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GS 1/79

Gründe I.

1. Die Klägerin heiratete 1932 in P., Tschechoslowakei, den O. L. Die Ehe wurde 1947 aus dem Verschulden des Ehemannes geschieden. Beide Eheleute besaßen zu jener Zeit die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit. Die Klägerin und O. L. schlossen anläßlich der Ehescheidung einen außergerichtlichen Unterhaltsvergleich, wonach O. L. der Klägerin lebenslang eine Unterhaltsrente von monatlich 3.000,00 tschechischen Kronen zu zahlen und ein Wohnrecht in seinem Haus zu gewähren hatte. Unterhaltsleistungen hieraus erhielt die Klägerin bis Mai 1949.

Im Februar 1948 heiratete O. L. die Beigeladene und wanderte mit ihr nach Ecuador aus. Er hatte bis zur Auswanderung in der Tschechoslowakei als kaufmännischer Angestellter eine Beitragszeit von mehr als 60 Kalendermonaten zurückgelegt. Im Oktober 1966 starb O. L. als ecuadorianischer Staatsangehöriger in Ecuador; die Beigeladene lebt noch in Ecuador. Die Klägerin lebt seit 1961 in der Bundesrepublik Deutschland. Sie besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und ist als Vertriebene anerkannt.

Den Antrag der Klägerin auf Hinterbliebenenrente nach § 42 AVG lehnte die Beklagte ab. Die Klage hiergegen hat das SG abgewiesen. Das LSG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin vom 01.07.1972 an Hinterbliebenenrente aus der Versicherung des O. L. zu gewähren.

2. Der 11. Senat des BSG hat mit Beschluß vom 31.01.1979 - 11 RA 29/78 - dem GrS des BSG unter Berufung auf § 43 SGG folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt.

„Kann ein Hinterbliebener ein Recht auf Hinterbliebenenleistungen nach § 1 Buchst. a) i.V.m. § 14, 15 (und ggf. 16) Fremdrentengesetz auch dann haben, wenn nur der Hinterbliebene als Vertriebener anerkannt ist, der Versicherte aber keine der Voraussetzungen des § 1 Fremdrentengesetz erfüllt und er auch nicht schon vor der Vertreibung des Hinterbliebenen verstorben ist?“

Zur Begründung hat der 11. Senat im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die vorgelegte Frage sei von grundsätzlicher Bedeutung. Ihre Beantwortung kläre die Rechtsstellung vieler Hinterbliebener einschließlich von Spätaussiedlern. Sie bedürfe deshalb der Entscheidung des GrS sowohl zur Fortbildung des Rechts als auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Nach der Rechtsprechung des BSG sei es anerkannt, daß vertriebene Hinterbliebene auch dann ein Recht auf Hinterbliebenenleistungen hätten, wenn derjenige, von dem sie dieses Recht ableiteten (der „Versicherte“), selbst nicht Vertriebener sei. In bezug auf die Anrechnung von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG sei dabei allerdings - mehr oder weniger eindeutig - zum Teil die Einschränkung betont worden, daß der Versicherte schon vor der Vertreibung gestorben ist. Der 11. Senat habe die Rechtsprechung über ein eigenständiges Recht der als Vertriebene anerkannten Hinterbliebenen für Ersatzzeiten fortgesetzt (Urteil vom 17.03.1967 - 11 RA 292/65 - und BSGE 36, 255), wobei es sich ebenfalls um Fälle gehandelt habe, in denen der Versicherte bereits vor der Vertreibung der Hinterbliebenen im Vertreibungsgebiet verstorben gewesen sei. Im Urteil vom 19.03.1976 (BSGE 41, 257) habe er allerdings für einen Fall, in dem der Versicherte erst Jahre danach im Vertreibungsgebiet gestorben sei, entschieden, daß die von dem Versicherten nach der Vertreibung der Hinterbliebenen im Ausland zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach §§ 15 und 16 FRG nicht berücksichtigt werden könnten. Demgegenüber habe der 4. Senat in einem Fall, in dem der Versicherte nach der Vertreibung und Übersiedlung ins Bundesgebiet verstorben und nur seine Ehefrau als Vertriebene anerkannt worden war, die Beschäftigungszeiten dieses Versicherten im Vertreibungsgebiet nicht gemäß § 16 FRG bei der Witwenrente berücksichtigt, weil die bisherige Auslegung des § 16 FRG durch das BSG nur gerechtfertigt sei, wenn der Beschäftigte ohne den vorzeitigen Tod eine Vertreibung erlitten hätte (Urteil vom 23.03.1977 - SozR 5050 § 16 Nr. 10). Danach ließen sich unterschiedliche Grundlinien und Tendenzen im Hinblick auf die vorgelegte Rechtsfrage erkennen. Gehöre nur der Hinterbliebene, nicht aber der Versicherte zum Personenkreis des § 1 Buchst. a bis d FRG, solle der Hinterbliebene nach der einen Richtung offenbar nur dann Hinterbliebenenleistungen erhalten können, wenn der Versicherte schon vor der Vertreibung der Hinterbliebenen gestorben sei und ohne den Tod dem Personenkreis des § 1 Buchst. a bis d FRG angehört hätte. Die andere Richtung billige den Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen ohne Rücksicht darauf zu, wann der Versicherte gestorben und aus welchen Gründen er nicht Berechtigter nach § 1 Buchst. a bis d FRG geworden sei. Der 11. Senat möchte der letzteren Richtung folgen. Er hält sich hieran nicht für gehindert durch die o.a. Entscheidung des 4. Senats vom 23.03.1977, weil sich diese auf Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG bezogen und auf die Auslegung jener Vorschrift beschränkt habe. Hier gehe es dagegen um Beitragszeiten nach § 15 FRG. Auch bei Bejahung seiner Vorlagefrage sei es nicht ausgeschlossen, in dem Sonderfall des § 16 FRG Beschäftigungszeiten nur unter den vom 4. Senat dargelegten Voraussetzungen anzurechnen. Er habe deshalb die Vorlage nicht auf § 42, sondern auf § 43 SGG gestützt.

Gründe II.

1. Die Besetzung der Richterbank, die vorab von Amts wegen zu prüfen ist (BSGE 30, 167, 169; 41, 41, 42), richtet sich nach dem vom 11. Senat angegebenen Anrufungsgrund (§ 43 i.V.m. § 41 Abs. 5 Satz 2 zweite Alternative SGG).

Zwar wäre der vom 11. Senat angegebene Anrufungsgrund nach § 43 SGG dann nicht maßgeblich für die Besetzung der Richterbank, wenn es sich in Wahrheit um eine Divergenz-Anrufung nach § 42 SGG handeln würde; denn diese ginge der Anrufung nach § 43 SGG vor (BSGE 30, 167, 170; 44, 151, 153). So ist es hier jedoch nicht.

Der GrS ist nach § 42 SGG anzurufen, wenn ein Senat des BSG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des GrS abweichen will. Es kommt also darauf an, ob die Vorlage eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage aufwirft, zu der bereits eine Entscheidung eines anderen Senats vorliegt, von der der vorlegende Senat abweichen will. In Betracht kommt hier die Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 23.3.1977 - 4 RJ 121/75 - (BSGE 43, 224 = SozR 5050 § 16 Nr. 10), wonach Beschäftigungszeiten des Versicherten nach § 16 FRG bei der Witwenrente nicht zu berücksichtigen sind, wenn jener erst nach Übersiedlung in das Bundesgebiet verstorben ist und dort nur seine Ehefrau (die spätere Witwe) als Vertriebene anerkannt worden war.

Der 11. Senat will nicht i.S. von § 42 SGG in dieser Rechtsfrage von der Entscheidung des 4. Senats abweichen. Dafür wäre einerseits Identität zwischen der vom 4. Senat entschiedenen Rechtsfrage mit der von der Vorlage aufgeworfenen Rechtsfrage in dem Sinne erforderlich, daß (schon) bei einer sich an dem Vorlagebeschluß und den bisherigen Entscheidungen orientierenden, im Rahmen der Besetzungsfrage noch nicht erschöpfenden Prüfung nur eine einheitliche Entscheidung möglich erschiene, andererseits die aus der Vorlage ersichtliche Entschlossenheit des 11. Senats, in dieser Rechtsfrage die Preisgabe der Rechtsprechung des 4. Senats zu erreichen (BSGE 30, 167, 169; 44, 151, 153). Der GrS hält diese Voraussetzungen hier nicht für gegeben.

