts der damaligen politischen Situation auch kaum auftreten.

Ein Zuzug nach dem 30.06.1950 kann nicht zur Rechtsstellung als heimatloser Ausländer führen, selbst wenn der Betreffende Flüchtling im Sinne der Genfer Konventionen ist (BSG vom 17.01.1973, AZ: 11 RA 34/72, SozR Nr. 6 zu § 1 FRG).

Ein Auslandsaufenthalt am 30.06.1950 ist nur ausnahmsweise dann unschädlich, wenn die Betreffenden nach dem 01.07.1948 aus dem Bundesgebiet ins Ausland verzogen waren und innerhalb von zwei Jahren nach der Ausreise ins Bundesgebiet zurückgekehrt sind (§ 2 Abs. 3 HAuslG).

Der Inlandsaufenthalt muss nicht nur am 30.06.1950 bestanden haben, sondern auch beibehalten werden. Jeder Verzug ins Ausland führt zum Verlust der Rechtsstellung als heimatloser Ausländer (§ 2 Abs. 1 HAuslG). Das gilt auch beim Verzug in einen Vertragsstaat; eine abkommensrechtliche Gebietsgleichstellung verhindert den Verlust der Rechtsstellung nicht (BSG vom 18.09.1975, AZ: 5 RJ 42/75, BSGE 40, 228). Bei einer Rückkehr ins Bundesgebiet wird die Rechtsstellung nur dann wiedererlangt, wenn die Rückkehr innerhalb von zwei Jahren nach der Ausreise erfolgt (§ 2 Abs. 2 HAuslG). Dauert der Auslandsaufenthalt länger, kann der Status als heimatloser Ausländer auch bei einer Rückkehr ins Bundesgebiet nicht wieder erworben werden.

FRG-Ansprüche werden durch den Verzug in einen Staat, in dem das Europarecht gilt, nicht verändert.

Familienangehörige

Personen, die ihre Staatsangehörigkeit von einem heimatlosen Ausländer ableiten (Ehefrau, Kinder) gelten ebenfalls als heimatlose Ausländer (§ 1 Abs. 2 HAuslG). Sie selbst brauchen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 HAuslG nicht zu erfüllen.

Rechtsfolgen

Sind die Voraussetzungen des § 1 Buchst. d FRG erfüllt, können die Betreffenden Ansprüche nach dem FRG erwerben. Im Vergleich zu den anerkannten Vertriebenen im Sinne des § 1 Buchst. a FRG sind aber verschiedene Unterschiede zu beachten.

Hinweise zu Einschränkungen und zur Dauer der FRG-Berechtigung enthält der Abschnitt 6.2.1. Bis zu welchem Endzeitpunkt die FRG-Regelungen angewandt werden können, ist im Abschnitt 6.2.2 beschrieben. Sonstige ergänzende Hinweise enthält Abschnitt 6.2.3. Erläuterungen, in welchem Maße die eigene Rechtsstellung einer hinterbliebenen Person zu FRG-Ansprüchen auf eine Hinterbliebenenrente berechtigt, enthält Abschnitt 8 beziehungsweise 8.4.

Einschränkungen und Dauer der FRG-Berechtigung

Berechtigte im Sinne von § 1 Buchst. d FRG können nicht sämtliche Regelungen des FRG in Anspruch nehmen. Es gilt folgende Einschränkung:

Die Anerkennung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG ist wegen § 17 Abs. 2 S. 2 FRG ausgeschlossen.

Anders als bei der Vertriebeneneigenschaft, die grundsätzlich nicht verloren gehen kann, führt der Erwerb einer neuen (fremden) Staatsangehörigkeit oder ein Auslandsverzug zum Verlust der Rechtsstellung als heimatloser Ausländer. Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 Buchst. d FRG garantiert daher nicht die ständige Anwendung des FRG. Eine Anerkennung von FRG-Zeiten ist somit nur unter Vorbehalt möglich. Beim Verlust der Rechtsstellung sind die früheren Bescheide in dem nach § 47 SGB X, § 48 SGB X zulässigen Rahmen zu widerrufen beziehungsweise aufzuheben.

Zum Verlust der Rechtsstellung als heimatloser Ausländer führt insbesondere der Erwerb einer (anderen als der deutschen) Staatsangehörigkeit (vergleiche Abschnitt 6.1.1) und der Verzug ins Ausland (vergleiche Abschnitt 6.1.3).

Endzeitpunkt für die Anrechnung

Beitragszeiten können bis zum Verlassen der Heimatländer angerechnet werden.

Ergänzende Hinweise

Für heimatlose Ausländer bestehen im Fremdrentenrecht besondere Nachversicherungsregelungen (Art. 6 §§ 22, 23 FANG), mit denen unter anderem der Ausschluss von Beschäftigungszeiten teilweise kompensiert wird.

Berechtigte nach Buchstabe e

Das FRG findet Anwendung auf Hinterbliebene der in § 1 Buchst. a bis d FRG genannten Personen bezüglich der Leistungen an Hinterbliebene.

Bei den in der gesetzlichen Rentenversicherung gewährten Leistungen an Hinterbliebene handelt es sich um abgeleitete Ansprüche; das bedeutet, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Wartezeit) müssen in der Person des verstorbenen Versicherten erfüllt sein. Dieser Grundsatz gilt auch im Bereich des Fremdrentenrechts. Dem trägt die Vorschrift des § 1 Buchst. e FRG Rechnung. Sie bewirkt, dass FRG-Ansprüche nicht nur von denjenigen geltend gemacht werden können, die die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Buchst. a bis d FRG erfüllen, sondern dass auch deren Hinterbliebene Leistungen nach dem FRG in Anspruch nehmen können.

Hinweise zum Personenkreis und den Rechtsfolgen sind in den folgenden Abschnitt 7.1 und 7.2 enthalten.

