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§ 53 SGB I: Übertragung und Verpfändung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

09.09.2023

Änderung

Die Abschnitte 2,4, 6.2, 7, 8.1, 9.7.1 und 11.4 wurden - teilweise redaktionell - überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand04.09.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Verwaltungsvereinfachungsgesetzes vom 21.03.2005 in Kraft getreten am 30.03.2005
Rechtsgrundlage

§ 53 SGB I

Version004.00
Schlüsselwörter
  • 7-56

Inhalt der Regelung

Nach Absatz 1 können Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen nicht abgetreten werden.

Nach Absätzen 2 und 3 können Ansprüche auf Geldleistungen hingegen grundsätzlich abgetreten werden. Jedoch ist die Abtretung vom Vorliegen besonderer Voraussetzungen abhängig oder dem Umfang nach eingeschränkt:

  • Ansprüche auf einmalige und laufende Geldleistungen können wegen einer Vorleistung im Hinblick auf die Sozialleistung abgetreten werden (Absatz 2 Nummer 1).
  • Ansprüche auf einmalige und laufende Geldleistungen sind wirksam abgetreten, wenn der Leistungsträger feststellt, dass die Abtretung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt (Absatz 2 Nummer 2).
  • Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die zur Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind - Unterhaltsfunktion haben alle laufenden Geldleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung -, können in dem Umfang abgetreten werden, in dem Arbeitseinkommen nach §§ 850 ff. ZPO gepfändet werden kann (Absatz 3).

Nach Absatz 4 ist der Leistungsträger in Kenntnis der Abtretung für einen Kalendermonat vor einer doppelten Zahlungsverpflichtung geschützt.

Nach Absatz 5 können Auf-/Verrechnungen überwiegend auch dann vorgenommen werden, wenn der Leistungsträger die ihm zustehende Forderung erst nach Kenntnisnahme von der Abtretung erworben hat.

Nach Absatz 6 können Geldleistungen, die im Rahmen einer Übertragung oder Verpfändung zu Unrecht erbracht worden sind, sowohl vom Leistungsberechtigten als auch vom Gläubiger zurückgefordert werden.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Eine Sonderregelung zu § 53 SGB I ist § 71 SGB I. Die Regelung des § 71 SGB I beschränkt die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Geldleistungen im Rahmen der Abtretung auf Geldleistungen für Zeiträume nach dem 30.03.2005.

Für die Berechnung des pfändbaren Betrages nach Abs. 3 sind die §§ 850a bis 850i ZPO maßgeblich. Insbesondere ist die Pfändungstabelle zu § 850c ZPO zu beachten.

Allgemeines

In § 53 SGB I ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen Berechtigte ihre Leistungsansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung an Dritte übertragen und verpfänden können.

§ 53 SGB I bezweckt in erster Linie, dem Interesse des Leistungsberechtigten gerecht zu werden, soweit wie möglich am Rechtsverkehr teilnehmen und dabei auch die ihm zustehenden Sozialleistungen einsetzen zu können. Andererseits soll zu seinem Schutz die Verwertung dieser in der Regel der Sicherung des Lebensunterhaltes dienenden Leistungen aber nur in einem begrenzten Umfang zu einem anderen Zweck zugelassen werden. In Ausnahmefällen kann auch die Übertragung - entsprechend der gebräuchlichen Terminologie im Folgenden auch „Abtretung“ genannt - des gesamten Leistungsanspruches zulässig sein.

Soweit dem Versicherten durch § 53 SGB I auch die Möglichkeit einer Verpfändung (§§ 1273 ff. BGB) eingeräumt ist, gelten hierfür im Wesentlichen ebenfalls die folgenden Ausführungen zur Übertragung von Sozialleistungsansprüchen, wenngleich Fällen der Verpfändung in der Praxis der Rentenversicherungsträger so gut wie keine Bedeutung zukommt.

Die Vorschrift des § 53 SGB I gilt sowohl für die Abtretung zur Sicherung von Forderungen (Sicherungszession) als auch für die Abtretung zum Einzug von bestehenden Forderungen (Inkassozession).

Im Rahmen eines Abtretungsvertrages ist nur der Zahlungsanspruch ganz oder teilweise auf den Zessionar übertragbar. Die mit dem sogenannten Stammrecht verbundenen rechtlichen Möglichkeiten (zum Beispiel Rentenanträge oder Rentenneufeststellungsanträge zu stellen, Rechtsmittel einzulegen) verbleiben beim Zedenten.

Da der Leistungsberechtigte Inhaber des Stammrechtes bleibt, steht eine Abtretungsvereinbarung auch seinem Recht, nach § 46 SGB I auf Sozialleistungsansprüche zu verzichten, grundsätzlich nicht entgegen. Unter Umständen kann ein solcher Verzicht allerdings privatrechtliche Schadensersatzansprüche des Zessionars auslösen. Ausnahmsweise kann ein Verzicht nach § 46 Abs. 2 SGB I auch unwirksam sein. Insoweit wird auf die GRA zu § 46 SGB I, Abschnitt 5 hingewiesen.

Zustandekommen der Abtretung

Die Abtretung von Leistungsansprüchen erfolgt durch Vertrag zwischen dem Berechtigten und dem Abtretungsempfänger (§ 398 BGB). Die Abtretung wird mit Abschluss des Vertrages wirksam, soweit sie nach § 53 SGB I zulässig ist. Ein Abtretungsvertrag ist nur gegeben, wenn die Abtretung gegenüber dem Abtretungsempfänger erklärt wird und dieser die Abtretung annimmt (eine einseitige Abtretung ist nicht möglich).

Ein Vertrag, der die Übertragung sozialrechtlicher Leistungsansprüche zum Gegenstand hat, greift in ein Rechtsverhältnis öffentlich-rechtlicher Art ein mit der Folge, dass auch der Vertrag selbst, obwohl regelmäßig zwischen zwei Privatpersonen geschlossen, öffentlich-rechtlicher Natur ist. Da jedoch die Vorschriften über öffentlich-rechtliche Verträge (§§ 53 bis 61 SGB X) nicht für Privatpersonen gelten, sind auf eine solche Vereinbarung die Regelungen des BGB, dort insbesondere die §§ 398 bis 413 BGB, anwendbar, soweit sich aus § 53 SGB I nichts Abweichendes ergibt.

Infolge der Nichtanwendbarkeit der §§ 53 bis 61 SGB X kommt auch eine (analoge) Anwendung des § 56 SGB X, der für den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages regelmäßig Schriftform vorsieht, nicht in Betracht. Auch ein formlos (unter Umständen sogar nur mündlich) geschlossener Abtretungsvertrag ist grundsätzlich wirksam, was im Einzelfall allerdings Beweisschwierigkeiten vor allem für den Gläubiger nach sich ziehen kann. Insbesondere im Hinblick auf die Regelungen der §§ 409, 410 BGB wird jedoch regelmäßig eine schriftliche Abtretungsanzeige beziehungsweise ein entsprechender Nachweis vorgelegt (vergleiche hierzu auch Abschnitt 2.5).

Abtretungsverträge sind oftmals Bestandteil von Verbraucherdarlehensverträgen. Nach § 492 Abs. 1 BGB bedürfen Verbraucherdarlehensverträge der in § 126 BGB geregelten Schriftform. Ein Darlehensvertrag muss daher schriftlich abgefasst sowie vom Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer eigenhändig unterzeichnet werden. Durch den Darlehensgeber bedarf die Erklärung keiner Unterzeichnung, wenn sie mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wird (§ 492 Abs. 1 S. 3 BGB). Der erforderlichen Schriftform ist auch dann genüge getan, wenn die beiden Vertragsparteien den Antrag und die Annahme des Darlehensvertrages getrennt voneinander - also auf unterschiedlichen Dokumenten - schriftlich erklärt haben (§ 492 Abs. 1 S. 2 BGB). Verbraucherdarlehensverträge können rechtswirksam auch vollständig online abgewickelt werden. Die in § 492 Abs. 1 BGB geforderte Schriftform kann nach der Regelung des § 126 Abs. 3 BGB hierfür durch die elektronische Form (§ 126a BGB) ersetzt werden. Unter elektronischer Form im Sinne des § 126a BGB ist ein elektronisches Dokument, welches mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (eIDAS-Verordnung) versehen ist, zu verstehen. Soweit also eine Schriftform verlangt wird, ist das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu verknüpfen. Eine qualifizierte elektronische Signatur hat die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift (Art. 25 Abs. 2 eIDAS-Verordnung). Der digitale Zeichnungshinweis muss auf den Vertragsunterlagen enthalten sein.

Das Abtretungsangebot eines Abtretenden kann auch „nur“ durch konkludentes Handeln des Abtretungsempfängers - also ohne Unterschrift des Abtretungsempfängers - angenommen werden. Begehrt ein Abtretungsempfänger die Auszahlung von Beträgen und legt eine vom Abtretenden unterzeichnete Abtretungserklärung beim Schuldner der abgetretenen Forderung (Drittschuldner) vor, so macht er durch dieses Handeln gegenüber dem Drittschuldner deutlich, dass er die Abtretung angenommen hat.

Mit Abschluss des Abtretungsvertrages geht der Anspruch des Abtretenden (Zedent) auf den Abtretungsempfänger (Zessionar) über. Der Abtretungsempfänger wird neuer Gläubiger des Schuldners des Berechtigten. Der Abtretungsempfänger kann demzufolge die Erfüllung des abgetretenen Anspruchs zu seinen Gunsten fordern. Werden künftige Ansprüche abgetreten, gehen diese im Zeitpunkt ihres Entstehens auf den neuen Gläubiger über.

Vertragspartei kann jede geschäftsfähige (§ 104 BGB) natürliche oder juristische Person sein.

Bei Minderjährigen ist zu beachten, dass diese trotz der ihnen nach § 36 SGB I zugestandenen Handlungsfähigkeit nicht berechtigt sind, außerhalb der durch die §§ 107 beziehungsweise 112 BGB gezogenen Grenzen entsprechende Abtretungsverträge zu schließen. Denn § 36 SGB I räumt Minderjährigen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr lediglich das Recht ein, Anträge auf Sozialleistungen zu stellen und zu verfolgen sowie Sozialleistungen entgegenzunehmen.

Nicht nur der Leistungsberechtigte selbst, sondern nach dessen Tod auch Dritte können Ansprüche abtreten, soweit sie diese entweder als Erbe oder als Sonderrechtsnachfolger (§§ 56 ff. SGB I) aus dem Versicherungsverhältnis des Leistungsberechtigten erworben haben. Für den Sonderrechtsnachfolger gilt dies mit den Beschränkungen des § 53 SGB I, für den Erben aber ohne dieselben.

Der Abtretende darf die Abtretung nicht einseitig widerrufen (Ausnahme: Widerrufsvorbehalt ist ausdrücklich vereinbart). Sie ist bis zur Rückabtretung wirksam. Wenn sie mit einer auflösenden Bedingung (zum Beispiel Tilgung einer Schuld) verbunden ist, endet ihre Wirkung mit Eintritt der Bedingung (vergleiche § 158 Abs. 2 BGB).

Zur Sicherung einer Forderung kann der Berechtigte seinem Gläubiger ein Pfandrecht am Leistungsanspruch einräumen. Die Verpfändung erfolgt durch Vertrag zwischen dem Leistungsberechtigten und dem Pfandgläubiger (§ 1274 BGB). Für die Wirksamkeit der Verpfändung ist weiter erforderlich, dass der Leistungsberechtigte die Verpfändung dem jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger anzeigt (§ 1280 BGB).

Für die Verpfändung gelten die Ausführungen dieses Rechtshandbuchs zur Abtretung entsprechend.

Grundsätze zur Abtretung

Die Abtretung ist nur wirksam, wenn sie hinreichend bestimmt ist. Dies setzt voraus, dass die betreffende Forderung und ihr Rechtsgrund so genau bezeichnet sind, dass bei verständiger Auslegung unzweifelhaft feststeht, welche Forderung Gegenstand der Abtretung sein soll (vergleiche BSG vom 19.03.1992, AZ: 7 RAr 26/91, in SozR 3-1200 § 53 SGB I Nr. 4).

Abtretungen können sich unter konkreter Bezeichnung des abgetretenen Anspruchs auf einzelne Ansprüche (zum Beispiel „Anspruch auf Witwenrente“) oder auf mehrere Ansprüche beziehen. Inwieweit die Abtretung von Ansprüchen unter einem Sammelbegriff zulässig ist, wurde durch die Rechtsprechung bisher noch nicht abschließend geklärt. Daher muss insoweit die weitere Entwicklung abgewartet werden. Die dem zuständigen Rentenversicherungsträger gegenüber bestehenden Ansprüche werden von der Abtretung erfasst, wenn sie konkret bezeichnet sind oder wenn sich der Anspruch gemäß § 133 BGB unter Auslegung der Abtretungserklärung einem in der Abtretungserklärung verwendeten Begriff zuordnen lässt. So kann beispielsweise „eine Abtretung von Rentenansprüchen“ sowohl Versichertenrenten als auch Hinterbliebenenrenten, jedoch nicht eine Witwenrentenabfindung betreffen.

Auch künftige Ansprüche können abgetreten werden. Dabei muss - anders als bei der Pfändung künftiger Ansprüche - die Rechtsbeziehung, in deren Rahmen der künftige Anspruch entstehen wird, im Zeitpunkt der Abtretung noch nicht bestehen. Es genügt, dass im Zeitpunkt der Abtretung die Möglichkeit des Entstehens des abgetretenen künftigen Anspruchs gegeben ist. Wirksam wird eine derartige Abtretung mit dem Entstehen des Anspruchs. Für Rangfolgefragen hingegen bleibt der Zeitpunkt der Abtretung maßgebend (vergleiche Abschnitt 2.1).

Abgrenzung zwischen einmaligen und laufenden Geldleistungen

Einmalige Geldleistungen sind:

Alle übrigen Geldleistungen sind laufende Geldleistungen:

  • Renten,
  • Übergangsgeld (§§ 20 ff. SGB VI).

Dazu gehören Nachzahlungen, auch wenn sie in einem Betrag ausgezahlt werden.

Geschützte Leistungsansprüche

§ 53 SGB I regelt die Abtretung der in § 23 SGB I genannten Leistungsansprüche des Berechtigten.

Nicht abgetreten werden können gemäß § 400 BGB unpfändbare Forderungen. Nicht abtretbar ist daher der Zuschuss zur Krankenversicherung nach § 106 SGB VI, der nach § 850e Nr. 1 ZPO nicht der Pfändung unterworfen ist (siehe hierzu GRA zu § 54 SGB I, Abschnitt 2.1). Die Nichtpfändbarkeit des Zuschusses zur Krankenversicherung folgt wegen seiner Zweckbestimmung auch aus § 399 BGB. Die Abtretung des Zuschusses zur Krankenversicherung ist nur ausnahmsweise möglich, wenn sie wegen rückständiger Krankenversicherungsbeiträge oder -prämien erfolgt.

Vereinbarungen in Abtretungserklärungen, die die Beachtung der Pfändungsfreigrenzen ausschließen und hiervon abweichende Raten festlegen, sind nach § 32 SGB I nichtig, da sie zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von den Vorschriften des Sozialgesetzbuches abweichen.

Ob die Nichtigkeit einer einzelnen Vereinbarung auch zur Nichtigkeit des gesamten Abtretungsvertrages führt, hängt davon ab, ob der Abtretungsvertrag auch ohne die nichtige einzelne Vereinbarung abgeschlossen worden wäre (§ 139 BGB). Ergibt diese Prüfung, dass nur die einzelne Vereinbarung (zum Beispiel die Nichtanwendung der Pfändungsfreigrenzen) nichtig ist, ist die Abtretung ansonsten zu beachten (siehe RBRTS 1/2007, TOP 4).

Ohne die Einschränkungen des § 53 SGB I können abgetreten werden:

  • der Anspruch auf Rückzahlung zu Unrecht entrichteter Beiträge nach § 26 SGB IV,
  • der auf einen Erben (§ 58 SGB I) übergegangene Anspruch des verstorbenen Berechtigten.

Berücksichtigung der Abtretung

Eine Abtretung ist vom jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger nur zu beachten, wenn er von der Abtretung Kenntnis hat.

Die Kenntnis von der Abtretung erlangt der Rentenversicherungsträger regelmäßig durch schriftliche Bekanntgabe (Anzeige) der Abtretung vom Leistungsberechtigten oder durch Übersendung einer Abtretungsurkunde oder deren Ablichtung vom Abtretungsempfänger (vergleiche auch §§ 409, 410 BGB). Ein in Kenntnis einer Abtretung gegenüber dem Abtretenden erfüllter Leistungsanspruch kann von dem Abtretungsempfänger nochmals verlangt werden, weil diesem gegenüber keine befreiende Wirkung geltend gemacht werden kann (vergleiche § 407 BGB).

Eine Sonderregelung für den Sozialleistungsbereich enthält für ab 01.01.1989 fällig werdende laufende Geldleistungen § 53 Abs. 4 SGB I. Danach ist der Leistungsträger zur Auszahlung an den Abtretungsempfänger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat der Kenntnisnahme der Abtretung folgt. Von der Regelung des § 53 Abs. 4 SGB I sind nur Abtretungsvereinbarungen erfasst, die nach dem 26.07.1988 getroffen worden sind (Art. II § 18 Abs. 2 SGB I).

§ 53 Abs. 4 SGB I wurde geschaffen, um die Leistungsträger vor Doppelzahlungen zu schützen. Die Gefahr einer Doppelzahlung ist jedoch nicht gegeben, wenn Rentennachzahlungsbeträge im Zeitpunkt der Kenntnis einer Rentenabtretung noch nicht ausgezahlt wurden. Dann sind dem Abtretungsempfänger die gesamten abgetretenen Beträge zu zahlen.

Siehe Beispiel 1

Als Schutzvorschrift zu Gunsten des Drittschuldners verbietet es § 53 Abs. 4 SGB I nicht, bereits vor dem dort genannten Zeitraum Zahlungen an den Gläubiger zu leisten.

Für Nachzahlungen, die zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Abtretung noch nicht ausgezahlt sind, findet § 53 Abs. 4 SGB I keine Anwendung.

Liegt eine wirksame Abtretung vor, ist diese vom zuständigen Rentenversicherungsträger zu beachten. Die Erteilung eines Verwaltungsaktes ist nicht erforderlich (vergleiche BSG vom 22.02.1990, AZ: 4 RA 19/89, und BSG vom 27.11.1991, AZ: 4 RA 80/90). Die Beteiligten sind lediglich über die Behandlung der Abtretung zu unterrichten. Diese Rechtsauffassung ist nicht unumstritten. Mit dem Urteil des BSG vom 23.10.2003, AZ: B 4 RA 25/03 R, hat der erkennende Senat festgestellt, dass es sich jedenfalls bei der Feststellung des vom Höchstwert des Stammrechts infolge der Abtretung abweichenden monatlichen Einzelanspruchs gegenüber dem Versicherten um einen Verwaltungsakt handelt. Die Rentenversicherungsträger folgen dieser Meinung bisher nicht.

Die Mitteilung an den Gläubiger, ob und inwieweit die Abtretungsvereinbarung anerkannt wird, ist als deklaratorisches, nicht jedoch als konstitutives Schuldanerkenntnis (§ 781 BGB) einzuordnen. Dies hat zur Folge, dass der Gläubiger keine Ansprüche aus dieser Erklärung selbst herleiten kann, falls die Abtretungsvereinbarung unwirksam sein oder die Sozialleistungsansprüche des Versicherten nicht erfassen sollte.

Die Entscheidung darüber, ob eine Vorleistung nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I oder ein wohlverstandenes Interesse im Sinne von § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I vorliegt, ist stets mit einem Verwaltungsakt zu treffen.

Wirksamkeit der Abtretung wird bestritten

Die von Abtretungsverträgen betroffenen Drittschuldner haben über § 409 BGB einen besonderen Schuldnerschutz erhalten. Auf diesen können sie sich berufen, wenn die Vornahme einer Abtretung oder deren Wirksamkeit vom Zedenten oder dessen tatsächlichen Rechtsnachfolger bestritten wird. Demzufolge wurden Zahlungen mit befreiender Wirkung an einen vermeintlichen Abtretungsempfänger geleistet, wenn sich später herausstellt, dass die Abtretung unwirksam ist. Die Gefahr einer Doppelzahlung besteht in diesen Fällen nicht.

Die Klärung, ob eine Abtretung vorgenommen wurde oder wirksam ist, kann nicht durch eine Entscheidung des Drittschuldners, sondern muss durch die am Abtretungsvertrag beteiligten Parteien herbeigeführt werden. Lässt sich insoweit kein Einvernehmen erzielen, müssen die Zweifel auf dem Rechtsweg ausgeräumt werden. Bei bestehender Ungewissheit über die Person eines Gläubigers kann der Schuldner einer Forderung eine Hinterlegung vornehmen (§ 372 S. 2 BGB). Im Zusammenhang mit Abtretungen von Sozialleistungen kommt eine solche Hinterlegung jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht.

Sittenwidrigkeit und Wucher

In vielen Fällen ist die Abtretungsvereinbarung Bestandteil eines Gesamtvertrages (zum Beispiel Darlehensvertrages). Ist dieser Gesamtvertrag in einzelnen wesentlichen Bestandteilen unwirksam, erfasst diese Unwirksamkeit regelmäßig auch alle anderen Teile des Vertrages. So bewirkt zum Beispiel eine Zinsvereinbarung, die den Wuchertatbestand gemäß § 138 Abs. 2 BGB erfüllt, dass nicht nur die Vereinbarung über die Zinsen, sondern der gesamte Darlehensvertrag, gegebenenfalls inklusive einer Abtretungsvereinbarung, nichtig ist.

Ein Wuchertatbestand liegt dann vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis stehen. Bezüglich der Zinsvereinbarung in einem Darlehensvertrag ist das in der Regel dann der Fall, wenn die vereinbarten Zinsen um 100 % über dem marktüblichen Zinssatz liegen.

Durch den Rentenversicherungsträger können Feststellungen über die Höhe des marktüblichen Zinssatzes für Darlehensverträge nicht getroffen werden. Der bis 2002 durch die Deutsche Bundesbank festgelegte Schwerpunktzins als Referenzzins für die gerichtliche Ermittlung wucherischer Zinsen ist ab dem 01.01.2003 entfallen. Das Vorliegen eines Wuchertatbestandes kann für den Rentenversicherungsträger allerdings in der Regel nur in Abtretungsfällen Bedeutung erlangen, in denen Schuldner die Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung mit einem entsprechenden Hinweis auf einen Wuchertatbestand geltend machen.

In solchen Fällen empfiehlt sich, die Vertragsparteien auf diesen Sachverhalt hinzuweisen und sie zur Klärung der Rechtslage aufzufordern. Gleichzeitig sollte der Vorschlag unterbreitet werden, den möglicherweise abgetretenen Betrag vorerst einzubehalten, um so eine kostenträchtige Hinterlegung nach § 372 BGB in Verbindung mit der HinterlO zu vermeiden.

Über § 409 BGB ist der Drittschuldner bei einem solchen Sachverhalt allerdings auch berechtigt, den abtretbaren Betrag bis zur rechtskräftigen Feststellung der Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung oder einem entsprechenden Verzicht des neuen Gläubigers an diesen mit befreiender Wirkung zu leisten.

Verstoß gegen die §§ 305 ff. BGB

Die Übersicherung eines Anspruchs kann gegen die Bestimmungen zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen nach §§ 305 ff. BGB verstoßen und zur relativen Unwirksamkeit der Abtretungsvereinbarung führen. Die genannten Bestimmungen bildeten früher das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz), wurden jedoch durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mit Wirkung vom 01.01.2002 in das BGB integriert. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann allerdings erst bei Verträgen in Betracht kommen, die nach dem 31.03.1977 geschlossen worden sind, da das frühere AGB-Gesetz erst am 01.04.1977 in Kraft getreten ist.

Der BGH hatte mit Urteil BSG vom 22.06.1989, AZ: III ZR 72/88, NJW 1989, 2383, in dem von einem Verbraucherverband betriebenen Verfahren die künftige Verwendung einer allgemeinen Geschäftsbedingung, mit der die Geschäftspartner des Verwenders eine Globalzession vornehmen, untersagt. Der BGH hielt eine Abtretungsklausel nach § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam.

Verstößt die Vereinbarung gegen §§ 305 ff. BGB, gilt ihre Unwirksamkeit nur im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander. Der Versicherte muss sie also dem Gläubiger und nicht dem Rentenversicherungsträger gegenüber geltend machen. Der zuständige Rentenversicherungsträger kann unter den Voraussetzungen der §§ 409, 410 BGB an den eventuell nur vermeintlichen Neugläubiger mit befreiender Wirkung leisten.

Solange der Gläubiger die Unwirksamkeit nicht anerkannt hat oder diese durch Urteil nicht festgestellt worden ist, ist der Vertrag als wirksam anzusehen. Sollte allerdings bereits ein entsprechender Rechtsstreit geführt werden, ist den Parteien vorzuschlagen, dass der abgetretene Betrag zwar einbehalten, bis auf weiteres aber nicht ausgezahlt wird.

Berufen sich nachrangige Gläubiger auf einen Verstoß gegen §§ 305 ff. BGB, ist dies ohne Bedeutung. Auch besteht keine Verpflichtung des Versicherungsträgers, den Versicherten von Amts wegen auf einen möglichen Verstoß gegen diese Vorschriften hinzuweisen.