Die Vorlage des 11. Senats betrifft die Berücksichtigung von Beitragszeiten (§ 15 FRG). Trotz des im Tenor des Vorlagebeschlusses enthaltenen Klammerzusatzes „(und ggf. § 16)“ wird dies aus der Beschlußbegründung deutlich. Eine Vorlage mit dem Ziel der Auslegung von § 16 FRG wäre auch unzulässig gewesen, weil die Anwendung dieser Vorschrift für die Entscheidung über die Revision der beklagten BfA nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt nicht erheblich ist. Gleichwohl könnte es sich in beiden Fällen um dieselbe Rechtsfrage i.S. von § 42 SGG handeln, wenn - wie schon gesagt - dazu nur eine einheitliche Entscheidung möglich wäre. Denn Identität zwischen zwei Rechtsfragen in diesem Sinne erfordert nicht, daß sie in derselben Rechtsnorm geregelt sind (BSGE 29, 225, 229; Meyer-Ladewig, Sozialgeldgesetz, Anm. 4 zu § 42; Peters / Sautter / Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm. zu § 42, jeweils m.w.N.).

Die Frage der Identität läßt sich vom Norminhalt der §§ 15 und 16 FRG nicht ohne weiteres mit ja oder nein beantworten. Ein Unterschied zwischen beiden Vorschriften besteht neben tatbestandlichen Verschiedenheiten jedenfalls darin, daß § 15 FRG die Berücksichtigung ausländischer Beitragszeiten, § 16 FRG dagegen ausländische Beschäftigungszeiten betrifft. Zeiten, die bereits als Beitragszeiten nach § 15 FRG gelten, scheiden bei der Anwendung des § 16 FRG aus (vgl. § 16 Satz 1 FRG „... soweit sie nicht mit einer Beitragszeit zusammenfällt“; ferner Jantz / Zweng / Eicher, Das neue Fremdrenten- und Auslandsrentenrecht, 2. Aufl., § 16 FRG Anm. 9; Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz, 1978, § 16 Anm. 6 - § 180/3 - m.w.N.; vgl. auch BSGE 20, 282, 292).

Auch nach der Begrenzung der Fragestellung aus dem konkreten Sachverhalt, die für die Beurteilung heranzuziehen ist, ob „dieselbe“ Rechtsfrage i.S. von § 42 SGG vorliegt (BSGE 29, 225, 228), sind unterschiedliche rechtliche Schlußfolgerungen möglich. Den Sachverhalten des Ausgangsverfahrens und der Entscheidung des 4. Senats vom 23.03.1977 nach geht es zwar jeweils um die Anrechnung von für den Witwenrentenanspruch relevanten Auslandszeiten eines Versicherten, der erst nach der Vertreibung der Hinterbliebenen außerhalb des Vertreibungsgebietes verstorben ist. Ein tatsächlicher Unterschied besteht jedoch - wie schon ausgeführt wurde - bereits in dem rechtlichen Charakter, der den zu berücksichtigenden Zeiten im Herkunftsland zukam. §§ 15 und 16 FRG haben zudem einen unterschiedlichen dogmatischen Hintergrund: Während die Berücksichtigung von Beitragszeiten nach § 15 FRG (immer noch) mit dem Grundsatz der Entschädigung für verlustig gegangene Selbstvorsorge gerechtfertigt wird (vgl. Merkle / Michel, Komm. zum Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz, 3. Aufl., Allg. Einführung unter C II, ferner § 16 Anm. 1), verwirklicht § 16 FRG ganz deutlich die mit dieser Neuregelung verfolgte Eingliederung der Vertriebenen (vgl. BT-Drucks. 1109, 3. Wahlperiode, Begründung zu § 16 - § 40 -). In Rechtsprechung und Literatur wird deshalb auch davon ausgegangen, daß zwischen dem Geltungsbereich des § 15 und dem des § 16 FRG erhebliche Unterschiede bestehen (vgl. BSGE 40, 292, 294 ff.; Schroeter / Kintzel in RVO-Gesamt-Komm., FANG, Art. 1 § 16 FRG, Anm. 2 - Erg. Lfg. Dez. 1974 -; Merkle / Michel, a.a.O., § 16 FRG Anm. 1; Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., § 16 Anm. 8 und 9).

Es läßt sich zwar nicht verkennen, daß beide Vorschriften in einem engen sachlichen und rechtlichen Zusammenhang stehen. Das ist nach der Rechtsprechung des GrS allein jedoch nicht ausreichend für die Bejahung einer Divergenz nach § 42 SGG (vgl. BSGE 29, 225, 229). Jedenfalls kann weder vom Norminhalt der §§ 15 und 16 FRG noch von der sachverhaltlichen Begrenzung der Fragestellung her ohne weiteres der Schluß gezogen werden, es handele sich um gleiche Rechtsfragen i.S. von § 42 SGG. Unterschiedliche Auffassungen hierzu sind objektiv vertretbar.

In dieser Situation gewinnt die Auffassung des vorlegenden Senats eine entscheidende Bedeutung (vgl. GrS in BSGE 44, 151, 153). In der Begründung der Vorlage deutet der 11. Senat zwar an, daß zu § 16 FRG eine Auslegung denkbar sei, die seiner Auffassung zu § 15 entspreche; anschließend daran stellt der 11. Senat jedoch ausdrücklich fest, daß eine unterschiedliche Auslegung der in Rede stehenden Sachverhalte für § 15 und § 16 FRG von Rechts wegen nicht ausgeschlossen sei und daß zu § 16 FRG der Auffassung des 4. Senats gefolgt werden könnte. Damit hat er mit aller Deutlichkeit zu erkennen gegeben, daß es ihm in diesem Verfahren grundsätzlich nur um den Anwendungsbereich des § 15 FRG geht und daß er zwischen diesem und dem Anwendungsbereich von § 16 FRG keine Verknüpfung derart sieht, daß zu dem von der Vorlage gekennzeichneten Sachverhalt insoweit nur eine einheitliche Auslegung möglich sei, es sich mithin um ein und dieselbe Rechtsfrage i.S. von § 42 SGG handele. Ebenso muß übrigens die Entscheidung des 4. Senats vom 23.03.1977 (a.a.O.) verstanden werden ...

Die dargestellte Auffassung des 11. Senats, die mit der des 4. Senats übereinstimmt, über die i.S. von § 42 SGG fehlende Identität zwischen §§ 15 und 16 FRG ist in Anbetracht der schon erwähnten Verschiedenheiten beider Normen trotz ihres Sachzusammenhangs objektiv vertretbar. Es sind erst recht keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß sie mißbräuchlich oder auch nur willkürlich wäre. In einem solchen rechtlichen Zweifelsfall muß der GrS bei der Beurteilung der Frage nach dem Inhalt der Rechtsfrage i.S. von § 42 SGG als Voraussetzung für seine Entscheidung, über die Besetzung der Richterbank von der Auffassung des vorlegenden Senats ausgehen, jedenfalls dann, wenn die Vorlage nach dem in dem Vorlagebeschluß dokumentierten Willen des vorlegenden Senats nicht zum Ziel hat, die erwünschte Entscheidung mit Regelungswirkung auf den Inhalt der von einem anderen Senat für eine andere Norm entschiedenen Rechtsfrage auszudehnen.

Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden. Die Vorlage des 11. Senats betrifft - wie schon ausgeführt - die Auslegung des § 15 FRG. Selbst wenn er dabei Zweifel an der Rechtsauffassung des 4. Senats zu § 16 FRG geäußert haben mag, dokumentiert dies - wie die Begründung zeigt - noch nicht seine für die Beurteilung des Vorlagecharakters maßgebliche Entschlossenheit, hiervon abzuweichen, oder die auf eine Preisgabe der Rechtsprechung des 4. Senats zu § 16 FRG gerichtete Absicht seiner Vorlage. Das wäre aber für die Umdeutung der Vorlage vom Ziel und Inhalt her in eine Divergenz-Anrufung nach § 42 SGG erforderlich (GrS in BSGE 30, 167, 169 ff., 44, 151, 153).

