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Art. 4 SVA-Jugoslawien: Gleichstellung der Hoheitsgebiete - Zahlung von Leistungen ins Ausland

Änderungsdienst
veröffentlicht am

14.09.2020

Änderung

Abschnitt 8 wurde unter Berücksichtigung der Änderung des § 254d SGB VI, die zum 01.07.2020 in Kraft getreten ist, überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand21.08.2020
Rechtsgrundlage

Art. 4 SVA-Jugoslawien

Version003.00

Inhalt der Regelung

Absatz 1 hebt die innerstaatlichen Wohnortklauseln für die in Art. 3 Abs. 1 SVA-Jugoslawien genannten Personen auf und ermöglicht ihnen bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten die Inanspruchnahme von Renten, als wenn sie sich im Inland aufhalten würden.

Nach Absatz 2 gilt die Aufhebung der innerstaatlichen Wohnortklausel nicht für Leistungen zur Rehabilitation.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 1 Nr. 1 SVA-Jugoslawien
    Die Vorschrift definiert den Begriff „Gebiet“ der Vertragsstaaten (siehe GRA zu Art. 1 SVA-Jugoslawien, Begriffsbestimmung, Abschnitt 2).
  • Art. 3 Abs. 1 SVA-Jugoslawien
    Die Vorschrift regelt, welche Personen im Rahmen des SVA-Jugoslawien bei Anwendung der Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten und gewöhnlichem Aufenthalt in einem der Vertragsstaaten gleichgestellt sind (siehe GRA zu Art. 3 SVA-Jugoslawien).
  • Nr. 3 SP zum SVA-Jugoslawien
    Die Vorschrift ergänzt Art. 4 SVA-Jugoslawien:
    • Die deutschen Rechtsvorschriften über Leistungen aus Versicherungszeiten, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt wurden (Reichsgebiets-Beitragszeiten und Zeiten nach dem FRG), bleiben unberührt (Nr. 3 Buchst. a zweiter Spiegelstrich SP zum SVA-Jugoslawien).
    • Die Rechtsvorschriften der anderen Vertragsstaaten, die Zahlung an Berechtigte im Ausland von einer Genehmigung abhängig machen, gelten nicht für die in Art. 3 Abs. 1 SVA-Jugoslawien genannten Personen, die nicht Staatsangehörige der anderen Vertragsstaaten sind (Nr. 3 Buchst. b SP zum SVA-Jugoslawien).

Grundsatz der Gebietsgleichstellung

Nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien gelten die Rechtsvorschriften (Art. 1 Abs. 1 Nr. 3 SVA-Jugoslawien) eines Vertragsstaats, nach denen die Entstehung von Leistungsansprüchen, die Leistungsgewährung oder die Zahlung von Geldleistungen vom Inlandsaufenthalt abhängig ist, nicht für die in Art. 3 Abs. 1 SVA-Jugoslawien genannten Personen (siehe GRA zu Art. 3 SVA-Jugoslawien, Abschnitt 3) bei gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaats.

Die weiter gefasste Regelung des Art. 4 Abs. 1 S. 2 SVA-Jugoslawien betrifft nur die Kranken- und Unfallversicherung, weshalb auf diese Regelung nicht weiter eingegangen wird.

Ziel der Regelung des Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien ist es, Leistungseinschränkungen, die die jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften bei Auslandsaufenthalt vorsehen, für die in Art. 3 Abs. 1 SVA-Jugoslawien genannten Personen bei gewöhnlichem Aufenthalt in den Vertragsstaaten zu beseitigen.

Für die deutsche Seite bedeutet dies unter anderem, dass die Gleichstellung der Staatsgebiete nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien zu einer nur eingeschränkten Anwendung der Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland führt.

Nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien haben bei gewöhnlichem Aufenthalt im Gebiet von Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, Montenegro und Serbien (im Weiteren: die anderen Vertragsstaaten)

grundsätzlich die gleichen Leistungsansprüche wie bei einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.

Im Verhältnis zu anderen Vertragsstaaten sind besondere Vertrauensschutzgründe zu beachten, die zur Gleichstellung der Staatsangehörigen der anderen Vertragsstaaten und deren Hinterbliebenen bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten führen (siehe GRA zu Übersicht zum SVA-Jugoslawien, Abschnitt 5.1).

