§ 217 FamFG: Versorgungsausgleichssachen
veröffentlicht am |
20.08.2019 |
---|---|
Änderung | Die GRA wurde im Rahmen der Abstimmung mit den Regionalträgern redaktionell überarbeitet. |
Stand | 04.09.2015 |
---|---|
Erstellungsgrundlage | in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 in Kraft getreten am 01.09.2009 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 001.00 |
- Inhalt der Regelung
- Allgemeines
- Definition der Versorgungsausgleichssachen
- Abgrenzung zu anderen Verfahren, die keine Versorgungsausgleichssachen sind
- Verfahrensvorschriften in Versorgungsausgleichssachen
Inhalt der Regelung
Die Vorschrift beschreibt den Begriff der Versorgungsausgleichssache.
Hinweis:
Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
§ 217 FamFG erklärt den Begriff der Versorgungsausgleichssache, die nach § 111 Nr. 7 FamFG den Familiensachen zugeordnet ist. Die §§ 218 bis 229 FamFG beinhalten die speziellen Verfahrensvorschriften für Versorgungsausgleichssachen.
Für Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen, die den Versorgungsausgleich bei eingetragenen Lebenspartnern betreffen (§ 269 Abs. 1 Nr. 7 FamFG in Verbindung mit § 20 Abs. 1, 3 LPartG), enthält § 270 Abs. 1 Satz 2 FamFG eine Regelung. Nach dem dort enthaltenen Verweis auf § 111 Nr. 7 FamFG finden die für Familiensachen geltenden Vorschriften auch auf Lebenspartnerschaftssachen entsprechend Anwendung.
Allgemeines
Zu den Versorgungsausgleichssachen gehören sämtliche Verfahren, die den Versorgungsausgleich zum Gegenstand haben. Wie der Wertausgleich im Einzelnen durchgeführt wird, spielt für die Beurteilung als Versorgungsausgleichssache keine Rolle. Versorgungsausgleichssachen können zum Beispiel im Wertausgleich bei der Scheidung (§§ 9 bis 19 VersAusglG) oder bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung (§§ 20 bis 26 VersAusglG) sowie bei Auskunftsansprüchen (§ 4 VersAusglG) vorliegen; vergleiche im Einzelnen Abschnitte 3.1 bis 3.5. Welche Verfahren nicht zu den Versorgungsausgleichssachen zählen, ist in Abschnitt 4 beschrieben.
Als Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gelten für den Versorgungsausgleich die gesamten Regelungen des FamFG, wobei die §§ 217 bis 229 FamFG Vorrang haben vor den Regelungen des allgemeinen Teils nach den §§ 1 ff. FamFG.
Definition der Versorgungsausgleichssachen
Versorgungsausgleichssachen zählen nach § 111 Nr. 7 FamFG zu den Familiensachen. Für das Verfahren in Familiensachen sind die Familiengerichte als Abteilungen der Amtsgerichte sachlich zuständig (§ 23a in Verbindung mit § 23b Abs. 1 GVG); siehe GRA zu § 218 FamFG. Versorgungsausgleichssachen können nur Verfahren sein, die den Familiengerichten zugewiesen sind. Verfahren, die anderen als den Familiengerichten zugewiesen sind (beispielsweise den Sozial-, Verwaltungs- oder Arbeitsgerichten), fallen nicht unter § 217 FamFG.
Nach dem Wortlaut des § 217 FamFG sind Versorgungsausgleichssachen Verfahren, die den Versorgungsausgleich betreffen.
Hierzu gehören Verfahren über
- den Wertausgleich bei der Scheidung und dessen Abänderung;
siehe Abschnitt 3.1
(§§ 9 bis 19 und §§ 27, 28, 31 VersAusglG; §§ 51, 52 FamFG, §§ 225, 226 FamFG), - den (schuldrechtlichen) Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung; siehe Abschnitt 3.2
(§§ 20 bis 26 VersAusglG), - die Wirksamkeit von Vereinbarungen; siehe Abschnitt 3.3
(§§ 6 bis 8 VersAusglG), - die Anpassung wegen Unterhalt; siehe Abschnitt 3.4
(§§ 33, 34 VersAusglG) sowie - Auskunftsansprüche beim Versorgungsausgleich; siehe Abschnitt 3.5
(§ 4 VersAusglG).
Verfahren über den Wertausgleich bei der Scheidung und dessen Abänderung
Ein Wertausgleich bei der Scheidung findet nach § 9 Abs. 2 VersAusglG vorrangig in Form der internen Teilung jedes Anrechts innerhalb des Versorgungssystems der ausgleichspflichtigen Person nach den §§ 10ff. VersAusglG statt. Nachrangig kann es auch zur externen Teilung nach den §§ 14 bis 17 VersAusglG kommen, indem ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei einem anderen Versorgungsträger als dem der ausgleichspflichtigen Person für die ausgleichsberechtigte Person begründet wird. Zu den Versorgungsausgleichssachen zählen auch Verfahren, in denen das Familiengericht den Wertausgleich bei der Scheidung ganz oder teilweise ausschließt (§ 3 Abs. 3, §§ 6 bis 8, § 18, § 27 VersAusglG). Selbst in Fällen eines vollständigen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs handelt es sich um Versorgungsausgleichssachen, da das Familiengericht in der Beschlussformel eine entsprechende Anordnung zu treffen hat (§ 224 Abs. 3 FamFG).
Verfahren über die Ausgleichsansprüche nach der Scheidung
Hierzu gehören Verfahren über den Anspruch auf Zahlung einer schuldrechtlichen Ausgleichsrente nach § 20 VersAusglG, die Abtretung von Versorgungsansprüchen nach § 21 VersAusglG, den Anspruch auf Ausgleich von Kapitalzahlungen nach § 22 VersAusglG, den Anspruch auf Abfindung nach den §§ 23, 24 VersAusglG, den Anspruch auf Teilhabe an einer Hinterbliebenenversorgung (sogenannter verlängerter schuldrechtlicher Versorgungsausgleich) nach §§ 25, 26 VersAusglG sowie den Anspruch auf Ausgleich eines Anrechts auf Privatvorsorge wegen Invalidität nach § 28 VersAusglG.
Verfahren über die Wirksamkeit von Vereinbarungen
Besteht zwischen den Ehegatten Streit über die Wirksamkeit einer getroffenen Vereinbarung nach den §§ 6 bis 8 VersAusglG, liegt eine Versorgungsausgleichssache vor. Haben die Ehegatten beispielsweise den Ausschluss des Wertausgleichs vereinbart und ist diese Vereinbarung nach Ansicht des Familiengerichts unwirksam, wäre der Versorgungsausgleich nach den gesetzlichen Regelungen durchzuführen.
Verfahren über die Anpassung wegen Unterhalt
Ebenfalls zu den Versorgungsausgleichssachen zählen Verfahren, in denen die Anpassung wegen Unterhalt nach den §§ 33, 34 VersAusglG beantragt wird. Gleiches gilt für Verfahren über die Abänderung der Anpassung wegen Unterhalt nach § 34 Abs. 6 VersAusglG, wenn sich die Unterhaltszahlungen der ausgleichspflichtigen Person geändert haben.
Verfahren über Auskunftsansprüche beim Versorgungsausgleich
Versorgungsausgleichssachen sind auch Verfahren über Auskunftsansprüche hinsichtlich der Versorgungsanrechte (§ 4 VersAusglG). Hierzu gehören beispielsweise Verfahren, mit denen zur Vorbereitung des Versorgungsausgleichs oder zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines Abänderungsantrags ein Auskunftsanspruch geltend gemacht wird. Die Auskunftsansprüche bestehen sowohl in Verfahren über den Wertausgleich bei der Scheidung (§§ 9 bis 19 VersAusglG) als auch in Verfahren über die schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 20 bis 26 VersAusglG).
Ausführliche Erläuterungen zu den Auskunftsansprüchen beim Versorgungsausgleich ergeben sich aus der GRA zu § 4 VersAusglG.
Abgrenzung zu anderen Verfahren, die keine Versorgungsausgleichssachen sind
Zu den Versorgungsausgleichssachen im Sinne des § 217 FamFG können nur Verfahren zählen, die nach § 13 GVG der ordentlichen Gerichtsbarkeit zugewiesen sind. Keine Versorgungsausgleichssachen sind daher Verfahren bei Streitigkeiten zwischen den Ehegatten und den Versorgungsträgern über den Bestand oder die Höhe von Versorgungsanrechten. Für diese Streitigkeiten sind die entsprechenden Fachgerichte (zum Beispiel die Sozialgerichte, Verwaltungsgerichte oder Arbeitsgerichte) zuständig. Kommt es im laufenden Versorgungsausgleichsverfahren beispielsweise zwischen dem Rentenversicherungsträger und einem Ehegatten zum Streit über die Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten oder deren Bewertung, und können sich dadurch Änderungen des Ehezeitanteils ergeben, sind diese zunächst vor dem Sozialgericht zu klären. Das laufende Versorgungsausgleichsverfahren ist gegebenenfalls vom Familiengericht auszusetzen (§ 221 Abs. 2, 3 FamFG).
Verfahren über die Anpassung wegen Invalidität der ausgleichspflichtigen Person oder Erreichens einer für sie geltenden besonderen Altersgrenze (§§ 35, 36 VersAusglG) und die Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person (§§ 37, 38 VersAusglG) sind ebenfalls keine Versorgungsausgleichssachen, da hierüber der jeweilige Versorgungsträger entscheidet (siehe auch BGH-Beschluss vom 06.03.2013, AZ: XII ZB 271/11, FamRZ 2013, 852).
Verfahrensvorschriften in Versorgungsausgleichssachen
Die Verfahren in Versorgungsausgleichssachen sind Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Für sie gelten daher ausschließlich die Verfahrensbestimmungen des FamFG (siehe hierzu auch § 111 FamFG). In erster Linie finden die allgemeinen Verfahrensvorschriften des FamFG nach den §§ 1 bis 110 FamFG Anwendung. Hinzu kommen die speziellen Vorschriften für Familiensachen der §§ 111 Nr. 7, 114, 116 Abs. 1 FamFG, die besonderen Vorschriften für Folgesachen der §§ 137, 139 f., 142 ff. FamFG in Verbundverfahren sowie die speziellen Regelungen zu den Versorgungsausgleichssachen nach den § 217 bis § 229 FamFG.
Grundsätzlich ist das Versorgungsausgleichsverfahren antragsunabhängig und als Folgesache der Scheidung vom Familiengericht von Amts wegen einzuleiten (§ 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Hier besteht ein sogenannter Zwangsverbund zwischen Scheidungssache und der Folgesache Versorgungsausgleich. Das Familiengericht verhandelt und entscheidet über den Versorgungsausgleich gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache. Für die Durchführung des Versorgungsausgleichs im Verbundverfahren ist nur ausnahmsweise ein Antrag erforderlich, wenn zum Beispiel Ausgleichsansprüche nach der Scheidung nach den §§ 20 bis 26 VersAusglG bereits im Scheidungsverfahren geregelt werden können.
In einem selbständigen Verfahren verhandelt und entscheidet das Familiengericht über den Versorgungsausgleich unabhängig von der Scheidungssache und nur auf Antrag. Selbständige Versorgungsausgleichsverfahren werden zum Beispiel in folgenden Fällen durchgeführt:
- nach Aufhebung der Ehe oder nach der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe,
- nach einer Scheidung im Ausland,
- beim Wertausgleich nach der Scheidung (§§ 20 bis 26 VersAusglG),
- bei der Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung (§§ 51, 52 VersAusglG, §§ 225, 226 FamFG),
- in Fällen der Anpassung wegen Unterhalt nach den §§ 33 bis 34 VersAusglG.
Die Verfahrensvorschriften des FamFG finden unabhängig davon Anwendung, ob über den Versorgungsausgleich im Verbund mit einer Ehesache (zum Beispiel Scheidungsverfahren) oder gesondert in einem selbständigen Verfahren zu entscheiden ist. In verfahrensrechtlicher Hinsicht bleiben die Scheidungssache und die einzelnen Folgesachen auch bei Verbundentscheidungen eigenständig (BGH-Beschlüsse vom 13.11.2013, AZ: XII ZB 414/13, FamRZ 2014, 109, und vom 27.11.2013, AZ: XII ZB 464/13).
Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) |
Inkrafttreten: 01.09.2009 Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/6308, BR-Drucksachen 309/07 und 617/08 |
Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) beinhaltet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).
§ 217 FamFG ersetzt die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden §§ 23 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 GVG und 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO.