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11 RA 319/67

Aus den Gründen

Die Anwendung des § 16 FRG idF des FANG vom 25.2.1960 (BGBl 193) - erste Alternative (die zweite Alternative kommt hier nicht in Betracht) - setzt eine nach vollendetem 16. Lebensjahr vor der Vertreibung in den in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten ausländischen Gebieten verrichtete Beschäftigung voraus. Hieran fehlt es im Falle der Klägerin. Bei dem Beschäftigungsort der Klägerin in der streitigen Zeit (Pabianice) handelt es sich zwar um eines der in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten Gebiete, nämlich „Polen“, wobei offenbleiben kann, ob Polen i.S. seiner heutigen Staatsgrenzen oder i.S. derjenigen vor dem zweiten Weltkrieg zu verstehen ist. Entgegen der Auffassung des LSG ist dieses Gebiet aber gleichwohl nicht „ausländisch“ i.S. des § 16 Satz 1 FRG, weil es nach dem 31.12.1937 dem Deutschen Reich „angegliedert“ war. Es handelt sich also nicht um ein Gebiet, „das außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach seinem jeweiligen Gebietsstand liegt“ (so der 1. Halbsatz des Leitsatzes zu dem Urt. des 1. Sen. v. 30.8.1966 - BSG 25, 177 = SozR Nr. 7 zu § 16 FRG).

Zwar hat der 1. Sen. den Begriff „ausländisch“ i.S. des § 16 Satz 1 FRG in einem weiteren Sinn aufgefaßt, indem er in dem schon zitierten Urt. entschieden hat (vgl. 2. Halbsatz sowie Satz 2 des genannten Leitsatzes). Beschäftigungszeiten seien auch dann „im Ausland“ zurückgelegt worden, wenn sie in einem Gebiet außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. 12. 1937 verbracht wurden; ob in dem ausländischen Vertreibungsgebiet zur Zeit der Beschäftigung deutsches Recht gegolten habe, sei für die Anwendung des § 16 FRG ohne rechtliche Bedeutung. Die Begründung dieser Auffassung ist jedoch nicht überzeugend und hat in der Rechtspr. und im Schrifttum Widerspruch gefunden. Das gilt sowohl für die Ausführungen zu der Frage, ob § 16 FRG auf eine Beschäftigung in einem „angegliederten“ Gebiet für Zeiten, in denen dort deutsches Recht gegolten hat, ausgedehnt werden kann, als auch für die Heranziehung einzelner beamtenrechtlicher Vorschriften und die darin enthaltene Umschreibung des Begriffs „Reichsgebiet“ und die Ausführungen zu § 18 Abs. 2 Satz 2 FRG. In der Rechtspr. .(vgl. die Urt. des BSG v. 7.4.1964 - 4 RJ 195/61, BSG 20, 287 = SozR, Nr. 3 zu § 15 FRG -; v. 9.9.1965 - 4 RJ 325/64 = SozR Nr. 4 zu § 16 FRG -; v. 30.6.1967 - 12 RJ 320/65 -; v. 28.2.1967 - 4 RJ 443/65 -; v. 13.5.1966 - 4 RJ 9/63 -; v. 24.2.1967 - 11 RA 96/64 - und v. 27.6.1967 - 11 RA 316/64 -) und im Schrifttum (vgl. Maier in SozVers 1967, 141; Kintzel in SGb 1967, 218; Klitscher in DAngVers 1966, 373; Kohleiss „Ist das sozial?“ S. 82) ist wiederholt und mit Recht betont worden, daß § 16 FRG die Gleichstellung der Vertriebenen mit den Einheimischen anstrebt (Eingliederungsprinzip) und daß es diesem Ziel widerspricht, (beitragslose) Beschäftigungszeiten bei Vertriebenen auch dann anzurechnen, wenn die Beschäftigung in einem angegliederten Gebiet unter der Geltung deutschen Rechts verrichtet und deutsches Recht auch tatsächlich angewandt worden ist. Anderenfalls würden die Vertriebenen (und ihre Hinterbliebenen) nicht gleich, sondern besser gestellt als die Einheimischen, bei denen Beschäftigungszeiten nur angerechnet werden, wenn dafür auch Beiträge zur RentV entrichtet worden sind. Ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung der von einem Vertriebenen unter der Geltung und Anwendung deutschen Rechts zurückgelegten Beschäftigungszeit ist nicht ersichtlich. Wenn § 16 FRG auf bestimmte Beschäftigungen keine Anwendung findet (zB § 18 Abs. 2 und 3 FRG), so hat das - worauf die Beklagte zu Recht hinweist - seinen Grund vorwiegend in dem Problem der Währungsumrechnung (vgl. Jantz / Zweng / Eicher, Anm. 15 und 18 zu § 16 FRG). Der 1. Sen. hat auf die Anfrage des erkennenden Sen. mitgeteilt, daß er an der in Bd. 25, 177 ff vertretenen Auffassung nicht festhalte, soweit sie über den 1. Teil des Leitsatzes (unter dem Begriff „ausländisch“ i.S. des § 16 Satz 1 FRG ist jedes Gebiet zu verstehen, das außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach seinem jeweiligen Gebietsstand liegt) hinausgehe. Da die Beschäftigung der Klägerin in der streitigen Zeit zwar in einem „angegliederten“ Gebiet, aber jedenfalls im deutschen Rechtsanwendungsgebiet verrichtet wurde, ist § 16 FRG zu ihren Gunsten nicht anwendbar.

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