IX ZB 85/02
Tenor
Auf die Rechtsmittel der Gläubiger werden unter Zurückweisung im übrigen der Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 14. Februar 2002 und der Beschluß des Amtsgerichts Münsingen vom 27. Dezember 2001 (2 M 1248/01) im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Pfändung und Überweisung künftiger Ansprüche auf laufende Bezüge der gesetzlichen Altersrente aus den bei der Drittschuldnerin bestehenden und weiterhin angesammelten Anwartschaften des Schuldners abgelehnt worden ist. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für die Rechtsbeschwerde wird auf 7.789,65 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die beschwerdeführenden Rechtsanwälte beantragten am 6. Dezember 2001 gegen den 47 Jahre alten Schuldner wegen einer Hauptforderung von 9.632,86 DM nebst Kosten und Zinsen, insgesamt wegen eines Forderungsbetrages von 15.235,23 DM (= 7.789,65 €), die Pfändung und Überweisung seiner bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (künftig: BfA) bestehenden Rentenanwartschaften, seiner hieraus folgenden Ansprüche auf Zahlung der Versicherungssumme oder des bei Aufhebung der Versicherung auf den Schuldner entfallenden Betrages der Prämienreserve sowie seines Rechts auf Kündigung und Umwandlung der Versicherung sowie auf Bestimmung, Änderung oder Widerruf der Bezugsberechtigung.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgen die Gläubiger ihren in den Vorinstanzen erfolglos gebliebenen Pfändungs- und Überweisungsantrag weiter.
II.
Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im übrigen nach § 575 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist überwiegend begründet, weil die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Gesetzes beruht (§ 576 Abs. 1, 3 in Verbindung mit § 546 ZPO).
1. Das Beschwerdegericht hält die Pfändung einer künftigen gesetzlichen Altersrente erst mit dem 60. Lebensjahr des Versicherten für zulässig, wenn nicht besondere Gründe für einen vorzeitigen Rentenbeginn sprechen (LG Tübingen, Die Justiz 1997, 52, Beschl. v. 9. Januar 1995; JurBüro 1996, 440; Rpfleger 1997, 175; JurBüro 2000, 42 mit krit. Anm. Behr). In seinem angefochtenen Beschluß hat es, zum Teil unter Bezugnahme auf frühere Entscheidungen, ausgeführt: Die Altersgrenze von 60 Jahren ergebe sich aus dem Renteneintrittsalter für Schwerbehinderte, Berufs- und Erwerbsunfähige, für Arbeitslose und für Frauen (§§ 37 bis 39 SGB VI a.F.). Der Gesetzgeber habe durch § 54 Abs. 4 SGB I in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs vom 13. Juni 1994 - 2. SGBÄndG (BGBl. I S. 1229) nur die Pfändung laufender Sozialleistungen in Geld geregelt; für die Pfändung künftiger Sozialleistungen bestehe eine Gesetzeslücke. Wenn man bereits in jungen Jahren eine Pfändung künftiger Altersrenten der Sozialversicherung ohne zeitliche Grenzen zulasse, könne das verfassungsrechtliche Gebot der Verhältnismäßigkeit verletzt werden und der Vollstreckungszugriff sozialstaatswidrig sein. Schon die Restschuldbefreiung der Insolvenzordnung habe einer Verewigung der Schuldhaft vorbeugen wollen. Diesem Gedanken müsse auch außerhalb des Insolvenzrechts bei der Pfändung künftiger Altersrenten Geltung verschafft werden. Das Schicksal zeitlich vom Bezugsbeginn weit entfernter Rentenanwartschaften sei überdies so unsicher, daß das Entstehen der Ansprüche gänzlich ungewiß und der Vollstreckungszugriff hierauf als bloße Verdachtspfändung zu werten sei. Letzten Endes ständen einer frühzeitigen Pfändung künftiger Ansprüche auf Altersrenten der Sozialversicherung praktische Schwierigkeiten entgegen. Denn zumindest drohe bei zeitlich unbeschränkter Pfändbarkeit dieser Ansprüche ein beinahe automatisches Nebeneinander von Lohnpfändung und Pfändung künftiger Altersrente, wobei im Verwaltungsablauf der Rentenversicherungsträger die Übersicht und die Feststellbarkeit des Ranges der Pfändungen leiden müßten. Damit werde faktisch auch der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz berührt.
