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§ 6 SGB IV: Vorbehalt abweichender Regelungen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

15.03.2021

Änderung

Überarbeitung der GRA unter Berücksichtigung der aktuellen 'Gemeinsamen Verlautbarung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung entsandter Arbeitnehmer' in der Fassung vom 18.03.2020 sowie Aktualisierung der Adresse des amerikanischen Trägers in Abschnitt 4.7.

Dokumentdaten
Stand25.02.2021
Erstellungsgrundlage in der Fassung des AFRG vom 24.03.1997 in Kraft getreten am 01.01.1998
Rechtsgrundlage

§ 6 SGB IV

Version003.00

Inhalt der Regelung

Nach § 6 SGB IV bleiben Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts von den allgemeinen Bestimmungen des SGB IV über den Umfang der Versicherung (§§ 3, 4 und 5 SGB IV) unberührt und haben damit gegenüber diesen Regelungen Vorrang.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • § 30 SGB I
    § 30 SGB I definiert den persönlichen Geltungsbereich für alle Sozialleistungsbereiches des Sozialgesetzbuches.
  • § 3 SGB IV
    § 3 SGB IV definiert den persönlichen und räumlichen Geltungsbereich des SGB IV und regelt, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit die Vorschriften über die Versicherungspflicht und die Versicherungsberechtigung gelten.
  • § 4 SGB IV
    § 4 SGB IV regelt, in welchen Fällen auf Beschäftigungen/selbständige Tätigkeiten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt werden, abweichend von § 3 Nr. 1 SGB IV die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht anzuwenden sind.
  • § 5 SGB IV
    § 5 SGB IV regelt, in welchen Fällen auf Beschäftigungen/selbständige Tätigkeiten, die in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt werden, abweichend von § 3 Nr. 1 SGB IV die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht nicht anzuwenden sind.

Allgemeines

Die Vorschriften über die Versicherungspflicht/Versicherungsberechtigung in der Sozialversicherung gelten nach § 3 SGB IV grundsätzlich nur für Personen, die im Geltungsbereich des SGB eine Beschäftigung/selbständige Tätigkeit tatsächlich ausüben oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (Beschäftigungsstaats-/Territorialitätsprinzip, siehe GRA zu § 3 SGB IV). Sofern einzelne innerstaatliche Regelungen von diesem Grundprinzip abweichen, sind sie nach § 1 Abs. 3 SGB IV vorrangig anzuwenden. Ausnahmen vom Beschäftigungsstaats-/Territorialitätsprinzip enthalten darüber hinaus die Vorschriften über die Ausstrahlung (§ 4 SGB IV, siehe GRA zu § 4 SGB IV) und die Einstrahlung (§ 5 SGB IV, siehe GRA zu § 5 SGB IV).

§ 6 SGB IV regelt ergänzend hierzu, dass abweichende Regelungen des überstaatlichen Rechts (vergleiche Abschnitt 3) und des zwischenstaatlichen Rechts (siehe Abschnitt 4) ebenfalls unberührt bleiben, das heißt vorrangig sind.

Beachte:

§ 6 SGB IV bezieht sich - wie die §§ 3 bis 5 SGB IV - ausschließlich auf das Versicherungsrecht. Soweit nach Maßgabe des § 6 SGB IV über- oder zwischenstaatliches Recht vorrangig anzuwenden ist, hat dies demnach allein Bedeutung für die Frage, ob für die Versicherungspflicht/Versicherungsberechtigung der betreffenden Person deutsches oder das Sozialversicherungsrecht eines anderen Staates zur Anwendung kommt. Für das Leistungsrecht ergibt sich der Vorbehalt des über- und zwischenstaatlichen Rechts aus § 30 Abs. 2 SGB I.

Überstaatliches Recht

In § 6 SGB IV wird klargestellt, dass abweichende Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt bleiben, das heißt vorrangig zu beachten sind. Überstaatliches Recht, das sich (auch) auf die Versicherungspflicht/Versicherungsberechtigung bezieht, sind in erster Linie die europäischen Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009, im Folgenden: Europarecht).

Beachte:

Soweit in diesem Abschnitt der Begriff „Mitgliedstaat“ verwendet wird, bezieht sich dies auf die Mitgliedstaaten der EU sowie auf die EWR-Staaten und die Schweiz.

Versicherungsrechtliche Regelungen, die von den innerstaatlichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 SGB IV abweichen können und damit vorrangig zu beachten sind, enthalten insbesondere die Art. 11 VO (EG) Nr. 883/2004 bis Art. 16 VO (EG) Nr. 883/2004 (die sogenannten Kollisionsnormen). Sie legen fest, welche Rechtsvorschriften bei Erwerbstätigkeiten mit grenzüberschreitenden Merkmalen für eine Person gelten.