Nach allem beurteilt sich die Besetzung der Richterbank nach dem vom 11. Senat bezeichneten Anrufungsgrund i.S. von § 43 SGG ...

2. Die Vorlage ist zulässig.

Die Entscheidung über die Revision der Beklagten hängt von der Beantwortung der gestellten Fragen ab (BSGE 41, 41, 43), denn der Bestand des Rentenanspruchs der Klägerin setzt u.a. voraus, daß ihr die von O. L. im Vertreibungsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach Maßgabe des § 15 FRG zugerechnet werden. Verneinendenfalls fehlte es nach dem festgestellten Sachverhalt bereits an der Erfüllung der Wartezeit nach § 40 Abs. 2 AVG (§ 14 FRG). Dem 11. Senat ist ferner darin zuzustimmen, daß es für die Entscheidung erheblich ist, ob die Klägerin zum Personenkreis nach § 1, Buchst. a FRG gehört. Fiele sie lediglich unter die Berechtigten nach § 1 Buchst. e FRG (Hinterbliebene einer der in Buchst. a bis d genannten Personen bezüglich der Gewährung von Leistungen an Hinterbliebene), wie es das LSG angenommen hat, so stünde ihr ein Anspruch nicht zu, weil O. L. nicht zum Kreis der nach § 1 Buchst. a bis d FRG Berechtigten gehört hat.

Zu den Voraussetzungen des § 42 AVG für den Anspruch auf Hinterbliebenenwitwenrente bedarf es im Rahmen der Erheblichkeit der vorgelegten Frage keiner Erörterung, ob der Auffassung des LSG - deutsches Unterhaltsrecht - oder der im Vorlagebeschluß beschriebenen Auffassung des 11. Senats- tschechoslowakisches Unterhaltsrecht - zu folgen ist. Für beide Meinungen zu diesem von der Vorlagefrage nicht erfaßten Teilrechtskomplex kommt es auf die Beantwortung der Vorlagefrage an. Denn die davon abhängige Frage nach der Erfüllung der Wartezeit zugunsten der Klägerin ist für beide Auffassungen vorgreiflich. Im übrigen handelt es sich hierbei um Vorfragen der Vorlage, bei denen der GrS grundsätzlich von der Auffassung des vorlegenden Senats auszugehen hat (vgl. dazu Beschluß des GmSOGB vom 30.4.1979 - GmS-OBG 1/78 -).

Die vorgelegten Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 43 SGG, denn sie sind auch künftig noch von weittragender Bedeutung für das gesamte Fremdrentenrecht, wie die vom 11. Senat zutreffend dargestellte Diskussion hierüber in Rechtsprechung und Literatur zeigt.

Soweit es schließlich die weitere Voraussetzung des § 43 SGG anbelangt, daß die Vorlage der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dienen muß, kommt es nach der Rechtsprechung des GrS allein auf die Auffassung des vorlegenden Senats an (BSGE 41, 41, 43 m.w.N.). Der 11. Senat hat beide Bedingungen bejaht.

Gründe III.

Der GrS bejaht die ihm vom 11. Senat vorgelegte Frage.

1. Die Klägerin gehört zu dem Personenkreis der Berechtigten nach § 1 Buchst. a FRG.

Nach § 1 Buchst. a FRG findet das FRG - mit Ausnahme der §§ 5 Abs. 4 und 17 - Anwendung auf Vertriebene i.S. des § 1 BVFG, die als solche im Geltungsbereich des FRG anerkannt sind. Diese Umstände treffen auf die Klägerin zu. Sie ist Vertriebene i.S. von § 1 BVFG und als solche im Bundesgebiet anerkannt (zur Wirkung der - hier nicht streitigen - Anerkennung vgl. Merkle / Michel, a.a.O., § 1 Anm. 3; Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., § 1 Anm. 4; Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., § 1 Anm. 3). Für ihre Berechtigung aus § 1 Buchst. a FRG ist es unerheblich, daß der verstorbene O. L. selbst nicht als Vertriebener anerkannt worden ist. Daß diese Auslegung des § 1 Buchst. a FRG, die bereits aus dem Wortlaut folgt, auch der Absicht des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich aus den Motiven (vgl. BT-Drucks. 1109, 3. Wahlperiode, Begründung zu § 1 FRG - S. 37 -). Sie entspricht dem Sinn des das FRG beherrschenden Eingliederungsgedankens und wird - soweit ersichtlich - von der Rechtsprechung des BSG und von der Literatur einheitlich in dieser Weise beantwortet (vgl. insbesondere BSGE 24, 251 = SozR Nr. 6 zu § 16 FRG und BSGE 36,235, 256 ff. = SozR Nr. 72 zu § 1231 RVO; aber auch: BSGE 41, 257, 258 ff.; 43; 224, 225; Urteile vom 01.12.1966 - 4 RJ 457/66 =  ZfS 1967, 245, vom 28.02.1967 - 4 RJ 407/65 = VdK Mitt. 1967, 211 = Praxis 1967, 324, vom 17.03.1967 - 11 RA 292/65 -, vom 21.09.1971 - 12/11 RA 68/70 -; ferner: Schroeter / Kintzel, a.a.O., FRG § 1 Anm. 12 - Erg.Lfg. März 1973 -, Verb.-Komm., Bd. III, FRG § 1 Anm. 15 - 16. Erg.Lfg.; Merkle/Michel, a.a.O., FRG § 1 Anm. 12 Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., § 1 Anm. 15; Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., § 1 Anm. 3; Bergner in SozVers. 1974,171; Ludwig in SozVers. 1976,36; Jahn in der Anm. zu BSGE 43, 224 in SGb 1978, 35).

2. Die Einbeziehung der Hinterbliebenen in den Regelungsbereich des FRG sollte, wie die historische Entwicklung beweist, diesem Personenkreis eine eigenständige Berechtigung auf Hinterbliebenenleistungen verschaffen. Das FRG ist als Art. 1 des FANG vom 25.02.1960 (BGBl. I 93) am 01.01.1959 in Kraft getreten (Art. 7 § 3 Abs. 1 Satz 1 FANG). Gleichzeitig trat das bis dahin geltende FAG vom 07.08.1953 (BGBl. I 848) - von wenigen Ausnahmen abgesehen - außer Kraft (Art. 7 § 3 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 und 3 FANG). Das FAG in seiner ursprünglichen Fassung vom 07.08.1953 (BGBl. I 848) sah bereits die Gewährleistung von Hinterbliebenenansprüchen vor. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 FAG stand der Leistungsanspruch nach Abs. 1 zu u.a. Personen „der nachstehend unter den Buchstaben a bis d bezeichneten Art, die in einer gesetzlichen Unfallversicherung oder in einer gesetzlichen Rentenversicherung bei einem nicht deutschen Versicherungsträger versichert waren, sowie Hinterbliebenen solcher Versicherten“.

Diese Regelung erwies sich als nachteilig für die Hinterbliebenen von solchen Volksdeutschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die wegen vorzeitigen Todes aus ihren früheren Wohngebieten (Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien u.a.) nach 1945 nicht mehr in die Bundesrepublik gelangen und die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben konnten. Diese Hinterbliebenen erhielten wegen ihres nur abgeleiteten Rechts keine Leistungen. Das Zweite Gesetz zur Änderung des FAG vom 04.09.1956 (BGBl. I 767) änderte deshalb die bezeichnete Regelung ab. § 1 Abs. 2 Nr. 2 FAG erhielt folgende Fassung:

„2. Personen, die in einer gesetzlichen Unfallversicherung oder in einer gesetzlichen Rentenversicherung bei einem nicht deutschen Versicherungsträger versichert waren, sowie Hinterbliebene solcher Versicherter, sofern die Leistungsberechtigten sind:

a)Deutsche ...
b)frühere deutsche Staatsangehörige ...
c)heimatlose Ausländer ...“

Beachtlich an dieser Neuregelung ist, daß Hinterbliebene hierdurch unmittelbar in den Kreis der eigenständig Berechtigten einbezogen wurden, sie wurden wie jene als „die Leistungsberechtigten“ bezeichnet. Im Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik ist als Begründung für diese Gesetzesänderung u.a. ausgeführt (vgl. zu BT-Drucks. 2487, 2. Wahlperiode):

„Die Nichtanerkennung von Ansprüchen Hinterbliebener in solchen Fällen“ (Anm.: gemeint ist die bisherige Regelung), „zu der die Versicherungsträger im Bundesgebiet erst in letzter Zeit übergegangen sind, ist unhaltbar. Sie entspricht nicht der grundsätzlichen Anerkennung solcher Ansprüche, die in § 90 des Bundesvertriebenengesetzes ausgesprochen ist, und zu deren Durchführung das Fremdrentengesetz erlassen wurde. Es lag auch weder in der Absicht der Bundesregierung noch des Sozialpolitischen Ausschusses des 1. Bundestages, Hinterbliebene aus den vorgenannten Vertreibungsgebieten schlechter zu stellen als solche aus den übrigen deutschen Ostgebieten.