2. Die Rechtsbeschwerde der Gläubiger ist teilweise unbegründet, weil § 54 Abs. 4 SGB I nur die Pfändung der laufenden Geldleistungen einer künftigen Altersrente des Schuldners bei der BfA zuläßt. Unpfändbar sind die in den Antrag eingeschlossenen Rentenanwartschaften als Stammrecht (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1988 - IX ZR 210/87, WM 1989, 71, 77 = NJW-RR 1989, 286, 290). Auch der weitergehende Gläubigerantrag betreffend Prämienreserve und Gestaltungsrechte des Versicherten, dessen Fassung auf die Pfändung von Ansprüchen aus einer privaten Lebensversicherung des Schuldners zugeschnitten ist, trägt der rechtlichen Ausgestaltung des betroffenen Sozialversicherungsverhältnisses nicht Rechnung. Insoweit muß es im Ergebnis bei der Ablehnung des Pfändungs- und Überweisungsantrags bleiben.
3. Die Rechtsbeschwerde der Gläubiger ist dagegen begründet, soweit sie die Auffassung des Beschwerdegerichts beanstandet, künftige Rentenansprüche von Arbeitnehmern seien unpfändbar, falls der Schuldner das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet habe und keine besonderen Gründe für einen vorzeitigen Rentenbeginn vorlägen. Diese Rechtsfortbildung des Beschwerdegerichts steht mit der Bindung der Rechtsprechung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht im Einklang (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung BVerfGE 65, 182 = NJW 1984, 475). Im Gegensatz zur Ansicht des Beschwerdegerichts wird die Pfändung künftiger gesetzlicher Altersrenten eines Schuldners spätestens seit der Neufassung von § 54 SGB I durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs in der Rechtsprechung allgemein grundsätzlich für zulässig erachtet (vgl. BFH NJW 1992, 855 = BStBl. II 1991, 869; OLG Schleswig JurBüro 1988, 540; OLG Oldenburg NJW-RR 1992, 512; OLG Celle InVo 1999, 320; LG Essen JurBüro 1995, 46; LG Berlin JurBüro 1995, 547; LG Heilbronn Rpfleger 1995, 510 = InVo 1996, 51; LG Osnabrück Rpfleger 1999, 31 = InVo 1999, 24; LG Aschaffenburg InVo 2001, 105; nur bei Erfüllung der gesetzlichen Wartezeit durch den Schuldner LG Paderborn JurBüro 1995, 270; LG Bremen Rpfleger 1996, 210; LG Braunschweig Rpfleger 2000, 508; einschränkend LG Heilbronn Rpfleger 1999, 455 zum Rechtsschutzbedürfnis bei 24-jährigem Schuldner). Die Rechtsfortbildung des Beschwerdegerichts ist auch im Schrifttum auf Ablehnung gestoßen (Steilmann, Die Zwangsvollstreckung in Sozialleistungsansprüche nach § 54 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil 1999 S. 195 ff).
a) Das Gesetz enthält in § 54 SGB I keine Regelungslücke für die Pfändung künftiger Geldleistungen. Nach Absatz 4 dieser Vorschrift können (sozialrechtliche) Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Anzuwenden sind folglich die §§ 832, 833, 850 Abs. 1, §§ 850c bis 850h ZPO (vgl. auch BGHZ 92, 339, 343 ff). Ergänzend dazu gelten die allgemeinen Grundsätze der Zivilprozeßordnung über die Pfändbarkeit künftiger Geldansprüche.
