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1 UF 257/00

Tenor

Die Beschwerde der Landesversicherungsanstalt W gegen den Entscheidungsausspruch zu II. (Versorgungsausgleich) des am 10. November 2000 verkündeten Urteils des Amtsgerichts D wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Landesversicherungsanstalt W.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Gründe

Die Parteien haben am 22. November 1974 die Ehe geschlossen. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 31.01.2000 zugestellt worden.

Nach den Auskünften der beteiligten Versorgungsträger hat der Ehemann in der Ehezeit (01.11.1974 bis 31.12.1999) gesetzliche Rentenanwartschaften von 1.459,79 DM erworben, die Ehefrau solche von 193,08 DM, jeweils monatlich.

Die Antragstellerin hat ferner in der Ehezeit nach der Auskunft des Bureau voor Duitse Zaken in Nijmegen vom 14.08.2000 eine monatliche Rentenanwartschaft auf die niederländische AOW-Pension von 35,94 hfl erworben.

Durch Urteil vom 10.11.2000 hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt, wobei jedoch lediglich die in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften berücksichtigt worden sind.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde macht die Landesversicherungsanstalt W geltend, die von der Antragstellerin in der Ehezeit in den Niederlanden nach dem AOW erworbenen Rentenanwartschaften seien im Versorgungsausgleich ebenfalls zu berücksichtigen.

Die Parteien und die weitere Beteiligte hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Das Rechtsmittel ist zwar zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Träger der Versorgungslast können gegen Entscheidungen über den Wertausgleich von Versorgungsanwartschaften Beschwerde ohne Rücksicht darauf einlegen, ob sich das Rechtsmittel zugunsten oder -- wie hier -- zu Lasten des bei ihnen versicherten Ehepartners auswirkt. Sie haben vielmehr allgemeine Interessen zu wahren und können sich deshalb gegen jeden Eingriff in ihre Rechtsstellung beschweren, die im Recht des Versorgungsausgleichs vorgesehen ist. Das gilt nach Auffassung des Senats auch dann, wenn mit der Beschwerde geltend gemacht wird, eine Versorgungsanwartschaft sei zu Unrecht nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen worden. Denn weil sich ein Versorgungsträger anerkanntermaßen gegen einen Versorgungsausgleich in unzutreffender Höhe beschweren kann, steht ihm diese Befugnis auch zu, wenn er sich gegen die teilweise Unterlassung des Ausgleichs beschweren will (vgl. dazu Zöller/ Philippi, ZPO, 22. Aufl., Rdnrn. 31 und 31 c zu § 621 a m. w. N.; a. A. OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, S. 32).

Das Amtsgericht hat zu Recht die niederländische Rentenanwartschaft der Antragstellerin nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen.

Zwar sind grundsätzlich auch Anrechte bei ausländischen Versorgungsträgern in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Das gilt aber nur, wenn solche Anwartschaften oder Aussichten mit Hilfe des Vermögens oder durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten worden sind, § 1587 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das Algemene Ouderdomswet (AOW) vom 31.05.1956 trat in den Niederlanden am 01.01.1957 in Kraft. Das Gesetz ist durch die Gesetze vom 06.12.1984, 28.03.1985 und 30.03.1988 geändert worden.

Dieses Gesetz soll eine Basisversorgung der in den Niederlanden lebenden Bevölkerung im Alter garantieren. Beitragspflichtig ist jeder Bewohner der Niederlande, der das 15. Lebensjahr vollendet hat. Die Beitragspflicht endet mit dem 65. Lebensjahr. Kennzeichnend für die durch das AOW eingeführte Basisversorgung ist, daß die Höhe der Leistungen sich lediglich nach der Dauer der Beitragszahlung richtet und damit nicht von der Höhe der gezahlten Beiträge bestimmt wird. Personen, die kein Einkommen beziehen, sind nicht beitragspflichtig, gleichwohl aber rentenberechtigt. Höhere Rentenbeiträge aufgrund hoher Einkünfte führen -- anders als im deutschen Versicherungsrecht -- nicht zu einer höheren Altersrente. Die Rentenleistung wird allerdings dann gekürzt, wenn ein Beitragspflichtiger trotz Einkommens keine Beiträge zahlt (vgl. zu vorstehendem Reinhard, Rechtsordnungen mit Versorgungsausgleich im Sinne des Art. 17 Abs. 3 EGBGB, 1995, S. 335 f).

Für jedes Jahr der Versicherungszeit beträgt die Rente 2 % der vollen AOW-Pension, wie sich auch aus der Auskunft des niederländischen Versorgungsträgers Bl. 51 d. A. ergibt.

Danach handelt es sich bei der AOW-Rente nach Auffassung des Senats nicht um eine Anwartschaft, die mit Hilfe des Vermögens oder durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten worden ist, sondern um eine sogenannte Volksrente, die aus Steuermitteln gespeist wird. Denn da die Höhe der Rente von der Höhe der Beitragszahlungen unbeeinflußt bleibt, vielmehr lediglich von der Dauer der Beitragspflicht, also einem Wohnsitz in den Niederlanden abhängig ist, stellt die AOW-Pension im Grunde eine aus staatlichen Mitteln finanzierte Rente dar, (so auch OLG Hamm, FamRZ 2001, S. 31 und OLG Köln, FamRZ 2001 S. 31 m. w. N., anderer Ansicht OLG Düsseldorf, 5. Senat für Familiensachen) Beschl. v. 26.09.2000 -- 5 UF 89/00 -- und OLG Düsseldorf, (8. Senat für Familiensachen) Beschl. vom 28.08.2000 -- 8 UF 130/00 --).

Die AOW-Pension trägt als Volksversicherung zum Erwerb einer einkommensunabhängigen Alterssicherung bei. Damit stellt sie aber keine in den deutschen Versorgungsausgleich einzubeziehende Altersvorsorge dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Im Hinblick auf die divergierenden Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte hat der Senat die weitere Beschwerde gemäß § 621 e Abs. 2 Satz 1, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO zugelassen.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 1.000 DM.

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