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11 RV 20/61

Aus den Gründen:

Der Kläger, geboren 1889, ist seit seinem 13. Lebensjahr nach einer Pockenschutzimpfung an den unteren Extremitäten und an einem Arm gelähmt. Er hat keinen Beruf erlernt und stets im Hause seiner Eltern, nach deren Tod im gemeinsamen Haushalt mit seinen Geschwistern gelebt. Sein Vater ist im Jahre 1912, seine Mutter im Jahre 1916 gestorben. Der Bruder H. des Klägers, geboren 1888, verstarb als Soldat im Januar 1918, der Bruder F., geboren 1890, fiel im November 1914 und der Bruder B., geboren 1892, verstarb im August 1921 bald nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft.

Auf Grund eines Erl. des RAM wurde dem Kläger im Mai 1923 im Hinblick auf den Tod des Bruders B., der an den Folgen einer Dienstbeschädigung gestorben ist, Rente gemäß §§ 45, 46 RVG im Wege des Härteausgleichs bewilligt. Die Zahlung der Rente wurde 1945 eingestellt. Anträge auf Wiedergewährung der Rente wurden in den Jahren 1946 bis 1955 wiederholt abgelehnt.

Im Januar 1955 begehrte der Kläger erneut Rente. Das VersorgA lehnte darauf durch Besch. vom 6. 5. 1955 die Gewährung von Versorgung erneut ab, da ein Rechtsanspruch auf Versorgung nicht bestehe und auch im Wege des Härteausgleichs Rente nicht gewährt werden dürfe. Den Widerspruch wies das LVersorgA durch Besch. vom 27. 2. 1956 zurück. Auf die Klage hob das SG den Besch. des VersorgA vom 6. 5. 1955 idF des Widerspruchsbescheids vom 27. 2. 1956 auf. Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Berufung ein. Während das Verfahren beim LSG anhängig war, beantragte der Kläger im Oktober 1959 beim VersorgA die Gewährung einer Waisenrente gemäß § 45 BVG; dieser Antrag wurde durch Besch. vom 24. 11. 1959 abgelehnt. Mit Urteil vom 25. 11. 1960 wies das LSG die Berufung des Beklagten gegen das Urteil vom 31. 1. 1957 zurück und hob den Besch. vom 24. 11. 1959 auf: Die Ablehnung der Versorgung durch den Beklagten in dem Besch. vom 6. 5. 1955 (Widerspruchsbescheid vom 27. 2. 1956) beruhe auf einem Ermessensfehler; mit dem Besch. vom 6. 5. 1955 habe der Beklagte es abgelehnt, dem Kläger einen „Zugunstenbescheid“ (§ 619 RVO i.V.m. § 84 Abs. 2 BVG; Ziff. 43 der SVA Nr. 11; § 40 VerwVG zu erteilen; hierbei handele es sich ebenso wie in dem Besch. vom 24. 11. 1959 um eine Ermessensentscheidung; nach § 45 Abs. 3 Buchst. b Abs. 2 Ziff. 5 BVG idF vor Inkrafttreten des Ersten NeuordnungsG (aF) sei die Entsch. über die Gewährung einer Waisenrente an Personen, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande seien, sich selbst zu unterhalten, in das Ermessen der Verwaltung gestellt gewesen; zu Unrecht habe die Verwaltung das Vorliegen eines Pflegekindschaftsverhältnisses zwischen dem Kläger und seinen gefallenen Brüdern verneint. Die Revision ließ das LSG zu.

Die Revision des Beklagten ist begründet.

Gegenstand des Verfahrens vor dem LSG ist sowohl der Besch. des VersorgA vom 6. 5. 1955 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. 2. 1956 als auch der Besch. vom 24. 11. 1959 gewesen. Mit dem Besch. vom 6. 5. 1955 hat der Beklagte es abgelehnt, dem Kläger „Versorgungsrente“ zu gewähren, der Beklagte hat sich dabei nicht auf die bindende Wirkung der früheren ablehnenden Besch.e berufen, er hat vielmehr von seinem Recht Gebrauch gemacht, den Sachverhalt nochmals zu prüfen und den Kläger erneut zu bescheiden; auch wenn die Gewährung von Versorgung wiederum abgelehnt worden ist, so ist diese Ablehnung doch ein neuer VerwAkt (BSG 10, 248). In der Begründung des Besch. vom 6. 5. 1955 ist ausgeführt, daß keine Möglichkeit „zur Anerkennung eines Rechtsanspruchs auf Versorgung oder auf Gewährung von Versorgung im Wege des Härteausgleichs'' bestehe, da weder nach der SVD Nr. 27 noch nach dem BVG eine „Geschwisterversorgung“ vorgesehen sei. Wenn in dem Widerspruchsbescheid vom 27. 2. 1956 - ebenso wie in den früheren ablehnenden Besch.en vom 31. 10. 1952 und vom 18. 1. 1955 - gesagt ist, daß ein Anspruch auf „Elternrente“ (§ 49 BVG) nicht bestehe, so ist damit das Begehren des Klägers auf Rente jedenfalls unter den Gesichtspunkten der „Geschwisterversorgung“, der „Elternrente“ und des Härteausgleichs (§ 89 BVG) abgelehnt worden. Mit dem Besch. vom 24. 11. 1959 ist der Antrag auf Rente auch unter dem Gesichtspunkt der Waisenrente (§ 45 BVG) abgelehnt worden, in den Gründen ist jedoch erneut darauf hingewiesen, daß eine „Geschwisterversorgung“ auch im Wege des Härteausgleichs nicht möglich sei; deshalb ist dieser Bescheid eine Ergänzung des Besch. vom 6. 5. 1955 (27. 2. 1956), das LSG hat ihn daher in entsprechender Anwendung von § 96 SGG zu Recht in das Verfahren einbezogen. Damit hat das LSG die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Besch.e auch unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten prüfen müssen; es hat die Rechtmäßigkeit bejahen müssen, wenn dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Versorgung nach dem BVG zusteht und wenn dem Beklagten insoweit, als eine Leistung dem pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten überlassen ist, ein Ermessensmißbrauch nicht zu Last fällt.

Das LSG hat zunächst zu Recht ausgeführt, daß als Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers nicht die Vorschriften über die Elternrente (§ 49 BVG) in Frage kommen (wird ausgeführt). Der Beklagte hat zu Recht auch eine „Geschwisterversorgung“ abgelehnt, eine solche ist im BVG ebenso wie in den früheren Versorgungsgesetzen nicht vorgesehen.

Das LSG hat aber zu Unrecht den Besch. vom 24. 11. 1959 aufgehoben, weil der Beklagte von seinem Ermessen nicht den pflichtgemäßen Gebrauch gemacht habe, wenn er dem Kläger Waisenrente versagt habe. Nach § 45 Abs. 2 Nr. 5 BVG in der bis 31. 5. 1960 anzuwendenden Fassung vor dem Inkrafttreten des Ersten NeuordnungsG vom 27. 6. 1960 (aF) sind als Waisen, die nach § 45 Abs. 1 BVG aF bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres Anspruch auf Waisenrente gehabt haben, u.a. Pflegekinder anzusehen gewesen, die der Verstorbene bei seinem Tode mindestens seit einem vor der Schädigung oder vor Anerkennung der Folgen der Schädigung liegenden Zeitpunkt oder seit mindestens einem Jahr unentgeltlich unterhalten hat. Nach § 45 Abs. 3 Buchst. b BVG aF hat Waisenrente nach Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt werden können, wenn die Waise bei Vollendung des 18. Lebensjahres infolge körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande gewesen ist, sich selbst zu unterhalten. Die Gewährung von Waisenrente nach § 45 Abs. 3 BVG aF hat sonach im Ermessen der Verwaltung gestanden. Für eine Ausübung des Ermessens der Verwaltung ist im vorliegenden Falle jedoch kein Raum gewesen, denn der Kläger ist nicht als Pflegekind i.S. von § 45 Abs. 2 Nr. 5 BVG aF anzusehen. Die Beurteilung der Frage, ob ein Pflegekindschaftsverhältnis gegeben ist, unterliegt nicht dem Ermessen der Verwaltung, vielmehr handelt es sich dabei um die Anwendung zwingenden Rechts.

Eine Bestimmung des Begriffs „Pflegekind“ ist in § 45 Abs. 2 Nr. 5 BVG aF nicht enthalten; die Auslegung dieses Begriffs muß sich daher nach der natürlichen Betrachtungsweise richten. Danach muß ein Verhältnis vorliegen, das dem Verhältnis zwischen dem leiblichen Vater (der Mutter) und dem Kind ähnlich ist, das Verhältnis muß also durch ein Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis gekennzeichnet sein, das von einer familienähnlichen ideellen Bindung getragen wird und auf die Dauer angelegt ist (vgl. Urteil des BVerwG vom 9. 2. 1961, „Der öffentliche Dienst“ 1961, 114 ff). Dabei kommt es nicht allein auf die Gewährung des Unterhalts der Pflegeeltern gegenüber dem Pflegekind, also nicht allein auf die wirtschaftliche Fürsorge an; die wirtschaftliche Fürsorge für Geschwister ist kein hinreichendes Kennzeichen für ein Kindschaftsverhältnis, sondern nur ein Hinweis auf die ideelle Bindung, wie sie auch das Kindschaftsverhältnis voraussetzt. Es ist deshalb zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, daß ein Pflegekindschaftsverhältnis auch zwischen Geschwistern bestehen kann, jedoch gilt das nur dann, wenn es auf der Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsbefugnis des Bruders oder der Schwester gegenüber dem „Pflegekind“ beruht. Ein solches Verhältnis setzt jedenfalls bei einem geistig gesunden „Pflegekind“ einen erheblichen Altersunterschied zwischen den Geschwistern voraus (vgl. z.B. den in RVG 13, 19 entschiedenen Fall und BVerwG aaO); auch muß der Pflegebefohlene sich im Zeitpunkt der Begründung des Pflegeverhältnisses in einem Alter befunden haben, in welchem Pflegekindschaftsverhältnisse üblicherweise begründet werden, regelmäßig also noch im Kindesalter. Anderenfalls fehlt es naturgemäß an dem Autoritätsverhältnis, das nach der Auffassung des täglichen Lebens für die Beziehungen zwischen Pflegeeltern und Pflegekind - wie für die Beziehungen zwischen Eltern und einem leiblichen Kind - wesensnotwendig ist. An diesen Merkmalen eines Pflegekindschaftsverhältnisses fehlt es indessen hier. Der Kläger hat bis zum Tode seiner Eltern im elterlichen Haushalt gelebt. Er ist beim Tode seines Vaters 22 Jahre, beim Tode seiner Mutter 26 Jahre alt gewesen. Der Bruder B. ist drei Jahre jünger als der Kläger gewesen, er kann deshalb nach der Auffassung des täglichen Lebens nicht als Pflegevater des Klägers angesehen werden, das gleiche gilt für den Bruder F., der ein Jahr jünger gewesen ist, aber auch für den Bruder H., der nur ein Jahr älter gewesen ist als der Kläger. Bei dieser Sachlage ist es unerheblich, daß das LSG nach den Aussagen der beiden jüngeren Schwestern des Klägers festgestellt hat, die Brüder des Klägers hätten bis zu ihrer Einberufung zum Wehrdienst und der Bruder B. habe auch noch nach seiner Entlassung aus dem Wehrdienst den Lebensunterhalt des Klägers bestritten. Als „Pflegekind“ seiner Brüder kann der Kläger jedenfalls nicht gelten. Schon deshalb hat der Beklagte Waisenrente für die Zeit bis 31. 5. 1960 nicht gewähren dürfen, er hat insoweit nicht eine Ermessensentscheidung getroffen, sondern er hat zu Recht die zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen nicht als gegeben angesehen, die erfüllt sein müssen, bevor die Verwaltung überhaupt in die Lage kommt, von ihrem Ermessen Gebrauch zu machen.

Da ein Pflegekindschaftsverhältnis nicht besteht, kann der Kläger Waisenrente auch nicht vom 1. 6. 1960 an nach § 45 Abs. 4 BVG nF beanspruchen. Insoweit hat das LSG zwar nicht entschieden, der Beklagte rügt jedoch zu Recht, daß das Verfahren des LSG deshalb an einem wesentlichen Mangel leidet, weil das LSG über den vom Kläger erhobenen Anspruch für die Zeit vom 1. 6. 1960 an nicht entschieden, sondern die Sache insoweit an die Verwaltung zurückverwiesen hat (§ 123 SGG; BSG 2, 94; 9, 288). Zwar sind die Besch.e vom 6. 5. 1955/27. 2. 1956 und der Besch. vom 24. 11. 1959, in denen der Anspruch auf Rente abgelehnt worden ist, VerwAkte ohne Dauerwirkung gewesen. Der Kläger hat aber nicht nur die Aufhebung dieser Besch.e, sondern auch die Gewährung von Rente begehrt, seine Klage ist also eine Aufhebungsklage i.V.m. einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) gewesen; soweit es sich um die Verpflichtungsklage handelt, ist es nicht - wie bei der Aufhebungsklage - auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt angekommen, in dem die letzte Verwaltungsentscheidung ergangen ist, sondern auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entsch. des LSG. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 25. 11. 1960 beantragt, die Klage abzuweisen, er hat damit zum Ausdruck gebracht, daß er die Verpflichtung zur Gewährung von Rente auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Ersten NeuordnungsG, also vom 1. 6. 1960 an, ablehnt. Das LSG ist damit verpflichtet gewesen, über die Klage auf Gewährung von Rente auch insoweit zu entscheiden, als es sich um die Zeit vom 1. 6. 1960 bis zur gerichtlichen Entsch. handelt. Insoweit kann der Senat jedoch selbst entscheiden; auch insoweit sind die angefochtenen Besch.e rechtmäßig, weil der Kläger nicht als „Pflegekind“ seiner verstorbenen Brüder anzusehen ist. Zwar enthält nunmehr § 33 b Abs. 2 Nr. 5 BVG nF für den Begriff „Pflegekind“ eine Verweisung auf § 2 Abs. 1 Satz 3 des Kindergeldgesetzes; dort heißt es „Kinder, die in den Haushalt von ... Geschwistern aufgenommen sind oder von ihnen vorwiegend unterhalten werden, gelten als Pflegekinder“. Für den Anspruch des Schwerbeschädigten auf Kinderzuschlag sind damit - ebenso wie in § 34 a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BVG aF für den früher bestehenden Anspruch des Schwerbeschädigten auf Kindergeld, der durch den Anspruch auf Kinderzuschlag in § 33 Abs. 2 Nr. 5 BVG ersetzt worden ist - als „Kinder“ bis zum vollendeten 18. bzw. 25. Lebensjahr (§ 33 b Abs. 3 Satz 1 und 2 Buchst. a BVG nF) oder bei körperlicher oder geistiger Gebrechlichkeit des „Kindes“ ohne zeitliche Begrenzung (§ 33 b Abs. 3 Satz 2 Buchst. b BVG nF) und damit im gleichen zeitlichen Rahmen als „Pflegekinder“ auch Geschwister des Schwerbeschädigten zu berücksichtigen, wenn sie in dem Haushalt des Schwerbeschädigten aufgenommen sind oder von ihm vorwiegend unterhalten werden, sofern (§ 33 b Abs. 2 Nr. 5 BVG nF) das Pflegekindschaftsverhältnis vor Anerkennung der Folgen der Schädigung begründet worden ist. § 45 Abs. 2 Nr. 5 BVG nF enthält für die Bestimmung des Begriffs der „Waise“ die Verweisung auf die Begriffsbestimmung des KGG jedoch nicht; man kann auch nicht annehmen, daß es sich insoweit um eine - unbeabsichtigte - Lücke bei der Neufassung des BVG durch das Erste NeuordnungsG handele und daß diese Lücke auszufüllen sei dadurch, daß auch für den Begriff des Pflegekindes i.S. des § 45 Abs. 2 Nr. 5 BVG nF die Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 1 Satz 3 KGG zugrunde zu legen sei. Es handelt sich in § 45 BVG nF nicht um dasselbe oder auch nur um ein ähnliches Lebensverhältnis und nicht um dieselbe oder auch nur um eine ähnliche Interessenlage wie in § 33 b BVG nF. In § 45 BVG nF wird ein Unterfall des § 38 BVG geregelt, nämlich ein Fall der Hinterbliebenenrente; Hinterbliebenen ist durch § 38 BVG ebenso wie den Beschädigten selbst ein in ihrer Person begründeter Versorgungsanspruch eingeräumt, zu den Hinterbliebenen i.S. des 38 BVG zählen nicht die Geschwister. In § 33 b BVG nF ist- ebenso wie in § 34 a Abs. 1 BVG aF - bestimmt, unter welchen Voraussetzungen sich die Rente eines Schwerbeschädigten um den Kinderzuschlag - früher das Kindergeld - erhöht; auch in § 41 Abs. 1 Buchst. c BVG nF ist - mittelbar - auf die Begriffsbestimmung des KGG nur insoweit verwiesen als es sich um die Erhöhung der Ausgleichsrente für eine Person - die Witwe - handelt, die nach § 38 BVG zu den Hinterbliebenen zählt. Daraus, daß Personen, die zu dem im BVG geregelten Kreis der Versorgungsberechtigten gehören, mit Rücksicht auf das Vorhandensein von Kindern und damit auch Pflegekindern höhere Bezüge gewährt werden, kann aber kein Schluß gezogen werden für die Frage, unter welchen Voraussetzungen Pflegekinder zum Kreis der Personen gehören, die selbst versorgungsberechtigt sind. Wenn der Gesetzgeber in § 45 Abs. 2 Nr. 5 BVG nF auch insoweit allgemein Geschwister hätte einbeziehen wollen, die in den Haushalt eines verstorbenen Beschädigten aufgenommen oder von ihm vorwiegend unterhalten worden sind, hätte er dies ausdrücklich sagen müssen, und es ist auch nicht anzunehmen, daß er eine so grundsätzliche Frage nur versehentlich nicht geregelt hat. Nach § 45 Abs. 2 Nr. 5 BVG nF kommt es deshalb für den Begriff des Pflegekindes weiterhin auf das Aufsichts-, Betreuungs- und Erziehungsverhältnis an, das dem „natürlichen“ Eltern-Kind-Verhältnis eigen ist, nicht aber auf den Begriff des Pflegekindes in § 33 b Abs. 2 Nr. 5 BVG nF in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz-3 KGG.

Schließlich hat der Beklagte in dem Besch. vom 24. 11. 1959 auch zu Recht Rente im Wege des Härteausgleichs abgelehnt, dieser Besch. ist Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Auch insoweit hat der Beklagte aber sein Ermessen pflichtgemäß gehandhabt. Er ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Leistung, die ihrer Art nach - nämlich als Geschwisterversorgung - im BVG nicht vorgesehen ist, auch im Wege des Härteausgleichs nicht gewährt werden darf, und er hat nicht schon deshalb zu einem anderen Ergebnis kommen müssen, weil der Kläger vor 1945 viele Jahre lang eine Rente im Wege des Härteausgleichs erhalten hat. Bei der Prüfung der Frage, ob der Beklagte insoweit die gesetzlichen Grenzen seines Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, sind auch die Schlußfolgerungen zu berücksichtigen, die sich aus der Gewährung von Versorgung an die Geschwister gefallener Brüder für andere Fälle ergeben können. Der Beklagte hat davon ausgehen dürfen, daß die Regelung dieser Frage dem Gesetzgeber überlassen bleiben muß und daß es sich bei der Regelung, die der Gesetzgeber im BVG mit dem Ausschluß einer Geschwisterversorgung getroffen hat, um eine grundsätzliche Regelung handelt, nicht aber um eine Regelung, die nur „in einzelnen Fällen“ (§ 89 BVG) zu Härten führt.

Die Besch.e vom 6. 5. 1955/27. 2. 1956 und vom 24. 11. 1959 sind daher unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten rechtmäßig.

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