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§ 33a SGB I: Altersabhängige Rechte und Pflichten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

18.11.2023

Änderung

Abschnitt 4.2.4, Versicherte aus Afghanistan, neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand02.11.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997 in Kraft getreten am 01.01.1998
Rechtsgrundlage

§ 33a SGB I

Version003.00

Inhalt der Regelung

§ 33a SGB I bestimmt für die Fälle, in denen Rechte oder Pflichten von einer Altersgrenze abhängig sind, dass hierfür das gegenüber einem Sozialleistungsträger zuerst rechtswirksam angegebene Geburtsdatum maßgebend ist (Absatz 1). Unter sehr engen Voraussetzungen lässt Absatz 2 hiervon Ausnahmen zu. Der Absatz 3 erstreckt die Regelung auf Geburtsdaten in einer Versicherungsnummer oder in einem anderen verwendeten Kennzeichen.

Die Vorschrift gilt für alle Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.

Anwendbarkeit der Vorschrift

§ 33a SGB I findet nur dann Anwendung, wenn Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass bestimmte Altersgrenzen erreicht oder nicht überschritten sind. Dabei kommen insbesondere folgende Bestimmungen in Betracht:

  • Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI - Altersgrenze,
  • Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1a SGB VI - Altersgrenze,
  • Freiwillige Versicherung nach § 7 SGB VI - Beginn,
  • Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten nach §§ 54 Abs. 3 S. 3, 58 Abs. 1, 59, 248, 250, 252, 252a, 253, 253a und 259a SGB VI - Altersgrenzen,
  • Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach §§ 43, 45, 239 oder 240 SGB VI - Anspruchsende, Vertrauensschutzregelungen,
  • Altersrente nach §§ 35, 36, 37 oder 40 SGB VI beziehungsweise §§ 236, 236a, 237, 237a oder 238 SGB VI - maßgebliches Rentenalter, Vertrauensschutzregelungen,
  • Rente wegen Todes nach §§ 46, 47, 48, 242a oder 243 SGB VI - Alter der Berechtigen beziehungsweise der Kinder der Berechtigen,
  • Rentenberechnung nach §§ 72 Abs. 2, 76b Abs. 4, 77, 264b oder 264c SGB VI - Belegungsfähiger Gesamtzeitraum, Zuschläge, Zugangsfaktor,
  • KLG-Leistungen nach §§ 294, 294a SGB VI - Anspruch, Zahlungsbeginn.

Maßgebendes Geburtsdatum (Absatz 1)

Die Versicherungsnummer ist nicht geeignet, das Geburtsdatum der Person nachzuweisen, für die die Versicherungsnummer vergeben wurde. Das gilt auch für Versicherungsnummern, die ein vollständiges Geburtsdatum enthalten (FAVR 1/2016, TOP 2). Das Geburtsdatum muss deshalb im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens oder spätestens bei der Rentenantragstellung durch geeignete Unterlagen nachgewiesen werden. Von Personen, die in der Türkei geboren wurden, ist dazu zum Beispiel ein "Nüfus" (siehe Abschnitt 4.2.3) anzufordern.

Unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten und der Wahrscheinlichkeit, wann eine Geburt wirklich erfolgte, beinhaltet der § 33a SGB I eine abstrakte Regelung, die für alle Zweige und Angelegenheiten der Sozialversicherung festlegt, von welchem Geburtsdatum die Leistungsträger auszugehen haben.

Grundsätzlich wird auf das Geburtsdatum abgestellt, das vom Berechtigten beziehungsweise Verpflichteten oder einem Familienangehörigen gegenüber

  • einem Sozialleistungsträger beim erstmaligen Kontakt oder
  • dem Arbeitgeber im Rahmen der Meldepflichten nach dem SGB IV

angegeben wurde.

Sozialleistungsträger sind die Leistungsträger im Sinne von § 12 SGB I und §§ 18 bis 29 SGB I. Nicht erfasst werden die Stellen, die nach § 16 Abs. 1 SGB I zur Antragsentgegennahme berechtigt sind, aber nicht Leistungsträger sind (zum Beispiel Gemeindeverwaltungen).

Bei der erstmaligen Kontaktaufnahme mit einem Sozialleistungsträger beziehungsweise infolge der Meldepflichten des Arbeitgebers nach dem SGB IV bei der ersten Beschäftigungsaufnahme wird eine Versicherungsnummer, welche das Geburtsdatum enthält, vergeben (vergleiche § 147 Abs. 1 SGB VI). Die Vergabe der Versicherungsnummer ist kein (anfechtbarer) Verwaltungsakt, für den „Bestandsschutz“ anzunehmen ist, sondern lediglich Ergebnis des Verwaltungshandelns mit ausschließlich (interner) Ordnungsfunktion der Rentenversicherungsträger.

Bei der Anwendung des § 33a Abs. 1 SGB I wird grundsätzlich von dem Geburtsdatum auszugehen sein, das der erstmaligen Vergabe einer Versicherungsnummer zugrunde lag. Welche Nachweise oder Angaben bei der erstmaligen Vergabe vorhanden waren, ist in der Regel im Nachhinein nicht mehr nachvollziehbar. Daher lässt § 33a Abs. 2 SGB I eine Änderung des Geburtsdatums und damit der Versicherungsnummer in engen Grenzen zu.

Ausnahmen von dieser Regel können sich ergeben, wenn der erstmalige Kontakt (mit Angabe des Geburtsdatums) nicht zur Vergabe einer Versicherungsnummer geführt hat, wie dies bei Geschäftsvorfällen vor 1973 (1971) der Fall gewesen sein kann. Hier wird in aller Regel das auf der ersten Versicherungskarte eingetragene Geburtsdatum maßgebend sein.

Siehe Beispiel 1

Allein die Erstmeldung eines Geburtsdatums ist maßgebend für den gesamten Sozialbereich. § 33a SGB I vereinfacht insofern die Feststellung der maßgeblichen Daten, eine freie Beweiswürdigung ist nicht möglich und auch nicht nötig. Nicht ausgeschlossen ist allerdings, dass bei anderen Leistungsträgern in bestimmten Fällen Ermittlungen angestellt werden, wenn besondere Umstände eine Aufklärung nahelegen und ein konkreter Anhaltspunkt für eine Abstimmung vorliegt. Ist zum Beispiel das Alter einer waisenrentenberechtigten Waise unklar, können Erkundigungen bei der Kindergeldkasse oder der Krankenkasse zu einem anderen maßgeblichen Geburtsdatum führen, weil dort die erstmalige Angabe des Geburtsdatums erfolgte.

Ergänzender Hinweis:

Ist kein vollständiges Geburtsdatum bekannt, gelten für die gesetzliche Rentenversicherung, gegebenenfalls abweichend von Regelungen im Geburtsdatum des Versicherten, folgende Festlegungen:

  • Ist das Geburtsjahr, aber weder der Geburtstag noch der Geburtsmonat bekannt, gilt die Person am 01.07. des jeweiligen Jahres als geboren (VDR-Rentenausschuss vom 27.02.1970, TOP 4).
  • Sind das Geburtsjahr und der Geburtsmonat, nicht aber der Geburtstag bekannt, gilt die Person als am 15. des Monats geboren. Wenn bisher in Bestandsfällen und im Rahmen von Rentenauskünften, Zusicherungen et cetera anders verfahren wurde, hat es damit sein Bewenden (siehe AGZWSR 2/2011, TOP 10).

Auch eine Änderung solcher Versicherungsnummern kann nur nach den Regelungen des Abschnitt 4 erfolgen.

Ein von einer Meldebehörde übermitteltes Geburtsdatum ist dann als nachgewiesen anzusehen, wenn es mit dem in der Versicherungsnummer enthaltenen und mit dem vom Versicherten im Kontenklärungs- oder Rentenverfahren angegebenen Geburtsdatum übereinstimmt (FAVR 1/2017, TOP 5).

Siehe Beispiel 2

Änderung des Geburtsdatums (Absatz 2)

Von dem Geburtsdatum der vergebenen Versicherungsnummer darf gemäß § 33a Abs. 2 SGB I nur abgewichen werden, wenn

  • ein Schreibfehler vorliegt (vergleiche Abschnitt 4.1) oder
  • sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Angabe des Versicherten ausgestellt wurde, ein anderes Geburtsdatum ergibt (vergleiche Abschnitt 4.2).

Durch die Formulierung „darf“ in § 33a Abs. 2 SGB I wird dem Versicherungsträger kein Ermessensspielraum eingeräumt; sie hat vielmehr den Sinn einer Ermächtigung und Befugnis (vergleiche BSG vom 05.04.2001, AZ: B 13 RJ 35/00 R).

Die Durchführung der erforderlichen Ermittlungen und die Erhebung der Beweise für die Entscheidung, ob ein Geburtsdatum zu ändern ist sowie die Beweiswürdigung (vergleiche auch GRA zu § 21 SGB X) sind eine eigenständige Aufgabe der Sachbearbeitung. Art und Umfang der Ermittlungen für die freie Beweiswürdigung legt sie nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles in Ausübung des Amtsermittlungsprinzips (vergleiche GRA zu § 20 SGB X) selbst fest.

Soweit Geburtsnachweise mit einem von der Versicherungsnummer abweichenden Geburtsdatum vorgelegt werden, ist eine generelle Überprüfung im Sinne des § 33a SGB I von Amts wegen nicht angezeigt. Dies gilt auch dann, wenn das Herkunftsmerkmal für das Geburtsdatum von einer Meldebehörde stammt (FAVR 1/2017, TOP 5).

Nur wenn diese Geburtsnachweise vor dem Tag der Vergabe der Versicherungsnummer ausgestellt wurden oder der Antragsteller dies beantragt, ist eine solche Überprüfung vorzunehmen.

Wurden bei Erstvergabe einer Versicherungsnummer an den für das Geburtsdatum vorgesehenen Stellen Leerziffern (Nullen) verwendet, weil nur das Jahr, nicht aber der Tag und der Monat der Geburt bekannt sind, so sind auch diese Daten nach § 33a Abs. 1 und Abs. 3 SGB I korrigierbarer Bestandteil der Versicherungsnummer. Eine Änderung einer solchen Versicherungsnummer, die in Unkenntnis des Geburtstages und des Geburtsmonats zum Zeitpunkt der Vergabe fiktive Leerstellen enthält, ist nur im Rahmen von § 33a Abs. 1 und Abs. 2 SGB I möglich (BSG vom 09.04.2003, AZ: B 5 RJ 32/02 R).

Wurden bei der Vergabe der Versicherungsnummer bewusst falsche Personenstandsangaben gemacht, um die richtige Identität zu verschleiern (zum Beispiel Bürgerkriegsflüchtlinge), so ist eine Änderung ebenfalls nur nach Maßgabe des § 33a SGB I zulässig.

Änderung bei Schreibfehlern

Hat ein Schreibfehler dazu geführt, dass bei der Vergabe der Versicherungsnummer von einem falschen Geburtsdatum ausgegangen wurde, kann dieser Fehler korrigiert werden (vergleiche im Übrigen auch § 38 SGB X, der die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt zulässt).

Schreibfehler im Sinne von § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I sind in Erscheinung tretende Unrichtigkeiten, die aus einem rein mechanischen Versehen herrühren. Denkbar sind zum Beispiel Übertragungs-, Übersetzungs-, Rechen- und Rechtschreibfehler, „Tippfehler“ oder „Zahlendreher“.

Die Berichtigung des Geburtsdatums soll nur in Betracht kommen, wenn der Schreibfehler beim deutschen Sozialleistungsträger gemacht worden ist. Der Anspruch auf Berichtigung entfällt, wenn die falsche Eintragung im Ausland vorgenommen worden ist. Beruht die Angabe des Geburtsdatums eines ausländischen Berechtigten auf einer wegen eines Schreibfehlers falschen Eintragung in seinem Herkunftsland, wird hierdurch kein Anspruch auf Berichtigung begründet (Urteil des Hessischen LSG vom 01.11.2005, AZ: L 2 RA 66/04).

Siehe Beispiel 3

Änderung bei neu vorgelegten Urkunden

Eine Änderung des Geburtsdatums kann nur dann in Betracht kommen, wenn sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Angabe beziehungsweise der Vergabe der Versicherungsnummer durch einen Leistungsträger (vergleiche Abschnitt 3) ausgestellt wurde, ein anderes Geburtsdatum ergibt.

Nach ausländischen Rechtsvorschriften (zum Beispiel in der Türkei, Marokko, Griechenland) besteht die Möglichkeit der nachträglichen Änderung des Geburtsdatums (zum Beispiel durch Gerichtsentscheidung). Im Sozialversicherungsrecht dieser Staaten bleibt eine nach Eintritt in die Versicherung vorgenommene Änderung des Geburtsdatums aber in der Regel wirkungslos. Dies gilt seit Inkrafttreten des § 33a SGB I auch in Bezug auf die deutsche Sozialversicherung.

Siehe Beispiel 4

Urkunde

Der Begriff der Urkunde umfasst alle durch Niederschrift verkörperten Gedankenerklärungen, die geeignet sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen (BSG vom 05.04.2001, AZ: B 13 RJ 35/00 R, SozR 3-1200 § 33a Nr. 4). Dies sind insbesondere von Behörden und Gerichten oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person im Rahmen ihrer Amtsbefugnisse erstellte Dokumente. Dazu gehören beispielsweise Geburts- oder Heiratsurkunden, Einträge im Einwohnerregister, Gerichtsurteile, Schulzeugnisse, Wehrdienstbescheinigungen oder sonstige Personaldokumente.

Ein Original der Urkunde ist nicht zwingend erforderlich, zumal sich dieses auch häufig in amtlicher Verwahrung befindet (zum Beispiel Einwohnerregister). Auch Kopien oder Abschriften einer Urkunde (zum Beispiel Auszüge aus dem Einwohnerregister), unabhängig davon, wann sie erstellt wurden, können von Bedeutung sein, wenn sich aus ihnen zweifelsfrei ergibt, dass die Ausstellung des Originals der Urkunde vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Angabe erfolgte.

Grundsätzlich sind auch internationale Geburtsurkunden Urkunden im Sinne von § 33a SGB I (RBRTN 1/2006, TOP 4).

Hinweise zur Beweiswürdigung

Liegen mehrere Urkunden vor, aus denen sich unterschiedliche Angaben zum Geburtsdatum ergeben, so muss die von der Rechtsprechung (BSG vom 29.11.1985, AZ: 4a RJ 9/85, SozR 2200 § 1248 Nr. 44) aufgestellte Beweisregel, nach der im Fall eines Widerspruchs zwischen mehreren nacheinander ausgestellten Dokumenten im Allgemeinen auf das dem Ereignis zeitlich am nächsten liegende Dokument abzustellen ist, zwangsläufig nicht immer gelten. Vielmehr ist im Rahmen der allgemeinen Grundsätze der Beweiswürdigung das dem Gesamtbild aus allen relevanten Urkunden entsprechende Geburtsdatum zu ermitteln (vergleiche auch BSG vom 05.04.2001, AZ: B 13 RJ 35/00 R, SozR 3-1200 § 33a Nr. 4, und BSG vom 31.01.2002, AZ: B 13 RJ 9/01 R).

Siehe Beispiel 5

Dabei wird Urkunden aus anderen Staaten keine geringere Beweiskraft zugemessen als deutschen Urkunden, sofern deren Richtigkeit nicht durch konkrete, auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Anhaltspunkt ernstlich in Frage gestellt ist (vergleiche dazu Urteil des EuGH-Urteil vom 02.12.1997, Rechtssache C-336/94, Dafeki, Slg 1997-12, S. 6761, und Urteil des EuGH-Urteil vom 14.03.2000, Rechtssache C-102/98 und C-211/98, Kocak, Örs, Slg 2000-3, S. 1287, Rdnr. 40-42).

Handelt es sich bei der vorgelegten Urkunde nicht um eine ausländische Originalurkunde (zum Beispiel um eine deutsche Einbürgerungsurkunde), sollten im Rahmen der Beweiswürdigung für das Gesamtbild auch andere ältere Urkunden (zum Beispiel Schulzeugnisse, Geburtsurkunden, Wehrdienstbescheinigungen) herangezogen beziehungsweise zuvor vom Berechtigten angefordert werden. Auch andere Tatbestände, wie Datum der Heirat der Eltern, Alter der Eltern oder der eigenen Kinder können bei der Entscheidungsfindung behilflich sein.

Versicherte türkischer Herkunft

Nach türkischem Personenstandsrecht werden Register geführt, in denen unter anderem Geburt, Eheschließung und Tod eingetragen werden. Für das Führen der Register ist das jeweilige örtliche türkische Standesamt zuständig. Der Nachweis über das Alter wird mit Urkunden geführt, die auf Auszügen aus dem türkischen Einwohnerbuch „Nüfus Kayit Örnegi“ (kurz: Nüfus) beruhen.

Das türkische Zivilgesetzbuch sieht die Möglichkeit vor, den Eintrag im Personenstandsregister auf Grund einer richterlichen Entscheidung ändern zu lassen. Hintergrund dieser Regelung ist, dass die türkische Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Gebieten, die offiziellen Registereintragungen häufig erst verspätet vornehmen ließ. Die Änderung kann vom Betreffenden selbst oder durch eine türkische Behörde beantragt werden. Bei Stattgabe der Klage wird die betreffende Person mit zwei Daten im Personenregister geführt, dem ursprünglichem Datum „as“ und dem neuen Datum „tas“. Dabei handelt es sich bei dem unter „as“ geführten Datum um eine erste Urkunde, das unter „tas“ geführte Datum stellt eine nachfolgende, zweite Urkunde dar.

Machen Versicherte türkischer Herkunft ein von der Versicherungsnummer abweichendes Geburtsdatum geltend, sind sie zur Vorlage des Nüfus aufzufordern. Ist der „as“-„tas“-Vermerk nicht im Nüfus enthalten, so ist es bei abweichenden Geburtsdaten erforderlich, eine Bestätigung der ausstellenden Stelle in der Türkei einzuholen um festzustellen, ob und gegebenenfalls wann eine Eintragung berichtigt wurde. Unter Zugrundelegung des Nüfus und der darin enthaltenen Informationen zu „as“ und „tas“ beziehungsweise der Bestätigung der ausstellenden Stelle kann eine sachgerechte Entscheidung getroffen werden.

Siehe Beispiel 4

In den verbundenen Rechtssachen C-102/98 und C-211/98, Kocak, Örs, Slg 2000-3, S. 1287, hat der EuGH durch Urteil vom 14.03.2000 entschieden, dass § 33a SGB I keine unzulässige Diskriminierung türkischer Arbeitnehmer darstellt und Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19.09.1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft auf die türkischen Arbeitnehmer und deren Familienangehörigen nach den Feststellungen des EuGH der Anwendung von § 33a SGB I nicht entgegensteht.

Versicherte aus Afghanistan

Durch das Auswärtige Amt wird derzeit zur Bestätigung der formalen Echtheit und Richtigkeit von öffentlichen Urkunden aus Afghanistan (Tazkira) kein Legalisationsverfahren durchgeführt. Es liegt insoweit im Ermessen des Rentenversicherungsträgers, dem die Urkunde vorgelegt wird, ob er diese ohne weiteren Nachweis als echt anerkennt (§ 438 Abs. 1 ZPO).

Entsprechend dem Beratungsergebnis zu TOP 2 der Arbeitstagung 01/2022 der Bayerischen Regionaltagung (RBRTB 1/2022, TOP 2) vom 03./04.05.2022 ist bei Urkunden, mit einer erhebliche Abweichung des Geburtsdatums vom Datum der Erstangabe, grundsätzlich keine Änderung der vergebenen Versicherungsnummer vorzunehmen.

Bei geringfügigen Abweichungen können nach Würdigung der vorgelegten Unterlagen Änderungen vorgenommen werden, wenn die Überzeugung zur Echtheit besteht und es sich um eine Urkunde handelt, die vor dem Zeitpunkt der Erstangabe (§ 33a Abs. 1 SGB I) ausgestellt wurde.

Zuständigkeit

Über einen Antrag auf Berichtigung/Neuvergabe der Versicherungsnummer und damit über die Feststellung des gültigen Geburtsdatums entscheidet der im Zeitpunkt der Antragstellung für die Kontoführung zuständige Rentenversicherungsträger. Innerhalb der Regionalträger ist der für den Wohnsitz bestimmte Regionalträger zuständig, sofern nicht aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts - vorübergehend und gegebenenfalls nur für diese Entscheidung - die Verbindungsstelle zuständig ist.

Folgen einer Änderung des Geburtsdatums

Ergibt sich aus § 33a Abs. 2 SGB I, dass ein abweichendes Geburtsdatum maßgebend ist, sind folgende Aspekte zu beachten:

Muss das Geburtsdatum und dementsprechend die Versicherungsnummer gem. § 33a SGB I geändert werden, besteht die Pflicht zur Vergabe einer neuen Nummer (§ 3 Abs. 1 S. 3 VKVV; Urteil des LSG Berlin vom 19.01.2004, AZ: L 16 RJ 30/01). Der Versicherte hat einen entsprechenden Anspruch auf Neuvergabe mit Berichtigung für die Zukunft (Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 05.10.2009, AZ: L 3 R 43/09). Für die Vergangenheit kann eine Versicherungsnummer nicht vergeben oder korrigiert werden (Urteil des BSG vom 05.04.2001, AZ: B 13 RJ 35/00).

Entsprechende Anwendung (Absatz 3)

Die Vorschrift stellt in Absatz 3 klar, dass Absatz 1 und 2 auch auf die Versicherungsnummer oder ähnliche Kennzeichen Anwendung findet. Dazu gehören auch die Krankenversichertennummer nach § 290 SGB V, gleiches gilt für die Pflegeversicherungsnummer nach § 101 SGB XI. Diese Nummern werden nach Absatz 3 von dem Begriff „ähnliche Kennzeichen“ erfasst.

Beispiel 1: Maßgebendes Geburtsdatum

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Ein Versicherter türkischer Abstammung stellt im Jahr 2001 einen Kontenklärungsantrag. Im maschinellen Konto, das mit der Versicherungsnummer 65 120347 A XXX geführt wird, sind Versicherungszeiten vom 01.05.1979 bis laufend gespeichert. Darüber hinaus ist eine Versicherungskarte mit Versicherungszeiten vom 01.12.1967 bis 30.06.1969 vorhanden, in der als Geburtsdatum der 12.03.1949 angegeben ist.

Lösung:

Die erstmalige Angabe des Geburtsdatums gegenüber einem Sozialleistungsträger erfolgte anlässlich der Ausstellung der Versicherungskarte im Jahre 1967. Maßgebendes Geburtsdatum ist damit der 12.03.1949.

Beispiel 2: Maßgebendes Geburtsdatum in einer Versicherungsnummer mit Leerziffern

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Ein Versicherter, in Marokko geboren, ist seit 1972 in Deutschland beschäftigt. Am 14.09.1972 wurde für ihn eine Versicherungsnummer 13 000050 M 00X vergeben. Nach den damaligen Unterlagen war nur das Geburtsjahr 1950 bekannt. Mit Urteil vom 22.02.1993 hat ein Amtsgericht in Marokko festgestellt, der Versicherte sei am 01.01.1950 geboren. Alle neueren Dokumente (Reisepass, deutsche Einbürgerungsurkunde, Familienbuch) enthalten als Geburtsdatum den 01.01.1950.

Lösung:

Die Sperrwirkung des § 33a Abs. 1 und Abs. 2 SGB I, das Geburtsdatum nur dann zu berichtigen, wenn Urkunden vorgelegt werden, die vor der Erstmeldung ausgestellt wurden, erfasst auch fiktive Geburtsdaten (mit Leerziffern in einer Versicherungsnummer). Die ursprünglich vergebene Versicherungsnummer 13 000050 M 00X mit einem nicht näher spezifizierten Geburtstag im Jahr 1950 ist weder unvollständig noch fehlerhaft. Eine Urkunde, die vor dem Zeitpunkt der Vergabe der Versicherungsnummer ausgestellt worden ist, ist nicht vorhanden. Bei einem späteren Leistungsfall einer Altersrente wird daher auf den 01.07. des jeweiligen Jahres abzustellen sein (Verwaltungspraxis der Rentenversicherungsträger, wenn Geburtsmonat und Geburtstag nicht bekannt sind).

Beispiel 3: Umrechnungsfehler/Iranischer Kalender

(Beispiel zu Abschnitt 4.1)

Ein Versicherter übersendet am 15.12.2001 den nach seiner Einbürgerung neu ausgestellten deutschen Personalausweis mit dem Geburtsdatum 22.02.1943 sowie eine Bescheinigung des iranischen Generalkonsulats zur Vorlage bei den deutschen Behörden vom 09.10.1995, nach der das Geburtsdatum 03.12.1321 ist gleich 22.02.1943 lautet und vom 22.02.1942 auf den 22.02.1943 zu berichtigen ist.

In einem Antrag auf Kontenklärung vom 13.12.1985 wurde das Geburtsdatum 22.02.1942 unter Hinweis auf die Vorlage eines iranischen Reisepasses bestätigt. Die im Rahmen der Kontenklärung vorgelegte Übersetzung eines Abschlusszeugnisses aus dem Jahr 1962 weist ebenfalls das Jahr 1321 (1942 - laut Übersetzer) als Geburtsjahr aus.

Lösung:

Die Umrechnung des Iranischen zum Gregorianischen Kalender geschieht durch Hinzuzählen von 621 Jahren (für unsere Zeit vom 21. März bis zum 31. Dezember) beziehungsweise von 622 Jahren (für unsere Zeit vom 01. Januar bis zum 20. März). Da der Versicherte im Februar (gregorianischer Zeit) geboren ist, sind bei der Umrechnung 622 Jahre hinzuzuzählen. Die Umrechnung des Geburtsdatums im Zeugnis und im iranischen Reisepass erfolgte seinerzeit fehlerhaft. Somit liegt ein Schreib-/Rechenfehler vor und das Datum, das der Versicherte zuerst gegenüber einem Leistungsträger angegeben hat, kann nach § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I geändert werden.

Beispiel 4: Änderung Geburtsdatum durch Urteil nach Vergabe der Versicherungsnummer

(Beispiel zu den Abschnitten 4.2 und 4.2.3)

Ein türkischer Versicherter gibt am 17.05.1996 im Rentenantrag und im Antrag auf Kontenklärung das - auch in der Versicherungsnummer (vergeben 1976) enthaltene - Geburtsdatum 07.11.1936 an. Als Anlagen fügt er eine Geburtsurkunde vom 26.12.1953 sowie ein Zeugnis bei, aus denen jeweils das oben genannte Geburtsdatum hervorgeht. Auch eine Bescheinigung seiner ehemaligen Beschäftigungsbehörde in der Türkei enthält als Geburtsjahr 1936.

Erst nach Erhalt des ablehnenden Rentenbescheides vom 15.04.1997 teilt er in seinem Widerspruchsschreiben vom 14.05.1997 mit, dass sein tatsächliches Geburtsdatum der 15.02.1934 sei. Als Nachweis übermittelt er ein Urteil eines türkischen Zivilgerichts vom 23.04.1997 sowie einen Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister (Nüfus), die als Geburtsjahr 1934 enthalten. Beide Urkunden wurden 1997 in der Türkei ausgestellt. Er selber gibt am 14.12.1998 eine eidesstattliche Versicherung ab, wonach er am 15.02.1934 geboren wurde.

Lösung:

Nach § 33a Abs. 1 SGB I ist auf das Datum abzustellen, das der Versicherte zuerst gegenüber einem Leistungsträger angegeben hat. Davon kann gemäß Absatz 2 Nummer 2 nur abgewichen werden, wenn aus einer zeitlich früheren Urkunde ein anderes Datum hervorgeht. Das Urteil des türkischen Zivilgerichts, der Auszug aus dem Personenstandsregister (mit geändertem Geburtsdatum) und die eigene eidesstattliche Versicherung wurden nach der erstmaligen Angabe eines Geburtsdatums gegenüber einem deutschen Leistungsträger ausgestellt. Aus den vor der ersten Angabe ausgestellten Urkunden (Geburtsurkunde, Zeugnis, Bescheinigung der ehemaligen Beschäftigungsbehörde) ergibt sich nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung kein anderes Datum, sodass der Änderung des Geburtsdatums nicht entsprochen werden kann.

Beispiel 5: Mehrere frühere Urkunden mit unterschiedlichen Geburtsdaten

(Beispiel zu Abschnitt 4.2.2)

Ein griechischer Versicherter hält sich seit 1974 in Deutschland auf. In seiner 1974 vergebenen Versicherungsnummer ist der 08.09.1949 gespeichert. Er beantragt am 21.11.2002 unter Vorlage seiner griechischen Heiratsurkunde aus dem Jahr 1971 die Berichtigung auf sein „richtiges“ Geburtsdatum im Jahr 1946. Im Rahmen der Ermittlungen ergibt sich, dass das der Versicherungsnummer zugrunde liegende Datum auf der Entscheidung eines griechischen Gerichts aus dem Jahr 1973 beruht, nach der das Geburtsdatum von 1946 in 1949 geändert wurde. Der Akteninhalt besteht darüber hinaus aus folgenden im Kontenklärungsverfahren vorgelegten Unterlagen: einem Abiturzeugnis aus dem Jahr 1964, einer Immatrikulationsbescheinigung der Universität Athen vom 15.10.1964 und einem Abschlussdiplom aus dem Jahr 1970.

Lösung:

Nach § 33a Abs. 1 SGB I ist auf das Datum abzustellen, das der Versicherte zuerst gegenüber einem Leistungsträger angegeben hat. Von dem zuerst angegeben Datum kann gemäß Absatz 2 Nummer 2 nur abgewichen werden, wenn aus einer zeitlich früheren Urkunde ein anderes Datum hervorgeht. Wenn mehrere nacheinander ausgestellte frühere Urkunden mit unterschiedlichen Geburtsdaten vorliegen, ist das zu berücksichtigende Geburtsdatum nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweiswürdigung unter Betrachtung des Gesamtbildes festzustellen. Da es unwahrscheinlich erscheint, dass der Versicherte bereits mit 15 Jahren die Universität besucht hat, kann hier auf das dem Ereignis zeitlich am nächsten liegende Dokument abgestellt und dem Antrag auf Änderung des Geburtsdatums entsprochen werden.

Erstes SGB III-ÄndG vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970)

Inkrafttreten: 01.01.1998

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 13/8994

Die Vorschrift ist durch Artikel 2 des Ersten SGB III-Änderungsgesetzes vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2970) in das SGB I eingefügt worden und geht auf eine Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung des Bundestages zurück.

§ 33a SGB I trägt der Möglichkeit einer nachträglichen Berichtigung des Geburtsdatums in den Personenstandsurkunden ausländischer Staaten, nach deren Rechtsordnung eine solche Änderung zulässig ist (zum Beispiel Türkei, Marokko, Griechenland), Rechnung. Die Vorschrift soll die missbräuchliche Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Fällen vermeiden, in denen unter Hinweis auf ein geändertes Geburtsdatum ein längerer oder früherer Leistungsbezug gefordert wird.

Der gesetzlichen Regelung gingen zahlreiche Entscheidungen des 5. und des 13. Senats des BSG zur Änderung von Versicherungsnummern vor Eintritt von Leistungsfällen und von Geburtsdaten in Leistungsfällen mit divergierenden Entscheidungen voraus; mit Beschluss vom 19.11.1997 hat der 5. Senat festgestellt, dass die Richtigkeit von Geburtsdaten in jeder Lage des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens überprüfbar sei.

Der Gesetzgeber hat einer abstrakten Regelung, die nicht zu einer Einzelfallprüfung zwingt, den Vorrang gegeben.

Die Vorschrift ist verfassungsrechtlich unbedenklich (Urteile des BSG vom 19.05.2004, AZ: B 13 RJ 26/03 R, BSG vom 05.04.2001, AZ: B 13 RJ 35/00 R, BSG vom 31.01.2002, AZ: B 13 RJ 9/01 R) und mit Europarecht vereinbar (vergleiche EuGH-Urteil vom 14.03.2000, Rechtssache C-102/98, Kocak und EuGH-Urteil vom 14.03.2000, Rechtssache C-211/98, Örs).

Zusatzinformationen

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