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§ 52 VersAusglG: Durchführung einer Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs

Änderungsdienst
veröffentlicht am

28.08.2023

Änderung

Änderung im Hinblick auf die Nichtanwendbarkeit im Zusammenhang mit der Grundrente (Abschnitte 2, 3.1.1, 3.5), Ergänzung von BGH-Rechtsprechung zur Antragsberechtigung (Abschnitt 3.1) sowie redaktionelle Änderungen.

Dokumentdaten
Stand31.07.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 52 VersAusglG

Version005.00

Inhalt der Regelung

In § 52 VersAusglG wird die Durchführung einer Abänderung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nach § 51 VersAusglG durch das Familiengericht geregelt. Betroffen von der Übergangsvorschrift sind Ausgangsentscheidungen über den Versorgungsausgleich, die noch auf der Grundlage des bis 31.08.2009 geltenden Rechts getroffen worden sind.

In Absatz 1 wird auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 226 FamFG verwiesen. In § 226 FamFG werden der antragsberechtigte Personenkreis, der frühestmögliche Zeitpunkt für die Antragstellung auf Abänderung, die mögliche Anwendung der Härtefallregelung (§ 27 VersAusglG), der Zeitpunkt der Wirkung der Abänderung sowie die Fortsetzung des Verfahrens nach dem Tod eines der geschiedenen Ehegatten während des Abänderungsverfahrens festgelegt.

Nach Absatz 2 haben die Versorgungsträger den Ehezeitanteil zusätzlich auch als Rentenbetrag zu berechnen.

Absatz 3 regelt eine Beitragsrückzahlung. Danach sind Beiträge, die zur Begründung von Anrechten zugunsten der ausgleichsberechtigten Person gezahlt wurden, unter Anrechnung der gewährten Leistungen zurückzuzahlen.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 52 VersAusglG ist im Zusammenhang mit den Regelungen des VersAusglG sowie den bis 31.08.2009 geltenden Regelungen des § 1587 ff. BGB, VAHRG, VAÜG und des SGB VI zu betrachten.

Der § 52 VersAusglG ergänzt § 51 VersAusglG und nimmt Bezug auf die Verfahrensvorschrift des § 226 FamFG.

Allgemeines

Die Norm regelt die Durchführung der Abänderung gerichtlicher Entscheidungen über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die auf der Grundlage des bis 31.08.2009 geltenden Rechts getroffen worden sind.

Hinweis:

Die Durchführung der Abänderung von Entscheidungen über den Wertausgleich bei der Scheidung nach dem ab 01.09.2009 geltenden Recht (§ 225 FamFG) ist in § 226 FamFG geregelt.

Eine Abänderungsentscheidung über den Versorgungsausgleich hat wie die Erstentscheidung rechtsgestaltende Wirkung. Diese tritt zwar erst mit der Rechtskraft der Entscheidung ein. Nach § 226 Abs. 4 FamFG wirkt die Abänderung jedoch auf den ersten Tag des Monats zurück, der auf den Monat der Antragstellung beim Familiengericht folgt (siehe Abschnitt 3.4).

Zum typischen Ablauf eines Abänderungsverfahrens nach den §§ 51, 52 VersAusglG siehe auch GRA zu § 51 VersAusglG, Abschnitt 2.3.

Die Abänderung einer Versorgungsausgleichsentscheidung, die noch auf der Grundlage des bis zum 31.08.2009 geltenden Rechts getroffen wurde, ist allein aufgrund des zum 01.01.2021 in Kraft getretenen Grundrentengesetzes vom 12.08.2020 (BGBl. I S. 1879) und damit gegebenenfalls zu berücksichtigenden Zuschlägen an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nicht möglich, weil die neue Entgeltpunkteart ("Grundrenten-Entgeltpunkte") in der Ausgangsentscheidung nicht enthalten war und insofern außer Betracht bleibt (BGH vom 01.03.2023, AZ: XII ZB 444/22, FamRZ 2023, 764-765). Die Rentenversicherungsträger folgen der Rechtsprechung des BGH (EGVA 1/2023, TOP 3).

Durchführung des Abänderungsverfahrens (Absatz 1)

Für die Durchführung eines Abänderungsverfahrens nach § 51 VersAusglG gilt § 226 FamFG entsprechend (siehe auch GRA zu § 226 FamFG). Darin sind

  • die Antragsberechtigung (Abschnitt 3.1),
  • der frühestmögliche Zeitpunkt der Antragstellung (Abschnitt 3.2),
  • die Anwendung der Härtefallbestimmung in § 27 VersAusglG (Abschnitt 3.3),
  • der Zeitpunkt der Wirkung der Abänderung (Abschnitt 3.4) sowie
  • der Fall geregelt, dass einer der Ehegatten während des Abänderungsverfahrens verstirbt (Abschnitt 3.6).

Im Falle des Todes eines geschiedenen Ehegatten nach der Ausgangsentscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ist im Rahmen eines Abänderungsverfahrens § 31 VersAusglG zu berücksichtigen (siehe GRA zu § 51 VersAusglG, Abschnitt 8).

Im Abänderungsverfahren sind – wie im Erstverfahren – die entscheidungserheblichen Tatsachen durch das Familiengericht von Amts wegen zu ermitteln (§ 26 FamFG). Der Amtsermittlungsgrundsatz gilt auch in einem Beschwerdeverfahren gegen eine familiengerichtliche Abänderungsentscheidung (BGH vom 05.06.2013, AZ: XII ZB 709/12, FamRZ 2013, 1289 ff.).

Antragsberechtigung

Die Antragsberechtigung für die Abänderung einer Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich auf der Grundlage des bis 31.08.2009 geltenden Rechts ergibt sich aus § 226 Abs. 1 FamFG (siehe GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 3). Danach sind die früheren Ehegatten, ihre Hinterbliebenen und die von der Abänderung betroffenen Versorgungsträger antragsberechtigt.

Ein Abänderungsverfahren kann nach dem Tod beider früherer Ehegatten auch durch Hinterbliebene des ausgleichspflichtigen Ehegatten beantragt werden (BGH vom 14.12.2022, AZ: XII ZB 318/22, FamRZ 2023, 358-361).

Den Versorgungsträgern wurde ein Antragsrecht eingeräumt, damit sie Versorgungsausgleichsentscheidungen nicht umsetzen müssen, die sich einseitig zu ihren Lasten auswirken würden. Das kann der Fall sein, wenn Leistungen zu erbringen sind, ohne dass eine adäquate Beitragszahlung oder Erstattung der Aufwendungen erfolgt.

In welchen Fällen die Rentenversicherungsträger ihr Antragsrecht gebrauchen, ist in Abschnitt 3.1.1 dargestellt.

Sozialhilfeträger sind nicht antragsberechtigt (BGH vom 18.01.2017, AZ: XII ZB 98/16, FamRZ 2017, 515).

Der Abänderungsantrag kann wieder zurückgenommen werden. Im Beschwerdeverfahren gegen eine familiengerichtliche Abänderungsentscheidung ist die wirksame Antragsrücknahme jedoch nur möglich, wenn der geschiedene Ehegatte und die beteiligten Versorgungsträger zustimmen (§ 22 Abs. 1 S. 2 FamFG; siehe auch Beschluss des OLG Celle vom 03.05.2013, AZ: 10 UF 88/12, FamRZ 2014, 211 ff.).

Abänderungsantrag durch Rentenversicherungsträger

Die Rentenversicherungsträger machen von ihrem Antragsrecht grundsätzlich keinen Gebrauch.

Lediglich in Einzelfällen, in denen sich die Verhältnisse nach einer Ausgangsentscheidung derart verändert haben, dass durch deren Umsetzung die Versichertengemeinschaft belastet wird, ist die Prüfung der Erfolgsaussichten eines Abänderungsantrages angezeigt. Das kann der Fall sein, wenn von den vorhandenen Entgeltpunkten des ausgleichspflichtigen Versicherten die Abschläge der Entgeltpunkte aus dem Versorgungsausgleich nicht vollständig abgezogen werden können, zum Beispiel aufgrund der Änderung des § 254d Abs. 3 SGB VI zum 01.01.2010 (vergleiche AGVA 2/2010, TOP 15.2) oder aufgrund einer Beitragserstattung nach § 286f SGB VI an eine berufsständische Versorgungseinrichtung, welche im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 (BGBl. I S. 2517) möglich ist.

Im Übrigen halten die Rentenversicherungsträger an ihrer zu § 10a VAHRG in der Fassung bis 31.08.2009 getroffenen Rechtsauffassung fest, grundsätzlich keinen Antrag auf Abänderung zu stellen (zum RV-Leistungsverbesserungsgesetz vom 23.06.2014 - vergleiche auch AGFAVR Sondersitzung vom 12.02.2014, TOP 3 Anlage 1).

Die Einführung der internen Teilung für Beamte eines Bundeslandes beziehungsweise für Kommunalbeamte nach einem Versorgungsausgleich ist für sich betrachtet kein Grund für einen Rentenversicherungsträger, einen Abänderungsantrag zu stellen (AGVA 1/2010, TOP 2).

Es besteht keine Verpflichtung der Rentenversicherungsträger, die geschiedenen Ehegatten in Bezug auf eine Antragstellung zur Abänderung des Versorgungsausgleichs zu beraten (vergleiche AGVA 2/2010, TOP 4, Abschnitt 2.5.3). Eine individuelle Beratung von Versicherten über eine Abänderung des Versorgungsausgleichs ist auch regelmäßig aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, da der Rentenversicherungsträger keine Kenntnis davon hat, in welcher Weise sich die Anwartschaften des anderen (früheren Ehegatten) entwickelt haben. Geht allerdings aus einer Anfrage eines Versicherten ein konkretes Beratungsbegehren hinsichtlich der Abänderung der Entscheidung über den Versorgungsausgleich hervor, so bleibt die Möglichkeit, allgemein über die Abänderung zu informieren.

Zeitpunkt für die Antragstellung

Der Antrag auf Abänderung eines öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs ist frühestens zwölf Monate vor dem Zeitpunkt zulässig, ab dem ein Ehegatte voraussichtlich eine laufende Versorgung aus dem abzuändernden Anrecht bezieht oder dies aufgrund der Abänderung zu erwarten ist (siehe GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 4).

Keine Abänderung bei grober Unbilligkeit

Eine Abänderung findet ausnahmsweise nicht statt, soweit deren Durchführung grob unbillig wäre (§ 226 Abs. 3 FamFG in Verbindung mit § 27 VersAusglG). Dies ist der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von einer Abänderung abzusehen. Das Familiengericht hat dabei die gesamten Umstände in dem jeweiligen Einzelfall zu prüfen. Zu berücksichtigen sind hierbei

  • die wirtschaftlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten, insbesondere der nacheheliche Erwerb von Anrechten,
  • die jeweilige Bedürftigkeit und
  • die Gründe für die Veränderung des Ehezeitanteils und des Ausgleichswerts.

Weitere Hinweise ergeben sich aus der GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 5.

Wirkung der Abänderungsentscheidung

Eine Abänderung wirkt ab dem ersten Tag des Monats, der dem Monat der Antragstellung folgt (§ 226 Abs. 4 FamFG).

Zeitpunkt der Antragstellung ist der Eingang des entsprechenden Antrags beim Familiengericht. Der Zeitpunkt, zu dem der Abänderungsantrag dem anderen geschiedenen Ehegatten zugestellt wird, ist unerheblich.

Die „Wirkung“ einer Abänderungsentscheidung ist vom Eintritt der „Wirksamkeit“ zu unterscheiden. Endentscheidungen, die den Versorgungsausgleich betreffen, werden erst mit der Rechtskraft wirksam (§ 224 Abs. 1 FamFG). So tritt zum Beispiel die Rechtskraft eines Beschlusses erst ein, wenn die Frist für die Einlegung eines zulässigen Rechtsmittels abgelaufen ist und kein Rechtsmittel eingelegt wurde (§ 45 FamFG). Ist eine Abänderungsentscheidung wirksam geworden, entfaltet sie ihre Wirkung ab dem Folgemonat der Antragstellung beim Familiengericht. Zu den Folgen einer Abänderung in der gesetzlichen Rentenversicherung siehe Abschnitt 3.5.

Auswirkungen einer Abänderungsentscheidung in der gesetzlichen Rentenversicherung

Die Einzelheiten des Vollzugs einer Abänderungsentscheidung richten sich nach den Vorschriften für die jeweiligen Versorgungssysteme. In der gesetzlichen Rentenversicherung sind die Vorschriften des SGB VI maßgebend. Eine Aufzählung der wesentlichen Regelungen enthalten die GRA zu § 10 VersAusglG, Abschnitt 5 und die GRA zu § 14 VersAusglG, Abschnitt 5.

Hat sich der Wert eines Anrechts seit dem Wirkungszeitpunkt einer Abänderung (§ 226 Abs. 4 FamFG) verändert und enthält die Beschlussformel der familiengerichtlichen Abänderungsentscheidung deshalb für dieses Anrecht unterschiedliche Beträge für den Ausgleichswert mit unterschiedlichen Berücksichtigungszeitpunkten, ergeben sich daraus auch unterschiedliche Zeitpunkte für die Berechnung von Renten. Derartige Fälle können zum Beispiel im Rahmen der Gesetzesänderung zur besseren Bewertung der Kindererziehung (sogenannte „Mütterrente“) ab 01.07.2014 und 01.01.2019 eintreten, wenn das Abänderungsverfahren vor dem Zeitpunkt der Rechtsänderung eingeleitet und die Entscheidung danach getroffen worden ist (siehe auch BGH vom 03.02.2016, AZ: XII ZB 313/15, FamRZ 2016, 791 ff.).

Siehe Beispiel 5

Nachstehend einige Beispiele zu den Auswirkungen einer Abänderungsentscheidung:

  • Erhöhung oder Minderung einer Rente nach einer Abänderungsentscheidung, grundsätzlich ohne Anwendung der sogenannten Schuldnerschutzregelung (vergleiche Abschnitt 3.5.1),
  • Änderungen bei der Anwendung von Anpassungsregelungen (vergleiche Abschnitt 3.5.2),
  • Anwendung des Rentnerprivilegs nach § 268a SGB VI (vergleiche Abschnitt 3.5.3),
  • Wartezeiterfüllung durch Abänderungsentscheidung/Rentenantragstellung/Frist für Rentenantrag (vergleiche Abschnitt 3.5.4),
  • Rückzahlung von Beiträgen:
    • zur Abwendung der Kürzung (Wiederauffüllungsbeiträge); vergleiche Abschnitt 3.5.5,
    • zur Begründung von Anrechten zugunsten der ausgleichsberechtigten Person (vergleiche Abschnitt 5),
    • zur „Ablösung“ der Erstattungspflicht, wenn ein Versorgungsträger aufgrund der Begründung von Anrechten (zum Beispiel nach § 1587b Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 3 VAHRG) die Aufwendungen des Rentenversicherungsträgers durch Zahlung eines einmaligen Betrags „abgelöst“ hat (§ 225 Abs. 2 S. 1 SGB VI). Bei einer Verminderung oder dem Wegfall des begründeten Anrechts aufgrund einer Abänderung der Versorgungsausgleichsentscheidung sind zu viel gezahlte Beträge an den Versorgungsträger unter Anrechnung erbrachter Leistungen zurückzuzahlen (§ 225 Abs. 2 S. 3 SGB VI); siehe GRA zu § 225 SGB VI, Abschnitt 10.7).

Erhöhung oder Minderung einer Rente nach einer Abänderungsentscheidung

Die Erhöhung oder Minderung einer Rente nach einer Abänderungsentscheidung richtet sich nach § 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI (siehe GRA zu § 101 SGB VI, Abschnitt 5.2).

Von der im Zusammenhang mit der Aufhebung von Rentenbescheiden stehenden sogenannten Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) machen die Rentenversicherungsträgern regelmäßig keinen Gebrauch (siehe GRA zu § 30 VersAusglG, Abschnitt 2.2).

Siehe Beispiele 1 und 2

Anwendung von Anpassungsregelungen

Wird in einer laufenden Rentenzahlung die Kürzung durch den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise durch eine Anpassung wegen Unterhalt ausgesetzt (§ 33 VersAusglG) und ergibt sich dann durch die Abänderung des Versorgungsausgleichs ein geringerer Kürzungsbetrag bei der laufenden Rente, kann nach Auffassung der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Begrenzung des Anpassungsbetrags wegen Unterhalt auf die Rentenkürzung erforderlich sein. Ein Anpassungsbetrag darf insoweit die maximal zulässige Rentenkürzung aufgrund des Versorgungsausgleichs nicht überschreiten (siehe auch AGVA 3/2010, TOP 3 und GRA zu § 33 VersAusglG). Nach anderer Auffassung steht jedoch die Bindungswirkung der familiengerichtlichen Anpassungsentscheidung einer nachträglichen Kürzung des Anpassungsbetrags durch den Rentenversicherungsträger entgegen (Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 30.04.2020, AZ: L 10 R 1177/16, juris und Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 23.03.2021, AZ: L 14 R 650/12, Rz. 41, juris).

Sofern die in der gesetzlichen Rentenversicherung belastete Person durch die Abänderung des Versorgungsausgleichs in einem Versorgungssystem außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte erworben hat, die aus einem Regelsicherungssystem stammen und aus denen sie noch keine Leistungen beziehen kann, ist bei der Rente vor Erreichen der Regelaltersgrenze die Aussetzung der Rentenkürzung aufgrund einer Anpassung wegen Invalidität der ausgleichspflichtigen Person oder einer für sie geltenden besonderen Altersgrenze möglich (siehe GRA zu § 35 VersAusglG). Diese Anpassung gilt in Fällen, in denen die ausgleichspflichtige Person in einem anderen Versorgungssystem gleichzeitig ausgleichsberechtigt ist.

Siehe Beispiel 4

Eine Veränderung der Rentenminderung durch eine Abänderung des Wertausgleichs bei laufender Anpassung nach § 35 VersAusglG in der Rentenzahlung ist nur bei einer abzuändernden Ausgangsentscheidung auf der Grundlage des ab 01.09.2009 geltenden Rechts (mit einem sog. Hin-und-her-Ausgleich) möglich (siehe GRA zu § 225 FamFG und GRA zu § 226 FamFG).

Bei einer laufenden Anpassung wegen Tod (§§ 37, 38 VersAusglG) oder einer Aussetzung der Rentenkürzung aufgrund der Vorgängerregelung (§ 4 VAHRG) dürfte die Frage einer Abänderung mit Totalrevision regelmäßig keine praktische Bedeutung haben, weil aufseiten des überlebenden ausgleichspflichtigen Ehegatten keine Rentenkürzung besteht.

Anwendung des Rentnerprivilegs nach § 268a SGB VI

Bezieht die durch die Abänderungsentscheidung belastete Person bereits Rente und wird an die begünstigte Person noch keine Rente gezahlt, bleibt in Übergangsfällen der Zahlbetrag der Rente so lange besitzgeschützt, bis auch die ausgleichsberechtigte Person Rentner wird (§ 268a Abs. 2 SGB VI). Die Anwendung der Übergangsregelung des § 268a Abs. 2 SGB VI (sogenanntes Rentnerprivileg) ist nur möglich, wenn der Abänderungsantrag vor dem 01.09.2009 bei dem Familiengericht eingegangen ist und die Rente der belasteten Person vor dem 01.09.2009 begonnen hat (siehe GRA zu § 268a SGB VI, Abschnitt 4.4).

Wird nach dem 31.08.2009 ein Abänderungsverfahren eingeleitet und eine Abänderung des Versorgungsausgleichs durchgeführt, endet das Rentnerprivileg, bezogen auf die entsprechende Ehezeit (siehe GRA zu § 268a SGB VI, Abschnitt 4.6.1).

Wartezeiterfüllung durch Abänderungsentscheidung und Antragsfrist für die Rente

Bei einer Abänderung des Versorgungsausgleichs kann die ausgleichsberechtigte Person (zusätzliche) Wartezeitmonate erwerben (siehe GRA zu § 52 SGB VI, Abschnitt 3.2.2). Liegen die Voraussetzungen für eine Leistungsgewährung (zum Beispiel das entsprechende Lebensalter) bis auf die erforderliche Wartezeit bereits vor und wird die Wartezeit erst durch die Abänderungsentscheidung erfüllt, kann bei rechtzeitiger Antragstellung die Rente ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung für die Abänderung folgt, beginnen. Zahlungsansprüche aufgrund des Versorgungsausgleichs waren bis 31.05.2021 durch die Anwendung der sogenannten Schuldnerschutzregelung erst nach Ende der Übergangszeit (§ 30 Abs. 2 VersAusglG) möglich. Ab dem 01.06.2021 verzichten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Geltendmachung des Schuldnerschutzes (siehe GRA zu § 30 VersAusglG, Abschnitt 2.2).

Für die rechtzeitige Rentenantragstellung gilt Folgendes:

Der Rentenversicherungsträger weist bei einem Anspruch auf Regelaltersrente auf die Möglichkeit einer Rentenantragstellung hin (§ 115 Abs. 6 SGB VI). Die Information erfolgt durch einen individuellen Hinweis oder im Rahmen einer Rentenauskunft, wenn durch die Abänderung einer familiengerichtlichen Entscheidung erstmals die Wartezeit für einen Rentenanspruch erfüllt wird. Wird der Rentenantrag innerhalb von drei Kalendermonaten nach Zugang der Rentenauskunft unter Einbeziehung der Abänderungsentscheidung gestellt, kann die Rente zum frühestmöglichen Zeitpunkt beginnen (vergleiche AGVA 1/2013, TOP 3 und AGVA 2/2013, TOP 17.2). Das heißt, die Antragsfrist des § 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI beginnt regelmäßig mit dem Zugang der Rentenauskunft beim Versicherten.

Siehe Beispiel 3

Hinweis:

Mindert sich durch die Abänderungsentscheidung der Zuschlag an Entgeltpunkten oder der Zuwachs an Entgeltpunkten, entfällt eine bereits von der ausgleichsberechtigten Person erfüllte Wartezeit nicht (§ 52 Abs. 1 S. 4 SGB VI). Waren beispielsweise aufgrund der Ausgangsentscheidung 60 Monate für die Wartezeit festgestellt worden und ergeben sich nach der Abänderungsentscheidung nur noch 50 Monate, dann gilt die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten weiter als erfüllt.

