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§ 236 SGB VI: Altersrente für langjährig Versicherte

Änderungsdienst
veröffentlicht am

02.01.2023

Änderung

In Abschnitt 2 wurde ergänzt, dass seit 2023 neben der Altersrente für langjährig Versicherte hinzuverdient werden kann, ohne dass es zu einer Anrechnung kommt. Für bestimmte Abgeordnete ist beim Bezug von Entschädigungen (Diäten) ein prozentuales Ruhen der Altersrente zu beachten.

Dokumentdaten
Stand24.11.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20.04.2007 in Kraft getreten am 01.01.2008
Rechtsgrundlage

§ 236 SGB VI

Version004.00

Inhalt der Regelung

§ 236 SGB VI regelt für vor dem 01.01.1964 geborene Versicherte, unter welchen Voraussetzungen eine Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch genommen werden kann.

Absatz 1 Satz 1 nennt die Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich des zu vollendenden Lebensalters und der erforderlichen Wartezeit.

Gemäß Absatz 1 Satz 2 besteht die Möglichkeit, die Altersrente bereits nach Vollendung des 63. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch zu nehmen.

Nach Absatz 2 Satz 1 haben vor dem 01.01.1949 geborene Versicherte Anspruch auf die abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte nach Vollendung des 65. Lebensjahres.

In Absatz 2 Satz 2 wird für die Jahrgänge 1949 bis 1963 die stufenweise Anhebung der Altersgrenze von 65 Jahren auf 66 Jahre und 10 Monate geregelt.

Absatz 2 Satz 3 enthält für bestimmte Personengruppen Ausnahmeregelungen zur Anhebung der Altersgrenze auf das 67. Lebensjahr (Vertrauensschutzregelung).

Absatz 3 beinhaltet für bestimmte Personengruppen eine Ausnahmeregelung zur vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte (Vertrauensschutzregelung).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 236 SGB VI ist die Übergangsregelung zu § 36 SGB VI und gilt nur für Versicherte, die vor dem 01.01.1964 geboren sind. Für nach dem 31.12.1963 Geborene findet § 36 SGB VI Anwendung (vergleiche GRA zu § 36 SGB VI).

Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte (Absatz 1)

Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte besteht für Versicherte, die

  • vor dem 01.01.1964 geboren sind (vergleiche Abschnitt 3),
  • das maßgebende Lebensalter - frühestens das 65. Lebensjahr - vollendet (vergleiche Abschnitt 4) und
  • die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben (vergleiche Abschnitt 5).

Die Altersrente für langjährig Versicherte kann bereits nach Vollendung des 63. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch genommen werden, bei Vertrauensschutz frühestens nach Vollendung des 62. Lebensjahres (vergleiche Abschnitte 6 und 9).

Die Altersrente für langjährig Versicherte wird in voller Höhe (Vollrente) oder als Teilrente gezahlt. Hinsichtlich der Einzelheiten vergleiche GRA zu § 42 SGB VI.

Neben der Altersrente für langjährig Versicherte kann seit dem 01.01.2023 hinzuverdient werden, ohne dass es zu einer Anrechnung auf die Rente kommt. Bis zum 31.12.2022 durfte neben der Altersrente für langjährig Versicherte nur im Rahmen des § 34 Abs. 2 und 3 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2022 hinzuverdient werden (vergleiche GRA zu § 34 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2022).

Werden Entschädigungen für Abgeordnete des Deutschen Bundestages oder des Europaparlaments (Diäten) neben der Altersrente für langjährig Versicherte bezogen, sind § 29 Abs. 2 AbgG (Abgeordnetengesetz) beziehungsweise § 13 EuAbgG (Europaabgeordnetengesetz) zu beachten. Diese Vorschriften sehen ein prozentuales Ruhen der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, höchstens jedoch in Höhe der Abgeordnetenentschädigung, vor (siehe GRA zu § 98 SGB VI, Abschnitt 5).

Der Beginn der Altersrente für langjährig Versicherte ist abhängig von der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen und dem Zeitpunkt der Rentenantragstellung (§ 99 Abs. 1 SGB VI). Hinsichtlich der Einzelheiten vergleiche GRA zu § 99 SGB VI.