Die Anwendung der Kollisionsnormen kann dazu führen, dass für eine Erwerbstätigkeit, auf die nach Maßgabe der §§ 3 bis 5 SGB IV die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden oder nicht anzuwenden wären, die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats der EU, des EWR oder der Schweiz gelten oder nicht gelten.

Um Fehlversicherungen und die arbeitsintensive Rückabwicklung von Versicherungsbiographien zu vermeiden, ist daher im Einzelfall zunächst stets zu prüfen, ob das Europarecht vorrangig zur Anwendung kommt und gegenüber den §§ 3 bis 5 SGB IV Abweichendes bestimmt.

Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die betreffende Person

  • deutscher Beamter oder Beschäftigter im öffentlichen Dienst ist und mindestens eine Erwerbstätigkeit auch in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, weil dann abweichend von § 3 SGB IV auch für die im anderen Mitgliedstaat ausgeübte Erwerbstätigkeit die deutschen Rechtsvorschriften gelten (siehe GRA zu Art. 11 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 6),
  • Beamter oder Beschäftigter im öffentlichen Dienst eines anderen Mitgliedstaats ist und mindestens eine Erwerbstätigkeit auch in Deutschland ausübt, weil dann abweichend von § 3 SGB IV auch für die in Deutschland ausgeübte Erwerbstätigkeit die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats gelten, in dem die betreffende Person Beamter ist (siehe GRA zu Art. 11 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 6),
  • zeitlich im Voraus befristet für mehr als 24 Monate aus Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat entsandt ist, weil dann abweichend von § 4 SGB IV nicht die deutschen, sondern die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats gelten (siehe GRA zu Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 3.4 und 4.3),
  • zeitlich im Voraus befristet für mehr als 24 Monate aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland entsandt ist, weil dann abweichend von § 5 SGB IV nicht die Rechtsvorschriften des Entsendestaats, sondern die deutschen Rechtsvorschriften gelten (siehe GRA zu Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 3.4 und 4.3),
  • eine Erwerbstätigkeit oder mehrere Erwerbstätigkeiten gewöhnlich in Deutschland und mindestens einem anderen Mitgliedstaat ausübt, weil dann abweichend von § 3 SGB IV auch für die in den anderen Mitgliedstaaten ausgeübte Erwerbstätigkeit die deutschen Rechtsvorschriften gelten könnten oder umgekehrt für die in Deutschland ausgeübte Erwerbstätigkeit nicht gelten könnten (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004),
  • als Mitglied einer Flugzeugbesatzung abweichend von den §§ 3 bis 5 SGB IV den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats unterliegt, in dem sich ihre Heimatbasis befindet (siehe GRA zu Art. 11 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 11)
  • als Vertragsbediensteter der Europäischen Union tätig ist, weil dann abweichend von § 3 SGB IV auch für die in Deutschland ausgeübte Erwerbstätigkeit die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften gelten könnten oder umgekehrt für die in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübte Erwerbstätigkeit die deutschen Rechtsvorschriften gelten könnten (siehe GRA zu Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 2).

Einzelheiten zu den Voraussetzungen, unter denen für eine (auch) in einem anderen Mitgliedstaat erwerbstätige Person die deutschen Rechtsvorschriften gelten, zur Rechtswirkung des überstaatlichen Rechts sowie zum Verfahren und zur Zuständigkeit für die Ausstellung einer Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften (Bescheinigung A1), sind der GRA zu Art. 11 VO (EG) Nr. 883/2004 bis zur GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, der GRA zu Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 und der GRA zu Art. 16 VO (EG) Nr. 883/2004 sowie der GRA zu Art. 14 VO (EG) Nr. 987/2009 bis zur GRA zu Art. 17 VO (EG) Nr. 987/2009 und der GRA zu Art. 19 VO (EG) Nr. 987/2009 zu entnehmen.

Bei Entsendungen in einen anderen Mitgliedstaat der EU, des EWR oder der Schweiz ist darüber hinaus auch

  • der Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zur Auslegung des Art. 12 der VO (EG) Nr. 883/2004 vom 12.06.2009 und
  • der von der Europäischen Kommission herausgegebene „Praktische Leitfaden zum anwendbaren Recht in der Europäischen Union, im Europäischen Wirtschaftsraum und in der Schweiz“

zu beachten.

Sachlicher Geltungsbereich des überstaatlichen Rechts

Von den Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts werden alle Zweige der sozialen Sicherheit (Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Unfallversicherung und Arbeitslosenversicherung) erfasst (siehe GRA zu Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 2).

Persönlicher Geltungsbereich des überstaatlichen Rechts

Die Zuständigkeitsregelungen der VO (EG) Nr. 883/2004 gelten für

Bei Entsendungen aus Deutschland nach Dänemark ist zu beachten, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht für Drittstaatsangehörige gilt. Aufgrund des Vorläufigen Europäischen Abkommens über Soziale Sicherheit ist in diesem Bereich - ausschließlich für türkische Staatsangehörige - das deutsch - dänische Abkommen über Soziale Sicherheit anwendbar, das Regelungen zur Kranken-, Renten-, Unfall und Arbeitslosenversicherung enthält. Für andere Drittstaatsangehörige gilt § 4 SGB IV.

