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§ 26 SGB IV: Beanstandung und Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

redaktionelle Änderungen in den Abschnitten 3.1.7 und 5 Änderung im Abschn. 3.1.7 aufgrund eines Hinweises des RVA

Dokumentdaten
Stand06.06.2019
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 in Kraft getreten am 01.01.2008
Rechtsgrundlage

§ 26 SGB IV

Version002.00
Schlüsselwörter
  • 0102

  • 0139

  • 0830

  • 1830

  • 1880

  • 1990

  • 9801001

Inhalt der Regelung

§ 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV enthält einen Beanstandungsschutz für zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge für abhängig Beschäftigte. Absatz 1 Satz 3 fingiert darüber hinaus derartige Pflichtbeiträge nach Ablauf einer vierjährigen Frist als zu Recht entrichtete Beiträge. Die Regelungen in den Absätzen 2 und 3 zur Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge beziehen sich dagegen sowohl auf freiwillige Beiträge als auch auf Pflichtbeiträge von abhängig Beschäftigten, selbstständig Tätigen und sonstigen Versicherten. § 26 Abs. 2 und 3 SGB IV gelten darüber hinaus auch in der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Pflegeversicherung. In der Arbeitslosenversicherung gilt § 351 SGB III. Absatz 4 enthält Regelungen für Einzugsstellen zur Feststellung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze durch eine Mehrfachbeschäftigung.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Für zu Unrecht gezahlte Rentenversicherungsbeiträge enthält § 211 SGB VI ergänzende Regelungen. Außerdem steht § 202 SGB VI in engem Zusammenhang mit § 26 SGB IV. Zur Verzinsung und Verjährung des Erstattungsanspruchs siehe § 27 SGB IV. Nach § 28 SGB IV ist die Auf- beziehungsweise Verrechnung des Erstattungsanspruchs möglich. § 286 SGB VI regelt den Anfechtungsschutz der Inhalte von Versicherungskarten.

Nach § 286f SGB VI werden Erstattungsansprüche für Syndikusanwälte, die aufgrund einer rückwirkenden Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 4b und 4d SGB IV für eine Beschäftigung zu Unrecht gezahlt wurden, abweichend von § 26 Abs. 3 SGB IV, an die berufsständische Versorgungseinrichtung ausgezahlt.

Allgemeines

Die Anwendung des § 26 SGB IV setzt voraus, dass Beiträge zu Unrecht und damit unwirksam gezahlt wurden (vergleiche Abschnitt 3).

Bei wirksam - zu Recht - gezahlten Beiträgen findet die Vorschrift keine Anwendung. Hinsichtlich der Erstattung beziehungsweise Rückabwicklung zu Recht gezahlter Beiträge sind stattdessen folgende Vorschriften beziehungsweise Regelungen maßgebend:

  • § 210 SGB VI als Regelleistung,
  • § 205 Abs. 1 S. 2 SGB VI für im Nachzahlungszeitraum enthaltene Beiträge,
  • § 207 Abs. 3 SGB VI für freiwillige Beiträge, die für Zeiten einer schulischen Ausbildung, die im Leistungsfall als Anrechnungszeiten bewertet werden, nachgezahlt worden sind,
  • § 182 Abs. 2 S. 1 SGB VI für freiwillige Beiträge, die mit einer Nachversicherung zusammentreffen,
  • § 185 Abs. 2a SGB VI für Nachversicherungsbeiträge für Soldaten auf Zeit,
  • EG-Übertragungsabkommen,
  • Rückzahlung zu Recht gezahlter Beiträge im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.

Handelt es sich nicht um Beiträge, sondern um Geldbeträge, die der Versicherungsträger im Rahmen des Versicherungsverhältnisses zu Unrecht erhalten hat, wie zum Beispiel

  • Beträge, die der Versicherte als freiwillige Beiträge bestimmen wollte, die aber nicht den Mindestbeitrag erreichen,
  • Geldeingänge ohne ermittelbaren Verwendungszweck,
  • Beträge, die durch eine verspätete Einstellung der Abbuchung seitens des Versicherungsträgers aufgelaufen sind,
  • Säumniszuschläge und/oder Mahngebühren auf zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge für Selbständige oder auf Nachversicherungsbeiträge,

besteht für den Einzahler ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein durch Rechtsprechung und Literatur entwickeltes Rechtsinstitut zur Rückabwicklung von rechtsgrundlosen Vermögensverschiebungen.

Bezüglich der Erstattung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, die bei einer Rentenzahlung zu Unrecht aus der Rente erhoben wurden, wird auf die GRA zu §§ 249a, 255a SGB V, Tragung und Zahlung der Beiträge aus Renten verwiesen.

Zu Unrecht gezahlte Beiträge

Beiträge sind zu Unrecht gezahlt, wenn die Zahlung gegen geltendes Recht verstieß zum Beispiel

  • Pflichtbeiträge ohne Vorliegen von Versicherungspflicht (vergleiche Abschnitt 3.1 ff.)
  • Zahlung freiwilliger Beiträge nicht innerhalb der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI beziehungsweise der entsprechenden Vorgängerregelungen
  • Beiträge in unzutreffender Höhe (zum Beispiel für Einnahmen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze - vergleiche Abschnitt 3.2).

Keine Versicherungspflicht oder -berechtigung

Hinsichtlich der Beurteilung der zu Unrecht vorgenommenen Beitragsentrichtung ist nach dem Grund der Beitragszahlung zu unterscheiden.

Versicherungspflicht von abhängig Beschäftigten

Regelmäßig zahlen Arbeitgeber die Beiträge für ihre Beschäftigten ohne vorherige Entscheidung der Einzugsstelle. Bei Zweifeln über die Versicherungs- und Beitragspflicht von abhängig Beschäftigten hat nach § 28h Abs. 2 SGB IV - außerhalb einer Betriebsprüfung - jedoch die zuständige Einzugsstelle (§ 28i SGB IV) zu entscheiden (Urteile des BSG vom 23.09.2003, AZ: B 12 RA 7/01 R, AZ: B 12 RA 3/02 R, AZ: B 12 RA 5/02 R, SozR 4-2400 § 28h Nr. 1). Für geringfügig Beschäftigte ist seit dem 01.04.2003 die Minijob-Zentrale der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zuständig; im Übrigen die Krankenkasse des Versicherten, bei privat Krankenversicherten die vom Arbeitgeber gewählte Krankenkasse. Liegt eine Entscheidung der Clearingstelle über das Nichtbestehen von Versicherungspflicht vor, ist diese Grundlage für die Beanstandung der Pflichtbeiträge. War die Clearingstelle nicht eingeschaltet, ist vor der Beanstandung zu Unrecht gezahlter Pflichtbeiträge in jedem Fall eine (abgestimmte) Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungspflicht oder Beitragspflicht einzuholen. Dabei ist die jeweilige Krankenkasse nur für Zeiten zuständig, in denen sie Einzugsstelle war (Punkt 3 der Niederschrift der Besprechung der Spitzenorganisation der Sozialversicherung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 05./06.07.2005; bestätigt durch das Urteil des BSG vom 24.06.2008, AZ: B 12 KR 24/07 R, SozR 4-2400 § 28h Nr. 4). Bei einem längeren Zeitraum können deshalb Entscheidungen mehrerer Krankenkassen erforderlich sein.