Die im interfraktionellen Antrag - Drucksache 2301 - vorgeschlagene und vom Sozialpolitischen Ausschuß gebilligte Neufassung, welche dem Hohen Hause als Drucksache 2487 vorliegt, trägt durch die Änderung des § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Fremdrentengesetzes dem Rechnung. In Zukunft soll es genügen, wenn eine Witwe oder eine Waise eines auch in den vorgenannten Vertreibungsgebieten gewesenen Mannes die im Gesetz vorgesehene Voraussetzung, Deutscher nach Art. 116 des Grundgesetzes zu sein, in ihrer Person erfüllen.

Die Systematik dieser Regelung wurde in § 1 Buchst. a FRG beibehalten. Zur Begründung des Regierungsentwurfs wird hierzu u.a. ausgeführt (vgl. BT-Drucks. 1109, 3. Wahlperiode, Teil B, zu § 1 - § 37 -):

„Buchstabe a beschränkt sich auf die Vertriebenen im Sinne des § 1 BVFG, die als solche im Bundesgebiet oder im Land Berlin anerkannt sind. Die Flüchtlinge und Zuwanderer aus der sowjetisch besetzten Zone und dem sowjetisch besetzten Sektor von Berlin sind durch § 5 Abs. 4 und § 17 Abs. 1 Buchstabe a erfaßt. In Buchstabe a sind auch die Hinterbliebenen solcher Personen erfaßt, die keine Vertriebenen sind, unter der Voraussetzung, daß die Hinterbliebenen selbst dem Personenkreis der Vertriebenen angehören. In Buchstabe d, (Anm.: dem heutigen Buchstaben e) sind dagegen die Hinterbliebenen angesprochen, die selbst nicht unter den Personenkreis der Buchstaben a bis c fallen.“

Aus dieser Entwicklung ergibt sich mit großer Deutlichkeit, daß der Gesetzgeber aus den Besonderheiten der hier unzutreffenden Lebensschicksale und auf der Grundlage der von ihm deshalb - aber auch aus allgemeinen sozialpolitischen Erwägungen - für erforderlich gehaltenen Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen ein Bedürfnis anerkannt hat, Hinterbliebenen in ihrer Rechtsposition zur Rentenversicherung eine dem „Versicherten“ selbst zustehende Gleichrangigkeit einzuräumen, wenn sie selbst jenem Personenkreis zuzurechnen sind. Sie erhalten ein eigenes Guthaben von Versicherungszeiten, das auch als originäres Leistungsrecht bezeichnet wird (so Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., § 1 Anm. 2). Damit wurde aber gleichzeitig der im Rentenrecht sonst vorherrschende Grundsatz mindestens partiell verlassen, daß das Hinterbliebenenrecht grundsätzlich (nur) ein von dem Versichertenrecht abgeleiteter Anspruch sein könne.

3. Die eigenständige Berechtigung Hinterbliebener als ein wesentlicher Maßstab für die Beantwortung der Vorlagefrage wird auch aus der Grundkonzeption des FRG deutlich. Dem FAG und dem FRG liegen dogmatisch und konzeptionell ganz verschiedene Intentionen zugrunde. Das FAG ging wie seine Vorläuferregelungen (vgl. die Darstellung bei Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., 2. Aufl. Einführung S. 3 ff.) von dem Gedanken der Entschädigung bzw. Ersatzleistung für nicht mehr realisierbare Ansprüche Vertriebener und Flüchtlinge gegen ursprünglich verpflichtete deutsche oder ausländische Versicherungsträger aus, indem es ihnen einen Anspruch gegen einen Versicherungsträger im Bundesgebiet gab. Der „neue“ Versicherungsträger sollte dabei grundsätzlich nur in dem Umfang leistungspflichtig sein, in dem eine Verpflichtung aufgrund Anspruchs oder Anwartschaftserwerbs gegen den früheren Versicherungsträger bestanden hatte (vgl. §§ 1, 4 FAG).

An die Stelle dieses Gedankens der Entschädigung setzte das FRG, nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Inhalt seiner Normen den Gedanken der Eingliederung der Vertriebenen und Flüchtlinge in die neue Heimat. Programmatisch folgte es damit dem Auftrag aus § 90 BVFG. Bestimmend dafür war jedoch ferner die Nichtvergleichbarkeit der in verschiedenen Gebieten des Auslands erworbenen Rechte mit den Rechten einheimischer Versicherter und die auch unter Entschädigungsgesichtspunkten nicht vermeidbare Notwendigkeit von Korrekturen dieser Unterschiede mit den damit verbundenen Schwierigkeiten. Darüber hinaus verlangte die Anpassung des Fremdrenten- und Auslandsrentenrechts an die Rentenreform von 1957 - (ein Ziel, das sich der Gesetzgeber bereits bei Erlaß der Rentenneuregelungsgesetze gestellt hatte - vgl. Art. 2 § 43 ArVNG; Art. 2 § 42 AnVNG - ) - eine mit dem bisherigen Rechtszustand nicht mehr in Einklang zu bringende Verwirklichung von Grundsätzen der Rentenneuordnung in jenem Bereich (vgl. dazu den Allgemeinen Teil der Begründung zum Entw. des FANG, BT-Drucks. 1109, 3. Wahlperiode - S. 35 ff. -; s. auch Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., Einführung S. XIII ff., Merkle / Michel, a.a.O., Allgemeine Einführung, C II; Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., Einführung S. E 2 ff.). Die beabsichtigte und durchgeführte Eingliederung hat im Prinzip zum Inhalt, daß die sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche des berechtigten Personenkreises so behandelt werden, als ob die Vertriebenen und Flüchtlinge ihr Arbeits- und Versicherungsleben in Deutschland zurückgelegt hätten (vgl. BT-Drucks. 1109 a.a.O. S. 36). Diese als tatbestandliche Fiktion normierte rechtliche Gleichstellung mit den inländischen Versicherten hat jedoch eine eigene Gestalt behalten. Einmal bewirkt sie zwar die Unterwerfung der Rechtsansprüche von Vertriebenen und Flüchtlingen aus Zeiten vor der Vertreibung und Flucht unter das allgemein geltende Recht (für die Rentenversicherung vgl. § 14 FRG). Zum anderen konnten Besonderheiten aus den gegenüber inländischen Versicherten exzeptionell verschiedenen Lebenssachverhalten nicht völlig vernachlässigt werden. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Art. 2 § 52 ArVNG, der die Eingliederung ehemals selbständiger Vertriebener in das Rentenversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland zum Inhalt hat (BSG SozR Nr. 13 zu Art. 2 § 52 ArVNG).

Die dem Eingliederungsgedanken folgenden Regelungen des FRG schaffen deshalb eine dem Inländer vergleichbare Rechtsposition; diese kann zwar wegen der typisch abweichenden Eigenarten der Lebensschicksale von Vertriebenen und Flüchtlingen nicht völlig identisch mit der von Inländern sein. Jedoch müssen aus den dargestellten Grundzügen des FRG bei der Beurteilung von Inhalt und Umfang jedes Einzelrechts, hier im besonderen der Ansprüche von Hinterbliebenen aus Versicherungszeiten des Verstorbenen im Ausland Folgerungen gezogen werden, die zur Bejahung der Vorlagefrage führen.