Diese Rechtsauffassung wird von den Trägern der deutschen Rentenversicherung seit Juni 2009 vertreten, gilt aber auch für Zeiten vor diesen Zeitpunkt. Die von der Änderung der Rechtsauffassung betroffenen Fälle sind auf Antrag oder, sofern entsprechende Vorgänge in den Geschäftsgang gelangen, von Amts wegen nach § 44 SGB X zu überprüfen. Da die Änderung der Rechtsauffassung nicht auf Rechtsprechung, sondern auf die geänderte Rechtsauslegung der Rentenversicherungsträger zurückzuführen ist, findet § 100 Abs. 4 SGB VI keine Anwendung.

Seit dem 05.05.2005 gilt diese Gleichstellung auch für Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten der EU, des EWR und der Schweiz und deren Hinterbliebene, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten haben. Dies ist eine Folge aus der Rechtsprechung des EuGH in seinem Urteil vom 15.01.2002, Rechtssache C-55/00, Gottardo, in Verbindung mit der Änderung des Art. 3 VO (EWG) Nr. 1408/71 zum 05.05.2005. Dies aber nur, soweit durch das Abkommen nichts Anderes bestimmt ist. Die Gleichstellung gilt für die Staatsangehörigen Kroatiens seit dem EU-Beitritt Kroatiens am 01.07.2013.

Für Hinterbliebene von Flüchtlingen, die nicht selbst zu den vorstehend genannten Staatsangehörigen gehören und für alle anderen Drittstaatsangehörigen, die nicht zu den vorstehend genannten Staatsangehörigen gehören (siehe GRA zu Art. 3 SVA-Jugoslawien, Abschnitt 3.3), gilt die Gebietsgleichstellung nicht.

Beachte:

Die Staatsangehörigen Kroatiens, Nordmazedoniens und Sloweniens (also der anderen Nachfolgestaaten der Sozialistischen Föderativen Republik - SFR - Jugoslawien) sowie deren Hinterbliebene sind bezüglich der Abkommensanwendung bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten in der Regel nicht gleichgestellt. Besonderheiten ergeben sich bei Anwendung der in den Abschnitten 5, 7, 8, 9 und 10 genannten Rechtsvorschriften.

Die generelle Gebietsgleichstellung wird durch das SVA-Jugoslawien

  • nach Nr. 3 Buchst. a zweiter Spiegelstrich SP zum SVA-Jugoslawien für Leistungen aus Versicherungszeiten, die außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegt wurden (siehe Abschnitt 3), und
  • nach Art. 4 Abs. 2 SVA-Jugoslawien für Leistungen zur Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie ergänzende Leistungen (siehe Abschnitt 4)

eingeschränkt.

Das SVA-Jugoslawien enthält keine einschränkenden Regelungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (siehe Abschnitt 5).

Die Gleichstellung der Staatsgebiete kann sich auch

  • auf die Gewährung von Altersrenten für schwerbehinderte Menschen (vergleiche Abschnitt 6),
  • auf die Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung (vergleiche Abschnitt 7),
  • auf die Bewertung von Zeiten nach § 254d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI (vergleiche Abschnitt 8) sowie
  • bei Renten nach dem RÜG (vergleiche Abschnitt 9)

auswirken.

Leistungen aus Zeiten außerhalb des Geltungsbereichs

Nach Nr. 3 Buchst. a zweiter Spiegelstrich SP zum SVA-Jugoslawien bleiben die Rechtsvorschriften über Geldleistungen aus Versicherungszeiten, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt sind, von der Gebietsgleichstellung unberührt. Die Rente ist aus Beitragszeiten nach dem FRG und Reichsgebiets-Beitragszeiten nur im Rahmen von § 272 SGB VI zu zahlen (siehe GRA zu § 272 SGB VI). Aus Entgeltpunkten für Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG kann generell keine Zahlung in das Ausland erfolgen. Trotz Gebietsgleichstellung ist also nicht stets die volle Inlandsrente zu zahlen.

Leistungen zur Teilhabe

Nach Art. 4 Abs. 2 SVA-Jugoslawien bleiben die deutschen Rechtsvorschriften über Leistungen zur Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie über ergänzende Leistungen durch die Träger der Rentenversicherung unberührt. Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland erhalten damit diese Leistungen nur, wenn für sie im Monat der Antragstellung Pflichtbeiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden oder diese nur deshalb nicht gezahlt wurden, weil sie im Anschluss an eine nach den deutschen Rechtsvorschriften versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit arbeitsunfähig waren (siehe GRA zu § 111 SGB VI). Leistungen zur Teilhabe können für Personen, die sich gewöhnlich im Ausland aufhalten, in der Regel nur im Inland erbracht werden (§ 18 SGB IX).

Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Im Gegensatz zu den neueren Abkommen enthält das SVA-Jugoslawien keine Einschränkung der Gebietsgleichstellung für Fälle, in denen der Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht allein aus medizinischen Gründen, sondern unter Berücksichtigung des verschlossenen deutschen Teilzeitarbeitsmarktes (Arbeitsmarktrente) besteht.

Deshalb ist bei Deutschen und ihnen gleichgestellten Personen (siehe Abschnitt 2) bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten die Vorschrift des § 112 SGB VI nicht anzuwenden. Der Anspruch auf eine solche Rente besteht für diese Personen somit auch, wenn sie sich gewöhnlich in einem der anderen Vertragsstaaten aufhalten.

Ebenso wenig gelten für sie die Einschränkungen der §§ 270b und 317 Abs. 4 SGB VI, wonach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beziehungsweise eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nach dem bis zum 31.12.2000 maßgebenden Recht in das Ausland nur nach vorherigem Inlandsanspruch zu zahlen ist. Damit kann ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) auch bei gewöhnlichem Aufenthalt in den anderen Vertragsstaaten erstmalig entstehen. Dies gilt gleichermaßen für die Rente für Bergleute nach § 45 Abs. 1 SGB VI.

Besonderheiten in Bezug auf die Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien

Aufgrund der besonderen Vertrauensschutzgründe, die gegenüber den Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien und deren Staatsangehörigen zu berücksichtigen sind (siehe Abschnitt 2), kann eine Arbeitsmarktrente ausnahmsweise auch in folgenden Fällen gezahlt werden:

  • der Rentenberechtigte hält sich gewöhnlich in einem der anderen Vertragsstaaten (Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Serbien) auf und
  • der Rentenberechtigte ist Deutscher, Staatsangehöriger der anderen Vertragsstaaten oder Staatsangehöriger eines anderen Nachfolgestaats der SFR Jugoslawien (also Kroatiens, Nordmazedoniens oder Sloweniens, siehe GRA zu Übersicht zum SVA-Jugoslawien, Abschnitt 3) und
  • der Anspruch auf Arbeitsmarktrente besteht nach dem SVA-Kroatien, SVA-Nordmazedonien oder SVA-Slowenien.

In diesen Fällen ist neben dem SVA-Kroatien, SVA-Nordmazedonien oder SVA-Slowenien wegen des gewöhnlichen Aufenthalts in einem der anderen Vertragsstaaten ausnahmsweise auch das SVA-Jugoslawien anzuwenden. Da das SVA-Jugoslawien keine Ausschlussklausel für die Zahlung einer Arbeitsmarktrente enthält, ermöglicht in diesen Fällen Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien die Zahlung der Arbeitsmarktrente.

Verlegt der Rentenberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt von einem Drittstaat in einen der anderen Vertragsstaaten und sind die vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllt, kann die Arbeitsmarktrente ab Zuzug gezahlt werden.

Verlegt der Rentenberechtigte, auf den die vorstehend beschriebene Fallgestaltung zutrifft, seinen gewöhnlichen Aufenthalt aus einem der anderen Vertragsstaaten in einen anderen Drittstaat (zum Beispiel Albanien), entfällt der Anspruch auf die Arbeitsmarktrente ab dem Verzug in den Drittstaat. Dies gilt auch bei Verzug nach Kroatien, Nordmazedonien oder Slowenien, weil diese SVA entsprechende Ausschlussklauseln hinsichtlich der Zahlung von Arbeitsmarktrenten enthalten (siehe zum Beispiel GRA zu Art. 5 SVA-Nordmazedonien, Abschnitt 3).

Diese Ausnahme gilt hingegen nicht, wenn sich der Anspruch auf Arbeitsmarktrente aus einem anderen bilateralen SVA (zum Beispiel SVA-Tunesien) oder dem Europarecht ergibt. Bei Anwendung anderer SVA oder des Europarechts sind die besonderen Vertrauensschutzgründe gegenüber den Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien nicht zu beachten.

