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§ 226 FamFG: Durchführung einer Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

30.08.2023

Änderung

Die GRA wurde um Rechtsprechung des BGH ergänzt (Abschnitt 3. und 4.).

Dokumentdaten
Stand31.07.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts vom 12.05.2021 in Kraft getreten am 01.08.2021
Rechtsgrundlage

§ 226 FamFG

Version006.00

Inhalt der Regelung

In § 226 FamFG wird die Durchführung der Abänderung einer Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung nach § 225 FamFG geregelt.

Nach Absatz 1 können die Ehegatten, ihre Hinterbliebenen und die von der Abänderung betroffenen Versorgungsträger einen Antrag auf Abänderung stellen.

Die Antragstellung ist frühestens zwölf Monate vor dem Zeitpunkt zulässig, ab dem ein Ehegatte voraussichtlich eine laufende Versorgung aus dem abzuändernden Anrecht bezieht oder dies aufgrund der Abänderung zu erwarten ist (Absatz 2).

Durch den Verweis in Absatz 3 auf § 27 VersAusglG wird geregelt, dass eine Abänderung nicht stattfindet, sofern dies grob unbillig wäre.

Nach Absatz 4 wirkt die Abänderung ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung beim Familiengericht folgt.

Absatz 5 enthält Regelungen für den Fall, dass ein Ehegatte während des Abänderungsverfahrens verstirbt. Verstirbt der Ehegatte, der den Antrag auf Abänderung gestellt hat, vor dem Eintritt der Rechtskraft der Endentscheidung, weist das Gericht die übrigen antragsberechtigten Beteiligten auf die Möglichkeit der Fortsetzung des Verfahrens hin. Die Fortsetzung des Verfahrens muss innerhalb einer Frist von einem Monat gegenüber dem Familiengericht erklärt werden. Wird die Fortführung nicht innerhalb der Frist verlangt, so gilt das Verfahren in der Hauptsache als erledigt. Stirbt der Ehegatte, der den Antrag nicht gestellt hat, wird das Verfahren gegen dessen Erben fortgesetzt.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 226 FamFG ist im Zusammenhang mit den Regelungen des VersAusglG zu sehen und ergänzt den § 225 FamFG, in dem die Voraussetzungen für die Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung geregelt sind.

Für den Ausschluss einer Abänderung wegen Unbilligkeit wird auf § 27 VersAusglG verwiesen.

In der Übergangsregelung des § 52 VersAusglG wird auf § 226 FamFG verwiesen.

Weitere ergänzende Regelungen können der GRA zu § 225 FamFG, Abschnitt 1.2 entnommen werden.

Allgemeines

Für die Durchführung eines Abänderungsverfahrens ist das Familiengericht zuständig (siehe auch GRA zu § 225 FamFG, Abschnitt 4.5).

Die Antragsberechtigung für die geschiedenen Ehegatten, deren Hinterbliebene und die betroffenen Versorgungsträger entspricht dem bis 31.08.2009 geltenden § 10a Abs. 4 VAHRG.

Ein Antrag auf Abänderung des Versorgungsausgleichs hat verfahrenseinleitende Wirkung. Im Verfahren selbst gilt für das Familiengericht der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG). Das bedeutet, eine genaue Bezifferung in Bezug auf die Anrechte ist bei Antragstellung nicht erforderlich, aus dem Abänderungsantrag muss sich jedoch ergeben, auf welche Anrechte sich der Antrag bezieht.

Durch die Festlegung, zu welchem Zeitpunkt ein Antrag auf Abänderung frühestens gestellt werden darf, wird nicht mehr wie in der Vorgängerregelung (§ 10a Abs. 5 VAHRG) alternativ auf das Lebensalter oder den Leistungsbeginn, sondern nur noch auf den bevorstehenden Leistungsbeginn abgestellt.

Der Zeitpunkt für den Eintritt der Wirkung einer Abänderungsentscheidung entspricht dem aus der bis 31.08.2009 geltenden Vorgängerregelung (§ 10a Abs. 7 S. 1 VAHRG). Der Wirkungszeitpunkt einer Abänderungsentscheidung unterscheidet sich von dem einer Erstentscheidung:

  • Die Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich wird mit der Rechtskraft wirksam (§ 224 Abs. 1 FamFG) und entfaltet ab diesem Zeitpunkt ihre Wirkung. Bei einer Rente erfolgt die Berücksichtigung grundsätzlich ab dem Ersten des Folgemonats der Wirksamkeit (§ 101 Abs. 3 S. 1 SGB VI).
  • Die Abänderungsentscheidung wird ebenfalls mit der Rechtskraft wirksam, wirkt aber auf den der Antragstellung folgenden Monatsersten zurück. Damit geht die Dauer des Abänderungsverfahrens nicht zu Lasten des Antragstellers. Bei Renten erfolgt die Berücksichtigung regelmäßig für die Vergangenheit, bezogen auf den Zeitpunkt der Wirkung (§ 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI).

Beachte:

Die Begriffe „Wirkung“ und „Wirksamkeit“ einer Abänderungsentscheidung müssen unterschieden werden (siehe Abschnitt 6).

Im Zusammenhang mit dem zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Grundrentengesetz vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879) weisen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei vor dem 01.01.2021 eingeleiteten Abänderungsverfahren in Auskünften an das Familiengericht darauf hin, wenn sich Ehezeitanteil und Ausgleichswert ab 01.01.2021 durch den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung verändert haben und deshalb eine geteilte Beschlussformel für das entsprechende Anrecht erforderlich ist (AGVR 1/2020, TOP 8). Die Verfahrensweise entspricht der bei Einführung der sogenannten „Mütterrente“ zum 01.07.2014 und zum 01.01.2019, weil auch hier zusätzliche Entgeltpunkte erst mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zu berücksichtigen waren. In der familiengerichtlichen Beschlussformel muss insoweit zwischen einem Ausgleichswert vor der Rechtsänderung (noch keine Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung) und einem Ausgleichswert ab der Rechtsänderung (Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung) unterschieden werden. Das bedeutet, Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung dürfen im Rahmen einer Abänderung frühestens für die Zeit ab 01.01.2021 übertragen werden, nicht bereits ab einem vor dem 01.01.2021 liegenden Zeitpunkt (siehe § 226 Abs. 4 FamFG).

Antragsberechtigter Personenkreis (Absatz 1)

Antragsberechtigt sind die früheren Ehegatten, ihre Hinterbliebenen und die von der Abänderung betroffenen Versorgungsträger.

Den Versorgungsträgern wurde ein Antragsrecht in Bezug auf abänderungsfähige Anrechte im Sinne des § 32 VersAusglG eingeräumt, damit diese Versorgungsausgleichsentscheidungen nicht umsetzen müssen, die sich einseitig zu deren Lasten auswirken würden. Es kann sich um Fälle handeln, in denen ein Versorgungsträger entsprechende Anrechte abgegeben oder aufgenommen hat. Bei der Antragstellung durch den Versorgungsträger ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Abänderung nicht allein zu seinen Gunsten auswirken darf (§ 225 Abs. 5 FamFG; entsprechend BGH vom 28.09.2005, AZ: XII ZB 31/03, FamRZ 2005, 2055). Die Abänderung muss sich zugunsten eines Ehegatten oder seiner Hinterbliebenen auswirken (siehe GRA zu § 225 FamFG, Abschnitt 7).

Nach dem Tod des ausgleichsberechtigten Ehegatten kann das Abänderungsverfahren auch durch Hinterbliebene des ebenfalls verstorbenen ausgleichspflichtigen Ehegatten beantragt werden. Es richtet sich dann gegen die Erben, die als Antragsgegner hinzuzuziehen sind (zu §§ 31, 51 VersAusglG vergleiche BGH vom 14.12.2022, AZ: XII ZB 318/22, FamRZ 2023, 358-361).

Der Träger der Sozialhilfe ist nicht nach § 95 SGB XII berechtigt, eine Abänderung der Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nach dem Recht bis 31.08.2009 zu beantragen, die sich ausschließlich auf eine Neubewertung eines Anrechts einer privatrechtlichen betrieblichen Altersversorgung stützt (BGH vom 18.01.2017, AZ: XII ZB 98/16, FamRZ 2017, 515).

Abänderungsanträge durch Rentenversicherungsträger

In Versorgungsausgleichsverfahren nehmen die Rentenversicherungsträger eine neutrale Stellung ein. Das heißt, sie vertreten in diesen Verfahren die Interessen der Versichertengemeinschaft, nicht die Interessen einzelner Versicherter (AGFAVR Sondersitzung vom 12.02.2014, TOP 3 Anlage 1).