4. Ausgehend von einem eigenständigen Guthaben an Versicherungszeiten bei dem nach § 1 Buchst. a FRG berechtigten Hinterbliebenen gibt § 15 FRG keinen Anhalt, Beitragszeiten des Versicherten bei Hinterbliebenenrechten nicht zu berücksichtigen, wenn der Versicherte selbst nicht unter § 1 FRG fällt und nicht vor der Vertreibung der Hinterbliebenen verstorben ist.

Soweit es den Fall anbelangt, daß der Versicherte vor der Vertreibung der Hinterbliebenen im Vertreibungsgebiet verstorben war, ist die Rechtsprechung und die Literatur der dargestellten Intention des Gesetzes in § 1 Buchst. a FRG ohne Einschränkung gefolgt (s. oben III 1 und 2). Sie hat sich in gleicher Weise für den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 BVG durchgesetzt (vgl. BSGE 36, 255, 257 mit zahlreichen weiteren Nachweisen); ebenso für die Berücksichtigung von Hinterbliebenenrechten bei der Anwendung von Art. 6 § 13 FANG i.V.m. Art. 2 § 42 ArVNG (BSG SozR Nr. 2 zu Art. 6 § 13 FANG). Ihr ist in vollem Umfang beizupflichten. Dabei ist dem 11. Senat zuzustimmen, daß die Unstimmigkeiten in der Begründung verschiedener Entscheidungen (insbesondere BSGE 24, 251 und Urteil vom 17.03.1967 - 11 RA 292/65 - sowie vom 21.09.1971 - 12/11 RA 68/70 -) offensichtlich auf einer Verwechslung der Buchstabenfolge des § 1 FRG beruhen. Nach dem Sinnzusammenhang war stets gemeint, daß es sich in diesen Fällen um Rechte von Hinterbliebenen aus § 1 Buchst. a FRG handelt. Während in der Rechtsprechung bis auf die Entscheidung in BSGE 41, 257 (11. Senat) und BSGE 43, 224 (4. Senat) für den weitergehenden Sachverhalt der Vorlage keine abschließenden Folgerungen gezogen werden, beschränken sich die Literaturstimmen ganz überwiegend für die Anerkennung eines vom Bestand des Versichertenanspruchs losgelösten Anspruchs des (allein) vertriebenen Hinterbliebenen auf jenen Sachverhalt des „Vorverstorbenseins“ des Versicherten, weil (nur?) dann unterstellt werden könnte, der Versicherte wäre ohne den Tod selbst anerkannter Vertriebener geworden. Für alle anderen Fälle, also z.B. des freiwilligen Verbleibens des Versicherten im Vertreibungsland oder der Ausreise ohne eigene Anerkennung als Vertriebener und späteren Tod, wird die Anspruchsberechtigung von Hinterbliebenen aus § 1 Buchst. a FRG für die Berücksichtigung von Auslandszeiten des Versicherten nach §§ 15, 16 FRG nicht akzeptiert (vgl. z.B. Schroeter / Kintzel, a.a.O., § 16 Anm. 4; Merkle / Michel, a.a.O., § 16 Anm. 3; Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., § 1 Anm. 15; Bergner in SozSich 1974, 171; Ludwig in SozSich 1976, 36, 38). Anderer Ansicht ist - soweit ersichtlich - nur Stix in Mitt. LVA Oberfranken 1979 S. 37, 45, allerdings ohne nähere Begründung.

Die dargestellte Meinung stützt sich in offenkundiger Abkehr von dem für den Sachverhalt des „Vorverstorbenseins“ des Versicherten anerkannten eigenen Rechtsstatus der vertriebenen Hinterbliebenen aus § 1 Buchst. a FRG jetzt vor allem auf angeblich unhaltbare Konsequenzen. Zum Teil wird die gesetzgeberische Motivation der Regelung auf jenen Sachverhalt des „Vorverstorbenseins“ beschränkt gesehen (zum letzten vgl. vor allem Bergner a.a.O.).

Der GrS kann dieser Rechtsauffassung nicht folgen, weil sie einen logischen Bruch der Systematik des Hinterbliebenenrechts nach dem FRG bedeutet. Wenn man es - wie dargestellt - als sinnvoll und gewollt akzeptiert hat, daß der Hinterbliebene aus seiner eigenen Vertreibung auch ein eigenes Recht auf Rente aus der Fiktion eines Arbeits- und Versicherungslebens des Versicherten im Geltungsbereich innerstaatlicher Normen erwerben soll, dann kann man diese Rechtsposition nicht deshalb schmälern, weil sie zu - angeblich - unhaltbaren Ergebnissen für andere Berechtigte führen müßte. Dazu wird das Beispiel angeführt, daß der Versicherte erst nach der Vertreibung der geschiedenen ersten Ehefrau - ohne als Vertriebener anerkannt zu sein - im Bundesgebiet stirbt und dort eine zweite Ehefrau hinterläßt. Es wird als nicht vertretbar angesehen, daß hier der ersten Ehefrau die Beitrags- oder Beschäftigungszeiten des Verstorbenen im Vertreibungsgebiet zuzurechnen seien, der zweiten Ehefrau, weil sie nicht Vertriebene ist, jedoch nicht (Merkle / Michel, a.a.O. § 16 Anm. 3; Schroeter / Kintzel, a.a.O., § 16 Anm. 4; vgl. auch die Beispiele bei Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., § 1 Anm. 15 und bei Bergner und Ludwig a.a.O. sowie die Mitt. LVA Oberfranken und Mittelfranken 1977 § 305). Diese Auffassung verkennt das Wesen des Hinterbliebenenrechts nach dem FRG, wie es sich aus dessen Rechtsgestaltung ergibt.

Das Hinterbliebenenrecht nach dem FRG ist, wie schon dargestellt, als ein eigenes Recht der Hinterbliebenen ausgestattet worden, das vom Bestand des Rechts des Versicherten weitgehend losgelöst wurde. Dies kommt neben der Grundregelung in § 1 Buchst. a FRG auch in anderen Bestimmungen des FRG zum Ausdruck. Die Rechte und Pflichten der nach dem FRG Berechtigten in Bezug auf die RV richten sich nämlich nur insoweit nach den im Geltungsbereich des Gesetzes geltenden allgemeinen Vorschriften, als sich aus den Vorschriften des FRG nichts Abweichendes ergibt (S. 14 FRG).

Der 11. Senat hat zutreffend darauf hingewiesen, daß schon die Anrechnung von Auslandszeiten des Versicherten als solche bei der Hinterbliebenenrente die Lösung von allgemeinen versicherungsrechtlichen Grundsätzen bedeutet, wenn der Versicherte selbst bei Tod vor der Vertreibung der Hinterbliebenen gar keine Rente nach dem FRG erhalten konnte. Ebenso zutreffend weist er auf den Wortlaut des § 16 FRG hin, wonach es für die Anrechnung auf Beschäftigungszeiten vor der Vertreibung ankommt. Dabei kann es hier dahinstehen, ob man diese Worte auf die Vertreibung des Versicherten oder des Hinterbliebenen bezieht. Für den Fall des Todes des Versicherten vor (irgend) einer Vertreibung hat seine Vertreibung jedenfalls niemals stattgefunden. Er konnte also wegen Nichterfüllung dieses sonst auch für ihn gültigen Tatbestandsmerkmals aus § 1 Buchst. a FRG einen eigenen Anspruch nicht erworben haben. Wenn man gleichwohl die Berücksichtigung von Auslandszeiten bei den vertriebenen Hinterbliebenen in diesen Fällen mit dem Sinn und Zweck des FRG und dem es beherrschenden Eingliederungsgedanken rechtfertigt - begründet rechtfertigt -, dann kann für den Anspruch jener vertriebenen Hinterbliebenen, deren später verstorbener (früherer) Ehemann im Vertreibungsgebiet geblieben oder im Bundesgebiet nicht als Vertriebener anerkannt worden ist, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte nichts anderes gelten. Dies um so mehr, als die Hinterbliebenen auf ein solches Verhalten und dessen rechtliche Konsequenzen regelmäßig ebensowenig Einfluß haben wie auf den Vertreibungssachverhalt selbst. Auch insoweit kann dem 11. Senat darin zugestimmt werden, daß Vertriebenenschicksale regelmäßig Einzelschicksale sind, deren Bestimmung weder durch Gesetze noch durch generalisierende Betrachtung vor- oder nachprogrammiert werden können. Genau auf diesen Ausgangspunkt zielt aber das Eingliederungsprinzip ab. Es will den einzelnen in seiner individuellen Situation erfassen, denjenigen schützen, der gewaltsam aus seinen früheren Lebensverhältnissen herausgerissen wurde und die darin begründete (frühere) Sicherung gegen die Wechselfälle des Lebens verloren hat (BT-Drucks. 1109, 3. Wahlperiode, Begründung Teil B zu § 17 - § 41 -). Es muß daher auch bei der Auslegung von Vorschriften des FRG der beherrschende Gedanke bleiben (vgl. Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., Einführung S. XIV) und eröffnet ohne weiteres die Erkenntnis, daß es für den Anspruch des Hinterbliebenen in seiner individuellen Vertreibungssituation keinen Unterschied macht, ob der Tod des Versicherten als Voraussetzung für die Berücksichtigung seiner Auslandszeiten vor oder nach der Vertreibung eingetreten oder ob jener als Vertriebener anerkannt worden ist oder nicht.

5. Die Konsequenzen in Einzelfällen für andere Hinterbliebene des Versicherten, die nach dem FRG keine Berechtigung zugeteilt erhalten haben, müssen demgegenüber zurücktreten. Das BSG hat schon bisher anerkannt, daß sich die Auslegung des FRG nicht ausschließlich an den gebräuchlichen Maßstäben des Rechts der ges. RV orientieren dürfe, weil es wie das gesamte FANG den Vertriebenen im System der sozialen Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland eine eigene Stellung einräumt. Seine Auslegung habe sich deshalb an der angestrebten sozialen und wirtschaftlichen Eingliederung der Vertriebenen auszurichten. Es sei für die Rechtsfolgen hieraus gleichgültig, ob die Anwendung von Vorschriften des FRG (nur) zu einem Ausgleich verlorener Rechte und Anwartschaften oder zu einem Gewinn gegenüber früheren Verhältnissen und damit möglicherweise sogar zu einer Besserstellung der Vertriebenen gegenüber vergleichbaren einheimischen Versicherten führe. Dadurch würde auch nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen, etwa den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BSGE 40, 292, 293 ff. mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dem ist beizupflichten. Mithin verlieren auch die in der Literatur angeführten Beispiele mit anscheinend „untragbaren“ Ergebnissen an Bedeutung. Zu ihrer rechtsvernichtenden Berücksichtigung kann man nur gelangen, wenn man dem bei bestimmten Fallgestaltungen begünstigenden Effekt einer FRG-Berechtigung gegenüber allgemeinen Grundsätzen des deutschen Rentenversicherungsrechts ein über den Eingliederungsgedanken hinausgehendes Gewicht beilegt.

Im übrigen kennt auch das allgemeine Rentenrecht nicht ausnahmslos den Grundsatz der Abhängigkeit des Hinterbliebenenrechts vom Bestand des Versichertenrechts (vgl. § 1263 Abs. 2 RVO; BSGE 36, 255, 257; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. III, S. 688 ff. - Erg.Lfg. April 1974 -). Ebensowenig ist es so gestaltet, daß es das Hinterbliebenenrecht von der gleichen Rechtsposition anderer „Berechtigter“ abhängig macht. Gerade die Regelung in § 42 AVG (§ 1265 RVO) zeigt, daß jede (von mehreren) Ehefrauen Individualrechte erwirbt, die von dem Bestand, den Umständen und den Auswirkungen ihrer Ehe zu dem Versicherten abhängig sind. Auch nach § 42 Satz 2 AVG (§ 1265 Satz 2 RVO) kann der Fall eintreten, daß eine Witwenrente zwar an die frühere Ehefrau des Versicherten, nicht aber an dessen spätere Ehefrau zu gewähren ist (vgl. Verb.Komm. § 1265 Anm. 13 m.w.N.). Daraus wird jedoch nirgends der Schluß gezogen, daß es deswegen „unhaltbar“ sei, der früheren Ehefrau Rente zu gewähren; das Gesetz bestimmt sogar ausdrücklich das Gegenteil.

6. Der Ausdehnung des Rechts von Hinterbliebenen nach § 1 Buchst. a FRG auf einen der Vorlagefrage entsprechenden Sachverhalt stehen auch die Motive des Gesetzgebers nicht entgegen, wie gelegentlich behauptet wird (vgl. insbesondere Bergner, a.a.O.). In der Tat war es zwar der Ausgangspunkt bereits für die schon dargestellte Änderung von § 1 Abs. 2 Nr. 2 FAG, daß der vorzeitige Tod des Versicherten (vor der Vertreibung) das Hinterbliebenenrecht nicht einschränken sollte (vgl. zu BT-Drucks. 2487, 2. Wahlperiode). Ob das jedoch der einzige Beweggrund für die Rechtsänderung war, ist nicht eindeutig. Im Schriftlichen Bericht des Sozialpolitischen Ausschusses heißt es nämlich am Ende (a.a.O.): „In Zukunft soll es genügen, wenn eine Witwe oder eine Waise eines auch in den vorgenannten Vertreibungsgebieten gewesenen Mannes die im Gesetz vorgesehene Voraussetzung, Deutscher nach Art. 116 des Grundgesetzes zu sein, in ihrer Person erfüllen.“ Bergner a.a.O. schließt daraus, gemeint seien damit nur die im Vertreibungsgebiet verstorbenen Versicherten. Ein derart eingeschränkter Wille des Gesetzgebers hat jedoch weder in § 1 Abs. 2 Nr. 2 FAG i.d.F. des 2. Änderungsgesetzes noch in § 1 Buchst. a FRG Ausdruck gefunden (zur Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte eines Gesetzes bei der Gesetzesauslegung vgl. BSG in SozR Nr. 9 zu Art. 2 § 55 ArVNG; ferner BSGE 25, 60, 62; 34, 70, 71 ff.). Die Begründung zu § 1 Buchst. a FRG (a.a.O.) deutet vielmehr darauf hin, daß der Gesetzgeber die von Bergner gesehene Unterscheidung jedenfalls beim FRG nicht mehr im Auge hatte, wenn hiervon unter der Voraussetzung, daß die Hinterbliebenen selbst dem Personenkreis der Vertriebenen angehören, schlechthin alle Hinterbliebenen, also auch die solcher Personen erfaßt werden, die selbst keine Vertriebenen sind. Beachtet man hierzu ferner die Absicht des Gesetzgebers, mit dem FRG und dem ihn beherrschenden Eingliederungsgedanken aus dem Regelungscharakter des FAG herauszutreten und neue, bessere Wege zu beschreiten, so wird ein Plan des Gesetzes sichtbar, der es den Gerichten erlaubt, eine seinen Vorstellungen entsprechende Gesetzesauslegung zu betreiben (vgl. BSGE 20, 41, 43; 21, 133, 135). Infolgedessen verwehren es die Gesetzesmaterialien dem GrS nicht, die vom 11. Senat auf seine Vorlagefrage gewünschte Antwort zu geben.

7. Auf der Grundlage der vorstehenden Erwägungen ergibt sich die Bejahung der Vorlagefrage auch aus der Regelung des § 15 FRG selbst.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 FRG stehen Beitragszeiten, die bei einem nicht deutschen oder nach dem 30.06.1945 bei einem außerhalb des Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der ges. RV zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich (Ausnahmen: § 18 Abs. 1 FRG). Die Gleichstellung hat zum Inhalt, daß Zeiten nach § 15 ohne Einschränkung so zu behandeln sind, als ob sie als Beitragszeiten im Bundesgebiet zurückgelegt worden sind; sie stehen ihnen gleich. Wie jene berechtigen sie den Begünstigten deshalb zu allen Regelleistungen (§ 14 FRG), werden also insbesondere bei der Wartezeit und bei der Zahl der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre berücksichtigt (vgl. Merkle / Michel, a.a.O., § 15 Anm. 4; Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., § 15 Anm. 7). Die in § 15 enthaltene Forderung, daß Beiträge entrichtet sein müssen (S. 15 Abs. 1 Satz 2 FRG), deutet darauf hin, daß in § 15 FRG noch ein Teil des das Vorläuferrecht beherrschenden Entschädigungsgedankens enthalten ist (Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., § 15 Anm. 2 und 6).

§ 15 FRG enthält selbst keine Bestimmung über die von der Anrechnung von Beitragszeiten begünstigten Personen. Insoweit ist der Berechtigtenkreis der Grundnorm des § 1 FRG zu entnehmen (Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., § 15 Anm. 2). Das ergibt sich auch aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 FRG, wonach § 15 FRG - ausdehnend - auf bestimmte Personen Anwendung findet, die nicht zu dem Personenkreis des § 1 Buchst. a bis d FRG gehören. Sind somit Hinterbliebene von Versicherten nach § 1 Buchst. a FRG berechtigt, Rentenansprüche aufgrund ihrer für sie eigenstatuarisch begründeten Rechtsposition zu erheben, sind Beitragszeiten des Versicherten i.S. von § 15 FRG bei der Feststellung ihres Anspruchs praktisch wie ein eigenes Guthaben an Beitragszeiten zugrunde zu legen. Für die Fälle, in denen der Versicherte selbst nicht zum Personenkreis des § 1 FRG gehört hat und er auch nicht vor der Vertreibung der Hinterbliebenen verstorben ist, sieht § 15 FRG keine andere Rechtsfolge vor.

Das in § 15 FRG enthaltene Prinzip der Gleichstellung ausländischer mit inländischen Beitragszeiten verdeutlicht im übrigen ebenfalls die Richtigkeit der bereits zu § 1 Buchst. a FRG gefolgerten Auslegung, daß es für die Berücksichtigung von Beitragszeiten bei Hinterbliebenen nicht darauf ankommen kann, wann und wo der Versicherte verstorben ist. Meint man es nämlich ernst mit der Gleichstellung in der Weise, daß nach Anwendung des § 15 FRG Beitragszeiten als im Bundesgebiet zurückgelegt gelten, müssen sie auch wie solche behandelt werden. Für die Berücksichtigung solcher Zeiten bei Hinterbliebenen spielt es aber auch nach den Vorschriften des AVG oder der RVO keine Rolle, wann und wo der Versicherte, der sie im Bundesgebiet abgeleistet hat, verstorben ist (vgl. § 40 Abs. 2 AVG, § 1263 Abs. 2 RVO).

8. Die Berücksichtigung von Beitragszeiten des Versicherten bei dem nach § 1 Buchst. a FRG berechtigten Hinterbliebenen findet ihre zeitliche Grenze allerdings nicht stets erst mit dem Eintritt des Todes des Versicherten, sondern im Falle einer zeitlich früheren Vertreibung mit diesem Zeitpunkt. Soweit der Versicherte selbst als Vertriebener anerkannt, damit Berechtigter nach § 1 Buchst. a FRG geworden ist und erst danach den Tod gefunden hat, liegt dies auf der Hand. Dies gilt aber auch dann, wenn nur der Hinterbliebene vertrieben worden ist und die Rechtsstellung aus § 1 Buchst. a FRG erlangt hat. Gleichgestellt werden nach § 15 FRG zwar die tatsächlich zurückgelegten Beitragszeiten. Für sich gesehen hätte dies zur Folge, daß alle Beitragszeiten, die der Versicherte vor seinem Tode in dem von § 15 FRG beschriebenen Geltungsbereich zurückgelegt hat, berücksichtigungsfähig wären, also auch die erst nach der Vertreibung der Hinterbliebenen zurückgelegten. Der 11. Senat hält dies mit Recht als mit dem Sinn der Fremdrentenregelung im FRG für das Rentenversicherungsrecht nicht für vereinbar (so schon in BSGE 41, 257, 259 mit Hinweisen auf die damit übereinstimmende Literatur). Das FRG stellt in der Tat maßgeblich auf den Umstand einer Vertreibung, damit aber auch auf deren Zeitpunkt ab. Besonders deutlich wird dies in § 16 FRG („...vor der Vertreibung ... verrichtete Beschäftigung...“). Es geht ganz allgemein von dem Grundsatz aus, daß dem Versicherten Ersatz für den durch die Vertreibung erlittenen Verlust seiner bisherigen Rechte zu gewähren ist; daran hat sich auch durch den Gedanken der Eingliederung im FRG nichts geändert, wie insbesondere der Wortlaut des § 16 FRG zeigt. Diese Vorschrift kann hier zur Bestimmung von Grenzen des Rechts aus § 15 FRG ohne weiteres herangezogen werden, weil sie, wie dargestellt, den umfassendsten Ausdruck des das Fremdrentenrecht beherrschenden Eingliederungsgedankens enthält. Weiter als danach kann auch das Recht nach § 15 FRG nicht reichen. Deshalb erscheint es sachgerecht, für den o.a. Sachverhalt Beitragszeiten unberücksichtigt zu lassen, die vom Versicherten erst nach der Vertreibung der Hinterbliebenen zurückgelegt worden sind. Insofern liegt das schädigende Ereignis, wenn auch in Form nur einer Vertreibung, vor, das als Maßstab für den Vertreibungsverlust gelten soll und dann dafür auch herangezogen werden kann. Diese Auffassung schließt sich folgerichtig an den Gedanken der eigenständigen, vom Recht des Versicherten losgelösten Berechtigung des Hinterbliebenen aus § 1 Buchst. a FRG an, indem sie die Maßgeblichkeit seines Schicksalsverlaufs bestätigt. Das Vertreibungsschicksal dieses Hinterbliebenen hat mit seiner Vertreibung sein Ende gefunden. Zu seinen Gunsten danach liegende Auslandszeiten anzurechnen, würde ihn jetzt in einer vom Vertreibungsgedanken nicht mehr zu rechtfertigenden Weise gegenüber dem Inländer besser stellen, der solche Zeiten nur auf dem Wege über zwischenstaatliche Vereinbarungen zugerechnet erhalten kann. Ist der Hinterbliebene durch seine Vertreibung „lnländer“ geworden, muß er sich für die Zeiten nach diesem Ereignis rentenrechtlich auch als solcher behandeln lassen.

Mit dieser Lösung wird gleichzeitig, wie der 11. Senat ausführt, die spekulative Prüfung entbehrlich, ob der Versicherte - und aus welchen Gründen etwa nicht - selbst Vertriebener geworden wäre. Ferner werden die als unbillig empfundenen Folgen (s. die oben unter III 4 in der Literatur angeführten Beispiele) vermieden, die mit der Berücksichtigung von Beitragszeiten des nicht vertriebenen Versicherten nach der Vertreibung des Hinterbliebenen verbunden wären. Eine als jugendliche vertriebene Frau könnte trotz ihrer Rechtsstellung aus § 1 Buchst. a FRG also nicht die nach ihrer Vertreibung von einem selbst nicht vertriebenen Deutschen oder heimatlosen Ausländer (u.U. lange) nach ihrer Vertreibung zurückgelegten Beitragszeiten zugerechnet erhalten, den sie erst später im Bundesgebiet geheiratet hat.

9. Der GrS beantwortet die vom 11. Senat vorgelegten Fragen nach allem dahin: Ist nur der Hinterbliebene als Vertriebener anerkannt worden, während der verstorbene Versicherte keine der Voraussetzungen nach § 1 Buchst. a bis d FRG erfüllt hat, so sind für die Hinterbliebenenansprüche des nach § 1 Buchst. a FRG berechtigten Hinterbliebenen die von dem Versicherten bis zum Zeitpunkt der Vertreibung des Hinterbliebenen zurückgelegten Beitragszeiten gemäß §§ 14, 15 FRG zu berücksichtigen ohne Rücksicht darauf, ob der Tod des Versicherten vor oder nach der Vertreibung des Hinterbliebenen eingetreten ist.

Gründe IV.

1. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen zur Anrechnung von Beitragszeiten nach § 15 FRG bei nach § 1 Buchst. a FRG berechtigten Hinterbliebenen ist der GrS im weiteren zu der Auffassung gekommen, daß die hierzu entwickelten Grundsätze auch für die Anwendung des § 16 FRG Beachtung verdienen.

Darum hält der GrS, obgleich sich die Anfrage des 11. Senats auf den Anwendungsbereich des § 15 FRG beschränkt, außerdem, wenn auch nur in den Gründen seiner Entscheidung, eine entsprechende Aussage zu § 16 FRG für angezeigt.

