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§ 225 FamFG: Zulässigkeit einer Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

07.08.2023

Änderung

Ergänzung um BGH-Rechtsprechung zu Grundrente (Abschnitt 3, 4.2), Hinterbliebenen als Antragsberechtigte und Beteiligte (Abschnitt 4.5), Wartezeit (Abschnitt 6) sowie Auslegungen der RV-Träger (Abschnitt 3, 4.2, 4.5) und Redaktionelles (z. B. über Zuschläge nach § 307i SGB VI ab 01.07.2024).

Dokumentdaten
Stand30.06.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 225 FamFG

Version006.00

Inhalt der Regelung

In der Vorschrift werden die Voraussetzungen für eine Abänderung von Entscheidungen über den Wertausgleich bei der Scheidung geregelt, die auf der Grundlage des ab dem 01.09.2009 geltenden VersAusglG getroffen wurden.

Nach Absatz 1 ist eine Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung nur für Anrechte aus Regelsicherungssystemen (§ 32 VersAusglG) zulässig.

In Absatz 2 wird geregelt, dass das Gericht auf Antrag die vorangegangene Entscheidung in Bezug auf ein Anrecht abändert, wenn rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit eingetreten sind, die auf den Ausgleichswert dieses Anrechts zurückwirken und zu einer wesentlichen Wertänderung führen.

Absatz 3 enthält die Definition einer wesentlichen Wertänderung im Sinne des Absatzes 2. Die Wertänderung eines Anrechts ist danach wesentlich, wenn sie mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts des Anrechts beträgt. Sie muss außerdem bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße mindestens 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgebenden monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigen.

Eine Abänderung ist nach Absatz 4 auch dann zulässig, wenn durch sie eine für die Versorgung der ausgleichsberechtigten Person maßgebende Wartezeit erfüllt wird.

Nach Absatz 5 muss sich die Abänderung zugunsten eines Ehegatten oder seiner Hinterbliebenen auswirken.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 225 FamFG wird durch § 226 FamFG ergänzt, mit dem die Durchführung der Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung geregelt wird (Antragsberechtigung, frühester Zeitpunkt für die Antragstellung, Anwendung der Billigkeitsregelung des § 27 VersAusglG, Wirkung der Abänderung und Verfahren bei Tod eines der geschiedenen Ehegatten).

Weitere Vorschriften, die im Zusammenhang mit einer Abänderung eine Rolle spielen können, sind unter anderem:

  • § 32 VersAusglG (Abänderung nur für Anrechte aus Regelsicherungssystemen),
  • § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG (maßgebend ist eine Änderung des Ausgleichswerts),
  • § 18 Abs. 1 SGB IV (für die Bestimmung von Wesentlichkeitsgrenzen wird auf die Bezugsgröße abgestellt),
  • § 187 Abs. 7 SGB VI (Rückzahlung von Beiträgen zur Abwendung der Kürzung, die nach einer Abänderung nicht mehr notwendig sind),
  • § 281a Abs. 4 SGB VI (Rückzahlung von Beiträgen zur Abwendung des Kürzung von Entgeltpunkten (Ost), die nach einer Abänderung nicht mehr notwendig sind),
  • § 101 Abs. 3 SGB VI (Zeitpunkt für die Neuberechnung der Rente aufgrund einer Abänderung, dabei wird regelmäßig von der im Zusammenhang mit der Aufhebung von Rentenbescheiden stehenden sogenannten Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) von der Rentenversicherungsträgern kein Gebrauch gemacht (siehe GRA zu § 30 VersAusglG, Abschnitt 2.2),
  • §§ 225, 226 SGB VI (Erstattungsverfahren zwischen Versorgungsträgern und der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund einer externen Teilung nach § 16 VersAusglG - einschließlich Rückzahlung von Beträgen an den Versorgungsträger),

Für die Abänderung von Versorgungsausgleichsentscheidungen auf der Grundlage des bis 31.08.2009 geltenden Rechts wird in § 51 VersAusglG auf § 225 FamFG verwiesen.

Allgemeines

Ziel der Regelung ist es, nachträglich eintretende grundrechtswidrige Auswirkungen des Versorgungsausgleichs zu vermindern, weil dies von Verfassung wegen geboten ist (BVerfG vom 28.02.1980, AZ: 1 BvL 17/77, FamRZ 1980, 326). Die Möglichkeit einer Korrektur des Versorgungsausgleichs muss daher für die Fälle bestehen, in denen sich herausstellt, dass die mit dem Versorgungsausgleich verteilten Anrechte nicht oder nicht in voller Höhe entstanden oder dass tatsächlich entstandene Anrechte des Ausgleichsberechtigten unberücksichtigt geblieben sind (BVerfG vom 16.11.1992, AZ: 1 BvL 17/89, FamRZ 1993, 161). Das Vertrauen der ausgleichsberechtigten Person in den Fortbestand der ihr übertragenen oder für sie begründeten Anrechte rechtfertige es nicht, eine spätere Abänderung völlig auszuschließen. Denn im Zeitpunkt der Scheidung steht der Wert der in der Ehezeit erworbenen Anrechte häufig noch nicht endgültig fest. Insofern müssen fiktive Anrechte für die Entscheidung über den Versorgungsausgleich zugrunde gelegt werden. Das Prinzip der gleichmäßigen Teilhabe gilt jedoch seinem Sinn nach für tatsächlich in der Ehezeit erworbene Anrechte. Die Notwendigkeit einer Abänderung ergibt sich daher, wenn zwischen den fiktiv zum Zeitpunkt der Scheidung und den tatsächlich in der Ehezeit erworbenen Anrechten eine wesentliche Wertänderung vorliegt. Denn die Minderung der Versorgung der ausgleichspflichtigen Person müsse grundsätzlich auch noch im Versorgungsfall nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 2 GG zu rechtfertigen sein.

Die Abänderungsmöglichkeit von Versorgungsausgleichsentscheidungen auf der Grundlage des ab 01.09.2009 geltenden Rechts ist auf Anrechte aus Regelsicherungssystemen (§ 32 VersAusglG) beschränkt und wird an Bedeutung verlieren. Denn durch die vorrangig vorzunehmende interne Teilung von Anrechten in der jeweiligen Bezugsgröße des Versorgungsträgers hat die ausgleichsberechtigte Person in gleicher Weise an den Entwicklungen und Veränderungen im Versorgungssystem der ausgleichspflichtigen Person teil. In Bezug auf die externe Teilung (§ 14 Abs. 2 VersAusglG) – bei der es sich regelmäßig um Anrechte aus Nichtregelsicherungssystemen handelt – wird davon ausgegangen, dass kein Bedarf für eine Abänderung besteht, weil die ausgleichsberechtigte Person entweder diese Ausgleichsform mit dem Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person vereinbart hat oder es sich um geringfügige Ausgleichswerte handelt. Die abweichende Dynamik zwischen dem der ausgleichspflichtigen Person verbliebenen Anrecht und dem zugunsten der ausgleichsberechtigten Person bei einem anderen Versorgungsträger begründeten Anrecht stellt keinen Abänderungsgrund dar (siehe auch Gesetzesbegründung zu § 225 FamFG – Bundestagsdrucksache 16/10144 Seite 97).