Siehe Beispiele 1 und 2

Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Auf die GRA zu § 236a SGB VI, Abschnitt 5.1 wird verwiesen.

Das SVA-Jugoslawien ist ein umfassendes SVA mit Gebietsgleichstellungsklausel, sodass die Ausführungen in der GRA zu § 236a SGB VI, Abschnitt 5.1 auch für Versicherte mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten gelten.

Eine nach den Rechtsvorschriften der anderen Vertragsstaaten festgestellte Schwerbehinderung steht einer Anerkennung als schwerbehinderter Mensch im Sinne des SGB IX nicht gleich (siehe GRA zu Art. 25 SVA-Jugoslawien, Abschnitt 7).

Zuschuss zur Krankenversicherung

Nach § 111 Abs. 2 SGB VI erhalten Berechtigte mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland regelmäßig keinen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Diese Regelung findet aufgrund der Gebietsgleichstellung des Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien keine Anwendung. Deutsche und Staatsangehörige der anderen Vertragsstaaten und die ihnen gleichgestellten Personen (siehe Abschnitt 2) können auch bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten einen Zuschuss zur Krankenversicherung erhalten, wenn die Voraussetzungen des § 106 SGB VI erfüllt sind (siehe GRA zu Art. 17 SVA-Jugoslawien, Abschnitt 7).

Beachte:

Auch die Staatsangehörigen Kroatiens, Nordmazedoniens und Sloweniens (also der anderen Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien) sowie deren Hinterbliebene hinsichtlich ihrer abgeleiteten Rechte sind bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten betreffend der Zahlung des Zuschusses nach § 106 SGB VI gleichgestellt und erhalten grundsätzlich die gleichen Leistungen wie bei gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Gleichstellung ergibt sich für slowenische Staatsangehörige seit dem 05.05.2005 und für kroatische Staatsangehörige seit 01.07.2013 (Beitritt Kroatiens zur EU) bereits aus dem Europarecht (vergleiche Abschnitt 2).

Im Verhältnis zu den Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien sind besondere Vertrauensschutzgründe zu beachten, die zur Gleichstellung der Staatsangehörigen dieser Länder und deren Hinterbliebenen hinsichtlich ihrer abgeleiteten Rechte führen. Diese Rechtsauffassung wird von den Trägern der deutschen Rentenversicherung seit Juni 2009 vertreten, gilt aber auch für Zeiten vor diesem Zeitpunkt. Die von der Änderung der Rechtsauffassung betroffenen Fälle sind auf Antrag oder, sofern entsprechende Vorgänge in den Geschäftsgang gelangen, von Amts wegen nach § 44 SGB X zu überprüfen. Da die Änderung der Rechtsauffassung nicht auf Rechtsprechung, sondern auf die geänderte Rechtsauslegung der Rentenversicherungsträger zurückzuführen ist, findet § 100 Abs. 4 SGB VI keine Anwendung.

Bei gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Vertragsstaaten gilt die Gebietsgleichstellung des Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien nicht. Ein Anspruch auf einen Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI kann bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem Drittstaat nur bestehen, wenn die Bundesrepublik Deutschland mit diesem Drittstaat ein multi- oder bilaterales Abkommen abgeschlossen hat, das eine Gebietsgleichstellung beinhaltet (siehe GRA zu § 106 SGB VI, Abschnitt 9.1).

Bewertung von Zeiten (§ 254d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI

Die Gleichstellung der Staatsgebiete galt nach dem Recht vor dem 01.07.2020 auch für die Zuordnung von Entgeltpunkten. Hatte der Versicherte seinen gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 oder, falls er verstorben ist, zuletzt vor dem 19.05.1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet, erhalten Reichsgebiets-Beitragszeiten und die vor dem 19.05.1990 im Beitrittsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten Entgeltpunkte statt Entgeltpunkten (Ost). Dies galt vor dem 01.07.2020 jedoch nur, solange sich der Berechtigte gewöhnlich im Inland aufhielt (siehe GRA zu § 254d SGB VI, Abschnitt 3.1).

Aufgrund der Gleichstellung der Staatsgebiete stand ein gewöhnlicher Aufenthalt in den anderen Vertragsstaaten dem in § 254d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI der Fassung bis 30.06.2020 geforderten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland gleich. Es verblieb damit bei der Bewertung mit Entgeltpunkten, wenn ein berechtigter Deutscher oder eine gleichgestellte Person (siehe Abschnitt 2) den gewöhnlichen Aufenthalt in einen der anderen Vertragsstaaten verlegte. Aus den Entgeltpunkten für Reichsgebiets-Beitragszeiten kann zwar bei Auswanderung nach dem 18.05.1990 keine Rente gezahlt werden (§ 272 SGB VI), jedoch wirkt sich die Bewertung mit Entgeltpunkten günstig auf die Bewertung der beitragsfreien Zeiten aus (keine Anwendung des § 263a SGB VI).

Beachte:

Auch die Staatsangehörigen Kroatiens, Nordmazedoniens und Sloweniens (also der anderen Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien) sowie deren Hinterbliebene waren bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten bei Anwendung von § 254d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a SGB VI in der Fassung bis 30.06.2020 gleichgestellt und erhielten grundsätzlich die gleichen Leistungen wie bei gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Die Gleichstellung ergab sich für slowenische Staatsangehörige seit dem 05.05.2005 und für kroatische Staatsangehörige seit 01.07.2013 (Beitritt Kroatiens zur EU) bereits aus dem Europarecht (vergleiche Abschnitt 2).

Im Verhältnis zu den Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien sind besondere Vertrauensschutzgründe zu beachten, die zur Gleichstellung der Staatsangehörigen dieser Länder und deren Hinterbliebenen führen. Diese Rechtsauffassung wird von den Trägern der deutschen Rentenversicherung seit Juni 2009 vertreten, gilt aber auch für Zeiten vor diesem Zeitpunkt. Die von der Änderung der Rechtsauffassung betroffenen Fälle sind auf Antrag oder, sofern entsprechende Vorgänge in den Geschäftsgang gelangen, von Amts wegen nach § 44 SGB X zu überprüfen. Da die Änderung der Rechtsauffassung nicht auf Rechtsprechung, sondern auf die geänderte Rechtsauslegung der Rentenversicherungsträger zurückzuführen ist, findet § 100 Abs. 4 SGB VI keine Anwendung.

Für Renten nach dem Recht ab 01.07.2020 ist der Vertrauensschutz in Entgeltpunkte nicht mehr vom gewöhnlichen Inlandsaufenthalt abhängig. Der Vertrauensschutz ergibt sich bereits aus § 254d Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI.

Bei Auswanderung in einen anderen Drittstaat und Neufeststellung nach dem Recht vor dem 01.07.2020 wurden

  • die vor dem 19.05.1990 in den neuen Bundesländern sowie
  • die im Reichsgebiet außerhalb des heutigen Bundesgebiets

zurückgelegten Beitragszeiten bei Anwendung des SVA-Jugoslawien mit Entgeltpunkten (Ost) bewertet. Diese Renten werden zum 01.07.2020 von Amts wegen an die neue Rechtslage angepasst (§ 317a Abs. 3 SGB VI).

Ansprüche nach dem RÜG

Der Rentenanspruch nach Art. 2 RÜG besteht nur so lange, wie der Berechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hat. Die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts aus den neuen Bundesländern in die alten Bundesländer berührt diesen Anspruch somit nicht.

Aufgrund der Gebietsgleichstellung verbleibt es bei diesem Rentenanspruch auch dann, wenn der gewöhnliche Aufenthalt in einen der anderen Vertragsstaaten verlegt wird (siehe GRA zu Art. 2 § 1 RÜG, Abschnitt 2.4). Voraussetzung ist allerdings, dass der Berechtigte deutscher Staatsangehöriger oder einem solchen gleichgestellt ist (siehe Abschnitt 2).

Beachte:

Auch die Staatsangehörigen Kroatiens, Nordmazedoniens und Sloweniens (also der anderen Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien) sowie deren Hinterbliebene sind bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten betreffend die Zahlung einer Rente nach Art. 2 RÜG gleichgestellt und erhalten grundsätzlich die gleichen Leistungen wie bei gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Gleichstellung ergibt sich für slowenische Staatsangehörige seit dem 05.05.2005 und für kroatische Staatsangehörige seit 01.07.2013 (Beitritt Kroatiens zur EU) bereits aus dem Europarecht (vergleiche Abschnitt 2).

Im Verhältnis zu den Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien sind besondere Vertrauensschutzgründe zu beachten, die zur Gleichstellung der Staatsangehörigen dieser Länder und deren Hinterbliebenen führen. Diese Rechtsauffassung wird von den Trägern der deutschen Rentenversicherung seit Juni 2009 vertreten, gilt aber auch für Zeiten vor diesem Zeitpunkt. Die von der Änderung der Rechtsauffassung betroffenen Fälle sind auf Antrag oder, sofern entsprechende Vorgänge in den Geschäftsgang gelangen, von Amts wegen nach § 44 SGB X zu überprüfen. Da die Änderung der Rechtsauffassung nicht auf Rechtsprechung, sondern auf die geänderte Rechtsauslegung der Rentenversicherungsträger zurückzuführen ist, findet § 100 Abs. 4 SGB VI keine Anwendung.

Leistungen für Kindererziehung (§ 294 Abs. 5 SGB VI)

Deutschen Staatsangehörigen und ihnen gleichgestellte Personen (siehe Abschnitt 2) ist die Leistung für Kindererziehung (KLG) nach § 294 SGB VI bei Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten wie bei einem Aufenthalt im Inland zu zahlen. Das gilt auch dann, wenn das Kind im Reichsgebiet außerhalb des Bundesgebiets oder im Vertreibungsgebiet geboren wurde. Nr. 3 Buchst. a zweiter Spiegelstrich zum SVA-Jugoslawien ist nicht anzuwenden, weil die KLG-Leistung nicht auf Versicherungszeiten beruht.

Beachte:

Auch die Staatsangehörigen Kroatiens, Nordmazedoniens und Sloweniens (also der anderen Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien) sowie deren Hinterbliebene sind bei gewöhnlichem Aufenthalt in einem der anderen Vertragsstaaten betreffend die Zahlung der KLG gleichgestellt und erhalten grundsätzlich die gleichen Leistungen wie bei gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Die Gleichstellung ergibt sich für slowenische Staatsangehörige seit dem 05.05.2005 und für kroatische Staatsangehörige seit 01.07.2013 (Beitritt Kroatiens zur EU) bereits aus dem Europarecht (vergleiche Abschnitt 2).

Im Verhältnis zu den Nachfolgestaaten der SFR Jugoslawien sind besondere Vertrauensschutzgründe zu beachten, die zur Gleichstellung der Staatsangehörigen dieser Länder und deren Hinterbliebenen führen. Diese Rechtsauffassung wird von den Trägern der deutschen Rentenversicherung seit Juni 2009 vertreten, gilt aber auch für Zeiten vor diesem Zeitpunkt. Die von der Änderung der Rechtsauffassung betroffenen Fälle sind auf Antrag oder, sofern entsprechende Vorgänge in den Geschäftsgang gelangen, von Amts wegen nach § 44 SGB X zu überprüfen. Da die Änderung der Rechtsauffassung nicht auf Rechtsprechung, sondern auf die geänderte Rechtsauslegung der Rentenversicherungsträger zurückzuführen ist, findet § 100 Abs. 4 SGB VI keine Anwendung.

Höhe der Auslandsrente

Die Höhe der in das Ausland zu zahlenden Rente hing bis 30.09.2013 im Wesentlichen von der Staatsangehörigkeit beziehungsweise vom Status des Berechtigten sowie von dessen gewöhnlichem Aufenthalt ab.

Einschränkungen bestanden für die Drittstaatsangehörigen, für die die Gebietsgleichstellung des Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien nicht gilt (siehe Abschnitt 2). Diese erhielten ihre Rente bei Wohnsitz in einem der anderen Vertragsstaaten oder einem Drittstaat bis 30.09.2013 im Wesentlichen nur aus den Entgeltpunkten für Bundesgebiets-Beitragszeiten und mit einer Kürzung auf 70 %.

Diese Einschränkung besteht ab 01.10.2013 nicht mehr, da die Höhe der in das Ausland zu zahlenden Rente ab diesem Zeitpunkt für alle Berechtigten unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Wohnsitz gleichermaßen ermittelt wird (siehe GRA zu § 113 SGB VI und GRA zu § 114 SGB VI).

Bei der Ermittlung der Höhe der in das Ausland zu zahlenden Rente bleiben Rechts-vorschriften über Leistungen aus Versicherungszeiten, die nicht nach Bundesrecht zurückgelegt worden sind, unberührt (siehe Abschnitt 3).

Beispiel 1: Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Arbeitsmarktrente

(Beispiel zu Abschnitt 5.1)

Ein kroatischer Staatsangehöriger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Bosnien und Herzegowina beantragt Rente wegen voller Erwerbsminderung. Volle Erwerbsminderung besteht nur aufgrund der Arbeitsmarktlage.

Die Wartezeit von 5 Jahren ist zwar innerstaatlich erfüllt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren) sind nur unter Berücksichtigung der bosnisch-herzegowinischen Versicherungszeiten nach Art. 25 SVA-Jugoslawien erfüllt. Der Rentenanspruch ist somit nur unter Anwendung des SVA-Jugoslawien gegeben.

Lösung:

Die Rente ist unter Anwendung des SVA-Jugoslawien an den kroatischen Staatsangehörigen zu zahlen (Rechtsauffassung seit Juni 2009).

Die Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien ist bei gewöhnlichem Aufenthalt in Bosnien und Herzegowina nicht nur auf Deutsche und bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige, sondern auch auf alle anderen Staatsangehörigen eines Nachfolgestaates der SFR Jugoslawien (und damit auch auf einen kroatischen Staatsangehörigen) anzuwenden. Deshalb kommt es zur Zahlung einer Arbeitsmarktrente. § 112 SGB VI ist nicht anzuwenden.

Beispiel 2: Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit

Arbeitsmarktrente

(Beispiel zu Abschnitt 5.1)

Ein bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Serbien beantragt Rente wegen voller Erwerbsminderung. Volle Erwerbsminderung besteht nur aufgrund der Arbeitsmarktlage.

Die Wartezeit von 5 Jahren ist innerstaatlich erfüllt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (3 Jahre Pflichtbeiträge in den letzten 5 Jahren) sind nur aufgrund nordmazedonischer Versicherungszeiten erfüllt. Der Rentenanspruch besteht somit nur bei Anwendung des SVA-Nordmazedonien.

Lösung:

Dem bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen ist die Arbeitsmarktrente zu zahlen (Rechtsauffassung seit Juni 2009). § 112 SGB VI ist nicht anzuwenden).

Die Voraussetzungen nach § 43 SGB VI sind unter Anwendung des SVA-Nordmazedonien erfüllt. Das SVA-Nordmazedonien sieht die Zahlung von Arbeitsmarktrenten nicht vor (Nr. 3 erster Spiegelstrich SP zum SVA-Nordmazedonien).

Aus Gründen des Vertrauensschutzes kann im Hinblick auf die Zahlung der Rente neben dem SVA-Nordmazedonien auch das SVA-Jugoslawien angewandt werden. Anders als das SVA-Nordmazedonien schließt das SVA-Jugoslawien die Zahlung von Arbeitsmarktrenten nicht aus.

Die Gebietsgleichstellungsnorm des Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien ist bei gewöhnlichem Aufenthalt in Serbien nicht nur auf Deutsche und serbische Staatsangehörige, sondern auch auf alle anderen Staatsangehörigen eines Nachfolgestaates der SFR Jugoslawien (und damit auch auf einen bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen) anzuwenden.

Unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 1 S. 1 SVA-Jugoslawien kann daher die Arbeitsmarktrente dem bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Serbien gezahlt werden, auch wenn die Voraussetzungen des § 43 SGB VI nur unter Berücksichtigung des SVA-Nordmazedonien erfüllt sind.

Gesetz zum Abkommen vom 30.09.1974 zur Änderung des Abkommens vom 12.10.1968

Inkrafttreten: 01.01.1975 (Abkommen), 05.04.1975 (Gesetz)

Quelle: BGBl. II 1975, S. 389 ff.

Das Zusatzabkommen änderte die Regelungen des Abkommens zur Entsendung (Art. 6 SVA-Jugoslawien) und zum Kindergeld (Art. 28 SVA-Jugoslawien) und fügte eine Regelung zur Krankenversicherung (Art. 15a SVA-Jugoslawien) ein.

Gesetz zu dem Abkommen vom 12.10.1968

Inkrafttreten: 01.09.1969 (Abkommen), 01.08.1969 (Gesetz)

Quelle: BGBl. II 1969, S. 1437 ff.

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 4 SVA-Jugoslawien sind nach Austausch der Ratifikationsurkunden zum 01.09.1969 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Art. 4 SVA-Jugoslawien