Eine seinem Auftrag zur Rechtsfortbildung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 43 SGG entsprechende Ausdehnung der Aussage des GrS auf den Anwendungsbereich des § 16 FRG für die von der Vorlage gekennzeichneten Rechtsfragen erscheint aus verschiedenen Gründen tunlich: § 16 FRG unterscheidet sich zwar hinsichtlich der von ihm erfaßten Rechtstatsachen - Beschäftigungszeiten - von § 15 FRG - Beitragszeiten -. Gleichwohl ist die tatsächliche und rechtliche Bedeutung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten für die Rechte von Hinterbliebenen (ebenso von Versicherten) in einer Weise rechtsähnlich, daß es nicht sinnvoll oder zweckmäßig erscheint, ihnen bei gleichem Sachverhalt eine unterschiedliche materielle Rechtsfolge beizulegen. Es ist jedenfalls kein verständlicher Grund ersichtlich, die Berücksichtigung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten in dem von der Vorlage gekennzeichneten Rechts- und Tatsachenbereich materiell-rechtlich unterschiedlich zu behandeln. Wird für den Anspruch einer Hinterbliebenen gemäß § 1 Buchst. a i.V.m. § 15 FRG die Beitragszeit des Versicherten berücksichtigt, auch wenn dieser erst nach der Vertreibung - wo auch immer - verstorben ist, so könnte es derselben oder einer anderen Hinterbliebenen bei sonst gleichem Sachverhalt nicht einsichtig gemacht werden, daß dies für Beschäftigungszeiten nicht gelte, obwohl § 16 FRG diese den Beitragszeiten ausdrücklich gleichstellt.

2. Wortlaut (a) sowie Funktion und Sinn (b) des § 16 FRG stehen dem auch unter Beachtung der Systematik, in die die Vorschrift eingebettet ist, nicht entgegen.

a)§ 16 FRG begünstigt nach dem 16. Lebensjahr verrichtete Beschäftigungszeiten, soweit sie „vor der Vertreibung“ liegen. Der 4. Senat hat diese Bestimmung dahin ausgelegt, daß es sich um Beschäftigungszeiten vor der Vertreibung des Versicherten handeln müsse (BSGE 43, 224, 226), hierfür allerdings keine nähere Begründung gegeben (so auch Schroeter / Kintzel, a.a.O., § 16 Anm. 4; Merkle / Michel, a.a.O., § 16 Anm. 3). Insoweit steht die Auffassung des 4. Senats entgegen der von ihm geäußerten Meinung (a.a.O.) sehr wohl im Widerspruch zu der Auffassung des 11. Senats in BSGE 41, 257, 259. Der 11. Senat hat dort eine andere Folgerung unmittelbar aus dem Wortlaut des § 16 FRG gezogen, wenn er die Anrechnung von nach der Vertreibung der Hinterbliebenen verrichteten Beitragszeiten des Versicherten bei den Hinterbliebenen gerade deshalb ausschloß, weil sie nicht vor der Vertreibung (der Hinterbliebenen nämlich) zurückgelegt worden sind.
Der Wortlaut des § 16 FRG ist denn auch nicht so eindeutig, wie es die zitierte Meinung anscheinend annimmt. Sicherlich ist in erster Linie an die von dem Beschäftigten vor seiner Vertreibung verrichteten Tätigkeiten gedacht worden. Die Fassung des § 16 FRG schließt aber darüber hinaus die Folgerung nicht aus, daß hierunter auch Tätigkeiten der nicht vertriebenen Beschäftigten vor der Vertreibung der Hinterbliebenen zu verstehen sind. Immerhin setzt der Wortlaut zumindest „irgendeine“ Vertreibung voraus. Diese Auffassung hat gegenüber der anderen Meinung einen nicht zu verkennenden Vorteil: Während jene sich für den Fall des Fehlens einer Vertreibung des Beschäftigten zu einer Ausnahmeregelung gegen den Wortlaut entschließen muß, um die vom Sinn her erforderliche Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten überhaupt möglich zu machen, wenn es um die Sicherung des Rechts allein vertriebener Hinterbliebener geht, vermeidet die vom 11. Senat vertretene Auffassung diesen Umweg für dasselbe Ergebnis. Hier erscheint deshalb der einfachere Weg als der bessere. Jedenfalls steht der Wortlaut des § 16 FRG nicht entgegen, ihm für die von der Vorlage gekennzeichneten Sachverhalte einen gleichen Wertinhalt beizulegen wie § 15 FRG. Er bietet keinen Anhalt dafür, es komme für die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten bei den Hinterbliebenen darauf an, daß der Beschäftigte vor der Vertreibung (der eigenen oder der der Hinterbliebenen) verstorben sein müsse.
b)Die Gleichbehandlung von Beschäftigungszeiten mit Beitragszeiten in diesen Fällen entspricht auch der Funktion und dem Sinn des § 16 FRG. Diese Vorschrift wird allgemein als der ausgeprägteste Ausdruck des Eingliederungsprinzips angesehen (vgl. insbesondere BSGE 24, 251; 43, 224; Schroeter / Kintzel a.a.O., § 16 Anm. 1; Merkle / Michel, a.a.O., Allgemeine Einführung C II 4 ß und § 16 Anm. 1; Hoernigk / Jahn / Wickenhagen, a.a.O., § 16 Anm. 1; Jantz/Zweng/Eicher, a.a.O., § 16 Anm. 2). Ihr Ziel ist es, die volle Gleichstellung der Vertriebenen mit den einheimischen Versicherten herzustellen, indem über die Berücksichtigung von Beitragszeiten nach § 15 FRG hinaus auch für (abhängige) Beschäftigungen, für die keine Beiträge entrichtet wurden, die rechtstatsächliche Fiktion aufgestellt ist, daß sie im Geltungsbereich des FRG ausgeübt und der Beschäftigte in diesem Umfang rentenversichert gewesen ist; d.h. Beschäftigungszeiten werden so behandelt, als ob für sie Beiträge entrichtet worden sind. Die Ausnahmeregelung der §§ 16 Satz 2, 17 Abs. 2 Satz 1, 18 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 steht mit diesem Grundsatz in Einklang. Durch § 16 sollen die Nachteile ausgeräumt werden, die sich durch das Fehlen einer RV im Herkunftsland ergeben (vgl. Jantz / Zweng / Eicher, a.a.O., § 16 Anm. 2). Haben aber die Bestimmungen des § 16 FRG gerade den Sinn, das Fehlen von Beitragszeiten nur aus diesem Grund auszugleichen und dadurch die nach den allgemeinen Bestimmungen eigentlich eintretende Folge des Fehlens einer rentenversicherungsrechtlich relevanten Versicherungszeit zu vermeiden, so kann für die rechtliche Behandlung derartiger Beschäftigungszeiten ohne Beitragsleistung grundsätzlich nichts anderes gelten als für die Beschäftigungszeit mit Beitragsleistung i.S. von § 15 FRG.
Infolgedessen erscheint es geboten, dort eine unterschiedliche Behandlung beider Zeittypen zu vermeiden, wo sich aus ihren Besonderheiten nichts Abweichendes ergibt. Das gilt jedenfalls (auch) für den der Vorlage des 11. Senats gekennzeichneten Fall der Berücksichtigung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten eines Versicherten/Beschäftigten bei der Hinterbliebenenrente einer allein vertriebenen Hinterbliebenen, und zwar ohne Rücksicht darauf, wo und wann der Versicherte/Beschäftigte verstorben ist.

3. Der GrS ist deshalb der Auffassung, daß in einem Fall, in dem nur der Hinterbliebene als Vertriebener anerkannt worden ist, der verstorbene Beschäftigte (der „Versicherte“) keine der Voraussetzungen nach § 1 Buchst. a bis d FRG erfüllt hat und sein Tod nicht vor der Vertreibung des Hinterbliebenen eingetreten ist, für die Hinterbliebenenansprüche des nach § 1 Buchst. a FRG berechtigten Hinterbliebenen die von dem Verstorbenen bis zum Zeitpunkt der Vertreibung des Hinterbliebenen zurückgelegten Beschäftigungszeiten gemäß §§ 14, 16 FRG zu berücksichtigen sind.

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