Für eine Abänderung spielt es keine Rolle, ob die abzuändernde Entscheidung über den Versorgungsausgleich im Verbund mit der Scheidung oder in einem selbständigen Verfahren getroffen worden ist (siehe GRA zu § 217 FamFG). Des Weiteren ist es unerheblich, ob es sich bei der Ausgangsentscheidung um eine Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich handelt oder um eine bereits abgeänderte Entscheidung.

Nach § 225 Abs. 2 FamFG ist eine Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung dann abänderbar, wenn nachträglich rechtliche oder tatsächliche Umstände eingetreten sind, die sich auf die Bewertung des Ausgleichswerts eines Anrechts (Hälfte des Ehezeitanteils; § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG) auswirken. Eine sogenannte „Totalrevision", wie nach früherem Recht (§ 10a VAHRG in der Fassung bis 31.08.2009) sowie nach Übergangsrecht (§§ 51, 52 VersAusglG), findet nicht mehr statt. Sie widerspräche auch dem Ansatz der im VersAusglG geregelten Ausgleichssystematik, bei der jedes Anrecht grundsätzlich getrennt und innerhalb des Systems geteilt wird. Das gilt auch, wenn bereits ein Abänderungsverfahren mit „Totalrevision“ auf der Grundlage des Übergangsrechts (§§ 51, 52 VersAusglG) durchgeführt worden ist. Eine weitere Abänderung kann dann nur noch für einzelne Anrechte erfolgen (BGH vom 24.11.2021, AZ: XII ZB 359/21, FamRZ 2022, 262 – 263).

Damit beschränkt sich die Korrektur in Abänderungsverfahren nach den §§ 225, 226 FamFG auf das jeweils betroffene Anrecht im Sinne des § 32 VersAusglG. Im Rahmen der auf das jeweilige Anrecht begrenzten Abänderung ist auch eine Fehlerkorrektur möglich (vergleiche BT-Drucksache 16/10144, S. 97).

Nach dem Ende der Ehezeit aber vor der Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung eintretende Veränderungen, die sich auf den Ausgleichswert auswirken, sind noch im Ausgangsverfahren zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG) und unterliegen insoweit grundsätzlich nicht einer Abänderung.

Sind die Voraussetzungen für ein Abänderungsverfahren erfüllt, können die früheren Ehegatten im Rahmen dieses Verfahrens eine Vereinbarung (§ 6 VersAusglG) über den (vollständigen oder teilweisen) Ausschluss des der Abänderung unterliegenden Anrechts schließen. Das Familiengericht stellt dann – sofern die Vereinbarung der Wirksamkeitsprüfung standhält (§ 8 VersAusglG) – in der Beschlussformel fest, dass (insoweit) ein Wertausgleich nicht mehr stattfindet (§ 224 Abs. 3 FamFG); siehe auch Beschluss des OLG Hamm vom 21.12.2017, AZ: II-9 UF 167/16, FamRZ 2018, 588.

Anwendungsbereich

§ 225 FamFG findet Anwendung auf Entscheidungen über den Wertausgleich bei der Scheidung auf der Grundlage des ab dem 01.09.2009 geltenden VersAusglG. Von der Abänderung betroffen sind Entscheidungen über die interne Teilung (§ 10 VersAusglG) und externe Teilung (§ 16 VersAusglG).

Für die Abänderung von Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (§ 6 VersAusglG bis § 8 VersAusglG; §§ 1408 Abs. 2, 1587o BGB) gilt § 225 FamFG entsprechend (§ 227 Abs. 2 FamFG).

Hinweis:

Die Abänderung richtet sich bei Entscheidungen

Keine Abänderung

Das Familiengericht ändert seine Entscheidung nur in Bezug auf das Anrecht ab, bei dem sich eine Wertveränderung ergeben hat und für das die Abänderung beantragt wurde. Die Anwendung des § 225 Abs. 1 FamFG kommt damit nicht in Betracht, wenn ein Anrecht bei der Ausgangsentscheidung vergessen oder übersehen wurde (zu § 51 VersAusglG, vergleiche BGH vom 24.07.2013, AZ: XII ZB 340/11, FamRZ 2013, 1548 ff.; BGH vom 24.07.2013, AZ: XII ZB 415/12, FamRZ 2013, 1642).

Vergessene Anrechte können auch nicht schuldrechtlich im Rahmen des Wertausgleichs nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG) geteilt werden. Denn den Vorschriften zu den Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung kommt keine generelle Auffangfunktion für die im Ausgangsverfahren zum Versorgungsausgleich übersehenen, verschwiegenen oder vergessenen Anrechte zu (BGH vom 24.07.2013, AZ: XII ZB 340/11, FamRZ 2013, 1548 ff.).

Von vergessenen Anrechten zu unterscheiden sind Anrechte, über die aufgrund einer bewussten Teilentscheidung des Familiengerichts bisher nicht entschieden worden ist (BGH vom 25.06.2014, AZ: XII ZB 410/12, FamRZ 2014, 1614 ff.). Für diese Anrechte kommt noch eine Erstentscheidung über den Wertausgleich infrage.

Bloße Fehler der Ausgangsentscheidung wie Rechen- und Methodenfehler, ungenügende Berechnungsgrundlagen, eine fehlerhafte Bestimmung der Ehezeit oder unrichtige Auskünfte der Versorgungsträger, eröffnen das Abänderungsverfahren nach § 225 FamFG nicht (BGH vom 27.05.2015, AZ: XII ZB 564/12, FamRZ 2015, 1279 ff.).

Nach § 225 Abs. 2 FamFG muss die Wertänderung auf nachträglichen rechtlichen oder tatsächlichen Veränderungen beruhen. Bei einem Fehler in der Ausgangsentscheidung handelt es sich nicht um Veränderungen, die nach dem Ehezeitende eingetreten sind und auf den Ausgleichswert zurückwirken. Im Zusammenhang mit rechtlichen oder tatsächlichen Veränderungen mit Rückwirkung auf den Ausgleichswert können jedoch auch ursprünglich fehlerhafte Auskünfte der Versorgungsträger über die Höhe des Ehezeitanteils durch ein Abänderungsverfahren korrigiert werden. Das Familiengericht hat in Abänderungsverfahren eine zutreffende Auskunft zugrunde zu legen. Die Rentenversicherungsträger sind nicht gehalten, objektiv fehlerhafte Konten fortzuführen und die fehlerhaften Daten für ein Abänderungsverfahren vorzuhalten (siehe Gesetzesbegründung zu § 225 FamFG, BT-Drucksache 16/10144, S. 97).

Hinweis:

Eine nachträglich eingetretene Wertänderung aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Veränderungen muss bereits für sich genommen die Wesentlichkeitsgrenzen überschreiten, ohne dass Fehler der Ausgangsentscheidung in diese Prüfung einzubeziehen sind (BGH vom 22.10.2014, AZ: XII ZB 323/13, FamRZ 2015, 125, zu § 51 VersAusglG; vergleiche hierzu GRA zu § 51 VersAusglG, Abschnitt 4.1). Das gilt auch für die Abänderung von Ausgangsentscheidungen, die auf der Grundlage des ab 01.09.2009 geltenden Rechts getroffen wurden (siehe BGH vom 27.05.2015, AZ: XII ZB 564/12, FamRZ 2015, 1279 ff.).

Die Ehezeit (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) wird durch ein Abänderungsverfahren nicht verändert.

