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§ 54 SGB I: Pfändung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

30.10.2023

Änderung

Die GRA wurde aufgrund der Rechtsprechung des BSG vom 07.04.2022, AZ: B 5 24/21 R im Abschnitt 10.4 überarbeitet. Weiterhin erfolgte eine Berichtigung im Abschnitt 7.1. Es erfolgten zusätzlich Änderungen im Rahmen der Prüfung der Barrierefreiheit.

Dokumentdaten
Stand17.10.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes vom 15.02.2021 in Kraft getreten am 01.09.2021
Rechtsgrundlage

§ 54 SGB I

Version009.00

Gesetzliche Regelung

Nach Absatz 1 können Dienst- und Sachleistungen nicht gepfändet werden (Abschnitt 3).

Die Pfändung einmaliger Geldleistungen unterliegt nach Absatz 2 dem Erfordernis der Billigkeit (Abschnitt 4).

Absatz 3 regelt, welche Ansprüche unpfändbar sind (Abschnitt 5).

Nach Absatz 4 können Ansprüche auf laufende Geldleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Die Leistungen der Rentenversicherung gehören nicht zu den in Absatz 3 genannten unpfändbaren Ansprüchen (außer: Kraftfahrzeughilfe im Rahmen einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben). Das gilt auch für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, denn diese werden nicht zum Ausgleich eines durch Körper- oder Gesundheitsschadens bedingten Mehraufwandes gezahlt (Abschnitte 6 und 7).

Nach Absatz 5 Satz 1 ist der Kinderzuschuss nur pfändbar, wenn es um die Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs des Kindes geht, für das dieser Kinderzuschuss gezahlt wird. Wegen anderer Forderungen sind die Kinderzuschüsse unpfändbar. Das bedeutet, dass bei der Ausführung von Pfändungen nach § 850c ZPO wegen sonstiger Ansprüche Kinderzuschüsse bei Ermittlung der pfändbaren Beträge nicht zu berücksichtigen sind.

Absatz 5 Satz 2 hat für die gesetzliche Rentenversicherung keine Bedeutung.

Nach Absatz 6 findet die Regelung des § 53 Abs. 6 SGB I in Fällen, in denen Geldleistungen im Rahmen einer Pfändung zu Unrecht erbracht worden sind, entsprechend Anwendung (Abschnitt 10).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 54 Abs. 6 SGB I verweist für seine Anwendung auf § 53 Abs. 6 SGB I. Eine Sonderregelung zu § 54 Abs. 6 SGB I ist § 71 SGB I. Die Regelung des § 71 SGB I beschränkt die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Geldleistungen im Rahmen der Pfändung auf Geldleistungen für Zeiträume nach dem 30.03.2005 (Abschnitt 10).

Für die Berechnung des pfändbaren Betrages nach Absatz 4 sind die §§ 850a bis 850i ZPO maßgeblich. Insbesondere ist die Pfändungstabelle zu § 850c ZPO zu beachten (siehe hierzu Abschnitt 7.3).

Grundsätze zur Pfändung

Die Pfändung ist eine spezielle Art der Zwangsvollstreckung. Sie ermöglicht die zwangsweise Durchsetzung eines (privatrechtlichen) Anspruchs eines Gläubigers gegen seinen Schuldner.

Der Gläubiger muss seinen Anspruch zunächst gerichtlich geltend machen. Hierfür hat der Gesetzgeber bestimmt, dass Gläubiger für einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein einheitliches Formular benutzen müssen (§ 829 Abs. 4 S. 2 ZPO), wobei insoweit eingeführte Formulare nach der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung (ZVFV) ab dem 01.03.2013 an verpflichtend zu verwenden sind (§ 5 ZVFV). Soweit für den beabsichtigten Antrag eine zweckmäßige Eintragungsmöglichkeit in dem Formular nicht besteht, kann gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 ZVFV ein geeignetes Freifeld oder eine Anlage genutzt werden. Auf diese Ausnahme vom Formularzwang wird der Antragsteller auf der Seite 1 des Formulars hingewiesen. Diese aufgrund der Verordnung zur Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vom 16.06.2014 in der Regelung des § 3 ZVFV vorgesehene Möglichkeit, Freifelder oder Anlagen zu nutzen, soweit das Formular keine zweckmäßigen Eintragungen zulässt, dient der Rechtssicherheit und soll der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 2 Nr. 2, § 3 ZVFV in der bis zum 25.06.2014 geltenden Fassung Rechnung tragen (siehe BR-Drucks. 137/14 neu, S. 29). Danach ist der Gläubiger in den Ausnahmefällen vom Formularzwang entbunden, soweit das Formular unvollständig, unzutreffend, fehlerhaft oder missverständlich ist. In einem solchen Fall ist es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsteller in dem Formular Streichungen, Berichtigungen oder Ergänzungen vornimmt oder das Formular insoweit nicht nutzt, sondern auf beigefügte Anlagen verweist.

Örtlich zuständig für die Zwangsvollstreckung ist das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Bundesgebiet seinen allgemeinen Gerichtsstand, also seinen Wohnsitz hat. Liegen die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung vor, so können auch eigene Forderungen des Schuldners, die dieser gegenüber einem Dritten hat, (zum Beispiel Lohn- oder Gehaltsansprüche oder Sozialleistungsansprüche) gepfändet werden. Die Pfändung erfolgt in der Regel durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss und ist mit dessen Zustellung an den Dritten (Drittschuldner) als bewirkt anzusehen. Der Drittschuldner kann insoweit mit befreiender Wirkung nur noch an den Gläubiger leisten. Einwendungen des Schuldners gegen die Pfändung können nur beim Vollstreckungsgericht erhoben werden.

Die Pfändung erfolgt nicht nur wegen des eigentlichen Gläubigeranspruchs (Hauptforderung), sondern auch wegen der durch die Zwangsvollstreckung im notwendigen Rahmen verursachten Kosten (Nebenforderung). Dazu gehören die Gerichtskosten sowie die Kosten für den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. Da diese ebenfalls dem Pfändungsschuldner zur Last fallen, sind sie zusammen mit dem im Wege der Zwangsvollstreckung zu erfüllenden Anspruch beizutreiben. Damit werden dem Pfändungsgläubiger auch die Kosten beziehungsweise Gebührenbeträge, die er als Antragsteller des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an das Vollstreckungsgericht zu zahlen (vorzuleisten) hatte, erstattet.

Allgemeines zur Pfändung im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung

Geldleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 23 Abs. 1 SGB I), auf die ein Leistungsberechtigter Anspruch hat, können nur im Rahmen des § 54 SGB I gepfändet werden. Damit unterliegen diese Geldleistungen einem gewissen Pfändungsschutz.

Andere Ansprüche auf Geldzahlungen wie

  • der Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht entrichteter Beiträge nach § 26 SGB IV oder
  • der auf einen Erben (§ 58 SGB I) übergegangene Anspruch des verstorbenen Leistungsberechtigten (siehe Abschnitt 2.5)

werden von § 54 SGB I nicht erfasst.

Der Zuschuss nach § 106 SGB VI zu einer freiwilligen oder einer privaten Krankenversicherung und der bis zum 31.03.2004 gewährte Zuschuss zur Pflegeversicherung gemäß § 106a SGB VI ist wegen seiner Zweckgebundenheit grundsätzlich gemäß § 851 ZPO unpfändbar. Etwas anderes gilt nur, wenn wegen rückständiger Beiträge oder Prämien gepfändet wird.

Die Pfändungsbeschränkungen (§ 54 SGB I, §§ 850c bis f ZPO) sind vom Vollstreckungsgericht zu beachten, das den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erlässt. Der Rentenversicherungsträger leistet grundsätzlich mit befreiender Wirkung, wenn er entsprechend dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss verfährt.

Grundsätzlich ist nach § 829 ZPO auch die Pfändung einer künftigen Forderung zulässig. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seiner Entscheidung BGH vom 21.11.2002, AZ: IX ZB 85/02, ausgeführt, dass zukünftig entstehende oder fällig werdende laufende Geldansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung pfändbar sind, sofern die Ansprüche in einem bereits bestehenden Sozialversicherungsverhältnis wurzeln. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner eine Rechtsbeziehung besteht, aus der man die künftige Forderung nach ihrer Art und nach der Person des Drittschuldners bestimmen kann. Die Forderung muss im Zeitpunkt der Pfändung, das heißt zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner, schon (und noch) im Vermögen des Schuldners stehen. Zur Bundesversicherungsanstalt für Angestellte und zu den jeweiligen Landesversicherungsanstalten war bis zum 31.12.2004 die Rechtsbeziehung gegeben, wenn der Schuldner - durch die Entrichtung zumindest eines Beitrages - Versicherter der Angestellten- oder Arbeiterrentenversicherung war. Für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung wird eine Rechtsbeziehung zudem durch Gutschrift von Anwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs begründet. Mit den geänderten Zuständigkeitsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) vom 09.12.2004 (BGBl. I S. 3242) wird seit dem 01.01.2005 hinsichtlich des Bestehens einer Rechtsbeziehung allein auf die Kontoführung abgestellt. Das heißt, zum jeweiligen Träger ist die Rechtsbeziehung gegeben, wenn der Träger im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kontoführender Versicherungsträger für den Schuldner ist.

Nach Beschluss der Rentenversicherungsträger ist es für die Vormerkung der Pfändung einer laufenden Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung (zum Beispiel Rente, Übergangsgeld) in den Fällen, in denen aktuell noch keine Leistung bezogen wird, nicht erforderlich, dass sich der Beschluss ausdrücklich auch auf künftige Leistungen erstreckt, siehe FAVR 4/2003, TOP 6.

Ein möglicherweise künftiger Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente ist zu Lebzeiten des Versicherten nicht pfändbar. Denn zum Zeitpunkt einer solchen Pfändung kann zwischen dem Schuldner (der Ehegatte beziehungsweise eingetragene Lebenspartner des noch lebenden Versicherten) und dem eventuellen Drittschuldner eine Rechtsbeziehung, aus der die künftige Forderung nach ihrer Art und nach der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann, nicht bestehen. Das insoweit relevante Versicherungsverhältnis besteht nämlich zwischen dem noch lebenden Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner des Schuldners und dem für ihn zuständigen Rentenversicherungsträger. Hinterbliebenenrenten sind mithin zu Lebzeiten des Versicherten nicht pfändbar. Geschieht dies dennoch, ist in begründeten Fällen Erinnerung nach § 766 ZPO einzulegen (siehe Abschnitt 2.11.1).

Beachte:

Es handelt sich nicht um die Pfändung eines möglicherweise künftigen Anspruches auf Hinterbliebenenrente im oben genannten Sinne, sofern mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowohl die Versichertenrente als auch die Hinterbliebenenrente eines Versicherten als Schuldner gepfändet und in dem Beschluss ausschließlich der zuständige Rentenversicherungsträger des Schuldners als Drittschuldner unter Angabe seiner Versicherungsnummer bezeichnet wurde. In diesem Fall ist allein die Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner und dem zuständigen Rentenversicherungsträger maßgebend, so dass die Pfändung nicht zu Lasten des Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartners des Versicherten als Schuldner erfolgt ist. Insofern berührt ein solcher Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einen möglichen künftigen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht. Im Falle des Ablebens des Versicherten würde sein Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner für die Pfändung auch nicht als Schuldner an die Stelle des Versicherten treten. Da sich aus einem solchen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch keine Angaben zum Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner des Schuldners und dessen Versicherungsverhältnis ergeben, wurde auch ein möglicher künftiger Hinterbliebenenrentenanspruch des Schuldners aus der Versicherung des lebenden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartners nicht gepfändet.

Erinnerung nach § 766 ZPO ist in diesen Fällen nicht einzulegen. Das bedeutet, dass Erinnerung gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur in den Fällen einzulegen ist, in denen die mögliche künftige Hinterbliebenenrente bei dem hierfür zuständigen Rentenversicherungsträger als Drittschuldner (zuständig für den noch lebenden Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner des Schuldners) unter Angabe der entsprechenden Versicherungsnummer gepfändet wurde. Andernfalls geht die Pfändung ins Leere. Denn ein Schuldner kann aus dem eigenen Versicherungsverhältnis gegenüber seinem zuständigen Rentenversicherungsträger heraus einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nicht erwerben.

Ein Wechsel des Kontoführers vor Entstehung des Leistungsanspruches hat zur Folge, dass der Beschluss nicht ausgeführt werden darf. Aus Datenschutzgründen darf der neue Kontoführer dem Gläubiger gegenüber nicht benannt werden, siehe AGFAVR 5/88, TOP 3, FAVR 2/97, TOP 6, RBRTN 1/2005, TOP 8, RBRTB 1/2005, TOP 4. Das gilt auch für Pfändungen wegen Unterhaltsforderungen. Das Gesetz zur Organisationsreform (RVOrgG) hat hieran nichts geändert, siehe RBRTS 1/2005, TOP 7. Dem neuen Kontoführer gegenüber entfaltet der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss keine Wirkung, da er nicht in vorgeschriebener Weise (Zustellung) zugegangen ist.

Für die Rangfolge - zum Beispiel beim Zusammentreffen mehrerer Pfändungen - ist auch bei der Pfändung künftiger Forderungen der Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses entscheidend (zu Rangfolgefragen vergleiche auch Abschnitt 8).

Durch den Beschluss des BGH vom 09.02.2012, AZ: VII ZB 117/09 ist klargestellt worden, dass Ansprüche aus § 109 SGB VI auf Erteilung von Renteninformationen und Rentenauskünften nicht gepfändet werden können. Bei der Renteninformation beziehungsweise Rentenauskunft nach § 109 SGB VI handelt es sich nicht um einen Anspruch auf Geldleistungen, deren Pfändbarkeit nach § 54 Abs. 2 bis 5 SGB I zu beurteilen ist. Demzufolge kann durch die Pfändung des Anspruchs auf Rentenauskunft ein Pfandrecht gemäß § 804 ZPO mit der Überweisungsmöglichkeit im Sinne des § 836 ZPO nicht erworben werden. Der Anspruch auf Erteilung einer Rentenauskunft gemäß § 109 SGB VI ist zudem ein höchstpersönliches Recht des Versicherten.

Gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der die Pfändung einer Renteninformation beziehungsweise Rentenauskunft nach § 109 SGB VI zum Gegenstand hat, ist daher unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs Erinnerung gemäß § 766 ZPO einzulegen (siehe Abschnitt 2.11.1).

Bei Ausführung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen sind keine Verwaltungsakte zu erteilen. Die Errechnung und Auszahlung der jeweiligen Rentenbeträge ist keine eigenständige Regelung im Sinne des § 31 SGB X (BSG vom 27.11.1991, AZ: 4 RA 80/90). Die Pfändung ist unverzüglich zu beachten. Bei der Pfändung von laufenden Geldleistungen kann § 53 Abs. 4 SGB I nicht entsprechend angewandt werden.

Inhalt, Bestimmbarkeit und Auslegung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen

Der Drittschuldner muss in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss so bezeichnet sein, dass seine Identität zweifelsfrei feststeht. Eine fehlerhafte Schreibweise des Namens ist allerdings unschädlich, wenn ansonsten die Identität des Drittschuldners eindeutig zu erkennen ist. Für einen Rentenversicherungsträger, der im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht als Drittschuldner bezeichnet ist, entfaltet dieser Beschluss auch dann keine Rechtswirkung, wenn er als zuständiger Leistungsträger Schuldner der gepfändeten Forderung ist. Aus diesem Grund darf der benannte Drittschuldner einen solchen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss weder an den leistenden Träger weiterleiten, noch darf er diesen dem Gläubiger als zuständigen Leistungsträger benennen, siehe FAVR 1/96, TOP 6, RBRTO 1/2005, TOP 4 RBRTN 1/2007, TOP 5. Der Adressat des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses hat in diesem Fall die Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO in eigenem Namen abzugeben.

Wird ab dem 01.10.2005 ein Rentenversicherungsträger als Drittschuldner noch mit dem alten - vor der Organisationsreform gültigen - Namen bezeichnet, so ist der Beschluss „verständig“ so auszulegen, dass er sich zweifelsfrei auf diesen Träger bezieht, auch wenn dieser nunmehr einen neuen Namen trägt.

Der Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gilt immer nur im Verhältnis zu demjenigen Gläubiger, der diesen Beschluss erwirkt hat (zum Beispiel bei Zusammenrechnung).

Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse sollen für die Drittschuldner unmittelbar, also ohne Führung von Ermittlungen ausführbar sein. Deshalb ist bei Anwendung des § 850c Abs. 1 und 2 ZPO nach Aktenlage zu verfahren. Bei verständiger Auslegung des Beschlusses muss feststehen, welche Forderung Gegenstand der Pfändung ist. Sie muss von anderen Forderungen unterschieden werden können. Gewisse Ungenauigkeiten bei der Bezeichnung der gepfändeten Forderung sind unschädlich, wenn sie keine Zweifel begründen, welche Forderung gemeint ist. So betrifft zum Beispiel die Pfändung „eines Anspruchs auf Rente“ sowohl die Versichertenrente als auch einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente. „Pensionsansprüche“ sind hingegen keine Rentenansprüche. Des Weiteren genügen auch die Formulierungen „laufende Geldleistungen nach dem SGB VI“ und „Regelleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ dem Bestimmtheitsgebot, siehe RBRTN 2/2006, TOP 5.

Beachte:

Rentenanwartschaften als Stammrecht sind dagegen unpfändbar (vergleiche hierzu unter anderem den Beschluss des BGH vom 21.11.2002, AZ: IX ZB 85/02).

Erfasst ein dem Rentenversicherungsträger zugestellter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowohl eine bewilligte und von ihm laufend zu leistende Versichertenrente als auch eine bewilligte und von ihm laufend zu leistende Hinterbliebenenrente, sind diese Leistungen vollstreckungsrechtlich als Einheit zu behandeln. Hierbei sind die Ausführungen im Abschnitt 7.4.1 zu beachten.

Die Pfändung „der Rentenbezüge“ erfasst nicht eine Witwenrentenabfindung (vergleiche BSG vom 12.03.1986, AZ: 5a RKn 22/84, BSGE 60, 34). Ebenso erfasst eine Rentenpfändung nicht die dem Grunde nach pfändbaren Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 gemäß §§ 294 ff. SGB VI. Sie sind keine Rentenleistungen.

Beim Bestehen unterschiedlicher Auffassungen über den Inhalt eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kann nach § 766 ZPO beim Vollstreckungsgericht Erinnerung mit dem Antrag auf Erlass eines klarstellenden Beschlusses eingelegt werden (siehe Abschnitt 2.11.1).

Zustellung

Nach § 829 Abs. 3 ZPO ist eine Pfändung erst mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erfolgt auf Betreiben des Gläubigers. Sie wird bei dem vom Vollstreckungsgericht erteilten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom Gerichtsvollzieher vorgenommen und besteht in der Übergabe einer beglaubigten Abschrift der dem Gläubiger vom Vollstreckungsgericht erteilten Ausfertigung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.

Eine Pfändung ist nicht wirksam erfolgt, wenn in der dem Rentenversicherungsträger vorgelegten beglaubigten Abschrift eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Ausfertigungsvermerk des Urkundsbeamten des Vollstreckungsgerichts nicht enthalten ist. In diesem Fall ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an den zuständigen Gerichtsvollzieher zur erneuten Zustellung zurück zu geben.

Eingang eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bei einer unzuständigen Auskunfts- und Beratungsstelle

Gehen bei den Auskunfts- und Beratungsstellen der regionalen Rentenversicherungsträger Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse ein, in denen die Deutsche Rentenversicherung Bund als Drittschuldner benannt ist, sind diese im Hinblick darauf, dass sie nicht dem zuständigen Rentenversicherungsträger zugestellt wurden, an den Einsender (Pfändungsgläubiger beziehungsweise dessen Bevollmächtigten) zurückzusenden, weil die Pfändung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund als nicht bewirkt gilt.

Eine Weiterleitung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den zuständigen Rentenversicherungsträger durch die Auskunfts- und Beratungsstelle im Sinne des § 829 Abs. 3 ZPO ist nicht zulässig, siehe AGFAVR 1/2008, TOP 10.

Dies gilt entsprechend, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einer Auskunfts- und Beratungsstelle des nicht als Drittschuldner bezeichneten Regionalträgers oder der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zugestellt wird.

Abgabe an einen anderen Leistungsträger

Zu einem Zuständigkeitswechsel beim Rentenversicherungsträger kann es regelmäßig nur im Bereich der Regionalträger kommen. Wird bereits eine - nach § 54 SGB I gepfändete - Leistung erbracht und wird ein anderer Rentenversicherungsträger für die Erbringung dieser Leistung zuständig, ist dieser auf den Tatbestand der Pfändung hinzuweisen. Bis zur Zahlungsübernahme durch den nunmehr zuständigen Rentenversicherungsträger ist die Pfändung (beziehungsweise sind die Pfändungen) auszuführen. Der Gläubiger ist auf den Tatbestand des Zuständigkeitswechsels - allerdings ohne Angabe des nun zuständigen Trägers - hinzuweisen, siehe AGFAVR 5/88, TOP 3, FAVR 2/97, TOP 6.

Verzieht der Leistungsberechtigte ins Ausland und wird aus diesem Grunde ein anderer Rentenversicherungsträger zuständig, sind vor Abgabe sämtliche Zahlungen einzustellen.

Wird ein anderer Rentenversicherungsträger im Wege einer Zuständigkeitsänderung erstmalig leistungspflichtig, sind die dem bisher zuständigen Rentenversicherungsträger zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse von ihm nicht zu beachten.

Erben und Sonderrechtsnachfolger

Aus dem durch § 54 SGB I gewährten Pfändungsschutz ist zu schließen, dass von diesem nur die Leistungen erfasst werden, die auch Sozialleistungen im Sinne des § 11 SGB I sind. Daher unterliegen Ansprüche von Erben nicht den Einschränkungen des § 54 SGB I. Auf die Ansprüche von Sonderrechtsnachfolgern nach § 56 SGB I ist § 54 SGB I hingegen anzuwenden, siehe RBRTN 2/2004, TOP 6.

Datenschutz

Bei der Ausführung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse sind die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X zu beachten. Die Übermittlung von Daten ist nur insoweit zulässig, als dies erforderlich ist (§ 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X). So sind zum Beispiel mit der Drittschuldnererklärung gemäß § 840 ZPO nur die in dieser Vorschrift genannten Daten zu übermitteln.

Transsexuellengesetz (TSG)

Bei Transsexuellen im Sinne des TSG wird eine neue Versicherungsnummer vergeben. Die Vorschriften der §§ 5, 10 TSG schützen aber nur die bisherige Identität, so dass vorliegende Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse unter der neuen Versicherungsnummer weiter zu bedienen sind (siehe RBRTB 1/2014, TOP 19.)

Vorpfändung (§ 845 ZPO)

Vor der eigentlichen Pfändung kann der Gläubiger aufgrund eines vollstreckbaren Titels dem Rentenversicherungsträger die Benachrichtigung zustellen lassen, dass die Pfändung bevorstehe und damit die Aufforderung verbinden, an den Leistungsberechtigten nicht zu zahlen (Vorpfändung). Die Vorpfändung ist nur insoweit zulässig, als eine Pfändung der einmaligen oder laufenden Geldleistung des Berechtigten nach § 54 SGB I zulässig ist. Sie wird wirksam, wenn innerhalb eines Monats nach Zustellung der Vorpfändung die eigentliche Pfändung bewirkt wird (§ 845 Abs. 2 ZPO).

Entspricht die Vorpfändung den Voraussetzungen des § 54 SGB I, ist die Auszahlung der Geldleistung - wie beim Pfändungs- und Überweisungsbeschluss - unverzüglich einzustellen und abzuwarten, ob die Pfändung innerhalb der Monatsfrist nachfolgt. Die Erklärungspflicht des Rentenversicherungsträgers als Drittschuldner nach § 840 Abs. 1 ZPO (siehe hierzu Abschnitt 2.10) wird noch nicht im Rahmen der Vorpfändung gemäß § 845 ZPO begründet.

Die sich aus der Geldleistung ergebenden pfändbaren Beträge sind vom Rentenversicherungsträger als Drittschuldner einzubehalten. Für die Ermittlung der pfändbaren Beträge beim Bezug einer laufenden Geldleistung (zum Beispiel Rente) sind ausschließlich die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO zu berücksichtigen. Die unpfändbaren Beträge sind weiter an den Schuldner auszuzahlen. Anordnungen über die Zusammenrechnung von Einkünften des Schuldners nach § 850e Nr. 2, 2a ZPO, die Außerachtlassung von unterhaltsberechtigten Personen nach § 850c Abs. 6 ZPO oder die Festlegung des pfändungsfreien Betrages für die erweiterte Pfändung nach § 850d ZPO können bei der Vorpfändung nicht getroffen werden. Sie sind deshalb im Rahmen der Vorpfändung nicht zulässig, siehe RBRTN 2/2013, TOP 4.

Erfolgt die Pfändung innerhalb dieser Frist, so sind entsprechend dem Inhalt des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die pfändbaren Beträge an den Gläubiger zu überweisen. Unterbleibt dagegen die Pfändung, so ist die Zahlung an den Berechtigten zu bewirken.

Der Gläubiger kann die Vorpfändung beliebig oft wiederholen. Bei jeder wirksamen Vorpfändung beginnt mit deren Zustellung eine neue Monatsfrist. Die Pfandrechte aus den vorangegangenen Vorpfändungen werden damit jedoch nicht ‘verlängert’, sondern erlöschen jeweils nach dem Ablauf der Frist.

Aufgrund der Vorpfändung bleiben danach eingehende Pfändungen solange nachrangig, bis der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zur Vorpfändung binnen Monatsfrist eingeht (§ 845 Abs. 2 ZPO). Wird jedoch statt der eigentlichen Pfändung eine Wiederholung der Vorpfändung bewirkt, kann aus der ersten Vorpfändung keine Vorrangstellung mehr für die eigentliche Pfändung abgeleitet werden.

Gegen die Vorpfändung kann vom Drittschuldner beim Vollstreckungsgericht die unbefristete Erinnerung gemäß § 766 ZPO eingelegt werden (siehe hierzu auch die Ausführungen im Abschnitt 2.11). Die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für die Entscheidung über die Erinnerung richtet sich nach dem Schuldnerwohnsitz.

Wirksamwerden und Änderung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses

Im Rahmen einer Pfändung ist entscheidend, wann diese gegenüber dem Rentenversicherungsträger wirksam wird und ob es beim Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu Änderungen kommt. Darüber hinaus kann von dem Rentenversicherungsträger die Abgabe einer Erklärung gemäß § 840 Abs. 1 ZPO verlangt werden (vergleiche Abschnitt 2.10).

Wenn der Adressat des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht aktueller Kontoführer ist oder sich der Schuldner anhand der Angaben im Beschluss nicht eindeutig ermitteln lässt, geht die Pfändung ins Leere. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist dann an den Gläubiger zurückzusenden.

Siehe Beispiel 1

Die Pfändung einer Geldforderung wird mit Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Rentenversicherungsträger wirksam (§§ 829 Abs. 3, 835 Abs. 3 ZPO). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist nach seinem Inhalt solange auszuführen, bis die im Beschluss ausgewiesenen Forderungen des Gläubigers befriedigt sind oder aber ein Änderungs-, Aufhebungs- oder Einstellungsbeschluss ergeht. So ist beispielsweise der Unterhaltsanspruch eines Kindes des Schuldners zeitlich vom Drittschuldner nicht zu begrenzen, wenn das Vollstreckungsgericht - soweit nicht besonders ausgeführt, steht der Begriff auch für Vollstreckungsbehörden - keine entsprechende Begrenzung (zum Beispiel Vollendung des 18. Lebensjahres) im Beschluss angeordnet hat.

Auch im Falle der Unwirksamkeit des Beschlusses ist der Drittschuldner in seinem Vertrauen auf dessen Wirksamkeit geschützt (§ 836 Abs. 2 ZPO). Dieser Vertrauensschutz gilt über den Wortlaut des § 836 Abs. 2 ZPO hinaus auch gegenüber anderen Gläubigern des Schuldners (BGH vom 26.05.1987, AZ: IX ZR 201/86). Erlangt der Drittschuldner allerdings Kenntnis von der Aufhebung des Beschlusses, sind bereits fällige, aber noch nicht abgeführte Beträge nicht mehr an den Gläubiger auszuzahlen.

Ändern sich die Voraussetzungen für die Bemessung des unpfändbaren Teiles der Sozialleistung und ergeht deswegen gemäß § 850g ZPO ein den alten Beschluss abändernder Pfändungsbeschluss, so ist dieser anstelle und mit dem Rang des bisherigen Beschlusses zu beachten.

Der „Änderungsbeschluss“ wird erst mit Zustellung wirksam. Der Rentenversicherungsträger ist verpflichtet, vom Zeitpunkt der Zustellung des Änderungsbeschlusses nach dem Inhalt des neuen Beschlusses zu verfahren, und zwar auch für zurückliegende Zeiten, wenn insoweit Leistungsansprüche noch nicht erfüllt wurden.

Rechtsnachfolge auf der Gläubigerseite („Titelumschreibung“)

Tritt auf der Seite des Pfändungsgläubigers eine Rechtsnachfolge ein (zum Beispiel durch Tod des Pfändungsgläubigers oder durch Abtretung der Forderung) erlischt das durch einen wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erworbene Pfandrecht nicht. Lediglich der Überweisungsbeschluss kann durch den Drittschuldner nicht mehr ausgeführt werden.

Erhält der Rentenversicherungsträger Kenntnis vom Eintritt der Rechtsnachfolge auf der Seite des Pfändungsgläubigers dürfen die pfändbaren Beträge nicht mehr an ihn ausgezahlt werden. Diese sind vielmehr solange einzubehalten, bis der Überweisungsbeschluss zu Gunsten des Rechtsnachfolgers des Pfändungsgläubigers ausgeführt werden kann (siehe auch Abschnitt 2.14.1).

Zu Gunsten des Rechtsnachfolgers kann die Überweisung der wirksam gepfändeten Rentenbeträge aus Bestimmtheits- und Rechtssicherheitsgründen nur dann erfolgen, wenn er eine auf sich lautende vollstreckbare Ausfertigung des der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Titels („Titelumschreibung“) vorlegen kann und die Zustellung dieser mit Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung an den Schuldner nachweist.

Denn aus einem Vollstreckungstitel darf gemäß § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO grundsätzlich nur für und gegen die dort genannten Parteien die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Es ist für eine Vollstreckung weiterhin erforderlich, dass der Vollstreckungstitel mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist. Wenn ein Wechsel auf der Gläubigerseite eintritt, muss der Rechtsnachfolger dafür sorgen, dass die Identität der Titelparteien mit den Vollstreckungsparteien wiederhergestellt wird und die Umschreibung des Vollstreckungstitels beantragen.

Die Vorschriften der §§ 727 bis 749 ZPO regeln unter anderem die Erteilung von Rechtsnachfolgeklauseln. Eine solche Klausel sorgt dafür, dass ein neuer Gläubiger gegen den bisherigen Schuldner die Zwangsvollstreckung fortsetzen darf. Dies kann nur durch einen Antrag auf Umschreibung des Vollstreckungstitels auf die Rechtsnachfolger des bisherigen Gläubigers gemäß § 727 ZPO beim Amtsgericht erfolgen. Örtlich und sachlich zuständig ist dabei gemäß den §§ 795, 724 Abs. 2 ZPO grundsätzlich das Gericht, welches den Vollstreckungstitel erlassen hat oder das die vollstreckbare Urkunde aufbewahrt. Die vollstreckbare Ausfertigung notarieller Urkunden erfolgt allerdings gemäß § 797 ZPO durch den Notar, der die Urkunde verwahrt.

Die erforderliche titelübertragende Vollstreckungsklausel darf durch das zuständige Gericht nur dann erteilt werden, wenn die Rechtsnachfolge, das Besitzverhältnis oder die einer Rechtsnachfolge gleichgestellte Rechtslage entweder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird oder bei dem Gericht offenkundig ist (§ 727 Abs. 1 ZPO).

Der umgeschriebene Vollstreckungstitel muss anschließend gemäß § 750 Abs. 2 ZPO zunächst an den Schuldner zugestellt werden. Dies gilt auch, wenn der Titel - vor der Umschreibung - dem Schuldner schon einmal zugestellt worden ist. Auch die Beweisurkunden müssen an den Schuldner zugestellt werden. Erst dann kann die Zwangsvollstreckung gemäß § 750 Abs. 2 ZPO für die neue Partei fortgesetzt werden. Die Vollstreckungsklausel dient damit dem Schutz des Schuldners und enthält die Ermächtigung des Vollstreckungsorgans zur Zwangsvollstreckung aus dem Titel.

Eine Umschreibung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses selbst ist nicht erforderlich.

Erklärungspflicht des Rentenversicherungsträgers (§ 840 Abs. 1 ZPO)

Auf Verlangen des pfändenden Gläubigers hat der Rentenversicherungsträger binnen zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses nach § 840 Abs. 1 ZPO zu erklären:

a) ob und inwieweit er die Forderung des Berechtigten als begründet anerkennt und zur Zahlung bereit ist,

b) ob und gegebenenfalls welche Ansprüche andere Personen an die Forderung stellen und

c) ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet ist.

§ 71 Abs. 1 S. 2 SGB X bestimmt ausdrücklich, dass eine solche Erklärung datenschutzrechtlich zulässig ist.

Außerdem sind stets die gesetzlichen Erstattungsansprüche, die der Pfändung im Range vorgehen mitzuteilen.

Die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung muss in der Zustellungsurkunde enthalten sein (§ 840 Abs. 2 S. 1 ZPO). Wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als elektronisches Dokument nach § 193a ZPO zugestellt, muss auch die Aufforderung als elektronisches Dokument übermittelt werden.

Bei der Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen kann die Aufforderung bereits in der Verfügung enthalten sein (vergleiche zum Beispiel § 316 AO; § 6 Abs. 2 JBeitrO).

Der Gläubiger hat einen Anspruch auf Erteilung einer aktualisierten Erklärung, wenn er eine solche verlangt und relevante Umstände sich nach Abgabe der vorherigen Erklärung geändert oder erst ergeben haben (zum Beispiel im Falle der Pfändung künftiger Forderungen).

Die Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO erfüllt nicht die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes gem. § 31 SGB X (vergleiche hierzu die Ausführungen im Abschnitt 2.1). Sie ist auch nicht einklagbar. Eine Verletzung der Auskunftspflicht kann jedoch Schadenersatzansprüche nach § 840 Abs. 2 S. 2 ZPO zur Folge haben. Das können die Kosten sein für zusätzliche, ansonsten vermeidbare kostenverursachende Vollstreckungsmaßnahmen, Zinsverluste. Derartige Ansprüche kommen gegebenenfalls dann in Betracht, wenn die Auskunft nach § 840 ZPO nicht, unrichtig, verspätet oder unvollständig erteilt wird.

Allerdings ist der Drittschuldner nicht verpflichtet, dem Gläubiger die für ein weiteres Aufforderungsschreiben entstandenen Anwaltskosten zu erstatten, wenn er nach Zustellung des Beschlusses die nach § 840 Abs. 1 ZPO geforderte Erklärung bisher nicht abgegeben hat (BGH vom 04.05.2006, AZ: IX ZR 189/04).

Aufgrund der Drittschuldnererklärung muss der Gläubiger die tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten erkennen können, damit er gegebenenfalls seine Ansprüche auch mit Rechtsbehelfen geltend machen kann. Datenschutzrechtliche Bestimmungen können die Offenbarungsbefugnis einschränken. Kann beispielsweise die Pfändungsforderung mit einer Einmalzahlung erfüllt werden, ist es nicht zulässig, die Höhe des Leistungsanspruchs (zum Beispiel der Rente) bekannt zu geben. Ferner ist in den Fällen, in denen die gepfändete Leistung nicht von der Deutschen Rentenversicherung Bund, sondern zum Beispiel von einem Regionalträger gezahlt wird, der zuständige Sozialleistungsträger nicht zu offenbaren.

Rechtsbehelfe

Als Verfahrensbeteiligter ist ein Drittschuldner berechtigt, gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Rechtsbehelfe einzulegen. Dieses Recht steht ihm insbesondere dann zu, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss folgende Fehler hat:

  • Bestimmtheitsfehler (es ist auch bei verständiger Auslegung des Beschlusses nicht klar erkennbar, welche Anordnung das Vollstreckungsgericht treffen wollte, der Beschluss enthält widersprechende Anordnungen oder ist für den Drittschuldner nicht ausführbar),
  • die Billigkeit der Pfändung wurde zu Unrecht bejaht.

Der Drittschuldner ist allerdings nicht befugt, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss anzufechten, weil die gepfändete Forderung nicht besteht.

Anträge, die sich auf die Höhe des pfändbaren beziehungsweise pfandfreien Betrages beziehen, können wirksam nur vom Gläubiger beziehungsweise Schuldner gestellt werden. Dies gilt zum Beispiel für einen Antrag nach § 850f ZPO, falls der Schuldner durch die Pfändung sozialhilfebedürftig wird, oder für einen solchen nach § 850g ZPO, wenn sich die Unpfändbarkeitsvoraussetzungen ändern.

Erinnerung (§ 766 ZPO)

Gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist beim Vollstreckungsgericht die unbefristete Erinnerung gemäß § 766 Abs. 1 S. 1 ZPO zulässig. Sie kann sich gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung richten, wenn zum Beispiel der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für den Rentenversicherungsträger unausführbare Anordnungen enthält.

Wird vom Rentenversicherungsträger Erinnerung eingelegt, kann sie mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 732 Abs. 2 ZPO verbunden werden, damit die einbehaltene Geldleistung zunächst nicht an den Gläubiger ausgezahlt zu werden braucht. Entspricht das Vollstreckungsgericht diesem Antrag, so kann die Zwangsvollstreckung von ihm entweder

  • ohne Sicherheitsleistungen eingestellt werden
    Zahlung erfolgt an den Berechtigten, in keinem Fall an den Gläubiger
  • gegen Sicherheitsleistung des Berechtigten eingestellt werden
    Zahlung an den Berechtigten erfolgt nur, wenn er die Sicherheitsleistung innerhalb von zwei Wochen nachweist; an den Gläubiger ist nur zu zahlen, wenn feststeht, dass die Sicherheit nicht erbracht wird oder
  • gegen Sicherheitsleistung des Gläubigers fortgesetzt werden
    Zahlung an den Gläubiger erfolgt nur, wenn er die Sicherheitsleistung innerhalb von zwei Wochen nachweist; an den Berechtigten ist nur zu zahlen, wenn feststeht, dass der Gläubiger die Sicherheit nicht erbringt.

Entspricht das Vollstreckungsgericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht, so ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auszuführen.

Die Erinnerung ist beim Vollstreckungsgericht - das ist das Amtsgericht des Wohnsitzes des Berechtigten - einzulegen (§ 764 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 828 ZPO). Die Erinnerung ist zu begründen. Wird ein fehlerhafter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über eine Rentenforderung durch einen späteren Beschluss aufgehoben und waren pfändbare Beträge einzubehalten oder zu hinterlegen, so kann der Gläubiger auch hinsichtlich der vor der Aufhebung fällig gewordenen Rentenbeträge keine Zahlung mehr an sich verlangen.

Die bis dahin einbehaltenen Beträge sind an den Leistungsberechtigten auszuzahlen.

Gegen eine Vorpfändung ist - wie gegen die Pfändung - ebenfalls der Rechtsbehelf der Erinnerung gegeben.

Sofortige Beschwerde (§ 793 ZPO)

Gegen eine Vollstreckungsentscheidung (beispielsweise Zurückweisung einer Erinnerung) ist die sofortige Beschwerde der zulässige Rechtsbehelf (§ 793 ZPO). Sie kann nach § 569 Abs. 1 ZPO nur innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen nach Zustellung der angefochtenen Entscheidung eingelegt werden.

Beschwerde, Einspruch oder Widerspruch

Gegen Pfändungen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren ist der Rechtsbehelf der Beschwerde, des Einspruchs oder des Widerspruchs gegeben. Welcher Rechtsbehelf im Einzelfall zulässig ist, ergibt sich jeweils aus der Rechtsbehelfsbelehrung der Pfändungsverfügung. Für den Rechtsbehelf der Beschwerde oder des Widerspruchs gilt eine Frist von einem Monat. Der Rechtsbehelf ist bei der Behörde einzulegen, die die Pfändungsverfügung erlassen hat.

Pfändungen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen

Pfändungen wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen des Bundes, der Länder, der Finanzbehörden oder der Sozialversicherungsträger erfolgen im Verwaltungsvollstreckungsverfahren zum Beispiel nach der Abgabenordnung (AO), das im Wesentlichen dem Vollstreckungsverfahren nach der Zivilprozessordnung (ZPO) entspricht. Die jeweils zuständige Vollstreckungsstelle kann durch eine Pfändungsverfügung die gegen den Rentenversicherungsträger bestehende Forderung eines Berechtigten pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen. Es besteht wie bei der Pfändung nach der ZPO eine Auskunftspflicht. Ist die Pfändung nach § 54 SGB I nicht zulässig, so ist hier anstelle der Erinnerung das Rechtsmittel der Beschwerde binnen eines Monats bei der Vollstreckungsstelle einzulegen, die die Pfändungsverfügung erlassen hat. Die Beschwerde ist mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Pfändungsverfügung zu verbinden. Auf die Ausführungen im Abschnitt 2.11.3 wird hingewiesen.

Tilgung

Da sich Art und Umfang der Pfändung eindeutig aus dem Beschluss ergeben müssen, ist es Aufgabe des Drittschuldners, den Tilgungsverlauf und gegebenenfalls das Tilgungsende entsprechend den Anordnungen des Vollstreckungsgerichtes festzulegen. So kann ihn zum Beispiel eine komplizierte Zinsberechnung nicht davon befreien, selbst den Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem die Forderung des Gläubigers erfüllt ist.

Nach der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beim Drittschuldner tritt die Wirksamkeit des Pfandrechts gemäß § 829 Abs. 3 ZPO ein. Durch das Vollstreckungsgericht wird dem Drittschuldner nach § 829 Abs. 1 ZPO verboten, an den Schuldner zu zahlen. Wird dem Rentenversicherungsträger ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt, ist er als Drittschuldner daher dazu verpflichtet, unverzüglich die Zahlung an den Berechtigten um die gepfändeten Beträge zu kürzen. Insbesondere in Fällen mit einer Rentengewährung muss der Berechtigte auf der anderen Seite seinerseits erwarten können, dass der ihm unter Berücksichtigung der Pfändung verbleibende unpfändbare Rentenbetrag vom Rentenversicherungsträger zum gesetzlich vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkt nach §§ 118 Abs. 1, 272a SGB VI pünktlich ausgezahlt wird. Die Zahlung an den Rentenberechtigten kann nach der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dann mit befreiender Wirkung entsprechend dem § 407 BGB vorgenommen werden, wenn ein Eingriff in den Zahlungsweg für den Rentenversicherungsträger als Drittschuldner unter keinen Umständen mehr möglich ist. Da die Auszahlung der Renten der Träger der allgemeinen Rentenversicherung nach den §§ 119, 120 SGB VI durch den Renten Service der Deutschen Post AG erfolgt, müssen die Rentenversicherungsträger die für das Rentenzahlverfahren in der Renten Service Verordnung (RentSV) festgelegten Abläufe und Zahlungsfristen bei der Umstellung und Anweisung von laufenden Rentenzahlungen berücksichtigen.

Die Tilgungsreihenfolge ergibt sich aus den §§ 366, 367 BGB (gegebenenfalls aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss). Danach sind zunächst die Kosten, anschließend die bisher aufgelaufenen Zinsen und erst dann die Hauptschuld zu begleichen. Eine hiervon abweichende Tilgungsreihenfolge kann sich aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergeben.

Hinterlegung

Der Rentenversicherungsträger kann als Drittschuldner für die Erfüllung des gepfändeten Anspruchs die Hinterlegung der gepfändeten Beträge beantragen, wenn ein gesetzlicher Hinterlegungsgrund (§ 372 BGB) vorliegt.

Beachte:

Die Hinterlegung ist nicht identisch mit dem Einbehalt von gepfändeten Beträgen durch den Rentenversicherungsträger für die Klärung von Daten des Vollstreckungsgläubigers.