Die Rentenversicherungsträger machen deshalb von ihrem Antragsrecht grundsätzlich keinen Gebrauch.

Es besteht auch keine Verpflichtung der Rentenversicherungsträger, die geschiedenen Ehegatten in Bezug auf eine Antragstellung zur Abänderung des Versorgungsausgleichs zu beraten (vergleiche AGVA 2/2010, TOP 4, Abschnitt 2.5.3). Geht allerdings aus einer Anfrage eines Versicherten ein konkretes Beratungsbegehren hinsichtlich der Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich hervor, so bleibt die Möglichkeit, allgemein über die Abänderung, zum Beispiel mit dem entsprechenden Merkblatt zu informieren (AGVA 3/2009, TOP 5).

Aufgrund der ab dem 01.01.2022 bestehenden Rechtslage dürfen Anträge von den Rentenversicherungsträgern bei Gerichten grundsätzlich nur auf elektronischem Weg gestellt werden (siehe GRA zu § 14b FamFG).

Prüfung einer Abänderungsmöglichkeit

Die Rentenversicherungsträger prüfen die Möglichkeit einer Abänderung unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 225, 226 FamFG, wenn (vergleiche AGVA 2/2010, TOP 4 und AGVA 2/2010, TOP 15.2)

  • eine ausgleichspflichtige Person in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert wurde,
  • bei einer ausgleichspflichtigen Person für die Ehezeit zu Unrecht gezahlte Beiträge wegen einer Beanstandung nach § 26 SGB IV bei der Rentenberechnung nicht mehr zu berücksichtigen sind oder
  • Abschläge an Entgeltpunkten aus dem Versorgungsausgleich nicht vollständig bei den noch vorhandenen Entgeltpunkten der ausgleichspflichtigen Person berücksichtigt werden können, weil die Bewertung rentenrechtlicher Zeiten in der Ehezeit aufgrund von Rechtsänderungen verändert wurde, beispielsweise aufgrund der Änderung des § 254d Abs. 3 SGB VI zum 01.01.2010.

Ferner kann auch eine Beitragserstattung nach § 286f SGB VI an einen Versorgungsträger dazu führen, dass ein Abschlag aus der internen Teilung bei der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr von den (verbliebenen) Anrechten abziehbar ist. Die Erstattungsregelung wurde zum 01.01.2016 im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2517) in das SGB VI eingefügt.

Einen weiteren Grund, die Einleitung eines Abänderungsverfahrens zu prüfen, stellt die Tatsache dar, dass die Minderung eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach § 76g SGB VI (siehe das zum 01.01.2021 in Kraft getretene Grundrentengesetz vom 12.08.2020, BGBl. I S. 1879) aus einem Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt werden kann, weil sich bei Rentenbeginn kein Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach § 76g SGB VI mehr in ausreichender Höhe ergibt (AGVR 1/2020, TOP 8).

Hinweis:

Zur Abänderung von Versorgungsausgleichsentscheidungen auf der Grundlage des bis 31.08.2009 geltenden Rechts siehe GRA zu § 52 VersAusglG, Abschnitt 3.1.1.

Keine Abänderung

Kein Grund für einen Abänderungsantrag ergibt sich für die gesetzliche Rentenversicherung allein aus der Einführung der internen Teilung für Beamte der Länder oder Kommunen nach einem rechtskräftig im Wege der externen Teilung (§ 16 VersAusglG) durchgeführten Versorgungsausgleich (AGVA 1/2010, TOP 2).

Die mit dem RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06.2014 (BGBl. I S. 787) verbundenen rechtlichen Änderungen (sogenannte „Mütterrente I“) stellen für sich allein betrachtet ebenfalls keinen Grund für die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung dar, eine Abänderung des Wertausgleichs beim Familiengericht zu beantragen (AGFAVR Sondersitzung vom 12.02.2014, TOP 3 Anlage 1). Das gilt entsprechend für die mit dem RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016) verbundenen rechtlichen Änderungen (sogenannte „Mütterrente II“).

Die Änderung des Ehezeitanteils allein aufgrund der zum 01.01.2021 durch das Grundrentengesetz vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879) eingeführten Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung stellt für die Rentenversicherungsträger keinen Grund dar, die Einleitung eines Abänderungsverfahrens zu prüfen (AGVR 1/2020, TOP 8).