Bei Entsendungen aus Deutschland in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (im Folgenden: Großbritannien) sind ab 01.01.2021 (Ende des in Artikel 126 des Austrittsabkommens festgelegten Übergangszeitraums: 31.12.2020) die Regelungen des Titels III des Austrittsabkommens (Art. 30 ff.) zu beachten. Im Übrigen gilt für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Großbritannien anstelle der VO (EG) Nr. 883/2004 die VO (EWG) Nr. 1408/71. Diese schließt alle Zweige der sozialen Sicherheit ein.

Bei Entsendungen aus Deutschland nach Island, Liechtenstein und Norwegen ist zu beachten, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht für Staatsangehörige der Schweiz und für Drittstaatsangehörige gilt. Im Verhältnis zu Liechtenstein ist das deutsch-liechtensteinische Abkommen über Soziale Sicherheit zu beachten, das auch Staatsangehörige der Schweiz und Drittstaatsangehörige einschließt und Regelungen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zum Kindergeld enthält.

Bei Entsendungen aus Deutschland in die Schweiz ist zu beachten, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht für die Staatsangehörigen Islands, Liechtensteins und Norwegens sowie für Drittstaatsangehörige gilt. Insoweit ist das deutsch-schweizerische Abkommen über Soziale Sicherheit, das Regelungen zur Kranken-, Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung sowie zum Kindergeld enthält, zu beachten.

Gebietlicher Geltungsbereich des überstaatlichen Rechts

Die Regelungen des europäischen Gemeinschaftsrechts gelten bei Entsendungen von Deutschland in einen anderen EU-Staat, EWR-Staat, die Schweiz und Großbritannien (uneingeschränkt bis 31.12.2020), soweit der Beschäftigungsort vom gebietlichen Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts erfasst wird. Einzelheiten zum gebietlichen Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts können der GRA zu Übersicht VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 9 entnommen werden. Soweit dort ein Gebiet als nicht in den gebietlichen Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts einbezogen aufgeführt ist, richtet sich die Frage der Entsendung nach § 4 SGB IV.

Zwischenstaatliches Recht

Zwischenstaatliches Recht, das von den §§ 3 bis 5 SGB IV abweichende Regelungen im Versicherungsbereich enthält, sind in erster Linie die von der Bundesrepublik Deutschland mit anderen Staaten geschlossenen Abkommen über Soziale Sicherheit (im Folgenden: Abkommen).

Hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereichs der Abkommen (Inkrafttreten) wird auf die GRA zum jeweiligen Abkommensstaat verwiesen.

Als Grundsatz enthalten die versicherungsrechtlichen Regelungen aller Abkommen das Beschäftigungsstaats-/Territorialitätsprinzip. Das heißt, dass für eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit grundsätzlich die Rechtsvorschriften des Vertragsstaats gelten, in dessen Territorium sie ausgeübt wird. Ausnahmen hiervon bestehen lediglich für besondere Personenkreise und in Entsendefällen.

Die Abkommen enthalten, anders als das Europarecht in Art. 11 Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 VO (EG) Nr. 883/2004 sowie Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, grundsätzlich keine versicherungsrechtlichen Regelungen für Personen, die gewöhnlich in beiden Vertragsstaaten eine oder mehrere Erwerbstätigkeit(en) ausüben. Wird eine Erwerbstätigkeit in einem Vertragsstaat und diese oder eine weitere Erwerbstätigkeit gewöhnlich auch im anderen Vertragsstaat ausgeübt, liegt also keine Entsendung vor, so ist nach Maßgabe des in jedem Abkommen enthaltenen Territorialitätsprinzips die im Gebiet des jeweiligen Vertragsstaats ausgeübte Erwerbstätigkeit getrennt nach dessen Rechtsvorschriften zu beurteilen und gegebenenfalls zu verbeitragen. Ausnahmen hiervon bestehen lediglich für bestimmte Personenkreise.

Sachlicher Geltungsbereich des zwischenstaatlichen Rechts

Von den Abkommen werden, anders als im Europarecht, nicht alle, sondern nur einzelne Versicherungszweige erfasst. Liegen die Voraussetzungen einer Entsendung vor, sind jedoch nach Maßgabe der gleichzeitig anzuwendenden §§ 4 und 5 SGB IV für die nicht vom jeweiligen Abkommen erfassten Versicherungszweige ebenfalls die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht anzuwenden oder nicht anzuwenden.

Die soziale Pflegeversicherung findet in den Abkommen keine Erwähnung (Ausnahmen: SVA mit Albanien, Nordmazedonien, Republik Moldau und Uruguay).

Aus der folgenden Aufstellung ist ersichtlich, mit welchen Staaten derzeit Sozialversicherungsabkommen, die auch Zuständigkeitsregelungen im Versicherungsbereich enthalten, zu beachten sind und welche Zweige der sozialen Sicherheit (Krankenversicherung ist gleich KV, Pflegeversicherung ist gleich PflegeV, Rentenversicherung ist gleich RV, Unfallversicherung ist gleich UV und Arbeitsförderung ist gleich AF) jeweils erfasst werden.

KVPflegeVRVUVAF1
Abkommensstaat
Albanienx5x5xx5x5
Australienxx
Bosnien und Herzegowina2xxxx
Brasilienxxx
Chilexx
Chinaxx
Indienxx
Israelxxx
Japanxx
Kanadaxxx
Koreaxx
Kosovo2x3xxx
Marokkox3xxx
Montenegro2xxxx
Nordmazedonienxx4xxx
Philippinenxx
Quebecxxx
Republik Moldaux7x7xxx7
Serbien2xxxx
Türkeixxxx
Tunesienxxx
Uruguayx5x5xx5x5
USA6x

(1) Die Versicherungs- und Beitragspflicht für den Bereich der Arbeitsförderung ist üblicherweise im Schlussprotokoll zum Abkommen und partiell einseitig geregelt. Dabei gilt der Grundsatz, dass für eine Person, für die nach den Zuständigkeitsregelungen des Abkommens die deutschen Rechtsvorschriften gelten, auch die Regelungen für den Bereich der Arbeitsförderung anzuwenden sind und bei der Freistellung von den deutschen Rechtsvorschriften diese Freistellung auch für den Bereich der Arbeitsförderung gilt.

(2) Es gilt das deutsch-jugoslawische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 12.10.1968.

(3) Die Sachleistungsaushilfe für den Bereich der Krankenversicherung ist zurzeit ausgesetzt.

(4) Gelten für eine Person nach den Zuständigkeitsregelungen des Abkommens die deutschen Rechtsvorschriften, finden diese auch in Bezug auf die soziale Pflegeversicherung Anwendung.

(5) Gelten für eine Person nach den Zuständigkeitsregelungen des Abkommens die deutschen Rechtsvorschriften, finden diese auch in Bezug auf die Kranken-, Pflege-, Unfall- sowie Arbeitslosenversicherung Anwendung.

(6) Gelten für eine Person nach den Zuständigkeitsregelungen des Abkommens die deutschen Rechtsvorschriften, finden auf sie die bundesstaatliche Krankenhausversicherung für Alte und Gebrechliche (Hospital Insurance for the Aged and Disabled - Medicare, Part A) keine Anwendung. Ist eine Person aufgrund der Zuständigkeitsregeln des Abkommens von den deutschen Rechtsvorschriften freigestellt, gilt dies auch für die Kranken- und Pflegeversicherung.

(7) Gelten für eine Person nach den Zuständigkeitsregelungen des Abkommens die deutschen Rechtsvorschriften, finden diese auch in Bezug auf die Kranken-, Pflege- sowie Arbeitslosenversicherung Anwendung.

Persönlicher Geltungsbereich des zwischenstaatlichen Rechts

Die Zuständigkeitsregelungen der Sozialversicherungsabkommen gelten in der Regel unabhängig von der Staatsangehörigkeit der betroffenen Person. Die Abkommen mit Marokko und Tunesien gelten hinsichtlich der Zuständigkeitsregelungen allerdings nur für deutsche und marokkanische bzw. deutsche und tunesische Staatsangehörige sowie für Flüchtlinge und Staatenlose. Einzelheiten zur Entsendung im Rahmen bilateraler Sozialversicherungsabkommen können den bislang zur Verfügung stehenden GRAen zu EU/SVA zum jeweiligen Abkommensstaat entnommen werden.

Gebietlicher Geltungsbereich des zwischenstaatlichen Rechts

Die Sozialversicherungsabkommen gelten jeweils für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland und das Hoheitsgebiet des betreffenden Vertragsstaates. Folgende Besonderheiten sind zu beachten:

In Bezug auf Kanada ist zu berücksichtigen, dass Deutschland mit der Provinz Québec eine Regierungsvereinbarung über Soziale Sicherheit getroffen hat, die bei Entsendungen nach Québec gegenüber dem Abkommen mit Kanada vorrangig anwendbar ist.

Das Abkommen mit China gilt nicht für die Sonderverwaltungsgebiete Hongkong und Macao.

Das Abkommen mit den USA gilt in den Bundesstaaten sowie für den Distrikt Columbia, den Freistaat Puerto Rico, die Jungferninseln, Guam, Amerikanisch-Samoa und den Bund der Nördlichen Marianen.

Das deutsch-israelische Abkommen über Soziale Sicherheit gilt nicht für den Gaza-Streifen, die Golan-Höhen, die West Bank sowie Ost-Jerusalem.

Soweit ein Gebiet nicht in den gebietlichen Geltungsbereich eines bilateralen Sozialversicherungsabkommens (und nicht in den Geltungsbereich des Europarechts) einbezogen ist, richtet sich die Frage der Entsendung nach §§ 4 und 5 SGB IV (siehe GRA zu § 4 SGB IV und GRA zu § 5 SGB IV).

Zuständigkeit für die Ausstellung von Bescheinigungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften

Im Rahmen von bilateralen Sozialversicherungsabkommen stellt der im entsprechenden Abkommen festgelegte Träger eine Bescheinigung darüber aus, welche Rechtsvorschriften für die betreffende Person anzuwenden ist („Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften“). Sie dient der Dokumentation gegenüber den Behörden im anderen Vertragsstaat darüber, dass abweichend vom Beschäftigungsstaats-/Territorialitätsprinzip des Abkommens auf eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates keine Anwendung finden. Dabei bezieht sich der Begriff „Rechtsvorschriften“ nur auf die vom jeweiligen Abkommen erfassten Zweige der sozialen Sicherheit.

Sind die deutschen Rechtsvorschriften anzuwenden, ist die Bescheinigung in Deutschland grundsätzlich von der Krankenkasse auszustellen, an die die Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen sind (also unabhängig davon, ob und wie der Arbeitnehmer krankenversichert ist).

Im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina, Israel, Kosovo, Montenegro und Serbien stellt die Bescheinigung die deutsche gesetzliche Krankenkasse aus, bei der der Entsandte während der Entsendung (kranken)versichert ist, unabhängig davon, ob eine Pflichtversicherung, Familienversicherung oder freiwillige Versicherung besteht.

Bei Entsendungen nach Marokko, Tunesien oder in die Türkei ist die Bescheinigung von der Krankenkasse auszustellen, an die die Beiträge zur Rentenversicherung und/oder Arbeitslosenversicherung zu zahlen sind.

Sind Personen während ihrer Entsendung nach Marokko, Tunesien oder in die Türkei in ihrer Beschäftigung ausschließlich in der deutschen Unfallversicherung versichert, stellt der Träger der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung die Bescheinigung aus.

Besteht keine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und sind deutsche Rentenversicherungsbeiträge nicht oder nicht an eine Einzugsstelle zu zahlen (zum Beispiel bei versicherungspflichtigen und nicht versicherungspflichtigen Selbständigen sowie Beamten), ist für das Ausstellen der Bescheinigung nach dem Beschluss der AGZWSR 1/2013, TOP 5 die DRV Bund (Dezernat 5010) zuständig, es sei denn, dass die Sonderzuständigkeit der Unfallversicherung bei Marokko, der Türkei und Tunesien gegeben ist.

Beachte:

Auch für Personen, die nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert und beispielsweise freiwillig oder privat krankenversichert sind (zum Beispiel Arbeitnehmer, die wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze in der Krankenversicherung versicherungsfrei sind), zieht die Einzugsstelle (weiterhin) gegebenenfalls die Beiträge zur Rentenversicherung (und Arbeitslosenversicherung) ein. Diese Einzugsstelle ist dann auch für die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften zuständig.

Bei einer Entsendung ins vertragslose Ausland wird keine Bescheinigung über die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit ausgestellt, da eine solche Bescheinigung für die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht im anderen Staat keine Bedeutung hätte. In diesen Fällen kann - trotz Fortgeltung der deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht des Arbeitnehmers - in den einzelnen Versicherungszweigen unter den Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV unter Umständen auch eine Versicherungspflicht im Beschäftigungsstaat eintreten und insofern zu einer „doppelten Absicherung“ führen (siehe GRA zu § 4 SGB IV, Abschnitt 3.6).

Ausnahmevereinbarungen

Eine Person, für die nach Maßgabe der versicherungsrechtlichen Zuordnungsregelungen der Abkommen die Rechtsvorschriften eines der beiden Vertragsstaaten gelten, kann durch Abschluss einer Vereinbarung, der sogenannten Ausnahmevereinbarung, den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats unterstellt werden. Liegt beispielsweise keine Entsendung nach Maßgabe eines Abkommens vor, weil das Entgelt während einer Entsendung nicht vom Arbeitgeber im Entsendestaat sondern vom Arbeitgeber im Beschäftigungsstaat gezahlt wird, kann abweichend vom Beschäftigungsstaats-/Territorialitätsprinzip der Abkommen die weitere Anwendung der Rechtsvorschriften des Entsendestaats vereinbart werden.

Für den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen nach über- und zwischenstaatlichem Recht und die Ausstellung der Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften in diesen Fällen ist in Deutschland zentral der GKV-Spitzenverband, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA), Pennefeldsweg 12c, 53177 Bonn zuständig. Anträge auf Ausnahmevereinbarung, die irrtümlich bei einem deutschen Rentenversicherungsträger eingehen, sind dorthin abzugeben.

Rechtswirkung des zwischenstaatlichen Rechts

Unterliegt eine Person im Rahmen einer Entsendung aus Deutschland nach Maßgabe eines Abkommens den deutschen Vorschriften über die Versicherungspflicht, gelten hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung und Beitragsberechnung auch für die im anderen Vertragsstaat ausgeübten Tätigkeiten keine Besonderheiten.

Unterliegt umgekehrt eine Person im Rahmen einer Entsendung aus einem Abkommensstaat nach Deutschland nach Maßgabe eines Abkommens den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats, sind die deutschen Rechtsvorschriften für die vom Abkommen jeweils erfassten Versicherungszweige (siehe Tabelle Abschnitt 4.2) nicht anzuwenden. Gleichzeitig finden nach § 5 SGB IV die deutschen Rechtsvorschriften auch für die nicht vom Abkommen erfassten Versicherungszweige keine Anwendung.

Liegt keine Entsendung aus Deutschland vor und wurde die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung festgelegt (siehe Abschnitt 4.5), finden für die vom jeweiligen Abkommen nicht erfassten Versicherungszweige die Vorschriften über die Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) jedoch keine Anwendung.

Liegt umgekehrt keine Entsendung aus einem Abkommensstaat nach Deutschland vor und wurde die Anwendung der Rechtsvorschriften des anderen Abkommensstaats im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung festgelegt (siehe Abschnitt 4.5), finden für die vom jeweiligen Abkommen nicht erfassten Versicherungszweige die Vorschriften über die Einstrahlung (§ 5 SGB IV) keine Anwendung. Dies bedeutet, dass für die nicht vom jeweiligen Abkommen erfassten Versicherungszweige gegebenenfalls Versicherungspflicht nach deutschem Recht besteht, obwohl die vom Abkommen erfassten Versicherungszweige nach Maßgabe der Ausnahmevereinbarung den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats unterliegen.

Siehe Beispiel 1

Unter den im jeweiligen Abkommen genannten Voraussetzungen ist die Berechtigung zur freiwilligen Versicherung (§ 7 SGB VI) in der deutschen Rentenversicherung für bestimmte ausländische Staatsangehörige und gegebenenfalls auch Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention und Staatenlose abweichend vom Grundprinzip des § 3 Nr. 2 SGB IV auch bei gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland gegeben. Einzelheiten sind der GRA zum jeweiligen Sozialversicherungsabkommen ‘Freiwilligen Versicherung’ (in der Regel zum Protokoll/Schlussprotokoll des Abkommens) zu entnehmen.

Informationspflicht gegenüber dem beteiligten Träger

Bei Ausstellung von Bescheinigungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften im Rahmen der bilateralen Sozialversicherungsabkommen mit Albanien, Australien, Brasilien, Kanada/Quebec, den Philippinen, den USA und Uruguay besteht gegenüber den beteiligten abkommensstaatlichen Trägern eine Mitteilungspflicht des ausstellenden Trägers.

Bei Ausstellung von Bescheinigungen über die anzuwendenden Rechtsvorschriften nach den vorgenannten Abkommen ist eine Mehrausfertigung dieser Bescheinigung an den zuständigen Träger des jeweiligen Abkommensstaats zu übersenden. Die Mehrausfertigungen der Bescheinigungen sind an folgende Träger zu senden:

  • Albanien:
    Instituti i Sigurimeve Shoqërore
    R. e Durrësit
    1001 Tirana
    Republik Albanien
  • Australien:
    Superannuation - Bilateral Agreements
    Australien Taxation Office
    GPO Box 9977
    Adalaide SA 5001
    Australien
  • Brasilien:
    Apsai Florianopólis
    Rua Felipe Schmidt 331 - 4° Andar Centro
    Florianópolis / SC 88.010-000
    Brasilien
  • Kanada/Quebec:
    Kanada:
    Canada Revenue Agency
    CPP/EI Rulings Division Social Security Unit
    320 Queen Street, Tower A.
    Ottawa, Ontario K1A 0L5
    Kanada
     
    Québec:
    Service des Prestations 3 Bureau des Ententes de Sécurité Sociale
    Régie des rentes du Québec
    1055, boulevard René-Lévesque Est, 13e étage
    Montréal H2L 4S5
    Kanada (Québec)
  • Philippinen:
    International Affairs Department
    SOCIAL SECURITY SYSTEM
    3rd Floor, SSS Building
    East Avenue, Diliman 1100
    Quezon City,
    Philippinen
  • USA
    Social Security Administration
    Office of Data Exchange, Policy Publications and International Negotiations
    Office of Retirement and Disability Policy
    4700 Annex Building
    6401 Security Blvd
    Baltimore, MD 21235
    U.S.A.
  • Uruguay
    Banco de Previsión Social
    Colonia 1881, piso 6
    CP 11.200 - Montevideo
    Uruguay

Abweichende Regelungen nach sonstigen Bestimmungen

Es gibt eine Reihe für die Bundesrepublik Deutschland verbindlicher Übereinkommen, die auch versicherungsrechtliche Regelungen enthalten, mit denen besondere Personengruppen bei Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland abweichend von § 3 SGB IV von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen freigestellt werden und die nach § 6 SGB IV vorrangig anzuwenden sind.

Sinn und Zweck dieser Regelungen ist es unter anderem, Doppelversicherungen zu vermeiden, die entstehen können, wenn diese Personen dem Versorgungssystem eines anderen Staates (siehe Abschnitt 5.1) oder dem Versorgungssystem einer überstaatlichen Organisation (siehe Abschnitt 5.2) angehören und auf sie gleichzeitig aufgrund von § 3 SGB IV die deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht anwendbar wären.

Personen mit diplomatischen und konsularischen Vorrechten

In Deutschland tätige Diplomaten und Mitglieder der konsularischen Vertretungen anderer Staaten sind nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) vom 18.04.1961 oder des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24.04.1963 von den deutschen Vorschriften über die soziale Sicherheit befreit. Dies gilt grundsätzlich auch für ihre Familienangehörigen sowie für andere bei den Vertretungen beschäftigte Personen.

Die nachfolgende Tabelle führt auf, für welche vom WÜK/WÜD erfassten Personenkreise die Befreiung von den deutschen Vorschriften über die soziale Sicherheit gilt beziehungsweise nicht gilt.

Von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften befreit

Personenkreis

Rechtsgrundlage

Ausnahme

DiplomatenArt. 33 Abs. 1 WÜD
Familienangehörige des DiplomatenArt. 37 Abs. 1 WÜDDeutsche
Private Hausangestellte des DiplomatenArt. 33 Abs. 2 WÜDDeutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Mitglieder des Verwaltungs- und technischen PersonalsArt. 37 Abs. 2 WÜDDeutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Familienangehörige des Verwaltungs- und technischen PersonalsArt. 37 Abs. 2 WÜDDeutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Mitglieder des Dienst- und HauspersonalsArt. 37 Abs. 3 WÜDDeutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Privates Hauspersonal der MissionsmitgliederArt. 37 Abs. 4 WÜDDeutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
KonsularbeamteArt. 48 Abs. 1 WÜK
Familienangehörige der Mitglieder des Konsulats

Art. 48 Abs. 1 WÜK

Art. 71 Abs. 2 WÜK

Deutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Privatpersonal des konsularischen PersonalsArt. 48 Abs. 2 WÜKDeutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals

Art. 48 Abs. 1 WÜK

Art. 71 Abs. 2 WÜK

Deutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Familienangehörige des Verwaltungs- und technischen Personals

Art. 48 Abs. 1 WÜK

Art. 71 Abs. 2 WÜK

Deutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland
Mitglieder des Dienst- und Hauspersonals

Art. 48 Abs. 1 WÜK

Art. 71 Abs. 2 WÜK

Deutsche/Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland

Beachte:

Üben Familienangehörige von Mitarbeitern diplomatischer und konsularischer Vertretungen im Rahmen einzelner zwischenstaatlicher Abkommen/Vereinbarungen über die Erwerbstätigkeit von Familienangehörigen von Mitgliedern einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung eine Erwerbstätigkeit in Deutschland aus, gelten in Bezug auf diese Erwerbstätigkeit und für deren Dauer, abweichend von der grundsätzlich bestehenden Befreiung, die deutschen Rechtsvorschriften. Hinsichtlich der Anrechnung von Erziehungszeiten ist in diesen Fällen auch die GRA zu § 56 SGB VI, Abschnitt 7.2.1 bis 7.2.3 zu beachten.

Bedienstete über-/internationaler Einrichtungen

Im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sind verschiedene über- oder internationale Einrichtungen vertreten, deren Bedienstete aufgrund entsprechender Vereinbarungen mit der Bundesrepublik Deutschland nicht dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen. Die Befreiung gilt für Bedienstete insbesondere folgender internationaler Organisationen:

  • NATO (auch für die Familienangehörigen der Truppenangehörigen oder des zivilen Gefolges),
  • Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Berlin,
  • Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, München,
  • Europäisches Laboratorium für Molekularbiologie, Heidelberg,
  • Europäisches Patentamt, München/Berlin,
  • Europäische Weltraumorganisation, Darmstadt,
  • Europäische Organisation für die astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre, Garching,
  • Europäische Organisation zur Sicherung der Luftfahrt - EUROCONTROL, Karlsruhe,
  • Europäische Zentralbank, Frankfurt am Main,
  • Europäische Organisation für die Nutzung von meteorologischen Satelliten, Darmstadt,
  • Internationaler Seegerichtshof, Hamburg,
  • Internationale Arbeitsorganisation, Berlin und
  • Sekretariat des Übereinkommens zur Erhaltung der wandernden wildlebenden Tierarten (CMS - Sekretariat), Bonn.

Rechtswirkung der Befreiung

Die Freistellung von der Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht im Rahmen der von der Bundesrepublik Deutschland mit der jeweiligen Organisation geschlossenen so genannten Sitzabkommen bewirkt zum einen, dass für die Beschäftigung, für die die Befreiung gilt, Pflichtbeiträge nach deutschen Rechtsvorschriften nicht zu zahlen sind. Die Befreiung bewirkt andererseits, dass Versicherungspflicht aus anderen Gründen, beispielsweise wegen Kindererziehung oder nicht erwerbsmäßiger Pflege (§ 3 Nr. 1 und 1a SGB VI), für den Bediensteten grundsätzlich nicht eintreten kann (für Kindererziehungszeiten stände dem auch § 56 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b SGB VI entgegen). Von der Befreiung werden regelmäßig auch Familienangehörige der Bediensteten erfasst. Bei Anwendung einzelner Sitzabkommen ist die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für sie jedoch ausdrücklich nicht ausgeschlossen (siehe zum Beispiel Art. 2 GTNSitzAbkG). Weitere Ausnahmen vom Anrechnungsausschluss können der GRA zu § 56 SGB VI, Abschnitt 7.2.3 entnommen werden.

Beispiel 1: Zusammenspiel inner- und zwischenstaatlichen Rechts

(Beispiel zu Abschnitt 4.6)

Firma A mit Sitz in Brasilien entsendet einen Mitarbeiter für 2 Jahre nach Deutschland. Direkt anschließend wird er von Firma B, die ihren Sitz ebenfalls in Brasilien hat, für erneut 2 Jahre nach Deutschland entsandt. Da während der Beschäftigung für Firma B keine Entsendung vorliegt, weil der Arbeitnehmer seit dem Ende der Entsendung für Firma A weniger als 6 Monate in Brasilien beschäftigt war (Nr. 10 Buchst. a lit. v. SP zum SVA-Brasilien), wird für diesen Zeitraum die Anwendung der brasilianischen Rechtsvorschriften im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung festgelegt.

Lösung:

Während der Entsendung durch Firma A nach Deutschland unterliegt der Mitarbeiter den brasilianischen Rechtsvorschriften und damit nicht der deutschen Versicherungspflicht in der Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Gleichzeitig finden nach § 5 SGB IV (Einstrahlung) auch die deutschen Rechtsvorschriften in den übrigen Sozialversicherungszweigen keine Anwendung.

Während der Beschäftigung für Firma B finden im Rahmen der Ausnahmevereinbarung die brasilianischen Rechtsvorschriften Anwendung. Die deutschen Rechtsvorschriften über die Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung sind damit nicht anzuwenden. Da während der Beschäftigung für die Firma B keine Entsendung vorliegt, sind die Voraussetzungen für eine Einstrahlung nach § 5 SGB IV nicht gegeben. Damit besteht (trotz Ausnahmevereinbarung) in den nicht vom Abkommen erfassten deutschen Versicherungszweigen der Kranken- und Pflegeversicherung nach § 3 Nr. 1 SGB IV gegebenenfalls Versicherungspflicht.

Gesetz zur Reform der Arbeitsförderung (AFRG) vom 24.03.1997

Inkrafttreten: 01.01.1998

Quelle: BGBl. I 1997, S. 594

Mit Artikel 4 Nummer 3 AFRG wurde § 6 SGB IV zum 01.01.1998 neu gefasst. Der bis dahin durch § 6 SGB IV geregelte Vorbehalt abweichender (innerstaatlicher) Regelungen in den einzelnen Sozialleistungsbereichen ist seitdem in § 1 Abs. 3 SGB IV enthalten.

SGB IV vom 23.12.1976

Inkrafttreten: 01.07.1977

Quelle: BGBl. I 1977, S. 3845 ff.

§ 6 SGB IV wurde mit dem Sozialgesetzbuch (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - vom 23.12.1976 eingeführt und ist mit Wirkung vom 01.07.1977 in Kraft getreten (Artikel II § 21 des Gesetzes).

Im Beitrittsgebiet ist § 6 SGB IV am 01.01.1991 in Kraft getreten (Art. 8 in Verbindung mit Anlage I, Kapitel VIII, Sachgebiet F, Abschnitt III Nr. 1 Buchst. o des Einigungsvertrags).

Durch das SGB IV sind Normen, die für alle Sozialversicherungszweige gemeinsam gelten und früher in verschiedenen Einzelgesetzen geregelt waren, zusammengefasst worden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 6 SGB IV