Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004: Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften - Vertragsbedienstete der Europäischen Gemeinschaften
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
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Änderung | In Abschnitt 2.3 wurde die Zuständigkeit der DVKA aufgenommen |
Stand | 13.07.2015 |
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Version | 001.01 |
Inhalt der Regelung
Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 räumt Vertragsbediensteten der Europäischen Union abweichend vom Territorialitätsprinzip des Art. 11 Abs. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 hinsichtlich der für sie anzuwendenden Rechtsvorschriften (mit Ausnahme der Vorschriften über Familienbeihilfen) ein Wahlrecht ein, um ihrer besonderen Situation Rechnung zu tragen.
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
- Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 bestimmt, dass für eine Person, die eine Beschäftigung gewöhnlich in nur einem Mitgliedstaat ausübt, grundsätzlich die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats gelten.
- Art. 17 VO (EG) Nr. 987/2009 regelt, dass das Wahlrecht hinsichtlich der anzuwendenden Rechtsvorschriften zum Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrages auszuüben ist sowie die Informationspflicht der beschäftigenden Behörde der Europäischen Union gegenüber dem Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind.
Allgemeines
Vertragsbedienstete der Europäischen Union sind während ihrer Tätigkeit nach Maßgabe der „Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union“ (im Folgenden: Beschäftigungsbedingungen) grundsätzlich in das Versorgungssystem der Europäischen Union integriert und daher abweichend von Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 von der Anwendung der Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem sie ihre Beschäftigung für die Europäische Union ausüben, befreit (ausgenommen hiervon sind Hilfskräfte im Sinne von Art. 3 der Beschäftigungsbedingungen).
Da dies (auch bei nur kurzfristigen Beschäftigungen) einen Wechsel aus dem System der sozialen Sicherheit, dem die Vertragsbediensteten zuletzt angeschlossen waren, in das Versorgungssystem der Europäischen Union nach sich zieht, sieht Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 vor, dass Vertragsbedienstete bei Abschluss des Anstellungsvertrages wählen können, ob sie, anstatt in das Versorgungssystem der Europäischen Union zu wechseln, den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats,
- in dem sie beschäftigt sind,
- denen sie zuletzt unterlagen oder
- dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen
unterstellt werden sollen.
Neben dem Abweichen vom Territorialitätsprinzip des Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 enthält Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 auch eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass sich die Zuordnung zu den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats auf alle in Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 genannten Zweige der sozialen Sicherheit bezieht. Das Wahlrecht der Vertragsbediensteten gilt nicht in Bezug auf die Vorschriften über die Familienbeihilfen, deren Gewährung in den Beschäftigungsbedingungen geregelt ist.
Personenkreis
Soweit Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 auf den Begriff „Vertragsbediensteter der Europäischen Union“ abstellt, werden nicht nur Vertragsbedienstete im Sinne von Art. 3a der Beschäftigungsbedingungen erfasst. Vielmehr knüpft Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 an den persönlichen Geltungsbereich des Art. 1 Satz 1 der Beschäftigungsbedingungen an, die für jeden Bediensteten anzuwenden sind, der von der Europäischen Union durch Vertrag eingestellt wird.
Deshalb werden von Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 insbesondere Bedienstete auf Zeit (Art. 2 Beschäftigungsbedingungen), Hilfskräfte (Art. 3 Beschäftigungsbedingungen) und Vertragsbedienstete (Art. 3a Beschäftigungsbedingungen) erfasst. Nach Art. 52 der Beschäftigungsbedingungen durften Hilfskräfte bei den Europäischen Gemeinschaften nach dem 31.12.2006 nicht mehr eingestellt werden, so dass das Wahlrecht nach Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004, das bis zum Abschluss des Anstellungsvertrages auszuüben ist, für diesen Personenkreis keine Wirkung entfalten kann.
Ausübung des Wahlrechts
Das Wahlrecht nach Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 ist zum Zeitpunkt des Abschlusses des Anstellungsvertrages auszuüben (Art. 17 VO (EG) Nr. 987/2009) und wird am Tag des Diensteintritts bei der Europäischen Union wirksam. Es kann für den Zeitraum einer Dienstzeit nur einmal ausgeübt werden. Demnach können Vertragsbedienstete nach Ausübung des Wahlrechts nicht die Anwendung der Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats beantragen. Wird nach dem Ende einer Dienstzeit für die Europäische Union ein neuer Anstellungsvertrag geschlossen, kann das Wahlrecht jedoch für diese Dienstzeit wieder ausgeübt werden.
Informationspflicht des Arbeitgebers
Hat sich ein Vertragsbediensteter nach Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 für die Anwendung der Rechtsvorschriften eines bestimmten Mitgliedstaats entschieden, informiert die ihn beschäftigende Behörde der Europäischen Union nach Maßgabe des Art. 17 VO (EG) Nr. 987/2009 hierüber die zuständige Stelle des betreffenden Mitgliedstaats, damit diese die erforderlichen Schritte zur Durchführung der Sozialversicherung für den Vertragsbediensteten in die Wege leiten kann.
Sofern sich Vertragsbedienstete für die Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften entschieden haben, ist für die Entgegennahme dieser Information der Spitzenverband der Krankenkassen (DVKA) in Bonn zentral zuständig (GMBl. 2011 Nr. 1 S. 11 Nr. 1 Buchst. b).
VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 |
Inkrafttreten: 20.05.2004 Anzuwenden ab: 01.05.2010 Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 200/1 vom 07.06.2004 (berichtigte Fassung) |
Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 ist mit der VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 am 20.05.2004 in Kraft getreten und ab 01.05.2010 anwendbar (Art. 91 Satz 2 VO (EG) Nr. 883/2004).
Art. 15 VO (EG) Nr. 883/2004 entspricht inhaltlich weitgehend Art. 16 VO (EWG) Nr. 1408/71.