Der Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte endet mit dem Wegfall der Voraussetzungen, spätestens mit dem Tod des Rentenberechtigten. Bei Tod ist die Rente bis zum Ablauf des Todesmonats zu leisten (§ 102 Abs. 5 SGB VI).

Wird eine Altersrente für langjährig Versicherte mit Rentenabschlägen beantragt, ist von Amts wegen zu prüfen, ob zum beantragten Rentenbeginn eine andere Altersrente mit keinem oder einem geringeren Rentenabschlag gezahlt werden könnte (Günstigerprüfung).

Vor dem 01.01.1964 geboren

Ein Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 SGB VI kann nur für Versicherte entstehen, die vor dem 01.01.1964 geboren sind.

Versicherte, die nach dem 31.12.1963 geboren sind, können die Altersrente für langjährig Versicherte nur nach § 36 SGB VI und damit nach Vollendung des 67. Lebensjahres (vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 63. Lebensjahres) in Anspruch nehmen (vergleiche GRA zu § 36 SGB VI).

Vollendung des maßgebenden Lebensalters

Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte besteht für Versicherte, die das maßgebende Lebensalter - frühestens das 65. Lebensjahr - vollendet haben.

Wann das maßgebende Lebensalter vollendet wird, ist nach den Vorschriften des BGB zu beurteilen (§§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB). Danach wird zum Beispiel das 65. Lebensjahr mit Ablauf des Tages vollendet, der dem 65. Geburtstag vorausgeht. Sind Versicherte am Ersten eines Monats geboren, wird das 65. Lebensjahr mit Ablauf des Vormonats vollendet (entsprechende Anwendung des Urteils des BSG vom 31.07.1969, AZ: 4 RJ 451/68, zu § 67 AVG, SozR Nr. 13 zu § 1290 RVO).

Siehe Beispiele 1 und 2

Steht das genaue Geburtsdatum von Versicherten nicht fest, vergleiche GRA zu § 99 SGB VI, Abschnitt 2.5.6, und GRA zu § 33a SGB I.

Erfüllung der Wartezeit

Voraussetzung für den Anspruch auf die Altersrente für langjährig Versicherte ist gemäß § 34 Abs. 1 SGB VI die Erfüllung der erforderlichen Mindestversicherungszeit (Wartezeit). Diese Wartezeit beträgt 35 Jahre (§ 236 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI).

Auf die Wartezeit von 35 Jahren sind alle rentenrechtlichen Zeiten anrechenbar (§ 51 Abs. 3 und 4 SGB VI). Dies sind:

  • Beitragszeiten,
  • Ersatzzeiten,
  • Anrechnungszeiten,
  • Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sowie Berücksichtigungszeiten wegen Pflege,
  • Wartezeitmonate aus dem Versorgungsausgleich oder dem Rentensplitting (§ 52 Abs. 1 und 1a SGB VI),
  • Wartezeitmonate aus Zuschlägen an Entgeltpunkten für ein Arbeitsentgelt aus geringfügiger versicherungsfreier Beschäftigung (§ 244a SGB VI),
  • Wartezeitmonate aus Zuschlägen an Entgeltpunkten für ein Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung, für die Beschäftigte von der Versicherungspflicht befreit sind (§ 52 Abs. 2 SGB VI).

Hinsichtlich der auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vergleiche GRA zu § 51 SGB VI, GRA zu § 52 SGB VI und GRA zu § 244a SGB VI.

Vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente (Absatz 1 Satz 2)

Die Altersrente für langjährig Versicherte kann vorzeitig - frühestens nach Vollendung des 63. Lebensjahres - in Anspruch genommen werden (§ 236 Abs. 1 S. 2 SGB VI).

