§ 2 VersAusglG: Auszugleichende Anrechte
veröffentlicht am |
09.10.2023 |
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Änderung | redaktionelle Überarbeitung der GRA, Ergänzung aktueller Rechtsprechung zum Grundrentengesetz im Abschnitt 7.1.1. |
Stand | 05.09.2023 |
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Erstellungsgrundlage | in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 005.00 |
- Inhalt der Regelung
- Allgemeines
- Auszugleichende Anrechte (Absatz 1)
- Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Anrechts in den Versorgungsausgleich (Absatz 2)
- Keine zeitlichen Voraussetzungen (Absatz 3)
- Kein güterrechtlicher Ausgleich (Absatz 4)
- Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung
Inhalt der Regelung
§ 2 VersAusglG regelt, welche Anrechte dem Versorgungsausgleich unterfallen.
Absatz 1 legt fest, welche Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen grundsätzlich in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind.
Absatz 2 konkretisiert die Voraussetzungen, nach denen ein Anrecht im Sinne des Absatzes 1 auszugleichen ist.
Nach Absatz 3 unterliegt eine Anwartschaft auch dann dem Versorgungsausgleich, wenn eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit oder Mindestversicherungszeit noch nicht erfüllt ist.
Absatz 4 bestimmt, dass für ein Anrecht im Sinne des VersAusglG ein güterrechtlicher Ausgleich nicht stattfindet.
Hinweis:
Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
§ 2 VersAusglG steht im Zusammenhang mit
- § 1 Abs. 1 VersAusglG und § 3 Abs. 1 VersAusglG, wonach die in der Ehezeit erworbenen Anrechte der Ehegatten jeweils zur Hälfte auszugleichen sind,
- § 32 VersAusglG, der die Anrechte aus Regelsicherungssystemen benennt und
- § 5 VersAusglG und § 39 VersAusglG bis § 46 VersAusglG, die Vorschriften für die Wertermittlung bestimmter ehezeitlicher Anrechte enthalten.
Allgemeines
§ 2 VersAusglG bestimmt, welche Anrechte dem Versorgungsausgleich unterfallen und daher grundsätzlich auszugleichen sind.
Ob und in welcher Höhe die auf die Ehezeit entfallenden Versorgungsanrechte der Ehegatten in den Versorgungsausgleich einzustellen sind, entscheidet das Familiengericht auf der Grundlage der Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger. Das Familiengericht ist dabei nicht an die Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger nach § 5 VersAusglG gebunden, sondern vielmehr im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 26 FamFG) verpflichtet, die im Verfahren zum Versorgungsausgleich eingeholten Auskünfte selbständig auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit hin zu überprüfen. Es hat dabei auch die Vorschriften bei kurzer Ehedauer (§ 3 VersAusglG), zur Geringfügigkeit (§ 18 VersAusglG), zur Ausgleichsreife von Anrechten (§ 19 VersAusglG) und zur Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) sowie etwaige Vereinbarungen der Ehegatten nach den §§ 6 bis 8 VersAusglG zu beachten.
Ist ein in der Ehezeit erworbenes Anrecht im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht mehr oder nicht mehr vollständig vorhanden, kann es auch nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeglichen werden (BGH vom 11.09.2019, AZ: XII ZB 627/15).
Gepfändete oder sicherungshalber abgetretene Anrechte unterliegen grundsätzlich dem Versorgungsausgleich. Zu diesem Thema gibt es umfangreiche Rechtsprechung (BGH vom 16.12.2020, AZ: XII ZB 28/20; BGH vom 21.11.2013, AZ: XII ZB 613/12; BGH vom 07.08.2013, AZ: XII ZB 673/12). Hinsichtlich gepfändeter oder abgetretener Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung wird auf Abschnitt 7 verwiesen.
Für die Überprüfung familiengerichtlicher Entscheidungen über den Versorgungsausgleich und die Statthaftigkeit einer Beschwerde gelten die Ausführungen in der GRA zu § 59 FamFG.
Auszugleichende Anrechte (Absatz 1)
Nach § 2 Abs. 1 Halbs. 1 VersAusglG sind grundsätzlich alle im In- oder Ausland bestehenden Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen als Anrechte in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
In § 2 Abs. 1 VersAusglG sind die häufigsten Versorgungssysteme, in denen auszugleichende Anrechte bestehen können, genannt. Die Aufzählung orientiert sich am sog. "Drei-Säulen-Modell" und umfasst die gesetzlichen Regelsicherungssysteme (Säule 1), die betriebliche Altersversorgung (Säule 2) und die private Alters- und Invalidenversorgung (Säule 3):
- Gesetzliche Regelsicherungssysteme:
- Gesetzliche Rentenversicherung,
- Beamtenversorgung,
- berufsständische Versorgungswerke
- Alterssicherung der Landwirte;
- betriebliche Altersversorgung;
- private Alters- und Invaliditätsvorsorge.
