B 13 R 86/09 R
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. April 2009 wird hinsichtlich des Anspruchs auf Halbwaisenrente für die Monate Juni und Juli 2005 zurückgewiesen.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Halbwaisenrente für die ersten vier Kalendermonate des Zeitraums zwischen Beendigung der Schulausbildung und Aufnahme eines Studiums.
Der im Dezember 1985 geborene Kläger bezog nach dem Tod seines Vaters (27.1.2000) Halbwaisenrente. Die Leistung wurde nach den Feststellungen des LSG zuletzt in Höhe von monatlich 226,48 Euro gewährt und nach einer Mitteilung des Klägers, er werde die Schulausbildung voraussichtlich bis zum 31.3.2005 beenden, ab April 2005 nicht mehr gezahlt. Zuvor hatte die Beklagte, wie die Beteiligten im Revisionsverfahren übereinstimmend erklärt haben, mit Bescheid vom 17.11.2003 den Waisenrentenanspruch des Klägers bis zum 31.12.2012 (Vollendung des 27. Lebensjahres) befristet.
Der Kläger übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 3.4.2005 eine Bescheinigung seines Gymnasiums, die als Ende der Ausbildung den 11.3.2005 auswies. Zugleich teilte er mit, aufgrund des vorgezogenen Abiturs in Rheinland-Pfalz (sog "Mainzer Studienstufe") und seiner Entscheidung, das Fach Politologie nicht an einer rheinland-pfälzischen Hochschule zu studieren, werde sich die Wartezeit bis zum Wintersemester 2005/06 verlängern. Mit Bescheid vom 4.5.2005 lehnte die Beklagte die Weitergewährung der Waisenrente über den 1.4.2005 hinaus ab, weil zwischen zwei Ausbildungsabschnitten nur vier Kalendermonate liegen dürften. Der Kläger focht diesen Bescheid nicht an. Ab Oktober 2005 bewilligte ihm die Beklagte antragsgemäß erneut Halbwaisenrente.
Im Februar 2007 machte der Kläger unter Hinweis auf ein Urteil des SG Speyer einen Anspruch auf Nachzahlung der Halbwaisenrente für die Monate April bis September 2005 in Höhe von insgesamt 1.358,88 Euro geltend. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21.2.2007 eine Korrektur ihres Bescheids vom 4.5.2005 ab, da weder von einem falschen Sachverhalt ausgegangen noch das Recht unrichtig angewandt worden sei. Den auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützten Widerspruch des Klägers wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 21.5.2007).
Auf die Klage hat das SG den Bescheid vom 21.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.5.2007 teilweise aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter teilweiser Rücknahme des Bescheids vom 4.5.2005 für die Monate April bis Juli 2005 Halbwaisenrente zu zahlen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil des SG Speyer vom 10.9.2008). Nach Ansicht des SG lag in diesen Monaten kein Ausschlussgrund gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI vor; die Rechtsprechung des BSG zum Fortbestehen des Anspruchs auf Waisenrente für vier Monate, wenn bei Beendigung des Wehr- oder Zivildienstes bekannt sei, dass die weitere Berufsausbildung erst nach Ablauf von mehr als vier Monaten aufgenommen oder fortgesetzt werden könne, sei auch auf den Fall des Klägers sowie unter der ab 1.8.2004 maßgeblichen Rechtslage nach dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz (RVNG - vom 21.7.2004, BGBl I 1791) weiterhin anwendbar.
Auf die Berufung (nur) der Beklagten hat das LSG die Entscheidung des SG abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen (Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 22.4.2009 - Juris). Der erkennende 6. Senat sei in Übereinstimmung mit dem LSG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 15.9.2006 - L 1 R 1048/06 - Juris) der Überzeugung, die Neuregelung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI durch das RVNG enthalte nach ihrem Wortlaut eine Fortentwicklung der bisherigen Rechtsprechung des BSG. Diese sei auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht zu beanstanden; der Gesetzgeber sei zu einer typisierenden Regelung des Versicherungsrisikos befugt gewesen und habe die Gruppe der Waisen, bei denen zwischen dem Ende der Schulausbildung und dem möglichen Beginn der Hochschulausbildung mehr als vier Kalendermonate lägen, außer Acht lassen dürfen. Bei längeren Zwischenzeiten dürften und müssten sich die Ausbildungswilligen darauf einstellen, diese mit eigener Erwerbstätigkeit zu überbrücken. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift sei nicht erforderlich, denn sie behandle alle Waisen gleich, deren Übergangszeit zwischen zwei wie auch immer gearteten Ausbildungsabschnitten länger als vier Monate dauere. Der Kläger könne auch aus der Entscheidung des BSG vom 17.4.2008 (BSGE 100, 210 = SozR 4-2600 § 48 Nr. 3) nichts für sich herleiten, zumal dieses Urteil zur waisenrentenunschädlichen Unterbrechung einer Übergangszeit durch eine Elternzeit noch auf der alten Rechtslage des Jahres 2002 beruhe.
Der Kläger rügt mit der vom Senat zugelassenen Revision eine Verletzung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI sowie des Art 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung durch das RVNG lediglich klarstellen wollen, dass der bisherigen Rechtsprechung des BSG zu den Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder dem Wehr-/Zivildienst, die aus organisatorischen Gründen unvermeidbar seien, gefolgt werden solle. Unstreitig sei er - der Kläger - von einer solchen unvermeidbaren Zwangspause aufgrund des besonderen Schulsystems in Rheinland-Pfalz betroffen. Dieses ermögliche es einem Schüler nicht, im März eines Jahres zu erkennen, ob die Ausbildungspause länger als vier Monate dauern werde. Der Gesetzgeber habe den ausbildungswilligen Waisen im Falle einer längeren Ausbildungspause jedenfalls für vier Monate eine Unterhaltsmöglichkeit verschaffen wollen; das sei der Versichertengemeinschaft im Hinblick auf die Beiträge des verstorbenen Versicherten auch zumutbar. Im Übrigen sei dem Wortlaut von § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI nicht zu entnehmen, dass bei einer längeren Ausbildungspause die Waisenrente überhaupt nicht zu zahlen sei; eindeutig geregelt sei lediglich, dass die Rente keinesfalls länger als vier Monate gezahlt werden könne. Eine entsprechende Auslegung sei überdies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Auszubildenden gegenüber den Wehr- oder Zivildienstleistenden geboten, denn rechtfertigende Gründe für eine unterschiedliche Behandlung dieser Gruppen seien nicht ersichtlich; der offene Wortlaut der Norm lasse eine solche Auslegung zu.
Der Kläger beantragt,
- das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. April 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 10. September 2008 zurückzuweisen,
hilfsweise,
- das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. April 2009 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 165 Satz 1 iVm § 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet abschließend über die Revision des Klägers durch Teilurteil (§ 202 SGG iVm § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nur insoweit, als dieser einen Anspruch auf Halbwaisenrente für die Monate Juni und Juli 2005 geltend macht. Nur in diesem Umfang ist das Rechtsmittel derzeit zu einer Endentscheidung reif (§ 300 Abs. 1 ZPO - hierzu im Einzelnen unter 4.). Der Erlass eines Teilurteils ist einem Aufschub der Entscheidung vorzuziehen (vgl § 301 Abs. 2 ZPO), da auf diese Weise die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, welche zur Zulassung der Revision geführt hat und die für die laufende Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger von aktueller Bedeutung ist, so zeitnah wie möglich geklärt werden kann.
Hinsichtlich des auf diese Weise umgrenzten Streitgegenstands ist die Revision des Klägers nicht begründet. Das LSG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass der Kläger die Zahlung von Halbwaisenrente für die Monate Juni und Juli 2005 nicht beanspruchen kann.
1. Verfahrenshindernisse, die bei zulässiger Revision von Amts wegen zu beachten sind, stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen; insbesondere war bei einer Beschwer der Beklagten durch das Urteil des SG im Umfang von (4 x 226,48 =) 905,92 Euro die Berufungssumme von 750 Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten.
2. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Varianten 1 und 3, § 56 SGG; mit ihr begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zum Erlass des zuvor von ihr abgelehnten Verwaltungsakts auf Rücknahme des Bescheids vom 4.5.2005, soweit dieser der Zahlung von Halbwaisenrente für die Monate April bis Juli 2005 entgegensteht. Der vom Kläger vor dem SG geltend gemachte weitergehende Anspruch, ihm Waisenrente auch noch für die Monate August und September 2005 zu bewilligen, ist nicht mehr Streitgegenstand, da der Kläger selbst kein Rechtsmittel (Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung bzw Anschlussberufung) gegen das insoweit klagabweisende SG-Urteil eingelegt hat, das somit in dem genannten Umfang für die Beteiligten bindend geworden ist (§ 141 Abs. 1 SGG).
3. Der Kläger hat nach materiellem Rentenrecht keinen Anspruch auf Zahlung von Halbwaisenrente für die Monate April bis Juli 2005, welche Teil der von Mitte März bis Ende September 2005 andauernden Übergangszeit zwischen der Beendigung seiner Gymnasialausbildung und der Aufnahme eines Hochschulstudiums sind.
a) Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Halbwaisenrente ist § 48 Abs. 1 iVm Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b und Satz 2 SGB VI (hier anzuwenden idF des RVNG vom 21.7.2004, BGBl I 1791). Danach haben Kinder nach dem Tod eines Elternteils Anspruch auf Halbwaisenrente, wenn sie noch einen Elternteil haben, der unbeschadet der wirtschaftlichen Verhältnisse unterhaltspflichtig ist, und sofern der verstorbene Elternteil die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen im LSG-Urteil erfüllt und im Übrigen zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig.
Die Dauer des Anspruchs auf Halbwaisenrente ist je nach Alter der Waise unterschiedlich. Sie besteht ohne weitere Voraussetzungen uneingeschränkt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs (§ 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), darüber hinaus jedoch nur dann, wenn einer der Tatbestände des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 - ggf iVm Abs. 5 - SGB VI vorliegt (vgl BSG SozR 3-2600 § 48 Nr. 4 S 21; BSG SozR 4-2600 § 48 Nr. 2 RdNr. 11).
b) Der Kläger, der damals sein 18. Lebensjahr bereits vollendet hatte, erfüllte im Zeitraum nach Beendigung der Gymnasialausbildung bis zur Aufnahme des Hochschulstudiums keinen der gesetzlichen Tatbestände, die einen weiteren Bezug von Halbwaisenrente ermöglichen.
aa) Er befand sich ab Mitte März 2005 nicht mehr in einer Schulausbildung iS von § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst a SGB VI. Nach den Feststellungen des LSG hatte er bis zum 11.3.2005 das Gymnasium besucht und damit die Schulausbildung beendet. Ab dem darauffolgenden Tag lag keine "Schulausbildung" nach Maßgabe der genannten Vorschrift mehr vor, denn es ist weder vom LSG festgestellt noch vom Kläger behauptet oder sonst ersichtlich, dass nach diesem Zeitpunkt eine Schulausbildung mit schulischem Ausbildungsgeschehen tatsächlich noch erfolgt wäre.
Der Senat folgt nicht der zum Teil in der Literatur vertretenen Ansicht, Schulausbildung an allgemein- und berufsbildenden Schulen finde in Schuljahren statt und diese endeten auch in waisenrentenrechtlicher Hinsicht stets - unabhängig davon, ob bereits zuvor die Abschlussprüfung beendet sei oder das Zeugnis ausgehändigt werde - am 31.7. eines Jahres (vgl Löns in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 48 RdNr. 13; W. Lilge in Handkomm SGB VI, Stand Mai 2009, § 48 Anm 13.2 und 16.5; Eicher/Michaelis, Die Rentenversicherung im SGB, Stand Dezember 2009, § 48 SGB VI Anm 5 a; Benkler ua, Komm zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung <Verbandskomm>, Stand Januar 2010, § 48 RdNr. 12; Zweng/ Scheerer/ Buschmann/ Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, Teil II - SGB VI, Stand Februar 2008, § 48 RdNr. 52; Kamprad in Hauck/Haines, SGB VI, Stand Februar 2010, K § 48 RdNr. 26; Giese, SdL 2004, 264, 266 ff; kritisch hierzu Pohl in Wannagat, SGB, Stand Juni 2008, § 48 SGB VI RdNr. 24).
Bereits im Urteil vom 17.4.2008 (BSGE 100, 210 = SozR 4-2600 § 48 Nr. 3, RdNr. 14) hat der Senat - ohne dass dies dort entscheidungserheblich gewesen wäre - in Übereinstimmung mit dem vormaligen 4. Senat (vgl BSG Urteile vom 5.12.1996 - 4 RA 101/95 - Juris RdNr. 16; vom 4.8.1998 - B 4 RA 8/98 R - Juris RdNr. 13; vom 31.8.2000 - B 4 RA 7/99 R - SozR 3-2600 § 58 Nr. 14 S 79 f) auf das Datum des Abiturzeugnisses abgestellt; damit endet im Regelfall die Gymnasialausbildung (s auch BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 8 RdNr. 1, 14). Ein Abweichen hiervon ist schon deshalb nicht veranlasst, weil nunmehr § 48 Abs. 4 Satz 2 SGB VI idF des RVNG mit Wirkung ab 1.8.2004 ausdrücklich regelt, dass eine Schulausbildung im Sinne dieser Vorschrift nur vorliegt, wenn die Ausbildung "einen tatsächlichen zeitlichen Aufwand von wöchentlich mehr als 20 Stunden erfordert". Der Gesetzgeber wollte mit dieser Regelung klarstellen, "dass für die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Ausbildung die Rechtsprechung des BSG zu Anrechnungszeiten gilt" (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum RVNG, BR-Drucks 1/04 S 50 - Zu Art 1, Zu Nr. 6 <§ 48>); dies umfasst auch die zu Anrechnungszeiten gemäß § 58 SGB VI ergangenen Urteile des vormaligen 4. Senats des BSG. Mit der genannten Regelung ist die Auffassung unvereinbar, dass Schulausbildung auch während der Ferien zwischen zwei Schuljahren und selbst dann vorliege, wenn nach Ausstellung des Zeugnisses für einen abgeschlossenen Ausbildungsgang die vormaligen Schüler bis zum schulrechtlich festgelegten Schuljahresende in keiner Weise mehr unterrichtet werden. Auf das Ende des Schuljahres oder der Schulzeit im schulrechtlichen Sinne (vgl zB § 8 Abs. 1 Schulgesetz Rheinland-Pfalz iVm § 3 Abs. 4 der Landesverordnung über die gymnasiale Oberstufe <Mainzer Studienstufe>; § 57 Hessisches Schulgesetz) kommt es im Rahmen der §§ 48, 58 SGB VI nicht an.
bb) Der Kläger, der somit am 11.3.2005 seine Gymnasialschulzeit beendet hatte, befand sich in dem daran anschließenden Zeitraum auch nicht in einer Übergangszeit gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI. Nach dieser durch das RVNG ebenfalls neu gefassten Vorschrift besteht Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente längstens bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres, wenn die Waise "sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes … liegt". Dieser Tatbestand ist nur erfüllt, wenn die gesamte Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (oder gleichgestellten Zeiträumen) höchstens vier volle Kalendermonate umfasst.
(1) Wie die Beklagte zu Recht geltend macht, spricht bereits der Wortlaut der Norm für diese Auslegung. Danach muss eine "Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten" vorliegen, dh dieses Tatbestandsmerkmal bestimmt die Höchstdauer einer waisenrentenunschädlichen Übergangszeit und nicht - wie der Kläger meint - die Höchstdauer des Waisenrentenanspruchs unabhängig von der Dauer der Übergangszeit. Dem Rechtsstandpunkt des Klägers entspräche vielmehr eine Regelung, wonach Anspruch auf Halb- oder Vollwaisenrente über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres jeweils auch für die Dauer von höchstens vier Kalendermonaten besteht, wenn sich die Waise in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet. Eine solche Formulierung hat der Gesetzgeber jedoch nicht gewählt.
(2) Aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift lassen sich keine eindeutigen Hinweise auf den vom Gesetzgeber gewollten Regelungsinhalt der Norm erschließen; die Gesamtumstände der Genese der Norm sprechen jedoch ebenfalls für die vom Senat für zutreffend erachtete Auslegung.
Die Änderung des § 48 Abs. 4 Nr. 2 SGB VI durch das RVNG ist - soweit ersichtlich - im Verlauf der parlamentarischen Beratungen nicht erörtert worden. In den Materialien zum Gesetzgebungsverfahren findet sich in den einleitenden Erläuterungen zum Gesetzentwurf der Bundesregierung allerdings der Hinweis, der Entwurf enthalte Regelungen, "die nicht in erster Linie unter dem Aspekt der Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen zu sehen" seien; dabei handele es sich ua "um Änderungen, die sich aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des BSG ergeben", und um Klarstellungen (BR-Drucks 1/04 S 3; inhaltsgleich Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, BT-Drucks 15/2149 S 2). Das zeigt, dass die Änderungen, die aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des BSG für notwendig bzw zweckmäßig erachtet wurden, zwar nicht in erster Linie, aber doch auch dem übergreifenden Ziel jenes Gesetzes dienen sollten, nämlich die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung sicherzustellen (BR-Drucks 1/04 S 2 und S 39 ff). Diesem Ziel entspricht die vom Senat vertretene Auslegung weitaus mehr als die vom Kläger favorisierte Interpretation.
Dem steht die im Besonderen Teil der Gesetzesbegründung wiedergegebene Aussage nicht entgegen, mit der Änderung des § 48 Abs. 4 SGB VI werde "der Rechtsprechung des BSG gefolgt, nach der während so genannter Übergangszeiten, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder dem Wehr- oder Zivildienst liegen und aus organisatorischen Gründen für die Waisen regelmäßig unvermeidlich sind, die Waisenrente weiter geleistet wird". Aus dieser Formulierung kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber die Rechtsprechung des BSG in jeglicher Hinsicht unverändert normativ abgebildet habe. Wäre dies beabsichtigt gewesen, so hätte es eines Tätigwerdens des Gesetzgebers überhaupt nicht bedurft, denn dann wäre in der Praxis ohnehin die Rechtsprechung des BSG weiter zur Anwendung gekommen. Deshalb ist es angebracht, den genauen Wortlaut der soeben zitierten Begründung ernst zu nehmen. Dieser beschränkt sich darauf, dass der Rechtsprechung des BSG in der grundsätzlichen Richtung gefolgt werden sollte, dh insbesondere darin, dass - über den damals maßgeblichen Wortlaut des Gesetzes hinaus in rechtsfortbildender Analogie (so zB BSG Urteile vom 22.2.1990 - 4 RA 38/89 - SozR 3-2200 § 1267 Nr. 1 S 3, und vom 5.12.1996 - 4 RA 101/95 - Juris RdNr. 17) - während so genannter Übergangszeiten, die für die Waisen aus organisatorischen Gründen regelmäßig unvermeidlich sind, die Waisenrente weiter zu leisten ist (in diesem Sinne bereits Senatsurteil vom 17.4.2008 - B 13/4 R 49/06 R - BSGE 100, 210 = SozR 4-2600 § 48 Nr. 3, RdNr. 23; s auch Pohl in Wannagat, SGB, Stand Juni 2008, § 48 SGB VI RdNr. 26).
Dass die Rechtsprechung des BSG in jedem Detail übernommen und auf diese Weise "eins zu eins" kodifiziert werden sollte, wird hingegen in der Gesetzesbegründung nicht zum Ausdruck gebracht. Das ist mit der Neufassung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB VI offenkundig auch nicht erfolgt. Denn von der in § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI normierten "Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten" war in der Rechtsprechung des BSG bis dahin nie die Rede. Vielmehr war dort formuliert, im Rahmen der Waisenrente seien unvermeidbare Zwangspausen "längstens für die Dauer von vier Monaten" als Ausbildungszeit zu berücksichtigen, sofern "der nächste Ausbildungsabschnitt spätestens im vierten auf die Beendigung des vorherigen Ausbildungsabschnitts folgenden Monat beginnt" (vgl BSG Urteile vom 30.3.1994 - 4 RA 45/92 - SozR 3-2200 § 1267 Nr. 3 S 16; vom 27.2.1997 - 4 RA 21/96 - SozR 3-2600 § 48 Nr. 1 S 2). Die Verwendung des Begriffs "Kalendermonate" - der nach seinem Sinngehalt die mögliche Zeitdauer einer waisenrentenunschädlichen Übergangszeit ausdehnt, so dass diese sogar vier volle Kalendermonate umfassen kann - ist mithin nicht originär aus der Rechtsprechung des BSG übernommen, sondern enthält eine eigenständige Regelung.
Schließlich kann dem Gesetzgeber von vornherein nicht unterstellt werden, er habe eine erst nach Abfassung der Gesetzesbegründung (Ende 2003) ergangene Rechtsprechung vorausgesehen und übernehmen wollen. Denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte das BSG lediglich entschieden, dass unvermeidliche Zwischenzeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten waisenrentenunschädlich sind, wenn sie "von vornherein auf maximal vier Monate begrenzt sind" (vgl BSG Urteile vom 9.2.1984 - 11 RA 2/83 - BSGE 56, 148, 150 = SozR 2200 § 1259 Nr. 81 S 223; vom 9.2.1984 - 11 RA 52/83 - SozR 2200 § 1267 Nr. 31 S 74; vom 22.2.1990 - 4 RA 38/89 - SozR 3-2200 § 1267 Nr. 1 S 3 f; vom 31.3.1992 - 4 RA 3/91 - SozR 3-2600 § 252 Nr. 1 S 3; vom 5.12.1996 - 4 RA 101/95 - Juris RdNr. 17; vom 26.1.2000 - B 13 RJ 53/99 R - SozR 3-2600 § 48 Nr. 3 S 9; vom 31.8.2000 - B 4 RA 7/99 R - SozR 3-2600 § 58 Nr. 14 S 80). Länger dauernde Übergangszeiten wurden nur dann bis zu einer Höchstdauer von vier Monaten als waisenrentenunschädlich angesehen, wenn der Ausbildungswillige "von hoher Hand" an der Ausbildung gehindert worden war; dies war bis dahin nur für Fälle der Einberufung zum Grundwehr- oder Zivildienst anerkannt (BSG Urteile vom 30.3.1994 - 4 RA 45/92 - SozR 3-2200 § 1267 Nr. 3 S 16; vom 27.2.1997 - 4 RA 21/96 - SozR 3-2600 § 48 Nr. 1 S 3, 5; zum Ausnahmecharakter dieser Rechtsprechung s Löns in Kreikebohm, SGB VI, 3. Aufl 2008, § 48 RdNr. 18; Bohlken in juris Praxiskomm SGB VI, 2008, § 48 RdNr. 82). Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil vom 31.8.2000 (B 4 RA 7/99 R - SozR 3-2600 § 58 Nr. 14 S 80 f). In jener Entscheidung, welche die Anerkennung einer Anrechnungszeit betraf, wurde allerdings der Zeitraum zwischen Ablegung der Reifeprüfung und Ableistung des in der DDR in den Jahren zwischen 1957 und 1963 vor Aufnahme eines Hochschulstudiums vorgeschriebenen "praktischen Jahres" ebenfalls als unvermeidbare Zwischenzeit angesehen, weil den betroffenen Abiturienten aufgrund staatlicher Reglementierung eine nahtlose Studienaufnahme unmöglich gemacht worden sei. Der vormalige 4. Senat hat damit zwar an die Argumentation zu wehr- oder zivildienstbedingten Zwischenzeiten angeknüpft; er hat aber im konkreten Fall keinen länger als vier Monate andauernden Zeitraum als unvermeidbare Übergangszeit anerkannt (der streitige Zeitraum belief sich damals vom 7.6. bis 31.8.1958).
Vielmehr hat das BSG erstmals in den Urteilen vom 10.2.2005 (B 4 RA 26/04 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 4; Parallelentscheidung B 4 RA 32/04 R vom selben Tage nicht veröffentlicht) angenommen, eine Übergangszeit zwischen Abitur und frühestmöglichem Studienbeginn sei auch dann als Anrechnungszeit zu berücksichtigen, wenn die Übergangszeit länger als vier Monate angedauert habe (in den entschiedenen Fällen jeweils vom 27.5. bis zum 30.9., dh lediglich um wenige Tage überschritten). Der von der bisherigen Rechtsprechung vorgegebene zeitliche Rahmen einer Übergangszeit von bis zu vier Monaten könne lediglich als Anhalt dienen; eine starre zeitliche Begrenzung sei damit jedoch nicht verbunden (vgl BSG SozR 4-2600 § 58 Nr. 4 RdNr. 16 f; zur Einordnung dieser Entscheidung als Einzelfallentscheidung aufgrund besonderer Umstände s BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 8 RdNr. 17). Diese Entscheidungen können jedoch nicht als durch den Gesetzgeber in § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI (idF des RVNG) kodifiziert angesehen werden. Selbst wenn in der genannten Norm eine Kodifizierung der Rechtsprechung des BSG ohne Abweichungen zu sehen wäre (in diesem Sinne möglicherweise der 5. Senat im Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 8 RdNr. 23; Gürtner in Kasseler Komm Sozialversicherungsrecht, Stand April 2010, § 48 SGB VI RdNr. 43 f; aA Quinten in Reinhardt, Lehr- und Praxiskomm SGB VI, 2006, § 48 RdNr. 15), könnte sich dies allenfalls auf den Stand der Judikatur Ende 2003 beziehen. Damals war aber - wie oben im Einzelnen belegt - eine Übergangszeit zwischen Abitur und Studienaufnahme nur dann als waisenrentenunschädlich anerkannt, wenn sie von vornherein auf maximal vier Monate begrenzt war.
(3) Für die vom Senat für zutreffend erachtete Auslegung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI spricht auch die Systematik der Norm. Sie ist Bestandteil des Katalogs von Sachverhalten, bei deren Vorliegen Waisenrente abweichend von dem Grundsatz in § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB VI über die Vollendung des 18. Lebensjahres der Waise hinaus zu zahlen ist. Selbst wenn es sich insoweit nicht um Ausnahmevorschriften im eigentlichen Sinne handelt, die eng ausgelegt werden müssen (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 21.6.2005 - 2 BvR 957/04 - Juris RdNr. 3; BSG Urteil vom 17.4.2007 - B 5 RJ 30/05 R - BSGE 98, 198 = SozR 4-1500 § 131 Nr. 2, RdNr. 19), ist doch die Grundentscheidung des Gesetzgebers zu beachten, dass volljährige Waisen ihren Lebensunterhalt selbst - ohne Rückgriff auf die von der Versichertengemeinschaft aufgebrachten Mittel - bestreiten müssen, wenn keiner der in § 48 Abs. 4 SGB VI enumerativ aufgezählten Sachverhalte vorliegt.
Darüber hinaus ist in rechtssystematischer Hinsicht auch von Bedeutung, dass - wie bereits erwähnt - die Neufassung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI im Kontext des RVNG erfolgte. Jenes Gesetz sollte einem Nachjustieren zur Stabilisierung der Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung dienen, und zwar in erster Linie mit Hilfe mittel- und langfristig wirksamer Maßnahmen, nicht zuletzt aber auch unter Einsatz kurzfristig wirksamer Elemente zur Dämpfung des Anstiegs des Beitragssatzes; dabei sollten auch die Rentenempfänger einen Beitrag zur Verbesserung der Rahmenbedingungen bei den Lohnnebenkosten leisten (vgl Gesetzentwurf der Bundesregierung zum RVNG, BR-Drucks 1/04 S 2, 39, 40). Vor diesem Hintergrund hat die erstmalige und eigenständige Normierung der waisenrentenunschädlichen Übergangszeiten in § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI offenbar die Funktion, einen solchen (Spar-)Beitrag der Waisenrentenbezieher (jedenfalls solcher mit wehr- oder zivildienstbedingt längeren Übergangszeiten) zu generieren. Auch dies spricht gegen eine erweiternde Auslegung im Sinne des Klägers.
(4) Die Auslegung, dass eine Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten nur dann waisenrentenunschädlich ist, wenn die Übergangszeit selbst höchstens vier Kalendermonate dauert, entspricht auch dem Sinn und Zweck der Gewährung von Waisenrente an Erwachsene.
Die Waisenrente hat Unterhaltsersatzfunktion. Der Anspruch auf Waisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres ersetzt in den Fällen des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst a und b SGB VI (idF des RVNG) in stark pauschalierender Weise und typisierend den Ausbildungsunterhalt, den der Versicherte gemäß §§ 1601, 1602 Abs. 1, § 1610 BGB hätte gewähren müssen, wenn er nicht verstorben wäre (vgl BSG Urteile vom 18.6.2003 - B 4 RA 37/02 R - SozR 4-2600 § 48 Nr. 2 RdNr. 17; vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 8 RdNr. 26; vom 17.4.2008 - B 13/4 R 49/06 R - BSGE 100, 210 = SozR 4-2600 § 48 Nr. 3, RdNr. 18, 20). Wäre daher zivilrechtlich typischerweise kein Unterhalt zu leisten, besteht auch kein Anlass, eine Waisenrente zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen (BSG Urteil vom 18.6.2003 - B 4 RA 37/02 R - aaO). Eine Auslegung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI in dem Sinne, dass eine waisenrentenunschädliche Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten nur vorliegt, wenn diese insgesamt höchstens vier Kalendermonate beträgt, setzt die Unterhaltsersatzfunktion der Waisenrente typisierend und in Übereinstimmung mit der unterhaltsrechtlichen Rechtslage um. Hingegen würde die vom Kläger favorisierte Auslegung zu einem durch nichts gerechtfertigten Auseinanderdriften beider Regelungsbereiche führen.
Denn die Rechtsprechung der Zivilgerichte billigt einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt nur für kurze Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten zu (vgl Diederichsen in Palandt, BGB, 70. Aufl 2010, § 1610 BGB RdNr. 19). Dort ist anerkannt, dass sogar Minderjährige für die Übergangszeit zwischen Schule und Ausbildungsbeginn eine Obliegenheit zur Aufnahme zumindest einer Teilerwerbstätigkeit von 10 Stunden pro Woche haben, um den Unterhaltsbedarf aus eigenen Kräften zu decken (vgl OLG Rostock Beschluss vom 18.10.2006 - 10 WF 103/06 - FamRZ 2007, 1267 - betreffend einen Zeitraum von Februar bis August; ebenso OLG Koblenz Urteil vom 24.11.2003 - 13 UF 522/03 - JAmt 2004, 153 - betreffend einen 16-Jährigen für die Zeit nach Kündigung seines Ausbildungsverhältnisses bis zur Aufnahme einer Weiterbildungsmaßnahme: Februar bis September). Verneint wurde auch ein Unterhaltsanspruch für eine bereits Volljährige hinsichtlich des Zeitraums zwischen dem Abschluss eines Berufskollegs und dem Beginn eines unbezahlten Praktikums, das erforderlich war, um den erstrebten Ausbildungsplatz zu erhalten. Weil für die Betroffene erkennbar war, dass sie nach dem Schulabschluss nicht nahtlos in ein Ausbildungsverhältnis wechseln konnte, ist sie als verpflichtet angesehen worden, in dem Übergangszeitraum ihren Unterhaltsbedarf mit Hilfe einer Aushilfstätigkeit selbst sicherzustellen (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 10.4.2006 - 1 UF 80/05 - Juris RdNr. 22 - betreffend einen Zeitraum von August bis November). Auch in der Wartezeit bis zum Beginn eines Studiums muss ein volljähriges Kind grundsätzlich selbst für seinen Unterhalt sorgen (OLG Zweibrücken Urteil vom 29.3.1994 - 5 UF 210/91 - NJW-RR 1994, 1225 mwN; OLG Naumburg Beschluss vom 10.5.2007 - 4 UF 94/07 - FamRZ 2008, 86); eine Ausnahme wird insoweit nur für kurze Übergangszeiten unter dem Gesichtspunkt einer zuzubilligenden "Erholungsphase" sowie einer "angemessenen Orientierungs- und Vorbereitungszeit" gemacht (vgl OLG Hamm Urteil vom 21.12.2005 - 11 UF 218/05 - NJW-RR 2006, 509 - betreffend einen Zeitraum von der Abiturprüfung im Juli bis zum Studienbeginn im Oktober).
(5) Eine erweiternde Auslegung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI ist auch nicht mit Rücksicht auf den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs. 1 GG geboten (zum Gebot verfassungskonformer Auslegung und ihren durch Wortlaut und Regelungsabsicht des Gesetzgebers vorgegebenen Grenzen vgl BVerfG Beschlüsse vom 14.10.2008 - 1 BvR 3210/06 - BVerfGE 122, 39, 60 f, und vom 14.4.2010 - 1 BvL 8/08 - Juris RdNr. 50).
Der Kläger macht in diesem Zusammenhang geltend, die Privilegierung der wehr- oder zivildienstbedingten Zwangspausen gegenüber den aufgrund schul- und hochschulrechtlicher Vorgaben unvermeidbaren Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten entbehre jeglichen sachlich rechtfertigenden Grundes. Diese Argumentation verkennt, dass die hier anzuwendende Neufassung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI keine Differenzierung nach unterschiedlichen Ursachen für die Übergangszeit vornimmt (aA insoweit möglicherweise der 5. Senat im Urteil vom 17.4.2007 - B 5 R 62/06 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 8 RdNr. 18 ff, 23, 27). Zwar hat der vormalige 4. Senat des BSG im Urteil vom 27.2.1997 (4 RA 21/96 - SozR 3-2600 § 48 Nr. 1 S 5) die benannten Gruppen waisenrentenrechtlich unterschiedlich behandelt. Der Gesetzgeber hat jedoch nunmehr eindeutig klargestellt, dass für die Anerkennung jeglicher Übergangszeiten als waisenrentenunschädlich - sei es zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen Ausbildung und Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes oder eines freiwilligen ökologischen oder sozialen Jahres im Sinne des Jugendfreiwilligendienstgesetzes - dieselbe tatbestandliche Voraussetzung einer "Übergangszeit von höchstens vier Kalendermonaten" maßgeblich ist.
Unterschiedlich behandelt werden allerdings nach § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI jene Waisen mit Übergangszeiten von höchstens vier Kalendermonaten, denen der Waisenrentenanspruch für die gesamte Übergangszeit zugebilligt wird, gegenüber jenen mit länger dauernden Übergangszeiten, deren Anspruch bereits vom ersten Tag an entfällt. Diese Differenzierung ist jedoch entgegen der Ansicht des Klägers durch hinreichende sachliche Gründe (s hierzu zB BVerfG Beschluss vom 14.4.2010 - 1 BvL 8/08 R - Juris RdNr. 52) gerechtfertigt, die sich insbesondere aus der bereits aufgezeigten Parallelität zum familienrechtlichen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt ergeben.
cc) Der erkennende Senat kann die von ihm für zutreffend erachtete Auslegung des § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI seiner Entscheidung zugrunde legen, ohne zuvor das Anfrageverfahren gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 SGG durchzuführen. Er weicht damit nicht von der Rechtsauffassung des vormaligen 4. Senats des BSG in seinen Urteilen vom 10.2.2005 (B 4 RA 26/04 R - SozR 4-2600 § 58 Nr. 4, sowie B 4 RA 32/04 R - nicht veröffentlicht; hierzu oben RdNr. 30) ab. Denn diese ist zu § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI idF vom 23.12.2003 ergangen (vgl BSG SozR 4-2600 § 58 Nr. 4 RdNr. 11), während der Senat hier zu der durch das RVNG mit Wirkung ab 1.8.2004 neu ausgestalteten Rechtslage in § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst b SGB VI befindet.
dd) Bei Zugrundelegung der vom Senat für zutreffend erachteten Auslegung von § 48 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst a und b SGB VI hat der Kläger im Zeitraum von April bis September 2005 die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Gewährung von Halbwaisenrente trotz Volljährigkeit nicht erfüllt. Die Übergangszeit zwischen dem Ende seiner Gymnasialausbildung Mitte März 2005 und dem Beginn des Hochschulstudiums im Oktober 2005 betrug mehr als vier Kalendermonate. Dies war für den Kläger auch bereits zu Beginn der Übergangszeit absehbar. Das ergibt sich aus seiner Mitteilung an die Beklagte vom 3.4.2005, aufgrund seiner Entscheidung zum Studium der Politologie an einer Hochschule außerhalb von Rheinland-Pfalz werde sich die Wartezeit bis zur Aufnahme des Studiums im Wintersemester verlängern. Deshalb geht die Argumentation der Revision fehl, die Abiturienten in Rheinland-Pfalz könnten jeweils die Dauer der Übergangszeit bis zur Fortsetzung ihrer Ausbildung nicht übersehen. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für eine weitere Bewilligung von Waisenrente nur dann als gegeben angesehen werden können, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte festgestellt werden kann, dass sich eine weitere Ausbildung, der Wehr- oder Zivildienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr voraussichtlich innerhalb eines Zeitraums von maximal vier Kalendermonaten anschließen wird. Lässt sich ein derart konkretisiertes Ausbildungsvorhaben tatsächlich doch nicht realisieren, muss eine für die Übergangszeit bereits bewilligte Waisenrentenzahlung auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 SGB X wieder aufgehoben werden (zur Pflicht der Waisen, Änderungen in den für die Leistungsgewährung erheblichen Umständen von sich aus dem Rentenversicherungsträger unverzüglich mitzuteilen, s § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I).
4. Obgleich nach alledem der Kläger nach materiellem Rentenrecht keinen Anspruch auf Halbwaisenrente für die im Revisionsverfahren noch streitbefangenen Monate April bis Juli 2005 hat, kann der Senat seine Revision derzeit nicht in vollem Umfang zurückweisen (§ 170 Abs. 1 SGG). Dies beruht auf nachfolgend aufgezeigten Umständen, die im bisherigen Verlauf des Rechtsstreits keine Rolle gespielt haben und es deshalb zunächst erforderlich machen, die Beteiligten anzuhören (§ 62 SGG).
a) Die Beklagte hat in dem vom Kläger angefochtenen Bescheid vom 21.2.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.5.2007 eine Korrektur des bindend gewordenen Bescheids vom 4.5.2005 gemäß § 44 SGB X abgelehnt. In jenem Bescheid hat die Beklagte die Bewilligung von Halbwaisenrente an den Kläger, die zuvor aufgrund des Bescheids vom 17.11.2003 bis zum 31.12.2012 (Vollendung des 27. Lebensjahres des Klägers) befristet worden war, rückwirkend zum 1.4.2005 aufgehoben. Der Kläger hat diesen Bescheid bestandskräftig werden lassen, begehrt aber nunmehr eine Korrektur dieser Entscheidung zu seinen Gunsten.
b) Ob § 44 Abs. 1 SGB X eine solche Korrektur des ursprünglichen Entziehungsbescheids wegen verwaltungsverfahrensrechtlicher Fehler erlaubt, obwohl dem Betroffenen - wie hier - die Leistung nach materiellem Rentenrecht nicht zusteht, ist umstritten. Der 14. Senat des BSG (Urteil vom 28.5.1997 - 14/10 RKg 25/95 - SozR 3-1300 § 44 Nr. 21 S 42 ff) und ihm folgend der 9. Senat (Urteil vom 4.2.1998 - B 9 V 16/96 R - SozR 3-1300 § 44 Nr. 24 S 56 f) halten dies - abweichend von dem Grundsatz, es sei nicht Sinn des Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X, dem Antragsteller mehr zu gewähren, als ihm nach materiellem Recht zustehe (vgl BSG Urteil vom 22.3.1989 - 7 RAr 122/87 - SozR 1300 § 44 Nr. 38, Leitsatz 2; s auch BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 16/08 R - BSGE 104, 213 = SozR 4-1300 § 44 Nr. 20, RdNr. 15) - im Falle einer Verletzung vertrauensschützender Vorschriften des Verfahrensrechts bei Erlass des bestandskräftig gewordenen Entziehungsbescheids für möglich. Dem wird jedoch im Schrifttum entgegengetreten (vgl Waschull in Diering/ Timme/ Waschull, Lehr- und Praxiskomm SGB X, 2. Aufl 2007, § 44 RdNr. 15, 18b; ausführlich Steinwedel, DAngVers 1989, 372, 374; s auch Steinwedel in Kasseler Komm Sozialversicherung, § 44 SGB X RdNr. 32 f, Stand Mai 2006; ferner Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 44 RdNr. 7, Stand März 2004; Marschner in Pickel/Marschner, SGB X, § 44 RdNr. 14, Stand Juni 2009).
c) Dieser Meinungsstreit kann im vorliegenden Fall dahinstehen, soweit der Bescheid vom 4.5.2005 die Halbwaisenrente mit Wirkung für die Zukunft - also für Bezugszeiträume ab 1.6.2005 - aufgehoben hat. Insoweit ist der Bescheid auch in verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht rechtmäßig ergangen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X - zu einzelnen Aspekten vgl BSG vom 21.10.1999 - B 11 AL 25/99 R - BSGE 85, 92, 96 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 68 S 163 <keine Ermessensausübung>; BSG Urteil vom 11.12.1992 - 9a RV 20/90 - BSGE 72, 1, 3 ff = SozR 3-1300 § 48 Nr. 22 S 32 ff <keine Fristen zu beachten>; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 10 KG 2/07 R - SozR 4-5870 § 1 Nr. 2 RdNr. 13 <Anhörungsmängel unerheblich>); die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Fehlerkorrektur nach § 44 SGB X liegen somit für den genannten Zeitraum keinesfalls vor. Mithin ist die Revision des Klägers in jedem Fall zurückzuweisen, soweit er mit ihr die Zahlung von Halbwaisenrente für die Monate Juni und Juli 2005 geltend macht (§ 170 Abs. 1, § 202 SGG iVm § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
d) Soweit hingegen die im Bescheid vom 4.5.2005 verfügte Aufhebung der Bewilligung von Halbwaisenrente bereits zuvor fällig gewordene Ansprüche des Klägers auf monatliche Rentenzahlungen betrifft - hier also Leistungen für die Monate April und Mai 2005 (vgl § 272a Abs. 1 Satz 1 SGB VI) -, handelt es sich um eine Anpassung mit Wirkung für die Vergangenheit. Ob diese Regelung gemessen an § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X rechtmäßig war, vermag der Senat anhand der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht zu beurteilen. Sollte das Zugunstenverfahren nach § 44 SGB X auch dann zur Anwendung kommen, wenn beim Erlass eines - bestandskräftig gewordenen - Entziehungsbescheids gegen vertrauensschützende Regelungen des Verfahrensrechts (hier: § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X) verstoßen wurde, so wäre der Senat gehalten, den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies wäre allerdings entbehrlich (mit der Folge einer vollständigen Zurückweisung der Revision des Klägers gemäß § 170 Abs. 1 SGG), wenn der Senat der Rechtsmeinung folgte, § 44 Abs. 1 SGB X gewähre nach seinem Sinn und Zweck von vornherein keinen Anspruch auf (Wieder-)Einräumung einer nach materiellem Recht nicht zustehenden Rechtsposition, die unter Verstoß gegen vertrauensschützende Vorschriften bindend entzogen wurde. Damit würde der Senat jedoch von den Entscheidungen des 14. Senats und des 9. Senats inhaltlich abweichen (s oben RdNr. 43); dies erforderte die vorherige Durchführung des Anfrageverfahrens gemäß § 41 Abs. 3 SGG und gegebenenfalls die Anrufung des Großen Senats des BSG.
Der Senat lässt im Rahmen dieses Teilurteils ausdrücklich offen, welcher der genannten Auffassungen er zuneigt. Jedenfalls sind zunächst die Beteiligten anzuhören (§ 62 SGG); denn die soeben aufgeworfene Frage ist im Verlauf des bisherigen Verfahrens nicht problematisiert worden. Zudem würde ein möglicherweise nach § 41 SGG einzuleitendes Verfahren die abschließende (streitige) Erledigung des Rechtsstreits um einen Zeitraum verzögern, der für die Beteiligten außer Verhältnis zu dem noch streitbefangenen Betrag stehen könnte.
5. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.