Wechsel der Zuständigkeit

Wird nach Eingang der Abtretungsanzeige ein anderer Rentenversicherungsträger zuständig, ist zwischen zwei Sachverhalten zu unterscheiden.

Leistung an den Versicherten

Falls bereits eine von der Abtretung umfasste Leistung an den Versicherten erbracht wird, ist der nunmehr zuständige Rentenversicherungsträger auf diesen Sachverhalt hinzuweisen, es sei denn, der bisher zuständige Rentenversicherungsträger ist als alleiniger Drittschuldner in der Abtretungsvereinbarung bezeichnet oder die Abtretung ist in Form eines Verwaltungsaktes (§ 53 Abs. 2 SGB I) von diesem Rentenversicherungsträger anerkannt worden. Ist Letzteres der Fall, sind die Parteien auf den geänderten Sachverhalt hinzuweisen.

Derjenige Rentenversicherungsträger, der nunmehr dem Berechtigten gegenüber leistungspflichtig ist, hat die Abtretung zu beachten, sofern er in den Kreis der in Betracht kommenden Drittschuldner ausdrücklich einbezogen worden ist und es sich nicht um eine Abtretung nach § 53 Abs. 2 SGB I handelt, über deren Wirksamkeit der bisher zuständige Rentenversicherungsträger durch Verwaltungsakt entschieden hat. Gegebenenfalls sollte bei dem Leistungsberechtigten angefragt werden, ob ein entsprechender Antrag auch bei dem nunmehr zuständigen Rentenversicherungsträger gestellt wird.

Vormerkung

Die Vormerkung einer Abtretungsvereinbarung ist jeweils nur vom aktuellen Kontoführer vorzunehmen. Geht dementsprechend eine Abtretungsvereinbarung bei einem anderen als dem kontoführenden Versicherungsträger ein, ist eine Weiterleitung der Abtretungserklärung an diesen nicht vorzunehmen. Vielmehr ist die Abtretungsvereinbarung unter Hinweis auf die fehlende Kontoführung an den Abtretungsgläubiger zurückzugeben (siehe hierzu RBRTB 1/2004, TOP 2). Das Gesetz zur Organisationsreform (RVOrgG) hat hieran nichts geändert (siehe RBRTS 1/2005, TOP 7).

Ist der Anspruch des Abtretungsgläubigers im Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels lediglich vorgemerkt, bleibt die Vormerkung bestehen, allerdings ohne dass sie dem nunmehr zuständigen Leistungsträger übermittelt wird (siehe AGFAVR 5/88, TOP 3).

Der nunmehr das Konto des Zedenten führende Rentenversicherungsträger erhält von der Vormerkung also keine Kenntnis. Daher kann er die Abtretung regelmäßig auch nicht beachten. Etwas anderes gilt allerdings in dem Fall, in dem die Abtretung bereits in dem von ihm geführten Konto gespeichert ist.

Datenschutz

Bei der Ausführung von Abtretungen sind die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X zu beachten. Es sind nur insoweit Daten zu übermitteln, als dies erforderlich ist (vergleiche § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X). Für eine Anwendung von § 840 ZPO fehlt es an der rechtlichen Grundlage. Wird (zum Beispiel in entsprechender Anwendung des § 840 ZPO) dem Abtretungsempfänger eine „Drittschuldnererklärung“ gegeben, sind nur die in dieser Vorschrift genannten Daten zu übermitteln (siehe auch GRA zu § 71 SGB X in Verbindung mit § 54 SGB I). Rechtsgrundlage für diese Übermittlung ist § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X in Verbindung mit § 53 SGB I.

Abtretung von Dienst- und Sachleistungen (Absatz 1)

Dienst- und Sachleistungen können wegen ihres höchstpersönlichen Charakters nicht abgetreten werden. Das gilt auch, wenn sie im Einzelfall als Barleistung erbracht werden (zum Beispiel Erstattung der Reisekosten nach § 53 SGB IX).

Dienstleistungen sieht die gesetzliche Rentenversicherung nicht vor. Zu den Sachleistungen gehören die Leistungen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1a SGB I mit Ausnahme des Übergangsgeldes (§ 20 SGB VI). Alle Leistungen der Rentenversicherung, die nicht zu den Sachleistungen gehören, sind Geldleistungen.

Abtretung von Geldleistungen nach § 53 Abs. 2 SGB I

Bei der Abtretung nach § 53 Abs. 2 SGB I - wegen Vorleistung (vergleiche Abschnitt 5) oder im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten (vergleiche Abschnitt 6) - handelt es sich um ein zustimmungspflichtiges Rechtsgeschäft nach § 182 BGB in Verbindung mit § 184 BGB. Die Abtretung ist insoweit bis zu einer Entscheidung durch den Rentenversicherungsträger schwebend unwirksam.

Im Rahmen des § 53 Abs. 2 SGB I können Geldleistungen ohne Beachtung der Pfändungsgrenzen des § 850c ZPO für Arbeitseinkommen in voller Höhe abgetreten werden. Für die Abtretung eines Anspruchs auf eine laufende Rentenzahlung aus der gesetzlichen Rentenversicherung steht maximal der Rentenzahlbetrag nach Abzug eines nach § 50a Abs. 7 EStG angeordneten Steuerabzugs zur Verfügung (siehe AGFAVR 2/2015, TOP 3).

Wird die Zustimmung mit Erteilung eines Bescheides erteilt, wirkt diese auf den Zeitpunkt der Abtretungsvereinbarung zurück. Die nach der Abtretungsvereinbarung fälligen, aber noch nicht ausgezahlten Rentenbeträge (Nachzahlungsbeträge) werden von der Abtretung daher ebenfalls erfasst.

Wird die Abtretungsvereinbarung nach § 53 Abs. 2 SGB I anerkannt und vermindert sich demzufolge die an den Versicherten zu erbringende Leistung oder entfällt sie ganz, ist eine Anhörung aufgrund der Regelung des § 24 Abs. 2 Nr. 3 SGB X nicht erforderlich, es sei denn, der entsprechende Antrag ist nicht von dem Berechtigten, sondern von einem Dritten (Zessionar) gestellt worden.

Abtretung von Geldleistungen wegen Vorleistungen (Absatz 2 Nummer 1)

Ansprüche auf einmalige und laufende Geldleistungen können nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I abgetreten werden:

Zur Erfüllung oder Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf die abgetretene Sozialleistung zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind.

Ob die Abtretung im Einzelfall zulässig ist, hat der zuständige Rentenversicherungsträger selbst bescheidmäßig festzustellen. Ein Dritter hat dem Berechtigten ein Darlehen gegeben oder sonstige Aufwendungen gemacht, um dem Berechtigten für einen Zeitraum, für den ein fälliger Sozialleistungsanspruch besteht, aber noch nicht ausgezahlt ist (zum Beispiel Rentennachzahlungszeitraum), eine angemessene Lebensführung zu ermöglichen. Die Höhe des Darlehens oder der sonstigen Aufwendung muss dabei in etwa mit der zu erwartenden Leistung korrespondieren.

Der Berechtigte kann den für den genannten Zeitraum bestehenden Leistungsanspruch in Höhe der Vorleistung an den Dritten abtreten. Für die Abtretung ist es erforderlich, dass zeitliche Identität besteht zwischen dem Zeitraum, für den der abgetretene Leistungsanspruch zusteht, und dem Zeitraum, für den die Vorleistung gewährt wird.

Die Vorleistung darf das zu einer angemessenen Lebensführung erforderliche Maß nicht übersteigen. Die Erfüllung dieses unbestimmten, der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegenden Rechtsbegriffes muss jeweils im Einzelfall anhand der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Versicherten geprüft und festgestellt werden.

Die Anwendung der Regelung des § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I setzt allerdings voraus, dass die von der Abtretung betroffenen Ansprüche schon bei der Abtretung fällig waren (vergleiche Urteil des BSG vom 29.01.2014, AZ: B 5 R 36/12 R). Ein Abtretungsvertrag nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I, der vor Eintritt der Fälligkeit abgeschlossen wurde, erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Siehe Beispiel 3

Die Rentenversicherungsträger haben in der Vergangenheit Abtretungen wegen Vorleistungen gemäß § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I bei Berechtigten anerkannt, die aufgrund ihres Beschäftigungsverhältnisses im öffentlichen Dienst oder bei einem Arbeitgeber mit vergleichbaren tarifvertraglichen Regelungen Krankengeldzuschüsse zum Beispiel nach § 22 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der Fassung bis 31.03.2017 erhalten haben. Der TVöD in der Fassung vom 13.09.2005 trat im Wesentlichen am 01.10.2005 in Kraft und löste die insoweit für Krankenbezüge bis zum 30.09.2005 geltenden Vorschriften der §§ 37 und 71 BAT ab. Einer besonderen Abtretung der Rentenansprüche durch den Berechtigten bedurfte es dabei nicht, weil sich dieser bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages mit dem Übergang seines Rentenanspruchs auf den Arbeitgeber einverstanden erklärt hat (§ 22 Abs. 4 S. 4 TVöD in der Fassung bis 31.03.2017). Aufgrund des gesetzlich geregelten Forderungsübergangs in § 22 Abs. 4 S. 4 TVöD in der Fassung bis 31.03.2017 wurde den Forderungen der Arbeitgeber durch die Rentenversicherungsträger entsprochen, soweit überzahlte Krankenbezüge im Vorgriff auf fällig gewordene Rentenbezüge geleistet wurden, das heißt von dem Forderungsübergang wurden die für den Überzahlungszeitraum zustehenden Rentenbezüge erfasst.

In dem Urteil des BSG vom 29.01.2014, AZ: B 5 R 36/12 R, hat der erkennende Senat festgestellt, dass die in § 22 Abs. 4 S. 4 TVöD in der Fassung bis 31.03.2017 enthaltene Tarifbestimmung für Ansprüche der Beschäftigten auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung keine Rechtsnormwirkung entfaltet. Die Rentenversicherungsträger haben in den zuständigen Gremien beschlossen, dem Urteil über den Einzelfall hinaus zu folgen. Abtretungen nach § 22 Abs. 4 S. 4 TVöD in der Fassung bis 31.03.2017 und vergleichbare Regelungen in anderen Tarif- oder Einzelverträgen sind demzufolge nicht auszuführen (siehe hierzu AGFAVR 3/2014, TOP 5 und AGFAVR 1/2019, TOP 11).

Abtretung von Geldleistungen im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten (Absatz 2 Nummer 2)

Ansprüche auf einmalige und laufende Geldleistungen können abgetreten werden, wenn der jeweils zuständige Rentenversicherungsträger feststellt, dass die Abtretung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.

Prüfung der Voraussetzungen

Ein wohlverstandenes Interesse des Berechtigten an der Abtretung ist gegeben, wenn er sich durch sie schutzwürdige Vorteile verschafft, die höher (oder zumindest gleichwertig) einzuschätzen sind als das Innehaben des Zahlanspruchs. Ausschlaggebend ist dabei allein das Interesse des Versicherten, nie das des Abtretungsgläubigers. Insoweit können die gesamten wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse entscheidend sein.

Eine Abtretung kann auch teilweise im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegen und ist dann nur insoweit zuzulassen. Schutzwürdige Vorteile für den Berechtigten sind nicht allein darin zu erkennen, dass sich Zedent und Zessionar über die Abtretung einig sind und gegenüber dem Leistungsträger ein gemeinsames Ziel verfolgen. Vielmehr sind strenge Maßstäbe bei der Prüfung des wohlverstandenen Interesses anzulegen, um Missbrauch vorzubeugen. Das Genehmigungsverfahren soll den Schutz des Sozialleistungsberechtigten vor unüberlegten und nachteiligen Übertragungen bezwecken.

Bei Abtretungen laufender Geldleistungen findet § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I nur in Ausnahmefällen Anwendung. Denn laufende Geldleistungen mit Unterhaltsfunktion, die sämtlichen laufenden Geldleistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung zukommt, können nach § 53 Abs. 3 SGB I nur in dem Umfang abgetreten werden, wie Arbeitseinkommen nach den §§ 850c ff. ZPO pfändbar ist. Diese Vorschriften enthalten bereits ausgewogene Maßstäbe dafür, inwieweit laufende Geldleistungen mit Unterhaltsfunktion im Regelfall übertragbar sein sollen. Ob ein wohlverstandenes Interesse anzunehmen ist, ist einzelfallabhängig. Daher lassen sich typische Fallgruppen für die Annahme oder Ablehnung eines wohlverstandenen Interesses kaum bilden. Ein wohlverstandenes Interesse an einer darüber hinausgehenden Abtretung kann zum Beispiel angenommen werden, wenn der Berechtigte durch die Abtretung seine Unterbringung in einem Pflege- oder Altersheim oder ähnlichen Anstalten ermöglicht. Solange sich der Berechtigte noch selbst unterhält, ist über eine vollständige oder überwiegende Abtretung nur mit größter Zurückhaltung zu entscheiden. So kann zum Beispiel die Abtretung der Miete einen schutzwürdigen Vorteil für den Berechtigten darstellen, wenn dadurch Obdachlosigkeit vermieden oder abgewendet wird. Liegt das Anliegen des Berechtigten darin, durch die Abtretung Gebühren für die Überweisungen seiner laufenden Zahlungsverpflichtungen (zum Beispiel der Krankenversicherungsbeiträge) einzusparen, kann ein schutzwürdiger Vorteil jedenfalls nicht gegeben sein.

Für die Annahme eines wohlverstandenen Interesses des Berechtigten an der Abtretung einer einmaligen Geldleistung oder eines Teils davon kommt es ebenfalls darauf an, dass die Abtretung dem Berechtigten schutzwürdige Vorteile verschafft, die er ohne die Abtretung nicht erreichen kann. Dies wird bei einmaligen Geldleistungen häufiger als bei laufenden zutreffen, da einmalige Geldleistungen nicht bereits nach § 53 Abs. 3 SGB I teilweise abtretbar sind.

Siehe Beispiel 4

Zwar ist auch die Übertragung künftiger Ansprüche zulässig; die Prüfung, ob das wohlverstandene Interesse bejaht werden kann, ist jedoch erst im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs (zum Beispiel Beitragserstattung) möglich. Der Abtretungsvertrag ist bis zum Zeitpunkt der Feststellung des wohlverstandenen Interesses schwebend unwirksam (siehe hierzu auch die Ausführungen im Abschnitt 4).

Ein wohlverstandenes Interesse besteht nicht mehr, wenn die Leistung bereits ausgezahlt ist (BSG vom 06.04.2000, AZ: B 11 AL 47/99 R).

Als Hilfsmittel zur Entscheidung der Frage, ob ein wohlverstandenes Interesse zu bejahen ist, bietet es sich an, aus der Sicht eines objektiven Beobachters beide Situationen, in denen der Versicherte sich bei Verneinung (ungekürzter Sozialleistungsanspruch, aber keine Leistung des Abtretungsgläubigers) oder Annahme (gekürzter Sozialleistungsanspruch, dafür aber Leistung des Abtretungsgläubigers) des wohlverstandenen Interesses befinden würde, miteinander zu vergleichen.

Feststellung durch den Rentenversicherungsträger

Ob die Abtretung im Einzelfall im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt, hat der zuständige Rentenversicherungsträger selbst bescheidmäßig festzustellen.

Die positive Feststellung des wohlverstandenen Interesses hat zur Folge, dass die insoweit bis dahin schwebend unwirksame Abtretungsvereinbarung von Beginn an wirksam wird. Der Bescheid hat privatrechtsgestaltende Wirkung und stellt rechtlich eine Zustimmung im Sinne des § 182 BGB dar, die bei nachträglicher Erteilung des Bescheides als Genehmigung (§ 184 BGB) wirkt. Wird der Vertrag erst nach der Feststellung geschlossen, wirkt die Feststellung als Einwilligung (§ 183 BGB).

Die Prüfung von § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I erfolgt auf Antrag des Berechtigten oder des Abtretungsempfängers. Die Feststellung des wohlverstandenen Interesses beziehungsweise die Ablehnung des Feststellungsantrages wird durch Verwaltungsakt getroffen, der mit der Widerspruchsklausel zu versehen und dem Berechtigten sowie dem Abtretungsempfänger zuzustellen ist.

Ist ein wohlverstandenes Interesse des Berechtigten an der Abtretung eines Anspruchs auf laufende Geldleistungen festgestellt worden und ändern sich die der Feststellung zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse derart, dass ein wohlverstandenes Interesse nicht mehr vorliegt, so ist der Feststellungsbescheid ganz oder teilweise für die Zukunft aufzuheben. Hat sich umgekehrt durch eine Änderung in den Verhältnissen ein ursprünglich zu Recht verneintes wohlverstandenes Interesse des Berechtigten ergeben, so ist es nur auf einen erneuten Antrag hin festzustellen.

Wird eine Abtretung angezeigt, ohne dass ein Antrag nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I gestellt wird, so ist zunächst zu prüfen, ob und inwieweit sie nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I oder § 53 Abs. 3 SGB I zulässig ist. Wenn eine Abtretung angezeigt wird, die nicht nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I oder § 53 Abs. 3 SGB I wirksam ist, sind die Beteiligten auf die Antragsbefugnis nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I hinzuweisen, wenn sich aus den vorliegenden Unterlagen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Abtretung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegen könnte.

Ist eine Abtretung bereits nach § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I oder § 53 Abs. 3 SGB I ganz oder teilweise kraft Gesetzes wirksam, so ist ein Antrag nach § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I mangels Feststellungsinteresses abzulehnen.

Abtretung von laufenden Geldleistungen (Absatz 3)

In allen Fällen der Abtretung mit Ausnahme der Abtretung wegen Unterhalts (siehe Abschnitt 8) können laufende Geldleistungen der Rentenversicherung in dem Umfang abgetreten werden, wie Arbeitseinkommen nach §§ 850c ff. ZPO pfändbar ist.

Zu den nach § 53 Abs. 3 SGB I abtretbaren Leistungen zählen

  • Renten (auch Rentennachzahlungen),
  • Übergangsgeld,
  • Leistungen für Kindererziehung (§ 294 SGB VI).

Einmalige Geldleistungen (zum Beispiel Witwen- und Witwerrentenabfindungen nach § 107 SGB VI) werden von § 53 Abs. 3 SGB I nicht erfasst. Sie können nur nach § 53 Abs. 2 SGB I abgetreten werden.

Anhand der Tabelle zu § 850c ZPO kann unter Berücksichtigung der Personen, denen der Berechtigte aufgrund einer gesetzlichen Unterhaltspflicht (siehe GRA zu § 54 SGB I, Abschnitt 7.3.2) tatsächlich Unterhalt gewährt, der abtretbare Betrag abgelesen werden. Hinsichtlich des Ausgangsbetrages für die Anwendung des § 850c ZPO gelten die Ausführungen in der GRA zu § 54 SGB I, Abschnitt 7.3.1 entsprechend mit der Maßgabe, dass eine Zusammenrechnung mit anderen Einkünften nur möglich ist, wenn die Abtretung dies auch ausdrücklich bestimmt. Dies gilt auch für die Anwendbarkeit der § 850f Abs. 1 ZPO und § 850g ZPO. Bei der Zusammenrechnung von Einkünften ist zu beachten, dass die zur Ermittlung eines Abtretungsanspruchs gemäß § 53 Abs. 3 SGB I zusammenzurechnenden Ansprüche dem Grunde nach abtretbar sein müssen. Die Zusammenrechnung mit unpfändbaren Ansprüchen, die nicht abgetreten werden können (siehe Abschnitt 2.4) oder mit Ansprüchen, für die ein Abtretungsverbot im Sinne von § 399 BGB gilt, kann nicht vorgenommen werden.

Für eine Zusammenrechnung reicht allerdings die (allgemeine) Klausel „abgetreten sein sollen sämtliche Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung“ mangels ausdrücklicher Zusammenrechnungsvereinbarung der Parteien nicht aus. Einer ausdrücklichen Zusammenrechnungsvereinbarung bedarf es auch dann, wenn derselbe Rentenversicherungsträger mehrere Renten zahlt (siehe hierzu RBRTN 1/2010, TOP 04).

Die Vorlage einer ausdrücklichen Einwilligung des Rentenberechtigten in eine Zusammenrechnung oder einer ausdrücklichen Zusammenrechnungsvereinbarung ist auch dann erforderlich, wenn sich beim Bezug mehrerer Renten zu Gunsten des Abtretungsgläubigers nur im Wege der Zusammenrechnung ein abtretbarer Rentenbetrag ergeben würde.

Bei einer Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen mit einer Sozialleistung ist der unpfändbare Betrag nicht grundsätzlich dem Arbeitseinkommen zu entnehmen. Die Vertragsparteien können in der Abtretung eine andere Regelung vereinbaren.

Eine Zusammenrechnung von laufenden Geldleistungen nach dem SGB und ausländischen Rentenleistungen zur Ermittlung des abtretbaren Betrages kann erfolgen, sofern sie im Grundsatz pfändbar sind (Näheres hierzu siehe Ausführungen in der GRA zu § 54 SGB I, Abschnitt 7.4.2).

Eine Entscheidung über die Heraufsetzung der den Rentenberechtigten über § 850c ZPO pfandfrei zu belassenden Beträge durch den Rentenversicherungsträger als Drittschuldner ist nicht möglich. Sie sind insoweit - zum Beispiel für den Fall des Eintritts von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II über die Hilfe zum Lebensunterhalt - zur Erzielung einer entsprechenden Absprache an den Abtretungsempfänger zu verweisen. Anders lautender Rechtsprechung folgt die Deutsche Rentenversicherung bisher nicht.

Mit der Verweisung an den Abtretungsempfänger ist den Berechtigten bereits zu empfehlen, bei dem für ihren Wohnsitz zuständigen Sozialgerichten einen Antrag auf Erlass eines entsprechenden Beschlusses zu stellen, falls eine Einigung mit dem Abtretungsempfänger nicht gelingt. Für Entscheidungen nach § 850c Abs. 6 ZPO (§ 850c Abs. 4 ZPO in der Fassung bis 07.05.2021) ist in Abtretungsfällen nicht die Zuständigkeit der Vollstreckungsgerichte, sondern die der Sozialgerichtsbarkeit gegeben (BSG vom 27.11.1991, AZ: 4 RA 80/90, SozR 3-1200 § 53 SGB I Nr. 2). Dieses Urteil beziehungsweise seine Entscheidungsgründe sind auch anwendbar, wenn gerichtliche Entscheidungen nach § 850f Abs. 1 und § 850g ZPO, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ebenso wie die Beschlüsse nach § 850c Abs. 6 ZPO vom Vollstreckungsgericht getroffen werden, für Abtretungen erforderlich werden.

Der Kinderzuschuss ist entsprechend § 54 Abs. 5 S. 1 SGB I nur abtretbar, wenn die Abtretung der Unterhaltssicherung eines Kindes dient, für das der Kinderzuschuss gezahlt wird.

Als unterhaltsberechtigte Personen sind bei Anwendung der Tabelle ohne nähere Prüfung zu berücksichtigen:

  1. der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner im Sinne § 1 LPartG unabhängig vom eigenen Einkommen,
  2. die Kinder - mit Ausnahme von Stief- und Pflegekindern -, sofern nach Aktenlage unterstellt werden kann, dass sie vom Berechtigten kraft gesetzlicher Verpflichtung unterhalten werden (zum Beispiel bei Zahlung eines Kinderzuschusses); dies gilt auch, wenn wegen des entsprechend anwendbaren § 54 Abs. 5 S. 1 SGB I der Kinderzuschuss bei Ermittlung der abgetretenen Beträge nicht zu berücksichtigen ist.

Liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass der Berechtigte weiteren Personen aufgrund eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs Unterhalt leistet, so sind entsprechende Ermittlungen anzustellen, sofern es für die Höhe der Abtretung darauf ankommt. Das gilt auch beim Vorliegen von Anhaltspunkten, nach denen eine der oben angeführten Personen nicht unterhaltsberechtigt ist beziehungsweise vom Berechtigten keinen Unterhalt bezieht. Im Zweifel können entsprechende Teilbeträge einbehalten werden, bis die Vertragspartner des Abtretungsvertrages die Rechtslage geklärt haben.

Der Rentenversicherungsträger ist nicht berechtigt, unterhaltsberechtigte Personen mit eigenen Einkünften entsprechend der Regelung des § 850c Abs. 6 ZPO unberücksichtigt zu lassen. Auf entsprechende Anträge der Gläubiger sind diese an die Sozialgerichte zu verweisen. Dort können sie entsprechende Leistungsklagen erheben beziehungsweise Anträge stellen (vergleiche BSG vom 27.11.1991, AZ: 4 RA 80/90). Das Sozialgericht hat dann in analoger Anwendung des § 850c Abs. 6 ZPO zu entscheiden, ob und inwieweit Personen nicht zu berücksichtigen sind.

Abtretung von laufenden Geldleistungen wegen Unterhalts (Absatz 3)

Wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche können laufende Geldleistungen in dem Umfang abgetreten werden, wie Arbeitseinkommen wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche pfändbar ist. Maßgebend ist hierfür § 850d ZPO, der eine weitergehende Pfändung als § 850c ZPO zulässt.

Zu den nach § 53 Abs. 3 SGB I abtretbaren Leistungen zählen

  • Renten (auch Rentennachzahlungen),
  • Übergangsgeld,
  • Leistungen für Kindererziehung (§ 294 SGB VI).

Einmalige Geldleistungen (zum Beispiel Witwen- und Witwerrentenabfindungen nach § 107 SGB VI) werden von § 53 Abs. 3 SGB I nicht erfasst. Sie können nur nach § 53 Abs. 2 SGB I abgetreten werden.

