11 RA 34/72
Gründe I.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Anrechnung von Versicherungszeiten, die er in Ungarn zurückgelegt hat. Vom 11. November 1944 bis 15. Oktober 1949 war er als Assistenzarzt im ... in Budapest und anschließend bis 4. November 1956 als Assistenz- und Chefarzt in verschiedenen städtischen und staatlichen Krankenhäusern in Budapest beschäftigt. Nach dem Aufstand in Ungarn kam er 1956 in die Bundesrepublik und erwarb 1966 die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Beklagte lehnte die Anerkennung der ungarischen Zeiten mit Bescheid vom 25. April 1969 ab; den Widerspruch des Klägers wies sie mit Bescheid vom 1. August 1969 zurück.
Klage und Berufung des Klägers blieben ohne Erfolg. Das Landessozialgericht (SG) hat in seinem Urteil vom 28. September 1971 ausgeführt, der Kläger gehöre nicht zu dem begünstigten Personenkreis des § 1 des Fremdrentengesetzes; (FRG). Unstreitig falle er nicht unter § 1 Buchst. a, c, d oder e FRG. Er werde aber auch nicht von § 1 Buchst. b FRG erfaßt, da er den ungarischen Versicherungsträger nicht infolge der Kriegsauswirkungen nicht mehr in Anspruch nehmen könne. Ursächlich für diese Unmöglichkeit seien nicht die Kriegsauswirkungen, sondern die Tatsache, daß er in der Zeit vom 11. November 1944 bis zum Ende des 2. Weltkrieges keiner gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des FRG angehört habe. Das ungarische Gesetz Nr. XL über die obligatorische Alters-, Invaliden-, Witwen- und Waisenversicherung vom 28. Juli 1928 habe die öffentlichen Bediensteten von der Rentenversicherungspflicht allgemein ausgeschlossen; später sei dann zwar durch die Verordnung Nr. 7850/1937 mit Wirkung vom 1. Januar 1938 ein Teil der Beschäftigten des ungarischen öffentlichen Dienstes der allgemeinen Rentenversicherung zugewiesen worden; § 27 Abs. 1 dieser Verordnung habe aber die öffentlichen Bediensteten in Budapest von dieser Regelung ausgenommen. Deshalb müsse davon ausgegangen werden, daß der Kläger als städtischer Angestellter in der allgemeinen Rentenversicherung versicherungsfrei gewesen sei. Er habe einem System zur Sicherung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst angehört, nicht aber einer gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 15 Abs. 2 FRG. Die ungarische Verordnung Nr. 30 (vom Jahre 1951) habe allerdings nachträglich eine Gleichbehandlung aller Beschäftigungszeiten vor dem 1. Januar 1952 mit den späteren Versicherungszeiten gebracht; jedoch beeinflusse diese Neuregelung nicht die Berücksichtigung von Versicherungszeiten nach dem FRG, das allein auf die Rechtslage zur Zeit der Beschäftigung abstelle. In der Zeit nach dem Ende des 2. Weltkrieges habe der Kläger möglicherweise Beiträge zu einem Sozialversicherungssystem im Sinne des FRG entrichtet, jedoch seien die Kriegsauswirkungen nicht ursächlich dafür, daß er den ausländischen Versicherungsträger nicht mehr in Anspruch nehmen könne. Bei Zeiten, die nach Kriegsende abgeleistet worden seien, habe der Berechtigte keine Rechtsstellung gegenüber einem ausländischen Versicherungsträger infolge der Auswirkungen des 2. Weltkrieges verloren.
Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung angesehen hat, ob auch Personen, die wegen des Ungarnaufstandes 1956 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet genommen haben, wegen der „Kriegsauswirkungen“ den früher für sie zuständigen Versicherungsträger eines ausländischen Staates nicht mehr in Anspruch nehmen können.
Der Kläger hat fristgemäß Revision eingelegt mit dem Antrag,
- unter Abänderung des angefochtenen Urteils und des Urteils des Sozialgerichts für das Saarland vom 7. April 1970 den Bescheid der Beklagten vom 25. April 1969 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 1. August 1969 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 11. November 1944 bis 4. November 1956 als Versicherungszeit anzuerkennen,
hilfsweise,
- unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Saarland zurückzuverweisen.
