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IVb ZB 910/80

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - der Beschluß des 11. Zivilsenats - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25. November 1980 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als er den Ausgleich der Zusatzversorgung betrifft.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 1.000,-- DM.

Gründe I.

Der im Jahre 1947 geborene Ehemann (Antragsteller) und die im Jahre 1944 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am 22. Mai 1970 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag des Mannes ist der Ehefrau am 17. Oktober 1978 zugestellt worden.

Beide Parteien haben in der Ehezeit (1. Mai 1970 bis 30. September 1978, § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar der Ehemann in Höhe von monatlich 210,50 DM und die Ehefrau in Höhe von monatlich 22,70 DM. Außerdem besteht für den Ehemann eine Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Die VBL hat in einer Auskunft vom 22. März 1979 die Anwartschaft auf Versorgungsrente mit 58,56 DM und die auf eine Besitzstandsrente mit 17,59 DM angegeben, beides monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit. Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 sind nicht vor dem 30. November 1982 eingetreten. Auch für die Ehefrau besteht eine weitere Rentenanwartschaft bei der Zusatzversorgungskasse für die Gemeinden und Gemeindeverbände in Wiesbaden. Nach der von dieser Kasse am 1. Juni 1979 erteilten Auskunft beträgt die daraus allein erwachsene Anwartschaft auf Versicherungsrente - bezogen auf das Ende der Ehezeit - monatlich 2,20 DM.

Das Amtsgericht hat nach - rechtskräftiger - Scheidung der Ehe den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte) Rentenanwartschaften in Höhe von 105,25 DM (Hälfte des Wertes der Anwartschaft des Ehemannes) auf das ebenfalls bei der BfA geführte Konto der Ehefrau übertragen hat. Außerdem hat es den Ehemann "im Wege des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs" verurteilt, zur Abfindung der künftigen Ausgleichsansprüche der Ehefrau aus seiner Zusatzversorgung bei der VBL einen Betrag von 5.136,87 DM auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA zu zahlen; diesen Betrag hat das Amtsgericht zur Begründung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 28,64 DM errechnet. Alle Anwartschaften der Ehefrau hat das Amtsgericht gem. § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen, weil die Beiträge hierfür allein vom Vater der Ehefrau aufgebracht worden seien.

Auf die Beschwerde des Ehemannes hat das Oberlandesgericht den Versorgungsausgleich teilweise abgeändert: Unter Einbeziehung eines Teilbetrages von monatlich 13,20 DM der Rentenanwartschaften der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung hat es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Anwartschaften auf eine monatliche Rente von 98,65 DM auf das Konto der Ehefrau übertragen und außerdem den Ehemann verurteilt, an die BfA zur Begründung von weiteren Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 29,09 DM (Hälfte des Wertunterschiedes zwischen - richtig - 58,46 DM und 0,28 DM, letzteres als dynamisierter Wert der Versicherungsrente von 2,20 DM) zugunsten der Ehefrau den Betrag von 5.217,64 DM (für das Jahr 1980) zu zahlen. Im übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die - zugelassene - weitere Beschwerde des Ehemannes, mit der er sich gegen die Einbeziehung seiner Zusatzversorgung mit dem Wert der noch verfallbaren dynamischen Versorgungsrente in den Versorgungsausgleich sowie dagegen wendet, daß die Anwartschaft der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung nur teilweise berücksichtigt worden ist.

II.

1. Wie der Senat durch Beschluß vom 26. Mai 1982 (IVb ZB 718/81 - FamRZ 1982, 899 = NJW 1982, 1989 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) zum Ausgleich der betrieblichen Altersversorgung im Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes entschieden hat, ist - nach Erfüllung der satzungsmäßigen Wartezeit - nur die Anwartschaft des bei einer Zusatzversorgungseinrichtung versicherten, noch im öffentlichen Dienst beschäftigten Ehegatten auf die (statische) Versicherungsrente, nicht hingegen die Anwartschaft auf die (dynamische) Versorgungsrente unverfallbar im Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB. Demgemäß ist nur die ehezeitlich erworbene Anwartschaft auf die statische Versicherungsrente, allerdings mit dem jeweils im Einzelfall erworbenen höchsten Wert (nach der Satzung der VBL - VBLS - gemäß § 44, § 44a oder § 92) in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen und nach Dynamisierung mit Hilfe der Barwertverordnung durch Beitragsentrichtung gemäß § 1587 b Abs. 3 BGB auszugleichen. Dies gilt in gleicher Weise für Zusatzversorgungsanwartschaften sowohl des ausgleichspflichtigen als auch des ausgleichsberechtigten Ehegatten. Erwirbt der Versicherte später bei Eintritt des Versicherungsfalls den Anspruch auf die dynamische Versorgungsrente (nach der Satzung der VBL gemäß § 37 Abs. 1 a), dann ist die Differenz zwischen dem auf die Ehezeit entfallenden Anteil dieser Rente einerseits und der bereits im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichenen - dynamisierten - Versicherungsrente andererseits gemäß § 1587 f Nr. 4 nach den Vorschriften der §§ 1587 g bis 1587 n BGB im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen.

Mit diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluß, durch den das Oberlandesgericht die Anwartschaften des Ehemannes auf eine dynamische Versorgungsrente ausgeglichen hat, nicht zu vereinbaren. Er kann daher keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, selbst in der Sache abschließend zu entscheiden, weil das Oberlandesgericht keine eigenen tatrichterlichen Feststellungen zu dem Wert getroffen hat, den die in der Ehezeit vom Ehemann erworbene Anwartschaft auf eine (statische) Versicherungsrente hat. Bei dieser dem Tatrichter vorbehaltenen Prüfung wird das Oberlandesgericht auch die Frage einzubeziehen haben, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung (§ 1587 a Abs. 2 Nr. 3 Satz 3 BGB) eine Anwartschaft auf eine sogenannte qualifizierte Versicherungsrente nach § 44 a VBLS besteht. Falls der ehezeitlich erworbene Anteil einer Anwartschaft des Ehemannes auf eine qualifizierte Versicherungsrente höher sein sollte als die in der Ehezeit erlangte Anwartschaft nach den §§ 44 oder 92 VBLS, müßte die Anwartschaft nach § 44 a VBLS - nach Dynamisierung - zugunsten der Ehefrau im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich ausgeglichen werden.

2. Gegen die Entscheidung zum Ausgleich der Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung wendet sich die weitere Beschwerde ohne Erfolg.

a) Das Oberlandesgericht hat die Anwartschaften der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 22,70 DM in Höhe von 13,20 DM in den Versorgungsausgleich einbezogen, weil sie in dieser Höhe auf der Leistung von Pflichtbeiträgen beruhen. Zur Begründung der Nichtberücksichtigung der restlichen 9,50 DM hat es ausgeführt, diese Anwartschaften hätten außer Betracht zu bleiben, da sie weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet worden seien (§ 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB), sondern durch freiwillige Beiträge, die der Ehefrau schenkweise von ihrem Vater zur Verfügung gestellt worden seien. Der Ehemann habe in erster Instanz nicht bestritten, daß diese Beiträge vom Vater der Ehefrau aufgebracht worden seien und es sich dabei um eine Schenkung an sie gehandelt habe. Soweit der Ehemann dies nunmehr bestreite, verdiene er keinen Glauben, zumal er nicht darlege, von wem die Beiträge aufgebracht worden sein sollten, nachdem die Ehefrau kein eigenes Einkommen mehr hatte; er behaupte nicht, die Beiträge aus seinem eigenen Vermögen entrichtet zu haben.

b) Entgegen dem Verständnis der weiteren Beschwerde läßt sich den Ausführungen des Beschwerdegerichts nicht die Feststellung entnehmen, der Vater der Ehefrau habe das zur Leistung freiwilliger Versicherungsbeiträge benötigte Geld zunächst ihr (schenkweise) überlassen. Das Oberlandesgericht ist vielmehr ersichtlich zu der Überzeugung gelangt, daß es sich so verhalten habe, wie die Ehefrau in beiden Rechtszügen vorgetragen hat. Danach sind diese Anwartschaften durch freiwillige Beitragszahlungen begründet worden, die ihr Vater "aus eigener Tasche" entrichtet hat. Die hierfür eingesetzten Mittel sind demnach nicht erst in die Hand der Ehefrau gelangt und sodann von ihr für Beiträge zur Rentenversicherung wieder ausgegeben worden.

c) Zu dieser Feststellung ist das Oberlandesgericht ohne Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften gekommen. Das Verfahren über den Versorgungsausgleich ist nach den §§ 621 a Abs. 1, 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO der freiwilligen Gerichtsbarkeit zugeordnet. Obwohl sich aufgrund der sachlichrechtlichen Ausgestaltung des Versorgungsausgleichs - auch in den Formen des öffentlich-rechtlichen Ausgleichs nach § 1587 b BGB - die Ehegatten regelmäßig als Gegner gegenüberstehen, die widerstreitende vermögenswerte Interessen privatrechtlicher Natur verfolgen, unterliegt das Verfahren als sogenannte echte Streitsache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Juni 1980 - IVb ZB 625/80 - FamRZ 1980, 989, 990, und vom 27. Oktober 1982 - IVb ZB 719/80, zur Veröffentlichung bestimmt) nicht den für das zivilprozessuale Verfahren maßgeblichen Vorschriften, soweit nicht ausnahmsweise etwas anderes bestimmt ist (vgl. § 621 a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die der Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen sind demgemäß von Amts wegen zu ermitteln (§ 12 FGG). Im Beschwerdeverfahren können die Beteiligten zwar neue Tatsachen vorbringen (§ 23 FGG), das Beschwerdegericht entscheidet aber im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens, ob das Beschwerdevorbringen weitere Ermittlungen veranlaßt (vgl. Keidel/ Kuntze/ Winkler FG 11. Aufl., Anm. 22, 53 zu § 12).

Danach ist rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht das erstmals in der Beschwerdeinstanz vorgebrachte Bestreiten der Behauptung, der Vater der Ehefrau habe die Beiträge aus eigener Tasche bezahlt, nicht zum Anlaß für weitere Ermittlungen - etwa durch Vernehmung des nur von der Ehefrau zu diesem Vorgang als Zeugen benannten Vaters - genommen hat. Es durfte ohne Verstoß gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht von Beweiserhebungen absehen und die Darstellung der Ehefrau seiner Entscheidung zugrundelegen, von deren Richtigkeit es aus den von ihm dargelegten Gründen überzeugt war.

d) Auch die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts läßt keinen Rechtsfehler erkennen.

Gemäß § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB bleiben beim Versorgungsausgleich solche Anwartschaften außer Betracht, die weder mit Hilfe des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet worden sind. Ob dazu auch Anwartschaften rechnen, die ein Ehegatte mit Mitteln erworben hat, die ihm von einem Dritten zugewendet worden sind, ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden. Wenn wie hier ein Dritter für den Ehegatten schenkweise freiwillige Beiträge unmittelbar an den Versicherungsträger zahlt, gelangen die dafür aufgewendeten Geldbeträge zu keiner Zeit in das Vermögen des Begünstigten. Die durch solche Beiträge erworbenen Anwartschaften werden daher nicht mit Hilfe seines Vermögens begründet. Das entspricht, soweit ersichtlich, auch der einhelligen Ansicht in der Judikatur und im Schrifttum (vgl. OLG Celle, FamRZ 1979, 826; OLG Saarbrücken, FamRZ 1982, 824, 825; Soergel/v. Hornhardt BGB 11. Aufl. § 1587 Anm. 17; Rolland 1. EheRG 2. Aufl. § 1587 BGB Anm. 19; Voskuhl/ Pappai/ Niemeyer § 1587 BGB Anm. II 2; Bastian/ Roth-Stielow/ Schmeiduch 1. EheRG § 1304 RVO Anm. 17; Gernhuber, Lehrbuch des Familienrechts, 3. Aufl. § 28 III 2, Fn. 6; so anscheinend auch MünchKomm/Maier BGB § 1587 Rz. 13).

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