Für Anrechte, die im Wege der externen Teilung nach § 14 Abs. 2 VersAusglG geteilt wurden, ist eine Abänderung grundsätzlich nicht möglich, weil diese regelmäßig aus Versorgungssystemen stammen, die nicht zu den Regelsicherungssystemen (§ 32 VersAusglG) gehören. Es kann zwar bei dieser Teilungsform zu Unterschieden in der Wertentwicklung und unterschiedlichen Leistungsansprüchen zwischen dem verbliebenen Anrecht bei dem abgebenden Versorgungsträger und dem erworbenen Anrecht bei dem aufnehmenden Versorgungsträger kommen („Transferverluste“). Diese Abweichungen sind auf Grund der engen Voraussetzungen der externen Teilung entweder von den Eheleuten durch eine entsprechende Vereinbarung akzeptiert worden (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG) oder wegen des geringfügigen Ausgleichswerts von ihnen hinzunehmen (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG); siehe auch Gesetzesbegründung - BT-Drucksache 16/10144, S. 96 bis 97.

Sofern im Wege der externen Teilung nach § 14 Abs. 2 VersAusglG Ausgleichswerte (aus „Nichtregelsystemen“) aufzuteilen sind, deren Kapitalwert bis zur Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung reicht (siehe § 17 VersAusglG), ist es Aufgabe der Gerichte, den als Kapitalbetrag zu zahlenden Ausgleichswert so festzusetzen, dass die Grundrechte aller Beteiligten gewahrt sind (vergleiche BVerfG vom 26.05.2020, AZ: 1 BvL 5/18, FamRZ 2020, 1078 bis 1087); siehe auch GRA zu § 17 VersAusglG.

Ablauf eines Abänderungsverfahrens

Eine rechtskräftige Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung auf der Grundlage des ab 01.09.2009 geltenden Rechts kann unter den Voraussetzungen der §§ 225, 226 FamFG abgeändert werden.

Im Wesentlichen wird sich der Verfahrensablauf in der gesetzlichen Rentenversicherung wie folgt darstellen:

  • Damit die geschiedenen Ehegatten die Erfolgsaussichten eines Abänderungsverfahrens prüfen können, kann auf Antrag - bereits vor dem Abänderungsantrag beim Gericht - eine Auskunft über die Höhe des auf die Ehezeit entfallenden Rentenanrechts vom Rentenversicherungsträger erteilt werden (siehe GRA zu § 109 SGB VI, Abschnitt 4).
  • Jeder der geschiedenen Ehegatten kann die entsprechende Auskunft zunächst nur aus dem eigenen Versicherungskonto erhalten. Die Auskunft aus der Versicherung des anderen (früheren) Ehegatten muss zunächst über diesen angefordert werden. Verweigert der andere (frühere) Ehegatte die Auskunftserteilung, besteht ein Auskunftsrecht gegenüber dem Rentenversicherungsträger. In Fällen, in denen ein früherer Ehegatte verstorben ist und keine Hinterbliebenen oder Erben vorhanden sind, gilt dies entsprechend. Weitere Hinweise zu Auskunftsansprüchen ergeben sich aus der GRA zu § 4 VersAusglG und der GRA zu § 109 SGB VI, Abschnitt 4.2.
  • Der Abänderungsantrag kann beim Familiengericht von den geschiedenen Ehegatten, ihren Hinterbliebenen oder den von der Abänderung betroffenen Versorgungsträgern gestellt werden (siehe Abschnitt 4.5 und GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 3 und GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 3.1).
  • Nach Eingang des Abänderungsantrags wird das Familiengericht von den betroffenen Versorgungsträgern Auskünfte über die nach § 5 VersAusglG benötigten aktuellen Werte einholen (§ 220 Abs. 1 FamFG).
  • Die Versorgungsträger sind verpflichtet, dem Familiengericht die nach § 5 VersAusglG benötigten Werte mitzuteilen (§ 220 Abs. 4 FamFG). Die Ermittlung des auf die Ehezeit entfallenden Anrechts richtet sich bei einer Rentenanwartschaft nach § 39 VersAusglG und bei einer Rente nach § 41 VersAusglG (siehe auch GRA zu § 39 VersAusglG und GRA zu § 41 VersAusglG).
  • Das Familiengericht entscheidet über die Abänderung des Wertausgleichs.
  • Eine Auswahl an möglichen Beschwerdegründen gegen die Abänderungsentscheidung enthält die GRA zu § 59 FamFG.
  • Die gestaltende Wirkung einer Abänderungsentscheidung tritt mit der Wirksamkeit des Beschlusses ein (§ 224 Abs. 1 FamFG) und hat Rückwirkung (siehe GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 6 und GRA zu § 101 SGB VI, Abschnitt 5.2).
  • In der gesetzlichen Rentenversicherung ist bei der Umsetzung der Abänderungsentscheidung für Rentenbezieher der § 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI zu berücksichtigen (siehe auch GRA zu § 101 SGB VI, Abschnitt 5.3). Von der im Zusammenhang mit der Aufhebung von Rentenbescheiden stehenden sogenannten Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) machen die Rentenversicherungsträger keinen Gebrauch (siehe GRA zu § 30 VersAusglG, Abschnitt 2.2).
  • Werden durch die Abänderung des Versorgungsausgleichs erstmalig die Voraussetzungen für einen Rentenanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt, ergeben sich Beratungspflichten gegenüber der ausgleichsberechtigten Person in Bezug auf den bestehenden Rentenanspruch und eine rechtzeitige Antragstellung (AGVA 2/2013, TOP 17.2).
  • Gegebenenfalls ist eine Rückzahlung von Beiträgen erforderlich (an Versicherte: § 187 Abs. 7 SGB VI, § 281a Abs. 4 SGB VI oder an Versorgungsträger: § 225 Abs. 2 S. 3 SGB VI).

Anrechte, für die eine Abänderung zulässig ist (Absatz 1)

Zulässig ist die Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung nach dem Recht ab 01.09.2009 nur für Anrechte aus den Regelsicherungssystemen, die in § 32 VersAusglG abschließend aufgezählt sind (siehe GRA zu § 32 VersAusglG). Sie gilt insofern nicht für Anrechte aus weiteren Formen der Alterssicherung (zum Beispiel betriebliche und private Altersversorgungen, Zusatzversorgungen wie VBL); vergleiche auch BGH vom 01.12.2021, AZ: XII ZB 304/20, FamRZ 2022, 349 - 352.

Die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen und durch ein Familiengericht geteilten Anrechte gehören zu den „Anrechten aus Regelsicherungssystemen“, für die eine Abänderung möglich ist.

Hierzu gehören auch die in der Ehezeit erworbenen Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung aufgrund des zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Grundrentengesetzes vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879); siehe BGH vom 01.03.2023, AZ: XII ZB 360/22, FamRZ 2023, 761-764 .

Bei der Abänderung einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich bleibt jedoch ein Anrecht von Entgltpunkten aus dem Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") außer Betracht, wenn es nicht in die abzuändernde Erstentscheidung einbezogen war (BGH vom 01.03.2023, AZ: XII ZB 444/22, FamRZ 2023, 764-765). Die Rentenversicherungsträger folgen der BGH-Rechtsprechung (EGVA 1/2023, TOP 3).