Rückzahlung von Beiträgen zur Abwendung der Kürzung an versicherte Person

Hat die ausgleichspflichtige Person ihre aufgrund der Ausgangsentscheidung um einen Abschlag an Entgeltpunkten geminderten Rentenanrechte durch Beitragszahlung wieder aufgefüllt (§ 187 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) und hat sich der Abschlag durch die Abänderungsentscheidung gemindert, sind die zu viel gezahlten Beiträge unter Anrechnung der an die ausgleichspflichtige Person gewährten Leistungen zurückzuzahlen (§ 187 Abs. 7 SGB VI); siehe GRA zu § 187 SGB VI, Abschnitt 10.

Zur Beitragsrückzahlung aus der Versicherung der ausgleichsberechtigten Person siehe Abschnitt 5.

Rückzahlung an Versorgungsträger

Eine Rückzahlung nach § 187 Abs. 7 SGB VI kommt entsprechend in Betracht, wenn der Versorgungsträger aufgrund einer Entscheidung des Familiengerichts über die Begründung von Rentenanwartschaften zugunsten der ausgleichsberechtigten Person (§ 1587b Abs. 2 BGB, §§ 1 Abs. 3, 3b Abs. 1 VAHRG jeweils in der Fassung bis 31.08.2009) einen Abfindungsbetrag gezahlt hat und das begründete Anrecht durch die Abänderungsentscheidung gemindert wurde oder weggefallen ist (§ 225 Abs. 2 S. 3 SGB VI); siehe GRA zu § 225 SGB VI.

Tod eines Ehegatten

Aus § 226 Abs. 5 FamFG ergibt sich eine Regelung für den Fall, dass einer der geschiedenen Ehegatten während des Abänderungsverfahrens vor dessen Abschluss verstirbt. Zur Fortsetzung des Verfahrens in diesen Fällen siehe GRA zu § 226 FamFG, Abschnitt 7.

Verstirbt einer der geschiedenen Ehegatten nach der rechtskräftigen Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich, ist, sofern die Voraussetzungen für die Abänderung erfüllt werden und ein Abänderungsverfahren eingeleitet wird, für die Teilung der Anrechte § 31 VersAusglG zu beachten (siehe GRA zu § 51 VersAusglG, Abschnitt 8).

Berechnung des Ehezeitanteils als Rentenbetrag (Absatz 2)

Nach § 52 Abs. 2 VersAusglG muss der Versorgungsträger den Ehezeitanteil des abzuändernden Anrechts in den Fällen des § 51 Abs. 2 VersAusglG auch als Rentenbetrag mitteilen, wenn es sich bei der für ihn maßgebenden Bezugsgröße im Sinne des § 5 Abs. 1 VersAusglG nicht um einen Rentenbetrag handelt. Gerichtliche Entscheidungen über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich auf der Grundlage des bis 31.08.2009 geltenden Rechts basierten auf monatlichen Rentenwerten. Um vergleichen zu können, ob sich der monatliche Rentenwert ‘wesentlich’ im Sinne des § 51 Abs. 2 VersAusglG geändert hat, ist eine ergänzende Mitteilung notwendig.

In der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht der Ehezeitanteil in Form von Entgeltpunkten dem Wert einer Regelaltersrente zum Ende der Ehezeit. In den Auskünften der Deutschen Rentenversicherung wird der Rentenbetrag für den Ehezeitanteil und den vorgeschlagenen Ausgleichswert (die Hälfte des jeweiligen Ehezeitanteils) ausgewiesen. Zur Berechnung des Ehezeitanteils als Rentenleistung vergleiche GRA zu § 39 VersAusglG, Abschnitt 7.2 oder GRA zu § 41 VersAusglG, Abschnitt 8.2.

Beitragsrückzahlung (Absatz 3)

Nach § 52 Abs. 3 VersAusglG sind Beiträge, die zur Begründung von Anrechten zugunsten der ausgleichsberechtigten Person gezahlt wurden, unter Anrechnung der gewährten Leistungen zurückzuzahlen.

Unter der Ausgleichssystematik des bis 31.08.2009 geltenden Rechts konnte die ausgleichspflichtige Person durch gerichtliche Anordnung im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs verpflichtet werden, zum Ausgleich eines Anrechts außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung Beiträge für die ausgleichsberechtigte Person zur Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen (§1587b Abs. 3 BGB, § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG). Eine Beitragszahlung war auch aufgrund einer gerichtlich genehmigten Vereinbarung gemäß § 1587o BGB in Verbindung mit § 187 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI möglich.

Werden derartige Entscheidungen abgeändert, indem das Anrecht nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG geteilt wird, sind die gezahlten Beiträge unter Anrechnung von daraus erbrachten Leistungen zurückzuzahlen. Anzurechnen sind alle Leistungen aus der Versicherung der ausgleichsberechtigten Person, die bis zum Ende des Vormonats erbracht wurden, in dem die Abänderungsentscheidung wirkt (§ 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI in Verbindung mit § 226 Abs. 4 FamFG). Hierzu gehören unter anderem folgende Leistungen, die aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht erbracht wurden:

  • Versichertenrenten,
  • Leistungen zur Teilhabe,
  • Hinterbliebenenrenten.

Wurde bis 31.05.2021 die sogenannte Schuldnerschutzregelung angewendet, sind innerhalb der Schuldnerschutzfrist (§ 30 VersAusglG) gezahlte Leistungen aus der Versicherung der ausgleichsberechtigten Person für die Anrechnung mit heranzuziehen (vergleiche auch AGVA 1/2010, TOP 2). Ab dem 01.06.2021 verzichten die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Geltendmachung des Schuldnerschutzes (siehe GRA zu § 30 VersAusglG, Abschnitt 2.2).