Die Auflistung in § 2 Abs. 1 VersAusglG ist nicht abschließend.
So sind auch Anrechte aus Versorgungen bei ausländischen Versorgungsträgern oder über- und zwischenstaatlichen Organisationen in den Versorgungsausgleich einzubeziehen.
Anrechte, die von vornherein nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind, sind im Abschnitt 4.4 aufgeführt.
Anrechte der gesetzlichen Regelsicherungssysteme
Gesetzliche Rentenversicherung
Hinsichtlich der Anrechte der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung wird auf die Ausführungen im Abschnitt 7 verwiesen.
Beamtenversorgung
Zu den Beamtenversorgungen zählen alle Versorgungen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Die Versorgungsansprüche für Beamte, Richter und Soldaten sind im BeamtVG und SVG geregelt.
Ebenfalls erfasst werden Anrechte von Beamten auf Zeit (zum Beispiel kommunale Wahlbeamte), Beamten auf Widerruf und Beamten auf Probe.
Hinzu kommen Versorgungen aus einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis (zum Beispiel Abgeordnete, Minister, Parlamentarische Staatssekretäre).
Zu den Beamtenversorgungen zählen auch Ansprüche auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften und Grundsätzen, zum Beispiel für DO-Angestellte, Lehrer an Privatschulen, Hochschullehrer, Pfarrer.
Berufsständische Versorgungssysteme
Berufsständische Versorgungen sind die Versorgungen der öffentlich-rechtlich organisierten Versorgungswerke für Angehörige der kammerfähigen freien Berufsgruppen. Hierzu gehören die Versorgungswerke der Rechtsanwalts- und Notarkammern, der Steuerberaterkammern, der Ärzte- und Zahnärztekammern, der Psychotherapeutenkammern und der Architektenkammern.
Die Versorgungswerke regeln ihre Versorgungen in autonomen Satzungen.
Alterssicherung der Landwirte
Die Alterssicherung der Landwirte ist die berufsständische, gesetzliche Alterssicherung für alle landwirtschaftlichen Unternehmer sowie deren Ehegatten und mitarbeitende Familienangehörige.
Unter der Bezeichnung Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) nimmt die Sozialversicherung der Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als Versorgungsträger die Aufgaben der Alterssicherung der Landwirte wahr. Geregelt ist die Altersversorgung im Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Betriebliche Altersversorgung
Betriebliche Altersversorgungen sind alle Versorgungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG), die dem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber im Arbeitsvertrag zugesagt wurden. Zur betrieblichen Altersversorgung zählen zugesagte Leistungen der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung.
Die einzelnen Versorgungen können sehr vielfältig ausgestaltet sein.
Zu den betrieblichen Altersversorgungen zählen auch die Zusatzversorgungen im öffentlichen und kirchlichen Dienst bei der VBL, der ZVK und den kirchlichen Versorgungskassen oder auch bei der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP). Hinzu kommen Zusatzversorgungen bestimmter Berufsgruppen zum Beispiel für Orchestermitglieder.
Private Alters- und Invalidenvorsorge
Die private Vorsorge umfasst im Wesentlichen Anrechte aus privaten Versicherungsverträgen bei Versicherungs- oder Bankunternehmen nach dem VVG und den AVB.
Die Verträge können zum Beispiel als konventionelle private oder fondsgebundene Rentenlebensversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen oder einer Kombination aus Rentenversicherung und Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ausgestaltet sein.
Zur privaten Vorsorge gehören ebenfalls Verträge im Sinne des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG), also die sog. „Riester“-Renten und die vorwiegend als Basisversorgung für Selbständige gedachten „Rürup“-Renten sowie Wohnriesterverträge.
Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Anrechts in den Versorgungsausgleich (Absatz 2)
In den Versorgungsausgleich sollen nur solche Anrechte einbezogen werden, für die alle folgenden Kriterien erfüllt sind.
Ein in den Versorgungsausgleich einzubeziehendes Anrecht muss
- durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden sein (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG),
- der Absicherung im Alter oder bei Invalidität dienen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG) und
- auf eine Rente gerichtet sein (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG)
Erwerb durch Arbeit oder Vermögen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG)
Anrechte sind nur dann auszugleichen, wenn die Anrechte durch Einsatz von Arbeit oder Vermögen erworben oder aufrechterhalten wurden. So sind Anrechte auf Leistungen mit Entschädigungscharakter sowie Leistungen, die überwiegend dem Ausgleich oder der Vermeidung sozialer Härten dienen, nicht dem Versorgungausgleich zuzuordnen (siehe Abschnitt 4.4).
Erwerb durch Arbeit
Durch Arbeit erworbene Anrechte sind alle Anrechte, die auf der beruflichen Tätigkeit eines Ehegatten beruhen.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rentenleistungen aus dem Anrecht vollständig beitragsfinanziert sind. Es genügt ein Kausalitäts- und Zurechnungszusammenhang zwischen der Arbeitsleistung des Ehegatten und der Rente (BGH vom 06.02.2008, AZ: XII ZB 623/17). Unter diesen Voraussetzungen unterliegt ein Anrecht auch dann dem Versorgungsausgleich, wenn es allein aus Arbeitgeberbeiträgen oder aus Steuern finanziert wird.
Ausländische Rentenanrechte sind nur dann in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, wenn diesen nicht das Prinzip der Volksrente zugrunde liegt (siehe Abschnitt 4.4). Eine Ausnahme bildet hier die niederländische AOW-Pension (BGH vom 06.02.2008, AZ: XII ZB 66/07). Obwohl mit der AOW-Pension grundsätzlich alle Einwohner der Niederlande eine Grundrente erhalten, die nicht auf die Erwerbstätigkeit, sondern auf den Wohnort abstellt und die daher den Charakter einer Volksrente besitzt, ist sie dennoch in den Versorgungsausgleich einzustellen.
Hinsichtlich der einzubeziehenden beitragsfreien und versicherungsfremden Anrechte in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung wird auf Abschnitt 7 verwiesen.
Erwerb durch Vermögen
Durch Vermögen erworbene Anrechte sind Anrechte, für deren Erwerb ein Ehegatte Sach- oder Geldmittel einsetzt. Das betrifft überwiegend Anrechte aus privaten Rentenversicherungen oder Altersvorsorgeverträgen. In der Regel spielt die Herkunft der eingesetzten Mittel keine Rolle (BGH vom 18.01.2012, AZ: XII ZB 213/11; BGH vom 30.03.2011, AZ: XII ZB 54/09). Daher sind auch Anrechte, die mit vorehelich erwirtschafteten Vermögen oder geerbten bzw. geschenkten Mitteln erworben wurden, grundsätzlich in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (BGH vom 08.10.1986, AZ: IV b ZB 133/85).
Erwerben dagegen Dritte unmittelbar Anrechte (zum Beispiel durch eine direkte Zahlung von freiwilligen Beiträgen an einen Versorgungsträger, siehe auch Abschnitt 7.1.2) und verschenken sie dieses Anrecht an einen Ehegatten, liegt kein Einsatz von Arbeit und Vermögen des Ehegatten vor ("geschenktes Anrecht", siehe hierzu BGH vom 15.12.1982, AZ: IVb ZB 910/80).
Es gilt aber eine Ausnahme, wenn vor der Ehezeit Anrechte aus einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag erworben und während der Ehezeit in einen anderen zertifizierten Altersvorsorgevertrag übertragen wurden (bloßer Anbieterwechsel). In diesem Fall ist das Anrecht nur mit dem ehezeitlich gebildeten Kapital in den Versorgungsausgleich einzubeziehen (BGH vom 08.08.2018, AZ: XII ZB 25/18).
Arbeitsrechtliche Abfindungen, die noch in der Ehezeit in eine Altersversorgung umgewandelt wurden (Beschluss des OLG Schleswig vom 10.09.2012, AZ: 10 UF 314/11), unterliegen dem Versorgungsausgleich.
Anrechte, die in Regressfällen nach § 119 Abs. 1 SGB X durch Direktleistung Dritter an den Versorgungsträger begründet werden, sind Anrechte, die auf Vermögen des geschädigten Ehegatten beruhen und somit im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (BGH vom 11.04.2018, AZ: XII ZB 377/17, siehe auch Abschnitt 7.1.2).
Absicherung im Alter oder Invalidität (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG)
Versorgungen sind nur auszugleichen, wenn sie der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit dienen.
Absicherung im Alter
Ein Anrecht dient der Absicherung im Alter, wenn die zugesicherte Versorgungsleistung im Anschluss an die Beendigung des aktiven Berufslebens gewährt wird und das bisherige Erwerbseinkommen ersetzen soll. Das Versorgungsanrecht muss somit an ein bestimmtes Alter und die Aufgabe der Erwerbstätigkeit gebunden sein. Die Altersgrenze kann dabei in den unterschiedlichen Versorgungen variieren.
Absicherung bei Invalidität
Der Begriff der Invalidität betrifft bei Versorgungen mögliche Einschränkungen der Arbeits- und Dienstfähigkeit vor Erreichen der Altersgrenze. Die Absicherung bei Invalidität umfasst sämtliche Leistungen wegen vollständiger oder teilweiser Erwerbsunfähigkeit, wegen Berufsunfähigkeit oder wegen Dienstunfähigkeit.
Bei Anrechten aus privaten Invaliditätsversorgungen ist auch die Sonderregelung des § 28 VersAusglG (siehe GRA zu § 28 VersAusglG) zu beachten.
Rentenzahlung (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG)
Rente ist eine regelmäßig wiederkehrende Geldzahlung, die für die Dauer der Lebenszeit oder der Invalidität der berechtigten Person geleistet wird.
Für Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) oder des Altersvorsorgeverträge- Zertifizierungsgesetzes (AltZertG) gilt die Besonderheit, dass diese nicht auf eine Rente gerichtet sein müssen. Sie unterliegen daher auch dann dem Versorgungsausgleich, wenn das betriebliche Anrecht auf eine Kapitalzahlung gerichtet ist (BGH vom 16.07.2014, AZ: XII ZB 16/14).
Private Lebensversicherungen sind hingegen nur dann in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, wenn sie auf eine Rentenleistung gerichtet sind. Unerheblich ist dabei, ob derartige Anrechte zur Sicherung einer Darlehensschuld abgetreten sind (BGH vom 07.08.2013, AZ: XII ZB 16/14).
Nicht einzubeziehende Anrechte
Versorgungsanrechte, die auf andere Weise als durch Arbeit oder Vermögen erworben wurden, beruhen nicht auf einer gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten und rechtfertigen nach dem Prinzip des Versorgungsausgleichs den Ausgleich daher nicht (bereits BT-Drucksache 7/4361, S. 36).
Das betrifft im Wesentlichen
- ausländische Rentenanwartschaften, denen der Gedanke einer Volksrente (zum Beispiel in Schweden) zugrunde liegt
Volksrenten sind Rentenzahlungen, die im Prinzip jeder Einwohner vorbehaltlos erhält. Die Volksrente ist weder durch Arbeit noch durch Vermögen erworben (Beschluss des OLG Hamm vom 26.01.2000, AZ: 8 UF 555/99; Beschluss des OLG Köln vom 02.05.2000, AZ: 27 UF 32/00; Beschluss des OLG Köln vom 25.10.2000, AZ: 26 UF 154/00; Beschluss des OLG Düsseldorf vom 05.03.2001, AZ: 1 UF 257/00; Beschluss des OLG Oldenburg vom 28.12.2001, AZ: 12 UF 136/01). - reine Risikolebensversicherungen, da sie nicht auf die Zahlung einer Rente gerichtet sind (Beschluss des OLG Brandenburg vom 25.11.2013, AZ: 3 UF 75/12, Beschluss des OLG Brandenburg vom 11.03.2015, AZ: 9 UF 27/15)
- isolierte Hinterbliebenenrentenversicherungen (zum Beispiel Sterbegeldversicherungen), da deren Zweckbestimmung nicht die Versorgung wegen Alters oder bei Invalidität ist (BT-Drs, 16/10144, 47, BGH vom 25.09.1991, AZ: XII ZB 77/90)
- Leistungen mit Entschädigungscharakter
Hierzu gehören unter anderem Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung und Renten nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG), dem Lastenausgleichsgesetz (LAG), dem Ghettorentengesetz oder dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und dem Opferentschädigungsgesetz sowie Conterganrenten nach dem Conterganstiftungsgesetz und private Schadensersatzrenten. - Leistungen mit Sozialhilfecharakter (Wohngeld, Erziehungs- bzw. Elterngeld, Ausbildungsförderung, bestimmte Leistungen der Arbeitslosenversicherung, Grundsicherung im Alter)
- Anpassungs-, Übergangs- oder Überbrückungsgelder, da auch sie nicht der Versorgung im Alter, sondern nur der Überbrückung bis zum Erreichen der für die Altersversorgung maßgebenden Altersgrenze dienen (BGH vom 23.02.2005, AZ: XII ZB 198/01 zur Versorgung des Sächsischen Landtags)
- Zeitwertpapiere oder auch Zeitwertkonten
Die angesparten Zeitwerte dienen nicht der Absicherung wegen Alters oder Invalidität, sie verkürzen vielmehr die Lebensarbeitszeit (Beschluss des OLG Koblenz vom 29.11.2019, AZ: 7 UF 562/19; Beschluss des OLG München vom 30.03.2017, AZ: 16 UF 526/16). Wertguthaben werden für die Zahlung eines Entgelts während der Freistellungsphase verwendet (BT-Drs. 16/10144, 48). - private Versicherungen, die ein Ehegatte auf das Leben eines Dritten abgeschlossen hat, wenn das Bezugsrecht unwiderruflich einem Dritten zugewiesen wurde (Beschluss des OLG Celle vom 25.07.2022, AZ: 21 UF 147/21) sowie die sog. Kinderrentenversicherungen, da diese Versicherung nicht der Altersabsicherung des Ehegatten als Versicherungsnehmer dient (Beschluss des OLG Karlsruhe vom 04.02.2021, AZ: 20 UF 145/20).
- Natural- und Sachleistungen der betrieblichen Altersversorgung wie z.B. Kohle- oder Bierdeputate, subventioniertes Wohnen in einer Werkswohnung, subventionierter Strombezug, verbilligte Beförderungsleistungen unterliegen hingegen nicht dem Versorgungsausgleich. Diese Leistungen fallen nicht unter die Definition des auf Geldzahlung ausgerichteten Rentenbezugs (BGH vom 04.09.2013, AZ: XII ZB 269/13)
- private Lebensversicherungen auf Kapitalbasis
Diese dienen auch häufig eher der Finanzierung größerer Anschaffungen und damit eben nicht der Vorsorge, sondern dem Konsum. Da die Leistungserbringung aus solchen Versicherungen nicht in Form einer Rentenzahlung erfolgt, ist die Voraussetzung des § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG nicht erfüllt. - ggf. private Lebensversicherungsverträge mit Kapitalwahlrecht, wenn das vertragliche Kapitalwahlrecht noch bis zur tatrichterlichen Entscheidung ausgeübt wird. Solche Verträge sehen zwar zunächst die Auszahlung einer Rentenleistung vor, ermöglichen es aber auch, nach Vertragsabschluss die Auszahlung als Kapitalbetrag zu wählen (BGH vom 01.04.2015, AZ: XII ZB 701/13; BGH vom 06.11.2013, AZ: XII ZB 22/13).
- steuerlich geförderter Altersvorsorgevertrag, wenn er mit einer Bausparkasse zur alleinigen Tilgung eines Baudarlehens und damit ohne Kapitalwahlrecht geschlossen wurde (Beschluss des OLG Köln vom 18.01.2022, AZ: 14 UF 168/21)
- Anrechte, die durch die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge mit Mitteln aus dem vorzeitigen Zugewinnausgleich erworben wurden, da hinsichtlich dieses Vermögens ein Ausgleich bereits stattgefunden hat (entsprechend BGH vom 11.03.1992, AZ: XII ZB 172/90; BGH vom 18.01.2012, AZ: XII ZB 213/11).
Keine zeitlichen Voraussetzungen (Absatz 3)
§ 2 Abs. 3 VersAusglG bestimmt, dass eine Anwartschaft auch dann in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist, wenn am Ende der Ehezeit eine für das Anrecht maßgebliche Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung noch nicht erfüllt ist. Insoweit kommt es nicht darauf an, welchen Grad der Verfestigung das Anrecht erreicht hat. Unerheblich ist auch, wenn sonstige versicherungsrechtliche Voraussetzungen für die Zahlung einer Rente oder Versorgung zum Ende der Ehezeit noch nicht erfüllt sind.
Für die gesetzliche Rentenversicherung bedeutet das, dass ein auszugleichendes Anrecht bereits dann vorliegt, wenn nur für einen Monat in der Ehezeit eine rechtserhebliche Zeit der gesetzlichen Rentenversicherung erworben wurde. Auf die Erfüllung einer (Mindest-) Wartezeit zum Ehezeitende kommt es insoweit nicht an (siehe hierzu Abschnitt 7).
Kein güterrechtlicher Ausgleich (Absatz 4)
Nach § 2 Abs. 4 VersAusglG dürfen Anrechte, die im Versorgungsausgleich auszugleichen sind, nicht im Rahmen des güterrechtlichen Ausgleichs (Aufteilung der Vermögenswerte der Eheleute) berücksichtigt werden. Dem Versorgungsausgleich wird damit ein Vorrang des Versorgungsausgleichs vor dem güterrechtlichen Ausgleich eingeräumt. Eine Doppelverwertung der Anrechte ist somit ausgeschlossen.
Für den Versorgungsausgleich ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben oder durch Ehevertrag ein anderes Güterrecht vereinbart haben.
Lediglich in Fällen, in denen ein Anrecht mit Hilfe eines Vermögens begründet oder aufrechterhalten wird, über das der Zugewinnausgleich stattfindet, ist der Güterstand der Ehegatten von Bedeutung, da derartige Anrechte nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen (siehe Abschnitt 4.4).
Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung
Die gesetzliche Rentenversicherung gehört zu den Regelsicherungssystemen im Sinne des § 32 VersAusglG. Die dort erworbenen Anrechte unterliegen dem Versorgungsausgleich, weil die Anrechte
- durch Arbeit oder Vermögen erworben wurden (siehe Abschnitt 7.1),
- der Absicherung im Alter oder bei Invalidität dienen (siehe Abschnitt 7.2) und
- auf eine Rentenzahlung gerichtet sind (siehe Abschnitt 7.3).
Zu unterscheiden sind hierbei dynamische und statische Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung.
Dynamische Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung werden mit Entgeltpunkten als maßgebende Bezugsgröße (§ 5 Abs. 1 VersAusglG) bewertet und unterliegen den gesetzlichen Rentenanpassungen. Einzelheiten zur Wertermittlung ergeben sich aus den §§ 5, 39, 41, 43, 44 VersAusglG, siehe GRA zu § 5 VersAusglG, GRA zu § 39 VersAusglG , GRA zu § 41 VersAusglG, GRA zu § 43 VersAusglG, GRA zu § 44 VersAusglG).
Statische Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen nicht den gesetzlichen Rentenanpassungen. Dennoch sind sie in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Hierzu gehören
- Anrechte, die auf Beiträgen zur Höherversicherung (§ 234 SGB VI in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung) und bestimmten freiwilligen Beiträgen (Ost) vor dem 01.01.1991 (§ 248 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 SGB VI) beruhen, für welche zum Monatsbetrag der Rente besondere zusätzliche Steigerungsbeträge nach § 269 SGB VI geleistet werden,
- Renten aus freiwilligen Beiträgen des Beitrittsgebiets im Sinne von § 315b SGB VI,
- abzuschmelzende Anrechte im Sinne von § 120h SGB VI (siehe GRA zu § 120h SGB VI) sowie Aussparungsbeträge gemäß § 48 Abs. 3 SGB X, die als nicht ausgleichsreife Anrechte gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG dem schuldrechtlichen Ausgleich nach den §§ 20 ff. VersAusglG unterliegen.
Die Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung sind auch dann in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, wenn hieraus (noch) keine Leistungen erbracht werden können. Denn § 2 Abs. 3 VersAusglG stellt klar, dass es für die Charakterisierung eines Anrechts als Anwartschaft im Sinne des VersAusglG nicht darauf ankommt, welchen Grad der Verfestigung es zum Ende der Ehezeit bereits erreicht hat. So sind auch Anrechte in den Versorgungsausgleich einzubeziehen, bei denen noch weitere Bedingungen zu erfüllen sind (zum Beispiel das Erreichen bestimmter Altersgrenzen).
Es ist insoweit unerheblich, ob eine Wartezeit, Mindestbeschäftigungszeit, Mindestversicherungszeit oder ähnliche zeitliche Voraussetzung am Ende der Ehezeit erfüllt ist. Unerheblich ist auch, wenn sonstige versicherungsrechtliche Voraussetzungen für die Zahlung einer Rente oder Versorgung zum Ende der Ehezeit noch nicht erfüllt sind.
Damit liegt ein auszugleichendes Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung bereits dann vor, wenn nur ein Monat in der Ehezeit mit einer im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung rechtserheblichen Zeit belegt ist. Auf die Erfüllung einer Wartezeit (§§ 50, 243b SGB VI) oder sonstiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen kommt es insoweit nicht an. Das gilt selbst dann, wenn nach dem Berufsweg eine spätere Erfüllung der allgemeinen Wartezeit nicht zu erwarten ist und auch wegen der fehlenden Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung nicht mehr erfüllt werden kann (BGH vom 10.11.1982, AZ: IVb ZB 860/80).
Die Abtretung oder Pfändung von Anrechten der gesetzlichen Rentenversicherung stehen der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nicht entgegen (BGH vom 21.11.2013, AZ: XII ZB 65/13 und BGH vom 16.12.2020, AZ: XII ZR 28/20). Übertragen beziehungsweise gepfändet werden können nach § 53 Abs. 3 SGB I und § 54 Abs. 4 SGB I lediglich laufende Geldleistungen einer (künftigen) Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Rentenstammrecht, welches der Teilung im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs unterliegt, ist hingegen unpfändbar (BGH vom 21.11.2002, AZ: IX ZB 85/02).
Erwerb durch Arbeit oder Vermögen
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG sind Anrechte auszugleichen, wenn diese durch Arbeit (siehe Abschnitt 7.1.1) oder Vermögen (siehe Abschnitt 7.1.2) geschaffen oder aufrechterhalten worden sind.
Erwerb durch Arbeit
Anrechte, die durch Arbeit geschaffen wurden, sind in der gesetzlichen Rentenversicherung Anrechte aus rentenrechtlichen Zeiten (§ 54 SGB VI). Hierzu zählen Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten und Berücksichtigungszeiten (BGH vom 06.02.2008, AZ: XII ZB 66/07, Rn. 46).
Pflichtbeitragszeiten sind Zeiten, denen Pflichtbeiträge – hauptsächlich aus versicherter Beschäftigung oder Tätigkeit – zugrunde liegen. Dazu zählen auch Kindererziehungszeiten. Dies gilt selbst dann, wenn während der Zeit der Kindererziehung keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wird (BGH vom 05.02.1986, AZ: IVb ZB 56/85; BGH vom 11.09.2007, AZ: XII ZB 262/04). Zu den Pflichtbeitragszeiten in diesem Sinne zählen auch Anrechte, die durch eine Tätigkeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen (BGH vom 11.04.2018, AZ: XII ZB 623/17) erworben wurden.
Beitragsfreie Zeiten sind zum Beispiel Anrechnungszeiten wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit, Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung oder Anrechnungszeiten wegen Mutterschutz, Zurechnungszeiten, Ersatzzeiten. Anrechte aus beitragsfreien Zeiten sind ebenfalls Anrechte, die mittelbar durch Arbeit geschaffen wurden und folglich in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind.
Berücksichtigungszeiten sind die Zeiten der Kindererziehung bis zum vollendeten 10. Lebensjahr des Kindes und vom 01.01.1992 bis 31.03.1995 Zeiten wegen nicht erwerbsmäßiger Pflege. Auch hier liegt die Beitragslast nicht beim Versicherten; dennoch sind dies Anrechte, die mittelbar durch Arbeit geschaffen oder aufrechterhalten worden sind und somit in den Versorgungsausgleich einzubeziehen sind.
Der zum 01.07.2014 eingeführte Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten/persönlichen Entgeltpunkten (Ost) für Kindererziehung nach § 307d SGB VI (Mütterrente) unterliegt ebenso dem Versorgungsausgleich wie die Zuschläge an Entgeltpunkten nach den §§ 76b bis 76f SGB VI sowie die Zuschläge für bestimmte Bestandsrenten nach § 307i SGB VI ab 01.07.2024.
Gleiches gilt für die ab 01.01.2021 gewährten Anrechte aus Zuschlägen an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (Grundrenten-Entgeltpunkte) nach den §§ 76g, 307e, 307f SGB VI.
Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach § 76g SGB VI unterliegen grundsätzlich als Anrechte im Sinne des § 2 VersAusglG dem Versorgungsausgleich (BGH vom 01.03.2023, AZ: XII ZB 360/22; BGH vom 28.06.2023, AZ: XII ZB 81/23). Sie beruhen regelmäßig auf Pflichtbeiträgen. Daher handelt es sich auch bei den Entgeltpunkten für langjährige Versicherung um Anrechte, die durch Arbeit erschaffen oder aufrechterhalten werden und nach § 2 VersAusglG auszugleichen sind.
Erwerb durch Vermögen
Die zweite Alternative in § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG sieht den Erwerb von Anrechten durch Vermögen vor. Voraussetzung ist hier, dass eigenes Vermögen der Ehegatten zur Schaffung oder Aufrechterhaltung eines Anrechts verwandt wurde. Auf die eigentliche Zweckbestimmung zum Zeitpunkt des Erwerbs des Anrechts kommt es nicht an.
Hierzu zählen Beitragszeiten aufgrund freiwilliger Beitragszahlung. Berechtigte zahlen freiwillige Beiträge insbesondere zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes und zur Erfüllung bestimmter Wartezeiten oder auch zur Erlangung eines Rentenanspruchs. Hierunter fallen auch die nach den Sondervorschriften nachgezahlten freiwilligen Beiträge (§§ 204 bis 208, § 209 SGB VI und §§ 282 bis 285 SGB VI).
Wurden in der Ehezeit Beiträge zur Wiederauffüllung geminderter Rentenanwartschaften aufgrund eines früheren Versorgungsausgleichs nach § 187 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI oder § 281a Abs. 1 Nr. 1 SGB VI gezahlt, sind die sich daraus ergebenen Anrechte (§ 76 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB VI) ebenfalls mit in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Gleiches gilt für Anrechte nach § 76a SGB VI aufgrund von in der Ehezeit gezahlten Beiträgen bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Altersrente nach § 187a SGB VI und für in der Ehezeit erfolgte Abfindungen von Anwartschaften der betrieblichen Altersvorsorge oder von Anrechten bei der Versorgungsausgleichskasse nach § 187b SGB VI („In-Prinzip“, siehe GRA zu § 5 VersAusglG, Abschnitt 3.2.2; GRA zu § 39 VersAusglG, Abschnitt 7.1.1; GRA zu § 41 VersAusglG, Abschnitt 7.2).
Versorgungsanrechte, die weder mithilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet wurden, sind nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Wurden beispielsweise freiwillige Beiträge für Rentenanwartschaften von einem Dritten direkt an einen Rentenversicherungsträger gezahlt, gelten diese „geschenkten“ freiwilligen Beiträge als unentgeltliche Zuwendungen, wenn der Schenkende den Zweck ausdrücklich bestimmt (BGH vom 29.02.1984, AZ: IVb ZB 887/81) oder die Beiträge sogar selbst beim Rentenversicherungsträger eingezahlt hat (BGH vom 15.12.1982, AZ: IVb ZB 910/80). Gleiches gilt, wenn Zugewinnausgleich vorzeitig verlangt wurde und daraus vor dem Ehezeitende eine freiwillige Beitragszahlung erfolgte (BGH vom 11.03.1992, AZ: XII ZB 172/90).
Stellte der Schenkende dem beschenkten Ehegatten das Vermögen allerdings ohne Zweckbestimmung zur freien Verfügung, sind die aus diesem Vermögen entrichteten Beiträge beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen (BGH vom 29.02.1984, AZ: IVb ZB 887/81).
Pflichtbeitragszeiten, die in Regressfällen durch Direktleistungen von Beträgen Dritter gemäß § 119 Abs. 1 SGB X erworben wurden, gelten als durch Vermögen erworbene Anrechte (BGH vom 11.04.2018, AZ: XII ZB 377/17, siehe hierzu auch Abschnitt 4.1.2)
Absicherung im Alter oder bei Invalidität
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG unterliegen die Anrechte dem Versorgungsausgleich, die der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit dienen.
Das Leistungsspektrum der gesetzlichen Rentenversicherung erfasst sowohl Leistungen im Alter als auch bei Invalidität. Dabei entspricht der Begriff der Invalidität dem Begriff der verminderten Erwerbsfähigkeit. Insoweit wird die mögliche Einschränkung der Arbeits- oder Dienstfähigkeit vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze erfasst.
Auch die Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung (Witwenrente, Witwerrente, Waisenrente), sind in den Versorgungsausgleich mit einzubeziehen. Zwar gehören reine Hinterbliebenenversorgungen (zum Beispiel in der betrieblichen oder berufsständischen Versorgung) nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 VersAusglG nicht zu den auszugleichenden Versorgungen. In der gesetzlichen Rentenversicherung ist die Hinterbliebenenversorgung jedoch mit einer Alters- und Invaliditätsversicherung kombiniert und unterliegt daher dem Versorgungsausgleich (vergleiche BT-Drucksache 16/10144, 46).
Rentenleistung
Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG sind Anrechte auszugleichen, wenn sie auf eine Leistung in Rentenform gerichtet sind. Merkmale für eine Rente sind regelmäßig wiederkehrende Geldzahlungen und die Absicherung eines Risikos (Alter, Invalidität).
In der gesetzlichen Rentenversicherung umfasst die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG also Renten für die Dauer der Lebenszeit (Altersrenten) oder aber die Dauer der Erwerbsminderung (Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit) des Versicherten. Entsprechendes gilt für Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700) |
Inkrafttreten: 01.09.2009 Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 343/08, BT-Drucksache 16/10144 |
Artikel 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) beinhaltet das Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes.