Rechtsgrundlagen Italien
veröffentlicht am |
11.11.2024 |
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Änderung | Ergänzung um das HKA (Abschnitte 2, 3 und 4) |
Stand | 27.10.2024 |
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Version | 002.00 |
- Mögliche Rechtsgrundlagen
- VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009
- VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72
- KSS-HKA und KSSD-HKA (KSS-HKA Anhang 7)
- Vorläufiges Europäisches Abkommen
- Deutsch-italienisches Abkommen über Sozialversicherung vom 05.05.1953
- Abkommen über die Einziehung und Beitreibung von Beiträgen vom 03.04.2000
- Mögliche Rechtsgrundlagen
- VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009
- VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72
- KSS-HKA und KSSD-HKA (KSS-HKA Anhang 7)
- Vorläufiges Europäisches Abkommen
- Deutsch-italienisches Abkommen über Sozialversicherung vom 05.05.1953
- Abkommen über die Einziehung und Beitreibung von Beiträgen vom 03.04.2000
Mögliche Rechtsgrundlagen
Zwischen der Republik Italien und der Bundesrepublik Deutschland bestehen diverse Rechtsgrundlagen, die die Beziehungen beider Staaten auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung regeln.
So kommen als Rechtsgrundlage im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung
- die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 (vergleiche Abschnitt 2),
- die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72 (vergleiche Abschnitt 3),
- das KSS-HKA und das KSSD-HKA bei Beteiligung des Vereinigten Königreichs (vergleiche Abschnitt 4),
- das Vorläufige Europäische Abkommen (vergleiche Abschnitt 5),
- das deutsch-italienische SV-Abkommen vom 05.05.1953 (vergleiche Abschnitt 6) und
- das Abkommen über die Einziehung und Beitreibung von Beiträgen vom 03.04.2000 (vergleiche Abschnitt 7)
in Betracht.
Diese Gemeinsame Rechtliche Anweisung (GRA) soll einen Überblick über den Anwendungsbereich dieser Rechtsgrundlagen und deren Verhältnis zueinander geben.
VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009
Im Verhältnis zu Italien sind die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009
- ab 01.05.2010 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU),
- ab 01.04.2012 für die Schweiz
- ab 01.06.2012 für die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen und
- ab 01.07.2013 für Kroatien
anwendbar. Sie haben damit die seit dem 01.10.1972 für Italien geltenden Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 ersetzt, sofern nicht Art. 90 Abs. 1 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 96 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 987/2009 zu deren weiterer Anwendung zwingen (vergleiche auch Abschnitt 3).
Die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 bleiben auch bei Beteiligung des aus der EU ausgetretenen Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes Königreich) über den 31.12.2020 hinaus anwendbar, sofern die betreffende Person unter den Anwendungsbereich des Austrittsabkommens fällt (vergleiche GRA zu Erfasste Personen und Sonderfälle Austrittsabkommen EU und VK).
Die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 regeln die sozialversicherungsrechtlichen Beziehungen der EU-Mitgliedstaaten, der EWR-Staaten und der Schweiz umfassend. Ihr persönlicher Geltungsbereich ergibt sich aus Art. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 (vergleiche GRA zu Art. 2 VO (EG) Nr. 883/2004) sowie für Drittstaatsangehörige aus der VO (EU) Nr. 1231/2010 (vergleiche GRA zu Übersicht VO (EU) Nr. 1231/2010 - Anwendung der VOen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 für Drittstaatsangehörige). Der sachliche Geltungsbereich ist in Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 definiert. Die versicherungsrechtlichen Regelungen befinden sich in den Art. 11 ff. VO (EG) Nr. 883/2004, die rentenrechtlichen Regelungen in den Art. 50 ff. VO (EG) Nr. 883/2004. Weitere Regelungen existieren für den Bereich der KVdR in den Art. 23 ff. VO (EG) Nr. 883/2004.
Einzelheiten zu den Regelungen können der GRA zu Übersicht VO (EG) Nr. 883/2004, sowie den Gemeinsamen Rechtlichen Anweisungen zu den jeweiligen Vorschriften der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009 entnommen werden.
VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72
Im Verhältnis zu Italien sind die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72 am 01.10.1972 in Kraft getreten und haben damit die seit dem 01.01.1959 geltenden vorherigen Verordnungen (EWG) Nr. 3 und Nr. 4 ersetzt.
Sie werden am 01.05.2010 durch die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt (vergleiche Abschnitt 2), bleiben jedoch weiterhin in Kraft
- für Drittstaatsangehörige, die unter die VO (EG) Nr. 859/2003 fallen (ab 01.01.2011 nur noch im Verhältnis zum Vereinigten Königreich),
- für Grönland (Zeiten vom 01.04.1973 bis zum 31.01.1985),
- im Verhältnis zu den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen) bis zum 31.05.2012 und
- im Verhältnis zur Schweiz bis zum 31.03.2012.
Daher sind im Verhältnis zu Italien die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72 maßgebliche Rechtsgrundlage, wenn die VO (EG) Nr. 859/2003 anzuwenden ist, entsprechende Zeiten auch in Grönland zurückgelegt wurden oder neben Italien bis zum 31.05.2012 noch ein EWR-Staat oder bis zum 31.03.2012 die Schweiz beteiligt waren. Einzelheiten können der GRA zu Art. 90 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitte 3.1, 3.2, 3.3 und 3.4 entnommen werden.
Die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72 bleiben bei Beteiligung des aus der EU ausgetretenen Vereinigten Königreichs über den 31.12.2020 hinaus anwendbar, sofern die betreffende Person als Drittstaatsangehörige unter den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 859/2003 und des Austrittsabkommens fällt (vergleiche GRA zu Erfasste Personen und Sonderfälle Austrittsabkommen EU und VK).
Der persönliche Geltungsbereich ergibt sich aus Art. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 sowie für Drittstaatsangehörige aus der VO (EG) Nr. 859/2003. Der sachliche Geltungsbereich ist in Art. 4 VO (EWG) Nr. 1408/71 definiert. Die versicherungsrechtlichen Regelungen befinden sich in den Art. 13 ff. VO (EWG) Nr. 1408/71, die rentenrechtlichen Regelungen in den Art. 44 ff. VO (EWG) Nr. 1408/71. Weitere Regelungen existieren für den Bereich der KVdR in den Art. 26 ff. VO (EWG) Nr. 1408/71.
KSS-HKA und KSSD-HKA (KSS-HKA Anhang 7)
Neben der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009 findet auf Italien sowie alle anderen Mitgliedstaaten der EU und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes Königreich) das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit (HKA; vielfach auch Trade and Cooperation Agreement, TCA) Anwendung. Hierfür ist es erforderlich, dass sozialversicherungsrechtliche Beziehungen zwischen Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich (und möglicherweise weiteren Mitgliedstaaten) bestehen, auf die nicht das vorrangig anzuwendende Austrittsabkommen (Art. 775 HKA) anzuwenden ist (siehe Abschnitt 2).
Das HKA wurde ab 01.01.2021 vorläufig angewendet (Art. 783 Abs. 2 HKA) und ist formell am 01.05.2021 in Kraft getreten (Art. 783 Abs. 1 HKA).
Die Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen den Mitgliedstaaten der EU (ohne Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz) und dem Vereinigten Königreich (ohne Gibraltar) erfolgt mit dem Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit (KSS-HKA), ergänzt durch dessen Durchführungsteil im Anhang 7 zum Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit (KSSD-HKA).
Die Vorschriften des KSS-HKA und des KSSD-HKA regeln nicht alle von der VO (EG) Nr. 883/2004 erfassten Bereiche der sozialen Sicherheit, sind aber in den allgemeinen Bestimmungen, den Bestimmungen zum anwendbaren Recht und den Bestimmungen für die gesetzliche Rentenversicherung in großen Teilen spiegelgleich zu den Vorschriften der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009.
Einzelheiten können der GRA zu Übersicht HKA, der GRA zu Übersicht KSS-HKA und der GRA zu Übersicht KSSD-HKA entnommen werden.
Vorläufiges Europäisches Abkommen
Das Vorläufige Europäische Abkommen über die Systeme der Sozialen Sicherheit für den Fall des Alters, der Invalidität und zugunsten der Hinterbliebenen vom 11.12.1953 (VEA) ist für Italien am 01.09.1958 in Kraft getreten. Es gilt nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b VO (EWG) Nr. 1408/71 parallel zur VO (EWG) Nr. 1408/71. Im Rahmen der VO (EG) Nr. 883/2004 wird es aufgrund von Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 und des fehlenden Eintrags im Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004 für vom Geltungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 erfasste Personen nicht mehr angewendet.
Die Regelungen des VEA sind auch im Zusammenhang mit der VO (EWG) Nr. 1408/71, soweit sie die Gleichstellung der Staatsangehörigen der Unterzeichnerstaaten und der Flüchtlinge bei Anwendung innerstaatlicher Rechtsvorschriften betreffen, die die Leistungsgewährung von der Staatsangehörigkeit abhängig machen, nicht mehr von Bedeutung.
Die Regelung des Art. 3 VEA (sogenannte Meistbegünstigung), die die Staatsangehörigen der Unterzeichnerstaaten und Flüchtlinge für die Anwendung eines zwischen den Unterzeichnerstaaten bestehenden Sozialversicherungsabkommens einander gleichstellt, kann dagegen im Einzelfall auch heute noch von Bedeutung sein.
Deutsch-italienisches Abkommen über Sozialversicherung vom 05.05.1953
Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Sozialversicherung vom 05.05.1953 (SVA-Italien) ist zusammen mit dem Schlussprotokoll und der Zusatzvereinbarung mit Wirkung vom 01.04.1956 (Bekanntmachung vom 20.06.1956) in Kraft getreten. Es hat jedoch bereits zum 01.01.1959 kaum noch Auswirkungen, da das Europarecht ab 01.01.1959 durch die Verordnungen Nr. 3 und Nr. 4 beziehungsweise ab 01.10.1972 durch die Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 (vergleiche Abschnitt 2) an die Stelle des Abkommens getreten ist. Damit ist das Abkommen zwar nicht außer Kraft getreten, seine Anwendung ist jedoch im Allgemeinen für von der VO (EWG) Nr. 1408/71 erfasste Personen entfallen, wenn das Europarecht einen Sachverhalt (günstiger) regelt. Im Rahmen der VO (EG) Nr. 883/2004 wird es aufgrund von Art. 8 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 und des fehlenden Eintrags im Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004 für vom Geltungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 erfasste Personen nicht mehr angewendet.
Erfüllen Berechtigte im Einzelfall die persönlichen Voraussetzungen für die Anwendung der VO (EWG) Nr. 1408/71 oder der VO (EG) Nr. 883/2004 nicht (vergleiche Abschnitte 2 und 3), kann gegebenenfalls eine Anwendung des SVA-Italien in Betracht kommen. Dies ist im Allgemeinen jedoch nur über die Regelung des Art. 3 VEA möglich, da es sich beim SVA-Italien um ein geschlossenes Abkommen handelt, das nur für Deutsche und Italiener Anwendung findet.
Abkommen über die Einziehung und Beitreibung von Beiträgen vom 03.04.2000
Das Abkommen über die Einziehung und Beitreibung von Beiträgen der Sozialen Sicherheit vom 03.04.2000 ist am 23.01.2001 in Kraft getreten. Bei diesem Abkommen handelt es sich um eine ergänzende Vereinbarung beider Staaten im Sinne des Art. 92 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71.
Es ist nach Art. 116 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 574/72 im Anhang 5 Nr. 104 Buchst. d VO (EWG) Nr. 574/72 eingetragen. Aufgrund des Art. 9 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 und des Eintrags in den Anhang 1 VO (EG) Nr. 987/2009 kann das Abkommen als weiter geltende Durchführungsbestimmung auch im Rahmen der VO (EG) Nr. 883/2004 angewendet werden.