Wesentliche Wertänderung bei rechtlichen oder tatsächlichen Veränderungen (Absatz 2)

Voraussetzung für eine Abänderung sind rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ausgleichswert eines Anrechts zurückwirken und zu einer wesentlichen Wertänderung führen.

Ist die Wertänderung nicht wesentlich, kann dennoch eine Abänderung stattfinden, wenn dadurch eine Wartezeit erfüllt wird (§ 225 Abs. 4 FamFG); siehe auch Abschnitt 6.

Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit sind zu berücksichtigen, soweit sie den Ehezeitanteil rückwirkend verändern. Sie müssen

  • einen Bezug zur Ehezeit haben und
  • sich auf die Höhe und den Bestand des Ausgleichswerts auswirken (siehe Abschnitt 4.1).

Die nachträglichen Veränderungen können

  • rechtlicher Art (siehe Abschnitt 4.2) oder
  • tatsächlicher Art (siehe Abschnitt 4.3)

sein.

Durch die Veränderungen kann sich der bisherige Ausgleichswert eines Anrechts vermindern oder erhöhen. Die Verminderung oder Erhöhung des ermittelten aktuellen Ausgleichswerts im Vergleich zu dem bisherigen Ausgleichswert wird in § 225 Abs. 2 FamFG als Wertänderung bezeichnet. Außerdem muss die Wertänderung wesentlich sein (siehe Abschnitt 4.4). Hierfür muss die Wertänderung die Grenzwerte des § 225 Abs. 3 FamFG erreichen (siehe Abschnitt 5).

Veränderung mit Rückwirkung auf den Ausgleichswert

Bei der Abänderung können - bis zum Zeitpunkt der familiengerichtlichen Abänderungsentscheidung - nur Umstände nach dem Ende der Ehezeit berücksichtigt werden, die rückwirkend den Ausgleichswert verändern. Dazu gehören beispielsweise auch solche Änderungen, die sich im Zeitraum zwischen der Auskunftserteilung und der familiengerichtlichen Entscheidung ergeben haben, zum Beispiel in einem länger andauernden Abänderungsverfahren.

Wurden Änderungen des Ausgleichswerts, die noch vor dem Erlass der Ausgangsentscheidung eingetreten sind, nicht im Ausgangsverfahren berücksichtigt, eröffnen diese allein für sich betrachtet nicht die Möglichkeit einer Abänderung (Beschluss des OLG Frankfurt am Main vom 12.11.2020, AZ: 4 UF 172/20, FamRZ 2021, 845 – 846).

Eine Rückwirkung ist in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die nachträgliche Berücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten möglich. Diese können direkt als Zeiten in der Ehezeit anerkannt werden und dadurch zu einer Veränderung des Ausgleichswerts führen.

Auch durch die nach dem Ende der Ehezeit erfüllte besondere Wartezeit für die Mindestbewertung von Pflichtbeitragszeiten (§ 262 SGB VI), einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten (§ 307d SGB VI) beziehungsweise zusätzliche Kindererziehungszeiten für die Ehezeit (§ 249 SGB VI) - sogenannte „Mütterrente“ - kann eine Veränderung des Ausgleichswerts eintreten, welche im Rahmen eines Abänderungsverfahrens zu berücksichtigen ist (siehe BGH vom 03.02.2016, AZ: XII ZB 313/15, FamRZ 2016, 791 ff., und BGH vom 22.06.2016, AZ: XII ZB 350/15, FamRZ 2016, 1649 ff.).

Nachehezeitliche Veränderungen ohne Bezug zur Ehezeit werden bei § 225 FamFG nicht berücksichtigt (BT-Drucksache 16/10144, S. 49). Dies gilt beispielsweise, wenn die ausgleichspflichtige Person zum Ehezeitende Beamter auf Widerruf oder Soldat auf Zeit war und erst nach dem Ende der Ehezeit in ein Beamtenverhältnis auf Probe, auf Lebenszeit oder als Berufssoldat übernommen wird. Die Übernahme in ein Dienstverhältnis als Beamter oder Berufssoldat wirkt nicht auf den Ausgleichswert zurück (BGH vom 02.10.2002, AZ: XII ZB 76/98, FamRZ 2003, 29 ff. und BGH vom 10.02.2016, AZ: XII ZB 104/14, FamRZ 2016, 788). Die Ermittlung des Ausgleichswerts für den Beamten auf Probe, auf Lebenszeit oder für den Berufssoldaten erfolgt weiterhin nach § 44 Abs. 4 VersAusglG auf der Grundlage einer fingierten Nachversicherung (siehe GRA zu § 5 VersAusglG, Abschnitt 8.2).

Rechtliche Veränderungen

Zu den rechtlichen Veränderungen gehören Änderungen in den Vorschriften des Renten- und Versorgungsrechts sowie eine geänderte Rechtsauffassung, die sich durch Rechtsprechung ergeben kann.

Gesetzesänderungen sind zu berücksichtigen, wenn zum Zeitpunkt der Abänderungsentscheidung das Gesetz in Kraft getreten ist und es Auswirkungen auf den Ehezeitanteil enthält (BGH vom 26.11.2003, AZ: XII ZB 75/02, FamRZ 2004, 256). Hierzu gehört beispielsweise die sogenannte „Mütterrente I“, das heißt die mit dem RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06.2014 (BGBl. I S. 787) mit Wirkung vom 01.07.2014 eingeführte verbesserte Bewertung von Zeiten der Kindererziehung (siehe BGH vom 03.02.2016, AZ: XII ZB 313/15, FamRZ 2016, 791). Auch die zum 01.01.2019 eingeführte weiter verbesserte Bewertung von Zeiten der Kindererziehung durch die sogenannte „Mütterrente II“ (siehe RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016) gehört dazu.

Die mit dem Grundrentengesetz vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879) zum 01.01.2021 eingeführten Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung ("Grundrenten-Entgeltpunkte") stellen keine rechtliche Veränderung für eine Abänderung dar, wenn diese nicht bereits in der abzuändernden Erstentscheidung enthalten waren (BGH vom 01.03.2023, AZ: XII ZB 444/22, FamRZ 2023, 764-765). Die Abänderung einer Ausgangsentscheidung allein aufgrund der Einführung der Grundrente zum 01.01.2021 ist daher nicht möglich (vgl. AGVR 1/2020, TOP 8).

Von den rechtlichen Änderungen in Bezug auf Regelungen zur Bewertung eines Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung werden regelmäßig Anrechte betroffen sein, die sich bei der vorangegangenen Ausgangsentscheidung noch in der Anwartschaftsphase befanden (siehe GRA zu § 5 VersAusglG, Abschnitt 4.2). Denn grundsätzlich führen Rechtsänderungen bei Rentenbeziehern nicht zu einer Neufeststellung der Rente (siehe § 306 SGB VI). Die sogenannte „Mütterrente“ und ein eventuell ab 01.07.2024 zu berücksichtgender Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten nach § 307i SGB VI können sich hingegen auch bei Rentenbeziehern auswirken und sowohl den Ehezeitanteil als auch den Ausgleichswert nachträglich verändern.

Ein allein durch die Einführung des Zuschlags nach § 307i SGB VI aufgrund des Rentenanpassungs- und Erwerbsminderungsrenten-Bestandsverbesserungsgesetzes zum 01.07.2024 veränderter Ehezeitanteil und Ausgleichswert stellen jedoch für sich betrachtet für die Rentenversicherungsträger keinen Grund dar, von Amts wegen die Möglichkeit eines Abänderungsverfahrens beim Familiengericht zu prüfen (AGVR 2/2022, TOP 2).

Tatsächliche Veränderungen

Tatsächliche Veränderungen treten beispielsweise ein, wenn ein ausgleichspflichtiger Beamter dienstunfähig oder in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert wird. Bei einer Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung wird das bisherige Anrecht der ausgleichspflichtigen Person auf Beamtenversorgung durch ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung ersetzt. Das durch die Nachversicherung erworbene Anrecht wird bei einem ausgeschiedenen Bundesbeamten mit dem übertragenen Anrecht der Beamtenversorgung (§ 10 VersAusglG) oder bei einem ausgeschiedenen Beamten auf Landes- oder Kommunalebene mit dem begründeten Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 16 VersAusglG) belastet (§ 185 Abs. 2 S. 2 SGB VI). Für die Bewertung des Ehezeitanteils gelten nunmehr die §§ 39, 41, 43 VersAusglG gegenüber der bisherigen Bewertung des Anrechts aus der Beamtenversorgung nach §§ 40, 44 VersAusglG. In der Regel ist der Wert des Anrechts aus der Nachversicherung geringer als der Wert des Anrechts aus der Beamtenversorgung, sodass sich die Verminderung auf den bisherigen Ausgleichswert des Anrechts auswirkt und zu einer Wertveränderung nach § 225 Abs. 2 FamFG führt.

In der Beamtenversorgung ergibt sich durch den Eintritt einer vorzeitigen Dienstunfähigkeit bei der zeitratierlichen Wertermittlung des aktuellen Ehezeitanteils gemäß §§ 40, 44 VersAusglG (Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit zur Gesamtzeit der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit bis zum Eintritt in den tatsächlich früheren Ruhestand) ein höherer Verhältniswert als bei der Wertermittlung für die vorangegangene Entscheidung. Bei der vorangegangenen Wertermittlung wurde die Gesamtzeit der ruhegehaltsfähigen Dienstzeit bis zur Regelaltersgrenze berücksichtigt. Wegen der kürzeren Gesamtzeit erhöht sich regelmäßig der Ehezeitanteil und somit der Ausgleichswert.

Eine tatsächliche Veränderung kann sich auch aus einer nach dem Ende der Ehezeit auf Antrag des ausgleichspflichtigen Ehegatten verlängerten Dienstzeit als Beamter ergeben, weil die hieraus resultierenden Auswirkungen auf die zeitratierliche Bewertung des Ehezeitanteils im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu berücksichtigen sind (BGH vom 20.06.2018, AZ: XII ZB 102/17, FamRZ 2018, 1500; BGH vom 03.07.2019, AZ: XII ZB 34/17, FamRZ 2019, 1604).

Die Wiederwahl eines kommunalen Wahlbeamten nach der Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich stellt eine auf den Ausgleichswert des Anrechts zurückwirkende Veränderung im Sinne des § 5 Abs. 2 VersAusglG dar (siehe auch BGH vom 18.09.1991, AZ: XII ZB 41/89, FamRZ 1992, 46 sowie BGH vom 10.04.2019, AZ: XII ZB 284/18, FamRZ 2019, 1052).

Wesentliche Wertänderung

Die Abänderung einer Versorgungsausgleichsentscheidung ist nach § 225 Abs. 2 FamFG nur möglich, wenn sich der Wert eines zuvor ausgeglichenen Anrechts wesentlich geändert hat (§ 225 Abs. 3 FamFG). Ist die Wertänderung nicht wesentlich, kann dennoch eine Abänderung stattfinden, wenn dadurch eine Wartezeit erfüllt wird (§ 225 Abs. 4 FamFG); siehe auch Abschnitt 6.

In der gesetzlichen Rentenversicherung können bis zur Rentenangleichung zum 01.07.2024 (siehe Rentenüberleitung-Abschlussgesetz vom 17.07.2017, BGBl. I S. 2575) verschiedene Arten von Anrechten ausgeglichen werden.

Eine wesentliche Wertänderung kann nur bei den dynamischen Anrechten auftreten; bei statischen Anrechten der Höherversicherung grundsätzlich nicht:

  • Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung,
  • Entgeltpunkte (Ost) der allgemeinen Rentenversicherung,
  • Entgeltpunkte der knappschaftlichen Rentenversicherung,
  • Entgeltpunkte (Ost) der knappschaftlichen Rentenversicherung,
  • Monatsrente aus der Höherversicherung.

Aufgrund des zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Grundrentengesetzes vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879) können im Rahmen des Versorgungsausgleichs weitere Entgeltpunktearten zwischen den Ehegatten geteilt und insoweit als Zuschläge oder Abschläge in den jeweiligen Versicherungskonten zu berücksichtigen sein:

  • Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung der allgemeinen Rentenversicherung und
  • Zuschläge an Entgeltpunkten (Ost) für langjährige Versicherung der allgemeinen Rentenversicherung.

Bei den Entgeltpunkten für langjährige Versicherung handelt es sich um eine besondere Entgeltpunkteart, die nicht mit den übrigen Entgeltpunktearten gleichgesetzt werden darf. Denn nach § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI gelten nicht als Entgeltpunkte gleicher Art „die in der Rentenversicherung als Zuschläge für langjährige Versicherung gewährten Entgeltpunkte und die übrigen Entgeltpunkte“. Eine getrennte Zuordnung ist Voraussetzung für die an das Familiengericht zu erteilende Auskunft über den Ehezeitanteil, Ausgleichswert und korrespondierenden Kapitalwert.

Zu berücksichtigen ist in der gesetzlichen Rentenversicherung, dass sich einzelne Anrechte gegenseitig beeinflussen können (wie bei § 263a SGB VI). Eine Wertveränderung bei Entgeltpunkten der allgemeinen Rentenversicherung kann insofern auch zu einer Wertveränderung bei Entgeltpunkten (Ost) führen. Dennoch dürfte eine Abänderung des Wertausgleichs nur für dasjenige Anrecht zulässig sein, bei dem eine wesentliche Wertänderung im Sinne des § 225 Abs. 3 FamFG eingetreten ist (siehe Abschnitt 5).

Hinweis:

Für die Bestimmung des Ausgleichswerts (§ 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG) wird auf den Wert vor einer eventuellen Verrechnung nach § 10 Abs. 2 VersAusglG abgestellt.

Abänderung durch Familiengericht nur auf Antrag

Die §§ 225, 226 FamFG ermöglichen es, rechtskräftig gewordene Entscheidungen über den Versorgungsausgleich abzuändern. Die den Versorgungsausgleich betreffenden Verfahren sind Versorgungsausgleichssachen (§ 217 FamFG), die zu den Familiensachen zählen (§ 111 Nr. 7 FamFG). Für das Verfahren in Familiensachen sind die Familiengerichte als Abteilungen der Amtsgerichte sachlich zuständig (§ 23a in Verbindung mit § 23b Abs. 1 GVG). Die örtliche Zuständigkeit richtet sich bei einem selbständigen Versorgungsausgleichsverfahren wie dem Abänderungsverfahren nach § 218 Nr. 2 bis 5 FamFG (siehe GRA zu § 218 FamFG). In einem selbständigen Verfahren verhandelt und entscheidet das Familiengericht über den Versorgungsausgleich unabhängig von der Scheidungssache. Hierfür wird ein Antrag vorausgesetzt (§ 225 Abs. 2 FamFG).

Antragsberechtigt sind die Ehegatten, ihre Hinterbliebenen und die von der Abänderung betroffenen Versorgungsträger (§ 226 Abs. 1 FamFG). Eine Abänderung ist jedoch nur zulässig, wenn sich diese auch zugunsten eines Ehegatten oder seiner Hinterbliebenen auswirkt (§ 225 Abs. 5 FamFG); siehe Abschnitt 7. Enthält die Ausgangsentscheidung Fehler (zum Beispiel aufgrund einer fehlerhaften Auskunft nach § 5 VersAusglG) können diese durch eine Abänderung nicht berichtigt werden, wenn sich die Wertänderung allein durch die Fehler ergibt. Denn nach § 225 Abs. 2 FamFG bzw. § 51 Abs. 2 VersAusglG i.V.m. § 225 Abs. 2 FamFG sind zukünftig rechtliche / tatsächliche Veränderungen nach dem Ehezeitende mit Auswirkungen auf den Ausgleichswert eines Anrechts Voraussetzung für eine Abänderung des Versorgungsausgleichs. Ohne Vorliegen dieser Voraussetzung ist eine Berichtigung von Fehlern bei der Erstentscheidung im Rahmen einer Abänderung damit nicht mehr möglich (AGVA 2/2009, TOP 2).

In einem Fall der Abänderung mit einer sogenannten "Totalrevision" (§§ 31, 51 VersAusglG), bei dem die früheren Ehegatten beide bereits verstorben waren, hat der BGH entschieden, dass die Abänderung auch durch die Hinterbliebenen eines ausgleichspflichtigen Ehegatten beantragt werden kann (BGH vom 14.12.2022, AZ: XII ZB 318/22, FamRZ 2023, 358-361).

Im Fall des Todes eines Ehegatten nach Antragstellung gilt für die Fortsetzung des Verfahrens § 226 Abs. 5 FamFG (siehe GRA zu § 226 FamFG). Ist der geschiedene Ehegatte nach Durchführung des Versorgungsausgleichs verstorben, richtet sich das Verfahren auf Abänderung gegen die Erben, die als Antragsgegner (§ 219 Nr. 4 FamFG) hinzuzuziehen sind (BGH vom 14.12.2022, AZ: XII ZB 318/22, FamRZ 2023, 358-361).

Der Antrag ist frühestens zwölf Monate (auf der Grundlage des bis 31.07.2021 geltenden Rechts: sechs Monate; vergleiche GRA zu § 226 FamFG) vor dem Zeitpunkt zulässig, ab dem ein Ehegatte voraussichtlich eine laufende Versorgung aus dem abzuändernden Anrecht bezieht oder dies aufgrund der Abänderung zu erwarten ist (§ 226 Abs. 2 FamFG). Zur Antragsberechtigung und zum Zeitpunkt der Antragstellung siehe GRA zu § 226 FamFG.

Kann ein Abschlag an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte ("Grundrenten-Entgeltpunkte") bei Rentenbeginn nicht abgezogen werden, weil sich zu diesem Zeitpunkt keine Entgeltpunkte für langjährig Versicherte in ausreichender Höhe mehr ergeben, prüfen die Rentenversicherungsträger inwieweit die Voraussetzungen für eine Abänderung erfüllt werden und ein Abänderungsantrag gestellt werden kann (AGVR 1/2020, TOP 8).

Der Antrag auf Abänderung einer Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist kein Sachantrag und braucht deshalb das konkrete Ziel der begehrten Abänderungsentscheidung nicht anzugeben und nicht beziffert zu werden (Beschluss des OLG Karlsruhe vom 04.04.2019, AZ: 20 UF 152/18, FamRZ 2019, 1693).

Aufgrund der ab dem 01.01.2022 bestehenden Rechtslage dürfen Anträge von den Rentenversicherungsträgern bei Gerichten grundsätzlich nur auf elektronischem Weg gestellt werden (siehe GRA zu § 14b FamFG).

Wesentlichkeit der Wertänderung (Absatz 3)

Für die Wesentlichkeit der Wertänderung nach § 225 Abs. 2 FamFG sind zwei Grenzen maßgebend (§ 225 Abs. 3 FamFG).

Erstens muss sich der ermittelte aktuelle Ausgleichswert um mindestens 5 % gegenüber dem bisherigen Ausgleichswert verändert haben (relative Wesentlichkeitsgrenze).

Zweitens muss auch die festgestellte Differenz zwischen dem ermittelten aktuellen Ausgleichswert und dem bisherigen Ausgleichswert als Rentenbetrag 1 %, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 % der zum Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße (§ 18 Abs. 1 SGB IV) übersteigen (absolute Wesentlichkeitsgrenze); siehe auch Aktuelle Werte "Versorgungsausgleich (Rechengrößen)".

Bei der gesetzlichen Rentenversicherung können sich Ausgleichswerte (Hälfte des Ehezeitanteils; § 1 Abs. 2 S. 2 VersAusglG) ergeben aus:

  • Entgeltpunkten der allgemeinen Rentenversicherung,
  • Entgeltpunkten (Ost) der allgemeinen Rentenversicherung,
  • Entgeltpunkten der knappschaftlichen Rentenversicherung,
  • Entgeltpunkten (Ost) der knappschaftlichen Rentenversicherung,
  • einer Zusatzleistung aus der Höherversicherung.

Aufgrund des zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Grundrentengesetzes vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879) können sich im Rahmen des Versorgungsausgleichs weitere Ausgleichswerte an Entgeltpunktearten ergeben (siehe hierzu auch Abschnitt 4.4):

  • Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung der allgemeinen Rentenversicherung und
  • Zuschläge an Entgeltpunkten (Ost) für langjährige Versicherung der allgemeinen Rentenversicherung.

Bezogen auf die vorstehenden möglichen Ausgleichswerte wird für die Prüfung der absoluten Wesentlichkeitsgrenze

  • bei Entgeltpunkten die Differenz der jeweiligen korrespondierende Kapitalwerte (§ 47 VersAusglG) mit 120 % der monatlichen Bezugsgröße (siehe auch BGH vom 22.06.2016, AZ: XII ZB 350/15, FamRZ 2016, 1649) und
  • bei einer Zusatzleistung aus der Höherversicherung die Differenz der monatlichen Rentenbeträge mit 1 % der monatlichen Bezugsgröße

verglichen.

Siehe Beispiel 1

Hinsichtlich der statischen Anrechte aus der Höherversicherung dürften jedoch nachträglich eintretende Wertänderungen keine praktische Bedeutung haben.

Beachte:

Bei der Abänderung einer Versorgungsausgleichsentscheidung, die noch auf der Grundlage des (alten) bis 31.08.2009 geltenden Rechts durchgeführt worden ist, wird für die Prüfung der absoluten Wesentlichkeitsgrenze der Vergleich immer auf der Basis von monatlichen Rentenbeträgen durchgeführt. Das heißt, die Differenz der halben Ehezeitanteile (Ausgleichswerte) wird mit 1 % der monatlichen Bezugsgröße verglichen (BGH vom 08.11.2017, AZ: XII ZB 105/16, FamRZ 2018, 176; siehe auch GRA zu § 51 VersAusglG, Abschnitt 4.2)

Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung überprüfen familiengerichtliche Entscheidungen grundsätzlich nicht hinsichtlich der Einhaltung der Wesentlichkeitsgrenzen des § 225 Abs. 3 FamFG als Voraussetzung für die Durchführung einer Abänderung. Die Nichteinhaltung dieser Grenzen stellt für sich allein betrachtet daher in der Regel keinen Beschwerdegrund dar (siehe auch GRA zu § 59 FamFG). Maßgebend bei einer Abänderung ist, dass die Entscheidung zu einem materiell-rechtlich zutreffenden Ergebnis führt, soweit die gesetzliche Rentenversicherung hiervon betroffen ist (siehe AGVA 2/2009, TOP 2).

Ist die Wertänderung nicht wesentlich, kann dennoch eine Abänderung stattfinden, wenn dadurch eine Wartezeit erfüllt wird (§ 225 Abs. 4 FamFG); siehe Abschnitt 6.

Abänderung zur Erfüllung einer Wartezeit (Absatz 4)

Liegt eine wesentliche Wertänderung im Sinne des § 225 Abs. 3 FamFG nicht vor, kann es dennoch zu einer Abänderung der vorangegangenen Entscheidung kommen, wenn durch die neue Entscheidung eine für die Versorgung der ausgleichsberechtigten Person maßgebende Wartezeit erfüllt wird (§ 225 Abs. 4 FamFG).

In der gesetzlichen Rentenversicherung kann sich die Übertragung oder Begründung von Anrechten auf die Wartezeit auswirken (§ 52 SGB VI). Insoweit ist auch bei einer geringen Erhöhung des Ausgleichswerts bei der berechtigten Person unter Einbeziehung eigener für die Wartezeit erheblicher Zeiten eine Abänderung zulässig. Die maßgeblichen Wartezeiten (5, 15, 20 oder 35 Jahre) ergeben sich aus den §§ 50 und 243b SGB VI (siehe GRA zu § 52 SGB VI, unter anderem Abschnitt 1.1).

Beachte:

Die Wartezeiten von 25 und 45 Jahren können mit Kalendermonaten aus dem Versorgungsausgleich nicht erfüllt werden.

Voraussetzung für die Anwendung dieser Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung ist, dass eine maßgebliche Wartezeit im Zeitpunkt der Entscheidung über den Abänderungsantrag konkret erfüllt werden würde. Zwischen dem aktuellen Abänderungsverfahren und der Erfüllung der Wartezeit muss insoweit ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (vergleiche auch Beschluss des OLG Celle vom 04.07.2013, AZ: 17 UF 49/13, NZS 2014, 31 ff.). Inwieweit sich die Wartezeiterfüllung als Voraussetzung für ein Abänderungsverfahren auch konkret auf eine daraus resultierende Rentenzahlung auswirken muss, ist zwar bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt (siehe zum Beispiel Beschluss des OLG Nürnberg vom 28.01.2021, AZ: 11 UF 827/20, FamRZ 2021, 849 – 850 und Beschluss des OLG Schleswig-Holstein vom 17.06.2020, AZ: 15 UF 190/19, FamRZ 2021, 1364 – 1367).

Der Einstieg in ein Abänderungsverfahren mit einer sogenannten hypothetischen Totalrevision nach dem Tod eines Ehegatten (§§ 31, 51, 52 VersAusglG) ist für den anderen überlebenden Ehegatten jedoch nicht allein durch die Wartezeiterfüllung eröffnet, wenn sich das Ausgleichsergebnis insgesamt nicht zugunsten (§ 225 Abs. 6 FamFG) auswirkt. Denn die Einstiegsvoraussetzung „Wartezeiterfüllung“ des § 225 Abs. 4 FamFG als Alternative zu einer Wertänderung im Sinne des § 225 Abs. 2 und 3 FamFG ersetzt nicht die Voraussetzung „zugunsten“ des § 225 Abs. 5 FamFG (siehe BGH vom 17.11.2021, AZ: XII ZB 375/21, FamRZ 2022, 258 und BGH vom 04.05.2022, AZ: XII ZB 572/21 und BGH vom 04.05.2022, AZ: XII ZB 122/21, FamRZ 2022, 1177).

Die Erfüllung einer Wartezeit allein aufgrund des Erwerbs von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen der zum 01.09.2009 geänderten Ausgleichssystematik ("Hin-und-Her-Ausgleich") eröffnet nicht die Möglichkeit eines Abänderungsverfahrens. Denn eine Verbesserung der Versorgungslage wird jedenfalls dann nicht bewirkt, wenn sich das anschließend bestehende gesetzliche Anrecht allein aus dem Versorgungsausgleich speist und nicht eine schon vorher bestehende Anwartschaft, die die Wartezeit nicht erfüllte, durch den Versorgungsausgleich zusätzlich werthaltig wird (siehe BGH vom 17.11.2022, AZ: 375/21, FamRZ 2022, 258-262 und BGH vom 01.06.2022, AZ: XII ZB 54/22, FamRZ 2022, 1522).

Wird mit der Abänderungsentscheidung die Wartezeit erfüllt und hat die ausgleichsberechtigte Person die übrigen Voraussetzungen für eine Rente erfüllt, so kann die Rente ab dem ersten Tag des Monats beginnen, der auf den Monat der Antragstellung für die Abänderung folgt (siehe § 226 Abs. 4 FamFG). Voraussetzung ist, dass der Rentenantrag rechtzeitig gestellt wird (siehe GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 6.1).

Hinweis:

Eine von der ausgleichsberechtigten Person bereits erfüllte Wartezeit entfällt nach einer Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung nicht, wenn sich die Höhe der übertragenen oder begründeten Anrechte vermindert (§ 52 Abs. 1 S. 4 SGB VI).

Abänderung nur zugunsten eines Ehegatten oder seiner Hinterbliebenen (Absatz 5)

Die Abänderung muss sich zugunsten eines Ehegatten oder seiner Hinterbliebenen auswirken. Dadurch soll verhindert werden, dass ein an sich antragsberechtigter Versorgungsträger (§ 226 Abs. 1 FamFG) ausschließlich zu seinen Gunsten eine Abänderung beantragt.

Eine Abänderung würde sich beispielsweise nicht zugunsten auswirken, wenn sich dadurch zwar die Anrechte der ausgleichsberechtigten Person in der gesetzlichen Rentenversicherung erhöhen, sich aber gleichzeitig wegen des Bezugs einer Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nur ein höheres Ruhen der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergeben würde (§ 93 SGB VI), während sich auf der Seite der ausgleichspflichtigen Person eine stärkere Minderung der Rente ergäbe.

Hingegen kann sich eine Abänderung (auch) zugunsten eines der geschiedenen Ehegatten auswirken, wenn dieser in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert wird oder zu Unrecht gezahlte Beiträge nach § 26 SGB IV beanstandet und erstattet worden sind (siehe auch GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 3.1.1).

Dass sich eine Abänderung zugunsten eines Ehegatten oder Hinterbliebenen auswirken muss, gehört zu den Voraussetzungen für ein Abänderungsverfahren. Die Anwendung des § 31 VersAusglG nach dem Tod eines der früheren Ehegatten ist demgegenüber eine Rechtsfolge, wenn alle Voraussetzungen für die Durchführung des Abänderungsverfahrens erfüllt sind.

Zu Abänderungsverfahren nach § 51 VersAusglG hat der BGH entschieden, dass sich der überlebende, insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte für den Einstieg in das Verfahren grundsätzlich auf eine wesentliche und für ihn gleichzeitig begünstigende Wertänderung eines in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts berufen muss. Der Abänderungsantrag könne nicht auf eine wesentliche Wertänderung von Anrechten gestützt werden, die für ihn unvorteilhaft ist, aber wegen der erstrebten Anwendung des § 31 Abs. 1 S. 2 VersAusglG (im Ergebnis der „Totalrevision“) zu einem Wegfall des Versorgungsausgleichs insgesamt führen soll (BGH vom 05.02.2020, AZ: XII ZB 147/18, FamRZ 2020, 743 und BGH vom 17.11.2021, AZ: XII ZB 375/21, FamRZ 2022, 258 - 262). In dem Verfahren hatte sich der Wert eines „eigenen“ Anrechts des bisher ausgleichspflichtigen Ehegatten wesentlich erhöht, sodass, wenn die früheren Ehegatten beide noch gelebt hätten, ein höherer Ausgleich zulasten des bisher ausgleichspflichtigen (antragstellenden) Ehegatten durchzuführen gewesen wäre. Der Ausgleich hätte sich insoweit nicht zu seinen Gunsten ausgewirkt. Die Durchführung eines Abänderungsverfahrens wurde daher abgelehnt.

Ob § 31 VersAusglG auch auf Abänderungsverfahren nach § 225 FamFG, bei dem nur einzelne Anrechte aus Regelsicherungssystemen abgeändert werden können, Anwendung findet, ist bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt.

 

Beispiel 1: Wesentliche Wertänderung

(Beispiel zu Abschnitt 5)

Das Ende der Ehezeit ist der 30.11.2009.

Es wurde ein Versorgungsausgleich durch interne Teilung mit folgenden Ausgleichswerten aufseiten eines Ehegatten durchgeführt:

Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung: 10,0000 EP

Korrespondierender Kapitalwert: 61.449,21 EUR

Entgeltpunkte (Ost) der allgemeinen Rentenversicherung: 6,0000 EP (Ost)

Korrespondierender Kapitalwert: 31.066,33 EUR

Aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ergibt sich eine Änderung der Ausgleichswerte, die sich wie folgt darstellt:

Entgeltpunkte der allgemeinen Rentenversicherung: 10,5000 EP

Korrespondierender Kapitalwert: 64.521,67 EUR

Entgeltpunkte (Ost) der allgemeinen Rentenversicherung: 5,5000 EP (Ost)

Korrespondierender Kapitalwert: 28.477,47 EUR

Eine Wertänderung ist wesentlich, wenn sie

  • mindestens 5 % des bisherigen Ausgleichswerts beträgt und
  • als (korrespondierender) Kapitalwert 120 % der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße übersteigt (§ 225 Abs. 3 FamFG).

Frage:

Ist die Wertänderung „wesentlich“ für eine Abänderung?

Lösung:

1. Prüfung, ob die Wertänderung mindestens 5 % beträgt (relative Wesentlichkeitsgrenze):

a) 5 % des bisherigen Ausgleichswerts von 10,0000 EP ist gleich 0,5000 EP

Berechnung der Wertänderung:

Veränderter Ausgleichswert: 10,5000 EP

Bisheriger Ausgleichswert: 10,0000 EP

Wertänderung: 0,5000 EP

Der veränderte Ausgleichswert erreicht 5 % des bisherigen Ausgleichswerts.

b) 5 % des bisherigen Ausgleichswerts von 6,0000 EP (Ost) ist gleich 0,3000 EP (Ost)

Berechnung der Wertänderung:

Veränderter Ausgleichswert: 5,5000 EP (Ost)

Bisheriger Ausgleichswert: 6,0000 EP (Ost)

Wertänderung: 0,5000 EP (Ost)

Der veränderte Ausgleichswert erreicht 5 % des bisherigen Ausgleichswerts.

2. Prüfung, ob die Wertänderung 120 % der monatlichen Bezugsgröße überstiegt (absolute Wesentlichkeitsgrenze):

120 % der monatlichen Bezugsgröße betragen zum Ende der Ehezeit 3.024,00 EUR.

Berechnung der Wertänderung als korrespondierender Kapitalwert:

a) Der korrespondierende Kapitalwert beträgt zum Ende der Ehezeit für 10,0000 Entgeltpunkte gleich 61.449,21 EUR.

Der korrespondierende Kapitalwert beträgt zum Ende der Ehezeit für 10,5000 Entgeltpunkte gleich 64.521,67 EUR.

Die Wertänderung beträgt 3.072,46 EUR.

Der veränderte Ausgleichswert übersteigt 120 % der monatlichen Bezugsgröße.

b) Der korrespondierende Kapitalwert beträgt zum Ende der Ehezeit für 6,0000 Entgeltpunkte (Ost) gleich 31.066,33 EUR.

Der korrespondierende Kapitalwert beträgt zum Ende der Ehezeit für 5,5000 Entgeltpunkte (Ost) gleich 28.477,47 EUR.

Die Wertänderung beträgt 2.588,86 EUR.

Der veränderte Ausgleichswert übersteigt nicht 120 % der monatlichen Bezugsgröße.

3. Zusammenfassung:

a) Für den Ausgleichswert der EP der allgemeinen Rentenversicherung werden die Wesentlichkeitsgrenzen erreicht beziehungsweise überschritten, sodass die Abweichung wesentlich ist.

b) Für den Ausgleichswert der EP (Ost) der allgemeinen Rentenversicherung wird zwar die Wesentlichkeitsgrenze von 5 % überschritten, nicht jedoch die Wesentlichkeitsgrenze von 120 % der monatlichen Bezugsgröße, sodass die Abweichung nicht wesentlich ist.

Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 343/08; BT-Drucksache 16/10144

Durch Artikel 2 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) wurde das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geändert.

Mit Nummer 5 des oben genannten Gesetzes wurden die §§ 219 bis 229 FamFG neu gefasst. Die Neufassung des § 225 FamFG regelt die Zulässigkeit einer Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung.

Das bis 31.08.2009 geltende Recht zur Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung (§ 10a VAHRG) wurde auf zwei Vorschriften (§§ 225 und 226 FamFG) aufgeteilt und inhaltlich an das mit der Strukturreform des Versorgungsausgleichs eingeführte Recht angepasst.

FGG-Reformgesetz (FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksachen 309/07, 617/08; BT-Drucksachen 16/6308, 16/9733

Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) beinhaltet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

§ 225 FamFG entspricht inhaltlich der bis 31.08.2009 geltenden Regelung des § 53f FGG. Diese betraf die Aufhebung früherer Entscheidungen über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Soweit der Versorgungsausgleich nach § 1587f Nr. 3 BGB stattfand, hatte das Gericht die auf § 1587b Abs. 3 BGB oder auf § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG gegründete Entscheidung aufzuheben. Die Regelung hat lediglich klarstellenden Charakter.

Durch Artikel 2 Nummer 5 des VAStrRefG vom 03.04.2009 wurde die Vorschrift - vor dem Inkrafttreten - neu gefasst.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 225 FamFG