Er rügt die Verletzung von § 1 FRG und meint, das LSG habe die Frage, ob er den ungarischen Versicherungsträger in Anspruch nehmen könne, und die Frage, ob die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 FRG vorlägen, unzulässigerweise vermengt. Nach ungarischem Sozialversicherungsrecht habe er zweifellos für die Zeit bis zum Ende des 2. Weltkrieges eine Rentenanwartschaft besessen, die allein deshalb nicht durchsetzbar sei, weil er als Deutscher seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik genommen habe und infolge des 2. Weltkrieges das zwischen Ungarn und dem früheren Deutschen Reich abgeschlossene Sozialversicherungsabkommen suspendiert worden sei. Das LSG habe die Zuordnung des Klägers zur Angestelltenversicherung (AnV) unter Berufung auf eine Sonderregelung in § 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 7850/1937 abgelehnt und sich insoweit allein auf die Angabe der Beklagten gestützt. Hiermit habe das Berufungsgericht gegen § 293 der Zivilprozeßordnung (ZPO), der auch im Sozialgerichtsverfahren entsprechend anwendbar sei, verstoßen. Seinen Antrag, ihm die Überprüfung der von der Beklagten angeführten Rechtsquellen zu ermöglichen, habe das Gericht nicht berücksichtigt. Selbst wenn aber die Verordnung Nr. 7850/1937 nicht einschlägig gewesen sein sollte, müsse davon ausgegangen werden, daß eine entsprechende Regelung in einer anderen Verordnung getroffen worden sei. Auf jeden Fall sei die Zeit vor dem Ende des 2. Weltkrieges schon deshalb anzurechnen, weil seit dem 1. Januar 1952 durch die Gesetzesverordnung Nr. 30/51 die früheren Beschäftigungszeiten mitberücksichtigt würden. Auch für die Zeiten nach dem 8. Mai 1945 lägen die Voraussetzungen des § 1b FRG vor, da der Volksaufstand in Ungarn von 1956 und seine Flucht die Folge des 2. Weltkrieges gewesen seien. Im übrigen scheine eine Differenzierung zwischen den nach der Genfer Flüchtlings-Konvention anerkannten Flüchtlingen und jenen im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25. April 1951 ungerechtfertigt, weshalb die entsprechende Anwendung des § 1d FRG erwogen werden müsse.
Die Beklagte beantragt,
- die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Gründe II.
Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger begehrt die Herstellung von Versicherungsunterlagen nach § 11 Abs. 2 der Verordnung über die Feststellung von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei verlorenen, zerstörten, unbrauchbar gewordenen oder nicht erreichbaren Versicherungsunterlagen (Versicherungsunterlagen-Verordnung - VuVO -) vom 3. März 1960 (BGBl. I 137) für die Zeit vom 11. November 1944 bis 4. November 1956, von der er meint, daß sie nach dem FRG vom 25. Februar 1960 (BGBl. I 93) i.d.F. des Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (RVÄndG) vom 9. Juli 1965 (BGBl. I 476) anrechenbar sei; das ist aber nicht möglich.
Der nach dem FRG berechtigte Personenkreis ist in § 1 dieses Gesetzes abgegrenzt. Der Kläger ist weder als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt noch als Deutscher oder früherer Deutscher in ein ausländisches Staatsgebiet zur Arbeitsleistung verbracht worden; die Anwendbarkeit des Buchst. a oder c FRG scheidet daher aus. Aber auch die Buchst. b und d dieser Bestimmung kommen nicht zum Zuge.
Auf die dort genannten Personen findet § 16 FRG - wonach unter bestimmten Voraussetzungen ausländische Beschäftigungszeiten berücksichtigt werden können - keine Anwendung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 FRG). Somit bliebe nur die Möglichkeit, etwaige Beitragszeiten nach § 15 FRG zu berücksichtigen; solche hat der Kläger aber allenfalls nach dem Eintritt von Kriegsauswirkungen zurückgelegt.