Für die Ermittlung der Höhe des anzurechnenden Betrags gelten die Ausführungen in der GRA zu § 37 VersAusglG, Abschnitt 3.4 entsprechend. Bei einer Rückzahlung nach § 52 Abs. 3 VersAusglG kommt es – im Gegensatz zu § 37 Abs. 1 S. 2 VersAusglG – nicht darauf an, ob das Anrecht aus einem Regelsicherungssystem (§ 32 VersAusglG) stammt.

Die Beitragsrückzahlung erfolgt grundsätzlich an die Person, die die Einzahlung vorgenommen hat, gegebenenfalls auch an die Erben des Einzahlers.

Die Rückzahlungsverpflichtung ergibt sich als Rechtsfolge der Abänderung. Ein Antrag ist nicht erforderlich. Für die Verzinsung der zurückgezahlten Beiträge sind die Grundgedanken des § 44 Abs. 2 SGB I entsprechend anwendbar (siehe auch BSG vom 13.10.1983, AZ: 11 RA 49/82, SozR 1200 § 44 Nr. 9). Eine Verzinsung kommt insofern frühestens nach dem Eintritt der Fälligkeit des Rückzahlungsbetrags (Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung) in Frage und nicht vom Zeitpunkt der Einzahlung des Beitrags durch die seinerzeit ausgleichspflichtige Person an (siehe auch Beschluss des OLG Hamm vom 14.10.2015, AZ: 13 UF 119/14, juris, und BGH vom 09.05.2018, AZ: XII ZB 391/17, FamRZ 2018, 302 ff.).

Siehe Beispiel 6

Nicht anwendbar ist die Regelung für Beitragszahlungen, die zwar im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich vereinbart wurden oder bei denen die gesetzliche Rentenversicherung als Versorgungsträger gewählt wurde (§ 1587o BGB, § 1587l BGB in der Fassung bis 31.08.2009), die jedoch nach den allgemeinen Beitragszahlungsregelungen der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführt worden sind (zum Beispiel §§ 7, 207, 282 SGB VI).

Weitere Rückzahlungen im Zusammenhang mit einer Abänderung betreffen:

Beispiel 1: Erhöhung oder Minderung einer Rente nach der Abänderung des Versorgungsausgleichs - bisher Quasi-Splitting nunmehr interne Teilung

(Beispiel zu Abschnitt 3.5.1)

Leistungsbezug bei beiden geschiedenen Ehegatten; ein Ehegatte ist Bundesbeamter

Ehezeitanteile von Ehegatte 1 (E 1) und Ehegatte 2 (E 2) bei der Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich:

E 1:

Beamtenversorgung (Bundesbeamter) in Höhe von 1.000,00 EUR

E 2:

gesetzliche RV in Höhe von 200,00 EUR

Der Wertausgleich erfolgte zulasten der Beamtenversorgung von E 1 durch Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen RV zugunsten von E 2 (§ 1587b Abs. 2 BGB in der Fassung bis 31.08.2009) in Höhe von 400 EUR (1.000,00 EUR minus 200,00 EUR gleich 800,00 EUR; 800,00 EUR geteilt durch 2 gleich 400,00 EUR).

Nach der rechtskräftigen Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich hat E 1 in der Beamtenversorgung eine monatliche Anwartschaft von 600,00 EUR und E 2 in der gesetzlichen Rentenversicherung eine monatliche Anwartschaft von 600,00 EUR für die Ehezeit.

Ehezeitanteile bei der Abänderungsentscheidung aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Veränderungen:

E 1:

Beamtenversorgung (Bundesbeamter) in Höhe von 900,00 EUR

E 2:

gesetzliche RV 10 EP ist gleich 300,00 EUR

(in diesem Beispiel entspricht 1 EP 30,00 EUR/Monat)

Der Wertausgleich wird durch interne Teilung (§ 10 VersAusglG) durchgeführt:

E 1:

gesetzliche RV: plus 5 EP
Beamtenversorgung (Bundesbeamter): minus 450,00 EUR

Ergebnis der Abänderung beim Ehegatten E 1 (68 Jahre alt):

  • Die monatliche Versorgung vermindert sich statt bisher um 400,00 EUR nunmehr um 450,00 EUR.
  • In der gesetzlichen RV besteht ein Anspruch auf Regelaltersrente, da nun die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Der Rentenbeginn richtet sich nach dem Zeitpunkt der Antragstellung. Vgl. hierzu insgesamt Abschnitt 3.5.4.

E 2:

gesetzliche RV: minus 5 EP
Beamtenversorgung (BVersTG): plus 450,00 EUR

Ergebnis der Abänderung beim Ehegatten E 2:

  • Die monatliche Rente vermindert sich, weil:
    • die Begründung von 400,00 EUR entfällt und
    • durch interne Teilung ein Abschlag von 5 Entgeltpunkten zu berücksichtigen ist.
  • Bei dem Beamtenversorgungsträger besteht ein Anspruch nach § 2 BVersTG.

Frage:

Welche Veränderung ergibt sich für die Rentenzahlung(en) nach Eintritt der Wirksamkeit der Abänderung des Versorgungsausgleichs?

Lösung:

Die Minderung der Rente an E 2 unter Berücksichtigung:

  • der weggefallenen Begründung von 400,00 EUR und
  • des Abschlags von 5 Entgeltpunkten

richtet sich – ohne Anwendung der Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) – nach dem Zeitpunkt, auf den die Abänderungsentscheidung zurückwirkt (§ 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI/§ 226 Abs. 4 FamFG).

Die Erhöhung oder Zahlung der Rente an E 1 aus dem Zuschlag von 5 Entgeltpunkten aufgrund der internen Teilung richtet sich – ohne Anwendung der Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) – nach dem Zeitpunkt, auf den die Abänderungsentscheidung zurückwirkt (§ 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI/§ 226 Abs. 4 FamFG), wenn der Antrag rechtzeitig gestellt worden ist.

Beispiel 2: Erhöhung oder Minderung einer Rente nach der Abänderung des Versorgungsausgleichs - bisher Quasi-Splitting nunmehr externe Teilung

(Beispiel zu Abschnitt 3.5.1)

Leistungsbezug bei beiden geschiedenen Ehegatten; ein Ehegatte ist Landesbeamter

Ehezeitanteile von Ehegatte 1 (E 1) und Ehegatte 2 (E 2) bei der (Erst-) Entscheidung über den Versorgungsausgleich:

E 1:

Beamtenversorgung (Landesbeamter) in Höhe von 1.000,00 EUR

E 2:

gesetzliche RV in Höhe von 200,00 EUR

Der Wertausgleich erfolgte zulasten der Beamtenversorgung von E 1 durch Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen RV zugunsten von E 2 (§ 1587b Abs. 2 BGB in der Fassung bis 31.08.2009) in Höhe von 400,00 EUR (1.000,00 EUR minus 200,00 EUR gleich 800,00 EUR; 800,00 EUR geteilt durch 2 gleich 400,00 EUR).

Nach der rechtskräftigen Ausgangsentscheidung über den Versorgungsausgleich hat E 1 in der Beamtenversorgung eine monatliche Anwartschaft von 600,00 EUR und E 2 in der gesetzlichen Rentenversicherung eine monatliche Anwartschaft von 600,00 EUR für die Ehezeit.

Ehezeitanteile bei der Abänderungsentscheidung aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Veränderungen:

E 1:

Beamtenversorgung (Landesbeamter) in Höhe von 900,00 EUR

E 2:

gesetzliche RV 10 EP ist gleich 300,00 EUR

(in diesem Beispiel entspricht 1 EP 30,00 EUR/Monat)

Der Wertausgleich wird wie folgt durchgeführt:

E 1:

gesetzliche RV durch interne Teilung (§ 10 VersAusglG): plus 5 EP
Beamtenversorgung (Landesbeamter) durch externe Teilung (§ 16 VersAusglG): minus 450,00 EUR

Ergebnis der Abänderung beim Ehegatten E 1 (68 Jahre alt):

  • Die monatliche Versorgung vermindert sich statt bisher um 400,00 EUR nunmehr um 450,00 EUR.
  • In der gesetzlichen RV besteht ein Anspruch auf Regelaltersrente durch weitere Wartezeitmonate (siehe Abschnitt 3.5.4).

E 2:

gesetzliche RV durch interne Teilung (§ 10 VersAusglG): minus 5 EP
gesetzliche RV durch externe Teilung (§ 16 VersAusglG): plus 450,00 EUR

Ergebnis der Abänderung beim Ehegatten E 2:

  • Die monatliche Rente vermindert sich im Ergebnis um 100,00 EUR:
    • die Begründung erhöht sich zwar von 400,00 EUR auf 450,00 EUR, jedoch ist
    • erstmals eine interne Teilung mit einem Abschlag von 5 Entgeltpunkten (ist gleich 150,00 EUR) zu berücksichtigen.

Frage:

Welche Veränderung ergibt sich für die Rentenzahlung(en) nach Eintritt der Wirksamkeit der Abänderung des Versorgungsausgleichs?

Lösung:

Die Erhöhung der Rente an E 2 unter Berücksichtigung der Begründung von 450,00 EUR statt bisher von 400,00 EUR richtet sich – ohne Anwendung der Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) – nach dem Zeitpunkt, auf den die Abänderungsentscheidung zurückwirkt (§ 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI/§ 226 Abs. 4 FamFG).

Die Minderung der Rente an E 2 unter Berücksichtigung des Abschlags von 5 Entgeltpunkten richtet sich – ohne Anwendung der Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) – nach dem Zeitpunkt, auf den die Abänderungsentscheidung zurückwirkt (§ 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI/§ 226 Abs. 4 FamFG).

Die Erhöhung oder Zahlung der Rente an E 1 aus dem Zuschlag von 5 Entgeltpunkten aufgrund der internen Teilung richtet sich – ohne Anwendung der Schuldnerschutzregelung (§ 30 VersAusglG) – nach dem Zeitpunkt, auf den die Abänderungsentscheidung zurückwirkt (§ 101 Abs. 3 S. 3 SGB VI/§ 226 Abs. 4 FamFG), wenn der Antrag rechtzeitig gestellt worden ist.

Beispiel 3: Erfüllung der Wartezeit durch die Abänderung - Frist für den Rentenantrag

(Beispiel zu Abschnitt 3.5.4)

Ehegatte (E 1) ist Beamter (68 Jahre alt) und erwirbt durch die Abänderung des Versorgungsausgleichs im Wege der internen Teilung bei der gesetzlichen RV einen Rentenanspruch. Die Wartezeit von fünf Jahren wird durch die übertragenen Anrechte erfüllt.

Antrag auf Abänderung beim Familiengericht am: 14.02.2014

Entscheidung über die Abänderung durch das Familiengericht am: 17.07.2014

Wirksamkeit der Abänderungsentscheidung am: 21.08.2014

Eingang der Rechtskraftmitteilung beim Rentenversicherungsträger am: 01.09.2014

Mitteilung des Rentenversicherungsträgers mit Rentenauskunft an E 1 am: 11.09.2014

Rentenantrag von E 1 am: 19.12.2014

Frage:

Zu welchem Zeitpunkt kann die Rente beginnen?

Lösung:

Die Frist für die Rentenantragstellung (§ 99 Abs. 1 S. 1 SGB VI) beginnt am: 01.10.2014

und endet am: 31.12.2014.

Der Rentenantrag wurde vor dem Ablauf der Frist am 31.12.2014 gestellt.

Die Regelaltersrente beginnt ab: 01.03.2014

Die Abänderung wirkt ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Antragstellung beim Familiengericht folgt (siehe § 52 Abs. 1 VersAusglG in Verbindung mit § 226 Abs. 4 FamFG).

Beispiel 4: Anwendung von Anpassungsregelungen

(Beispiel zu Abschnitt 3.5.2)

Der durch die Abänderung (sogenannte „Totalrevision“) belastete Ehegatte hat bei anderen Versorgungsträgern Anrechte erworben - ohne dort Leistungen beziehen zu können.

Nach der Abänderung des Versorgungsausgleichs hat der Ehegatte E 1, der eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, folgende Anrechte erworben beziehungsweise abgegeben (der Wert ist in diesem Beispiel jeweils in EUR/Monat angegeben):

  • gesetzliche Rentenversicherung: minus 200,00 EUR,
  • berufsständische Versorgung: plus 80,00 EUR,
  • private Lebensversicherung: plus 50,00 EUR.

Aus der berufsständischen Versorgung und der privaten Lebensversicherung können Leistungen erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze bezogen werden.

Frage:

Wäre eine Anpassung (§§ 32 ff. VersAusglG) möglich?

Lösung:

Eine Anpassung nach § 35 VersAusglG wäre möglich, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wird. Die Rentenversicherungsträger weisen bei der Umsetzung von Entscheidungen über den Wertausgleich bei der Scheidung und entsprechenden Abänderungsentscheidungen in allgemeiner Form auf die Anpassungsregelungen (§ 33 ff. VersAusglG) hin.

Die um 200,00 EUR gekürzte Erwerbsminderungsrente könnte dann um einen Anpassungsbetrag von 80,00 EUR erhöht werden. Der genaue Wert des nicht aktivierbaren Bonus wäre vor der Anpassung beim Versorgungsträger zu ermitteln.

Die nicht aktivierbare Leistung aus der privaten Lebensversicherung (50,00 EUR) spielt bei der Anpassung keine Rolle, weil es sich nicht um ein Regelsicherungssystem (§ 32 VersAusglG) handelt.

Zur konkreten Ermittlung des Anpassungsbetrags siehe GRA zu § 35 VersAusglG.

Beispiel 5: Unterschiedliche Berücksichtigungszeitpunkte für die Höhe eines Anrechts

(Beispiel zu Abschnitt 3.5)

Die früheren Ehegatten (E 1) und (E 2) sind Rentenbezieher. In der Versicherung von E 2 sind für drei vor dem 01.01.1992 und in der Ehezeit geborene Kinder Kindererziehungszeiten anerkannt worden, die mit Entgeltpunkten bewertet wurden.

Der frühere Ehegatte (E 1) stellt einen Abänderungsantrag beim Familiengericht am: 10.09.2018.

Das Familiengericht entscheidet über die Abänderung der Erstentscheidung am: 28.03.2019

und ändert diese ab, mit Wirkung vom (§ 226 Abs. 4 FamFG): 01.10.2018.

Frage:

Was ist bei der Beschlussformel des Familiengerichts zu beachten?

Lösung:

Weil der Zuschlag an Entgeltpunkten nach § 307d Abs. 1 SGB VI in der Fassung ab 01.01.2019 für die drei Kinder („Mütterrente II“) von E 2 erst ab 01.01.2019 gewährt wird, ist für das Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung in Form von Entgeltpunkten eine zeitlich geteilte Beschlussformel erforderlich:

„… mit Wirkung ab 01.10.2018 bis zum 31.12.2018 werden zulasten von E 2 und zugunsten von E 1 … Entgeltpunkte übertragen …“

„… mit Wirkung ab 01.01.2019 werden zulasten von E 2 und zugunsten von E 1 … Entgeltpunkte übertragen …“

Bei der rentenrechtlichen Umsetzung der Versorgungsausgleichsentscheidung sind die unterschiedlichen Zeitpunkte zu berücksichtigen, nachdem die Abänderungsentscheidung rechtskräftig geworden ist.

Beispiel 6: Rückzahlung von Beiträgen nach Abänderung des Versorgungsausgleichs (Zinsen)

(Beispiel zu Abschnitt 5)

Eingang der Rechtskraftmitteilung des Familiengerichts beim Rentenversicherungsträger („Fälligkeit im Sinne des § 41 SGB I“) am: 19.12.2018.

Bescheid über die Höhe der zurückzuzahlenden Beiträge vom: 25.01.2019.

Bekanntgabe des Rückzahlungsbescheids am: 28.01.2019.

Auszahlung des Rückzahlungsbetrags am: 06.02.2019.

Frage:

Ab welchem Zeitpunkt wäre eine Verzinsung des Rückzahlungsbetrags erforderlich gewesen?

Lösung:

Ablauf des Kalendermonats nach dem Eintritt der Fälligkeit (§ 44 Abs. 1 SGB I) am: 31.01.2019.

Beginn des Zinszeitraums (§ 44 Abs. 1 SGB I) am: 01.02.2019.

Ablauf des Kalendermonats nach Bekanntgabe des Rückzahlungsbescheids (§ 44 Abs. 2 Halbs. 2 SGB I) am: 28.02.2019.

Beginn des Zinszeitraums (§ 44 Abs. 2 Halbs. 2 SGB I) am: 01.03.2019.

Eine Verzinsung würde erst ab 01.03.2019 (späterer Zeitpunkt aus § 44 Abs. 1 beziehungsweise Abs. 2 Halbs. 2 SGB I) infrage kommen.

Da die Auszahlung des Rückzahlungsbetrags bereits am 06.02.2019 erfolgte, besteht kein Zinsanspruch.

Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 343/08, BT-Drucksache 16/10144

Artikel 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) beinhaltet das Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 52 VersAusglG