Neben den abgeleiteten Ansprüchen können Hinterbliebene unter Umständen aus ihrer eigenen Rechtsstellung (eigenständige) Hinterbliebenenrentenansprüche nach dem FRG erwerben. In welchen Fällen das möglich ist, ist im Abschnitt 8 beschrieben.

Personenkreis

Ansprüche nach § 1 Buchst. e FRG erwerben alle Hinterbliebenen der in den Buchstaben a bis d genannten Personen (siehe Abschnitte 3 bis 6). Die Verstorbenen müssen zum Zeitpunkt des Todes zu einem der dortigen Personenkreise gehört haben.

Zu den Hinterbliebenen zählen alle, die Hinterbliebenenrenten beanspruchen können (Witwen, Witwer, Waisen; einschließlich der geschiedenen und früheren Ehegatten). Es spielt keine Rolle, ob zum Beispiel die Heirat der Ehepartner oder die Geburt der Waisen noch in den Herkunftsgebieten erfolgte oder ob die Versicherten bereits Rentenbezieher waren. Die Hinterbliebenen selbst brauchen grundsätzlich keinerlei Voraussetzungen zu erfüllen.

Uneingeschränkt gilt das aber nur für Hinterbliebene von Personen nach

  • Buchstabe a (anerkannte Vertriebene oder Spätaussiedler),
  • Buchstabe c (verbrachte Spezialisten) und
  • Buchstabe d (heimatlose Ausländer).

Sie brauchen keinerlei persönliche Voraussetzungen zu erfüllen; auch spätere Änderungen in ihren Verhältnissen sind unbeachtlich.

Siehe Beispiele 7 und 8 (Fall a)

Für Hinterbliebene von Personen nach

  • Buchstabe b (Deutsche, die den früheren Versicherungsträger nicht mehr in Anspruch nehmen können)
    sind dagegen Einschränkungen zu beachten. Zunächst ist zu beachten, dass die Ableitung eines Anspruchs nach § 1 Buchst. b FRG nur dann möglich ist, wenn die verstorbene Person zum Zeitpunkt des Todes tatsächlich noch die Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG erfüllte. Das wird nur noch selten der Fall sein. Meist wird die Schlechterstellung inzwischen beseitigt sein, und die Versichertenrente nur noch im Wege des Besitzschutzes nach Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 2 FANG gezahlt worden sein. Ein neuer (Nachfolge-)Rentenanspruch kann hieraus nicht mehr entstehen.
    Aber auch in den Fällen, in denen die FRG-Berechtigung nach § 1 Buchst. b FRG zum Zeitpunkt des Todes noch bestand und nach § 1 Buchst. e FRG ein Hinterbliebenenanspruch abgeleitet werden kann, gelten für die Hinterbliebenenrente Einschränkungen.
    Zu den Tatbeständen des § 1 Buchst. b FRG gehört unter anderem die fehlende Möglichkeit, den früher zuständigen Versicherungsträger in Anspruch zu nehmen. Dieses Erfordernis muss grundsätzlich auch während des Bezuges der Hinterbliebenenrente weiterhin erfüllt bleiben. Zwar steht den anerkannten Hinterbliebenenrenten nach Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 2 FANG nicht entgegen, wenn der fremde Versicherungsträger wieder in Anspruch genommen werden kann, solange die hinterbliebene Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Kehrt die hinterbliebene Person dagegen in das Herkunftsgebiet zurück und besteht damit die Möglichkeit, den fremden Versicherungsträger in Anspruch zu nehmen, erlischt auch der abgeleitete Anspruch. Dieser geht jedoch bei einem Verzug in einen EU-/EWR-Staat oder in die Schweiz nicht verloren.
    Weitere persönliche Voraussetzungen (wie zum Beispiel die deutsche Staatsangehörigkeit) braucht die hinterbliebene Person nicht zu erfüllen.

Siehe Beispiel 9 (Fall a)

§ 1 Buchst. e FRG gilt entsprechend auch für Hinterbliebene eines Verfolgten im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes, wenn der Verstorbene nach § 20 WGSVG einem anerkannten Vertriebenen gleichstand.

Für Hinterbliebene von FRG-Berechtigten nach § 17a FRG (Juden, die dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben) ergibt sich die Anwendung des FRG für den abgeleiteten Hinterbliebenenrentenanspruch unmittelbar aus § 17a Buchst. b FRG.

Rechtsfolgen

Gehören Hinterbliebene zum Personenkreis des § 1 Buchst. e FRG, können sie grundsätzlich dieselben Ansprüche nach dem FRG geltend machen wie die Verstorbenen. Im Ergebnis werden der Hinterbliebenenrente dieselben FRG-Zeiten zugrunde gelegt, wie der Versichertenrente der verstorbenen Person. Allerdings müssen die FRG-Zeiten aufgrund etwaiger zwischenzeitlich eingetretener Rechtsänderungen überprüft werden.

Ansprüche nach § 1 Buchst. e FRG bestehen aber nur im Hinblick auf Hinterbliebenenrenten. Haben die Hinterbliebenen ebenfalls Fremdzeiten zurückgelegt, so können diese in einer Versichertenrente nur berücksichtigt werden, wenn die Hinterbliebenen selbst die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Buchst. a bis d FRG erfüllen.

Eigenständige Hinterbliebenenrentenansprüche

Die Tatsache, dass es mit § 1 Buchst. e FRG (vergleiche Abschnitt 7) eine spezielle Regelung für Leistungen an Hinterbliebene gibt, bedeutet nicht, dass die Berechtigung nach § 1 Buchst. a bis d FRG auf Leistungen an Versicherte beschränkt wäre. Die Zugehörigkeit zum § 1 Buchst. a bis d FRG berechtigt die dort genannten Personen vielmehr zur Anwendung aller FRG-Regelungen, soweit diese nicht selbst entsprechende Einschränkungen machen.