Bei Beiträgen, die für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt wurden, erübrigt sich die Rückfrage bei der Krankenkasse - es sei denn, § 22 Abs. 2 SGB IV wurde nicht beachtet oder es wurden für Zeiten im Beitrittsgebiet nach dem 30.06.1990 Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze (Ost) gemeldet. Hier ist vor der Beanstandung die Rechtskreiszuordnung von der Einzugsstelle überprüfen zu lassen (auch über den Beschäftigungsort im Sinne des § 9 SGB IV hat - außerhalb einer Betriebsprüfung - die Einzugsstelle zu entscheiden).

Versicherungspflicht von Selbständigen

Über die Rechtmäßigkeit der Beitragszahlung von selbständig Tätigen entscheidet der kontoführende Versicherungsträger. In diesem Zusammenhang hat dieser unter anderem zu prüfen, inwieweit eine Korrektur der entsprechenden Bescheide erfolgen kann, aufgrund derer die Beiträge gezahlt wurden.

Über die Beitragszahlung und Versicherungspflicht von Künstlern und Publizisten nach § 2 S. 1 Nr. 5 SGB VI in Verbindung mit dem KSVG entscheidet die Künstlersozialkasse (KSK). Die KSK hat zu Unrecht gezahlte Beitragsanteile zu erstatten, wobei § 26 Abs. 2 SGB IV entsprechend gilt (vergleiche § 21 Abs. 1 KSVG).

Versicherungspflicht von Pflegepersonen

Nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen unterliegen unter den in § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI genannten Voraussetzungen der Rentenversicherungspflicht. Die Beiträge für Pflegepersonen sind nach § 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI von der Pflegekasse oder von dem privaten Versicherungsunternehmen allein oder von der Festsetzungsstelle für die Beihilfe oder vom Dienstherrn und der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen anteilig zu tragen und nach § 173 SGB VI unmittelbar an den jeweiligen Rentenversicherungsträger zu zahlen.

Die Beiträge für Pflegepersonen sind regelmäßig ohne vorherige Entscheidung des Rentenversicherungsträgers zu zahlen. Bestehen jedoch Zweifel an der Versicherungspflicht und/oder Beitragshöhe, ist der Rentenversicherungsträger für die Entscheidung über die Versicherungspflicht und/oder Beitragshöhe zuständig (vergleiche GRA zu § 3 SGB VI, Abschnitt 3.9). Liegt danach eine bestandskräftige Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über das Nichtbestehen von Versicherungspflicht vor, sind die Beiträge zu Unrecht gezahlt.

Versicherungspflicht wegen Bezugs von Entgeltersatzleistungen

Bezieher von Entgeltersatzleistungen unterliegen unter den in § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI genannten Voraussetzungen der Rentenversicherungspflicht. Versicherungspflicht tritt danach nur dann ein, wenn im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt Versicherungspflicht bestanden hat (sogenannte Vorpflichtversicherung). Wird die bisher bestehende Vorpflichtversicherung rückwirkend beseitigt, weil für die Vorbeiträge ein Beanstandungs- und Erstattungsverfahren durchzuführen ist, entfällt auch rückwirkend die Versicherungspflicht nach § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI (vergleiche GRA zu § 3 SGB VI, Abschnitt 6.5). Sozialleistungsbezieher, die nicht (mehr) nach § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI versicherungspflichtig sind, haben aber nach § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB VI grundsätzlich die Möglichkeit, auf Antrag für die Zeit des Sozialleistungsbezugs versicherungspflichtig zu werden, wenn Ausschlussgründe nach § 4 Abs. 3a SGB VI nicht vorliegen.

Die zu Unrecht gezahlten Beiträge sind nur dann in das Beanstandungs- und Erstattungsverfahren für die Vorbeiträge (vergleiche Abschnitt 3.1.1 und gegebenenfalls Abschnitt 3.1.2) einzubeziehen, wenn ausnahmsweise eine Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 3, 3a SGB VI nicht in Frage kommt.

Zu Unrecht, das heißt ohne Rechtsgrundlage gezahlte Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus Entgeltersatzleistungen werden unter den Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 SGB IV erstattet.

Zum rückwirkenden Wegfall der Versicherungspflicht wegen Bezugs von Entgeltersatzleistungen siehe GRA zu § 3 SGB VI, Abschnitte 6.7 und 6.7.1.

Der zuständige Leistungsträger nimmt eine Verrechnung vor und storniert die Meldung. Beantragt der Versicherte zu einem späteren Zeitpunkt die Zahlung von freiwilligen Beiträgen für solche Beitragslücken, ist die Anwendung des § 202 SGB VI im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu prüfen.

Versicherungspflicht wegen Bezugs von Arbeitslosengeld II

Bezieher von Arbeitslosengeld II unterlagen vom 01.01.2005 bis 31.12.2010 nach Maßgabe des § 3 S. 1 Nr. 3a SGB VI der Rentenversicherungspflicht. Wurde die Zahlung von Arbeitslosengeld II eingestellt und gegebenenfalls für die Vergangenheit zurückgefordert, rechneten die SGB-II-Leistungsträger die ihres Erachtens zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge mit der nächsten Monatsabrechnung mit Beiträgen für Bezieher von Arbeitslosengeld II auf (siehe GRA zu § 211 SGB VI, Abschnitt 3.3). Einer förmlichen Entscheidung über das Nichtbestehen von Versicherungspflicht und einer förmlichen Beanstandung bedurfte es grundsätzlich nicht.

Mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011 (HBeglG 2011) wurde die Versicherungspflicht für den Bezug von Arbeitslosengeld II zum 01.01.2011 abgeschafft. Deshalb ist eine Aufrechnung zu Unrecht gezahlter Pflichtbeiträge aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II mit der nächsten Monatsabrechnung vom SGB-II-Leistungsträger ab 01.01.2011 grundsätzlich nicht mehr möglich. Der Bundesagentur für Arbeit wird ab 2011 aber auch die Aufrechnung gegen zu zahlende Rentenversicherungsbeiträge für Leistungsbezieher nach dem SGB III gestattet. Den kommunalen Leistungsträgern (optierenden Kommunen nach § 6a Abs. 2 SGB II) wird die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge weiterhin im pauschalierten Verfahren mit den Hauptkassen der Rentenversicherungsträger in Form von negativen Beitragsnachweisen zugestanden. Voraussetzung für die Aufrechnung beziehungsweise pauschalierte Erstattung ist die Stornierung der entsprechenden DEÜV-Meldungen durch die Leistungsträger.

Ist die Stornierung der Meldung im Einzelfall nicht möglich, muss der Leistungsträger die Erstattung beim Rentenversicherungsträger beantragen (siehe GRA zu § 211 SGB VI, Abschnitt 3.3). Der Rentenversicherungsträger führt dann die Erstattung der Rentenversicherungsbeiträge individuell durch.

Versicherungspflicht wegen Bezugs von Vorruhestandsgeld

Für Bezieher von Vorruhestandgeld gelten die Ausführungen zu abhängig Beschäftigten (vergleiche Abschnitt 3.1.1) entsprechend.