Die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente ist zwingend mit einem Rentenabschlag verbunden. Für jeden Kalendermonat, den die Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen wird, vermindert sich hierbei der Zugangsfaktor um 0,003 (vergleiche GRA zu § 77 SGB VI), sodass sich der monatliche Rentenbetrag um 0,3 % verringert. Ob und um wie viele Kalendermonate eine Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen wird, bestimmt sich nach der Differenz zwischen dem maßgebenden Lebensalter für die konkret in Anspruch genommene Altersrentenart und dem tatsächlichen Alter der Versicherten bei Beginn der für diese Rentenart möglichen "vorzeitigen Inanspruchnahme". Die Altersgrenzen anderer, für Versicherte erst nach dem tatsächlichen Rentenbeginn in Betracht kommender Rentenarten sind ohne Belang (Urteile des BSG vom 11.12.2019, AZ: B 13 R 7/19 R und BSG vom 17.06.2020, AZ: B 5 R 2/19 R). Beträgt die Altersgrenze für die Altersrente zum Beispiel 66 Jahre und wird die Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch genommen, führt dies zu einer Minderung des Rentenbetrages um 10,8 %. Die durch die vorzeitige Inanspruchnahme zu erwartende Rentenminderung kann jedoch durch die Zahlung von Beiträgen ausgeglichen werden (Einzelheiten siehe GRA zu § 187a SGB VI).

Die Minderung des Zugangsfaktors aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente ist verfassungsgemäß (siehe Abschnitt 11).

Anhebung der Altersgrenze (Absatz 2)

Die Altersgrenze für die abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte wird stufenweise von 65 Jahren auf das 67. Lebensjahr angehoben (§ 236 Abs. 2 S. 2 SGB VI).

Hiervon sind Versicherte betroffen, die nach dem 31.12.1948 geboren sind und nicht unter die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 S. 3 SGB VI fallen (vergleiche Abschnitt 8).

Beginnend mit im Januar 1949 geborenen Versicherten wird vom Jahr 2014 an die Altersgrenze stufenweise auf das 67. Lebensjahr angehoben. Die ersten drei Anhebungen erfolgen in Monatsschritten. Danach erhöht sich die Altersgrenze für im Januar 1949 Geborene auf 65 Jahre und einen Monat, im Februar 1949 Geborene auf 65 Jahre und zwei Monate und im März 1949 Geborene auf 65 Jahre und drei Monate. Damit liegt für im März bis Dezember 1949 geborene Versicherte die Altersgrenze bei der Altersrente für langjährig Versicherte bei 65 Jahren und drei Monaten; die Altersgrenzen bei der Altersrente für langjährig Versicherte und bei der Regelaltersrente sind dann einheitlich.

Die weiteren Anhebungsschritte der Altersgrenze für die Altersrente für langjährig Versicherte betragen - parallel zur Anhebung der Regelaltersgrenze - für die Geburtsjahrgänge 1950 bis 1958 einen Monat pro Jahrgang (Anhebung der Altersgrenze von 65 Jahren auf 66 Jahre). Für die Geburtsjahrgänge 1959 bis 1963 erfolgt die Anhebung um zwei Monate pro Jahrgang (Altersgrenze von 66 Jahren auf 67 Jahre). In der Übergangsphase wird für Versicherte, die in der Zeit von Januar 1949 bis Dezember 1949 geboren sind, somit die Altersgrenze abhängig vom Geburtsjahr und Geburtsmonat und für die Geburtsjahrgänge 1950 bis 1963 nur abhängig vom Geburtsjahr bestimmt (vergleiche Tabelle in § 236 Abs. 2 S. 2 SGB VI).

Der anfangs beschleunigten Anhebung in Monatsschritten für die von Januar 1949 bis März 1949 Geborenen liegen folgende Überlegungen zu Grunde: Die Anhebung der Altersgrenzen soll aus Gründen des Vertrauensschutzes erst ab dem Jahr 2012 wirken. Da die Geburtsjahrgänge 1947 bis 1948 bereits vor dem Jahr 2012 die Altersgrenze für den vorzeitigen Bezug der Altersrente für langjährig Versicherte erreichen, sollen auch sie nicht von der Anhebung der Altersgrenze von 65 Jahren bei dieser Altersrente betroffen sein. Die für zwei Jahrgänge unterlassene parallele Anhebung soll nachgeholt werden. Würde diese Altersgrenze für ab 1949 Geborene in gleichen Stufen wie die Regelaltersgrenze angehoben werden, würde für alle Übergangsjahrgänge die Altersgrenze für einen abschlagsfreien Bezug der Altersrente für langjährig Versicherte - und damit auch das Referenzalter für die Berechnung der Abschläge bei vorzeitigem Bezug - von der Regelaltersgrenze abweichen. Durch die anfangs beschleunigte Anhebung wird sichergestellt, dass diese Abweichung bereits für im März 1949 Geborene und jüngere nicht mehr auftritt. Verzerrungen im Gefüge der Altersrenten sollen damit weitestgehend reduziert werden.

Die Anhebung der Altersgrenze bei der Altersrente für langjährig Versicherte wird mit dem Geburtsjahrgang 1964 abgeschlossen sein. Somit gilt für die Geburtsjahrgänge 1964 und jünger die Altersgrenze von 67 Jahren bei der Altersrente für langjährig Versicherte (vergleiche GRA zu § 36 SGB VI).

Vor dem 01.01.1949 geborene Versicherte haben Anspruch auf die abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte nach Vollendung des 65. Lebensjahres.

Die Anhebung der Altersgrenze ist verfassungsgemäß (siehe Abschnitt 11).

Vertrauensschutzregelung für die Anhebung der Altersgrenze von 65 Jahren auf 67 Jahre (Absatz 2 Satz 3)

§ 236 Abs. 2 S. 3 SGB VI enthält Vertrauensschutzregelungen hinsichtlich der Anhebung der Altersgrenze von 65 Jahren auf 67 Jahre. Danach wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben für Versicherte, die

  • in der Zeit vom 01.01.1949 bis 31.12.1954 geboren sind und vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG vereinbart haben (vergleiche Abschnitt 8.1) oder
  • in der Zeit vom 01.01.1949 bis 31.12.1963 geboren sind und Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben (vergleiche Abschnitt 8.2).

Versicherte, die unter die Vertrauensschutzregelung fallen, haben Anspruch auf die abschlagsfreie Altersrente für langjährig Versicherte nach Vollendung des 65. Lebensjahres.

Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit am 01.01.2007

Versicherte, die bis zum 31.12.1954 geboren sind, werden von der Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 SGB VI erfasst, wenn sie vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG vereinbart haben.

Für die Anwendung der Vertrauensschutzregelungen ist erforderlich, dass am Stichtag 01.01.2007 eine wirksame Altersteilzeitarbeitsvereinbarung im Sinne des AltTZG bestanden hat. Zu den Voraussetzungen des AltTZG im Einzelnen, vergleiche GRA zu § 237 SGB VI, Abschnitt 6.1.

Versicherungsfreie Versicherte (zum Beispiel Beamte, Dienstordnungsangestellte), die vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitarbeitsvereinbarungen abgeschlossen haben, werden nicht von der Vertrauensschutzregelung erfasst. Es handelt sich hierbei nicht um Altersteilzeitarbeitsvereinbarungen im Sinne des AltTZG (Urteil des BSG vom 21.03.2007, AZ: B 11a AL 9/06 R). Versicherte, die von der Versicherungspflicht befreit sind (zum Beispiel nach Art. 2 § 1 Abs. 1 AnVNG oder Mitglieder von berufsständischen Versorgungseinrichtungen), können hingegen Altersteilzeitarbeit im Sinne des AltTZG vereinbaren und somit unter die Vertrauensschutzregelung fallen.

Vom Vorliegen des Vertrauensschutzes ist immer dann auszugehen, wenn sich Versicherte am 01.01.2007 bereits in Altersteilzeitarbeit im Sinne des AltTZG befunden haben. Die Vertrauensschutzregelung findet auch dann Anwendung, wenn die Altersteilzeitarbeit am 01.01.2007 zwar noch nicht begonnen hat, aber zu diesem Zeitpunkt bereits vereinbart war. Dabei ist unbeachtlich, ob Versicherte bei der Vereinbarung über die Altersteilzeitarbeit bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten.

Eine Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit muss grundsätzlich so gestaltet sein, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine konkret-individuelle arbeitsrechtliche Regelung über Altersteilzeitarbeit getroffen worden ist (zweiseitige Willenserklärung). Die alleinige Antragstellung von Versicherten auf Altersteilzeitarbeit oder deren Absichtserklärung gegenüber ihrem Arbeitgeber reicht für den Vertrauensschutz nicht aus. Gleiches gilt für ein Angebot des Arbeitgebers an Versicherte.

Wenn der Arbeitgeber vor dem 01.01.2007 zwar zum Abschluss einer Altersteilzeitarbeitsvereinbarung bereit war, aber aus Kapazitätsgründen nicht mehr zur Ausformulierung der Vereinbarung vor dem Stichtag in der Lage war, darf dies nicht zu Lasten der Versicherten gehen. In einem solchen Fall können die Vertrauensschutzregelungen angewendet werden. Durch Vorlage geeigneter Unterlagen muss nachgewiesen werden, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber vor dem 01.01.2007 zum Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages bereit waren und lediglich aus zeitlichen Gründen die Vereinbarung erst nach dem 31.12.2006 formell geschlossen worden ist.

Haben Versicherte vor dem Stichtag 01.01.2007 eine individuelle Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber über die Umwandlung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis getroffen (Vorvertrag, Vorvereinbarung) und zu einem späteren Zeitpunkt einen förmlichen und individuell-konkreten Altersteilzeitarbeitsvertrag mit Bezugnahme auf diese Vereinbarung abgeschlossen, liegt ebenfalls Vertrauensschutz vor. Der Zeitpunkt, zu dem der endgültige Altersteilzeitarbeitsvertrag abgeschlossen wird, ist dabei unbeachtlich.

Der Anwendung der Vertrauensschutzregelungen steht nicht entgegen, wenn die vor dem 01.01.2007 getroffene Vereinbarung über Altersteilzeitarbeit eine Rücktrittsklausel oder einen Widerrufsvorbehalt enthält.

Die Vereinbarung über die Altersteilzeitarbeit muss spätestens im Verlauf des 31.12.2006 erfolgt sein. Unbeachtlich ist, wenn sich der Beginn und/oder das Ende der ursprünglich vereinbarten Altersteilzeitarbeit auf einen anderen Zeitpunkt verschiebt. Die Vertrauensschutzregelungen finden selbst dann Anwendung, wenn die beabsichtigte Altersteilzeitarbeit überhaupt nicht aufgenommen wurde.

Die Vertrauensschutzregelungen stellen grundsätzlich auf die Verhältnisse am 01.01.2007 ab. Dies bedeutet, dass Vertrauensschutz nur dann besteht, wenn die geforderten Voraussetzungen an diesem Tag vorliegen. Wird eine der Voraussetzungen erst nach dem 01.01.2007 erfüllt oder ist sie vor diesem Tag bereits wieder entfallen, finden die Vertrauensschutzregelungen keine Anwendung. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine vor dem 01.01.2007 abgeschlossene Altersteilzeitarbeitsvereinbarung vor dem 01.01.2007 wieder aufgelöst worden ist.

Andere Vereinbarungen über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wie zum Beispiel Vorruhestandsvereinbarungen, erfüllen nicht die Voraussetzungen der Vertrauensschutzregelungen.

Bezug von Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus

Versicherte, die bis zum 31.12.1963 geboren sind, werden von der Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 SGB VI erfasst, wenn sie Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben.

Diese Vertrauensschutzregelung betrifft den Personenkreis, der aus strukturpolitischen Gründen aus dem Bergbau ausscheidet.

Das Anpassungsgeld ist eine Leistung, die entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus, die von Stilllegungs- und Rationalisierungsmaßnahmen betroffen sind, solange absichern soll, bis ein Anspruch auf eine Knappschaftsausgleichsleistung (§ 239 SGB VI) oder eine Rente wegen Alters besteht.

Hinweis:

Beziehen Versicherte Anpassungsgeld, weil sie als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Braunkohleanlagen und Braunkohletagebaue sowie der Steinkohleanlagen aus den in § 57 des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes genannten Gründen ihren Arbeitsplatz verloren haben, sind damit die Voraussetzungen für den Vertrauensschutz nicht erfüllt. Es handelt sich um einen anderen Personenkreis.