In der Einzelzwangsvollstreckung können auch künftige sowie aufschiebend bedingte oder befristete Forderungen gepfändet werden, sofern ihr Rechtsgrund und der Drittschuldner im Zeitpunkt der Pfändung bestimmt sind (BGH, Urt. v. 24. November 1988 - IX ZR 210/87, aaO). Davon gehen nicht zuletzt § 89 Abs. 2, § 114 Abs. 3 InsO aus. Die Pfändung künftiger Auszahlungsansprüche der gesetzlichen Altersversicherung setzt deshalb auch nicht voraus, daß der Versicherte die Wartezeiten (siehe die §§ 50 bis 53 SGB VI und entsprechende Sondervorschriften) erfüllt hat.
Zu den in § 832 ZPO bezeichneten Forderungen gehören auch Ruhegehaltsansprüche. Die Pfändung des laufenden Gehalts erstreckt sich danach ohne besondere Anordnung auf das Ruhegehalt, wenn zu dieser Leistung, wie bei Beamtenpensionen und der betrieblichen Altersversorgung, derselbe Drittschuldner verpflichtet ist (BGH, Urt. v. 24. November 1988, IX ZR 210/87, aaO). Ferner setzt § 832 ZPO nicht voraus, daß im Zeitpunkt der Zustellung des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dem Schuldner bereits eine fällige Gehaltsforderung gegen seinen Arbeitgeber oder Dienstherrn zusteht (vgl. BAG NJW 1993, 2699, 2700 f). Voraussetzung ist lediglich, daß der Rechtsboden der gepfändeten künftigen Gehaltsforderung bereits geschaffen ist. Es genügt infolgedessen, wenn das zugrunde liegende Dienst- oder Arbeitsverhältnis besteht oder mit Wirkung für einen zukünftigen Beginn arbeitsvertraglich vereinbart oder hoheitlich geregelt ist. Bei Kettenarbeitsverträgen bedarf es in den Grenzen von § 833 Abs. 2 ZPO (in der Fassung v. Art. 23 Nr. 23 der Zweiten Zwangsvollstreckungsnovelle vom 17. Dezember 1997, BGBl. I S. 3039) nicht einmal einer bereits existenten Rechtsgrundlage.
Zutreffend hat daher der Bundesfinanzhof (aaO) entschieden, daß nach § 54 SGB I a.F. laufende Sozialleistungsansprüche in Geld (dort ein Rentenanspruch gegen die Bundesknappschaft) grundsätzlich auch dann abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden können, wenn sie erst zukünftig entstehen oder fällig werden, vorausgesetzt, daß für die zukünftige Forderung eine ausreichend konkretisierte rechtliche Grundlage besteht. Soweit die Billigkeits- und Hilfebedürftigkeitsprüfung im Zeitpunkt der Pfändung hier früher noch zu Bedenken Anlaß geben konnte, sind diese jedenfalls mit den Änderungen von § 54 SGB I durch Art. 1 Nr. 7 2. SGBÄndG entfallen. Eine entsprechende Prüfung auf Antrag des Schuldners nach § 850f Abs. 1 ZPO bietet die mit § 54 Abs. 3 Nr. 2 SGB I a.F. verbundenen Schwierigkeiten nicht mehr.
Die Annahme des Beschwerdegerichts, § 54 Abs. 4 SGB I in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 2. SGBÄndG beziehe sich unmittelbar nur auf auszahlungsreife Rentenbezüge oder entsprechende soziale Geldleistungen, ist danach im Hinblick auf die Rechtsfolgenverweisung der Norm unbegründet. Der mehrdeutige Begriff der "laufenden Geldleistungen" darf in § 54 Abs. 4 SGB I nicht mit auszahlungsreifen oder fälligen Leistungen gleichgesetzt werden. Das ist ein Mißverständnis, welches sich durch eine entsprechende Begriffsbedeutung in anderen Vorschriften erklären mag. Laufende Geldleistungen sind im Regelungszusammenhang von § 53 Abs. 3, § 54 Abs. 4 SGB I jedoch nur regelmäßig wiederkehrende Leistungen und stehen als solche im Gegensatz zu den einmaligen Geldleistungen des § 54 Abs. 2 SGB I. Deshalb sind in § 54 Abs. 4 SGB I auch künftige Forderungen auf Sozialleistungen aus der gesetzlichen Altersrente, die bei Fälligkeit durch laufende Geldleistungen berichtigt werden, mit erfaßt (so schon Behr, JurBüro 2000, 43, 44). Für eine rechtsfortbildende Lückenfüllung durch Richterrecht fehlt danach der vom Beschwerdegericht angenommene Raum.
b) Die Befugnis zur Rechtsfortbildung in Richtung auf eine zeitlich begrenzte Pfändbarkeit künftiger Ansprüche aus der gesetzlichen Altersversicherung läßt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts auch nicht aus einem Wertungswiderspruch des Gesetzes herleiten.
Die zeitlich unbegrenzte Pfändbarkeit der künftigen gesetzlichen Altersrente kann nicht unter Verweis auf die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung nach der Insolvenzordnung in Frage gestellt werden. Daraus, insbesondere aus § 287 Abs. 2 InsO, ergibt sich kein allgemeiner Rechtsgedanke einer zeitlichen Beschränkung der persönlichen Haftung mit dem Arbeitseinkommen außerhalb des Insolvenzverfahrens, wie das Beschwerdegericht irrtümlich annimmt. Diese allgemeine Frage beantwortet vielmehr das Verjährungsrecht, und zwar für rechtskräftig festgestellte Ansprüche insbesondere § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB (§ 218 Abs. 1 BGB a.F.) und für akzessorische Sachsicherheiten § 216 Abs. 1 BGB (§ 223 Abs. 1 BGB a.F.). Innerhalb des Insolvenzverfahrens werden die Möglichkeiten einer Restschuldbefreiung nach befristeter Abtretung des Arbeitseinkommens an einen Treuhänder (§ 287 Abs. 2, § 291 InsO) durch die Pfändung künftiger Bezüge oder Altersrenten nicht beeinträchtigt. Denn die Wirksamkeit einer Pfändung von Arbeitseinkommen ist für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 114 Abs. 3 InsO im notwendigen Umfang begrenzt (ebenso Behr, aaO; LG Braunschweig Rpfleger 2000, 508).
c) Das Beschwerdegericht hat sich im übrigen für seine Auffassung, daß künftige Rentenansprüche der gesetzlichen Altersversicherung in der Regel erst dem Vollstreckungszugriff unterliegen, wenn der Schuldner das 60. Lebensjahr vollendet hat, zu Unrecht auf das Sozialstaatsprinzip und den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berufen. Einer entsprechenden Einschränkung von § 54 Abs. 4 SGB I mit dem Ziel verfassungskonformer Rechtsanwendung bedarf es nicht.
aa) Das Beschwerdegericht hat die zeitliche Begrenzung für die Pfändbarkeit künftiger Altersrenten der Sozialversicherung in früheren Entscheidungen auch mit der seinerzeit in den §§ 37 bis 39 SGB VI (ebenso auch § 40 SGB VI) genannten Altersgrenze von 60 Jahren begründet (LG Tübingen Die Justiz 1997, 52, 53; JurBüro 1996, 440, 441). Diese Altersgrenze ist offensichtlich nicht durch das Sozialstaatsprinzip verfassungsrechtlich verfestigt. Der Gesetzgeber kann sie vielmehr innerhalb eines weiten Ermessensspielraums für die Zukunft frei bestimmen und hat davon in den letzten Jahren auch wiederholt Gebrauch gemacht (vgl. Art. 1 Nr. 15 bis 17 und 76 des Rentenreformgesetzes 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2998, betreffend die Altersrente für langjährig Versicherte, Schwerbehinderte, Arbeitslose und Frauen; Art. 1 Nr. 49 des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000, BGBl. I S. 1827, betreffend die Altersrente für Schwerbehinderte).
Unzutreffend ist auch die Ansicht des Beschwerdegerichts, vor dem 60. Lebensjahr des Versicherten könne seine Rechtsposition hinsichtlich künftiger Rentenzahlungen nur mit bloßen Erwartungen und Hoffnungen gleichgestellt werden. Das verkennt sowohl die Natur der nach den §§ 63 ff SGB VI oder vergleichbaren Sondervorschriften angesammelten Rentenanwartschaften als auch die hieran anknüpfende Unterscheidung zwischen Anwartschaften und Aussichten in den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Versorgungsausgleich (vgl. dazu BVerfGE 53, 257 ff = NJW 1980, 692). Die Auffassung des Beschwerdegerichts würde daher im Ergebnis entgegen der Zielrichtung des Sozialstaatsprinzips die Versorgungsanrechte der Sozialversicherten rechtlich entwerten und insbesondere dem Schutz des Eigentumsgrundrechts entziehen. Dem Sozialstaatsprinzip wird im Einzelfall bei Pfändung künftiger Rentenansprüche aufgrund von Schutzanträgen des Schuldners nach § 765a ZPO oder § 850f Abs. 1 ZPO Rechnung getragen.
bb) In der zeitlich unbegrenzten Pfändbarkeit künftiger gesetzlicher Altersrenten liegt ferner keine unverhältnismäßige Härte gegen den Vollstreckungsschuldner. Bei beamtenrechtlichen oder betrieblich zugesagten Versorgungsansprüchen erstreckt sich die Pfändung der laufenden Bezüge nach § 832 ZPO von vornherein auch auf die künftigen Ruhegeldansprüche (vgl. oben zu 3. a). Bei der gesetzlichen Altersrente kann diese Wirkung nach § 833 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht eintreten, weil der Rentenversicherungsträger ein anderer Drittschuldner ist als der bisherige Arbeitgeber. Es wäre daher eine sachlich unbegründete Bevorzugung der gesetzlich Versicherten, ihre künftigen Ansprüche aus der Altersversicherung nun auch der gesonderten Pfändung von seiten ihrer Gläubiger weitgehend zu entziehen.
d) Nicht generell zu prüfen ist, wo der Pfändbarkeit künftiger gesetzlicher Altersrenten bei relativ jungen Schuldnern möglicherweise unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses Grenzen zu ziehen sind (bejahend für einen 24-jährigen Schuldner LG Heilbronn Rpfleger 1999, 455). Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers ist auch sachliche Verfahrensvoraussetzung der Zwangsvollstreckung (BVerfGE 61, 126, 135 = NJW 1983, 559). Es fehlt, wenn der Gläubiger kein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Vollstreckungsmaßnahme hat (BGH, Beschl. v. 18. Juli 2002 - IX ZB 26/02, NJW 2002, 3178, 3179). Im Beschwerdefall ergibt sich allein aus dem Alter des Schuldners keine Veranlassung, das schutzwürdige Interesse der Gläubiger an der beantragten Pfändung in Frage zu stellen. Auch andere Umstände, die insoweit erheblich sein könnten, sind vorliegend bisher nicht ersichtlich.
e) Die Bedenken des Beschwerdegerichts gegen die Fähigkeit der Rentenversicherungsträger, eine Vielzahl von Pfändungen künftiger Rentenansprüche organisatorisch zu bewältigen, greifen nicht durch. Der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz ist nicht berührt. Es sind bisher auch keine entsprechenden tatsächlichen Schwierigkeiten bekannt geworden, obwohl der Bundesfinanzhof und die weit überwiegende Anzahl der veröffentlichten Landgerichtsentscheidungen die zeitlich unbegrenzte Pfändung künftiger gesetzlicher Altersrenten grundsätzlich zugelassen haben.
4. Nach allem kann die Zurückweisung der Beschwerde keinen Bestand haben, soweit der Pfändungs- und Überweisungsantrag der Gläubiger künftige Ansprüche auf laufende Rentenbezüge gegen die Drittschuldnerin betrifft. Die Sache ist in diesem Hauptpunkt an das Amtsgericht zurückzuverweisen (§ 572 Abs. 3 ZPO), damit dieses Gelegenheit zur Prüfung der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen erhält.