Bei einer Abtretung wegen Unterhalts ist es zweckmäßig, vor der Anwendung des § 850d ZPO zunächst eine Prüfung nach § 850c ZPO vorzunehmen. Ergibt diese Prüfung nämlich, dass der Umfang der Abtretung bereits nach § 850c ZPO zulässig ist, so erübrigt sich eine Anwendung von § 850d ZPO.

Zur Anwendung von § 850c ZPO siehe Näheres unter Abschnitt 7.

Beachte:

Die unterhaltsberechtigte Person, an die der Leistungsanspruch teilweise abgetreten worden ist, findet bei der Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO im Rahmen der Vorabprüfung keine Berücksichtigung.

Siehe Beispiel 5

Bei der Abtretung wegen Unterhalts erfolgt die Befriedigung des Unterhaltsanspruchs entsprechend §§ 367, 366 BGB in folgender Reihenfolge:

  1. Zinsen für rückständigen Unterhalt,
  2. rückständiger Unterhalt,
  3. laufender Unterhalt.

Gesetzliche Unterhaltsansprüche

Soweit eine Abtretung wegen Unterhalts nicht schon nach § 850c ZPO zulässig ist, ist § 850d ZPO anzuwenden:

§ 850d ZPO lässt eine über § 850c ZPO hinausgehende Abtretung nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche zu.

Bei der Abtretung wegen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs ist zu prüfen, ob der Unterhaltsanspruch tatsächlich besteht. Für den Nachweis von Bestehen und Höhe eines Unterhaltsanspruchs kommen in erster Linie Unterhaltstitel in Betracht (Urteile, gerichtliche Vergleiche, notarielle oder gerichtliche Urkunden im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Nicht titulierte gesetzliche Unterhaltsansprüche können auf andere Weise nachgewiesen werden (Unterhaltsvertrag, sonstige Urkunden, Zeugenerklärungen). Auch Angaben des Berechtigten und des Abtretungsempfängers sind zu berücksichtigen.

Die Höhe eines nicht titulierten Unterhaltsanspruchs braucht nur überprüft zu werden, wenn gegen die Angaben des Berechtigten über die Höhe des Anspruchs ernstliche Bedenken bestehen. Für die Bemessung des Unterhaltsanspruchs sind die im Unterhaltsrecht entwickelten Grundsätze unter Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung der Zivilgerichte zugrunde zu legen (zum Beispiel die Grundsätze der Düsseldorfer Tabelle; vergleiche Aktuelle Werte “Düsseldorfer Tabelle - Übersicht"; GRA zu § 48 SGB I).

Ermittlung des nicht abtretbaren Betrages (§ 850d ZPO)

Bei der Abtretung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche ist dem Schuldner nach § 850d Abs. 1 S. 2 ZPO sein notwendiger Unterhalt zu belassen. Darüber hinaus muss ihm so viel verbleiben, dass er seinen laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber vorrangigen Unterhaltsberechtigten nachkommen und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber gleichrangigen Unterhaltsberechtigten gleichmäßig erfüllen kann.

Die Rangfolge für den Fall, dass mehrere Personen unterhaltsberechtigt sind, regelt § 850d Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 1609 BGB und § 16 LPartG. Danach sind seit der Reform des Unterhaltsrechts durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007 (BGBl. I S. 3189) Unterhaltsberechtigte in folgender Reihenfolge zu berücksichtigen:

Rang 1

Den ersten Rang nehmen minderjährige Kinder und die ihnen nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB gleichgestellten unverheirateten volljährigen Kinder bis zum 21. Lebensjahr ein, die bei den Eltern oder einem Elternteil leben und sich in einer allgemeinen Schulausbildung befinden. Untereinander haben diese Ansprüche den gleichen Rang. Gegenüber den Unterhaltsansprüchen anderer Personen (ab Rang 2) sind diese aber stets vorrangig.

Rang 2

Der zweite Rang ist denjenigen Elternteilen vorbehalten, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung unterhaltsberechtigt wären sowie Ehegatten und geschiedenen Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer. Dazu zählen auch Lebenspartner im Sinne des LPartG, die zum Beispiel wegen der Betreuung eines adoptierten Kindes nach § 16 S. 2 LPartG in Verbindung mit den hier einschlägigen Bestimmungen des BGB Unterhalt beanspruchen können.

Rang 3

Den dritten Rang belegen diejenigen Ehegatten und geschiedenen Ehegatten sowie die ihnen durch § 16 LPartG gleichgestellten Lebenspartner, die nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Rang 2 erfüllen.

Rang 4

Den vierten Rang nehmen die Kinder ein, die nicht die Voraussetzungen für eine Eingruppierung in Rang 1 erfüllen; hierbei handelt es sich also um volljährige Kinder, die nicht nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegiert sind.

Rang 5

Den fünften Rang belegen Enkel sowie weitere Abkömmlinge. Dabei kommt es nicht auf den Grad der Verwandtschaft an, sodass hier alle Berechtigte gleichrangig sind und somit nicht etwa der Anspruch des Enkels dem des Urenkels vorgeht.

Rang 6

Den sechsten Rang nehmen Eltern ein; es handelt sich hierbei also um Personen, die gegen den Berechtigten einen Anspruch auf Elternunterhalt haben.

Rang 7

Im siebten und letzten Rang sind schließlich weitere Verwandte der aufsteigenden Linie, wobei hier - im Unterschied zu Rang 5 - nähere Verwandte (Großeltern) entfernteren Verwandten (Urgroßeltern) aber vorgehen.

Da dem jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger in der Regel nicht sämtliche Umstände bekannt sind, die eine genaue Ermittlung des Unterhaltsbedarfs des Leistungsberechtigten ermöglichen, kann bei der Prüfung des notwendigen eigenen Unterhalts des Schuldners - ebenso wie bei der Feststellung des Unterhaltsanspruchs - auf die Düsseldorfer Tabelle zurückgegriffen werden (vergleiche Abschnitt 8.1).

Als unterhaltsberechtigte Personen sind ohne nähere Prüfung zu berücksichtigen:

  1. der Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartner im Sinne § 1 LPartG unabhängig vom eigenen Einkommen,
  2. die Kinder - mit Ausnahme von Stief- und Pflegekindern -, sofern nach Aktenlage unterstellt werden kann, dass sie vom Berechtigten kraft gesetzlicher Verpflichtung unterhalten werden (zum Beispiel bei Zahlung eines Kinderzuschusses)

Liegen konkrete Anhaltspunkte vor, dass der Berechtigte weiteren Personen aufgrund eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs Unterhalt leistet, so sind entsprechende Ermittlungen anzustellen, sofern es für die Entscheidung darauf ankommt. Das gilt auch beim Vorliegen von Anhaltspunkten, nach denen eine der oben angeführten Personen nicht unterhaltsberechtigt ist beziehungsweise vom Berechtigten keinen Unterhalt bezieht.

Der Unterhaltsberechtigte, wegen dessen Unterhaltsanspruch die Abtretung erfolgt, bleibt bei der Bemessung des nicht abtretbaren Betrages unberücksichtigt.

Unberücksichtigt bleiben auch unterhaltsberechtigte Personen, deren Anspruch gegenüber dem Unterhaltsanspruch des Abtretungsempfängers nach § 850d Abs. 2 ZPO nachrangig ist.

Ferner sind dem Berechtigten entsprechend § 54 Abs. 5 S. 1 SGB I mindestens die in der Rente enthaltenen Kinderzuschüsse zu belassen, es sei denn, die Abtretung wurde wegen Unterhalts des Kindes, für das der Kinderzuschuss gezahlt wird, vorgenommen.

Siehe Beispiel 6

Unterhaltsrückstände (§ 850d Abs. 1 S. 4 ZPO)

Die Abtretung wegen der Unterhaltsrückstände, die länger als ein Jahr vor Abschluss des Abtretungsvertrages fällig geworden sind, richtet sich grundsätzlich nach § 850c ZPO. § 850d ZPO gilt nur dann, wenn sich der Schuldner absichtlich seiner Unterhaltspflicht entzogen hat. Ohne gegenteilige konkrete Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass das nicht der Fall ist.

Zusammentreffen mehrerer Belastungen (Konkurrenzfälle)

Eine Konkurrenz im Sinne der folgenden Ausführungen liegt vor, wenn verschiedene Belastungen betragsmäßig denselben Leistungsanteil betreffen. Die Rangfolge richtet sich dann grundsätzlich nach der zeitlichen Reihenfolge (Grundsatz der zeitlichen Priorität) des Eintritts der Wirksamkeit der Belastungen. Bei einigen der folgenden Fallgruppen können jedoch Besonderheiten gelten (vergleiche zum Beispiel § 406 BGB).

Eine Konkurrenz ist nicht gegeben, wenn die vorhandenen Belastungen unterschiedliche Rententeile erfassen. So kann zum Beispiel nach Abtretung eines Teilbetrages einer laufenden Rente gegen den bis zur Hälfte verbleibenden Rest eine Aufrechnung im Rahmen des § 51 Abs. 2 SGB I zusätzlich durchgeführt werden. Dies kann zur gleichzeitigen Ausführung einer Abtretung und eines Aufrechnungsbescheides führen.

Bei der Bearbeitung von Konkurrenzfällen sind die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X zu beachten. Es ist unbedingt zu vermeiden, dass den Beteiligten Daten offenbart werden, deren Offenbarung nicht erforderlich ist (vergleiche § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X). Es ist zum Beispiel unzulässig, rangbesseren Gläubigern nachrangige Gläubiger und deren Forderungen zu benennen. Gläubiger, die zur Prüfung der Wirksamkeit vorrangiger Abtretungen entsprechende Ablichtungen anfordern, sind als Abtretungsempfänger unter Hinweis auf § 402 BGB und als Pfändungsgläubiger unter Hinweis auf § 836 Abs. 3 ZPO an die Rentenberechtigten zu verweisen.

Zusammentreffen mehrerer Abtretungen

Mehrere Abtretungen sind grundsätzlich nach der zeitlichen Reihenfolge der Abtretungsverträge zu berücksichtigen, also nicht nach der Reihenfolge des Eingangs der Abtretungserklärungen beim jeweils zuständigen Rentenversicherungsträger. Das gilt auch für Abtretungen von Ansprüchen, die erst künftig entstehen.

Wird vom vorrangigen Abtretungsgläubiger nicht der volle pfändbare Betrag nach § 850c ZPO in Anspruch genommen, ist zur Berechnung des dem nachrangigen Gläubiger zustehenden Anspruchs der an den vorrangigen Gläubiger abzuführende Betrag von dem pfändbaren Teil der Leistung abzurechnen, der dem nachrangigen Gläubiger zusteht.

Lässt sich bei mehreren Abtretungen ein zeitlicher Vorrang nicht ermitteln, ist von Zeitgleichheit der Übertragung auszugehen. In diesem Fall ist der abtretbare Betrag im Verhältnis zur Höhe der jeweils der Abtretung zugrunde liegenden Forderungen aufzuteilen. Ist die Höhe der Forderungen nicht bestimmt, ist eine gleichmäßige Aufteilung an die Gläubiger vorzunehmen.

Die Rangfolgeregelung bewirkt auch, dass die Heraufsetzung des über § 850c ZPO pfandfrei zu belassenden Betrages für die ranghöchste Abtretung aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses oder eines Urteils gemäß § 850f Abs. 1 und § 850g ZPO (vergleiche auch Abschnitt 7) wegen des Unterhaltsbedarfs der Rentenberechtigten diesen auch zugutekommen muss. Sich ergebende Unterschiedsbeträge sind nicht an rangschlechtere Gläubiger zu zahlen. Diese Heraufsetzung bleibt allerdings nur für die Dauer der Wirksamkeit dieser Abtretung maßgebend.

Treffen mehrere Abtretungen wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche nach § 53 Abs. 3 SGB I zusammen, richtet sich die Rangfolge im allgemeinen pfändbaren Bereich des § 850c ZPO nach der zeitlichen Priorität (§ 804 Abs. 3 ZPO). Im erweiterten Pfändungsbereich des § 850d ZPO richtet sich die Rangfolge mehrerer verschiedenartiger Abtretungen wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche nach § 850d Abs. 2 ZPO. Ranggleiche Abtretungen wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche sind im pfändbaren Bereich des § 850d ZPO quotenmäßig zu erfüllen.

Ist einer der Gläubiger danach im Bereich des § 850d ZPO bevorrechtigt, steht ihm der über die Tabelle zu § 850c ZPO hinausgehende pfändbare Betrag auch dann zu, wenn er im Pfändungsbereich des § 850c ZPO durch einen später abgeschlossenen Abtretungsvertrag nur nachrangiger Gläubiger ist. Bei gleichrangigen Gläubigeransprüchen nach § 850d ZPO ist die Forderung quotenmäßig aufzuteilen (siehe hierzu AGFAVR 4/2010, TOP 3). Der nach der Tabelle zu § 850c ZPO (allgemein) abtretbare Betrag steht dagegen dem Gläubiger zu, der nach dem Grundsatz der zeitlichen Priorität vorrangig ist.