Vertrauensschutzregelung für die vorzeitige Inanspruchnahme (Absatz 3)

§ 236 Abs. 3 SGB VI enthält Vertrauensschutzregelungen hinsichtlich der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente. Danach ist die vorzeitige Inanspruchnahme für nach dem 31.12.1947 geborene Versicherte bereits vor dem gemäß § 236 Abs. 1 S. 2 SGB VI maßgebenden Lebensalter von 63 Jahren, frühestens nach Vollendung des 62. Lebensjahres, möglich. Nach dem bis zum 31.12.2007 geltenden Recht war vorgesehen, für die ab 01.01.1948 geborenen Versicherten die Altersgrenze von 63 Jahren auf 62 Jahre abzusenken. Durch die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI sollen die Personen geschützt werden, die bereits im Hinblick auf das abgesenkte Rentenalter Altersteilzeitarbeit vereinbart oder Anpassungsgeld bezogen haben.

Die vorzeitige Inanspruchnahme vor Vollendung des 63. Lebensjahres ist für Versicherte möglich, die

  • in der Zeit vom 01.01.1948 bis 31.12.1954 geboren sind und vor dem 01.01.2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG vereinbart haben (vergleiche Abschnitt 8.1, der auch für die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI gilt) oder
  • in der Zeit vom 01.01.1948 bis 31.12.1963 geboren sind und Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben (vergleiche Abschnitt 8.2, der auch für die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI gilt).

Versicherte, die unter die Vertrauensschutzregelungen fallen, können die Altersrente für langjährig Versicherte bereits vor Vollendung des 63. Lebensjahres vorzeitig in Anspruch nehmen. Die Altersgrenzen für die vorzeitige Inanspruchnahme sind in der Tabelle des § 236 Abs. 3 SGB VI angegeben. Hiernach erfolgt für die Jahrgänge 1948 und 1949 eine stufenweise Absenkung der vorzeitigen Inanspruchnahme vom 63. Lebensjahr auf das 62. Lebensjahr. Die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte nach Vollendung des 62. Lebensjahrs besteht daher erst für Versicherte, die im November 1949 oder später geboren sind und von der Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI erfasst werden.

Besitzstand des einmal erworbenen Vertrauensschutzes

Erfüllen Versicherte die unter Abschnitt 8 beschriebenen Voraussetzungen und fallen somit unter die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 2 S. 3 SGB VI, wird die Altersgrenze von 65 Jahren nicht angehoben. Diese Versicherten können die Altersrente für langjährig Versicherte bereits nach Vollendung des 65. Lebensjahres ohne Abschläge in Anspruch nehmen.

Erfüllen Versicherte die unter Abschnitt 9 beschriebenen Voraussetzungen und fallen somit unter die Vertrauensschutzregelung des § 236 Abs. 3 SGB VI, können sie die Altersrente für langjährig Versicherte bereits vor Vollendung des 63. Lebensjahres - nach Maßgabe der in § 236 Abs. 3 SGB VI enthaltenen Tabelle - vorzeitig in Anspruch nehmen.

Ein einmal erworbener Vertrauensschutz bleibt in jedem Fall erhalten, unabhängig davon, ob und gegebenenfalls wie sich die zum Vertrauensschutz führenden Sachverhalte nach dem Stichtag verändern.

Verfassungsmäßigkeit

Bei der Altersrente für langjährig Versicherte sind die Anhebung der Altersgrenze und die Minderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme verfassungsgemäß (Urteil des BSG vom 19.11.2009, AZ: B 13 R 5/09 R, SozR 4-2600 § 236 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit dem Beschluss des BVerfG vom 11.11.2008, AZ: 1 BvL 3/05, SozR 4-2600 § 237 Nr. 16).

Beispiel 1: Vollendung des maßgebenden Lebensalters

(Beispiel zu Abschnitt 4)

a) Versicherter ist geboren am 21.07.1954

b) Versicherter ist geboren am 01.08.1954

Vertrauensschutz besteht

Lösung:

Versicherte des Geburtsjahrganges 1954 mit Vertrauensschutz vollenden das maßgebende Lebensalter mit Vollendung des 65. Lebensjahres.

Vollendung des 65. Lebensjahres im Fall a) am 20.07.2019

Vollendung des 65. Lebensjahres im Fall b) am 31.07.2019

Beispiel 2: Vollendung des maßgebenden Lebensalters bei Anhebung der Altersgrenze

(Beispiel zu Abschnitt 4)

a) Versicherter ist geboren am 21.11.1954

b) Versicherter ist geboren am 01.12.1954

Vertrauensschutz besteht nicht

Lösung:

Versicherte des Geburtsjahrganges 1954 ohne Vertrauensschutz vollenden das maßgebende Lebensalter mit Vollendung des 65. Lebensjahres und 8 Monaten.

Vollendung des 65. Lebensjahres und 8 Monate im Fall a) am 20.07.2020

Vollendung des 65. Lebensjahres und 8 Monate im Fall b) am 31.07.2020

RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl. I S. 554)

Inkrafttreten: 01.01.2008

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/3794

Durch Artikel 1 Nummer 57 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) wurde in § 236 SGB VI mit Wirkung ab 01.01.2008 eine Übergangsregelung für vor dem 01.01.1964 geborene Versicherte zur Anhebung der Altersgrenze bei der Altersrente für langjährig Versicherte von 65 Jahren auf 67 Jahre geschaffen.

Die Altersgrenze von 65 Jahren wird beginnend mit dem Geburtsjahrgang 1949 von bisher 65 Jahren stufenweise auf 67 Jahre heraufgesetzt. Für den Geburtsjahrgang 1964 gilt aufgrund der Übergangsregelung des § 236 SGB VI als erster Jahrgang die Altersgrenze von 67 Jahren.

Die Altersrente für langjährig Versicherte kann wie nach bisherigem Recht nach Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Die bisher vorgesehene Absenkung dieser Altersgrenze von 63 Jahren auf 62 Jahre ab Geburtsjahrgang 1948 wird grundsätzlich nicht beibehalten, sondern gilt nur noch bei Vorliegen von Vertrauensschutz nach § 236 Abs. 3 SGB VI.

Wegen Zeitablaufs wurden die Vertrauensschutzregelungen des § 236 Abs. 2 SGB VI in der Fassung bis 31.12.2007 für vor dem 01.01.1942 geborene Versicherte aufgehoben.

5. SGB VI-ÄndG vom 04.12.2004 (BGBl. I S. 3183)

Inkrafttreten: 01.01.2005

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksachen 15/3443, 15/3973, BR-Drucks. 832/04

Durch Artikel 1 Nummer 7 des Fünften Gesetzes zur Änderung des SGB VI (5. SGB VI-ÄndG) wurde § 236 Abs. 2 S. 2 SGB VI um das Arbeitslosengeld II ergänzt. Hierdurch wurde sichergestellt, dass Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld II für den Vertrauensschutz für vor 1942 geborene Versicherte nicht zur Erreichung der 45 Pflichtbeitragsjahre hinzugerechnet werden.

RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2998)

Inkrafttreten: 01.01.2000

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/8011

Die Anspruchsvoraussetzungen der Altersrente für langjährig Versicherte sowie die Anhebung der Altersgrenze waren bis zum 31.12.1999 in den §§ 36, 41 Abs. 3 SGB VI geregelt. Durch das Rentenreformgesetz 1999 (RRG 1999) erfolgte mit Wirkung ab 01.01.2000 eine Änderung (Artikel 1 Nummer 76 in Verbindung mit Artikel 33 Absatz 13 a.a.O.). Seitdem enthielt § 236 SGB VI für vor dem 01.01.1948 geborene Versicherte sowohl die Anspruchsvoraussetzungen, die Anhebung der Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr, die Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme als auch die Vertrauensschutzregelungen für diese Rente.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

§ 236 SGB VI wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung - Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) mit Wirkung ab 01.01.1992 eingeführt und enthielt Sonderregelungen zur Hinzuverdienstgrenze bei Altersrenten und zur Geringfügigkeit von Einkünften bei Renten wegen Erwerbsunfähigkeit für Personen, die am 31.12.1991 bereits einen Rentenanspruch hatten. Diese Regelungen sind im Laufe der Zeit entbehrlich geworden.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 236 SGB VI