Allein zur Korrektur von Fehlern in der Ausgangsentscheidung ist ein Abänderungsantrag nicht zulässig. Denn bloße Fehler der Ausgangsentscheidung, wie Rechen- und Methodenfehler, ungenügende Berechnungsgrundlagen, eine fehlerhafte Bestimmung der Ehezeit oder unrichtige Auskünfte der Versorgungsträger, eröffnen das Abänderungsverfahren nach § 225 FamFG nicht (BGH vom 27.05.2015, AZ: XII ZB 564/12); siehe auch GRA zu § 225 FamFG, Abschnitt 2.2.

Zeitpunkt für die Antragstellung (Absatz 2)

Ein Abänderungsantrag beim Familiengericht ist frühestens zwölf Monate vor dem Zeitpunkt zulässig, ab dem ein Ehegatte voraussichtlich eine laufende Versorgung aus dem abzuändernden Anrecht bezieht oder dies aufgrund der Abänderung zu erwarten ist (siehe auch BGH vom 16.09.2015, AZ: XII ZB 166/13, FamRZ 2015, 2130). Nach der Rechtslage bis zum 31.07.2021 konnten Abänderungsanträge frühestens sechs Monate vor einem voraussichtlichen Leistungsbezug gestellt werden (vergleiche Abschnitt „Historie“).

Ein Abänderungsverfahren kann nach dem Tod beider früherer Ehegatten auch durch Hinterbliebene des ausgleichspflichtigen Ehegatten beantragt werden. Es richtet sich dann gegen die Erben des anderen verstorbenen früheren Ehegatten, die als Antragsgegner hinzuzuziehen sind (BGH vom 14.12.2022, AZ: XII ZB 318/22, FamRZ 2023, 358-361).

Durch die Antragstellung kurz vor der Gewährung einer Versorgung werden sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Änderungen in Bezug auf das entsprechende Anrecht in einem Verfahren berücksichtigt. Weitere Abänderungsverfahren werden dadurch in der Regel vermieden.

Bezogen auf die gesetzliche Rentenversicherung ergibt sich die Antragsberechtigung regelmäßig zwölf Monate vor der Erfüllung der Voraussetzungen für eine (vorgezogene) Altersrente. Bei Erwartung einer Erwerbsminderungsrente ist eine Antragstellung für eine Abänderung beim Familiengericht frühestens zum Zeitpunkt des Antrags auf Erwerbsminderungsrente zulässig. Anders als bei der Altersrente ist der Leistungsfall der Erwerbsminderung nicht längere Zeit im Voraus absehbar.

Die Zulässigkeit eines Antrages auf Abänderung ist vom Familiengericht zu prüfen und nicht vom Rentenversicherungsträger. Eine Auskunft im Rahmen einer Abänderung an das Familiengericht ist selbst dann zu erteilen, wenn der Antragsteller nicht innerhalb der 6-Monats-Frist eine Rente erhalten wird (RBRTS 1/2010, TOP 17). Das gilt entsprechend für die ab 01.08.2021 maßgebende 12-Monat-Frist.

Durch die Abänderung des Versorgungsausgleichs können unter Umständen die Voraussetzungen für eine Leistung erfüllt werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person weitere Wartezeitmonate erwirbt (§ 52 SGB VI). Insoweit kann auch zu diesem Zweck ein Antrag gestellt werden (siehe GRA zu § 225 FamFG, Abschnitt 6). Dabei ist der Einstieg in eine Abänderung nach § 225 Abs. 4 FamFG jedoch nur dann eröffnet, wenn durch die Abänderung für eine bereits bestehende Anwartschaft eine Wartezeit erfüllt wird, also vor der Abänderung entsprechende Anrechte vorhanden sind, die durch die Abänderung gesteigert werden. Ergibt sich das Anrecht, mit dem die Wartezeit erfüllt wird, allein aus der Abänderung des Versorgungsausgleichs, ist diese Einstiegsvoraussetzung für eine Abänderung nicht erfüllt (BGH vom 01.06.2022, AZ: XII ZB 54/22, FamRZ 2023, 1522-1523).

Keine Abänderung bei grober Unbilligkeit (Absatz 3)

Eine Abänderung findet ausnahmsweise nicht statt, soweit deren Durchführung grob unbillig (§ 27 VersAusglG) wäre. Das ist der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von einer Abänderung abzusehen. Die Prüfung nimmt das Familiengericht vor. Zu berücksichtigen sind hierbei

  • die wirtschaftlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten, insbesondere der nacheheliche Erwerb von Anrechten,
  • die jeweilige Bedürftigkeit und
  • die Gründe für die Veränderung des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts.