Zusammentreffen von Abtretungen wegen Unterhalts mit Abtretungen wegen anderer Ansprüche

Auch in diesen Fällen gilt grundsätzlich der zeitliche Vorrang.

Abtretungen nach § 53 Abs. 3 SGB I wegen sonstiger Ansprüche werden durch spätere Abtretungen wegen Unterhalts nicht beeinträchtigt. Es kann allenfalls die spätere Unterhaltsabtretung dazu führen, dass der Unterhaltsgläubiger bei Anwendung des § 850c ZPO zur Ermittlung der an den sonstigen Gläubiger abgetretenen Beträge zusätzlich zu berücksichtigen ist, wenn dies erst durch die Unterhaltsabtretung offenbar wird und der Unterhaltsgläubiger vorher nicht berücksichtigt wurde.

Der nach § 850d ZPO zusätzlich abtretbare beziehungsweise pfändbare Betrag steht dem nach dieser Vorschrift privilegierten (Abtretungs- beziehungsweise Pfändungs-)Gläubiger beziehungsweise nach Absatz 2 dieser Vorschrift dem (Abtretungs- beziehungsweise Pfändungs-)Gläubiger zu, der dem anderen Gläubiger im Rangverhältnis vorgeht (siehe AGFAVR 4/2010, TOP 3).

Erging die spätere Unterhaltsabtretung nur nach Maßgabe des § 850c ZPO, geht sie insoweit ins Leere, als die frühere Abtretung wegen sonstiger Ansprüche zu bedienen ist. Der Unterhaltsgläubiger kann dann nur den Unterschiedsbetrag erhalten, der sich daraus ergibt, dass er bei Ermittlung des für ihn abgetretenen Betrages nicht zu berücksichtigen ist. Folgt eine Abtretung wegen sonstiger Ansprüche nach Maßgabe des § 850c ZPO einer solchen wegen Unterhalts nach § 850d ZPO, findet diese für die Abtretung nach § 850c ZPO insoweit Beachtung, als bei Ermittlung des Abtretungsbetrages für den sonstigen Gläubiger nach § 850c ZPO die Unterhaltsgläubigerin zu berücksichtigen ist. Eine Verrechnung, wie sie im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 850e Nr. 4 ZPO möglich ist (vergleiche GRA zu § 54 SGB I, Abschnitt 8.3), kann vom zuständigen Rentenversicherungsträger als Drittschuldner nicht vorgenommen werden.

Zusammentreffen von Abtretung und Pfändung

Beim Zusammentreffen von Pfändung und Abtretung wegen sonstiger Ansprüche gilt der zeitliche Vorrang. Für die Abtretung ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages, für die Pfändung die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses maßgebend. Dies gilt auch bei Abtretungen und Pfändungen künftig entstehender Ansprüche. Auch hier bewirkt die Rangfolgeregelung, dass die gerichtliche Heraufsetzung der den Rentenberechtigten pfandfrei zu belassenden Beträge für die erstrangige Pfändung oder Abtretung den Rentenberechtigten zugutekommen muss (vergleiche auch die Ausführungen zu Abschnitt 9.1).

Für das Zusammentreffen von Pfändung mit Abtretungen wegen Ansprüchen auf Unterhalt und wegen sonstiger Ansprüche gelten die Ausführungen zu Abschnitt 9.2 entsprechend. Ein vom Vollstreckungsgericht für die Unterhaltspfändung festgesetzter Freibetrag hat dem Berechtigten allerdings auf jeden Fall zu verbleiben.

Zusammentreffen von Abtretung und Aufrechnung

  • Aufrechnung vor Abtretung
    Hat der Rentenversicherungsträger die Aufrechnung vor Abschluss des Abtretungsvertrages erklärt, so ist die Aufrechnung wirksam geworden. Ihre schuldtilgende Wirkung kann entsprechend § 404 BGB dem neuen Gläubiger entgegengehalten werden. Die Abtretung geht, soweit der Aufrechnungsbescheid die gegenwärtigen, aber auch künftig fällig werdenden Forderungen erfasst, ins Leere. Dies gilt insbesondere, wenn gegen einen laufenden Rentenanspruch aufgerechnet wird, solange der Aufrechnungsbescheid entsprechend § 832 ZPO die Monat für Monat fällig werdenden Einzelansprüche auf Rente erfasst.
  • Aufrechnung nach der Abtretung
    Eine gegenüber dem Sozialleistungsberechtigten erklärte Aufrechnung (Aufrechnungsbescheid) gegen einen Leistungsanspruch geht ins Leere, soweit der Leistungsanspruch vorher abgetreten wurde. Nach § 407 BGB muss der Abtretungsempfänger jedoch die nach der Abtretung erklärte Aufrechnung und deren schuldtilgende Wirkung gemäß § 389 BGB gegen sich gelten lassen, solange der aufrechnende Drittschuldner von der Abtretung keine Kenntnis hat. Ab Kenntnis der Abtretung stehen die abgetretenen Beträge jedoch dem Abtretungsempfänger zu. Dann ist zu prüfen, ob nach § 53 Abs. 5 SGB I in Verbindung mit § 406 BGB die Aufrechnung gegenüber dem Abtretungsempfänger zulässig ist. Sie ist dann gegenüber dem Abtretungsempfänger in Bescheidform nach vorheriger Anhörung zu erklären. Der Leistungsberechtigte selbst ist zu beteiligen (§ 12 SGB X).
    § 53 Abs. 5 SGB I erlaubt als Sonderrecht gegenüber dem ersten Ausschlussgrund des § 406 BGB die Aufrechnung gegenüber dem Abtretungsempfänger, wenn die dem jeweiligen Rentenversicherungsträger zustehende Forderung (zum Beispiel Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X) erst nach Kenntnisnahme von der Abtretung erworben wurde. Erworben in diesem Sinne wird eine Forderung grundsätzlich mit ihrem Entstehen. Soweit es um die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen im Rahmen des § 50 SGB X geht, entsteht die Forderung mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.
    § 53 Abs. 5 SGB I ist am 01.01.1989 in Kraft getreten und gilt auch für vor diesem Zeitpunkt vorgenommene Abtretungen, wenn gegen ab 01.01.1989 fällig werdende Ansprüche aufgerechnet werden soll (vergleiche Art. II § 18 Abs. 2 S. 2 SGB I). Die Aufrechnung gegenüber dem Abtretungsempfänger ist damit nur noch selten ausgeschlossen. Dies ist der Fall, wenn die durchzusetzende Forderung
  1. erst nach Erlangung der Kenntnis von der Abtretung und
  2. später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.

Damit ist die Aufrechnung bei laufenden Renten, soweit sie abgetreten wurden, gegenüber dem Abtretungsempfänger stets zulässig. Abgetretene Forderung im Sinne des vorstehenden Buchstaben b) ist nämlich der Monat für Monat fällig werdende Einzelanspruch auf Rente. Folglich kann die im Wege der Aufrechnung durchzusetzende Forderung bei bereits laufenden Renten nicht später als die abgetretene Forderung (monatlicher Einzelanspruch) fällig werden. Die Teilvoraussetzung zu Buchstabe b) ist hier nicht erfüllt. Der zweite Ausschlussgrund des § 406 BGB kann damit in diesen Fällen einer Aufrechnung nicht entgegenstehen, weil dort ein kumulatives Vorliegen beider Teilvoraussetzungen gemäß Buchstaben a) und b) gefordert wird. Anders verhält es sich mit Rentenansprüchen in Nachzahlungszeiträumen, wenn die durchzusetzende Forderung, zum Beispiel eine Beitragsforderung, während dieses Zeitraumes fällig wird. Dann verhindert der zweite Ausschlussgrund des § 406 BGB die Aufrechnung insoweit, als die monatlichen Einzelansprüche bis zur Fälligkeit der durchzusetzenden Forderung fällig geworden sind und vorher bereits Kenntnis von der Abtretung bestand.

Siehe Beispiel 7

Geht jedoch die Aufrechnung betragsmäßig über den abgetretenen (pfändbaren) Teil einer Geldleistung hinaus (in Fällen des § 51 Abs. 2 SGB I), ist die Ausgangssituation eine andere. Bei einer solchen Fallgestaltung ist jedem der Beteiligten, also dem Leistungsberechtigten (Zedenten) und dem Abtretungsgläubiger (Zessionar), ein Aufrechnungsbescheid zu erteilen und demzufolge besitzt auch der Leistungsberechtigte, da dessen Rechte ebenfalls unmittelbar tangiert sind, ein eigenes Widerspruchs- beziehungsweise Klagerecht.

Zusammentreffen von Abtretung und Verrechnung

Für diese Konkurrenzfälle gelten die Ausführungen der vorstehenden Abschnitt 9.4 entsprechend. Die Ermächtigung zur Verrechnung hat keine materiell-rechtlichen Auswirkungen. Der Zugang der Ermächtigung bewirkt auch keinen Rang zu Gunsten der Verrechnung. Aufgrund der Ermächtigung zur Verrechnung gemäß § 52 SGB I kann der Rentenversicherungsträger so verfahren, als seien die Ansprüche des ermächtigenden Sozialleistungsträgers als seine eigenen Ansprüche entstanden.

Zusammentreffen von Abtretung und Abzweigung nach § 48 SGB I

Die Abtretung ist gegenüber einer Abzweigung nach § 48 SGB I vorrangig. Der Abtretungsgläubiger kann seine Ansprüche auf eine Vereinbarung mit dem Schuldner stützen. Für einen Anspruch nach § 48 Abs. 1 SGB I bedarf es lediglich der gesetzlichen Unterhaltspflicht des Versicherten, ohne dass diese zuvor in irgendeiner Weise dokumentiert oder festgestellt sein muss. Im Rahmen der Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO, die regelmäßig auch im Rahmen einer Abtretung heranzuziehen ist, und bei einer Abtretung wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche sind allerdings die unterhaltsberechtigten Angehörigen, die erst über die Regelung des § 48 SGB I Unterhalt erhalten, mit zu berücksichtigen.

Zusammentreffen von Abtretung und Verfahren nach der Insolvenzordnung

Die Insolvenzordnung enthält besondere Bestimmungen hinsichtlich der Wirksamkeit von Verfügungen zum Beispiel von Abtretungen des Schuldners über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen. Ferner kann der Schuldner eine befristet wirksame Abtretung zur Erlangung einer Restschuldbefreiung nach § 287 Abs. 2 InsO vorgenommen haben.

Die rechtlichen Auswirkungen eines Insolvenzverfahrens sind zu beachten, sobald dessen Eröffnung den Gläubigern und Schuldnern bekannt geworden ist (vergleiche § 82 InsO). Dies gilt auch für bereits im Eröffnungsverfahren vom Insolvenzgericht angeordnete Maßnahmen gemäß § 21 InsO zur Sicherung der Insolvenzmasse.

Insolvenzmasse, Verfügungsbefugnis und Auskunftserteilung - Allgemeines -

Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht nach § 80 Abs. 1 InsO - in Kraft seit 01.01.1999 - das Recht des Schuldners, über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verfügen oder es zu verwalten, auf den Insolvenzverwalter über (vergleiche §§ 56 ff. InsO, § 304 InsO). In vor dem 01.07.2014 beantragten Verbraucherinsolvenzverfahren werden die Aufgaben von einem Treuhänder übernommen (vergleiche § 313 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 und § 292 InsO). Zur Insolvenzmasse gehört nach §§ 35, 36 InsO das gesamte einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, das ihm zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt.

Der Insolvenzverwalter oder Treuhänder ist berechtigt, die nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge einer Rente einzuziehen. Die §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1 ZPO, §§ 850g bis 850l ZPO, §§ 851c, 851d, 899 bis 904 ZPO, § 905 S. 1 und 3 ZPO sowie § 906 Abs. 2 bis 4 ZPO gelten gemäß § 36 Abs. 1 S. 2 InsO entsprechend. Entscheidungen darüber, was der Zwangsvollstreckung zu Gunsten der Insolvenzmasse unterliegt, hat im Zweifel auf Antrag des Insolvenzverwalters das Insolvenzgericht zu treffen (§ 36 Abs. 4 InsO). Eine Antragsbefugnis des Schuldners ist nicht ausgeschlossen. Die Zeitpunkte des Entstehens und der Fälligkeit der Ansprüche sind unbeachtlich.

Zur Verwaltung der Insolvenzmasse muss der Insolvenzverwalter oder Treuhänder diese kennen. Er ist folglich berechtigt, entsprechende Auskünfte über Renten oder andere Leistungsansprüche einzuholen. Dies gilt auch für Ansprüche, die nicht zur Insolvenzmasse gehören, weil auch über deren Massezugehörigkeit zu entscheiden ist. Dies gilt zum Beispiel für Beitragszuschüsse, weil deren Kenntnis für die Ermittlung des bei der Anwendung des § 850c ZPO maßgeblichen Ausgangsbetrages erforderlich ist (vergleiche § 850e Nr. 1 ZPO).

Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse des Insolvenzverwalters oder Treuhänders enden mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (vergleiche § 200 InsO). In der sich an das Insolvenzverfahren darüber hinaus anschließenden Zeit der sogenannten Wohlverhaltensperiode (vergleiche Abschnitt 9.7.4 und GRA zu Übersicht InsO, Abschnitt 4.3), muss der nunmehr zum Einzug und zur Verteilung der pfändbaren Beträge der Rente berechtigte Treuhänder nicht mit dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder des Insolvenzverfahrens identisch sein (vergleiche § 288 InsO). Entscheidungen nach §§ 850, 850a, 850c, 850e, 850f Abs. 1 ZPO, §§ 850g bis 850l ZPO, §§ 851c, 851d, 899 bis 904 ZPO, § 905 S. 1 und 3 ZPO sowie § 906 Abs. 2 bis 4 ZPO die für das Insolvenzverfahren getroffen wurden, bedürfen für die sich anschließende sogenannte Wohlverhaltensperiode einer erneuten gerichtlichen Feststellung.

Rentenabtretungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Abtretungen des Schuldners über die nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen werden, sind als Verfügungen des Schuldners nach § 81 InsO unwirksam. Dies gilt entsprechend, wenn vom Insolvenzgericht bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Vermeidung einer nachteiligen Veränderung der Insolvenzmasse ein allgemeines Verfügungsverbot zu Lasten des Gemeinschuldners nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO erlassen wird.

Die Unwirksamkeit der Abtretung liegt nicht nur während des Insolvenzverfahrens vor. Sie dauert darüber hinaus auch über den Zeitpunkt des Abschlusses des Insolvenzverfahrens fort. Dies stellt § 81 Abs. 2 S. 1 InsO klar.

Rentenabtretungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Bei Abtretungen des Schuldners über die nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, verliert der Zessionar (Abtretungsempfänger) mit der Verfahrenseröffnung seine Rechte aufgrund der Abtretung. Die durch die Abtretung gesicherten Forderungen selbst gehen hierdurch nicht unter. Deren Bestand hängt von der Art des Verfahrensausganges ab (vergleiche unter anderem § 201 InsO).

Durch den Rentenversicherungsträger als Drittschuldner ist daher zu beachten, dass der Insolvenzverwalter berechtigt ist, die nach § 850c ZPO pfändbaren Beträge einer Rente bereits ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einzuziehen (vergleiche hierzu auch die Ausführungen im Abschnitt 9.7.1).

§ 114 Abs. 1 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 regelte für Insolvenzverfahren, die bis zum 30.06.2014 beantragt wurden, eine zweijährige Fortwirkungsfrist der Abtretung des Schuldners nach Ablauf des Monats der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit dem Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.07.2013 (BGBl. I S. 2377) wurde die Regelung des § 114 InsO für ab dem 01.07.2014 beantragte Insolvenzverfahren aufgehoben.

Abtretung zur Erlangung einer Restschuldbefreiung

Ist der Schuldner eine natürliche Person, kann er von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Forderungen nach den §§ 286 bis 303 InsO auf Antrag befreit werden. Diesem Antrag ist gemäß § 287 Abs. 2 InsO eine Abtretungserklärung zu Gunsten eines vom Insolvenzgericht zu bestimmenden Treuhänders (vergleiche Abschnitt 9.7.1) über den pfändbaren Teil der gegenwärtigen oder auch künftigen Dienstbezüge oder der an deren Stelle tretenden laufenden Bezüge (zum Beispiel Renten) beizufügen. Für Insolvenzverfahren, die nach dem 30.09.2020 beantragt wurden, beträgt die Dauer der Abtretung drei Jahre (Abtretungsfrist). Ist aufgrund eines nach dem 30.09.2020 beantragten Insolvenzverfahrens schon einmal Restschuldbefreiung erteilt worden, verlängert sich die Dauer auf fünf Jahre. Für in der Zeit vom 17.12.2019 bis zum 30.09.2020 beantragte Insolvenzverfahren ist die Abtretungsfrist in der Übergangsvorschrift des Art. 103k Abs. 2 EGInsO geregelt. Hiernach ist die Abtretungsfrist in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrages gestaffelt. Sie beträgt in diesen Fällen höchstens fünf Jahre und sieben Monate und mindestens vier Jahre und zehn Monate. Die Abtretungsfrist für vor dem 17.12.2019 beantragte Insolvenzverfahren beträgt sechs Jahre (siehe hierzu GRA zu Übersicht InsO, Abschnitt 1). In dieser Abtretungserklärung hat der Schuldner auf vorherige Abtretungen hinzuweisen.

Beginn der Abtretungsfrist ist der Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Abtretung an den Treuhänder wirkt jedoch erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens und dem damit verbundenen Ende des Insolvenzbeschlags. Läuft die Abtretungsfrist vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ab, dann erlangt die Abtretungserklärung keine Wirkung (vergleiche GRA zu Übersicht InsO, Abschnitt 4.1). Der zum Einzug und zur Verteilung der abtretbaren Beträge berechtigte Treuhänder (vergleiche Abschnitt 9.7.1) hat gegenüber dem Insolvenzverwalter des Insolvenzverfahrens nur eingeschränkte Befugnisse (vergleiche § 292 InsO). Das Insolvenzgericht kann im Zusammenhang mit dem Schlusstermin des Insolvenzverfahrens einen vom Insolvenzverfahren abweichenden Treuhänder bestimmen. Im Einzelfall kann der Schuldner selbst berechtigt sein, die weitere Gläubigerbefriedigung nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens bis zum Ende des verbleibenden Zeitraumes der sogenannten Wohlverhaltensperiode vorzunehmen. Nach Ablauf der sogenannten Wohlverhaltensperiode beziehungsweise nach Ablauf der Abtretungsfrist entscheidet das Insolvenzgericht darüber, ob dem Schuldner Restschuldbefreiung erteilt wird (vergleiche GRA zu Übersicht InsO, Abschnitte 4.1 und 4.4).

Wurde in Verbindung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt (vergleiche § 287 Abs. 1 InsO) und damit keine Abtretungserklärung abgegeben (vergleiche § 287 Abs. 2 InsO), besteht nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens auch kein Auszahlungsanspruch des abtretbaren Teils der Rente aufgrund einer Abtretungserklärung zu Gunsten eines Treuhänders. Dies wird im Verbraucherinsolvenzverfahren (vergleiche GRA zu Übersicht InsO, Abschnitt 1) nur ausnahmsweise der Fall sein.

Zusammentreffen von Abtretung und Erstattungsanspruch

Es gilt die GRA zu § 106 SGB X, Abschnitt 4 „Zusammentreffen von Erstattungsansprüchen nach §§ 102 ff. SGB X mit sonstigen Ansprüchen“.

Widerspruch und Klage

Gegen den Bescheid über die Anerkennung einer Abtretung wegen Vorleistung und eines wohlverstandenen Interesses nach § 53 Abs. 2 SGB I können die Bescheidempfänger Widerspruch einlegen. Der Widerspruch des Leistungsberechtigten hat nach § 86a SGG aufschiebende Wirkung. Es gelten die Ausführungen in der GRA zu § 86a SGG, Abschnitte 2 und 3. Die aufschiebende Wirkung führt dazu, dass bei der Rente des Leistungsberechtigten die Kürzung einstweilen, das heißt bis zur Unanfechtbarkeit des Widerspruchsbescheides, nicht vollzogen wird.

Bei einer anschließenden Klageerhebung gegen die Abtretung nach § 53 Abs. 2 SGB I tritt ebenfalls eine aufschiebende Wirkung gemäß § 86a Abs. 1 SGG ein. Auf die Ausführungen in der GRA zu § 86a SGG, Abschnitt 9 wird insoweit hingewiesen.

Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Geldleistungen

Bei der Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen ist hinsichtlich der maßgebenden Rückforderungsvorschrift nach dem Grund für die Rückforderung zu unterscheiden. Kommt es zu einer Rückforderung, weil

  • ein Rentenbescheid gegenüber dem Rentenempfänger korrigiert wurde (vergleiche Abschnitt 11.1),
  • ein Bescheid über eine einmalige Geldleistung (zum Beispiel Beitragserstattung nach § 210 SGB VI) gegenüber dem Versicherten zurückgenommen wurde (vergleiche Abschnitt 11.2),
  • die Abtretung übertilgt wurde oder der abtretbare Betrag fehlerhaft zu hoch bestimmt wurde (vergleiche Abschnitt 11.3),
  • der abtretbare Betrag fehlerhaft zu niedrig bestimmt wurde oder die Abtretung nicht rechtzeitig vorgenommen wurde (vergleiche Abschnitt 11.4).

Rückforderung nach Korrektur eines Rentenbescheides

Wurden Beträge aus der Rente abgetreten und danach der Rentenbescheid gegenüber dem Rentenempfänger nach den §§ 45, 48 SGB X korrigiert, richtet sich die Rückforderung regelmäßig gegen denjenigen, der Beträge zu Unrecht erhalten hat. Dies

  • kann allein der Rentenempfänger sein.
    Siehe Beispiel 8
  • können sowohl der Abtretungsgläubiger als auch der Rentenempfänger sein.
    Siehe Beispiel 9

Hinsichtlich der Rückforderung vom

  • Abtretungsgläubiger vergleiche Abschnitt 11.1.1,
  • Rentenempfänger vergleiche Abschnitt 11.1.2.

Rückforderung vom Abtretungsgläubiger

Rechtsgrundlage für die Rückforderung vom Abtretungsgläubiger ist § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I. Danach sind sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet.

Im Hinblick auf die sich aus § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I ergebende zwingende Erstattungspflicht kann sich der Abtretungsgläubiger nicht wirksam auf Vertrauensschutz oder den Verbrauch der abgetretenen Beträge berufen. Es ist auch kein Ermessen auszuüben.

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 53 Abs. 6 S. 2 SGB I). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Abtretungsgläubiger anzuhören (§ 24 SGB X).

Rückforderung vom Rentenempfänger

Rechtsgrundlage für die Rückforderung (Zahlungsgebot) vom Rentenempfänger ist § 50 Abs. 3 S. 1 SGB X. Der Bescheid über das Zahlungsgebot ist mit dem Korrektur- (§§ 45, 48 SGB X) und Erstattungsbescheid (§ 50 Abs. 1 SGB X) zu verbinden (§ 50 Abs. 3 S. 2 SGB X).

Rückforderung nach Rücknahme eines Bescheides über eine einmalige Geldleistung

Wurde eine einmalige Geldleistung abgetreten und danach der der einmaligen Geldleistung zugrunde liegende Bescheid gegenüber dem Versicherten zurückgenommen, richtet sich die Rückforderung nach § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I. Danach sind zwar sowohl der Leistungsberechtigte als auch der neue Gläubiger als Gesamtschuldner zur Erstattung des entsprechenden Betrages verpflichtet. Der Rückforderungsanspruch richtet sich jedoch regelmäßig allein gegen den Abtretungsgläubiger, da nur dieser die einmalige Geldleistung zu Unrecht erhalten hat.

Siehe Beispiel 2

Im Hinblick auf die sich aus § 53 Abs. 6 S. 1 SGB I ergebende zwingende Erstattungspflicht kann sich der Abtretungsgläubiger nicht wirksam auf Vertrauensschutz oder den Verbrauch der gepfändeten einmaligen Geldleistung berufen. Es ist auch kein Ermessen auszuüben.

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 53 Abs. 6 S. 2 SGB I). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Abtretungsgläubiger anzuhören (§ 24 SGB X).

Rückforderung wegen Übertilgung oder wegen fehlerhaft zu hoch bestimmten Abtretungsbetrages (Mangel im Valutaverhältnis)

Wurde die Abtretung übertilgt oder wurde der abtretbare Betrag fehlerhaft zu hoch bestimmt (beispielsweise wurde eine unterhaltsberechtigte Person fehlerhaft nicht berücksichtigt), richtet sich der Rückforderungsanspruch gegen den Abtretungsgläubiger, da nur dieser Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 50 Abs. 2 S. 1 SGB X. § 50 Abs. 2 S. 2 SGB X, der die entsprechende Anwendung der §§ 45, 48 SGB X gebietet, findet keine Anwendung; es ist jedoch eine dem Rechtsgedanken des § 45 Abs. 2 SGB X entsprechende Vertrauensschutzprüfung vorzunehmen (BSG vom 24.07.2001, AZ: B 4 RA 102/00 R, sowie FAVR 2/2002, TOP 8. Eine Ermessensausübung ist nicht vorzunehmen; ebenso gilt nicht die Einjahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X.

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 50 Abs. 3 S. 1 SGB X). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Abtretungsgläubiger anzuhören (§ 24 SGB X).

Rückforderung wegen einer zu Unrecht nicht oder fehlerhaft zu niedrig bestimmten Abtretung

Wurde der abtretbare Betrag fehlerhaft zu niedrig bestimmt oder wurde die Abtretung nicht oder nicht rechtzeitig vorgenommen, richtet sich der Rückforderungsanspruch gegen den Rentenempfänger, da nur dieser Beträge zu Unrecht erhalten hat.

Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist hinsichtlich der Beträge. die ab dem Zeitpunkt der laufenden Zahlung erbracht wurden, § 50 Abs. 2 S. 2 SGB X in Verbindung mit § 45 SGB X. Im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 45 SGB X sind folgende Prüfungen vorzunehmen:

Eine Prüfung der Zehnjahresfrist § 45 Abs. 3 S. 3 SGB X ist nicht vorzunehmen (BSG vom 09.09.1986, AZ: 11a RA 2/85).

Der Erstattungsanspruch ist durch Verwaltungsakt geltend zu machen (§ 50 Abs. 3 S. 1 SGB X). Vor Erteilung des Rückforderungsbescheides ist der Rentenempfänger anzuhören (§ 24 SGB X).

Beachte:
Wurde im Rahmen der Abrechnung einer Nachzahlung eine Abtretung zu Unrecht nicht oder fehlerhaft zu niedrig berücksichtigt, ist die Rücknahme des Bescheides über die Abrechnung der Rentennachzahlung nach § 45 SGB X zu prüfen. Der Rückforderungsanspruch gegenüber der rentenberechtigten Person richtet sich - unter Rücknahme des Abrechnungsbescheides - nach § 50 Abs. 1 SGB X. Denn bei der Mitteilung über die Abrechnung einer Rentennachzahlung handelt es sich um einen Verwaltungsakt über die rechtsverbindliche Festsetzung der Rentennachzahlung (BSG vom 07.04.2022, AZ: B 5 R 24/21 R; AGVR 3/2022, TOP 13 sowie GRA zu § 31 SGB X, Abschnitt 7; vergleiche GRA zu § 45 SGB X, Abschnitt 11.8.1 und GRA zu § 50 SGB X, Abschnitt 2.2).

Beispiel 1: Berücksichtigung der Abtretung

(Beispiel zu Abschnitt 2.5)

Die Kenntnisnahme einer Abtretung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger erfolgt im Juni 2014. Abschluss des Rentenverfahrens ist im Juli 2014, und es fällt eine Nachzahlung vom 01.03.2014 bis 31.08.2014 an.

Lösung:

Die Kenntnisnahme von der Abtretung im Juni 2014 verpflichtet den Rentenversicherungsträger nicht dazu, die abgetretenen Beträge an den Abtretungsempfänger erst ab 01.08.2014 zu zahlen. Der Abtretungsempfänger sollte vielmehr auch die abgetretenen Beträge für die Monate März bis Juli 2014 erhalten.

Beispiel 2: Rückforderung vom Abtretenden oder vom Abtretungsempfänger

(Beispiel zu Abschnitt 11.2)

Ein Versicherter tritt den Betrag aus einer Beitragserstattung (§ 210 SGB VI) ab. Nach bescheidmäßiger Bewilligung der Beitragserstattung erhält der Abtretungsempfänger den Betrag. Nachträglich stellt sich heraus, dass die Voraussetzungen für die Beitragserstattung nicht vorlagen. Der Beitragserstattungsbescheid wird gegenüber dem Versicherten aufgehoben.

Lösung:

Der Erstattungsbetrag ist vorrangig vom Abtretungsempfänger zurückzufordern.

Beispiel 3: Abtretung von Geldleistungen wegen Vorleistungen (Beitragserstattung)

(Beispiel zu Abschnitt 5)
Beitragsentrichtung vom 01.10.2000 bis 30.06.2002
Arbeitnehmeranteile insgesamt3.000,00 EUR
Eintritt der Fälligkeit des Erstattungsanspruchs nach § 210 SGB VI01.07.2004
Eine Bank gewährt dem Berechtigten im Januar 2004 gegen Sicherungsabtretung des Erstattungsanspruchs ein Darlehen von 2.000,00 EUR.
Lösung:
Hier handelt es sich nicht um eine Abtretung im Sinne des § 53 Abs. 2 Nr. 1 SGB I, da das Darlehen im Januar 2004 offensichtlich nicht gegeben wurde, um dem Berechtigten ab Fälligkeit des Erstattungsanspruchs am 01.07.2004 eine angemessene Lebensführung zu ermöglichen, sondern um ihm bereits für die Zeit vor Eintritt der Fälligkeit Mittel zur Verfügung zu stellen. Das Darlehen ist damit lediglich aus Anlass eines künftigen Anspruchs, nicht aber als Vorschuss für die Zeit zwischen Fälligkeit und Auszahlung eines Anspruchs gewährt. Es fehlt an der zeitlichen Identität. Zu prüfen bleibt jedoch die Alternative des § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I (vergleiche Abschnitt 6)

Beispiel 4: Abtretung von Geldleistungen im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)

Nach § 210 Abs. 2 SGB VI wird der Anspruch auf Beitragserstattung nach Ablauf von 24 Kalendermonaten nach Wegfall der Versicherungspflicht fällig. Ein Dritter gibt dem Berechtigten kurz nach Wegfall der Versicherungspflicht ein Darlehen und lässt sich zur Sicherung den künftigen Anspruch auf Beitragserstattung abtreten.

Lösung:

Der Beitragserstattung kommt keine Unterhaltsfunktion zu. Der Berechtigte hat sich durch die Abtretung den Vorteil verschafft, dass ihm der Erstattungsbetrag - wirtschaftlich gesehen - früher zur Verfügung steht. Unter diesen Umständen kann ein wohlverstandenes Interesse des Berechtigten an der Abtretung angenommen werden, falls nicht besondere Gesichtspunkte des Einzelfalles entgegenstehen (zum Beispiel Wucherzins).

Beispiel 5: Abtretung von laufenden Geldleistungen wegen Unterhalts

(Beispiel zu Abschnitt 8)

Der Leistungsberechtigte bezieht ab Juli 2004 eine Netto-Rente von monatlich 1.520,00 EUR. Er ist seiner Ehefrau und seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig. Er tritt an die geschiedene Ehefrau 100,00 EUR seines monatlichen Rentenanspruchs zur Erfüllung deren Unterhaltsanspruchs ab.

Lösung:

Bei der Anwendung der Tabelle zu § 850c ZPO ist nur die Ehefrau des Berechtigten, also eine unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen. Bei einer Rente von 1.520,00 EUR kann danach Iaut Tabelle ein monatlicher Betrag von 120,00 EUR abgetreten werden. Da die Abtretung somit im Rahmen von § 850c ZPO liegt, braucht § 850d ZPO nicht geprüft zu werden.

Beispiel 6: Ermittlung des nicht abtretbaren Betrages (§ 850d ZPO)

(Beispiel zu Abschnitt 8.2)

Der Berechtigte bezieht zum 01.07.2009 eine monatliche Netto-Rente von 1.400,00 EUR. Davon tritt er monatlich 200,00 EUR an seine geschiedene Ehefrau wegen eines titulierten Unterhaltsanspruchs ab. Der Berechtigte hat einen 15- und einen 22-jährigen Sohn (in Ausbildung).

Lösung:

Die Vorabprüfung im Oktober 2009 nach § 850c ZPO ergibt, dass sich bei einer Rente von 1.400,00 EUR und zwei unterhaltsberechtigten Personen (Söhne) kein pfändbarer und damit abtretbarer Betrag ergibt. Es ist also § 850d ZPO zu prüfen.

Bei der Bestimmung des nicht abtretbaren Betrages nach § 850d ZPO bleibt der 22-jährige Sohn des Berechtigten unberücksichtigt, da er volljährig ist und damit sein Unterhaltsanspruch dem der geschiedenen Ehefrau im Range nachgeht. Dem Berechtigten müssen nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand 01.01.2009) mindestens 770,00 EUR plus 377,00 EUR für den 15-jährigen Sohn verbleiben, sodass die Abtretung von 200,00 EUR zu Gunsten der geschiedenen Ehefrau wirksam ist.

Beispiel 7: Zusammentreffen von Abtretung und Aufrechnung

(Beispiel zu Abschnitt 9.4)

SachverhaltDatum / Zeitraum
Kenntnis von der Rentenabtretung15.05.2004
Fälligkeit der Forderung10.08.2004
Nachzahlungszeitraum vom01.07.2004 bis 31.10.2004

Lösung:

Eine Aufrechnung ist nur gegen die Einzelansprüche für September und Oktober 2004 möglich. Die Aufrechnung gegen die Ansprüche für Juli und August 2004 ist hingegen unzulässig, weil die durchzusetzende Forderung erst nach Erlangung der Kenntnis der Abtretung und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist (Rentenzahlung = vorschüssig).

Beispiel 8: Rückforderung von Abtretungsbeträgen

(Beispiel zu Abschnitt 11.1)

Der Rentenempfänger erhielt ab dem 01.07.2014 eine monatliche Netto-Rente von 1.139,00 EUR. Hiervon sind 59,47 EUR (keine weitere unterhaltsberechtigte Person) abtretbar und wurden an den Abtretungsgläubiger gezahlt. Der Rentenempfänger erhielt monatlich 1.079,53 EUR. Nach rückwirkender Korrektur des Rentenbescheides hat der Rentenempfänger nur Anspruch auf eine monatliche Netto-Rente von 1.131,00 EUR. Die Rente ist in Höhe von monatlich 8,00 EUR überzahlt.

Lösung:

Der Betrag von 8,00 EUR kann nur vom Rentenempfänger zurückgefordert werden, da nur dieser den Betrag zu Unrecht erhalten hat. Auch wenn die monatliche Netto-Rente von Anfang an 1.131,00 EUR betragen hätte, hätten 59,47 EUR abgetreten werden können. Der Abtretungsgläubiger hat somit keinen Betrag zu Unrecht erhalten.

Beispiel 9: Rückforderung von Abtretungsbeträgen

(Beispiel zu Abschnitt 11.1)

Der Rentenempfänger erhielt ab dem 01.07.2014 eine monatliche Netto-Rente von 1.139,00 EUR. Hiervon sind 59,47 EUR (keine weitere unterhaltsberechtigte Person) abtretbar und wurden an den Abtretungsgläubiger gezahlt. Der Rentenempfänger erhielt monatlich 1.079,53 EUR. Nach rückwirkender Korrektur des Rentenbescheides hat der Rentenempfänger nur Anspruch auf eine monatliche Netto-Rente von 1.121,00 EUR. Die Rente ist in Höhe von monatlich 18,00 EUR überzahlt.

Lösung:

Vom Abtretungsgläubiger kann nur der Betrag von 7,00 EUR und vom Rentenempfänger kann nur der Betrag von 11,00 EUR zurückgefordert werden. Wenn die monatliche Netto-Rente von Anfang an 1.121,00 EUR betragen hätte, hätten 52,47 EUR abgetreten und 1.068,53 EUR an den Rentenempfänger ausgezahlt werden können. Der Abtretungsgläubiger hat somit nur den Betrag von 7,00 EUR (59,47 EUR - 52,47 EUR) und der Rentenempfänger nur den Betrag von 11,00 EUR (1.079,53 EUR - 1.068,53 EUR) zu Unrecht erhalten.

Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.03.2005 (BGBl. I S. 818)

Inkrafttreten: 30.03.2005

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/4228, 15/4751

Absatz 6 wurde mit Wirkung vom 30.03.2005 angefügt durch das Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21.03.2005.

1. SGBÄndG vom 20.07.1988 (BGBl. I S. 1046)

Inkrafttreten: 01.01.1989

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 11/1004, 11/2460

Absätze 4 und 5 wurden mit Wirkung vom 01.01.1989 angefügt durch das 1. SGBÄndG vom 20.07.1988.

SGB I vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten: 01.01.1976

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 305/72

§ 53 SGB I ist am 01.01.1976 in Kraft getreten (Art. II § 23 SGB I). Abtretungsverträge, die vor dem 01.01.1976 abgeschlossen wurden, sind nur unter den Voraussetzungen des § 76 AVG alter Fassung und des § 119 RVO alter Fassung wirksam. Das gilt auch, sofern sich die Abtretung auf eine nach dem 01.01.1976 fällig gewordene Leistung erstreckt. Die früher gegebenenfalls erforderliche Genehmigung der Abtretung durch das Versicherungsamt (§ 119 Abs. 2 RVO alter Fassung) kann durch den Leistungsträger nachgeholt werden, wenn der Leistungsberechtigte an der Abtretung ein wohlverstandenes Interesse hat.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 53 SGB I