Rechtsgrundlagen Finnland
veröffentlicht am |
11.11.2024 |
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Änderung | Ergänzung um das HKA (Abschnitte 2, 3 und 4) |
Stand | 25.10.2024 |
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Version | 002.00 |
- Mögliche Rechtsgrundlagen
- VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009
- VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72
- KSS-HKA und KSSD-HKA (KSS-HKA Anhang 7)
- Deutsch-finnisches Abkommen über Soziale Sicherheit vom 28.04.1997
Mögliche Rechtsgrundlagen
Zwischen der Republik Finnland und der Bundesrepublik Deutschland bestehen diverse Rechtsgrundlagen, die die Beziehungen beider Staaten auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung regeln.
So kommen als Rechtsgrundlage im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung
- die VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009 (vergleiche Abschnitt 2),
- die VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72 (vergleiche Abschnitt 3),
- das KSS-HKA und das KSSD-HKA bei Beteiligung des Vereinigten Königreichs (vergleiche Abschnitt 4) und
- das deutsch-finnische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 28.04.1997 (vergleiche Abschnitt 5)
in Betracht.
Das deutsch-finnische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 23.04.1979 sowie die Durchführungsvereinbarung vom 28.11.1985 sind seit 01.08.1998 nicht mehr in Kraft (vergleiche Abschnitt 4).
Diese Gemeinsame Rechtliche Anweisung soll einen Überblick über den Anwendungsbereich der im Verhältnis zu Finnland bestehenden Rechtsgrundlagen und deren Verhältnis zueinander geben.
VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009
Im Verhältnis zu Finnland sind die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 ab 01.05.2010 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), ab 01.04.2012 für die Schweiz und ab 01.06.2012 für die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen und ab 01.07.2013 für Kroatien anwendbar. Sie haben damit die seit dem 01.01.1994 geltenden VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72 ersetzt, sofern nicht Art. 90 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 96 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 987/2009 zu deren weiterer Anwendung zwingen (vergleiche auch Abschnitt 3).
Seit 01.01.2011 gelten auch für Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates besitzen, die VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 im Rahmen der VO (EU) Nr. 1231/2010 - außer bei Beteiligung des Vereinigten Königreiches - (vergleiche GRA zu Übersicht VO (EU) Nr. 1231/2010).
Die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 bleiben auch bei Beteiligung des aus der EU ausgetretenen Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes Königreich) über den 31.12.2020 hinaus anwendbar, sofern die betreffende Person unter den Anwendungsbereich des Austrittsabkommens fällt (vergleiche GRA zu Erfasste Personen und Sonderfälle Austrittsabkommen EU und VK).
Die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 regeln die sozialversicherungsrechtlichen Beziehungen der EU-Mitgliedstaaten, der EWR-Staaten und der Schweiz umfassend. Ihr persönlicher Geltungsbereich ergibt sich aus Art. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 (vergleiche GRA zu Art. 2 VO (EG) Nr. 883/2004) sowie für Drittstaatsangehörige aus der VO (EU) Nr. 1231/2010 (vergleiche GRA zu Übersicht VO (EU) Nr. 1231/2010). Der sachliche Geltungsbereich ist in Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 definiert. Die versicherungsrechtlichen Regelungen befinden sich in den Art. 11 ff. VO (EG) Nr. 883/2004, die rentenrechtlichen Regelungen in den Art. 50 ff. VO (EG) Nr. 883/2004. Weitere Regelungen existieren für den Bereich der KVdR in den Art. 23 ff. VO (EG) Nr. 883/2004.
Einzelheiten zu den Regelungen können der GRA zu Übersicht VO (EG) Nr. 883/2004, der GRA zu Übersicht VO (EG) Nr. 987/2009, sowie den Gemeinsamen rechtlichen Anweisungen zu den jeweiligen Vorschriften der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009 entnommen werden.
VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72
Im Verhältnis zu Finnland sind die VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72 mit dem Beitritt Finnlands zum Europäischen Wirtschaftsraum am 01.01.1994 in Kraft getreten (vergleiche GRA zu Übersicht EWR-Abkommen). Mit dem Beitritt Finnlands zur Europäischen Union am 01.01.1995 sind die VOen (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72 ab diesem Zeitpunkt im Verhältnis zu Finnland originär und nicht mehr über das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 02.05.1992 anzuwenden.
Sie werden ab 01.05.2010 durch die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt (vergleiche Abschnitt 2), bleiben jedoch nach Art. 90 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 96 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 weiterhin in Kraft
- für Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates besitzen und unter die VO (EG) Nr. 859/2003 fallen (die VO (EG) Nr. 859/2003 gilt generell bis 31.12.2010; nur bei Beteiligung des Vereinigten Königreiches ohne zeitliche Beschränkung),
- für Grönland (Zeiten vom 01.04.1973 bis zum 31.01.1985),
- im Verhältnis zu den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen) bis zum 31.05.2012 und
- im Verhältnis zur Schweiz bis zum 31.03.2012.
Daher sind im Verhältnis zu Finnland die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72 maßgebliche Rechtsgrundlage, wenn die VO (EG) Nr. 859/2003 anzuwenden ist, entsprechende Zeiten auch in Grönland zurückgelegt wurden oder neben Finnland bis zum 31.05.2012 noch ein EWR-Staat oder bis zum 31.03.2012 die Schweiz beteiligt ist. Einzelheiten können der GRA zu Art. 90 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitte 3.1, 3.2, 3.3 und 3.4) entnommen werden.