Geprüft werden nur solche Umstände, die nachträglich entstanden sind. Daher bleiben die bereits bei der Ausgangsentscheidung vorliegenden, aber nicht geltend gemachten, beziehungsweise nicht berücksichtigten Umstände im Abänderungsverfahren außer Betracht.

Eine Abänderung könnte unbillig sein, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der ausgleichsberechtigten Person gesicherter sind als die der ausgleichspflichtigen Person und die ausgleichsberechtigte Person eine Erhöhung des Ausgleichsanspruchs für ein bestimmtes Anrecht fordert.

Der Umfang der Abänderung kann auch wegen Unbilligkeit beschränkt werden (siehe zum Beispiel BGH vom 01.04.2015, AZ: XII ZB 701/13, FamRZ 2015, 998 und BGH vom 16.12.2015, AZ: XII ZB 450/13, FamRZ 2016, 697).

Im Rahmen der Härteklausel ist es aber nicht gerechtfertigt, aus Billigkeitsgründen zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr existierende Rentenanwartschaften als fortbestehend zu fingieren (vergleiche BGH vom 28.09.2005, AZ: XII ZB 31/03, FamRZ 2005, 2055). Derartige Fälle können nach Beitragserstattungen auftreten.

Wirkung einer Abänderungsentscheidung (Absatz 4)

Eine familiengerichtliche Abänderungsentscheidung hat – wie eine Erstentscheidung über den Versorgungsausgleich – rechtsgestaltende Wirkung. Sie wirkt zurück auf den ersten Tag des Monats, der dem Monat der Antragstellung beim Familiengericht folgt. Die Rückwirkung kann sich jedoch erst ergeben, wenn die familiengerichtliche Entscheidung rechtskräftig geworden ist.

Bei Abänderungsentscheidungen ist insoweit zwischen dem Zeitpunkt der Wirkung und dem Eintritt der Wirksamkeit (Rechtskraft) zu unterscheiden.

Endentscheidungen, die den Versorgungsausgleich betreffen, werden erst mit der Rechtskraft wirksam (§ 224 Abs. 1 FamFG). Die Rechtskraft einer Entscheidung über den Versorgungsausgleich tritt ein, wenn die Frist für die Einlegung eines zulässigen Rechtsmittels abgelaufen ist und kein Rechtsmittel eingelegt wurde (§ 45 FamFG) und sie hat rechtsgestaltende Wirkung (siehe GRA zu § 10 VersAusglG, Abschnitt 3 und GRA zu § 14 VersAusglG, Abschnitt 4.4).

Maßgebend für den Zeitpunkt der Antragstellung ist der Eingang des entsprechenden Antrags beim Familiengericht. Der Zeitpunkt, zu dem der Abänderungsantrag dem anderen geschiedenen Ehegatten zugestellt wird, ist unerheblich.

In einer Abänderungsentscheidung können auch mehrere Zeitpunkte angeordnet werden, zu denen sich ein Wertausgleich in Bezug auf bestimmte Anrechte auswirkt. Wurde beispielsweise ein Abänderungsantrag vor dem 01.06.2014 gestellt und sind in der gesetzlichen Rentenversicherung die Auswirkungen der sogenannten „Mütterrente I“ in der Abänderungsentscheidung zu berücksichtigen, sind für die Übertragung von Entgeltpunkten die Zeit bis zum 30.06.2014 und die Zeit ab 01.07.2014 gesondert auszuweisen (BGH vom 03.02.2016, AZ: XII ZB 313/15, FamRZ 2016, 791). Für die zum 01.01.2019 eingeführte sogenannte „Mütterrente II“ (siehe RV-Leistungsverbesserungs- und -Stabilisierungsgesetz vom 28.11.2018 (BGBl. I S. 2016)) gilt das entsprechend, wenn das Abänderungsverfahren vor dem 01.12.2018 eingeleitet und erst nach dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung entschieden wurde. Ein weiteres Beispiel ergibt sich aus den zum 01.01.2021 mit dem Grundrentengesetz vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879) eingeführten Zuschlägen an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung, wenn ein Abänderungsverfahren vor dem 01.12.2020 eingeleitet worden ist.