Deshalb können Hinterbliebene unabhängig von der Rechtsstellung der Verstorbenen aufgrund ihrer eigenen FRG-Berechtigung die Gleichstellungsregelungen des FRG grundsätzlich auch in Bezug auf eine Hinterbliebenenrente in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf anerkannte Vertriebene (Buchstabe a) ist das von der Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt worden (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 06.12.1979, AZ: GS 1/79, BSGE 49, 175). Die in diesem Zusammenhang entwickelten Grundsätze sind generell auf die übrigen Personenkreise von FRG-Berechtigten übertragbar, teilweise aber nur mit Einschränkungen.

Das kann im Ergebnis dazu führen, dass die Hinterbliebenen Rentenansprüche erwerben, die die Versicherten selbst nicht besaßen, was in der Vergangenheit häufig kritisiert wurde. Deshalb hat der Gesetzgeber mit der Einführung des § 14a FRG diese Möglichkeit weitgehend, aber nicht vollständig beseitigt (vergleiche GRA zu § 14a FRG).

In den meisten Fällen können die Hinterbliebenen aufgrund ihrer Rechtsstellung deshalb zwar formal als FRG-Berechtigte angesehen werden, in der Praxis bleibt diese FRG-Berechtigung aber wirkungslos, weil § 14a FRG die Anrechnung fremder Zeiten (also die Kernregelungen des FRG) ausschließt.

Die Anrechnung fremder Zeiten und damit der Erwerb von FRG-Ansprüchen für eine Hinterbliebenenrente aufgrund der eigenen FRG-Berechtigung der Hinterbliebenen ist nur noch möglich bei

  • Waisenrenten (die von § 14a FRG nicht erfasst werden) und
  • Witwen-/ Witwerrenten, wenn der Todesfall bis Ende 2001 eingetreten ist und die Witwe/der Witwer bis Ende 2001 nach Deutschland zugezogen ist (Vertrauensschutzregelung des § 14a S. 2 FRG).

Für diese Ausnahmefälle, in denen ein eigenständiger Hinterbliebenenrentenanspruch möglich ist, enthalten die folgenden Abschnitte 8.1 bis 8.4 Hinweise zu den einzelnen Personenkreisen des § 1 FRG.

Berechtigte nach Buchstabe a

Sofern die Einschränkung des § 14a FRG nicht gilt, findet die Vorschrift des § 1 Buchst. a FRG unmittelbar Anwendung auf Hinterbliebene, die als Vertriebene oder Spätaussiedler anerkannt worden sind.

Völlig unerheblich ist dabei, ob die verstorbenen Versicherten selbst als Vertriebener oder Spätaussiedler anerkannt worden sind. Weiterhin kommt es nicht darauf an, ob der Tod der Versicherten vor oder nach der Vertreibung/Spätaussiedlung der Hinterbliebenen eingetreten ist. Unbeachtlich sind ferner der Zeitpunkt der Eheschließung und gegebenenfalls der Zeitpunkt des Zuzugs der Versicherten ins Bundesgebiet.

Häufigster Anwendungsbereich sind die Fälle, in denen die Versicherten bereits im Herkunftsgebiet verstorben sind. Sie selbst können nicht als Vertriebene/Spätaussiedler anerkannt werden, weil es am Vertreibungs-/Aussiedlungstatbestand mangelt. Die Hinterbliebenen können dies aber durch ihre eigene Vertriebenen-/Spätaussiedlereigenschaft ersetzen.

Siehe Beispiel 10

An Bedeutung hatte die Vorschrift auch durch die Änderungen im Vertriebenenrecht gewonnen, wonach die Eigenschaft als Spätaussiedler für jede einzelne Person geprüft wird und nicht mehr (wie bei den Aussiedlern) ‘automatisch’ auf die Ehepartner oder die Kinder übertragen wird. War von einem nach Deutschland zuziehenden Ehepaar nur einer als Spätaussiedler nach § 4 BVFG anerkannt und der Partner als Ehegatte nach § 7 Abs. 2 BVFG, konnte der anerkannte Spätaussiedler nach dem Tod seines Ehegatten einen Hinterbliebenenrentenanspruch nach dem FRG erwerben, obwohl der Verstorbene zuvor als Ehepartner nach § 7 Abs. 2 BVFG selbst keinen eigenständigen FRG-Anspruch erworben hatte.

Siehe Beispiel 8 (Fall b)

Darüber hinaus konnte beziehungsweise kann diese Anspruchsgrundlage aber auch in allen anderen Fällen angewandt werden, in denen die Versicherten (aus welchen Gründen auch immer) nicht als Vertriebene/Spätaussiedler anerkannt wurden. Es gelten dann grundsätzlich die im Abschnitt 3.4 beschriebenen Rechtsfolgen, allerdings mit einer Besonderheit:

Endzeitpunkt für die Gleichstellung der fremden Zeiten ist dann die Vertreibung beziehungsweise Spätaussiedlung der Hinterbliebenen. Das gilt selbst dann, wenn die später Verstorbenen, aus dessen Versicherung die Rente festzustellen ist, noch länger im Herkunftsgebiet verblieben sind und dort weitere Zeiten zurückgelegt haben.

Siehe Beispiel 10

Berechtigte nach Buchstabe b

Die zu den Vertriebenen beschriebenen Grundsätze (vergleiche Abschnitt 8.1) gelten prinzipiell auch für Berechtigte nach § 1 Buchst. b FRG. Besonderheiten ergeben sich aber daraus, dass bei dieser Vorschrift auch versicherungsrechtliche Tatbestände erfüllt sein müssen und die Anspruchsvoraussetzungen fortlaufend erfüllt sein müssen.

Sofern die Einschränkung des § 14a FRG nicht gilt, können Hinterbliebene einen eigenständigen Anspruch nach § 1 Buchst. b FRG für eine Hinterbliebenenrente erwerben, wenn sie

  • Deutsche sind (AGFAVR 3/81, TOP 18),
  • ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland genommen haben und
  • den früher zuständigen Versicherungsträger nicht in Anspruch nehmen können.

