Navigation und Service

Logo der Deutschen Rentenversicherung (Link zur Startseite rvRecht)

rvRecht® - Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung

XII ZB 43/97

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 27. November 1996 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.000 DM.

Gründe

I.

Der Ehemann der Antragstellerin leitete im Oktober 1993 beim Familiengericht ein Abänderungsverfahren (§ 10a VAHRG) bezüglich der im Jahre 1979 getroffenen Regelung des Versorgungsausgleichs ein. Er verstarb am 7. Oktober 1994 während des laufenden Verfahrens.

Seine Witwe, die jetzige Antragstellerin, ließ durch einen am 27. März 1995 eingegangenen Schriftsatz erklären, daß sie das Verfahren weiter betreiben wolle, weil der bestehende Versorgungsausgleich sie bei der Berechnung ihrer Witwenrente benachteilige.

Das Amtsgericht - Familiengericht - entschied dahin, daß die Hauptsache erledigt sei; in den Gründen führte es aus, daß die Antragstellerin die Ausschlußfrist des § 10a Abs. 10 VAHRG versäumt habe und das Abänderungsverfahren auch nicht aus eigenem Recht weiter betreiben könne.

Hiergegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein, mit der sie in erster Linie die Fortsetzung des Verfahrens aufgrund des § 10a Abs. 10 VAHRG erstrebte, hilfsweise aufgrund eigenen Rechts gemäß Abs. 4 der Vorschrift.

Das Oberlandesgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung insoweit auf, als es das Amtsgericht auch abgelehnt hat, das Verfahren als eigenständiges gemäß § 10a Abs. 4 VAHRG fortzuführen. Insoweit verwies es die Sache unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen an die Vorinstanz zurück.

Mit der - zugelassenen - weiteren Beschwerde erstrebt die Antragsgegnerin, geschiedene Ehefrau des Verstorbenen, die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde im Hinblick auf die Einhaltung der einmonatigen Begründungsfrist (§§ 621e Abs. 3 Satz 2, 554 Abs. 2 Satz 2 ZPO) bestehen nicht. Das Beschwerdegericht, ein bayerisches Oberlandesgericht, hat die weitere Beschwerde zugelassen, ohne gleichzeitig gemäß §§ 7 Abs. 1 und 6 EGZPO zu bestimmen, ob der Bundesgerichtshof oder das Bayerische Oberste Landesgericht für das Rechtsmittel zuständig sein soll. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz konnte daher die weitere Beschwerde fristwahrend sowohl bei dem Bayerischen Obersten Landesgericht als auch beim Bundesgerichtshof eingelegt werden (vgl. Senatsbeschluß vom 17. März 1982 - IVb ZB 520/80 - FamRZ 1982, 585; BGH, Urteil vom 20. Januar 1994 - I ZR 250/91 - NJW 1994, 1224). Die Einlegung ist damit fristgerecht am 10. Januar 1997 beim Bayerischen Obersten Landesgericht erfolgt. Auf dessen Anregung hat das Oberlandesgericht sodann durch den am 10. Februar 1997 erlassenen, der Antragsgegnerin am 27. Februar 1997 zugestellten Ergänzungsbeschluß die Bestimmung des Bundesgerichtshofs nachgeholt. Das Bayerische Oberste Landesgericht, das bis dahin eine eigene Zuständigkeitsbestimmung analog § 7 Abs. 2 EGZPO hätte treffen können (vgl. Zöller/Gummer ZPO 20. Aufl. § 7 EGZPO Rdn. 5), hat daraufhin die Akten ohne eigene Entscheidung dem Bundesgerichtshof übersandt. Nach § 7 Abs. 5 EGZPO wäre im Falle einer Zuständigkeitsbestimmung durch das Bayerische Oberste Landesgericht durch die Zustellung der Entscheidung die einmonatige Frist zur Begründung der weiteren Beschwerde erneut in Lauf gesetzt worden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese an sich bereits abgelaufen war (vgl. BGHZ 24, 36). Nach dem Grundsatz, daß die Parteien durch ein unrichtiges Verfahren des Gerichts keine prozessualen Nachteile erleiden dürfen, ist in Fällen der vorliegenden Art die Zustellung des Ergänzungsbeschlusses des Oberlandesgerichts derjenigen einer Zuständigkeitsbestimmung des Bayerischen Obersten Landesgerichts gleichzusetzen, d.h. auch erstere setzt die einmonatige Begründungsfrist erneut in Lauf. Die Begründungsfrist endete im vorliegenden Fall somit am 27. März 1997; auf den am 18. März 1997 eingegangenen Antrag der Antragsgegnerin ist sie wirksam bis zum 27. Juni 1997 verlängert worden. Da die Begründungsschrift sodann am 1. April 1997 eingegangen ist, ist nach allem die Frist des § 621e Abs. 3 Satz 2 ZPO gewahrt worden, so daß der vorsorglich gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegenstandslos ist.

2. In der Sache hält der angefochtene Beschluß den Angriffen der weiteren Beschwerde stand.

a) Das Abänderungsverfahren gemäß § 10a VAHRG kann auch von Hinterbliebenen der geschiedenen Ehegatten betrieben werden, wenn sich eine Abänderung der bestehenden Regelung des Versorgungsausgleichs auf ihre Versorgungsanrechte auswirken kann, wobei es gleichgültig ist, ob es sich um Hinterbliebene des ausgleichsverpflichteten oder des ausgleichsberechtigten Ehegatten handelt (vgl. BT-Drucks. 10/6369 S. 22). Abs. 4 der Vorschrift gibt ihnen ein Antragsrecht für die Einleitung eines eigenständigen Verfahrens, nach Abs. 10 kann ausschließlich ein Hinterbliebener des Antragstellers eines bereits laufenden Verfahrens dessen Fortsetzung erreichen, wenn er innerhalb einer Ausschlußfrist von drei Monaten nach dessen Tode eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Familiengericht abgibt (vgl. BT-Drucks. aaO S. 23). Vorliegend vertritt die weitere Beschwerde die Auffassung, daß ein Hinterbliebener, der die Möglichkeit gehabt hat, die Fortsetzung eines laufenden Abänderungsverfahrens gemäß § 10a Abs. 10 VAHRG zu erreichen, die Ausschlußfrist aber nicht eingehalten hat, auch kein eigenständiges Verfahren betreiben kann. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Die gesetzliche Ausschlußfrist des § 10a Abs. 10 VAHRG verliert keineswegs jede Bedeutung, wenn ein Hinterbliebener trotz Versäumung dieser Frist noch ein eigenständiges Abänderungsverfahren einleiten kann. Wie aus Abs. 7 Satz 1 der Vorschrift folgt, ergeben sich Unterschiede bei der Wirkung einer späteren Abänderungsentscheidung: Bei zulässiger Fortsetzung des Verfahrens bleibt der Zeitpunkt maßgebend, zu dem der Antrag des Verstorbenen bei Gericht eingegangen ist (darauf ist für die "Stellung" des Antrags abzustellen, vgl. MünchKomm/Dörr 3. Aufl. § 10a VAHRG Rdn. 90), bei Einleitung eines eigenständigen Verfahrens kommt es auf den Eingang des diesbezüglichen Antrags an. Es entbehrte auch jeder Rechtfertigung, wenn ein Hinterbliebener wegen Versäumung der hier erörterten Ausschlußfrist etwa daran gehindert sein sollte, erst später entstandene Abänderungsgründe durch ein eigenständiges Verfahren geltend zu machen. Im Hinblick auf die langdauernde Wirkung von Entscheidungen über den Versorgungsausgleich ist § 10a VAHRG eingeführt worden, um die Richtigkeit solcher Entscheidungen auch nachträglich weitestgehend zu gewährleisten (vgl. statt vieler Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 3. Aufl. § 10a VAHRG Rdn. 3 ff.). Diese Intention des Gesetzgebers spricht entscheidend dagegen, die Korrekturmöglichkeiten von Hinterbliebenen in der von der weiteren Beschwerde vertretenen Weise einzuschränken. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Möglichkeit einer Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 10a Abs. 10 VAHRG und die der Einleitung eines eigenständigen Verfahrens aufgrund des Antragsrechts gemäß Abs. 4 der Vorschrift selbständig nebeneinander stehen. Voraussetzung für das letztere ist im wesentlichen nur, daß der Hinterbliebene Versorgungsleistungen erhält, die von der bestehenden Regelung des Versorgungsausgleichs beeinflußt sind (§ 10a Abs. 5 VAHRG).

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Oberlandesgericht richtig entschieden. Das im Oktober 1993 von dem verstorbenen Ehemann der Antragsgegnerin eingeleitete Abänderungsverfahren endete mit dessen Tod am 7. Oktober 1994, weil die Antragstellerin nicht innerhalb von drei Monaten eine Fortsetzungserklärung abgegeben hat. Da es sich um eine Ausschlußfrist handelt, ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung dieser Frist nicht möglich (vgl. Zöller/Greger ZPO 20. Aufl. § 233 Rdn. 8). Insoweit hat das Erstgericht zu Recht die Hauptsache für erledigt erklärt (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne aaO Rdn. 59). Soweit es hingegen auch abgelehnt hat, auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 23. März 1995 ein eigenständiges Abänderungsverfahren einzuleiten, beruhte die Entscheidung auf Rechtsirrtum, wenn die Antragstellerin - was bisher nicht festgestellt, aber wahrscheinlich ist - von der bestehenden Versorgungsausgleichsregelung beeinflußte Versorgungsleistungen erhält. Deswegen hat das Oberlandesgericht insoweit zu Recht auf Aufhebung und Zurückverweisung erkannt (zur Zulässigkeit einer Zurückverweisung mangels jegliche Aufklärung des Sachverhalts vgl. Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 25 Rdn. 7). Die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin ist somit zurückzuweisen.

Zusatzinformationen