Auswirkungen einer Abänderung in der gesetzlichen Rentenversicherung

Die Erhöhung oder Minderung einer Rente nach einer wirksamen Abänderungsentscheidung richtet sich nach § 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI (siehe GRA zu § 101 SGB VI, Abschnitt 5.2). Auf die Geltendmachung des Schuldnerschutzes wird von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 01.06.2021 verzichtet (siehe GRA zu § 30 VersAusglG, Abschnitt 2.2).

Bei einer Abänderung des Versorgungsausgleichs kann die ausgleichsberechtigte Person zusätzliche Wartezeitmonate erwerben (siehe GRA zu § 52 SGB VI, Abschnitt 3.2.2). Liegen die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung (zum Beispiel das entsprechende Lebensalter) bis auf die erforderliche Wartezeit bereits vor und wird die Wartezeit erst durch die Abänderungsentscheidung erfüllt, kann die Rente ab dem ersten Tag des Monats beginnen, der auf den Monat der Antragstellung für die Abänderung folgt. Voraussetzung hierfür ist, dass der Rentenantrag rechtzeitig gestellt wird. Der Rentenversicherungsträger weist bei einem Anspruch auf Regelaltersrente auf die Möglichkeit einer Rentenantragstellung hin (§ 115 Abs. 6 SGB VI). Die Information erfolgt durch einen individuellen Hinweis oder im Rahmen einer Rentenauskunft, wenn durch die Abänderung einer familiengerichtlichen Entscheidung erstmals die Wartezeit für einen Rentenanspruch erfüllt wird. Wird der Rentenantrag innerhalb von drei Kalendermonaten nach Zugang der Rentenauskunft unter Einbeziehung der Abänderungsentscheidung gestellt, kann die Rente zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen (vergleiche AGVA 1/2013, TOP 3 und AGVA 2/2013, TOP 17.2). Das heißt, die Antragsfrist des § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI beginnt regelmäßig mit dem Zugang der Rentenauskunft beim Versicherten (siehe auch GRA zu § 52 VersAusglG, Abschnitt 3.5.4 und Beispiel 3).

Mindert sich durch die Abänderungsentscheidung der Zuschlag an Entgeltpunkten oder der Zuwachs an Entgeltpunkten, entfällt eine bereits von der ausgleichsberechtigten Person erfüllte Wartezeit nicht (§ 52 Abs. 1 S. 4 SGB VI). Waren beispielsweise aufgrund der Ausgangsentscheidung 60 Monate für die Wartezeit festgestellt worden und ergeben sich nach der Abänderungsentscheidung nur noch 50 Monate, dann gilt die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten weiter als erfüllt.

Wird bei einer laufend gezahlten und um den Versorgungsausgleich gekürzten Rente eine Anpassung wegen Unterhalt (§ 33 VersAusglG) gewährt, kann dadurch die Kürzung ganz oder teilweise ausgesetzt werden. Durch eine Abänderung des Versorgungsausgleichs kann sich die Höhe der Rentenkürzung vermindern, sodass der Anpassungsbetrag wegen Unterhalt auf die sich dann ergebende geringere Höhe der Rentenkürzung zu begrenzen wäre (siehe AGVA 3/2010, TOP 3 Anlage 2). Weitere Hinweise ergeben sich aus der GRA zu § 33 VersAusglG; zur Kürzungsmöglichkeit des Anpassungsbetrags siehe auch GRA zu § 52 VersAusglG, Abschnitt 3.5.2.

Bei einer Anpassung wegen Invalidität der ausgleichspflichtigen Person oder einer für sie geltenden besonderen Altersgrenze (§ 35 VersAusglG) ist ebenfalls eine Begrenzung des Anpassungsbetrags nach einer Abänderung des Versorgungsausgleichs möglich (GRA zu § 36 VersAusglG, Abschnitt 8).

Hat die ausgleichspflichtige Person ihre aufgrund der Ausgangsentscheidung um einen Abschlag an Entgeltpunkten geminderten Rentenanrechte durch Beitragszahlung wieder aufgefüllt (§ 187 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) und hat sich der Abschlag durch die Abänderungsentscheidung gemindert, sind die zu viel gezahlten Beiträge unter Anrechnung der gewährten Leistungen zurückzuzahlen (§ 187 Abs. 7 SGB VI, § 281a Abs. 4 SGB VI).