Die erforderlichen Anwartschaften vor Kriegsende (Beitragszeiten vor dem 09.05.1945) müssen dagegen stets die verstorbenen Versicherten erworben haben. Es reicht nicht, wenn nur die Hinterbliebenen derartige Zeiten zurückgelegt haben.

Siehe Beispiel 9

Die mögliche Rentenzahlung vor Kriegsende ist ohnehin nicht personengebunden, sondern anhand der damaligen Rechtslage zu prüfen. Die verstorbenen Versicherten brauchen - abgesehen von den erworbenen Anwartschaften - keine Voraussetzungen zu erfüllen.

Die von den Hinterbliebenen zu erfüllenden Voraussetzungen müssen grundsätzlich während der gesamten Dauer des Leistungsbezuges vorliegen. Eine Ausnahme bildet der Inlandsaufenthalt; er kann aufgegeben werden, allerdings ist dann sorgfältig zu prüfen, ob die übrigen Voraussetzungen noch vorliegen. Entfällt eine der übrigen Voraussetzungen (Staatsangehörigkeit, fehlende Möglichkeit, den früheren Versicherungsträger in Anspruch zu nehmen), erlischt damit grundsätzlich die Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 1 Buchst. b FRG. FRG-Zeiten können dann nicht mehr angerechnet werden. Frühere Bescheide sind nach § 47 SGB X, § 48 SGB X zu widerrufen beziehungsweise aufzuheben. Im Extremfall kann das zum vollständigen Verlust des Rentenanspruchs führen.

Eine Ausnahme gilt nur im Rahmen der Besitzschutzregelung Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 2 FANG. Danach steht den anerkannten Ansprüchen nicht entgegen, wenn der fremde Versicherungsträger wieder in Anspruch genommen werden kann, solange die Berechtigten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, einem EU-/EWR-Staat oder der Schweiz haben.

Es gelten dann grundsätzlich die im Abschnitt 4.4 beschriebenen Rechtsfolgen, allerdings mit einer Besonderheit:

Endzeitpunkt für die Gleichstellung der fremden Zeiten ist dann - sofern nicht der gesetzliche Stichtag 08.05.1945 gilt - der Zuzug des Hinterbliebenen. Das gilt selbst dann, wenn die später Verstorbenen, aus deren Versicherung die Rente festzustellen ist, noch länger im Herkunftsgebiet verblieben sind und dort weitere Zeiten zurückgelegt haben.

Berechtigte nach Buchstabe c

Sofern die Einschränkung des § 14a FRG nicht gilt, kann die persönliche Voraussetzung des § 1 Buchst. c FRG, das heißt die Zugehörigkeit zum Personenkreis der Deutschen im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG oder der früheren deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 116 Abs. 2 S. 1 GG bei Hinterbliebenenrenten auch von den Hinterbliebenen erfüllt werden. Dagegen muss die weitere Voraussetzung des § 1 Buchst. c FRG (Verbringung in ein ausländisches Staatsgebiet zur Arbeitsleistung nach dem 08.05.1945) vom Versicherten erfüllt sein, damit ein eigenständiges Anrecht auf Hinterbliebenenrente besteht (AGFAVR 3/81, TOP 18).

Ohne Bedeutung ist, ob die Ehe mit dem Versicherten vor oder nach dem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland geschlossen worden beziehungsweise ob der Versicherte überhaupt jemals zugezogen ist.

Berechtigte nach Buchstabe d

Sofern die Einschränkung des § 14a FRG nicht gilt, findet die Vorschrift des § 1 Buchst. d FRG unmittelbar Anwendung auf Hinterbliebene, die als heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25.04.1951 (BGBl. I Seite 269) anerkannt sind. Sie können damit über ihre eigene Rechtsstellung Anspruch auf Anrechnung der von den verstorbenen Versicherten im Ausland zurückgelegten Fremdbeitragszeiten erwerben (AGFAVR 3/81, TOP 18).

Unerheblich ist dabei, ob die verstorbenen Versicherten selbst als heimatloser Ausländer anerkannt worden sind. Unbeachtlich sind ferner Zeitpunkt und Ort der Eheschließung. Weiterhin kommt es nicht darauf an, zu welchem Zeitpunkt der Tod der Versicherten eingetreten und ob diese jemals ins Bundesgebiet zugezogen sind.

Zu beachten ist lediglich, dass der Status als heimatloser Ausländer durch den Erwerb einer anderen (fremden) Staatsangehörigkeit oder einen Auslandsverzug verloren geht. Es gelten dann grundsätzlich die im Abschnitt 6.2 beschriebenen Rechtsfolgen, allerdings mit einer Besonderheit:

Endzeitpunkt für die Gleichstellung der fremden Zeiten ist dann das Verlassen der Heimatländer durch die Hinterbliebenen. Das gilt selbst dann, wenn die später Verstorbenen, aus deren Versicherung die Rente festzustellen ist, noch länger im Herkunftsgebiet verblieben sind und dort weitere Zeiten zurückgelegt haben.

Muster

Im Abschnitt 9.1 sind Muster der Unterlagen enthalten, die als Nachweis der Vertriebenen- oder Spätaussiedlereigenschaft dienen. Unterlagen, die hierfür ungeeignet sind, enthält Abschnitt 9.2.

Unterlagen, die zur Anerkennung als heimatloser Ausländer dienen, sind im Abschnitt 9.3 dargestellt.

Unterlagen zur Vertriebenen- beziehungsweise Spätaussiedlereigenschaft

(zu Abschnitt 3.3.1)

Abschnitt 9.1.1 Vertriebenenausweis

Abschnitt 9.1.2 Bescheinigung nach § 100 Abs. 2 BVFG

Abschnitt 9.1.3 Bescheinigung im Beitrittsgebiet

Abschnitt 9.1.4 Bewilligungsbescheid nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz

Abschnitt 9.1.5 Bescheinigung für verstorbene Berechtigte

Abschnitt 9.1.6 Spätaussiedlerbescheinigung

Vertriebenenausweis

Vertriebenenausweis

Bescheinigung nach § 100 Abs. 2 BVFG

Bescheinigung nach § 100 Abs. 2 BVFG

Bescheinigung im Beitrittsgebiet

Bescheinigung im Beitrittsgebiet

Bewilligungsbescheid nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz

Bewilligungsbescheid nach dem Vertriebenenzuwendungsgesetz

Bescheinigung für verstorbene Berechtigte

DER REGIERUNGSPRÄSIDENT KÖLN

Postanschrift: Der Regierungspräsident Köln - 5 Köln 1 - Postfach 101548

Dienstgebäude:Fernsprecher
Zeughausstraße 4-8
Mohrenstraße 18-2420 901
Mohrenstraße 23oder
Kaiser-Wilhelm-Ring 30-322090 und Hausruf
Cäcilienstraße 2320 041 oder
20 04 und Hausruf
Eupener Straße 66-7049 3673 - 75
Marsilstein 2924 8041 - 47
HausrufZimmer-Nr.
Ihr Zeichen und TagMein Zeichen (bitte bei Antwort angeben):Köln,
55.1.1b.02-............./5319.7.1973

Betrifft

Feststellung der Vertriebeneneigenschaft nach dem BVFG

Bezug:

Antrag vom …………………………………

Sehr geehrte Frau ………………………….

Hiermit stelle ich fest, daß der/die am ..................................

in ............................ geborene und am ...............................

in............................. verstorbene .......................................

Vertriebener im Sinne des § 1 Abs. 1 in Verb. mit § 2 Abs. 1 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFO) vom 19.5.1953 in der Fassung vom gewesen ist. Der/Die Verstorbene hätte, falls er/sie den Abschluß des Feststellungsverfahrens noch erlebt hätte, einen Bundesvertriebenenausweis A - B Flüchtlingsausweis C - erhalten, der allerdings mit einem Sperrvermerk gemäß §      Abs. 1 den §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 und 12 Abs. 1 BVFG hätte versehen werden müssen. Er/Sie hatte seinen/ihren ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit

……………………………….

Nach § 15 Abs. 4 BVFG sind die Ausweise derjenigen Vertriebenen
und Sowjetzonenflüchtlinge, die nach §§ 9 bis 12 BVFG zur Inanspruchnahme von und Vergünstigungen nicht berechtigt sind, besonders zu kennzeichnen.

Rechte und Vergünstigungen als Vertriebener oder Sowjetzonenflüchtling kann nur Anspruch nehmen,

wer im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) seinen ständigen Aufenthalt hat, § 9 Abs. 1 BVFG;

wer bis zum 31. Dezember 1952 im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder in Berlin (West) seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, § 10 Abs. 1 BVFG ohne daß die Ausnahmen des § 10 Abs. 2 BVFG zutreffen;

wer nach der Vertreibung keine fremde Staatsangehörigkeit erworben und seine Rechtsstellung als Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes beibehalten hat, § 12 Abs. 1 BVFG.

Die in dem Vermerk ausgesprochenen Einschränkungen gelten jedoch lediglich für Rechte und Vergünstigungen, die sich allein aus dem BVFG ergeben. Solche Berechtigungen können nur für den Bedeutung haben, der in der Bundesrepublik Deutschland oder in Berlin-West lebt.

Berechtigungen, die sich für den Vertriebenen oder SBZ-Flüchtling aus anderen Gesetzen ergeben können, werden durch den Vermerk auf dem BVFG-Ausweis nicht berührt. Der Berechtigte kann also zum Beispiel seine Ansprüche aus dem Lastenausgleich oder der Rentenversicherung verfolgen, ohne daß der Vermerk auf dem BVFG-Ausweise dabei hinderlich wird.

Belehrung über den Rechtsbehelf:

Gegen den Ausschließungsvermerk ist innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe, das heißt nach Aushändigung oder Zustellung, Widerspruch statthaft. Der Widersprach ist schriftlich oder zur Niederschrift bei mir (Regierungspräsident, 5 Köln, Zeughausstr. 4), einzulegen. Für die Fristwahrung ist der rechtzeitige Eingang bei mir maßgeblich.

Falls die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollt, so würde dessen Verschulden Ihnen zugerechnet werden.

Beglaubigt

Hochachtungsvoll

Im Auftrag

gez.

Regierungspräsident
55-Nr. 143a

Spätaussiedlerbescheinigung

Spätaussiedlerbescheinigung

Unzureichende Unterlagen für Vertriebene beziehungsweise Spätaussiedler

(zu Abschnitt 3.3.2)

Abschnitt 9.2.1 Aufnahmebescheid

Abschnitt 9.2.2 Vorläufige Bescheinigung

Aufnahmebescheid

Aufnahmebescheid

Vorläufige Bescheinigung

Vorläufige Bescheinigung

Unterlagen der heimatlosen Ausländer

(zu Abschnitt 6.1.2)

Abschnitt 9.3.1 IRO-Ausweis

Abschnitt 9.3.2 Certificate of IRO Eligibility

IRO-Ausweis

IRO-Ausweis

Certificate of IRO Eligibility

Certificate of IRO Eligibility

Beispiel 1: Nachgeborene Kinder von Vertriebenen

(Beispiel zu Abschnitt 3.1.6)

Ein unverheiratetes Paar reist 1986 aus Rumänien nach Deutschland aus. Die Frau wird als Aussiedlerin nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG anerkannt, der Mann wegen seiner rumänischen Abstammung nicht.

1987 wird ein Kind geboren, für das die Vaterschaft des Mannes festgestellt wird und das von der sorgeberechtigten Mutter die Vertriebeneneigenschaft nach § 7 BVFG erwirbt.

Im Jahr 2001 verstirbt der Mann.

Lösung:

Das Kind hat einen Anspruch auf Waisenrente. Dabei können nicht nur die vom Vater in Deutschland erworbenen rentenrechtlichen Zeiten berücksichtigt werden, sondern auch die von ihm in Rumänien zurückgelegten FRG-Zeiten. Obwohl der Verstorbene selbst kein FRG-Berechtigter war und das Kind in Deutschland geboren ist, ist es aufgrund der von der Mutter abgeleiteten Vertriebeneneigenschaft FRG-Berechtigter.

Beispiel 2: Verstorbene FRG-Berechtigte

(Beispiel zu Abschnitt 3.3.1)

Ein deutschstämmiges Ehepaar aus Kasachstan bemühte sich um die Ausreise und erhielt am 30.07.2000 einen Aufnahmebescheid, wonach beide voraussichtlich die Voraussetzungen des § 4 BVFG (Spätaussiedler) erfüllen werden.

  1. Der Mann verstirbt kurz nach der gemeinsamen Ausreise am 06.06.2001 von Kasachstan nach Deutschland.
  2. Der Mann verstirbt kurz vor der geplanten Ausreise; seine Frau reist am 06.06.2001 allein von Kasachstan nach Deutschland.

Lösung:

Da für verstorbene Personen keine Spätaussiedlerbescheinigungen ausgestellt werden, müssen die RV-Träger selbst prüfen, ob der Verstorbene zum Personenkreis der Spätaussiedler gehörte.

zu a):

Es kann auf weitere Ermittlungen verzichtet werden und die Spätaussiedlereigenschaft (und damit die FRG-Berechtigung) des Mannes aufgrund des vorhandenen Aufnahmebescheides und der darin enthaltenen Prognose bejaht werden.

(Für die FRG-Berechtigung der Frau bedarf es dagegen der formellen Spätaussiedlerbescheinigung.)

zu b):

Der Verstorbene ist kein Spätaussiedler (und damit kein FRG-Berechtigter), denn er hat das Herkunftsgebiet infolge seines Todes nicht mehr verlassen. Damit fehlt eine wesentliche Grundvoraussetzung.

Beispiel 3: Endzeitpunkt für die Anrechnung von FRG-Zeiten bei Wohnsitzwechsel innerhalb der Vertreibungsgebiete

(Beispiel zu Abschnitt 3.4.2)

Ein Versicherter war bis zum 15.06.1968 in der Tschechoslowakei beschäftigt. Am 01.07.1968 siedelt er nach Ungarn über und war dort bis zu seinem Zuzug nach Deutschland am 15.01.1987 weiterhin beschäftigt. Im Bundesgebiet ist er als Aussiedler im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG anerkannt worden.

Lösung:

Sowohl die Tschechoslowakei als auch Ungarn gehören zu den im § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten Staaten und sind insoweit als einheitliches Vertreibungsgebiet anzusehen. Endzeitpunkt für die Gleichstellung der FRG-Zeiten ist die Aussiedlung nach Deutschland. Es sind daher sämtliche bis zum 15.01.1987 zurückgelegten tschechoslowakischen und ungarischen Zeiten gleichgestellt.

Beispiel 4: Endzeitpunkt für die Anrechnung von FRG-Zeiten bei mehrfacher Vertreibung

(Beispiel zu Abschnitt 3.4.2)

Ein volksdeutscher Versicherter wurde am 15.10.1945 aus dem Sudetenland vertrieben und kehrte am 10.01.1952 in seine Heimat zurück. Am 03.02.1987 ist er (erneut) nach Deutschland zugezogen.

Lösung:

Der Versicherte ist nicht nur Vertriebener im Sinne von § 1 Abs. 1 BVFG, sondern gleichzeitig Aussiedler im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG, da er bis zum 31.03.1952 ins Herkunftsgebiet zurückgekehrt ist. Sämtliche bis zum letzten Vertreibungstatbestand am 03.02.1987 zurückgelegten Fremdzeiten sind daher gleichgestellt.

Beispiel 5: Endzeitpunkt für die Anrechnung von FRG-Zeiten bei ‘missglücktem Aussiedlungsversuch’

(Beispiel zu Abschnitt 3.4.2)

Eine aus Rumänien stammende Versicherte reiste am 04.09.1971 mit einem dreimonatigen Besuchsvisum ins Bundesgebiet. Während ihres Besuchs entschloss sie sich, hier zu bleiben und meldete sich am 29.09.1971 im Grenzdurchgangslager Friedland. Am 13.10.1971 wurde sie in ein Flüchtlingswohnheim eingewiesen und beantragte dort den Vertriebenenausweis.

Kurz darauf gab sie ihren Entschluss zum Verbleiben im Bundesgebiet auf und kehrte am 05.11.1971 wegen ihres in der Heimat verbliebenen Ehemannes nach Rumänien zurück.

Am 15.02.1983 siedelte sie endgültig ins Bundesgebiet aus. In dem am 13.04.1983 ausgestellten Vertriebenenausweis ist als Tag der ständigen Aufenthaltsnahme im Bundesgebiet der 04.09.1971 eingetragen.

Lösung:

Die Aufenthaltsnahme im Bundesgebiet am 04.09.1971 ist als ‘missglückter Aussiedlungsversuch’ anzusehen. Es sind daher sämtliche bis zur endgültigen Aussiedlung ins Bundesgebiet am 15.02.1983 zurückgelegten Fremdzeiten gleichgestellt. An den im Vertriebenenausweis eingetragenen Zeitpunkt ist der RV-Träger nicht gebunden.

Beispiel 6: Rückwirkung der Gleichstellung fremder Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 3.4.3)

Am 03.06.2001 kommt ein 70-Jähriger im Rahmen des Aufnahmeverfahrens aus Russland nach Deutschland und stellt sofort einen Rentenantrag. Am 14.09.2001 erhält er die Spätaussiedlerbescheinigung, woraufhin russische Beitragszeiten im Umfang von 30 Jahren nach § 15 FRG anerkannt werden.

Lösung:

Die Voraussetzungen für eine Regelaltersrente (Vollendung des 65. Lebensjahres und Erfüllung der allgemeinen Wartezeit) liegen nicht erst seit 03.06.2001 (Zeitpunkt der Spätaussiedlung) oder 14.09.2001 (Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung) vor, sondern bereits seit Vollendung des 65. Lebensjahres.

Rentenbeginn ist daher nicht erst der Folgemonat der Spätaussiedlung oder der Anerkennung, sondern aufgrund der Vorschrift des § 30 FRG der 03.06.2001 (Zuzugsdatum), weil die Voraussetzungen für den Rentenanspruch bereits lange vor dem Zuzugsmonat erfüllt sind.

Beispiel 7: Abgeleitete Hinterbliebenenrente

(Beispiel zu Abschnitt 7.1)

Ein Versicherter hat in Rumänien von 1960 bis 1980 Beitragszeiten zurückgelegt. Anschließend ist er nach Deutschland gekommen und als Vertriebener anerkannt worden. Er heiratete im Jahr 1985 eine Deutsche. Im Jahr 2002 verstirbt er; es ist über den Antrag auf Witwenrente zu entscheiden.

Lösung:

Für die Witwenrente können die rumänischen Beitragszeiten von 1960 bis 1980 berücksichtigt werden, denn der Versicherte war anerkannter Vertriebener und damit kann die Witwe einen abgeleiteten Anspruch nach § 1 Buchst. e FRG geltend machen.

Die Witwe muss keine weiteren Voraussetzungen erfüllen. Es ist daher unerheblich, dass sie keine Vertriebene ist und dass die Heirat erst nach der Vertreibung erfolgte.

Beispiel 8: Abgeleitete und eigenständige Hinterbliebenenrenten

(Beispiel zu Abschnitte 7.1 und 8.1)

Im Jahr 1999 zieht ein Ehepaar aus Kasachstan nach Deutschland.

Die Frau wird als Spätaussiedlerin nach § 4 BVFG anerkannt und erhält hier eine Altersrente aus FRG-Zeiten.

Der Mann wird nicht als Spätaussiedler anerkannt, sondern erlangt nur den Status als Ehegatte eines Spätaussiedlers nach § 7 Abs. 2 BVFG. Er hat daher in Deutschland keine (FRG-)Rentenansprüche aus seinen in der ehemaligen Sowjetunion beziehungsweise in Kasachstan zurückgelegten Zeiten.

Im Jahr 2001 verstirbt

  1. die Frau,
  2. der Mann.

Lösung:

Zu a)

Auch wenn der Mann kein Spätaussiedler ist, kann er als Hinterbliebener einer Spätaussiedlerin einen abgeleiteten Witwerrentenanspruch nach § 1 Buchst. e FRG erwerben, ohne dass er weitere Voraussetzungen erfüllen müsste.

Zu b)

Da der Mann selbst kein FRG-Berechtigter war, kann die Witwe keinen abgeleiteten Anspruch nach § 1 Buchst. e FRG erwerben.

Als anerkannte Spätaussiedlerin hat sie aber einen eigenständigen Hinterbliebenenrentenanspruch, so dass für ihre Witwenrente auch die von ihrem verstorbenen Ehemann in den Herkunftsgebieten zurückgelegten Zeiten nach dem FRG anerkannt werden können.

Bei einem Tod des Mannes ab 2002 würde § 14a FRG die Anrechnung der FRG-Zeiten allerdings verhindern.

Beispiel 9: Abgeleitete und eigenständige Hinterbliebenenrenten in Verbindung mit § 1 Buchst. b FRG

(Beispiel zu Abschnitte 7.1 und 8.2)

Ein Ehepaar ist 1968 nach dem ‘Prager Frühling’ aus der Tschechoslowakei nach Deutschland geflüchtet. Bis dahin haben sie folgende Beitragszeiten im Gebiet der Slowakei zurückgelegt:

  1. Mann: 1940 bis 1968 Frau: keine
  2. Mann: 1950 bis 1968 Frau: 1940 bis 1950

Im Jahr 1980 erwerben beide die deutsche Staatsangehörigkeit.

Seit 1985 erhielt der Mann eine Altersrente. Darin wurden berücksichtigt:

Im Fall a):

die in Deutschland nach 1968 zurückgelegten Zeiten sowie die (tschecho-)slowakischen Beitragszeiten, da der Versicherte alle Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG erfüllte.

Im Fall b):

nur die in Deutschland nach 1968 zurückgelegten Zeiten; die (tschecho-)slowakischen Zeiten konnten nicht berücksichtigt werden, weil der Versicherte vor Kriegsende noch keine Beitragszeiten zurückgelegt hatte.

Im Jahr 2001 verstirbt der Versicherte; es ist über den Witwenrentenantrag zu entscheiden.

Lösung:

Im Fall a):

können die slowakischen Beitragszeiten in der Witwenrente berücksichtigt werden.

Die Witwe hat sowohl einen abgeleiteten Anspruch (der verstorbene Versicherte erfüllte alle Voraussetzungen des § 1 Buchst. b FRG und die Witwe kann den slowakischen Versicherungsträger weiterhin nicht in Anspruch nehmen) als auch einen eigenständigen Anspruch (die Witwe ist Deutsche, nach Deutschland zugezogen und kann den slowakischen Versicherungsträger nicht in Anspruch nehmen, der verstorbene Versicherte hat den Vorkriegsbeitrag zurückgelegt). Im vorliegenden Beispiel ist auch ein Härtefall im Sinne von Art. 6 § 4 Abs. 1 S. 1 FANG gegeben, so dass die Nachkriegszeiten noch berücksichtigt werden können.

Im Fall b):

können die slowakischen Beitragszeiten in der Witwenrente nicht berücksichtigt werden.

Sowohl der abgeleitete als auch der eigenständige Anspruch scheitern daran, dass der Versicherte keinen Beitrag vor Kriegsende zurückgelegt hat. Dass die Witwe einen solchen Beitrag aufweisen kann, reicht (auch für den eigenständigen Anspruch auf Witwenrente) nicht aus.

Beispiel 10: Endzeitpunkt für die Anrechnung von FRG-Zeiten bei eigenständigen Hinterbliebenenrenten

(Beispiel zu Abschnitt 8.1)

Von einem getrennt lebenden Ehepaar siedelt die Frau am 06.07.1989 von Rumänien nach Deutschland aus und wird als Vertriebene anerkannt. Der Mann bleibt in Rumänien und legt dort weitere Beitragszeiten zurück. Im Jahr 2001 verstirbt er.

Lösung:

Die Witwe kann als anerkannte Vertriebene einen eigenständigen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach dem FRG geltend machen, auch wenn der Verstorbene weder FRG-Berechtigter war noch das Herkunftsland verlassen hat.

Die Gleichstellung der fremden (rumänischen) Zeiten ist jedoch auf die Zeit bis zur Aussiedlung der Witwe am 06.07.1989 beschränkt. Die anschließend bis zum Tode des Ehemannes zurückgelegten Zeiten können dagegen nicht mehr gleichgestellt werden.

Bei einem Tod des Mannes ab 2002 würde § 14a FRG die Anrechnung der FRG-Zeiten allerdings verhindern.

Beispiel 11: Endzeitpunkt der Anrechnung von FRG-Zeiten für Umsiedler

(Beispiel zu Abschnitt 3.4.2)

Ein Mann wurde als Kind aus Litauen umgesiedelt.

Im weiteren Verlauf wurde er in Kasachstan angesiedelt.

Dort hat er im Zeitraum von 1952 bis 1995 gearbeitet.

Am 01.09.2004 kommt er nach Deutschland.

Er legt mit dem Rentenantrag eine Vertriebenenbescheinigung nach § 100 Abs. 2 BVFG vor, in der seine Eigenschaft als Vertriebener bestätigt wird.

Eine Spätaussiedlerbescheinigung kann er jedoch nicht vorlegen.

Es ist über die von 1952 bis 1995 zurückgelegten Zeiten zu entscheiden.

Lösung:

Als Vertreibung kann nur die Umsiedlung Berücksichtigung finden. Sie stellt auch den Endzeitpunkt der Anrechenbarkeit von FRG-Zeiten dar.

Die Personenkreiszugehörigkeit des § 1 Buchst. a FRG liegt zwar vor, jedoch können FRG-Zeiten damit nur bis zu dem maßgeblichen Vertreibungssachverhalt ‘Umsiedlung’ anerkannt werden.

Die FRG-Berechtigung auf Grund der Anerkennung als Vertriebener nach § 1 Abs. 2 BVFG geht hier ins Leere.

Die kasachischen Beitragszeiten können nach dem FRG nicht angerechnet werden.

Beispiel 12: Endzeitpunkt der Anrechnung von FRG-Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 3.4.2)

Ein Mann wurde als Kind in das dem deutschen Reich eingegliederte Wartheland umgesiedelt.

Nach dem Ende des Krieges wurde er in Kasachstan angesiedelt.

Dort hat er von 1962 bis 2005 eine Beschäftigung ausgeübt.

Innerhalb von zwölf Monaten nach seiner Einreise nach Deutschland stellt dieser Mann, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, einen Rentenantrag. Er legt unter anderem eine Vertriebenenbescheinigung nach § 100 Abs. 2 BVFG vor, die seine Eigenschaft als Umsiedler bestätigt.

Eine Spätaussiedlerbescheinigung besitzt er nicht.

Es ist über die von 1962 bis 2005 zurückgelegten Zeiten zu entscheiden.

Lösung:

Dem Antragsteller ist zu empfehlen, beim Bundesverwaltungssamt unverzüglich die Erteilung eines Aufnahmebescheides und damit die Anerkennung als Spätaussiedler zu beantragen.

Wird er als Spätaussiedler anerkannt, können - anders als in Beispiel 11 - alle vor dem Zuzug nach Deutschland zurückgelegten Zeiten nach dem FRG berücksichtigt werden.

KfbG - Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21.12.1992 (BGBl. I Seite 2094)

Inkrafttreten: 01.01.1993

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/3212, Seite 34

Als Folge der Veränderungen im Vertriebenenrecht wurde der ursprünglich nur die anerkannten Vertriebenen umfassende Buchstabe a um den neu geschaffenen Personenkreis der Spätaussiedler erweitert.

RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I Seite 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 197/91, Seite 160, 186

Mit dem RÜG wurde der Geltungsbereich des FRG und damit sein § 1 auf das Beitrittsgebiet ausgedehnt. Gleichzeitig wurde eine redaktionelle Änderung (Bezeichnung der Bundesrepublik Deutschland) vorgenommen.

RVÄndG - Rentenversicherungs-Änderungsgesetz vom 09.06.1965 (BGBl. I Seite 476)

Inkrafttreten: 01.07.1965

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache zu 4/3233, Seite 8

Der ursprünglich im Buchstabe b enthaltene Zuzugsstichtag ‘bis zum 31.12.1952’ wurde ersatzlos gestrichen. Damit konnten auch die Personen Ansprüche nach § 1 Buchst. b FRG erwerben, die erst danach das Herkunftsgebiet verlassen und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland genommen hatten.

FRG - Fremdrentengesetz
(Art. 1 - FANG - Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz)
vom 25.02.1960 (BGBl. I Seite 93)

Inkrafttreten: 01.01.1959 (in den neuen Bundesländern: 01.01.1992)

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 3/1109, Seite 36/37 und zu 3/1532, Seite 1/2

§ 1 FRG ist gemeinsam mit dem gesamten FRG in Kraft getreten, das das zuvor geltende Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz (FAG) ablöste. Die heute geltende Vorschrift des § 1 FRG unterscheidet sich nur unwesentlich von der ursprünglichen Fassung. In der Zwischenzeit hat es nur die oben genannten Änderungen gegeben.

Anlage 1Satzung beziehungsweise Statut der IRO

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 1 FRG