Nach § 372 S. 2 BGB kann der an der Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gehinderte Schuldner unter anderem Geldbeträge bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, sofern die Gründe, die der Erfüllung der Forderung entgegenstehen, in der Person des Gläubigers liegen. Als Gründe gelten zum Beispiel der unbekannte Aufenthaltsort des Gläubigers, Verschollenheit, Geschäftsunfähigkeit des Gläubigers oder beschränkte Geschäftsunfähigkeit in Verbindung mit dem Fehlen eines gesetzlichen Vertreters. Die Hinterlegungsstellen sind regelmäßig bei den Amtsgerichten angesiedelt.

Das Hinterlegungsverfahren ist in landesrechtlichen Vorschriften geregelt. Da die Hinterlegung bei den Hinterlegungsstellen aber kostenpflichtig ist, ist sie nur im Ausnahmefall geboten.

Einbehalt durch den Rentenversicherungsträger

Kann der Vollstreckungsgläubiger nicht ermittelt werden oder ist die aktuelle Bankverbindung nicht bekannt, so sind die gepfändeten Rentenbeträge vom Rentenversicherungsträger einzubehalten, bis eine Kontaktaufnahme mit dem Vollstreckungsgläubiger oder dessen Rechtsnachfolger gelingt. Eine (kostenpflichtige) Hinterlegung bei der Hinterlegungsstelle der Amtsgerichte (siehe Abschnitt 2.14) kann geprüft werden, wenn sämtliche gebotenen Möglichkeiten, den Vollstreckungsgläubiger oder dessen Rechtsnachfolger zu ermitteln, erfolglos ausgeschöpft wurden.

Unpfändbarkeit von Dienst- und Sachleistungen (Absatz 1)

Dienst- und Sachleistungen sind unpfändbar, selbst wenn sie im Einzelfall als Barleistung an den Berechtigten erbracht werden (zum Beispiel Erstattung der Reisekosten nach § 73 SGB IX).

Zu den Sachleistungen gehören die Leistungen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1a SGB I mit Ausnahme des Übergangsgeldes (§ 20 SGB VI). Alle Leistungen, die nicht zu den Sachleistungen gehören, sind Geldleistungen. Dienstleistungen sieht die gesetzliche Rentenversicherung nicht vor.

Beachte:

Gegen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der eine Sachleistung zum Gegenstand hat, ist Erinnerung (§ 766 ZPO) einzulegen.

Ansprüche auf einmalige Geldleistungen (Absatz 2)

Bei der Pfändung einmaliger Geldleistungen ist zu prüfen, ob der gepfändete Anspruch tatsächlich eine einmalige Geldleistung darstellt und ob die Pfändung der Billigkeit entspricht.

Einmalige Geldleistungen sind:

Nicht zu den einmaligen, sondern zu den laufenden Geldleistungen gehören:

  • Nachzahlungen,
  • Übergangsgeld (§§ 20 ff. SGB VI).

Einmalige Geldleistungen können nur gepfändet werden, soweit die Pfändung der Billigkeit entspricht.

Für die Billigkeitsentscheidung sind zu berücksichtigen:

  • Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Leistungsberechtigten,
  • Art des beizutreibenden Anspruchs,
  • Höhe und Zweckbestimmung der Geldleistung.

Die Billigkeitsprüfung obliegt dem Vollstreckungsgericht. Der Berechtigte ist deshalb an das Vollstreckungsgericht zu verweisen, wenn er gegenüber dem Rentenversicherungsträger die Unbilligkeit geltend macht. Durch den Rentenversicherungsträger ist insoweit regelmäßig kein Rechtsbehelf einzulegen.

Unpfändbare Ansprüche (Absatz 3)

Die Unpfändbarkeit der Leistung eines anderen Sozialleistungsträgers kann im Hinblick auf einen Zusammenrechnungsbeschluss Bedeutung erlangen.

Unpfändbar sind Ansprüche auf

  • Kraftfahrzeughilfe im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben,
  • Elterngeld bis zur Höhe der nach § 10 BEEG anrechnungsfreien Beträge sowie dem Erziehungsgeld vergleichbare Leistungen der Länder,
  • Mutterschaftsgeld nach § 19 Abs. 1 MuSchG (zuvor: § 13 Abs. 1 MuSchG in der Fassung bis 31.12.2017), soweit es nicht aus einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit herrührt, bis zur Höhe des Elterngeldes nach § 2 BEEG, soweit es die anrechnungsfreien Beträge nach § 10 BEEG nicht übersteigt,
  • Wohngeld, soweit nicht die Pfändung wegen Ansprüchen erfolgt, die Gegenstand der §§ 9 und 10 des Wohngeldgesetzes sind,
  • Geldleistungen, die dafür bestimmt sind, den durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwand auszugleichen.

Die aufgezeigten Ansprüche unterfallen (bis auf die Kraftfahrzeughilfe) im Wesentlichen nicht dem der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 23 Abs. 1 SGB I zugeordneten Leistungskatalog.

Beachte:

Die auch auf gesundheitsbedingte Leistungseinbußen zurückzuführenden Rentenansprüche (Erwerbsminderungsrenten, große Witwen- oder Witwerrente, Altersrenten nach § 37 SGB VI und nach § 236a SGB VI) zählen nicht zu den Geldleistungen nach § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I, da durch sie kein schadensbedingter Mehraufwand ausgeglichen werden soll.

Zu den im Rahmen des § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I unpfändbaren Sozialleistungen, die auf den Ausgleich des durch einen Körper- oder Gesundheitsschaden bedingten Mehraufwands gerichtet sind, gehören im Wesentlichen

  • die Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 BVG,
  • die Pflegezulage nach § 35 BVG,
  • die Beihilfe für fremde Führung oder einen Blindenhund nach § 14 BVG,
  • die Zulage für Kleider und Wäscheverschleiß nach § 15 BVG,
  • die Hilfen für die Beschaffung eines Kfz nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung v. 28.09.1987, zuletzt geändert durch Art. 117 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848),
  • die Hilfen an schwerbehinderte Menschen nach § 185 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB IX,
  • die Schwerverletztenzulage nach § 57 SGB VII,
  • das Pflegegeld nach § 37 SGB XI.

Bezüglich der Verletztenrente aus der Unfallversicherung gleicht auch der Teil den Erwerbsschaden und nicht den Körperschaden aus, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) als Grundrente nach § 31 BVG geleistet würde (BSG vom 03.12.2002, AZ: B 2 U 12/02 R und BGH vom 03.12.2002, AZ: VI ZR 304/01). Für die Anwendung des § 54 Abs. 3 Nr. 3 SGB I ist insoweit kein Raum. Im Übrigen obliegt es ausschließlich der Berufsgenossenschaft zu beurteilen, welcher Betrag aus ihrer Leistung in die Zusammenrechnung einfließt, siehe RBRTB 2/2003, TOP 3, RBRTO 2/2003, TOP 3.

Pfändung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche (Absatz 4)

Wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche werden laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gemäß § 850d ZPO gepfändet. Laufende Geldleistungen in diesem Sinne sind Renten (einschließlich Rentennachzahlungen) und Übergangsgeld. Die Kindererziehungsleistung (§§ 294 ff. SGB VI) ist als Sozialleistung im Sinne des SGB ebenfalls im Rahmen des § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar. Allerdings bleibt die Kindererziehungsleistung von einer Pfändung unberührt, sofern nur die Rente des Schuldners gepfändet wurde.

Laufende Geldleistungen sind auch Nachzahlungsbeträge, die auf die einzelnen Monate des Nachzahlungszeitraumes aufzuteilen sind. Eine Pfändung nach § 54 Abs. 4 SGB I erfasst auch fällige, aber seit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses noch nicht erfüllte Zahlungsansprüche (Nachzahlungsbeträge) des Rentenberechtigten für Zeiträume vor der wirksamen Zustellung.

Folgenden Personen kann ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch gegen den Berechtigten zustehen:

  • Den Verwandten in gerader Linie (Kinder, Enkel, Eltern, Großeltern),
  • den nichtehelichen Kindern und Adoptivkindern, nicht aber Stiefkindern,
  • dem Ehegatten,
  • dem früheren Ehegatten,
  • dem eingetragenen Lebenspartner im Sinne § 1 LPartG,
  • dem früheren Lebenspartner,
  • der Mutter des nichtehelichen Kindes nach §§ 1615l, 1615n BGB.

Gesetzliche Unterhaltsansprüche sind auch:

  • Unterhaltsansprüche, die kraft Gesetzes (§ 1607 Abs. 2 BGB, § 1615b BGB) auf subsidiär haftende Unterhaltsverpflichtete übergangen sind (zum Beispiel durch Unterhaltszahlung des Großvaters anstelle des Vaters für das unterhaltsberechtigte Kind),
  • die auf den Sozialhilfeträger übergeleiteten Unterhaltsansprüche (§ 94 SGB XII),
  • die in Unterhaltsverträgen geregelten Unterhaltsansprüche, soweit sie den Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht überschreiten.

Umfang der Pfändung

Die Pfändung laufender Geldleistungen wegen Unterhalts erfolgt ohne die Beschränkung auf die Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO. Es gilt vielmehr grundsätzlich § 850d ZPO, der eine weitergehende Pfändung zulässt.

  • Notwendiger Unterhalt (§ 850d Abs. 1 S. 2 und 3 ZPO)
    Bei Pfändung wegen Unterhaltsansprüchen ist dem Schuldner sein notwendiger Unterhalt und so viel zu belassen, dass er seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber vorrangigen Unterhaltsberechtigten befriedigen und gegenüber gleichstehenden Unterhaltsberechtigten gleichmäßig erfüllen kann (§ 850d Abs. 1 S. 2 ZPO). Der dem Schuldner nach § 850d ZPO zu verbleibende Betrag darf jedoch nicht höher als der unpfändbare Betrag nach § 850c ZPO sein (§ 850d Abs. 1 S. 3 ZPO).
    In Ausnahmefällen kann im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter Bezugnahme auf § 850f Abs. 1 ZPO (Härteklausel) ein über § 850d ZPO hinausgehender unpfändbarer Betrag genannt sein. Da es sich hierbei um eine für den Schuldner günstigere Regelung handelt, ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom Rentenversicherungsträger insoweit nicht zu beanstanden.
    Das Vollstreckungsgericht muss den unpfändbaren Betrag bei der Pfändung wegen Unterhalts beziffern. Nennt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss keinen unpfändbaren Betrag, so ist grundsätzlich Erinnerung nach § 766 ZPO einzulegen. Keine Erinnerung ist einzulegen, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf die Tabelle zu § 850c ZPO verweist. Bei einem solchem Sachverhalt ist die Person, welche die Unterhaltspfändung betreibt, bei der Bestimmung des pfändbaren Betrages selbst nicht als unterhaltsberechtigt zu berücksichtigen.
    In Fällen der Pfändung des Kindesunterhalts kann das Vollstreckungsgericht die Pfändung nur bis zu einem bestimmten Alter des Kindes anordnen.
  • Unterhaltsrückstände (§ 850d Abs. 1 S. 4 ZPO)
    Die Pfändung wegen der Unterhaltsrückstände, die länger als ein Jahr vor dem Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses fällig geworden sind, richtet sich grundsätzlich nach § 850c ZPO. § 850d ZPO gilt ausnahmsweise, wenn sich der Schuldner absichtlich seiner Unterhaltspflicht entzogen hat.
  • Zusammenrechnung
    Für die Zusammenrechnung mehrerer pfändbarer Einkünfte - auch mehrerer Sozialleistungen - gilt § 850e Nr. 2a ZPO. Siehe hierzu Abschnitt 7.4 und 7.4.1.

Reihenfolge der Befriedigung bei der Pfändung wegen Unterhalts

Reicht der zur Verfügung stehende Betrag nicht aus, die im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgeführten Forderungen (laufender Unterhalt, rückständiger Unterhalt, Zinsen und Kosten) auf einmal zu erfüllen, so ist bei der Befriedigung in folgender Reihenfolge zu verfahren (§§ 366 und 367 BGB analog):

  • Kosten der Zwangsvollstreckung (Kosten für den Gerichtsvollzieher und den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss),
  • Zinsen für rückständigen Unterhalt,
  • rückständiger Unterhalt,
  • laufender Unterhalt.

Pfändung wegen künftig fällig werdender Unterhalts- oder Rentenansprüche (§ 850d Abs. 3 ZPO)

Gepfändet werden kann nach § 850d Abs. 3 ZPO auch wegen Unterhaltsforderungen oder Rentenansprüchen der in § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO bezeichneten Art, soweit diese erst künftig fällig werden. Diese als Vorrats- oder Dauerpfändung bezeichnete Form der Zwangsvollstreckung setzt zwingend voraus, dass bei Erlass des Beschlusses mindestens eine Rate (ein Teilbetrag) der Forderung fällig, aber noch nicht beglichen ist und auch wegen dieser rückständigen Rate gleichzeitig gepfändet wird. In ihrer Wirkung unterscheidet sich die Vorrats- oder Dauerpfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO nicht von der Pfändung im Allgemeinen, denn das Pfandrecht, das der Vollstreckungsgläubiger aufgrund der Pfändung erwirbt, erstreckt sich nach § 832 ZPO von Anfang an auch auf die gepfändeten Beträge, die erst künftig fällig werden. Damit sind auch diese Beträge, obwohl noch nicht fällig, nach § 829 ZPO der Verfügungsbefugnis des Vollstreckungsschuldners entzogen.

Auch bei einer Pfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO bestimmt sich im Übrigen der Pfändungsrang nach dem Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, und zwar - und darin kommt der besondere Stellenwert dieser Pfändung zum Ausdruck - auch in Bezug auf die der Pfändung zugrunde liegenden Forderungen beziehungsweise Ansprüche, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig sind.

Pfändung wegen sonstiger Ansprüche (Absatz 4)

Ansprüche auf laufende Geldleistungen können wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Das bedeutet, dass für alle Ansprüche des Gläubigers - mit Ausnahme der Unterhaltsansprüche (Pfändungshöhe in der Regel nach § 850d ZPO) und Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (Pfändungshöhe in der Regel nach § 850f Abs. 2 ZPO) - § 850c ZPO mit der dazugehörigen Tabelle Anwendung findet. Laufende Geldleistungen in diesem Sinne sind Renten (einschließlich Rentennachzahlungen) und Übergangsgeld. Die Kindererziehungsleistung (§§ 294 ff. SGB VI) ist als Sozialleistung im Sinne des SGB ebenfalls im Rahmen des § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar. Allerdings bleibt die Kindererziehungsleistung von einer Pfändung unberührt, sofern nur die Rente des Schuldners gepfändet wurde.

Laufende Geldleistungen sind auch Nachzahlungsbeträge, die auf die einzelnen Monate des Nachzahlungszeitraumes aufzuteilen sind. Eine Pfändung nach § 54 Abs. 4 SGB I erfasst auch fällige, aber seit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses noch nicht erfüllte Zahlungsansprüche (Nachzahlungsbeträge) des Rentenberechtigten für Zeiträume vor der wirksamen Zustellung.

In verschiedenen Bundesländern kann die Vollstreckungsbehörde den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die Beschränkungen in § 850c ZPO bestimmen, wenn die Vollstreckung wegen eines Zwangsgeldes, Bußgeldes, Ordnungsgeldes oder wegen einer Nutzungsentschädigung wegen Obdachlosigkeit betrieben wird. Dem Schuldner ist jedoch so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf (zum Beispiel § 48 Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VwVG NRW), § 55 Verwaltungsvollstreckungsgesetz RIPf).

Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen

Die seit dem 01.07.1992 geltenden Pfändungsfreigrenzen wurden durch das 7. Gesetz zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 13.12.2001 zum 01.01.2002 erhöht (vergleiche BGBl. I S. 3638 ff.). Zugleich wurde in § 850c Abs. 2a ZPO in der Fassung bis 07.05.2021 geregelt, dass künftig im zweijährigen Abstand erstmals beginnend zum 01.07.2003 die unpfändbaren Beträge neu festzulegen sind. Als Maßstab für diese Festlegung wurde die prozentuale Entwicklung des Grundfreibetrages (bekannt unter dem Begriff des Existenzminimums) nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG zum 01. Januar des jeweiligen Jahres bestimmt.

Durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz - PKoFoG) vom 22.11.2020 (BGBl. I S. 2466), geändert hinsichtlich Artikel 7 (Inkrafttreten) durch Artikel 5 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 07.05.2021 (BGBl. I S. 850), wurde die Anpassung der Pfändungsfreigrenzen zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres mit Wirkung zum 08.05.2021 verkürzt. Ab dem 08.05.2021 erfolgt die Anpassung jeweils zum 1. Juli eines jeden Jahres (§ 850c Abs. 4 ZPO in der Fassung ab 08.05.2021). Die neuen Pfändungsfreigrenzen sind vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung).

Ab dem 01.07.2023 ist die Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen durch die Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom 20.03.2023 (BGBl. I Nr. 79) erfolgt. Ab diesem Zeitpunkt sind daher die erhöhten Pfändungsfreigrenzen zu beachten.

Übergangsregelung

Nach § 20 Abs. 1 EGZPO in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung sind unter anderem der § 850c ZPO und der § 850f Abs. 3 ZPO in der Fassung bis 07.05.2021 in der von diesem Zeitpunkt an geltenden Fassung für vorher ausgebrachte Pfändungen hinsichtlich der danach fälligen Leistungen (zum Beispiel Rentenansprüche) anzuwenden.

Ändern sich die Pfändungsfreigrenzen, sind von Amts wegen die neuen Werte für Rentenansprüche von dem in der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz genannten Zeitpunkt an (vergleiche Abschnitt 7.1) zu beachten. Ist dies - aus welchem Grund auch immer - nicht rechtzeitig möglich, kann hinsichtlich der zu hohen Zahlungen an die Pfändungsgläubiger eine befreiende Wirkung gegenüber den Rentenberechtigten geltend gemacht werden. Dies folgt aus § 20 Abs. 1 S. 2 und 3 EGZPO. Hiernach ist nämlich vom Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers, des Schuldners oder des Drittschuldners der Pfändungsbeschluss entsprechend zu berichtigen. Bis zur Zustellung des Berichtigungsbeschlusses kann der Drittschuldner nach dem Inhalt des früheren Beschlusses mit befreiender Wirkung leisten. Wird ohne einen solchen Beschluss die Zahlungsumstellung vorgenommen, kann bis dahin die befreiende Wirkung ebenfalls geltend gemacht werden.

Für Rentenansprüche bis zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen sind die bisherigen Tabellenwerte maßgebend. Dabei ist unbeachtlich, wann der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt wurde. Für Nachzahlungszeiträume beziehungsweise Nachzahlungsbeträge können folglich verschiedene Pfändungsfreigrenzen gelten.

So gelten zum Beispiel für die Zeit vom 01.07.1992 bis 31.12.2001 die Werte der Tabelle zu § 850c ZPO in der Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 01.04.1992 (BGBl. I S. 745) und für die Zeit ab 01.01.2002 die von diesem Zeitpunkt an geltenden neuen Werte. Für Rentenansprüche bis 30.06.1992 sind noch die Werte der Tabelle zu § 850c ZPO in der Fassung des Fünften Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 08.03.1984 (BGBl. I S. 364) maßgebend.

Die Regelungen des § 20 EGZPO sind auch im Zusammenhang mit der Anhebung der Pfändungsfreigrenzen im Rahmen des § 850c Abs. 4 ZPO (§ 850c Abs. 2a ZPO in der Fassung bis 07.05.2021) anzuwenden.

Soweit die Wirksamkeit von Verfügungen (zum Beispiel Abtretungen oder Aufrechnungen) über Arbeitseinkommen und damit auch über Rentenansprüche von deren Pfändbarkeit abhängt, gelten vorstehende Ausführungen zu den maßgeblichen Tabellenwerten entsprechend. Dies ergibt sich aus § 20 Abs. 1 S. 2 und 3 EGZPO, der auch eine Regelung zur befreienden Wirkung enthält.

Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO

Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird in aller Regel auf die Tabelle zu § 850c ZPO für die Berechnung des pfändbaren Betrages verwiesen (sogenannter „Blankettbeschluss“). Der Rentenversicherungsträger hat dann den pfändbaren Betrag selbst zu bestimmen. Der ‘Tabellenwert’ (pfändbarer Betrag) ergibt sich aus der Höhe der gepfändeten Leistung unter Berücksichtigung der Anzahl der Personen, denen der Schuldner aufgrund einer gesetzlichen Unterhaltspflicht Unterhalt gewährt (siehe Abschnitt 7.3.2). Leistungsbestandteile, die der Rentner als Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten hat, unterliegen nach § 850e Nr. 1 ZPO nicht der Pfändung (siehe hierzu auch die Ausführungen im Abschnitt 7.3.1).

Die Tabellen zu § 850c ZPO unterscheiden zwischen monatlicher, wöchentlicher und täglicher Auszahlung. Soweit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nichts anderes vorschreibt, ist der pfändbare Betrag der Monatstabelle zu entnehmen. Dies gilt auch für das Übergangsgeld. Zwar steht Übergangsgeld nach § 65 Abs. 7 SGB IX für Kalendertage zu, die Auszahlung - hierauf stellt § 850c ZPO ab - erfolgt aber regelmäßig in größeren Zeitabständen (zum Beispiel 14- oder 21-tägig).

Die Tages- oder Wochentabellen dürfen daher nur angewendet werden, wenn die Auszahlung täglich beziehungsweise wöchentlich erfolgt. Die stärkere Anhebung der pfändungsfreien Grundbeträge bei täglich zahlbaren Arbeitseinkommen beruhte auf der Erwägung, dass die in Frage kommenden Schuldner regelmäßig in keinem ständigen Beschäftigungsverhältnis stehen und auch den Lebensunterhalt für beschäftigungsfreie Tage bestreiten müssen. Diese Interessenlage trifft auf Übergangsgeldempfänger weiterhin auch dann nicht zu, wenn die übergangsgeldfähige Leistung kürzer als ein Monat ist. Ist Übergangsgeld für Teile eines Monats zu zahlen, ist der pfändbare Betrag je Tag 1/30 des Tabellenwertes.

Siehe Beispiel 2

Bei einer Änderung der Rentenhöhe ist die Tabelle zu § 850c ZPO erneut anzuwenden. Bei der Pfändung von Nachzahlungen ist die Tabelle zu § 850c ZPO auf die Beträge anzuwenden, die auf die einzelnen Monate des Nachzahlungszeitraumes entfallen.

Ermittlung der „Nettorente“

Nach § 850e Nr. 1 S. 1 ZPO sind für die Ermittlung des für Pfändungen maßgeblichen Ausgangsbetrages unter anderem die Beträge nicht mitzurechnen, die unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Diesen Beträgen sind nach § 850e Nr. 1 S. 2 Buchst. b ZPO die Beträge gleichgestellt, die der Schuldner an eine Ersatzkasse oder an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Mit dieser Verfahrensweise soll die vom Gesetzgeber bezweckte Gleichstellung der freiwillig beziehungsweise privat versicherten Personen mit den sozial(pflicht)versicherten Personen erzielt werden.

Ausgangsbetrag für die Anwendung des § 850c ZPO ist somit die „Nettorente“.

Bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages richtet sich die Berücksichtigung der Aufwendungen des Schuldners zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung danach, ob der Rentenbezieher

  • in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung pflichtversichert (siehe Abschnitt 7.3.1.1),
  • in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung freiwillig versichert (siehe Abschnitt 7.3.1.2) oder
  • bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen kranken- und pflegeversichert (siehe Abschnitt 7.3.1.3)

ist.

Weiterhin ist bei der Ermittlung der „Nettorente“ als Ausgangsbetrag ein nach § 50a Abs. 7 EStG angeordneter Steuerabzug abzuziehen (siehe AGFAVR 2/2015, TOP 3).

Sind Kürzungs- oder Anrechnungsvorschriften anzuwenden, so ist für die Bestimmung des pfändbaren Betrages vom verminderten Zahlbetrag, also von dem Betrag, der sich nach Anwendung der entsprechenden Vorschriften ergibt, auszugehen.

In der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung Pflichtversicherte

Bei Schuldnern, die in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und der sozialen Pflegeversicherung versicherungspflichtig sind, umfassen die bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages zu berücksichtigenden Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung die von den Rentenbeziehern zu tragenden Beitragsanteile. Diese sind vom Rentenversicherungsträger aus der Rente einzubehalten und an den Gesundheitsfonds und die Pflegeversicherung abzuführen (siehe GRA zu §§ 249a und 255 SGB V und GRA zu §§ 55 bis 60 SGB XI).

Die Ermittlung des von der Rente abzutrennenden pfändbaren Betrages unter Berücksichtigung des § 850c ZPO orientiert sich für diesen Personenkreis daher am Rentenzahlbetrag.

Beachte:

Der in der Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 von den Krankenkassen nach § 242 SGB V erhobene kassenindividuelle Zusatzbeitrag war von den in der KVdR und der sozialen Pflegeversicherung pflichtversicherten Rentenbeziehern in voller Höhe allein zu tragen und von ihnen direkt an ihre Krankenkasse zu zahlen (siehe GRA zu § 242 SGB V, Abschnitte 3 und 4). Der Zusatzbeitrag stellt eine Aufwendung dar, die nach § 850e Nr. 1 S. 1 ZPO bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens („Nettorente“) nicht mitzurechnen ist.

Zusatzbeiträge gemäß § 242 SGB V sind auf Antrag des Rentenbeziehers bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages für die Anwendung des § 850c ZPO für Zeiträume vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 zu berücksichtigen, wenn der tatsächliche Beitragsaufwand beziehungsweise die Beitragsentrichtung von ihm durch entsprechende Bescheinigungen der gesetzlichen Krankenkasse und/oder Zahlungsbelege nachgewiesen wird. Hat der Rentenbezieher den Zusatzbeitrag für mehrere Kalendermonate in einer Summe entrichtet, so ist nur der auf den jeweiligen Kalendermonat entfallende Beitrag zu berücksichtigen und für die Feststellung der ‘Nettorente’ gemäß § 850e Nr. 1 ZPO in Abzug zu bringen (siehe RBRTS 1/2010, TOP 5).

Weitere Einzelheiten hinsichtlich der Beiträge zur KVdR (beispielsweise zum Zusatzbeitrag) können der GRA zu § 241 SGB V, GRA zu § 242 SGB V und GRA zu § 247 SGB V und hinsichtlich der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung (beispielsweise zum Beitragszuschlag für Kinderlose) der GRA zu §§ 55 bis 60 SGB XI entnommen werden. Die in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung maßgebenden Beitragssätze sind in Aktuelle Werte "Kranken- und Pflegeversicherung" aufgeführt.

In der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung freiwillig Versicherte

Rentenbezieher, die in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung freiwillig versichert sind, haben ihre Beiträge (die sich gegebenenfalls nicht nur nach der Rente, sondern auch nach weiteren Einnahmen bemessen) in voller Höhe allein zu tragen und diese selbst an die Kranken- und Pflegekasse abzuführen („Selbstzahler“). Diese Beiträge stellen unter Berücksichtigung eines nach § 106 SGB VI gewährten Zuschusses zur Krankenversicherung Aufwendungen dar, die nach § 850e Nr. 1 S. 2 Buchst. b ZPO bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens („Nettorente“) nicht mitzurechnen sind.

Die „Nettorente“ als Ausgangsbetrag für die Anwendung der Regelung des § 850c ZPO wird seit dem 01.04.2004 grundsätzlich in einem Pauschalabzugsverfahren ermittelt, damit ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss durch die Rentenversicherungsträger als Drittschuldner auch unmittelbar ausführbar ist. Das heißt, dass die nicht mitzurechnenden Aufwendungen des Schuldners zur Kranken- und Pflegeversicherung unter Berücksichtigung des Zuschusses zur Krankenversicherung (§ 106 SGB VI) anhand der Beitragssätze der jeweiligen Kranken- und Pflegeversicherung ermittelt werden. Denn seit der Neufassung der Regelung des § 106 SGB VI zum 01.04.2004 ist der Zuschuss zur Krankenversicherung nicht mehr auf die Hälfte der Aufwendungen für den Personenkreis der freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Rentenbezieher zu begrenzen (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 6.3). Seitdem erfolgt eine Meldung des Gesamtbeitrages für die freiwillig Versicherten durch die gesetzliche Krankenkasse nicht mehr, so dass den Rentenversicherungsträgern nunmehr ohne entsprechende Ermittlungen in der Regel nur die Beiträge bekannt sind, die sich aufgrund des Beitragssatzes der jeweiligen Krankenkasse und des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung unmittelbar aus der gepfändeten Rentenleistung ergeben.

Nähere Einzelheiten zu den Voraussetzungen des Zuschusses zur Krankenversicherung können der GRA zu § 106 SGB VI entnommen werden. Die in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung maßgebenden Beitragssätze sind in Aktuelle Werte "Kranken- und Pflegeversicherung" aufgeführt.

Sofern der Rentenberechtigte höhere Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung nachgewiesen hat oder sich diese bereits aus dem Akteninhalt ergeben, sind diese Beträge für die Berechnung der „Nettorente“ als Ausgangsbetrag für die Ermittlung der monatlich pfändbaren Beträge maßgebend. Der jeweilige Rentenversicherungsträger hat in seiner Eigenschaft als Drittschuldner den Schuldner jedoch nicht (erst) nach entsprechenden höheren Aufwendungen zu befragen.

Nach der bis zum 31.03.2004 geltenden Rechtslage bestand im Zusammenhang mit dem vom Rentenversicherungsträger zu zahlenden Beitragszuschuss nach § 106 SGB VI eine Verpflichtung für gesetzliche Krankenkassen dem Rentenversicherungsträger den Gesamtbeitrag zur Krankenversicherung eines freiwillig Versicherten zu melden. Diesem Beitrag konnte in Einzelfällen auch ein weiteres Einkommen neben der Rente zu Grunde liegen. Zur Ermittlung des maßgebenden Ausgangsbetrages für die Zeit bis zum 31.03.2004 ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Krankenversicherungsbeitrag und dem Zuschuss zur Krankenversicherung als Eigenanteil von der Bruttorente (Rentenbetrag ohne den Zuschuss zur Krankenversicherung) abzusetzen. Dies gilt für den Eigenanteil am Pflegeversicherungsbeitrag bis 31.03.2004 entsprechend.

Berechnung für Bezugszeiten ab dem 01.01.2019

Für die Zeit ab dem 01.01.2019 wurde durch das Gesetz zur Beitragsentlastung der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VEG) vom 11.12.2018 (BGBl. I S. 2387) unter anderem die Regelung des § 106 SGB VI über den Zuschuss zur Krankenversicherung geändert (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 6.2.1). Bei Rentenbeziehern, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, ist hiernach der Berechnung des Zuschusses zur Krankenversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2019 der allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung zuzüglich des kassenindividuellen Zusatzbeitragssatzes zugrunde zu legen (§ 106 Abs. 2 S. 1 SGB VI).

Bei der Ermittlung des für die Pfändung maßgebenden Ausgangsbetrages nach § 850e Nr. 1 S. 2 Buchst. b ZPO ist der kassenindividuelle Zusatzbeitragssatz freiwillig krankenversicherter Rentenbezieher von Amts wegen zu berücksichtigen (FAVR 4/2014, TOP 4).

Der für die Pfändung maßgebende Ausgangsbetrag („Nettorente“) ergibt sich, indem die Bruttorente zunächst um den Zuschuss zur Krankenversicherung erhöht und anschließend um den doppelten Zuschuss zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflegeversicherung gemindert wird.

siehe Beispiel 18

Erhält der in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung freiwillig versicherte Rentenbezieher sowohl eine Versichertenrente als auch eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und sind diese Renten entsprechend den Ausführungen im Abschnitt 7.4 bei der Pfändung zusammenzurechnen, orientiert sich die Ermittlung des für die Pfändung maßgebenden Ausgangsbetrages an der Summe aus beiden Bruttorenten. Dieser Betrag ist zunächst um den Gesamtbeitragszuschuss zur Krankenversicherung zu erhöhen und anschließend um den doppelten Gesamtbeitragszuschuss zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflegeversicherung aus der Summe beider Renten zu mindern.

siehe Beispiel 19

Weist der freiwillig versicherte Rentenbezieher höhere Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach (etwa wegen weiteren Einkommens), sind diese zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für die Ermittlung des pfändbaren Betrages eine Zusammenrechnung von Rente und weiterem Einkommen nicht angeordnet worden ist.

siehe Beispiel 20

Berechnung für Bezugszeiten vom 01.04.2004 bis zum 31.12.2018

Für die Ermittlung pfändbarer Beträge für Nachzahlungszeiträume beziehungsweise aus Nachzahlungsbeträgen laufender Geldleistungen können die Pfändungsfreigrenzen aus verschiedenen Zeiträumen maßgebend sein (siehe Abschnitt 7.2). Nachfolgend wird daher die Ermittlung des Ausgangsbetrages im Pauschalabzugsverfahren für Bezugszeiten bis zum 31.12.2018 dargestellt.

Weist der freiwillig versicherte Rentenbezieher höhere Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach (etwa wegen weiteren Einkommens), sind diese zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für die Ermittlung des pfändbaren Betrages eine Zusammenrechnung von Rente und weiterem Einkommen nicht angeordnet worden ist.

  • 01.01.2015 bis zum 31.12.2018
    Der Berechnung des Zuschusses zur Krankenversicherung war für die Zeit vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2018 ausschließlich der allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung zugrunde zu legen (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 6.2.2). Der von den gesetzlichen Krankenkassen darüber hinaus erhobene kassenindividuelle Zusatzbeitrag (siehe GRA zu § 242 SGB V, Abschnitt 2) lag der Zuschussberechnung in diesem Zeitraum nicht zugrunde.
    Unabhängig von den Regelungen zur Berechnung des Zuschusses zur Krankenversicherung haben sich die Rentenversicherungsträger darauf verständigt, den kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz freiwillig krankenversicherter Rentenbezieher bei der Ermittlung des für die Pfändung maßgebenden Ausgangsbetrages nach § 850e Nr. 1 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen (siehe FAVR 4/2014, TOP 4):
    Hiernach ergibt sich der für die Pfändung maßgebende Ausgangsbetrag („Nettorente“), indem die Bruttorente zunächst um den Zuschuss zur Krankenversicherung erhöht und anschließend um den doppelten Zuschuss zur Krankenversicherung, den kassenindividuellen Zusatzbeitrag und den Beitrag zur Pflegeversicherung gemindert wird.
  • 01.01.2009 bis zum 31.12.2014
    Der Berechnung des Zuschusses zur Krankenversicherung war für die Zeit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2014 ausschließlich der um 0,9 Beitragssatzpunkte geminderte allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung zugrunde zu legen (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 6.2.3). Der von den gesetzlichen Krankenkassen darüber hinaus erhobene kassenindividuelle Zusatzbeitrag (siehe GRA zu § 242 SGB V, Abschnitte 3 und 4) und der vom Rentenbezieher allein zu tragende Beitragsanteil in Höhe von 0,9 % lag der Zuschussberechnung nicht zugrunde.
    Zusatzbeiträge gemäß § 242 SGB V sind auf Antrag des Rentenbeziehers bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages nach § 850c ZPO zu berücksichtigen, wenn der tatsächliche Beitragsaufwand beziehungsweise die Beitragsentrichtung von ihm durch entsprechende Bescheinigungen der gesetzlichen Krankenkasse und/oder Zahlungsbelege nachgewiesen wird. Hat der Rentenbezieher den Zusatzbeitrag für mehrere Kalendermonate in einer Summe entrichtet, so ist nur der auf den jeweiligen Kalendermonat entfallende Beitrag zu berücksichtigen und für die Feststellung der „Nettorente“ gemäß § 850e Nr. 1 ZPO in Abzug zu bringen (siehe RBRTS 1/2010, TOP 5).
    Sofern ein Antrag auf Berücksichtigung des kassenindividuellen Zusatzbeitrages nicht gestellt wurde, ergibt sich der für die Pfändung maßgebende Ausgangsbetrag („Nettorente“), indem die Bruttorente zunächst um den Zuschuss zur Krankenversicherung erhöht und anschließend um den doppelten Zuschuss zur Krankenversicherung, den vom Rentenbezieher allein zu tragenden Beitragsanteil in Höhe von 0,9 % der Rente und den Beitrag zur Pflegeversicherung gemindert wird. Hat der Rentenbezieher die Berücksichtigung des von ihm entrichteten Zusatzbeitrages beantragt und liegen entsprechende Nachweise vor, so ist dieser zusätzlich in Abzug zu bringen.
  • 01.07.2005 bis zum 31.12.2008
    Der Berechnung des Zuschusses zur Krankenversicherung war für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 31.12.2008 ausschließlich der um 0,9 Beitragssatzpunkte geminderte allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkasse, bei der die freiwillige Versicherung bestand, zugrunde zu legen (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 6.2.4).
    Der für die Pfändung maßgebende Ausgangsbetrag („Nettorente“) ergibt sich, indem die Bruttorente zunächst um den Zuschuss zur Krankenversicherung erhöht und anschließend um den doppelten Zuschuss zur Krankenversicherung, den vom Rentenbezieher allein zu tragenden Beitragsanteil in Höhe von 0,9 % der Rente und den Beitrag zur Pflegeversicherung gemindert wird.
  • 01.04.2004 bis zum 30.06.2005
    Der Berechnung des Zuschusses zur Krankenversicherung war für die Zeit vom 01.04.2004 bis zum 30.06.2005 der allgemeine Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkasse, bei der die freiwillige Versicherung bestand, zugrunde zu legen (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 6.2.4).
    Der für die Pfändung maßgebende Ausgangsbetrag („Nettorente“) ergibt sich, indem die Bruttorente zunächst um den Zuschuss zur Krankenversicherung erhöht und anschließend um den doppelten Zuschuss zur Krankenversicherung und den Beitrag zur Pflege-versicherung gemindert wird.
Privat Kranken- und Pflegeversicherte

Bei privat kranken- und pflegeversicherten Rentenbeziehern sind nach § 850e Nr. 1 S. 2 Buchst. b ZPO bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages die Beträge unberücksichtigt zu lassen, die der Rentenbezieher an ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung leistet, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Die Beiträge sind von ihm in voller Höhe alleine zu tragen und selbst an das Unternehmen der privaten Krankenversicherung zu entrichten. In der Regel ist dem Rentenversicherungsträger die aktuelle Höhe der Beiträge nicht bekannt. Damit ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss durch die Rentenversicherungsträger unmittelbar ausführbar ist, wird die „Nettorente“ als Ausgangsbetrag anhand des dem Rentenbezieher geleisteten Zuschusses zur Krankenversicherung (§ 106 SGB VI) und dem Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung ermittelt (siehe AGFAVR 2/2005, TOP 7). Bezüglich des zu berücksichtigenden Beitrages zur sozialen Pflegeversicherung ist der Beitragssatz ohne den Zuschlag für Kinderlose maßgebend. Denn für in der privaten Pflegeversicherung versicherte Rentenbezieher kann bei fehlender Elterneigenschaft eine Erhöhung des Beitrages zur Pflegeversicherung durch das Kinder-Berücksichtigungsgesetz (KiBG) vom 15.12.2004 nicht unterstellt werden.

Der für die Pfändung maßgebende Ausgangsbetrag („Nettorente“) ergibt sich, indem die Bruttorente zunächst um den Zuschuss zur Krankenversicherung erhöht und anschließend um den doppelten Zuschuss zur Krankenversicherung und den sich pauschal aus dem Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung ergebenden Beitrag zur Pflegeversicherung gemindert wird.

siehe Beispiel 21

Nähere Einzelheiten zu den Voraussetzungen des Zuschusses zur Krankenversicherung können der GRA zu § 106 SGB VI entnommen werden. Die in der sozialen Pflegeversicherung maßgebenden Beitragssätze sind in Aktuelle Werte "Kranken- und Pflegeversicherung" aufgeführt.

Sofern der privat kranken- und pflegeversicherte Rentenbezieher höhere Beiträge zur Krankenversicherung nachgewiesen hat oder sich diese bereits aus dem Akteninhalt ergeben, sind diese Beträge für die Berechnung der „Nettorente“ als Ausgangsbetrag zu berücksichtigen, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Der jeweilige Rentenversicherungsträger hat in seiner Eigenschaft als Drittschuldner den Schuldner jedoch nicht (erst) nach entsprechenden höheren Aufwendungen zu befragen.

Zur Bestimmung des Rahmens des Üblichen sind nicht die Beiträge beziehungsweise Beitragssätze der gesetzlichen Krankenversicherung mit denen der privaten Krankenversicherungsunternehmen im Vergleich gegenüberzustellen, sondern maßgebend sind insoweit die Versicherungsleistungen, die die Krankenversicherten in Anspruch nehmen können. Der Beitrag eines privat krankenversicherten Rentenbeziehers orientiert sich unter anderem an seinem Eintrittsalter in das private Versicherungsunternehmen und an möglichen gesundheitlichen Risikofaktoren und ist nicht einkommensabhängig Der Beitrag kann deshalb für vergleichbare Leistungen wesentlicher höher sein als in einer gesetzlichen Krankenversicherung. Dies soll sich gemäß § 850e Nr. 1 S. 2 Buchst. b ZPO für den privat versicherten Schuldner nicht negativ auswirken. Er kann deshalb höhere Aufwendungen nachweisen, als sie ein pflichtversicherter Rentenbezieher zu erbringen hat beziehungsweise sie für die unmittelbare Ausführung einer Pfändung (zunächst) pauschal in doppelter Höhe des Beitragszuschusses anzunehmen waren.

Hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung verbleibt es in diesen Fällen bei der Berücksichtigung der sich pauschal aus dem Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung ergebenden Beiträge.

Unterhaltsberechtigte Personen

Als unterhaltsberechtigte Personen sind ohne nähere Prüfung zu berücksichtigen

1. der Ehegatte oder

2. der Lebenspartner im Sinne des § 1 LPartG,

3. die Kinder - mit Ausnahme von Stief- und Pflegekindern -, sofern nach Aktenlage unterstellt werden kann, dass sie vom Berechtigten kraft gesetzlicher Verpflichtung unterhalten werden (zum Beispiel wenn noch ein Kinderzuschuss gezahlt wird).

Der Umstand, dass ein gezahlter Kinderzuschuss nicht der Pfändung unterliegt, schließt das betreffende Kind nicht als unterhaltsberechtigte Person aus.

Bei Eintritt der Volljährigkeit eines Kindes kann eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung des Schuldners nicht (mehr) ohne weiteres unterstellt werden. Ein Unterhaltsanspruch unter Verwandten setzt die Bedürftigkeit des Unterhaltberechtigten und die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten voraus. Der Unterhaltsanspruch von Kindern umfasst auch den Anspruch auf eine angemessene Ausbildung.

Volljährige Kinder sind, sofern sie minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nicht gleichgestellt sind, grundsätzlich nicht als unterhaltsberechtigt anzusehen, wenn die Bedürftigkeit nicht nachgewiesen ist. Von Amts wegen ist die Bedürftigkeit (§ 1602 Abs. 1 BGB) nur zu prüfen, wenn sich aus der Akte hierzu Hinweise ergeben, die nicht allein auf den Bezug von Kindergeld beruhen, siehe RBRTN 1/2013, TOP 3. Verfügt das Kind über eigene Einkünfte, ist die Frage der Bedürftigkeit zum Beispiel anhand der in der so genannten Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Beträge zu beurteilen.

Auch sonstigen in gerader Linie mit dem Schuldner verwandten Personen (Eltern, Großeltern) können nach § 1601 BGB Unterhaltsansprüche zustehen (zum Beispiel bei Heimunterbringung); dies ist jedoch im Einzelfall vom Schuldner nachzuweisen.

Ändert sich die unterhaltsrechtliche Position einzelner Personen und ist dies dem aktuellen Akteninhalt zu entnehmen, hat der Drittschuldner den pfändbaren Betrag neu zu bestimmen.

Weist der Berechtigte nach, dass er weiteren Personen (zum Beispiel dem geschiedenen Ehegatten) aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, so sind auch diese zu berücksichtigen.

Besteht eine gesetzliche Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem geschiedenen Ehegatten und ist diese etwa durch eine positive Entscheidung nach § 5 VAHRG/§§ 33, 34 VersAusglG in den Akten dokumentiert, so ist der geschiedene Ehegatte als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen.

Eine Unterhaltsgewährung liegt auch vor, wenn die Ansprüche des Unterhaltsberechtigten im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt oder nach Maßgabe der §§ 48 bis 50 SGB I und 53 SGB I erfüllt werden.

Weist der Gläubiger nach, dass eine der genannten unterhaltsberechtigten Personen zu Unrecht berücksichtigt worden ist, so ist die Tabelle ohne diese Person anzuwenden.

Zur Klärung kann der Gläubiger auf eine Antragstellung beim Vollstreckungsgericht nach § 850c Abs. 6 ZPO verwiesen werden, wenn er meint, dass unterhaltsberechtigte Personen aufgrund eigenen Einkommens nicht zu berücksichtigen sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ehegatten und Lebenspartner, die stets zu berücksichtigen sind, und zwar selbst dann, wenn sie ein höheres Einkommen als der Schuldner haben (vergleiche Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.02.1983, AZ: 4 AZR 508/81, MDR 1983, S. 788).

Pfändung wegen anderer künftig fällig werdender Ansprüche

Auch wegen künftig fortlaufend fällig werdender Ansprüche (zum Beispiel Miete, Pacht), die sich nicht unter die Vorschrift des § 850d Abs. 3 ZPO subsumieren lassen, steht als Vollstreckungsinstrument die sogenannte Vorrats- oder Dauerpfändung zur Verfügung, allerdings in modifizierter Form, weil es sich hierbei um eine Pfändung mit aufschiebend bedingter Dauerwirkung handelt. Auch bei dieser Art der Pfändung muss bei Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wenigstens ein Teilanspruch des Vollstreckungsgläubigers bereits fällig sein.

Mehrheitlich wird die Auffassung vertreten, dass eine Vorrats- oder Dauerpfändung auch im Rahmen des Verwaltungsvollstreckungsrechts zulässig ist, unabhängig davon, ob eine entsprechende landesgesetzliche Regelung existiert (zum Beispiel in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt) oder nicht existiert (zum Beispiel in Baden-Württemberg).

Dem Umstand, dass die weiteren (künftigen) Teilansprüche, derentwegen gepfändet wird, noch nicht fällig sind, hat das Vollstreckungsgericht beziehungsweise die Vollstreckungsbehörde durch die Anordnung Rechnung zu tragen, dass die Beschlagnahme ihretwegen erst am Tage nach der jeweiligen Fälligkeit wirksam werden soll. Damit bleibt insoweit für zwischenzeitliche Verfügungen des Vollstreckungsschuldners Raum.

Fehlt in dem Beschluss eine solche Anordnung, so ist die Pfändung wirksam nur wegen der Forderungen des Vollstreckungsgläubigers, die im Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses bereits fällig sind. Der Beschluss entfaltet daher keine Rechtswirkungen mehr, sobald diese Forderungen erfüllt sind.

Siehe Beispiel 3

Folgerichtig verschafft diese Art der Vorrats- oder Dauerpfändung im Unterschied zu der Pfändung nach § 850d Abs. 3 ZPO (vergleiche Abschnitt 6.3) dem Vollstreckungsgläubiger auch keinen einheitlichen (vorgezogenen) Pfändungsrang. Weitere Pfändungen, soweit sie in der Zwischenzeit unbedingt erfolgen, drängen daher in Bezug auf die zu diesem Zeitpunkt noch nicht fälligen Beträge die Dauerpfändung wegen anderer als der in § 850d Abs. 3 ZPO genannten Beträge in der Rangfolge zurück.

Streitig ist, ob in den Fällen, in denen die Pfändung wegen Wohnraumkosten (Miete, Obdachlosengebühren) ausgebracht wird, das Vollstreckungsgericht beziehungsweise die Vollstreckungsbehörde anordnen kann, dass das Pfandrecht sich auch auf Einkommensteile innerhalb der Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO erstreckt. In einem solchen Fall wird die Pfändung der Höhe nach nicht auf den nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfändbaren Betrag beschränkt. Unpfändbar ist dann vielmehr nur der durch das Vollstreckungsgericht beziehungsweise die Vollstreckungsbehörde abweichend von der Tabelle zu § 850c ZPO (da unter Abzug eines - fiktiven - Wohnraumkostenanteils) festgesetzte Pfändungsfreibetrag.

In jedem Fall ist der Rentenversicherungsträger gehalten, eine solche Anordnung (zunächst) zu beachten. Einwände gegen die Pfändung beim Vollstreckungsgericht beziehungsweise der Vollstreckungsbehörde können dem Schuldner überlassen werden.

Siehe Beispiel 4

Besondere Fallgruppen

In Einzelfällen kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag der Betroffenen (Gläubiger, Schuldner, Unterhaltsberechtigter) abweichend von § 850c ZPO den unpfändbaren Betrag heraufsetzen (§ 850f Abs. 1 ZPO) oder herabsetzen (§ 850f Abs. 2 ZPO). In diesen Fällen ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auszuführen, wie ihn das Vollstreckungsgericht erlassen hat. Ergibt sich nach Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen, dass die pfandfreien Beträge gemäß § 850c ZPO höher sind als die von den Vollstreckungsgerichten nach § 850f Abs. 1 ZPO erhöhten pfandfreien Beträge, gelten die sich nach der neuen Tabelle zu § 850c ZPO ergebenden pfandfreien Beträge. Der Erhöhungsbeschluss gemäß § 850f Abs. 1 ZPO geht dann ins Leere und braucht nicht aufgehoben zu werden.

Dagegen ist ein den pfandfreien Betrag mindernder Beschluss zum Beispiel im Falle einer ‘Deliktpfändung’ nach § 850f Abs. 2 ZPO auch nach Anhebung der Pfändungsfreigrenzen weiter zu beachten.

Zusammenrechnung mit anderen Einkommen

Nach § 850e Nr. 2a ZPO sind bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages auch laufende Geldleistungen nach dem SGB I und Arbeitseinkommen vom Vollstreckungsgericht zusammenzurechnen. Die Zusammenrechnung erfolgt auf Antrag des Gläubigers. Eine Zusammenrechnung durch die Drittschuldner ohne vorherige Entscheidung des Vollstreckungsgerichts oder der Vollstreckungsstelle ist nicht möglich. Das ergibt sich aus § 850e Nr. 2a ZPO, der eine gesonderte Antragstellung durch den Gläubiger fordert. In die Zusammenrechnung dürfen nur dem Grunde nach selbst pfändbare Ansprüche miteinbezogen werden. Nicht erforderlich ist hingegen, dass sie selbst gepfändet werden. Allerdings bewirkt ein Zusammenrechnungsbeschluss allein kein Pfandrecht mit Rangfolgewirkungen. Die nur von der Zusammenrechnung betroffene Leistung kann demzufolge noch wirksam zum Beispiel durch eine Pfändung oder Abtretung zugunsten anderer Gläubiger vorrangig belastet werden. Ist eine Zusammenrechnung mit unpfändbaren Leistungen angeordnet worden, ist der Beschluss zunächst so zu beachten, wie er erlassen wurde. Es empfiehlt sich aber, in diesem Fall Rechtsbehelf einzulegen und zu beantragen, dass das Gericht die Vollstreckung durch eine entsprechende Anordnung so lange aussetzt, bis über die Hauptsache entschieden worden ist (siehe Abschnitt 2.11).

Grundsätzlich dürfen mehrere Geldleistungen nach dem SGB zur Ermittlung des pfändbaren Betrages ebenfalls nur nach einem entsprechenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts zusammengerechnet werden. Weitere Einzelheiten und Ausnahmen sind den Ausführungen im Abschnitt 7.4.1 zu entnehmen.

Bei dem anlässlich von Zusammenrechnungsbeschlüssen zu führenden Schriftwechsel sind die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X zu beachten (siehe auch Abschnitt 2.6). Insbesondere verbietet das Erforderlichkeitsprinzip des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X die Übersendung von Ablichtungen der Drittschuldnererklärungen an die im Zusammenrechnungsbeschluss genannten Stellen, die dem Rentenversicherungsträger das von ihnen geschuldete Einkommen zur Zusammenrechnung mitteilen müssen. Diese Drittschuldnererklärungen enthalten häufig Daten, die für die Ausführung des Zusammenrechnungsbeschlusses ohne Belang sind. Für die Einkommensfeststellung genügt es, dass der jeweiligen Stelle mitgeteilt wird, dass die Höhe des von ihr zu zahlenden Einkommens für die Ausführung des - genau zu bezeichnenden - Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses benötigt wird, weil vom Vollstreckungsgericht ein entsprechender Zusammenrechnungsbeschluss erlassen wurde.

Wenn mehrere Einkünfte gepfändet wurden, entfaltet die Zusammenrechnungsanordnung im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgrund des Bestimmtheitsgebotes nur Wirkung, wenn gleichzeitig auch festgelegt worden ist, welcher der betroffenen Leistungen der pfändbare beziehungsweise unpfändbare Betrag zu entnehmen ist. Sind mehr als zwei Ansprüche erfasst, müssen gegebenenfalls mehrere Leistungen in einer bestimmten Reihenfolge benannt werden, denen der pfändbare Betrag zu entnehmen ist. Fehlt eine solche Anordnung, ist der pfändbare Betrag nur der eigenen Leistung des Drittschuldners zu entnehmen, soweit sich überhaupt ein solcher ergibt. Es empfiehlt sich, dann einen entsprechenden Hinweis in die Drittschuldnererklärung mit aufzunehmen.

§ 850e Nr. 2a S. 2 ZPO bestimmt, dass nach der Zusammenrechnung der unpfändbare Grundbetrag - soweit nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche gepfändet wird - in erster Linie der laufenden Geldleistung nach dem SGB zu entnehmen ist. Wird vom Vollstreckungsgericht in der Anordnung über die Zusammenrechnung eine abweichende Regelung getroffen, kann es unter dem Gesichtspunkt der fehlerhaften Rechtsanwendung für den Rentenversicherungsträger in begründeten Einzelfällen angezeigt sein, gegen den Beschluss Erinnerung einzulegen, falls danach der pfändbare Betrag der Sozialleistung entnommen werden soll. Eine Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zur Einlegung einer Erinnerung besteht allerdings nicht. Es kann gegebenenfalls dann sinnvoll sein, auf die Einlegung der Erinnerung zu verzichten, wenn beispielsweise kein pfändbarer Betrag (auch künftig nicht) besteht, die Forderung so gering ist, dass eine Tilgung innerhalb kürzester Zeit erfolgt oder die Forderung möglicherweise durch eine einmalige Einbehaltung erledigt werden kann. Weiterhin sind Kinderzuschüsse bei der Zusammenrechnung nicht zu berücksichtigen (§ 850e Nr. 2a S. 3 ZPO). Für die Dauer des für die Zusammenrechnung erforderlichen Ermittlungsschriftwechsels sind zunächst die ohne die Zusammenrechnung pfändbaren Beträge einzubehalten, wenn in erster Linie das bei der Zusammenrechnung zu berücksichtigende andere Einkommen pfandfrei bleiben soll.

Bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages sind die von der Zusammenrechnung erfassten Leistungen nur in dem Umfang zu berücksichtigen, wie sie dem Schuldner auch tatsächlich zustehen. Sind also Kürzungs- oder Anrechnungsvorschriften anzuwenden, so ist für die Bestimmung des pfändbaren Betrages vom verminderten Zahlbetrag, also von dem Betrag, der sich nach Anwendung der entsprechenden Vorschriften ergibt, auszugehen. Wird hingegen eine Leistung bereits aufgrund einer Auf- oder Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I, einer Abtretung nach § 53 Abs. 3 SGB I oder einer vorrangigen Pfändung in Anspruch genommen, ist diese ungekürzt bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages zu berücksichtigen. Der so errechnete pfändbare Betrag aus den zusammengerechneten Ansprüchen ist dann allerdings um den aufgrund der vorrangigen Forderung bereits beanspruchten Teil zu kürzen.

Siehe Beispiel 5

Zusammenrechnung einer Versichertenrente und einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung

Die Zusammenrechnung einer Versichertenrente und einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist grundsätzlich nur in den Fällen möglich, in denen das Vollstreckungsgericht die Zusammenrechnung der Renten auf Antrag des Gläubigers nach § 850e Nr. 2a ZPO angeordnet hat.

Das gilt jedoch nicht, wenn die gepfändeten Renten von einem Rentenversicherungsträger gezahlt werden. In diesen Fällen sind die Rentenleistungen vollstreckungsrechtlich als Einheit zu behandeln. Der nach § 850c ZPO zu belassene oder vom Vollstreckungsgericht festgesetzte pfandfreie Betrag ist dann nicht jeweils von den einzelnen Leistungen, sondern von der Summe dieser Leistungen einmal zu ermitteln. Der gepfändete Betrag ist dann in erster Linie der höheren Leistung zu entnehmen.

Sind Rentenbezieher damit nicht einverstanden, können die Gläubiger beim Vollstreckungsgericht eine entsprechende Zusammenrechnung beantragen. Die sich durch die Zusammenrechnung für die Pfändung ergebenden Erhöhungsbeträge sollten bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts einbehalten werden. Dies gilt auch, wenn die Rentenempfänger Leistungsklage erheben.

Besteht im Zeitpunkt der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses der Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente noch nicht, begründet der Pfändungsbeschluss an einer möglichen künftigen Hinterbliebenenrente jedoch kein Pfandrecht, da der Anspruch vor dem Tod des Ehegatten noch nicht bestand. Für den Schuldner besteht hinsichtlich eines künftig möglichen Anspruchs auf Hinterbliebenenrente zum Zeitpunkt der Zustellung der Pfändung noch keine Rechtsbeziehung. Auf die Ausführungen im Abschnitt 2.1 wird hingewiesen.

Wird die Pfändung einer laufend zu zahlenden Versichertenrente ausgeführt und zu einem späteren Zeitpunkt von demselben Rentenversicherungsträger eine Hinterbliebenenrente bewilligt, kann eine Zusammenrechnung der Rentenleistungen gemäß § 850e Nr. 2a ZPO daher nur durch einen Zusammenrechnungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts erreicht werden.

Wird jedoch die Pfändung einer laufend zu zahlenden Hinterbliebenenrente ausgeführt und zu einem späteren Zeitpunkt von demselben Rentenversicherungsträger für den Schuldner eine von der Pfändung erfasste Versichertenrente bewilligt, sind die Rentenleistungen vollstreckungsrechtlich als Einheit zu behandeln. Eines Zusammenrechnungsbeschlusses durch das Vollstreckungsgericht nach § 850e Nr. 2a ZPO bedarf es insoweit nicht. Hinsichtlich der von dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erfassten (künftigen) Versichertenrente bestand zum Zeitpunkt der Pfändung bereits eine Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner und dem Rentenversicherungsträger als Drittschuldner. Auf die Ausführungen im Abschnitt 2.1 wird hingewiesen.

Zusammenrechnung mit ausländischen Rentenleistungen

Auf der Grundlage eines Zusammenrechnungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts können ausländische gesetzliche Renten mit laufenden Geldleistungen nach dem SGB I zur Ermittlung des pfändbaren Betrages in analoger Anwendung des § 850e Nr. 2, 2a ZPO zusammengerechnet werden, sofern sie im Grundsatz pfändbar sind. Ob eine Leistung im Grundsatz pfändbar ist, richtet sich nach dem Recht des jeweiligen Staates. Pfändbare Beträge können dabei auch der deutschen Rente entnommen werden. Zwar werden ausländische Rentenansprüche nicht vom Wortlaut der Regelungen erfasst, ansonsten würden aber die Vollstreckungsaussichten geschmälert und Gläubiger in ihrer grundrechtlich geschützten Position benachteiligt (Beschluss des BGH vom 18.09.2014, AZ: IX ZB 68/13). Bis zu der klarstellenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes hatte die Deutsche Rentenversicherung gegen Zusammenrechnungsbeschlüsse mit ausländischen Renten regelmäßig Rechtsmittel eingelegt.

Pfändungsschutz

§ 54 Abs. 4 SGB I enthält keine eigenen Pfändungsbeschränkungen. Es gelten insoweit die Bestimmungen der ZPO. Bei Einwänden gegen die Pfändung und deren Höhe sind die Rentenberechtigten an das Vollstreckungsgericht zu verweisen (vergleiche auch §§ 850f und 850g ZPO).

Anhörung

Das Vollstreckungsgericht hat den Leistungsberechtigten vor der Pfändung nicht anzuhören (§ 834 ZPO).

Wurde jedoch der Leistungsberechtigte nach dem vom 01.01.1989 bis 17.06.1994 geltenden § 54 Abs. 6 SGB I vor der Entscheidung über die Pfändung vom Vollstreckungsgericht oder von der Vollstreckungsbehörde angehört, sind Verfügungen des Leistungsberechtigten (zum Beispiel Abtretungen) während des Anhörungsverfahrens bis zur Pfändung gegenüber dem Pfändungsgläubiger unwirksam (relatives Verfügungsverbot).

Zusammentreffen mehrerer Belastungen (Konkurrenzfälle)

Eine Konkurrenz im Sinne der folgenden Ausführungen liegt vor, wenn verschiedene Belastungen betragsmäßig denselben Leistungsteil betreffen. Die Rangfolge richtet sich dann grundsätzlich nach der zeitlichen Reihenfolge des Eintritts der Wirksamkeit der Belastungen. Bei einigen der folgenden Fallgruppen können jedoch Besonderheiten gelten (vergleiche zum Beispiel § 392 BGB).

Eine Konkurrenz ist nicht gegeben, wenn die vorhandenen Belastungen unterschiedliche Rententeile erfassen. So kann zum Beispiel nach Pfändung eines Teilbetrages einer laufenden Rente gegen den bis zur Rentenhälfte verbleibenden Rest eine Aufrechnung im Rahmen des § 51 Abs. 2 SGB I zusätzlich durchgeführt werden. Dies kann zur gleichzeitigen Ausführung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und eines Aufrechnungsbescheides führen.

Bei der Bearbeitung der nachfolgenden Konkurrenzfälle sind die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X zu beachten. Insbesondere unter Berücksichtigung des Erforderlichkeitsprinzips gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X ist es nicht zulässig, den rangbesseren Gläubigern nachrangige Gläubiger mit ihren Forderungen zu benennen.

Zusammentreffen mehrerer Pfändungen

Mehrere Pfändungen sind grundsätzlich (Ausnahmen bei Unterhaltsansprüchen vergleiche Abschnitt 8.2 und 8.3) nach der zeitlichen Reihenfolge zu berücksichtigen (Grundsatz der zeitlichen Priorität), in der die Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse dem Rentenversicherungsträger zugestellt werden (§ 804 Abs. 3 ZPO in Verbindung mit § 829 Abs. 3 ZPO).

Wird vom vorrangigen Gläubiger nicht der volle pfändbare Betrag in Anspruch genommen, ist zur Berechnung des dem nachrangigen Gläubiger zustehenden Anspruchs, der an den vorrangigen Gläubiger abzuführende Betrag von dem pfändbaren Teil der Leistung abzurechnen, der dem nachrangigen Gläubiger zusteht.

Siehe Beispiel 6

Beachte:

Werden mehrere gleichrangige Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse am gleichen Tag zur gleichen Uhrzeit zugestellt, haben die Gläubiger ein Recht auf Befriedigung nach dem Verhältnis der Beträge. Der pfändbare Betrag ist in dem Verhältnis der Forderungen zu verteilen (quotenmäßige Aufteilung).

Die sich durch § 804 Abs. 3 ZPO ergebende Rangfolge bewirkt, dass eine spätere Pfändung selbst dann nicht beachtet werden kann, wenn nur für die rangerste Pfändung der pfandfreie Betrag gemäß § 850f Abs. 1 ZPO, zum Beispiel wegen eines erhöhten Unterhaltsbedarfs, vom Vollstreckungsgericht angehoben wird. Der sich dadurch zugunsten des Schuldners ergebende Mehrbetrag ist auch an diesen auszuzahlen. Eine entsprechende Zahlung an einen rangspäteren Gläubiger ist nicht möglich. Der Rentenberechtigte muss sich allerdings nach Tilgung der Forderung des Gläubigers, für dessen Pfändung die pfandfreien Beträge erhöht wurden, um einen entsprechenden Beschluss für die Folgepfändung bemühen. Der frühere Beschluss gemäß § 850f Abs. 1 ZPO hat dann nämlich seine Wirkung verloren. Die Rentenberechtigten sollten gegebenenfalls entsprechend unterrichtet werden und zur weiteren Antragstellung an das Vollstreckungsgericht verwiesen werden.

Geht ein Beschluss des Vollstreckungsgerichts über die Heraufsetzung des pfandfreien Betrages nach § 850f Abs. 1 ZPO dagegen zu einer rangspäteren Pfändung ein und liegt bereits eine vorrangige Pfändung vor, so hat der Beschluss auf die schon vorhandene vorrangige Pfändung keine Auswirkung.

Ist eine laufende oder einmalige Geldleistung für mehrere Gläubiger gepfändet, so ist der Rentenversicherungsträger auf Verlangen eines Gläubigers verpflichtet, unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der ihm zugestellten Beschlüsse bei dem Amtsgericht, dessen Beschluss ihm zuerst zugestellt ist, den Schuldbetrag zu hinterlegen (§ 853 ZPO). Die Auseinandersetzung über die Auszahlung der Beträge wird dann beim Hinterlegungsgericht geführt (vergleiche § 13 HinterlO). Der Hinterlegungspflicht kann sich der Rentenversicherungsträger auch durch Zahlung an den vorrangigen Gläubiger (bei eindeutiger Rechtslage hinsichtlich der Rangfolge) entziehen.

Zusammentreffen mehrerer Pfändungen wegen Unterhalts

Wird wegen mehrerer gesetzlicher Unterhaltsansprüche gepfändet, so ist zu differenzieren zwischen dem nach der Tabelle zu § 850c ZPO allgemein pfändbaren Betrag und dem Betrag, der darüber hinaus nach § 850d ZPO pfändbar ist.

Für den nach § 850c ZPO pfändbaren Betrag gilt auch bei Unterhaltspfändungen ohne jede Einschränkungen der Grundsatz der zeitlichen Priorität.

Für den darüber hinaus nach § 850d ZPO zusätzlich pfändbaren Betrag gilt das indes nur dann, wenn von einer Gleichrangigkeit der Unterhaltsgläubiger ausgegangen werden kann. Ist das nicht der Fall, gilt abweichend vom Grundsatz des zeitlichen Vorrangs gemäß § 850d Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 1609 BGB und § 16 LPartG die folgende Rangfolge:

1. Rang:

Minderjährige Kinder und die ihnen nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB gleichgestellten unverheirateten volljährigen Kinder bis zum 21. Lebensjahr, die bei den Eltern oder einem Elternteil leben und sich in einer allgemeinen Schulausbildung befinden.

Die Ansprüche der Angehörigen dieser Gruppe haben untereinander den gleichen Rang, soweit das Vollstreckungsgericht einzelnen von ihnen keinen Vorrang eingeräumt hat, und sie gehen den Angehörigen der folgenden Gruppen vor.

2. Rang:

Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung unterhaltsberechtigt wären sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer. Dazu zählen auch Lebenspartner im Sinne des LPartG, die zum Beispiel wegen der Betreuung eines adoptierten Kindes nach § 16 Abs. 2 LPartG in Verbindung mit den hier einschlägigen Bestimmungen des BGB Unterhalt beanspruchen können.

3. Rang:

Ehegatten und geschiedene Ehegatten sowie die ihnen durch § 16 LPartG gleichgestellten Lebenspartner, die nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Rang 2 erfüllen.

4. Rang:

Kinder, die nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Rang 1 erfüllen; hierbei handelt es sich also um volljährige Kinder, die nicht nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegiert sind.

5. Rang:

Enkelkinder sowie weitere Abkömmlinge. Dabei kommt es nicht auf den Grad der Verwandtschaft an, sodass hier alle Berechtigte gleichrangig sind und somit nicht etwa der Anspruch des Enkels dem des Urenkels vorgeht.

6. Rang:

Eltern, also Personen, die gegen den Berechtigten einen Anspruch auf Elternunterhalt haben.

7. Rang:

Weitere Verwandte der aufsteigenden Linie, wobei hier - im Unterschied zu Rang 5 - nähere Verwandte (Großeltern) entfernteren Verwandten (Urgroßeltern) aber vorgehen.

Treffen mehrere Pfändungen von Angehörigen der gleichen Gruppe zusammen, ohne dass ein Vorrang durch das Vollstreckungsgericht festgesetzt ist, so gilt wie bei den sonstigen Forderungen wieder der Zeitvorrang (vergleiche Abschnitt 8.1).

Werden mehrere Unterhaltspfändungen nach § 850d ZPO zeitgleich bewirkt und ist von einer Gleichrangigkeit der Unterhaltsgläubiger auszugehen, ist der pfändbare Betrag, soweit seine Höhe in den Beschlüssen nicht differiert, quotenmäßig (im Verhältnis zur Höhe der der jeweiligen Pfändung zugrundeliegenden Forderung) aufzuteilen.

Zusammentreffen von Pfändungen wegen Unterhalts mit Pfändungen wegen anderer Ansprüche

Es gilt der zeitliche Vorrang (Grundsatz der zeitlichen Priorität).

Folgt eine Pfändung wegen Unterhalts einer Pfändung wegen eines anderen Anspruchs nach, so steht dem Unterhaltsberechtigten auf jeden Fall die Differenz zwischen pfändbarem Betrag nach § 850c ZPO und dem nach § 850d ZPO zu. Die Pfändung nach § 850c ZPO wird durch die spätere Pfändung nach § 850d ZPO nicht eingeschränkt.

Siehe Beispiel 7

Siehe Beispiel 8

Folgt eine Pfändung wegen eines sonstigen Anspruchs einer Pfändung wegen Unterhalts nach, ist bis zu einer etwaigen Entscheidung des Vollstreckungsgerichts über eine besondere Verrechnung der gepfändeten Beträge (§ 850e Nr. 4 ZPO) zunächst der Unterhaltsanspruch nach § 850d ZPO zu befriedigen. Bei eindeutiger Sach- und Rechtslage kann der Rentenversicherungsträger selbst ermitteln, welcher Betrag noch für den sonstigen Gläubiger zur Verfügung steht, also die Verrechnung selbst vornehmen. Dabei ist die Pfändung nach § 850c ZPO noch insoweit zu beachten, als dem Berechtigten noch ein für seinen vom Gericht bereits festgesetzten notwendigen Unterhalt ausreichender Betrag verbleibt.

Siehe Beispiel 9

Zusammentreffen von Pfändung und Abtretung

Erfolgt die Abtretung vor der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, so geht die Pfändung ins Leere, es sei denn, die Abtretung umfasst nicht den gesamten pfändbaren Betrag. Nach der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kann der gepfändete Teil der Geldleistung nicht mehr wirksam abgetreten werden (§ 829 Abs. 1 S. 2 ZPO). Dies gilt auch, wenn für die Pfändung der pfandfrei zu belassende Betrag nach § 850f Abs. 1 ZPO erhöht wurde gegebenenfalls für den gesamten nach § 850c ZPO pfändbaren Betrag (vergleiche auch Abschnitt 8.1).

Zusammentreffen von Pfändung und Aufrechnung

Eine Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich der Höhe nach decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie erstmals zur Aufrechnung geeignet gegenüber gestanden haben (§ 389 BGB). Damit geht eine Pfändung insoweit ins Leere, als bereits vorher gegen den von ihr ganz oder teilweise erfassten Anspruch die Aufrechnung erklärt wurde. Dies gilt bei bereits fällig gewordenen Ansprüchen, aber insbesondere auch für künftig fällig werdende Ansprüche (zum Beispiel monatliche Einzelansprüche auf Rente), wenn sie von der Aufrechnungserklärung (ist gleich Bescheid) entsprechend § 832 ZPO erfasst werden. Aber auch wenn die Pfändung vorher bewirkt wurde (vergleiche § 829 Abs. 3 ZPO), kann eine Aufrechnung, die auch gegenüber dem Leistungsberechtigten zu erklären ist, durchgeführt werden, es sei denn, dass einer der beiden Ausschlusstatbestände des § 392 BGB vorliegt. Hiernach ist eine Aufrechnung ausgeschlossen, wenn

1. der Schuldner (hier der Rentenversicherungsträger) seine Forderung (zum Beispiel Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X) erst nach der Beschlagnahme (ist gleich Pfändung) erworben hat oder

2. wenn seine Forderung erst nach der Beschlagnahme und später als die in Beschlag genommene Forderung fällig geworden ist.

So wird zum Beispiel ein Beitragsanspruch gemäß den §§ 22, 23 SGB IV erworben, ohne dass es eines Bescheides bedarf (beachte hier auch die Sonderregelung des § 28 SGB IV), während zum Beispiel der Rückzahlungsanspruch wegen einer zu Unrecht erbrachten Sozialleistung erst mit Erteilung eines Rückforderungsbescheides nach § 50 Abs. 3 SGB X erworben wird.

Siehe Beispiel 10

Soll gegen laufende Rentenansprüche aufgerechnet werden, kommt der Ausschlussgrund gemäß Nr. 2 nicht zum Tragen, weil die durchzusetzende Forderung nicht später als der gepfändete Monat für Monat fällig werdende Einzelanspruch fällig wird. Ein Ausschluss der Aufrechnung gemäß Nr. 2 ist nur gegeben, wenn beide Teilvoraussetzungen in a und b zusammen vorliegen.

Im Falle eines Forderungserwerbs erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses kann es dennoch bei besonderer Sachverhaltsgestaltung zu einem Vorrang der Aufrechnung kommen. Nach § 53 Abs. 5 SGB I geht eine Aufrechnung einer Abtretung auch dann vor, wenn die aufzurechnende Forderung erst nach der Abtretung erworben worden ist. Diese Regelung ist zwar für den Geltungsbereich des § 54 SGB I nicht anwendbar, kann jedoch dazu führen, dass eine an sich gegenüber einer Pfändung nachrangige Aufrechnung dieser vorgeht, wenn eine der Pfändung vorrangige Abtretung offengelegt wird. Der Vorrang der Abtretung zieht dann auch eine Aufrechnung im Rang vor die Pfändung.

Bei einer Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I ist zu berücksichtigen, dass die Sozialleistung bis zur Hälfte in Anspruch genommen werden kann, wenn dadurch nicht Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II eintritt (dies gilt jedoch nicht für Nachzahlungen). Hierdurch steht auch für die nachrangige Aufrechnung oft ein aufrechenbarer Betrag nach Abzug des durch die Pfändung erfassten Teils der Leistung noch zur Verfügung.

Siehe Beispiel 11

Zusammentreffen von Pfändung und Verrechnung

Für diese Konkurrenzfälle gelten die Ausführungen im Abschnitt 8.5 entsprechend. Die Ermächtigung zur Verrechnung hat keine materiell-rechtlichen Auswirkungen im Sinne eines Anspruchserwerbs gemäß § 392 BGB. Der Rentenversicherungsträger kann deshalb aufgrund des § 52 SGB I so verfahren, als seien die Ansprüche des ermächtigenden Sozialleistungsträgers von Anfang an als seine eigenen Ansprüche entstanden beziehungsweise erworben worden.

Zusammentreffen von Pfändung und Insolvenzverfahren

Zur Insolvenzmasse gehört nach §§ 35, 36 InsO - in Kraft seit 01.01.1999 - das gesamte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, das ihm zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Damit ist der Insolvenzverwalter berechtigt, die nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge einer Rente einzuziehen. Die Zeitpunkte des Entstehens und der Fälligkeit dieser Ansprüche sind insoweit unbeachtlich. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e ZPO, § 850f Abs. 1 ZPO, §§ 850g bis 850l ZPO, § 851c ZPO, §§ 851d, 899 bis 904 ZPO, § 905 S. 1 und 3 ZPO sowie § 906 Abs. 2 bis 4 ZPO gelten gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InsO entsprechend. Entscheidungen darüber, was der Zwangsvollstreckung zu Gunsten der Insolvenzmasse unterliegt, hat im Zweifel auf Antrag des Insolvenzverwalters das Insolvenzgericht zu treffen (§ 36 Abs. 4 InsO).

Handelt es sich bei den zu erfüllenden Leistungsansprüchen um einmalige Geldleistungen (beispielsweise Ansprüche auf Witwenrentenabfindungen), unterliegen sie der Pfändung nur insoweit, als dies nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung der Billigkeit entspricht. Für diese Leistungsansprüche ist im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter beziehungsweise Treuhänder die Herbeiführung einer Billigkeitsentscheidung durch das Insolvenzgericht zur Festlegung des pfändbaren Betrages gemäß § 54 Abs. 2 SGB I zu fordern (§ 36 Abs. 1 S. 2 InsO). In der anschließenden Wohlverhaltensperiode werden von der Abtretung nach § 287 Abs. 2 S. 1 InsO nur laufende Bezüge erfasst. Einmalige Geldleistungen (beispielsweise Ansprüche auf Witwenrentenabfindung) sind also in dieser Zeit nicht abgetreten.

Für das Zusammentreffen eines Insolvenzverfahrens mit Pfändungen enthält die Insolvenzordnung Sonderregelungen. Eine vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkte Rentenpfändung ist bei bis zum 30.06.2014 beantragten Insolvenzverfahren nach § 114 Abs. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 als Maßnahme der Zwangsvollstreckung nur noch für den Eröffnungsmonat wirksam, es sei denn, die Eröffnung erfolgt nach dem fünfzehnten Tag des Monats; die Pfändung wirkt dann noch für den folgenden Kalendermonat. Eine im letzten Monat vor der Verfahrenseröffnung bewirkte Pfändung eines Insolvenzgläubigers wird darüber hinaus bereits mit der Verfahrenseröffnung von Gesetzes wegen unwirksam (§ 114 Abs. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 in Verbindung mit § 88 InsO) - so genannte Rückschlagsperre. Für das Verbraucherinsolvenzverfahren gilt eine Frist von drei Monaten, sofern der Schuldner selbst den Eröffnungsantrag gestellt hat (§ 312 Abs. 1 S. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 bei bis zum 30.06.2014 beantragten Verfahren und § 88 Abs. 2 InsO für ab dem 01.07.2014 beantragte Verfahren).

Von der - als Rückschlagsperre bezeichneten - Regelung des § 88 InsO beziehungsweise des § 312 Abs. 1 S. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 sind jedoch nur Sicherungen an dem zur Masse gehörenden Vermögen (§ 35 InsO) betroffen, so dass die Wirksamkeit einer Vollstreckung in das freie Vermögen des Schuldners (zum Beispiel nach §§ 850d, 850f Abs. 2 ZPO erweitert pfändbare Einkommen) hiervon nicht berührt ist. Demzufolge kann sich der Fall ergeben, dass eine Vollstreckungsmaßnahme teilweise von § 88 InsO erfasst wird (in Bezug auf den nach § 850c ZPO pfändbaren Betrag), im Übrigen für den nach § 850c ZPO hinausgehenden Betrag jedoch wirksam bleibt.

Siehe Beispiel 12

Zu beachten ist, dass sich die Regelung des § 88 InsO sowohl auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als auch auf eine Vorpfändung nach § 845 ZPO erstrecken kann.

Siehe Beispiel 13

Solange das Insolvenzverfahren läuft, sind Zwangsvollstreckungsmaßnahmen (Pfändungen) in die Insolvenzmasse wie in das sonstige Vermögen für Insolvenzgläubiger unzulässig (§ 89 InsO). Für die Insolvenzgläubiger gilt dieses Vollstreckungsverbot darüber hinaus auch noch während der sich an das Insolvenzverfahren anschließenden Wohlverhaltensperiode (§ 294 Abs. 1 InsO).

Nach der Wertung des § 89 Abs. 1 InsO und der Zielsetzung des § 294 Abs. 1 InsO, der unter Wahrung der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger die Universal- und Einzelvollstreckung aufeinander abstimmen soll, endet regelmäßig das Vollstreckungsverbot erst mit der rechtskräftigen Erteilung der Restschuldbefreiung oder ihrer Versagung gemäß § 300 Abs. 2 InsO.

Für Neu-Gläubiger gilt während des Insolvenzverfahrens das Vollstreckungsverbot des § 89 Abs. 2 S. 1 InsO, wenn künftige Ansprüche des Schuldners im Sinne dieser Vorschrift (zum Beispiel Übergangsgeld, Rente) gepfändet werden sollen, und die Vollstreckungssperre des § 91 InsO. Eine Zwangsvollstreckung während der Wohlverhaltensperiode ist für Neu-Gläubiger grundsätzlich zulässig. Denn das Vollstreckungsverbot des § 294 InsO gilt für Neu-Gläubiger nicht. Häufig wird das Vollstreckungsverfahren während der Wohlverhaltensperiode aber keinen Erfolg bringen. Denn das vorhandene Vermögen ist im Insolvenzverfahren verwertet worden und die pfändbaren Bezüge hat der Schuldner an den Treuhänder abgetreten. Ein pfändbarer Betrag nach § 850c ZPO steht Neu-Gläubigern erst nach Ablauf der befristeten Abtretung an den Treuhänder zu.

Der Rentenversicherungsträger, der (gepfändete) Leistungen an den Schuldner (Leistungsberechtigten) erbringt, der also als Drittschuldner Beteiligter an einem Zwangsvollstreckungsverfahren ist, hat das Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO zu beachten. Ein Verstoß gegen das Vollstreckungsverbot führt jedoch nicht automatisch zur Nichtigkeit der Vollstreckungsmaßnahme, sondern macht sie nur anfechtbar, und zwar im Wege der Erinnerung nach § 766 ZPO. Über Einwendungen, die gegen die Zulässigkeit einer Zwangsvollstreckung nach § 89 InsO erhoben werden, entscheidet das Insolvenzgericht (§ 89 Abs. 3 InsO).

Für Unterhaltsansprüche und Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung (Forderungen aufgrund eines Delikts im Sinne von § 850f Abs. 2 ZPO) verweist § 114 Abs. 3 S. 3 2. Halbs. InsO in der Fassung bis 30.06.2014 auf § 89 Abs. 2 S. 2 InsO. Hiernach ist für Gläubiger von Unterhaltsansprüchen oder von Forderungen aufgrund eines Delikts die Zwangsvollstreckung in künftige Forderungen des Schuldners auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge (zum Beispiel die monatliche Rente) auch während der Dauer des Verfahrens in das insolvenzfreie Vermögen möglich, wenn diese Gläubiger keine Insolvenzgläubiger sind. Den Gläubigern verbleibt der pfändbare Betrag nach § 850d oder 850f Abs. 2 ZPO nach Abzug des pfändbaren Betrages nach § 850c ZPO, den der Insolvenzverwalter zur Masse beanspruchen kann.

Siehe Beispiel 15

Für Unterhaltsansprüche gilt dies nur für den laufenden Unterhalt, weil auch Unterhaltsgläubiger mit dem Unterhaltsrückstand Insolvenzgläubiger sind und insoweit nur Befriedigung aus der Insolvenzmasse finden können.

Mit dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 (BGBl. I S. 2377) wurde die Regelung des § 114 InsO für ab dem 01.07.2014 beantragte Insolvenzverfahren aufgehoben. Durch die Übergangsregelung des Art. 103h EGInsO findet die Regelung des § 114 Abs. 3 InsO nur für bis zum 30.06.2014 beantragte Insolvenzverfahren noch weiter Anwendung. Durch den Rentenversicherungsträger als Drittschuldner ist daher zu beachten, dass vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkte Rentenpfändungen bereits ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam werden. Die Zahlung von pfändbaren Rentenbeträgen an den Pfändungsgläubiger muss durch den Rentenversicherungsträger daher umgehend eingestellt werden, wenn er Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhält.

Siehe Beispiel 14

Das Antragsdatum für das Insolvenzverfahren wird in der Regel im Eröffnungsbeschluss nicht angegeben. Deshalb kann es im Leistungsfall für die Prüfung, ob die Fortwirkungsfrist des § 114 Abs. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 für Pfändungen noch zu beachten ist, erforderlich werden, dass der Rentenversicherungsträger das Antragsdatum des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht ermittelt.

Für Unterhaltsansprüche und Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung (Forderungen aufgrund eines Delikts im Sinne von § 850f Abs. 2 ZPO gilt allerdings auch weiterhin die Regelung des § 89 Abs. 2 S. 2 InsO. Gläubiger von Unterhaltsansprüchen oder von Forderungen aufgrund eines Delikts, die keine Insolvenzgläubiger sind, können daher - wie bisher - während der Dauer des Insolvenzverfahrens die Zwangsvollstreckung in das insolvenzfreie Vermögen vornehmen. Diese Gläubiger können demnach den erweitert pfändbaren Betrag nach § 850d oder § 850f Abs. 2 ZPO aus der monatlichen Rente beanspruchen, während der nach § 850c ZPO pfändbare Betrag an den Insolvenzverwalter zu zahlen ist.

Durch den Beschluss des BGH vom 24.03.2011, AZ: IX ZB 217/08, wurde klargestellt, dass die Wirkung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen, mit denen fortlaufende Bezüge des Schuldners (zum Beispiel Rente) wirksam gepfändet wurden, durch die Insolvenzeröffnung nicht auf Dauer entfällt.

Das Gericht hat darin entschieden, dass in Fällen, in denen fortlaufende Bezüge des Schuldners vor Eröffnung des Verfahrens gepfändet wurden, das Pfändungspfandrecht danach nur so weit und so lange unwirksam ist, als die Zwecke des Insolvenzverfahrens und der möglichen Restschuldbefreiung dies rechtfertigen. Der Rentenversicherungsträger muss daher ihm zugestellte Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse und Pfändungsunterlagen mindestens so lange aufbewahren und gespeichert lassen, bis eine Restschuldbefreiung erteilt worden ist und eindeutig feststeht, dass auch diese gepfändeten Forderungen der Restschuldbefreiung unterliegen.

Wird die Restschuldbefreiung versagt oder handelt es sich um eine Forderung im Sinne des § 302 InsO, erlangt das Pfändungspfandrecht mit seinem ursprünglichen Zeitrang wieder volle Wirksamkeit.

Bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann das Insolvenzgericht Maßnahmen zur vorläufigen Sicherung der Insolvenzmasse nach § 21 InsO treffen. Auf die Ausführungen in der GRA zu Übersicht InsO, Abschnitt 2.2.2, wird hingewiesen. Diese wirken bis zu ihrer Aufhebung oder bis zur Abweisung des Eröffnungsantrages mangels Masse (vergleiche § 26 InsO). Das Insolvenzgericht kann dabei zur Sicherung der Insolvenzmasse insbesondere auch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung und damit auch die Pfändung einer Forderung untersagen oder einstellen. Wird dem Rentenversicherungsträger ein Beschluss des Insolvenzgerichts über die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen zugestellt, sind diese zu beachten und den gegebenenfalls eingeschalteten Vollstreckungsbehörden zur Kenntnis zu geben. Sind mit dem Beschluss Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner nach § 21 InsO untersagt oder eingestellt worden, ist die Ausführung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen durch den Rentenversicherungsträger einzustellen.

Kommt es in einem Insolvenzeröffnungsverfahren zu einem Schuldenbereinigungsplan, weil ihm sämtliche bekannten Gläubiger zugestimmt haben oder das Insolvenzgericht die fehlende Zustimmung einzelner Gläubiger ersetzt hat (§§ 308 Abs. 1, 309 InsO), so hat der Schuldenbereinigungsplan die Wirkung eines Vergleichs zwischen Schuldner und Gläubiger im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (§ 308 Abs. 1 S. 2 InsO). Daraus folgt, dass der Gläubiger aufgrund seines ursprünglichen Anspruchs erlangte Rechte zum Beispiel aus einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht mehr geltend machen kann; das heißt, ein vor Annahme des Schuldenbereinigungsplanes wirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist hinsichtlich des im Schuldenbereinigungsplan enthaltenen Gläubigeranspruchs vom Drittschuldner nicht mehr zu beachten, weil er seine Wirkung verloren hat.

Soweit allerdings Forderungen in dem Verzeichnis des Schuldners nicht enthalten sind und auch nicht nachträglich beim Zustandekommen des Schuldenbereinigungsplans berücksichtigt worden sind, können die Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen vom Schuldner Erfüllung verlangen (§ 308 Abs. 3 InsO). In diesen Fällen ist ein Vergleich im Sinne des § 794 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht zustande gekommen.

Zusammentreffen von Pfändung und Erstattungsanspruch

Das BSG hatte in Fällen des Zusammentreffens von einem Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 S. 4 SGB X auf die laufende Rentenzahlung und einer Belastung/Verfügung des Rentenanspruchs entschieden, dass sich die Rangfolge grundsätzlich nach der zeitlichen Priorität richtet (Urteile des BSG vom 06.09.1989, AZ: 5 RJ 32/88, BSG vom 07.09.1989, AZ: 5 RJ 63/88 und BSG vom 27.02.1990, AZ: 5 RJ 4/89). Dieser Grundsatz kann jedoch im Nachzahlungszeitraum keine Anwendung finden. Die Rentenversicherungsträger vertreten die Auffassung, dass in diesen Fällen eine Übertragung der BSG-Rechtsprechung nicht möglich ist, siehe AGFAVR 2/2008, TOP 9. Die Rentenversicherungsträger gehen nunmehr hinsichtlich des Zeitraums, für den Renten- oder Übergangsgeldbeträge nachzuzahlen sind, von dem generellen Vorrang von Erstattungsansprüchen nach §§ 102 ff. SGB X in Fällen der Konkurrenz mit Ansprüchen nach §§ 48, 51 bis 54 SGB I aus.

Für eine Pfändung nach § 54 SGB I bleibt damit nach Maßgabe der für sie geltenden Bestimmungen nur noch insoweit Raum, als nach Erfüllung etwaiger Erstattungsansprüche noch Nachzahlungsbeträge zur Verfügung stehen.

Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers

Ein Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers geht nach § 113 SGB XII unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt er entstanden ist, immer einer Pfändung vor, vorausgesetzt, er bezieht sich auf Geldleistungen, deren Fälligkeit nach dem 31.12.1993 eingetreten ist.

Erstattungsanspruch auf die laufende Rentenzahlung

Die Rechtslage stellt sich in Abhängigkeit davon, ob der Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 S. 4 SGB X von einem Sozialhilfeträger oder von einer Hauptfürsorgestelle erhoben wird, unterschiedlich dar.

Während sich für den Erstattungsanspruch eines Sozialhilfeträgers der Vorrang aus § 113 SGB XII ergibt, gilt für den Erstattungsanspruch einer Hauptfürsorgestelle dieser - gesetzliche - Vorrang nicht, sondern stattdessen der (allgemeine) Grundsatz der zeitlichen Priorität, siehe AGFAVR 2/2008, TOP 10.

Dabei ist bei dem Erstattungsanspruch nach § 104 Abs. 1 S. 4 SGB X auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Aufwendungsersatzlage entstanden ist, also die Leistungen der Hauptfürsorgestelle mit der Rentenzahlung zusammentreffen.

Gegenüber einer Pfändung vorrangig ist also der Erstattungsanspruch eines Sozialhilfeträgers nach § 104 Abs. 1 S. 4 SGB X in jedem Fall, dagegen der einer Hauptfürsorgestelle nach § 104 Abs. 1 S. 4 SGB X nur dann, wenn der Erstattungsanspruch (die Aufwendungsersatzlage) früher entstanden ist, als der Beschluss zugestellt und damit die Pfändung wirksam wurde.

Zusammentreffen von Pfändung und Auszahlung bei Verletzung der Unterhaltspflicht

Die Pfändung geht einer Auszahlung bei Verletzung der Unterhaltspflicht (Abtrennung) gemäß § 48 SGB I grundsätzlich vor. Die unterhaltsberechtigten Angehörigen, die erst über die Regelung des § 48 SGB I Unterhalt erhalten, sind bei der Feststellung des pfändbaren Betrages nach der Tabelle zu § 850c ZPO mit zu berücksichtigen. Die Auszahlung nach § 48 SGB I erfolgt dann vom pfändungsfreien Betrag, da dieser gerade deshalb belassen wird, damit der Schuldner daraus seinen Unterhaltspflichten nachkommen kann.

Wurde jedoch vom Vollstreckungsgericht ein Selbstbehalt festgesetzt, der keinen Betrag mehr für eine Auszahlung offen lässt, ist der Schuldner auch insoweit nicht unterhaltspflichtig. Unterhaltspflichtig ist nämlich nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 BGB). Die Belastung der Rente mit einer Pfändung stellt aber eine sonstige Verpflichtung dar. Eine Auszahlung nach § 48 SGB I ist dann wegen mangelnder Leistungsfähigkeit nicht möglich.

Ein Konkurrenzverhältnis zwischen einer Pfändung und einer Abtrennung nach § 48 Abs. 2 SGB I kann nicht entstehen.

Pfändung von Leistungen im Reha-Bereich - Dienst- und Sachleistungen- Geld- und Naturalleistungen

Nach § 54 Abs. 1 SGB I können Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen nicht gepfändet werden.

Zu den Sach- und Dienstleistungen gehören alle Leistungen nach §§ 15 ff. SGB VI beziehungsweise §§ 26 ff. SGB IX mit Ausnahme des Übergangsgeldes. Zu den Sach- und Dienstleistungen zählen auch solche Leistungen, die dem Versicherten in Geld erstattet werden (zum Beispiel Reisekosten, Haushaltshilfe).

Für die Dauer von stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten Versicherte durch den Leistungsträger als Naturalleistung kostenlose Verpflegung in der Einrichtung beziehungsweise Verpflegungsgeld/-kostenzuschuss.

Entgegen der früheren Auffassung hat die Arbeitsgruppe „Durchführung der Rehabilitation“, AGDR 1/2000, TOP 7 beschlossen, dass diese Leistungen weder übertragen, verpfändet noch gepfändet werden können. Bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens ist daher der Geldwert dieser Leistungen - wie selbstverständlich auch der Wert der freien Wohnung - nicht mehr zu berücksichtigen.

Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Geldleistungen

Bei der Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen ist hinsichtlich der maßgebenden Rückforderungsvorschrift nach dem Grund für die Rückforderung zu unterscheiden. Kommt es zu einer Rückforderung, weil

  • ein Rentenbescheid gegenüber dem Rentenempfänger korrigiert wurde (vergleiche Abschnitt 10.1),
  • ein Bescheid über eine einmalige Geldleistung (zum Beispiel Beitragserstattung nach § 210 SGB VI) gegenüber dem Versicherten zurückgenommen wurde (vergleiche Abschnitt 10.2),
  • die Pfändung übertilgt wurde oder der pfändbare Betrag fehlerhaft zu hoch bestimmt wurde (vergleiche Abschnitt 10.3) oder
  • der pfändbare Betrag fehlerhaft zu niedrig bestimmt wurde oder die Pfändung nicht rechtzeitig vorgenommen wurde (vergleiche Abschnitt 10.4).

Rückforderung nach Korrektur eines Rentenbescheides

Wurden Beträge aus der Rente gepfändet und danach der Rentenbescheid gegenüber dem Rentenempfänger nach den §§ 45, 48 SGB X oder einer anderen speziellen Aufhebungsnorm (zum Beispiel § 34 Abs. 3f SGB VI, § 96a Abs. 5 SGB VI in Verbindung mit § 34 Abs. 3f SGB VI, § 101 Abs. 3 SGB VI, § 101 Abs. 3a SGB VI oder § 101 Abs. 3b SGB VI) korrigiert, richtet sich die Rückforderung regelmäßig gegen denjenigen, der Beträge zu Unrecht erhalten hat. Dies

  • kann allein der Rentenempfänger sein,

Siehe Beispiel 16

  • können sowohl der Pfändungsgläubiger als auch der Rentenempfänger sein.

Siehe Beispiel 17

Hinsichtlich der Rückforderung vom

  • Pfändungsgläubiger vergleiche Abschnitt 10.1.1,
  • Rentenempfänger vergleiche Abschnitt 10.1.2.

Rückforderung vom Pfändungsgläubiger

Rechtsgrundlage für die Rückforderung vom Pfändungsgläubiger ist § 54 Abs. 6 SGB I in Verbindung mit § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I. Danach sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet.

Im Hinblick auf die sich aus § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I ergebende zwingende Erstattungspflicht kann sich der Pfändungsgläubiger nicht wirksam auf Vertrauensschutz oder den Verbrauch der gepfändeten Beträge berufen. Es ist auch kein Ermessen auszuüben.

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 53 Abs. 6 S. 2 SGB I). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Pfändungsgläubiger anzuhören (§ 24 SGB X).

Rückforderung vom Rentenempfänger

Rechtsgrundlage für die Rückforderung (Zahlungsgebot) vom Rentenempfänger ist § 50 Abs. 3 S. 1 SGB X. Der Bescheid über das Zahlungsgebot ist in Fällen

zu verbinden (§ 50 Abs. 3 S. 2 SGB X).

Rückforderung nach Rücknahme eines Bescheides über eine einmalige Geldleistung

Wurde eine einmalige Geldleistung gepfändet und danach der der einmaligen Geldleistung zugrunde liegende Bescheid gegenüber dem Versicherten zurückgenommen, richtet sich die Rückforderung nach § 54 Abs. 6 SGB I in Verbindung mit § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I. Danach sind zwar sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Rückforderungsanspruch richtet sich jedoch regelmäßig allein gegen den Pfändungsgläubiger, da nur dieser die einmalige Geldleistung zu Unrecht erhalten hat.

Im Hinblick auf die sich aus § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I ergebende zwingende Erstattungspflicht kann sich der Pfändungsgläubiger nicht wirksam auf Vertrauensschutz oder den Verbrauch der gepfändeten einmaligen Geldleistung berufen. Es ist auch kein Ermessen auszuüben.

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 53 Abs. 6 S. 2 SGB I). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Pfändungsgläubiger anzuhören (§ 24 SGB X).

Rückforderung wegen Übertilgung oder wegen fehlerhaft zu hoch bestimmten Pfändungsbetrages (Mangel im Valutaverhältnis)

Wurde die Pfändung übertilgt oder wurde der pfändbare Betrag fehlerhaft zu hoch bestimmt (beispielsweise wurde eine unterhaltsberechtigte Person fehlerhaft nicht berücksichtigt), richtet sich der Rückforderungsanspruch gegen den Pfändungsgläubiger, da nur dieser Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 50 Abs. 2 S. 1 SGB X. § 50 Abs. 2 S. 2 SGB X, der die entsprechende Anwendung der §§ 45, 48 SGB X gebietet, findet keine Anwendung; es ist jedoch eine dem Rechtsgedanken des § 45 Abs. 2 SGB X entsprechende Vertrauensschutzprüfung vorzunehmen (BSG vom 24.07.2001, AZ: B 4 RA 102/00 R sowie FAVR 2/2002, TOP 8). Eine Ermessensausübung ist nicht vorzunehmen; ebenso gilt nicht die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X.

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 50 Abs. 3 S. 1 SGB X). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Pfändungsgläubiger anzuhören (§ 24 SGB X).

Rückforderung wegen einer zu Unrecht nicht oder fehlerhaft zu niedrig berücksichtigten Pfändung

Wurde der pfändbare Betrag fehlerhaft zu niedrig bestimmt oder wurde die Pfändung nicht oder nicht rechtzeitig vorgenommen, richtet sich der Rückforderungsanspruch gegen den Rentenempfänger, da nur dieser Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist hinsichtlich der Beträge, die ab dem Zeitpunkt des Beginns der laufenden Zahlung erbracht wurden, § 50 Abs. 2 S. 2 SGB X in Verbindung mit § 45 SGB X. Im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 45 SGB X sind folgende Prüfungen vorzunehmen:

Eine Prüfung der Zehnjahresfrist des § 45 Abs. 3 S. 3 SGB X ist nicht vorzunehmen (BSG vom 09.09.1986, AZ: 11a RA 2/85).

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 50 Abs. 3 S. 1 SGB X). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Rentenempfänger anzuhören (§ 24 SGB X).

Beachte:

Wurde im Rahmen der Abrechnung einer Nachzahlung eine Pfändung zu Unrecht nicht oder fehlerhaft zu niedrig berücksichtigt, ist die Rücknahme des Bescheides über die Abrechnung der Rentennachzahlung nach § 45 SGB X zu prüfen. Der Rückforderungsanspruch gegenüber der rentenberechtigten Person richtet sich - unter Rücknahme des Abrechnungsbescheides - nach § 50 Abs. 1 SGB X. Denn bei der Mitteilung über die Abrechnung einer Rentennachzahlung handelt es sich um einen Verwaltungsakt über die rechtsverbindliche Festsetzung der Rentennachzahlung (BSG vom 07.04.2022, AZ: B 5 R 24/21 R; AGVR 3/2022, TOP 13 sowie GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 7; vergleiche GRA zu § 45 SGB X, Abschnitt 11.8.1 und GRA zu § 50 SGB X, Abschnitt 2.2).

Beispiel 1: Wirksamwerden und Änderung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses

(Beispiel zu Abschnitt 2.8)

Gepfändet ist der (vermeintliche) Rentenanspruch des Schuldners gegen den Rentenversicherungsträger A; tatsächlich wird die Rente des Schuldners jedoch von Rentenversicherungsträger B gezahlt.

Lösung:

In einem solchen Fall geht die Pfändung ins Leere, weil die „gepfändete“ Forderung nicht besteht. Es bedarf hierzu keines Rechtsbehelfs.

Beispiel 2: Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO (hier: Übergangsgeld)

(Beispiel zu Abschnitt 7.3)

  • Das Übergangsgeld beträgt = täglich 55,00 EUR
  • Der Versicherte ist verheiratet und kinderlos.

Lösung:

55,00 EUR mal 30 Tage ergibt ein monatliches Einkommen von 1.650,00 EUR.

Bei einem Monatseinkommen von 1.650,00 EUR ergibt die Monatstabelle zu § 850c ZPO für die Zeit ab 01.07.2011 einen pfändbaren Betrag von 116,95 EUR.

  • Übergangsgeld = kalendertäglich 55,00 EUR
  • abzüglich pfändbarer Betrag (116,95 EUR geteilt durch 30 Tage) = 3,90 EUR
  • an Versicherten auszuzahlendes Übergangsgeld (kalendertäglich) = 51,10 EUR

Beispiel 3: Pfändung von Ansprüchen wegen rückständiger und künftiger Miete (fehlende Anordnung)

(Beispiel zu Abschnitt 7.3.3)

Pfändung der Rente wegen rückständiger und künftig laufend zum Ersten eines Monats fällig werdender Miete; der Beschluss wird dem Rentenversicherungsträger am 15.10.1998 zugestellt.

Lösung:

Obwohl auch wegen der künftig fällig werdenden Miete gepfändet werden soll, ist die Pfändung mangels einer Anordnung zur späteren Beschlagnahme dieser Beträge nur insoweit wirksam, als sie der Erfüllung der im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bereits fälligen Mietforderung (bis einschließlich Oktober 1998) dient; nur in Höhe dieser Forderung hat der Vollstreckungsgläubiger ein Pfandrecht an der Rente des Vollstreckungsschuldners erworben.

Beispiel 4: Pfändung von Ansprüchen wegen rückständiger und künftiger Miete und Zusammentreffen mit einer zweiten Pfändung

(Beispiel zu Abschnitt 7.3.3)

Pfändung A wegen rückständiger Miete in Höhe von 250,00 EUR und laufender Miete in Höhe von 200,00 EUR; der dem Rentenversicherungsträger am 10.07.2011 zugestellte Pfändungs- und Überweisungsbeschluss enthält die Anordnung, dass die Beschlagnahme wegen der künftigen Forderungen erst am Tage nach der jeweiligen Fälligkeit wirksam wird; von der Rente des Schuldners sind 300,00 EUR pfändbar, wobei das Vollstreckungsgericht diesen Betrag durch Berücksichtigung eines fiktiven Wohnraumwerts abweichend von der Tabelle zu § 850c ZPO festgestellt hat.

Pfändung B wegen einer in vollem Umfang bereits fälligen Forderung aus dem Verkauf eines Gebrauchtwagens in Höhe von 2.500,00 EUR, der Beschluss wird dem Rentenversicherungsträger am 15.08.2011 zugestellt; von der Rente des Schuldners sind - und zwar nach der hier anzuwendenden Tabelle zu § 850c ZPO - 112,78 EUR pfändbar.

Lösung:

Nur die Mietforderungen (Pfändung A), die bei Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 15.08.2011 (Pfändung B) bereits fällig waren, sind vorrangig. Die weiteren Mietforderungen aus Pfändung A und Pfändung B sind gleichrangig. Ein „echtes“ Konkurrenzverhältnis besteht hier aber nur hinsichtlich des Tabellenwertes zu § 850c ZPO (hier: 112,78 EUR), weil für die Pfändung A ein darüber hinausgehender Betrag gepfändet wird.

Abzuführen von der Rente sind

  1. aufgrund der Pfändung A
    vom 01.08.2011 bis 30.09.2011 = 2 mal 300,00 EUR
    ab 01.10.2011 laufend = monatlich 187,22 EUR und


  2. aufgrund der Pfändung B
    ab 01.10.2011 laufend = monatlich 112,78 EUR

Mit den aufgrund der Pfändung A für die Zeit vom 01.08.2011 bis zum 30.09.2011 abgeführten Beträgen von 2 mal 300,00 EUR ist gleich 600,00 EUR ist sowohl der Mietrückstand von 250,00 EUR getilgt als auch die Miete, die bei Eingang des weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (Pfändung B) ebenfalls bereits fällig war, beglichen. Die restlichen 150,00 EUR, die in dem Betrag von 600,00 EUR enthalten sind, sind der Mietanteil, dessen Entnahme aus dem Teil der Rente zu erfolgen hat, der bei Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO nicht pfändbar wäre. Aufgrund der Pfändung A sind ab 01.10.2011 187,22 EUR laufend abzuführen, da sich die von diesem Zeitpunkt an vorrangige Pfändung B darauf nicht erstreckt.

Beispiel 5: Zusammenrechnung Versichertenrente und Hinterbliebenenrente mit vorrangiger Pfändung in der Hinterbliebenenrente (ohne Zusammenrechnung)

(Beispiel zu Abschnitt 7.4)

Gepfändet wird die Versichertenrente, die vom Rentenversicherungsträger A geleistet wird. Im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist angeordnet, dass diese Rente mit der vom Rentenversicherungsträger B gewährten Hinterbliebenenrente zusammenzurechnen ist. Der pfändbare Betrag soll der Versichertenrente entnommen werden. Der Rentenversicherungsträger B teilt auf Anfrage mit, dass die Leistung bereits aufgrund einer vorrangigen Pfändung in Anspruch genommen wird.

  • Die Versichertenrente beträgt ab 01.07.2011 = monatlich 1.050,00 EUR
  • Die Hinterbliebenenrente beträgt ab 01.07.2011 = monatlich 1.040,00 EUR
  • Gesamtbetrag ab 01.07.2011 = monatlich 2.090,00 EUR

Lösung:

Aus den zusammenzurechnenden Renten ergibt sich ohne Berücksichtigung unterhaltsberechtigter Personen ein pfändbarer Betrag in Höhe von 742,78 EUR.

Von diesem Betrag ist der bereits durch die vorrangige Pfändung in Anspruch genommene Teil der H-Rente in Höhe von 7,78 EUR abzuziehen, so dass an den Gläubiger 735,00 EUR anzuweisen sind.

Beispiel 6: Zusammentreffen zweier Pfändungen- Bei der zweiten Pfändung wird die Ehefrau nicht als unterhaltsberechtigt eingestuft

(Beispiel zu Abschnitt 8.1)

Gläubiger A pfändet nach der Tabelle zu § 850c ZPO; die Nettorente des Versicherten beträgt ab dem 01.07.2011 = 1.570,00 EUR; die Ehefrau ist als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen.

Gläubiger B (nachrangig) pfändet ebenfalls nach der Tabelle, vom Vollstreckungsgericht ist jedoch angeordnet worden, dass die Ehefrau des Versicherten nicht als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen ist.

Lösung:

  • Gläubiger A = 76,95 EUR pfändbarer Betrag
  • Gläubiger B = 378,78 EUR pfändbarer Betrag
  • 76,95 EUR = pfändbarer Betrag für Gläubiger A
  • 301,83 EUR (378,78 EUR minus 76,95 EUR) = abzuführender Betrag an Gläubiger B

Beispiel 7: Zusammentreffen von Pfändungen wegen Unterhalts mit Pfändungen wegen anderer Ansprüche

(Beispiel zu Abschnitt 8.3)

  • Die Rente beträgt ab Juli 2004 = monatlich 1.820,00 EUR
  • Pfändung wegen Unterhalts für zwei Kinder = monatlich 780,00 EUR
  • Für den notwendigen Unterhalt des Berechtigten wurden pfandfrei festgesetzt = monatlich 1.000,00 EUR

Lösung:

Für eine nach § 850c ZPO nachfolgende Pfändung stehen von dem an sich nach dieser Vorschrift pfändbaren Betrag von 45,00 EUR nur 40,00 EUR zur Verfügung.

Beispiel 8: Zusammentreffen einer privilegierten Unterhaltspfändung mit einer bereits bestehenden Pfändung

(Beispiel zu Abschnitt 8.3)

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Gläubigers A, der nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfändet, geht ein. Die Rente beträgt ab dem 01.07.2011 = monatlich 1.460,00 EUR netto, der Rentner ist einer Person gegenüber unterhaltspflichtig, der pfändbare Betrag in Höhe von 21,95 EUR wird laufend an den Gläubiger A gezahlt.

Danach geht die Unterhaltspfändung des Gläubigers B über mtl. 440,00 EUR mit einem durch das Vollstreckungsgericht festgelegten Selbstbehalt von 1.000,00 EUR ein.

Lösung:

Da die Pfändung wegen Unterhalts (Pfändung B) der Pfändung wegen eines anderen Anspruchs (Pfändung A) nachfolgt, erfolgt die Befriedigung der Ansprüche nur nach der zeitlichen Priorität:

  • 1.460,00 EUR (Rente) abzüglich 21,95 EUR (pfändbarer Betrag) = monatlich 1.438,05 EUR
  • 1.438,05 EUR abzüglich 1.000,00 EUR (Selbstbehalt) = monatlich 438,05 EUR

Für Gläubiger B steht somit nur noch ein Betrag in Höhe von 438,05 EUR zur Verfügung.

Beispiel 9: Zusammentreffen einer privilegierten Unterhaltspfändung mit einer neuen Pfändung

(Beispiel zu Abschnitt 8.3)

Gläubiger A pfändet ab dem 01.07.2011 wegen einer laufenden Unterhaltsforderung in Höhe von 440,00 EUR monatlich die Rente des Versicherten, welche 1.460,00 EUR netto beträgt. Der Selbstbehalt des Versicherten ist vom Vollstreckungsgericht auf 1.000,00 EUR festgesetzt worden.

Danach wird ein Beschluss des Gläubigers B zugestellt, der nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfändet.

Lösung:

Da die Forderung des Gläubigers A zeitlich früher erwirkt wurde, ist zunächst diese Forderung zu bedienen.

  • Rente = monatlich 1.460,00 EUR
  • pfändbar =  21,95 EUR nach § 850c ZPO
  • laufender Unterhalt = 440,00 EUR nach § 850d ZPO

Nach § 850e Nr. 4 ZPO hat sich Gläubiger A (weil es sich um eine privilegierte Unterhaltsforderung nach § 850d ZPO handelt) zunächst aus dem Teil, der über den pfändbaren Betrag hinausgeht, zu befriedigen:

Dies berechnet sich wie folgt:

  • 1.460,00 EUR abzüglich 1.000,00 EUR (Selbstbehalt) abzüglich 21,95 EUR (pfändbarer Betrag) ist gleich 438,05 EUR (privilegierte Pfändung)
  • 440,00 EUR (Unterhaltsforderung) abzüglich 438,05 EUR (privilegierte Pfändung) ist gleich 1,95 EUR (Rest)

Da insgesamt 440,00 EUR an Gläubiger A zu zahlen sind, ist der Restbetrag von 1,95 EUR dem pfändbaren Betrag zu entnehmen, Gläubiger A erhält somit die gesamte geforderte Summe.

Gläubiger B erhält den verbleibenden pfändbaren Betrag:

  • 21,95 EUR abzüglich 1,95 EUR ist gleich 20,00 EUR, dem Schuldner verbleiben 1.000,00 EUR

Wäre die Forderung des Gläubigers A nicht privilegiert, würde sich die Berechnung des zustehenden Betrages unter Berücksichtigung des Selbstbehalts sowie des sich aus der Tabelle zu § 850c ZPO ergebenden pfändbaren Betrages ergeben. Danach wären zunächst 440,00 EUR an Gläubiger A zu zahlen, Gläubiger B wäre bis zur Tilgung der vorrangigen Forderung nicht zu berücksichtigen.

Beispiel 10: Zusammentreffen von Pfändung und Aufrechnung (Anwendung des § 392 BGB)

(Beispiel zu Abschnitt 8.5)

Pfändung der laufenden EU-Rente mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 10.07.1997, zugestellt am 15.07.1997

Während einer Reha-Maßnahme im November 1999 entsteht ein Zuzahlungsanspruch nach § 32 SGB VI

Lösung:

§ 392 BGB Alternative 1 verhindert die Aufrechnung gegen die laufende Rente nach § 51 Abs. 1 SGB I, weil der Zuzahlungsanspruch gegen den Rentenbezieher erst nach der Pfändung erworben wurde.

Die Alternative 2 ist nicht mehr zu prüfen.

Beispiel 11: Vorrangige Pfändung gegenüber einer Aufrechnung nach § 51 Abs. 2 SGB I

(Beispiel zu Abschnitt 8.5)

Die Rente des Schuldners in Höhe von 1.200,00 EUR ist ab dem 01.07.2011 vorrangig gegenüber der Aufrechnung (§ 51 Abs. 2 SGB I) des Leistungsträgers gepfändet.

Lösung:

Nach der Tabelle zu § 850c ZPO ergibt sich ein pfändbarer Betrag in Höhe von monatlich 119,78 EUR.

Unter der Voraussetzung, dass Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII beziehungsweise des SGB II nicht eintreten wird, wäre eine Aufrechnung mit der Rentenleistung gemäß § 51 Abs. 2 SGB I bis zur Hälfte in Höhe von 600,00 EUR möglich. Da die Pfändung vorrangig zu bedienen ist, kann der Leistungsträger noch in Höhe der Differenz von 480,22 EUR aufrechnen.

Beispiel 12: Zusammentreffen einer Pfändung mit einer Insolvenzeröffnung, die erst nach Ausführung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bekannt wird, aber vor Erlass beantragt wurde

(Beispiel zu Abschnitt 8.7)

Rentenpfändung durch einen Unterhaltsgläubiger; der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird zugestellt am 20.05.2002 und seit dem 01.07.2002 durch Überweisung des pfändbaren Betrages an den Unterhaltsgläubiger ausgeführt. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem nach § 850c ZPO allgemein pfändbaren Betrag und aus dem (Mehr-)Betrag, der nach § 850d ZPO für einen Unterhaltsgläubiger zusätzlich pfändbar ist.

Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens über das Vermögen des (auch Pfändungs-)Schuldners am 02.08.2002: der Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens ist am 01.04.2002 gestellt worden. Antragsteller ist der Schuldner selbst.

Lösung:

Da die „Sicherung“ an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen hier erst innerhalb der nach § 88 InsO in Verbindung mit § 312 Abs. 1 S. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 maßgeblichen 3-Monatsfrist „erlangt“ wurde (durch Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses in der Zeit nach dem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens), ist § 88 InsO in Verbindung mit § 312 Abs. 1 S. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 anzuwenden und endet demzufolge die Wirksamkeit der Pfändung mit der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (ist gleich 02.08.2002). Für die zu diesem Zeitpunkt bereits an den Gläubiger ausgezahlten Beträge (den Rentenanspruchszeitraum bis zum 31.08.2002 betreffend) behält es hierbei sein Bewenden, weil die Vollstreckungsmaßnahmen insoweit bereits zur Gläubigerbefriedigung geführt haben.

Ebenfalls nicht erfasst von der Regelung des § 88 InsO in Verbindung mit § 312 Abs. 1 S. 3 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 wird der (Mehr-)Betrag, der ausschließlich nach § 850d ZPO pfändbar ist. Insoweit bleibt der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auch nach Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens wirksam.

Beispiel 13: Zusammentreffen einer Pfändung mit einer Insolvenzeröffnung, die erst nach Ausführung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bekannt wird und nach Erlass beantragt wurde

(Beispiel zu Abschnitt 8.7)

Dem Rente zahlenden Rentenversicherungsträger werden zugestellt:

  • am 20.02.2015 die Benachrichtigung über die bevorstehende Pfändung gemäß § 845 ZPO und
  • am 02.03.2015 der dieselbe Forderung betreffende Beschluss.

Über das Vermögen des Schuldners wird auf den Antrag eines Gläubigers vom 01.04.2015 am 22.08.2015 das Insolvenzverfahren eröffnet.

Lösung:

Ein Anwendungsfall des § 88 InsO liegt hier nicht vor, denn die „Sicherung“ an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen - hier in Gestalt der Vorpfändung (§ 845 ZPO) - ist schon vor Beginn der maßgeblichen Frist (vor dem 01.03.2015) wirksam geworden. Eine Frist von drei Monaten nach § 88 Abs. 2 InsO gilt hier nicht, weil kein Verbraucherinsolvenzverfahren vorliegt. Damit wird die Pfändung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht rechtsunwirksam, sondern es gilt von diesem Zeitpunkt an (lediglich) das allgemeine Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO. Die Pfändung ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sofort zu beenden.

Beispiel 14: Zusammentreffen einer Pfändung mit einer Insolvenzeröffnung (hier: Vollstreckungsverbot § 89 InsO)

(Beispiel zu Abschnitt 8.7)

Pfändung der laufenden Altersrente wird wirksam mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses am 20.01.2015; auf den Antrag des Schuldners vom 01.05.2015 wird über das Vermögen am 20.08.2015 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Das Verbraucherinsolvenzverfahren wird am 31.08.2016 aufgehoben. Daran schließt sich für den Schuldner die Wohlverhaltensperiode an.

Lösung:

Bei der Rente, die der Schuldner bezieht, handelt es sich im Sinne der Regelung des § 89 Abs. 2 InsO um Bezüge, die an die Stelle von Bezügen aus einem Dienstverhältnis getreten sind. Deshalb gilt hier das (allgemeine) Vollstreckungsverbot nach § 89 InsO. Die Pfändung ist nicht nach § 88 Abs. 2 InsO unwirksam, weil sie nicht erst in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens oder danach wirksam geworden ist.

Aufgrund der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens am 20.08.2015 ist die Wirksamkeit der Pfändung unter Beachtung des (allgemeinen) Vollstreckungsverbots nach § 89 InsO beschränkt auf den Zeitraum vom 20.01.2015 bis zur Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens am 20.08.2015 mit der Folge, dass der pfändbare Teil der Rente des Schuldners unverzüglich einzustellen ist. Für einen Insolvenzgläubiger gilt das Vollstreckungsverbot über den 31.08.2016 hinaus nach § 294 Abs. 1 InsO auch während des Zeitraums zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist (Wohlverhaltensperiode).

Beispiel 15: Zusammentreffen von Unterhaltspfändung und Insolvenzverfahren

(Beispiel zu Abschnitt 8.7)

Es wird bereits eine Pfändung der Altersrente in Höhe von 1.440,00 EUR (Nettorente) wegen laufenden Kindesunterhalts in Höhe von 200,00 EUR monatlich und eines Unterhaltsrückstands in Höhe von 6.000,00 EUR ausgeführt. Hiernach sind dem Schuldner monatlich 890,00 EUR pfandfrei zu belassen (§ 850d ZPO). Ein Beschluss über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist ab 01.08.2007 zu beachten.

  • Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden zu Gunsten des Kindes monatlich gezahlt = 550,00 EUR
  • Davon entfallen auf die Tilgung des laufenden Unterhalts = 200,00 EUR
  • Für den Rückstand werden gezahlt = 350,00 EUR

Lösung:

Ab 01.08.2007 erhält der Insolvenzverwalter den pfändbaren Betrag gemäß § 850c ZPO unter Beachtung einer unterhaltsberechtigten Person (das hier begünstigte Kind) in Höhe von 42,05 EUR. Zu Gunsten des Kindes ist der laufende Unterhalt in Höhe von 200,00 EUR weiterzuzahlen, denn die Differenz zwischen dem Betrag nach § 850c ZPO und § 850d ZPO umfasst 550,00 EUR, die mit den zu zahlenden Beträgen für den Insolvenzverwalter und für den laufenden Unterhalt nicht ausgeschöpft wird. Im Ergebnis erhält der Schuldner ab 01.08.2007 an Stelle von 890,00 EUR nun 1.197,95 EUR. Der Rückstand darf nicht weiter getilgt werden.

Beispiel 16: Rückforderung von Pfändungsbeträgen

(Beispiel zu Abschnitt 10.1)

Der Rentenempfänger erhielt ab dem 01.07.2014 eine monatliche Netto-Rente von 1.139,00 EUR. Hiervon sind 59,47 EUR (keine weitere unterhaltsberechtigte Person) pfändbar und wurden an den Pfändungsgläubiger gezahlt. Der Rentenempfänger erhielt monatlich 1.079,53 EUR. Nach rückwirkender Korrektur des Rentenbescheides hat der Rentenempfänger nur Anspruch auf eine monatliche Netto-Rente von 1.131,00 EUR. Die Rente ist in Höhe von monatlich 8,00 EUR überzahlt.

Lösung:

Der Betrag von 8,00 EUR kann nur vom Rentenempfänger zurückgefordert werden, da nur dieser den Betrag zu Unrecht erhalten hat. Auch wenn die monatliche Netto-Rente von Anfang an 1.131,00 EUR betragen hätte, hätten 59,47 EUR gepfändet werden können. Der Pfändungsgläubiger hat somit keinen Betrag zu Unrecht erhalten.

Beispiel 17: Rückforderung von Pfändungsbeträgen

(Beispiel zu Abschnitt 10.1)

Der Rentenempfänger erhielt ab dem 01.07.2014 eine monatliche Netto-Rente von 1.139,00 EUR. Hiervon sind 59,47 EUR (keine weitere unterhaltsberechtigte Person) pfändbar und wurden an den Pfändungsgläubiger gezahlt. Der Rentenempfänger erhielt monatlich 1.079,53 EUR. Nach rückwirkender Korrektur des Rentenbescheides hat der Rentenempfänger nur Anspruch auf eine monatliche Netto-Rente von 1.121,00 EUR. Die Rente ist in Höhe von monatlich 18,00 EUR überzahlt.

Lösung:

Vom Pfändungsgläubiger kann nur der Betrag von 7,00 EUR und vom Rentenempfänger kann nur der Betrag von 11,00 EUR zurückgefordert werden. Wenn die monatliche Netto-Rente von Anfang an 1.121,00 EUR betragen hätte, hätten 52,47 EUR gepfändet und 1.068,53 EUR an den Rentenempfänger ausgezahlt werden können. Der Pfändungsgläubiger hat somit nur den Betrag von 7,00 EUR (59,47 EUR minus 52,47 EUR) und der Rentenempfänger nur den Betrag von 11,00 EUR (1.079,53 EUR minus 1.068,53 EUR) zu Unrecht erhalten.

Beispiel 18: Berechnung der „Nettorente“ ab dem 01.01.2019 für freiwillig Kranken- und Pflegeversicherte (Pauschalabzugsverfahren)

(Beispiel zu Abschnitt 7.3.1.2.1)

  • Bruttorente ab dem 01.04.2020 = 1.385,94 EUR monatlich
  • Zuschuss zur Krankenversicherung (freiwilliges Mitglied bei der BARMER) = 108,80 EUR monatlich
  • Beitrag zur Pflegeversicherung (mit Nachweis Elterneigenschaft, ohne Beihilfeberechtigung) = 42,27 EUR monatlich

Lösung:

  • 1.385,94 EUR monatliche Bruttorente
  • plus 108,80 EUR - Zuschuss zur Krankenversicherung
  • abzüglich 217,60 EUR - doppelter Zuschuss zur Krankenversicherung (der Beitragsanteil aufgrund des kassenindividuellen Zusatzbeitrages ist durch die Änderung des § 106 SGB VI bereits enthalten)
  • abzüglich 42,27 EUR - Beitrag zur Pflegeversicherung
  • ist gleich - 1.234,87 EUR monatlich zu berücksichtigende Nettorente

Beispiel 19: Berechnung der „Nettorente“ ab dem 01.01.2019 für freiwillig Kranken- und Pflegeversicherte mit Gesamtbeitragszuschuss (Pauschalabzugsverfahren)

(Beispiel zu Abschnitt 7.3.1.2.1)

  • Versichertenrente ab 01.04.2020 brutto = 958,82 EUR monatlich
  • Hinterbliebenenrente ab 01.04.2020 brutto = 427,12 EUR monatlich
  • Gesamtbeitragszuschuss zur Krankenversicherung (freiwilliges Mitglied bei der BARMER) = 108,80 EUR monatlich
  • Beitrag zur Pflegeversicherung aus beiden Renten (mit Nachweis Elterneigenschaft, ohne Beihilfeberechtigung) = 42,27 EUR monatlich

Lösung:

  • 958,82 EUR Versichertenrente brutto plus 427,12 EUR Hinterbliebenenrente brutto = 1.385,94 EUR Summe beider Renten brutto
  • plus 108,80 EUR - Gesamtbeitragszuschuss
  • abzüglich 217,60 EUR - doppelter Gesamtbeitragszuschuss (der Beitragsanteil aufgrund des kassenindividuellen Zusatzbeitrages ist durch die Änderung des § 106 SGB VI bereits enthalten)
  • abzüglich 42,27 EUR - Beitrag zur Pflegeversicherung aus der Summe beider Renten
  • ist gleich - 1.234,87 EUR zu berücksichtigender Betrag aus beiden Renten netto

Beispiel 20: Berechnung der „Nettorente“ ab dem 01.01.2019 für freiwillig Kranken- und Pflegeversicherte mit Nachweis der tatsächlichen Aufwendungen

(Beispiel zu Abschnitt 7.3.1.2.1)

  • Bruttorente ab dem 01.04.2020 = 1.385,94 EUR monatlich
  • nachgewiesene Aufwendungen für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung = 324,35 EUR monatlich
  • Zuschuss zur Krankenversicherung (freiwilliges Mitglied bei der BARMER) = 108,80 EUR monatlich

Lösung:

  • 1.385,94 EUR Bruttorente
  • plus 108,80 EUR - Zuschuss zur Krankenversicherung
  • abzüglich 324,35 EUR - tatsächliche Aufwendungen zur Kranken- und Pflegeversicherung
  • ist gleich - 1.170,39 EUR zu berücksichtigende „Nettorente“

Beispiel 21: Berechnung der „Nettorente“ für privat Kranken- und Pflegeversicherte

(Beispiel zu Abschnitt 7.3.1.3)

  • Bruttorente ab dem 01.04.2020 = 1.385,94 EUR monatlich
  • Zuschuss zur Krankenversicherung = 108,80 EUR monatlich
  • pauschaler Beitrag zur Pflegeversicherung (ohne Zuschlag für Kinderlose, mit Beihilfeberechtigung) = 21,14 EUR monatlich

Lösung:

  • 1.385,94 EUR Bruttorente
  • plus 108,80 EUR - Zuschuss zur Krankenversicherung
  • abzüglich 217,60 EUR - doppelter Zuschuss zur Krankenversicherung
  • abzüglich 21,14 EUR - pauschaler Beitrag zur Pflegeversicherung
  • ist gleich - 1.256,00 EUR zu berücksichtigende „Nettorente“
Zweites Gesetz zur Änderung des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BGBl. I. S. 239)

Inkrafttreten: 01.09.2021

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 19/24438

In Absatz 3 Nummer 1 wurden die Wörter „und Betreuungsgeld“ aufgrund des Wegfalls dieser Geldleistung gestrichen.

Gesetz zur Neuregelung des Mutterschutzrechts vom 23.05.2017 (BGBl. I S. 1228)

Inkrafttreten: 01.01.2018

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/8963

In Absatz 3 Nummer 2 wurde die Angabe „13“ durch die Angabe „19“ ersetzt.

Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes vom 15.02.2013 (BGBl. I S. 254)

Inkrafttreten: 01.08.2013

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 17/9917, 17/11404

In Absatz 3 Nummer 1 und 2 wurde das Wort „Erziehungsgeld“ gestrichen und durch „Betreuungsgeld“ ersetzt.

Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.09.2012 (BGBl. I S. 1878)

Inkrafttreten: 18.09.2012

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 17/1221, 17/9841

In Absatz 3 Nummer 2 wurden die Wörter „§ 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes“ durch die Wörter „dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz“ ersetzt.

Gesetz zur Neuregelung des Wohngeldrechts und zur Änderung des Sozialgesetzbuches vom 24.09.2008 (BGBl. I S. 1856)

Inkrafttreten: 01.01.2009

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/6543, 16/7166, 16/8918, 16/9627

In Absatz 3 Nummer 2a SGB I wurde die Angabe „§§ 5 und 6“ durch die Angabe §§ 9 und 10“ ersetzt.

Gesetz zur Einführung des Elterngeldes vom 05.12.2006 (BGBl. I S. 2748)

Inkrafttreten: 01.01.2007

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/1889, 16/2454

Zu den nicht pfändbaren Ansprüchen gehört auch das Elterngeld bis zur Höhe seines nach § 10 BEEG anrechnungsfreien Betrages. § 54 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 SGB I ist entsprechend ergänzt worden.

Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.03.2005 (BGBl. I S. 818)

Inkrafttreten: 30.03.2005

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/4228, 15/4751

Durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.03.2005 wurde ein neuer Absatz 6 mit Wirkung vom 30.03.2005 angefügt.

Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 15/1638

Durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 wurden in Absatz 3 in Nummer 2 die Worte ‘oder anstelle von Arbeitslosenhilfe gewährt wird’ gestrichen und Nummer 2a eingefügt.

Gesetz zur Änderung des Begriffs ‘Erziehungsurlaub’ vom 30.11.2000
(BGBl. I S. 1638)
Inkrafttreten: 02.01.2001

Durch Artikel 17 des Gesetzes zur Änderung des Begriffs ‘Erziehungsurlaub’ vom 30.11.2000 wurden in Absatz 3 Nummer 2 die Worte ‘des Erziehungsurlaubs’ durch die Worte ‘der Elternzeit’ ersetzt.

2. SGBÄndG vom 13.06.1994 (BGBl. I S. 1229)
Inkrafttreten: 18.06.1994

Durch das 2. SGBÄndG wurden ab 18.06.1994 Absatz 3 und 4 neu gefasst, der bisherige Absatz 4 wurde Absatz 5 und die bisherigen Absatz 5 und 6 wurden aufgehoben.

Damit stehen Billigkeitserwägungen der Pfändung einer laufenden Geldleistung nicht mehr entgegen. Das Vollstreckungsgericht hat auch den eventuellen Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit nicht mehr von vornherein zu beachten. Es kann jedoch dem Schuldner auf dessen Antrag gemäß § 850f ZPO einen höheren pfandfrei zu belassenden Betrag einräumen. Leistungsberechtigte, die gegen die Pfändung soziale Gründe geltend machen, sind daher insoweit an das Vollstreckungsgericht zu verweisen.

1. SGBÄndG vom 20.07.1988 (BGBl. I S. 1046)
Inkrafttreten: 01.01.1989 beziehungsweise 27.07.1988

Absatz 4 (jetzt Absatz 5), und 5 wurden mit Wirkung vom 27.07.1988 und Absatz 6 wurde mit Wirkung vom 01.01.1989 angefügt durch das 1. SGBÄndG vom 20.07.1988.

SGB I vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten: 01.01.1976

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 305/72

§ 54 SGB I ist am 01.01.1976 in Kraft getreten (Art. II § 23 SGB I). Pfändungen, die bis zum 31.12.1975 erfolgten, sind weiterhin unter den Voraussetzungen der §§ 76 AVG alter Fassung, 119 RVO alter Fassung wirksam.

Zur Tabelle zu § 850c ZPO - siehe Aktuelle Werte "Pfändbare Beträge"

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 54 SGB I