Hat ein Versorgungsträger aufgrund einer Entscheidung über eine externe Teilung (§ 16 VersAusglG) einen Abfindungsbetrag gezahlt und wurde das begründete Anrecht durch die Abänderungsentscheidung gemindert oder ist es weggefallen, kommt eine Rückzahlung nach § 187 Abs. 7 SGB VI entsprechend in Betracht (§ 225 Abs. 2 S. 3 SGB VI).

Tod eines Ehegatten während des Abänderungsverfahrens (Absatz 5)

In § 226 Abs. 5 FamFG wird eine Regelung für den Fall getroffen, dass einer der geschiedenen Ehegatten vor Abschluss des Abänderungsverfahrens verstirbt. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen dem Tod

  • des Antragstellers (siehe Abschnitt 7.1) und
  • des Antragsgegners (siehe Abschnitt 7.2).

Tod des Antragstellers

Stirbt die Person, die den Abänderungsantrag gestellt hat, vor der Rechtskraft der Endentscheidung (hier: Abänderungsentscheidung über den Wertausgleich), wird das Verfahren nur fortgesetzt, wenn ein antragsberechtigter Beteiligter (§ 226 Abs. 1 FamFG) dies innerhalb einer Frist von einem Monat gegenüber dem Gericht erklärt. Hierauf hat das Gericht die Beteiligten hinzuweisen. Die Ausschlussfrist von einem Monat beginnt bei den antragsberechtigten Beteiligten erst zu laufen, wenn der gerichtliche Hinweis zugeht.

Verlangt kein antragsberechtigter Beteiligter innerhalb der Ausschlussfrist von einem Monat die Fortsetzung des Verfahrens, gilt es in der Hauptsache als erledigt.

Die Versäumung der Ausschlussfrist steht jedoch der Einleitung eines eigenständigen Abänderungsverfahrens durch einen antragsberechtigten Hinterbliebenen nicht entgegen (zur Vorgängerregelung in § 10a Abs. 10 VAHRG in der Fassung bis 31.08.2009 siehe BGH vom 19.08.1998, AZ: XII ZB 43/97, FamRZ 1998, 1504).

Tod des Antragsgegners

Stirbt die Person, die den Abänderungsantrag nicht gestellt hat, so wird das Verfahren gegen deren Erben fortgesetzt, denn die begehrte Abänderung kann sich für die antragstellende (überlebende) Person auswirken. Inwieweit die Regelung in § 31 VersAusglG in Verfahren nach den § 225 FamFG und § 226 FamFG Anwendung findet, bei denen nur einzelne Anrechte aus Regelsicherungssystemen abgeändert werden können, wurde bisher aber noch nicht höchstrichterlich entschieden (siehe auch GRA zu § 31 VersAusglG).

 

Gesetz zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts vom 12.05.2021 (BGBl. I S. 1085)

Inkrafttreten: 01.08.2021

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 19/21; BT-Drucksache 19/26838

Durch Artikel 2 Nummer 3 des Gesetzes wurde in Absatz 2 das Wort „sechs“ durch das Wort „zwölf“ ersetzt und insoweit der Zeitraum für die Antragstellung erweitert.

Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 343/08; BT-Drucksache 16/10144

Durch Artikel 2 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) wurde das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geändert.

Mit Nummer 5 des oben genannten Gesetzes wurden die §§ 219 bis 229 FamFG neu gefasst. Der § 226 FamFG regelt die Durchführung einer Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung.

Das bis 31.08.2009 geltende Recht zur Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung (§ 10a VAHRG) wurde auf zwei Vorschriften (§§ 225 und 226 FamFG) aufgeteilt und inhaltlich an das mit der Strukturreform des Rechts des Versorgungsausgleichs eingeführte Recht angepasst.

FGG-Reformgesetz (FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksachen 309/07, 617/08; BT-Drucksachen 16/6308, 16/9733

Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) beinhaltet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG).

Die Regelung in § 226 FamFG in der Fassung des oben genannten Gesetzes betraf die einstweilige Anordnung im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich. Das Gericht konnte durch einstweilige Anordnung abweichend von § 49 FamFG auf Antrag des Berechtigten oder der Witwe oder des Witwers des Verpflichteten die Zahlung der Ausgleichsrente nach § 3a Abs. 1 und 5 VAHRG und die an die Witwe oder den Witwer zu zahlende Hinterbliebenenversorgung regeln.

Durch Artikel 2 Nummer 5 des VAStrRefG vom 03.04.2009 wurde die Vorschrift - vor dem Inkrafttreten - neu gefasst.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 226 FamFG