Die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72 bleiben bei Beteiligung des aus der EU ausgetretenen Vereinigten Königreichs über den 31.12.2020 hinaus anwendbar, sofern die betreffende Person als Drittstaatsangehörige unter den Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 859/2003 und des Austrittsabkommens fällt (vergleiche GRA zu Erfasste Personen und Sonderfälle Austrittsabkommen EU und VK).
Ihr persönlicher Geltungsbereich ergibt sich aus Art. 2 VO (EWG) Nr. 1408/71 sowie für Drittstaatsangehörige aus der VO (EG) Nr. 859/2003. Der sachliche Geltungsbereich ist in Art. 4 VO (EWG) Nr. 1408/71 definiert. Die versicherungsrechtlichen Regelungen befinden sich in den Art. 13 ff. VO (EWG) Nr. 1408/71, die rentenrechtlichen Regelungen in den Art. 44 ff. VO (EWG) Nr. 1408/71. Weitere Regelungen existieren für den Bereich der Krankenversicherung der Rentner in den Art. 26 ff. VO (EWG) Nr. 1408/71.
KSS-HKA und KSSD-HKA (KSS-HKA Anhang 7)
Neben der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009 findet auf Finnland sowie alle anderen Mitgliedstaaten der EU und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes Königreich) das Abkommen über Handel und Zusammenarbeit (HKA; vielfach auch Trade and Cooperation Agreement, TCA) Anwendung. Hierfür ist es erforderlich, dass sozialversicherungsrechtliche Beziehungen zwischen Deutschland, Finnland und dem Vereinigten Königreich (und möglicherweise weiteren Mitgliedstaaten) bestehen, auf die nicht das vorrangig anzuwendende Austrittsabkommen (Art. 775 HKA) anzuwenden ist (siehe Abschnitt 2).
Das HKA wurde ab 01.01.2021 vorläufig angewendet (Art. 783 Abs. 2 HKA), und ist formell am 01.05.2021 in Kraft getreten (Art. 783 Abs. 1 HKA).
Die Koordinierung der sozialen Sicherheit zwischen den Mitgliedstaaten der EU (ohne Island, Liechtenstein, Norwegen und Schweiz) und dem Vereinigten Königreich (ohne Gibraltar) erfolgt mit dem Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit (KSS-HKA), ergänzt durch dessen Durchführungsteil im Anhang 7 zum Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit (KSSD-HKA).
Die Vorschriften des KSS-HKA und des KSSD-HKA regeln nicht alle von der VO (EG) Nr. 883/2004 erfassten Bereiche der sozialen Sicherheit, sind aber in den allgemeinen Bestimmungen, den Bestimmungen zum anwendbaren Recht und den Bestimmungen für die gesetzliche Rentenversicherung in großen Teilen spiegelgleich zu den Vorschriften der VO (EG) Nr. 883/2004 und der VO (EG) Nr. 987/2009.
Einzelheiten können der GRA zu Übersicht HKA, der GRA zu Übersicht KSS-HKA und der GRA zu Übersicht KSSD-HKA entnommen werden.
Deutsch-finnisches Abkommen über Soziale Sicherheit vom 28.04.1997
Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Finnland über Soziale Sicherheit vom 28.04.1997 (SVA-Finnland) ist am 01.08.1998 in Kraft getreten. Mit ihm traten das deutsch-finnische Abkommen über Soziale Sicherheit vom 23.04.1979 sowie die zu diesem Abkommen ergangene Durchführungsvereinbarung vom 28.11.1985 außer Kraft.
Das SVA-Finnland vom 28.04.1997 bewirkt - mit einigen Einschränkungen (zum Beispiel im Hinblick auf die Zahlung von Geldleistungen) - die Anwendung der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 auf nicht von ihr erfasste Personen, die sozialversicherungsrechtliche Beziehungen zu einem oder beiden Abkommensstaaten haben beziehungsweise hatten. Darüber hinaus sieht es für von der VO (EWG) Nr. 1408/71 erfasste Personen ergänzende Regelungen, die bei Anwendung der VO (EWG) Nr. 1408/71 zu beachten sind, vor.
Das SVA-Finnland ist - insbesondere nach Ausdehnung des persönlichen Geltungsbereichs der VOen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 auch auf Drittstaatsangehörige durch die VO (EG) Nr. 859/2003 - nur noch in wenigen Einzelfällen von Bedeutung.
Ab 01.05.2010 regelt Art. 8 VO (EG) Nr. 883/2004 die Konkurrenz mit dem SVA-Finnland, indem bestimmt wird, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 an die Stelle aller bilateralen Abkommen tritt. Bestimmungen der Abkommen, die vor dem Beginn der Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 geschlossen wurden, gelten nur dann fort, wenn sie im Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004 eingetragen sind. Dies ist für das SVA-Finnland nicht der Fall, sodass die VO (EG) Nr. 883/2004 die vorrangige Rechtsgrundlage ist und das SVA-Finnland im Rahmen der VO (EG) Nr. 883/2004 nicht mehr angewendet werden kann.