In der Zeit vom 11. November 1944 bis zum Ende des 2. Weltkrieges ist der Kläger nicht bei einem Versicherungsträger im Sinne des § 15 Abs. 2 FRG beitragspflichtig versichert gewesen, weil nach den Feststellungen des LSG die Bediensteten der Stadt B. von der allgemeinen Versicherungspflicht ausgenommen waren. Die gegen diese Feststellungen gerichteten Angriffe der Revision sind wirkungslos. Die Behauptung des Klägers, das LSG habe für diese Zeit nicht festgestellt, daß er als städtischer Angestellter, nicht etwa als staatlicher Bediensteter, beschäftigt gewesen sei, trifft nicht zu. Der Kläger rügt allerdings in diesem Zusammenhang ferner, die Verordnung Nr. 7850/1937 habe ihm nicht in vollem Wortlaut vorgelegen, die Beklagte habe nur eine einzelne Vorschrift abschriftlich mitgeteilt; selbst wenn aber die Verordnung Nr. 7850/1937 seine Versicherungspflicht nicht begründet habe, sei das LSG nach § 293 ZPO i.V.m. § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur weiteren Nachprüfung verpflichtet gewesen, ob nicht etwa eine andere gesetzliche Bestimmung ihn in die allgemeine Rentenversicherung einbezogen habe. Damit will er offenbar geltend machen, das LSG habe seiner Sachaufklärungspflicht nicht genügt. Aber auch dieser Vorwurf kann die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht erschüttern.
Nach § 162 Abs. 2 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Danach darf das Revisionsgericht die Anwendung und Auslegung ausländischen Rechts nicht überprüfen. Allerdings ist nur die Würdigung beigezogener Unterlagen über ausländische Rechtsnormen, nicht aber das Unterlassen der Ermittlung ausländischen Rechts der Revision entzogen (BGHZ 40, 197, 201 sowie BSG, Urteil vom 9. Februar 1971 - 10 RV 99/69 - und die dort genannten Fundstellen in Rechtsprechung und Schrifttum). Das Revisionsgericht ist somit zwar an die Entscheidung des Berufungsgerichts über Bestehen und Inhalt ausländischen Rechts wie an eine tatsächliche Feststellung gebunden, dagegen kann das Zustandekommen dieser Entscheidung wie eine Tatsachenfeststellung mit Revisionsrügen angegriffen werden. Die Rüge des Klägers greift jedoch nicht durch. Als Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das LSG (§ 103 SGG) hätte er zumindest vortragen müssen, daß und weshalb sich das LSG von seiner Rechtsauffassung her zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen und welche konkreten Ermittlungen es noch hätte anstellen sollen (§ 164 Abs. 2 SGG). Er selbst gibt aber nicht an, daß sich seine Versicherungspflicht aus einem anderen Gesetz bzw. einer anderen Verordnung ergeben habe, er stellt das nur als möglich bzw. wahrscheinlich hin. Da aber der negative Beweis letztlich nicht zu erbringen ist, durfte sich das LSG ohne nähere Anhaltspunkte mit dem Ergebnis seiner Nachprüfungen zufrieden geben, zumal die Auslegung der vorhandenen Gesetze durch die Veröffentlichung im Bulletin der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit über die Sozialversicherung in Ungarn einleuchtend erschien (vgl. JVSS 1966 S. 96). Hinzu kommt, daß der Kläger die Vorschrift, die das LSG angewandt hat, im Wortlaut kannte und auch nicht etwa behauptet, die Textwiedergabe durch die Beklagte sei unrichtig oder unvollständig.
Ungarn hat zwar nach 1945 die Anrechnung aller Beschäftigungszeiten vor 1952 in der Sozialversicherung neu geregelt; das ist aber ohne Einfluß darauf, ob und wie die Zeit bis zum Ende des 2. Weltkrieges nach dem FRG zu berücksichtigen ist. Das FRG legt die inländische Anrechnung ausländischer Zeiten selbst fest; es nimmt hierbei in § 15 FRG inhaltlich Bezug auf ausländische Rechtssysteme; es stellt aber nur die bei einem Versicherungsträger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 15 Abs. 2 FRG zurückgelegten Beitragszeiten den inländischen gleich. Dabei kommt es auf die Rechtsverhältnisse zur Zeit der Beschäftigung an. Wie die Zeit der versicherungsfreien Beschäftigung des Klägers vor dem Ende des 2. Weltkrieges später in Ungarn behandelt worden ist, bleibt für die Anwendung des FRG ohne rechtliche Bedeutung. Diese Zeit ist demnach keine Beitragszeit im Sinne des § 15 FRG, zumal auch nicht nachträglich dafür Beiträge entrichtet worden sind.
Unerheblich ist es, ob der Kläger nach dem 8. Mai 1945, etwa ab 1. Januar 1952 oder bereits 1946/47, Beitragszeiten im Sinne des § 15 FRG zurückgelegt hat. Das LSG hat allerdings über das Schicksal des Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Ungarn über Sozialversicherung vom 20. März 1941 (RGBl. II 1942 S. 135), dessen Art. 3 Abs. 1 die Zahlung von Renten in jeden der beiden Vertragsstaaten erlaubte, keine Feststellungen getroffen. Es kann deshalb nicht einmal davon ausgegangen werden, daß Ungarn keine Renten in das Bundesgebiet zahlt. Aber auch wenn dieser Sozialversicherungsvertrag im Hinblick auf die seit 1945 bestehenden politischen Verhältnisse nicht mehr gilt, so wären doch dafür, daß der Kläger aus Zeiten nach dem 2. Weltkrieg nicht den ungarischen Versicherungsträger in Anspruch nehmen könnte, nicht die Auswirkungen dieses Krieges ursächlich (§ 1 Buchst. b FRG). Die Entstehungsgeschichte und der Sinnzusammenhang dieser Vorschrift zeigen, daß nur die Auslegung, welche ihr das LSG gegeben hat, dem Zweck des § 1 Buchst. b FEG gerecht wird. Die heutige Fassung dieser Vorschrift entspricht § 1 Abs. 2 cc) des Fremdrenten- und Auslandsrentengesetzes (FAG) vom 7. August 1953 (BGBl. I 848), der auf einen Vorschlag des Bundesrates zurückging (Anlage II zu BT-Drucks. 4201 S. 35). Zur Begründung hatte der Bundesrat ausgeführt: „Durch diese Ergänzung würde die Benachteiligung von Personen vermieden werden, die nicht im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen, sondern bereits vor dem Kriege ihren Wohnsitz in das Gebiet der jetzigen Bundesrepublik oder des jetzigen Landes Berlin verlegt haben ..., auf Grund der damaligen Rechtslage (Sozialversicherungsabkommen!) mit der Erhaltung ihrer bereits erworbenen Anwartschaften rechnen konnten, aber infolge der Kriegsereignisse keine Ansprüche gegen den nichtdeutschen Versicherungsträger geltend machen können. Weiter sollte eine Benachteiligung der Personen vermieden werden, die früher bereits im Gebiet der jetzigen Bundesrepublik oder des jetzigen Landes Berlin gewohnt haben, aber die bis zum Kriegsausbruch von einem nichtdeutschen Versicherungsträger gezahlte Rente nicht mehr erhalten ...“ (a.a.O.). Der Gesetzgeber wollte also ersichtlich nur bereits erworbene Rechtspositionen, die infolge des Krieges verlorengegangen sind, „entschädigen“. Das entspricht der Gesamtkonzeption des FRG, das Personen, die infolge des Krieges Beeinträchtigungen in der Renten- und der Unfallversicherung erlitten haben, der übrigen Bevölkerung gleichzustellen sucht. Das Bundessozialgericht (BSG) hat bisher stets in diesem Sinne entschieden und eine ausdehnende Auslegung abgelehnt (vgl. BSG 21, 151, 153; Urteile vom 28. Juli 1970 - 5/4/12 RJ 384/67 - und vom 27. Januar 1971 - 12 RJ 26/69 -). Diese Ansicht wird auch im Schrifttum geteilt (vgl. Gesamtkomm., Bd. III, Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz, Art. 1 § 1 Anm. 9; Verbandskomm., 6. Aufl., § 1 FRG Anm. 10). Voraussetzung für die Anwendung des § 1 Buchst. b FRG hinsichtlich der nach 1945 zurückgelegten Zeiten wäre also, daß der Kläger gegenüber dem ungarischen Versicherungsträger eine Rechtsstellung erworben hatte, die er infolge der Kriegsauswirkungen nicht realisieren kann. An dieser Voraussetzung aber fehlt es; der Kläger hat (mögliche) Beitragszeiten erst nach Eintritt (möglicher) Kriegsauswirkungen erworben; es ist keine Folge von Kriegsauswirkungen, wenn ehemalige ungarische Staatsangehörige, die wegen der Ereignisse im Jahre 1956 geflüchtet sind und anschließend die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben, ihrer Rechte gegenüber dem ungarischen Versicherungsträger verlustig gegangen sind (vgl. Merkle/Michel/Haensel/Lippert, Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz 2. Aufl., Stand: Juni 1972, FRG § 1 Anm. 8).
Auch das Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet (HAuslG) vom 25. April 1951 (BGBl. I 269) ist nicht zugunsten des Klägers anwendbar. Nach § 1 Abs. 1 dieses Gesetzes kann heimatloser Ausländer nur sein, wer am 30. Juni 1950 seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des Grundgesetzes (GG) oder in Berlin (West) hatte. Der Kläger ist aber erst nach dem Aufstand in Ungarn im Jahre 1956 in die Bundesrepublik gekommen. Die Bundesregierung hat von der Ermächtigung des § 1 Abs. 2 HAuslG zur Gleichstellung anderer ausländischer Flüchtlinge keinen Gebrauch gemacht. Eine entsprechende Anwendung des § 1 HAuslG auf Personen, die nach dem Stichtag in das Bundesgebiet gelangt sind, ist im Rahmen des § 1d FRG nicht zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 25. Mai 1972 - 11 RA 178/71 -). Das Gesetz enthält insoweit keine Lücke, die das Gericht auszufüllen berechtigt wäre. In dem Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines FANG zu BT-Drucks. 1532/III Art. 1 § 1 heißt es, der Ausschuß habe einen Antrag (des Zentralverbandes ausländischer Flüchtlinge und des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge), das Gesetz auf alle heimatlosen Ausländer und nichtdeutschen Flüchtlinge im Sinne des Londoner Abkommens vom 15. Oktober 1946 und der Konvention vom 28. Juli 1951 auszudehnen, abgelehnt. Nach Meinung des Ausschusses für Sozialpolitik handelt es sich insoweit nicht um ein Problem, das durch ein einzelnes Land befriedigend zu lösen sei; eine den Interessen aller Beteiligten angemessene Lösung könne nur durch eine überstaatliche Regelung oder den Abschluß eines mehrseitigen Abkommens gefunden werden. Damals waren aber bereits ungarische Flüchtlinge in der Bundesrepublik und das Problem ihrer Rechtsstellung in den zuständigen Gremien (einschließlich der UNO) ausführlich erörtert worden. Die Situation der ungarischen Flüchtlinge war dem Gesetzgeber bei der Beratung des FRG also bekannt; er hat ihre Eingliederung in das Fremdrentenrecht offensichtlich nicht gewollt.
Die im HAuslG getroffene Regelung, wonach nur solche Personen begünstigt werden, die bis zum 30. Juni 1950 ihren Aufenthalt im Geltungsbereich des GG hatten, verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des GG, weil es sich dabei ausschließlich um Personen handelt, die während des 2. Weltkrieges oder wegen der durch ihn verursachten Macht- und Bevölkerungsverschiebungen fliehen mußten. Der deutsche Gesetzgeber sah sich in besonderem Maße verantwortlich für jene Flüchtlinge des 2. Weltkrieges, soweit sie sich in der Bundesrepublik niedergelassen hatten. Das ist eine im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG sachgerechte Differenzierung.
Da nach alledem der Kläger aus dem FRG keine Rechte herleiten kann, muß seine Revision gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.