Freiwillig Versicherte

Die laufende Zahlung von freiwilligen Beiträgen bedarf keines Zulassungsbescheides des Rentenversicherungsträgers (BSG vom 23.10.2003, AZ: B 4 RA 27/03 R, Breithaupt 2004, 428, SozR 4-2600 § 7 Nr. 1). Gleichwohl erteilen die Rentenversicherungsträger im Regelfall entsprechende Bescheide.

Sollte kein Recht zur freiwilligen Versicherung bestanden haben (zum Beispiel weil eine geringfügige versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wurde), ist zu prüfen, ob der Zulassungsbescheid im Rahmen des § 44 SGB X, § 45 SGB X beziehungsweise § 48 SGB X zurückgenommen beziehungsweise aufgehoben werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, ist eine Beanstandung und Erstattung ausgeschlossen.

Siehe Beispiele 1, 2 und 3.

Nachgezahlte freiwillige Beiträge bedürfen eines Zulassungsbescheides. Verstieß die Zulassung der Beitragsentrichtung gegen das zu diesem Zeitpunkt geltende Recht, ist zunächst die Aufhebbarkeit des Bescheides nach § 45 SGB X zu prüfen (vergleiche GRA zu § 45 SGB X, Abschnitt 11.7). Kann der Bescheid nicht zurückgenommen werden, bleiben die entsprechenden freiwilligen Beiträge als zu Recht gezahlte Beiträge bestehen.

Nachversicherung

Über die Rechtmäßigkeit von Nachversicherungsbeiträgen entscheidet der das Konto führende Versicherungsträger.

Zusätzliche Beiträge für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung

Über die Rechtmäßigkeit von Beiträgen nach § 188 SGB VI für zusätzliche Entgeltpunkte nach § 76e SGB VI für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung entscheidet der das Konto führende Versicherungsträger.

Beiträge für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze

Auch Beitragsanteile für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze sind als zu Unrecht gezahlte Beiträge im Sinne des § 26 SGB IV zu behandeln. Zur Entscheidung über die Unwirksamkeit solcher Beiträge für abhängig Beschäftigte vergleiche Abschnitt 3.1.1. Gegenüber den anderen zu hoch beziehungsweise zu Unrecht gezahlten Beiträgen ergeben sich hinsichtlich der Behandlung von Beiträgen für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze einige Besonderheiten. Zur Beanstandung in diesen Fällen wird auf Abschnitt 4.3 verwiesen. Zur Erstattung siehe Abschnitt 6.4.

Wurden Beiträge für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze gezahlt, weil mehrere Versicherungsverhältnisse nebeneinander vorlagen und die Einnahmen in ihrer Gesamtheit über der Beitragsbemessungsgrenze lagen, ist § 22 Abs. 2 SGB IV sowie - für Zeiträume nach dem 31.12.2014 - § 26 Abs. 4 SGB IV zu beachten. Hinsichtlich der Darstellung der Berechnung gegenüber den Erstattungsberechtigten wird auf die GRA zu § 22 SGB IV verwiesen.

Beanstandung

Obwohl verschiedene Vorschriften die Beanstandung von Beiträgen zum Gegenstand haben (§§ 26, 27 SGB IV, § 202 SGB VI), existiert keine Legaldefinition des Begriffes. „Beanstandung“ ist die Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragszahlung beziehungsweise der Beitragszeiten durch den Rentenversicherungsträger. Bis auf die Altershilfe für Landwirte (BSG vom 24.06.2010, AZ: B 10 LW 4/09 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 4) ist den anderen Zweigen der Sozialversicherung das Rechtsinstitut der Beanstandung fremd.

Wurden für abhängig Beschäftigte oder für über die Einzugsstelle für Entgeltersatzleistungen zu zahlende Beiträge zu Unrecht gezahlt, ist regelmäßig die Einzugsstelle für die Erstattung der Beiträge zuständig (vergleiche Abschnitt 7). In diesem Fall werden die Beiträge nicht beanstandet. Eine Beanstandung ist auch bei bestimmten Fällen bei zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträgen für Pflegepersonen und seit dem 01.01.2010 für Bezieher von Arbeitslosengeld II (siehe GRA zu § 211 SGB VI) nicht vorgesehen. In allen anderen Fällen sind unwirksame Beiträge vom Rentenversicherungsträger zu beanstanden, sofern diese nicht gegen eine Beanstandung geschützt sind (vergleiche Abschnitt 4.1) oder nach § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV als zu Recht entrichtete Beiträge gelten (vergleiche Abschnitt 6).

Beanstandungsschutz

Zu Unrecht gezahlte Beiträge können vom Rentenversicherungsträger nur beanstandet werden, soweit die Beiträge nicht nach § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV als zu Recht entrichtete Beiträge gelten und nicht gegen die Beanstandung geschützt sind. Ein solcher Schutz besteht, wenn das Vertrauen des Versicherten auf die entsprechenden gespeicherten Beitragszeiten schutzwürdig ist. Dieser Schutz ergibt sich aus § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV (Abschnitt 4.1.1) oder aus anderen Vorschriften (Abschnitt 4.1.2). Alle die in den Abschnitten 4.1.1 und 4.1.2 genannten Schutzbestimmungen haben gemeinsam, dass der Versicherte beziehungsweise Erbe auf den Schutz verzichten kann, damit die Beitragszeiten beziehungsweise Beiträge - soweit sie nicht nach § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV als zu Recht entrichtete Beiträge gelten - beanstandet und gegebenenfalls erstattet werden können (vergleiche hierzu Abschnitte 4.2 und 6).

Beanstandungsschutz nach § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV

§ 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV regelt nur den Beanstandungsschutz (Abschnitt 4.1) für Pflichtbeiträge, die Gegenstand einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV sein können. Es handelt sich hier um Pflichtbeiträge

Sind Pflichtbeiträge für diesen Personenkreis trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung nach § 28p SGB IV beanstandet worden, gilt nach § 26 Abs. 1 S. 1 SGB IV § 45 Abs. 2 SGB X entsprechend. Beiträge, die nicht mehr beanstandet werden dürfen, gelten als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge.

Für unwirksame Beiträge anderer Personenkreise gilt der Schutz nach § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV nicht. Er gilt (im Gegensatz zur Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV - siehe Abschnitt 6) auch nicht für Beiträge, die für Personen unter Missachtung einer Befreiung von der Versicherungspflicht oder der Versicherungsfreiheit, zum Beispiel nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB VI, gezahlt wurden. Der Beanstandungsschutz gilt grundsätzlich auch nicht, wenn Pflichtbeiträge lediglich in unzutreffender Höhe gezahlt wurden. Zu hoch gezahlte Beiträge können - vorbehaltlich anderer Schutzwirkungen (vergleiche Abschnitt 4.1.2) - jederzeit beanstandet werden. Das gilt auch für Beiträge für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze (vergleiche Abschnitt 4.3). Hierzu gehören ebenfalls zu Unrecht gezahlte Beiträge für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, wenn zu Unrecht von der Beitragspflicht nach § 23a Abs. 1 bis 5 SGB IV ausgegangen wurde. Diese Beiträge begründen - wie Beiträge für Entgeltbestandteile - keinen eigenständigen Beitragsmonat und damit keine Erhöhung der Anzahl der Wartezeitmonate.

Nur Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV können den Beanstandungsschutz des § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV begründen. Da § 28p SGB IV mit Wirkung vom 01.01.1989 eingeführt wurde, können nur nach dem 31.12.1988 durchgeführte Betriebsprüfungen zum Beanstandungsschutz führen - dann allerdings gegebenenfalls auch für Zeiten im Prüfzeitraum vor dem 01.01.1989.

Im Beitrittsgebiet gilt § 28p SGB IV ab der Übernahme des Beitragseinzugs durch die Krankenkassen. Die Übernahme des Beitragseinzugs durch die Krankenkassen erfolgte gemäß § 49 SVG-DDR in Verbindung mit Art. 8 in Verbindung mit Anlage I Kap. VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 1 Buchst. o des Einigungsvertrages zum 01.01.1991. Hier gilt der Beanstandungsschutz des § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV auch erst für Zeiten nach dem 31.12.1990.

Prüfdienststellen waren in der Zeit vom 01.01.1989 bis 31.12.1995 ausschließlich die Krankenkassen. In der Zeit vom 01.01.1996 bis 31.12.1998 wurde der Prüfdienst neben den Krankenkassen auch von den Rentenversicherungsträgern geleistet. Seit dem 01.01.1999 sind ausschließlich die Rentenversicherungsträger für die Betriebsprüfung zuständig.

In der Prüfmitteilung der Prüfdienststelle ist der Zeitraum angegeben, für den die Beitragspflicht des Arbeitgebers geprüft wurde. Der Beanstandungsschutz gilt für alle von diesem Arbeitgeber trotz Fehlens der Versicherungspflicht gezahlten Pflichtbeiträge in diesem Zeitraum, die nicht in der Prüfmitteilung als zu Unrecht gezahlt erwähnt werden. Das gilt auch für Fälle der fehlenden Versicherungspflicht, die in der Betriebsprüfung nicht erkannt werden, da die Beitragsabführung nur stichprobenartig geprüft wurde. Der Beanstandungsschutz erfasst darüber hinaus vor dem Prüfzeitraum liegende Zeiträume bei demselben Arbeitgeber, weil davon auszugehen ist, dass insoweit bereits eine Betriebsprüfung stattgefunden hat.

Das Datum der letzten Betriebsprüfung und der Prüfzeitraum sind regelmäßig aus dem gemeinsamen Erstattungsantrag des Arbeitgebers und des Versicherten erkennbar.

Beanstandungsschutz nach anderen Vorschriften

Neben § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV ist für in einer Versicherungskarte bescheinigte Beschäftigungszeiten und für von Pflicht- oder freiwillig Versicherten verwendete Beitragsmarken der Anfechtungsschutz des § 286 Abs. 3 SGB VI zu beachten. Außerdem ist eine Beanstandung grundsätzlich ausgeschlossen, wenn der Rentenversicherungsträger ein Anerkenntnis nach § 199 S. 2 SGB VI abgegeben hat. Darüber hinaus können aufgrund eines Zulassungsbescheides gezahlte Beiträge nicht beanstandet werden, solange der Bescheid noch nicht aufgehoben beziehungsweise zurückgenommen ist.

Schließlich können Versicherte einen Vertrauensschutz für Beitragszeiten haben, die durch Bescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI (beziehungsweise § 104 Abs. 3 AVG/§ 1325 Abs. 3 RVO bei Bescheiden vor dem 01.01.1992) bindend festgestellt wurden. Von dieser Feststellung der vorgemerkten Tatbestände einer pflichtversicherten Zeit kann der Rentenversicherungsträger gegen den Willen des Versicherten nicht ohne weiteres abweichen oder diese aufheben (BSG vom 31.01.2008, AZ: B 13 R 27/07 R, Rz 19, SozR 4-2600 § 281 Nr. 1, unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 30.08.2001, AZ: B 4 RA 114/00 R, SozR 3-2600 § 149 Nr. 6). Die Beanstandung ist dann nur möglich, wenn das an den Feststellungsbescheid geknüpfte Vertrauen des Versicherten in den Bestand des Versicherungskontos analog des § 45 Abs. 2 SGB X nicht schutzwürdig ist oder der Betreffende auf den Vertrauensschutz verzichtet.

Können Beiträge aufgrund eines an einen Feststellungsbescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI geknüpften Vertrauensschutzes nicht beanstandet werden, stellen sie in einer späteren Rente zu Recht gezahlte Beiträge dar, sodass eine Aussparung nach § 48 Abs. 3 SGB X nicht vorzunehmen ist.

Besonderheit:

Die Unwirksamkeit der für Zeiten von Teilnehmern an praxisorientierten dualen Studiengängen bis zum Ende des Wintersemesters 2010/2011 für eine Beschäftigung gezahlten Pflichtbeiträge wird nach einer Entscheidung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung nicht von Amts wegen beanstandet (vergleiche gemeinsame Verlautbarung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen vom 05.07.2010, Ziffer 1.4).

Durchführung der Beanstandung

Sind Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu Unrecht gezahlt, ist zu unterscheiden, ob es sich um zu Unrecht gezahlte Beiträge für abhängig Beschäftigte oder um andere Beiträge handelt.

Für zu Unrecht gezahlte Beiträge für abhängig Beschäftigte sind - mit Ausnahme der zusätzlichen Beiträge nach § 188 SGB VI für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung - die Gemeinsamen Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung in der jeweiligen Fassung zu beachten. Ist danach die Krankenkasse für die Erstattung der Beiträge zuständig, nimmt sie die Erstattung vor, ohne eine Beanstandung auszusprechen. Anschließend benachrichtigt sie den zuständigen Rentenversicherungsträger über die Erstattung (§ 211 S. 3 SGB VI) - vergleiche hierzu auch GRA zu § 211 SGB VI.

Hat die Einzugsstelle den Erstattungsantrag zuständigkeitshalber an den Rentenversicherungsträger weitergeleitet oder erkennt dieser, dass im Versicherungskonto enthaltene Beiträge (teilweise) unwirksam gezahlt wurden, hat er - unter Beachtung der Ausführungen in Abschnitt 3.1.1 - die Beiträge von Amts wegen zu beanstanden (BSG vom 16.02.1971, AZ: 1/11 RA 54/69, SozR Nr. 10 zu § 73 G 131), sofern die Beiträge nicht gegen eine Beanstandung geschützt sind (Abschnitte 4 bis Abschnitt 4.1.2) oder nicht nach § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV als zu Recht entrichtete Beiträge gelten (Abschnitt 6). Die Beanstandung zu Unrecht gezahlter Beiträge ist grundsätzlich mittels Bescheid vorzunehmen. Bescheidempfänger ist der Versicherte. Die Stelle, die die Beiträge (mit)getragen hat, ist über die Beitragsbeanstandung lediglich zu informieren. Vor Erteilung des Beanstandungsbescheides ist der Versicherte nach § 24 SGB X anzuhören; hierbei ist gegebenenfalls auch auf § 202 SGB VI hinzuweisen. Eine Anhörung ist entbehrlich, wenn der Versicherte bereits die Erstattung der Beiträge beantragt hat und einer Erstattung der Beiträge an den Versicherten nichts entgegensteht. Als Grund für die Beanstandung ist nicht § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV zu nennen, sondern die Vorschrift, gegen die mit der Beitragszahlung verstoßen wurde (vergleiche Abschnitte 3.1.1 bis 3.1.9). Die Beanstandung ist unabhängig davon auszusprechen, ob die Beiträge nach § 26 Abs. 2 SGB IV erstattungsfähig sind (Abschnitt 6.1).

Ausnahme:

Nach dem Besprechungsergebnis der RBRTB 1/2010, TOP 19 soll ausnahmsweise keine Aussparung der Rente nach § 48 Abs. 3 SGB X erfolgen, wenn Pflichtbeiträge zu hoch entrichtet wurden, die Beitragsanteile wegen einer Rentenleistung nicht erstattet werden können und eine Rücknahme des Rentenbescheides nach § 45 SGB X nicht möglich ist. In diesem Fall wäre die Beanstandung der zu Unrecht gezahlten Beitragsanteile eine „leere Hülse“. Eine Beanstandung ist in diesem Fall deshalb nicht vorzunehmen.

Siehe Beispiel 6

Im Übrigen darf eine Beitragserstattung nicht vor Eintritt der Bestandskraft des Beanstandungsbescheides vorgenommen werden. Beantragt der Versicherte und die an der Beitragstragung beteiligte Stelle die Erstattung, ist von einem Verzicht auf den Rechtsbehelf gegen den Beanstandungsbescheid auszugehen. Hier braucht die Bestandskraft nicht abgewartet zu werden.

Ist wegen des Beanstandungsschutzes nach § 26 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IV, des Anfechtungsschutzes des § 286 Abs. 3 SGB VI, eines Anerkenntnisses nach § 199 S. 2 SGB VI, eines an einen bindenden Bescheid nach § 149 Abs. 5 SGB VI oder § 104 Abs. 3 AVG/§ 1325 Abs. 3 RVO geknüpften Vertrauensschutzes oder des für Teilnehmer an praxisorientierten dualen Studiengängen für bis zum Wintersemester 2010/2011 geltenden besonderen Bestandsschutzes eine Beanstandung der Beiträge nicht möglich und gelten die Beiträge auch nicht nach § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV als zu Recht entrichtete Pflichtbeiträge, steht es dem Versicherten (beziehungsweise seinem Rechtsnachfolger) frei, auf den Beanstandungsschutz, den Anfechtungsschutz, den Vertrauensschutz oder den besonderen Bestandsschutz zu verzichten und seinen Beitragsanteil nach § 26 Abs. 2 SGB IV erstattet zu erhalten. Auch ein teilweiser Verzicht ist zulässig. Hierüber ist der Versicherte im Rahmen der Aufklärung und Beratung aufzuklären. Dabei sollte er gegebenenfalls über § 202 SGB VI informiert werden. Ein Verzicht auf den Schutz der Beiträge empfiehlt sich nicht, wenn die Erstattung nach § 26 Abs. 2 SGB IV an den Versicherten oder Erben ausgeschlossen wäre.

Eine Beanstandung von Beiträgen beziehungsweise Beitragszeiten ist im Versicherungskonto des Versicherten kenntlich zu machen - unabhängig davon, ob die Beiträge nach § 26 Abs. 2 SGB IV erstattungsfähig sind. Beanstandete und im Versicherungskonto als solche gekennzeichnete Beitragszeiten verlieren von Anfang an ihre Wirksamkeit.

Beanstandung von Beiträgen für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass für die gemeldeten Einnahmen Pflichtbeiträge nur in Höhe für Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt wurden.

Bei maschinellen Entgeltmeldungen und Entgelteintragungen in einer Versicherungskarte, die ohne Zusammentreffen mit anderen Meldungen oder Eintragungen allein die Beitragsbemessungsgrenze (West) überschreiten, ist eine Beitragszahlung über der Beitragsbemessungsgrenze (West) deshalb grundsätzlich nicht glaubhaft.

Eine Beanstandung hat hier nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag des Arbeitgebers oder des Versicherten zu erfolgen, wenn die zu hohe Beitragszahlung nachgewiesen wird. Das Gleiche gilt bei tageweisen Entgeltmeldungen für einen unständig Beschäftigten, die in einem Kalendermonat die monatliche Beitragsbemessungsgrenze überschreiten.

In folgenden Fallgestaltungen ist, abweichend von dem oben genannten Grundsatz, anzunehmen, dass für die gemeldeten Einnahmen Pflichtbeiträge in entsprechender Höhe gezahlt wurden, auch für den die Beitragsbemessungsgrenze überschreitenden Anteil:

  • tageweise Entgeltmeldungen, bei denen die tägliche Beitragsbemessungsgrenze überschreiten wird, weil der Versicherte nicht als unständig Beschäftigter gemeldet wurde, er jedoch nachweist, dass er unständig beschäftigt war (überschreiten die tageweisen Entgeltmeldungen in einem Kalendermonat auch die monatliche Beitragsbemessungsgrenze, ist die Beitragszahlung insoweit jedoch nicht ohne weiteres glaubhaft),
  • bei beitragspflichtigen Einnahmen aus nebeneinander vorliegenden Versicherungsverhältnissen haben die Beitragsschuldner § 22 Abs. 2 SGB IV nicht beachtet,
  • nach dem 30.06.1990 wurden beitragspflichtige Einnahmen bis zur Beitragsbemessungsgrenze (West) gemeldet, obwohl die Beschäftigung nach der Meldung im Beitrittsgebiet ausgeübt wurde.

In diesen Fällen sind die für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze gezahlten Beiträge von Amts wegen zu beanstanden, soweit nach den Gemeinsamen Grundsätzen für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung nicht die Einzugsstelle für die Erstattung der Beitragsanteile zuständig ist.

Grundsätzlich muss die Beanstandung zu Unrecht (zu hoch) gezahlter Beiträge umgehend ausgesprochen werden, wenn die Unwirksamkeit erkannt wird (BSG vom 26.08.1975, AZ: 1 RA 165/74, SozR 2200 § 1423 Nr. 5). Eine spätere Beanstandung ist jedoch zulässig, wenn die frühere Unterlassung die Lage des Versicherten nicht verschlechtert hat (BSG vom 15.12.1977, AZ: 11 RA 38/77, SozR 2200 § 1423 Nr. 8). Insbesondere die Beanstandung von Beiträgen für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze (West) ist an keine Frist gebunden, wenn keine Leistungen aus derartigen Beiträgen erbracht wurden (siehe hierzu Abschnitt 6.4). Die betreffenden Beitragsanteile sind jedoch spätestens bei Gewährung der Altersrente beziehungsweise im Fall des vorzeitigen Todes bei Gewährung der Hinterbliebenenrentenrente zu beanstanden (beachte jedoch vorstehende Ausnahmen).

Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV

Nach dem mit Wirkung ab 01.01.2008 an § 26 Abs. 1 SGB IV angefügten Satz 3 gelten zu Unrecht gezahlte Beiträge nach Ablauf der in § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV bestimmten Frist als zu Recht entrichtete Beiträge. Betroffen hiervon sind ausschließlich Pflichtbeiträge von abhängig Beschäftigten (und Beziehern von Vorruhestandsgeld), die wegen Fehlens der Versicherungspflicht oder Bestehens von Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der Versicherungspflicht (mit Ausnahme der Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 und 2 SGB VI und der Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VI) in voller Höhe zu Unrecht gezahlt wurden (zur Versicherungsfreiheit siehe RBRTB 2/2008, TOP 5, und RBRTS 1/2009, TOP 19.2). Die Fiktion gilt auch für Pauschalbeiträge nach § 172 Abs. 3, 3a SGB VI (sowie für zusätzliche Beiträge nach § 188 SGB VI für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung), wenn irrtümlich von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen wurde.

Einen Verzicht auf die Fiktion sieht das Gesetz nicht vor.

Die Fiktion gilt nicht für zu Unrecht gezahlte

  • Pflichtbeiträge anderer Personenkreise,
  • Nachversicherungsbeiträge,
  • freiwillige Beiträge,
  • Pflichtbeiträge auf Entgeltbestandteile (hierzu gehören auch Beiträge für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt).

§ 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV regelt die Verjährung des Erstattungsanspruchs nach § 26 Abs. 2 SGB IV. Der Erstattungsanspruch entsteht - soweit keine Leistungen aus den Beiträgen erbracht wurden - mit der Entrichtung der unwirksamen Beiträge. Die Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV tritt deshalb ein nach vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die unwirksamen Beiträge entrichtet worden sind. Wurde das Vorliegen von Versicherungspflicht mit Bescheid festgestellt, entsteht der Anspruch auf Erstattung für die Beiträge, die zum Zeitpunkt des Bescheides noch nicht entrichtet waren, erst mit der Aufhebung beziehungsweise Rücknahme des Bescheides (BSG vom 31.03.2015, AZ: B 12 AL 4/13 R, Breith. 2015, 1082).

Siehe Beispiel 7

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Beiträge zum Zeitpunkt ihrer Fälligkeit gezahlt wurden (Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt zu bemessen sind, waren nach § 23 Abs. 1 SGB IV bis zum 31.12.2005 am 15. des Folgemonats, seit Januar 2006 im Monat des erzielten Einkommens fällig). § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV bezieht sich allein auf die in § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV bestimmte Frist. Es kommt für die Fiktion also lediglich auf den Ablauf der vier Kalenderjahre zum Zeitpunkt des Erstattungsantrags (§ 27 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 S. 2 SGB IV) an. Die Frist wird nicht durch eine Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV gehemmt (RBRTN 2/2009, TOP 8).

Die Fiktion gilt auch für vor dem 01.01.2008 zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge (BSG vom 05.03.2014, AZ: B 12 R 1/12 R, SGb 2015, 101). Mit Inkrafttreten der Regelung wurden die für Zeiten bis zum November 2003 (im Jahr 2003 fällig gewordenen) für eine Beschäftigung zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge zu rechtswirksamen Pflichtbeiträgen fingiert. Ab 2011 wirkt sich die Änderung des § 23 Abs. 1 SGB IV auf den Umfang des Zeitraums des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV aus; im Ergebnis unterliegt jetzt auch der in dem Monat Dezember vor vier Kalenderjahren gezahlte Pflichtbeitrag der Fiktion.

Siehe Beispiel 4

Die Fiktion gilt nicht, wenn

  • Beiträge bereits mit Bescheid bis zum 31.12.2007 beanstandet wurden oder
  • vor dem 01.01.2008 bereits die Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge vom Versicherten beantragt wurde.

Ein Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht nach § 28h Abs. 2 SGB IV (BSG vom 05.03.2014, AZ: B 12 R 1/12 R, SGb 2015, 101) oder eine Anfrage an die Clearingstelle nach § 7a SGB IV (rechtskräftiges Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 21.01.2011, AZ: L 4 KR 4672/10, Rz 27) stellen insoweit noch keinen Erstattungsantrag dar.

Bei einem nach dem 31.12.2007 vom Versicherten gestellten Erstattungsantrag unterliegen die zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge der Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV, deren Entrichtung beziehungsweise die Entstehung des Erstattungsanspruchs auf diese Beiträge zu diesem Zeitpunkt länger als vier Kalenderjahre zurückliegt.

Die Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV gilt nicht für Beiträge, die trotz Vorliegens von Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 oder 2 SGB VI oder Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB VI gezahlt wurden. Die Verpflichtung zur Zahlung des Arbeitgeberanteils nach § 172 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bleibt bestehen.

Erstattung

§ 26 Abs. 2 SGB IV vollzieht für die Sozialversicherung den allgemeinen Rechtsgrundsatz der Restitution (Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands) nach, wonach derjenige, der etwas zu Unrecht erhalten hat, dieses an den Betreffenden zurückzugeben hat. Bei der Erstattung nach § 26 Abs. 2 und 3 SGB IV handelt es sich mithin um den Ausgleich einer ungerechtfertigten Bereicherung des Versicherungsträgers.

Ausschluss der Erstattung

Nach § 26 Abs. 2 SGB IV sind zu Unrecht gezahlte Beiträge zu erstatten, wenn der Versicherungsträger bis zum Erstattungsantrag aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht gezahlt worden sind, noch keine Leistungen erbracht oder noch zu erbringen hat. Als Erstattungsantrag in diesem Sinne ist auch ein Widerspruch gegen einen Beitragsforderungsbescheid oder eine unter Vorbehalt erfolgte, unfreiwillige Erfüllung einer Beitragsforderung anzusehen (BSG vom 16.04.1985, AZ: 12 RK 19/83, SozR 2100 § 27 Nr. 3).

Die zweite Verfallsklausel „… für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind …“ gilt nicht für Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung (BSG vom 25.04.1991, AZ: 12/1 RA 65/89, BSGE 68, 260).

Die Erstattung ist ausgeschlossen für Beiträge, die bis zum Vormonat des Beginns der Leistung gezahlt sind, wobei es auf den Zeitpunkt der Bewilligung der Leistung nicht ankommt.

Siehe Beispiele 5 und 8

Beiträge von Selbstzahlern (freiwillig Versicherte, versicherungspflichtige Selbständige), die vor Beginn der Leistung bereits gezahlt wurden und zum Beginn der Leistung nur deshalb nicht im Versicherungsverlauf enthalten waren, weil sie aus dem Verfahren Bargeldloser Beitragseinzug noch nicht in das Versicherungskonto übertragen wurden, waren bei Beginn der Leistung bereits existent, haben somit die Leistung mitgetragen und sind deshalb von der Erstattung ebenfalls ausgeschlossen.

Selbst wenn die Leistung ohne die zu Unrecht gezahlten Beiträge unverändert erbracht worden wäre, ist die Erstattung grundsätzlich ausgeschlossen (BSG vom 05.02.1976, AZ: 11 RA 20/75, SozR 2200 § 1424 Nr. 2, BSG vom 15.12.1977, AZ: 11 RA 74/77, SozR 2200 § 1424 Nr. 7, BSG vom 19.03.1980, AZ: 11 RA 48/79, SozR 2200 § 1303 Nr. 16, BSG vom 29.01.1998, AZ: B 12 Kr 11/97 R, SozR 3-2400 § 26 Nr. 10).

Für säumige Pflichtbeiträge eines versicherungspflichtigen Selbstständigen, die erst nach der Leistung gezahlt werden, gilt der Ausschlussgrund des § 26 Abs. 2 SGB IV nicht. Diese Beiträge sind trotz ihrer Fälligkeit vor Beginn der Leistung erst mit dem Zeitpunkt der Zahlung existent.

Teile von Beiträgen (Beiträge in nicht voller Höhe), die zu Unrecht gezahlt worden sind, sind zu erstatten, wenn sie die Leistungen nicht beeinflusst haben, das heißt, wenn die Leistungen auch ohne die Beitragsüberzahlung unverändert erbracht worden wären (zum Beispiel Ablesefehler in der Beitragstabelle oder Rechenfehler bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts). Auch für Beiträge aus Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze gilt der Erstattungsausschluss des § 26 Abs. 2 SGB IV nicht - es sei denn, es sind nach dem 30.06.1990 Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze (Ost) aufgrund fehlerhafter Rechtkreiszuordnung (West) zu Unrecht verbeitragt worden und die Beiträge wirkten sich auf die Höhe der Leistung aus.

Leistungen, die die Erstattung ausschließen können, sind die Leistungen zur Teilhabe nach §§ 9 bis 32 SGB VI, Rentenleistungen sowie Beitragserstattungen nach § 210 SGB VI, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der erbrachten Leistungen. Ein aufgrund von zu Unrecht gezahlten Beiträgen durchgeführter Versorgungsausgleich steht einer Erstattung nicht entgegen, weil es sich hier nicht um eine Leistung im Sinne des § 26 Abs. 2 SGB IV handelt.

Der Ausschluss der Erstattung nach § 26 Abs. 2 SGB IV steht der Umwandlung beanstandeter Pflichtbeiträge in freiwillige Beiträge nach § 202 S. 1 SGB VI nicht entgegen.

Leistungen zur Teilhabe beziehungsweise Rehabilitation

Keine die Erstattung ausschließenden Leistungen sind im Auftrag der Krankenkassen durchgeführte Maßnahmen zur Rehabilitation (zum Beispiel Tbc-Maßnahmen ab 1984, AHB-Maßnahmen zu Lasten der Krankenkasse). Das Gleiche gilt bei von einem (zweitangegangenen unzuständigen) Rentenversicherungsträger durchgeführten Leistungen zur Teilhabe, deren Aufwendungen von dem für die Leistungen zuständigen Rehabilitationsträger nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX erstattet wurden. Dagegen steht die Erstattung der Aufwendungen der Leistungen eines unzuständigen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs. 4 S. 1 SGB IX durch einen Rentenversicherungsträger einer Leistung im Sinne des § 26 Abs. 2 SGB IV gleich (AGFAVR 2/2004, TOP 12).

Darüber hinaus schließt die Gewährung einer Maßnahme zur Rehabilitation die Erstattung von Höherversicherungsbeiträgen (BSG vom 25.04.1991, AZ: 12/1 RA 65/89, BSGE 68, 260) und von Beiträgen nach dem 30.06.1990 aus Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze (Ost) bei fehlerhafter Rechtskreiszuordnung (West) grundsätzlich nicht aus, es sei denn, es wurde Übergangsgeld in Höhe der Rente (mit Höherversicherungsanteil) gewährt.

Im Übrigen steht die Gewährung einer Maßnahme zur Rehabilitation der Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge aus einer Abfindung ebenfalls nicht entgegen (FAVR 2/91, TOP 6). Das Gleiche gilt für zu Unrecht gezahlte zusätzliche Beiträge nach § 188 SGB VI für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung.

Schließlich können grundsätzlich sowohl Pflicht- als auch freiwillige Beiträge erstattet werden, die deshalb zu Unrecht gezahlt wurden, weil zeitgleiche Pflichtbeiträge vorlagen. Dies betrifft Beiträge, die im Falle des zeitlichen Zusammentreffens mit rechtmäßigen Pflichtbeiträgen nach anderen Vorschriften (zum Beispiel Zusammentreffen von Pflichtbeiträgen aufgrund einer selbständigen Tätigkeit mit Pflichtbeiträgen aufgrund des Bezuges von Krankengeld nach § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI) zu Unrecht gezahlt wurden. Die rechtmäßigen Pflichtbeiträge und nicht die zu Unrecht gezahlten freiwilligen Beiträge oder die zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge haben dann die Rehabilitationsleistungen getragen. Das Erstattungsverbot des § 26 Abs. 2 SGB IV ist in diesen Fällen nur dann anzuwenden, wenn sich die zu Unrecht gezahlten Pflicht- oder freiwilligen Beiträge auf die Höhe des gewährten Übergangsgeldes ausgewirkt haben. Sie haben die Höhe des Übergangsgeldes beeinflusst, wenn der Zahlung der rechtmäßigen Pflichtbeiträge eine niedrigere Beitragsbemessungsgrundlage zugrunde lag als den zu Unrecht gezahlten Beiträgen und dadurch das gewährte Übergangsgeld überzahlt wäre.

Rentenleistungen

Zu Unrecht gezahlte Beiträge, die bereits einer Rentenleistung zugrunde liegen, sind dann erstattungsfähig, wenn eine Rücknahme des Rentenbescheides nach § 45 SGB X ab Rentenbeginn möglich ist und die aufgrund der Herausnahme der beanstandeten Beiträge überzahlten Rentenbeträge vom Leistungsempfänger nach § 50 Abs. 1 SGB X erstattet werden.

Im Übrigen findet der Erstattungsausschluss nach § 26 Abs. 2 SGB IV für zu Unrecht gezahlte Beiträge, aufgrund derer bereits eine Rentenleistung erbracht wurde, in den Fällen keine Anwendung, in denen die Beiträge für einen Zeitraum erbracht worden sind, für den beitragspflichtige Einnahmen nach § 194 SGB VI im Voraus bescheinigt und nach § 70 Abs. 4 SGB VI der Rentenleistung zugrunde gelegt wurden (AGFAVR 2/2007, TOP 12, verbindliche Entscheidung in RVaktuell 9/2007, 332).

Umfang der Erstattung

Maßgebend für die Berechnung der Erstattungsbeträge ist gemäß § 211 S. 2 SGB VI die dem Beitrag zugrunde liegende bescheinigte Beitragsbemessungsgrundlage.

Sind auf zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge für Selbständige oder auf Nachversicherungsbeiträge Säumniszuschläge und/oder Mahngebühren gezahlt worden, sind (auch) diese Beträge zurück zu zahlen, selbst wenn § 26 Abs. 2 SGB IV der Erstattung der Pflichtbeiträge entgegensteht. Die Rückzahlung der ohne Rechtsgrund gezahlten Säumniszuschläge und/oder Mahngebühren erfolgt im Wege des öffentlichrechtlichen Erstattungsanspruchs.

Besonderheit für das Beitrittsgebiet

Eine Beanstandung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge im Beitrittsgebiet ist nur für Zeiten nach dem 30.06.1990 möglich.

Hinsichtlich zu Unrecht gezahlter Beiträge für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze (Ost) vergleiche Abschnitt 6.4.

Erstattung von Beiträgen für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze

Grundsätzlich schließt eine Leistung die Erstattung für zu Unrecht gezahlte Beiträge nach § 26 Abs. 2 SGB IV selbst dann aus, wenn die Leistung ohne die zu Unrecht gezahlten Beiträge unverändert erbracht worden wäre (vergleiche Abschnitt 6.1). Bei Beiträgen für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze kann eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung, die von der Höhe der Beitragsbemessungsgrundlage abhängig ist (Rente, Übergangsgeld), insoweit jedoch keinen Erstattungsausschluss begründen, weil hier nur Arbeitsentgelte bis zur Beitragsbemessungsgrenze in die Leistungsbemessung beziehungsweise in die Ermittlung der Entgeltpunkte einbezogen werden (siehe auch BSG vom 23.10.1975, AZ: 11 RA 180/74, SozR 2200 § 1255 Nr. 3). In entsprechender Anwendung des Urteils des BSG vom 25.04.1991, AZ: 12/1 RA 65/89, BSGE 68, 260, stehen auch Leistungen zur Rehabilitation beziehungsweise Teilhabe einer Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge über der Beitragsbemessungsgrenze nicht entgegen.

Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen nach dem 30.06.1990 wegen fehlerhafter Rechtskreiszuordnung (West) zu Unrecht Beiträge für Einnahmen über der Beitragsbemessungsgrenze (Ost) gezahlt wurden. Hatten hier die Beiträge Einfluss auf die Höhe der Leistung, ist die Erstattung nach § 26 Abs. 2 SGB IV ausgeschlossen. Wurden nur Sachleistungen (Leistungen zur Teilhabe) gewährt, schließt § 26 Abs. 2 SGB IV die Erstattung nicht aus.

Erstattungsempfänger

Der Anspruch auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge steht gemäß § 26 Abs. 3 SGB IV demjenigen zu, der die Beiträge getragen hat. Das sind regelmäßig Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gleichen Teilen. Die hälftige Beitragstragung gilt jedoch zum Beispiel nicht in Fällen einer Beschäftigung nach § 20 Abs. 2 SGB IV (Arbeitsentgelt in der Gleitzone) oder in Fällen der Nachforderung von Pflichtbeiträgen, in denen das Abzugsrecht des Arbeitgebers nach § 28g SGB IV entfallen ist.

Der Regelung des § 26 Abs. 3 SGB IV steht nicht entgegen, dass der Arbeitgeber auch die von dem Arbeitnehmer getragenen Beiträge zurückfordert, sofern sichergestellt ist, dass der Arbeitnehmer sie zurück erhält. Im Übrigen werden dem Arbeitgeber zu Unrecht gezahlte Beiträge, die er getragen hat, nicht erstattet, wenn sie ihm bereits anderweitig ersetzt worden sind.

Unterliegt der Erstattungsberechtigte der Insolvenzverwaltung, steht der Erstattungsanspruch dem Insolvenzverwalter zu, sofern nicht bevorrechtigte Forderungen gegen den Erstattungsanspruch bestehen. So darf der Rentenversicherungsträger gemäß § 94 InsO zum Beispiel eigene Ansprüche gegen den Erstattungsberechtigten gegen dessen Erstattungsanspruch aufrechnen, wenn die Aufrechnungslage zurzeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestanden hat (also sowohl der Erstattungsanspruch als auch die Gegenforderung des Rentenversicherungsträgers vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind). Das Gleiche gilt für Verrechnungsersuchen anderer Sozialleistungsträger nach § 28 Nr. 1 SGB IV. Dagegen ist eine Pfändung des Erstattungsanspruchs nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Erstattungsberechtigten gemäß § 89 Abs. 1 InsO unzulässig.

Befindet sich der Arbeitgeber/die Gesellschaft – ohne dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde – laut Handelsregisterauszug in Auflösung (Liquidation), steht der Arbeitgeberanteil dem im Handelsregister eingetragenen Liquidator zu.

Ist der Arbeitgeber inzwischen im Handelsregister gelöscht worden, kann der Erstattungsanspruch (Arbeitgeberanteil) nur dem Insolvenzverwalter bzw. im Rahmen einer Nachtragsliquidation nur dem gerichtlich bestimmten Nachlassliquidator ausgezahlt werden.

Soweit es um die Erstattung von Beiträgen für Pflegepersonen (vergleiche Abschnitt 3.1.3) und/oder für Bezieher von Entgeltersatzleistungen (vergleiche Abschnitt 3.1.4) geht, sind die besonderen Regelungen zur Beitragstragung nach § 170 Abs. 1 Nr. 2 und 6 SGB VI zu berücksichtigen.

Der Erstattungsanspruch ist vererblich. Er steht den Erben auch dann zu, wenn der Versicherte ihn zu Lebzeiten noch nicht geltend gemacht hat (BSG vom 25.11.1965, AZ: 12 RJ 352/62, BSGE 24, 126).

Erstattungsverfahren

Steht der Beanstandung von zu Unrecht gezahlten Beiträgen nichts entgegen (vergleiche Abschnitte 4.1.1 bis 4.1.2), muss im Fall der Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers (vergleiche Abschnitt 4.2) dieser über die Beitragserstattung (Abschnitte 6 bis 6.5) entscheiden. Ist der Rentenversicherungsträger nicht für die Erstattung zuständig, wird die Erstattung durch die in diesem Fall zuständige Stelle ohne vorherige Beanstandung vorgenommen.

Grundsätzlich ist immer der kontoführende Rentenversicherungsträger für die Erstattung zuständig. Nach § 211 S. 1 SGB VI erfolgt die Erstattung jedoch durch

  • die zuständige Einzugsstelle, wenn der gesamte Erstattungsanspruch noch nicht nach § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV verjährt ist und die Beiträge vom Rentenversicherungsträger noch nicht beanstandet worden sind,
  • den Leistungsträger, wenn die Beitragszahlung auf Versicherungspflicht wegen des Bezugs einer Sozialleistung beruht

und die Träger der Rentenversicherung dies mit den Einzugsstellen oder den Leistungsträgern vereinbart haben; vergleiche hierzu GRA zu § 211 SGB VI.

Meldung für Beiträge über der Beitragsbemessungsgrenze bei Mehrfachbeschäftigungen (Absatz 4)

Bei Mehrfachbeschäftigungen hat die Einzugsstelle ab dem 01.01.2015 dem Arbeitgeber nicht mehr monatlich in den Fällen des § 22 Abs. 2 S. 1 SGB IV (anteilige Beitragspflicht bei Überschreiten der Beitragsbemessungsgrenze) das der Beitragsberechnung zugrunde zu legende Gesamtentgelt zu übermitteln. § 26 Abs. 4 SGB IV steht im Zusammenhang mit der Änderung des § 28a Abs. 4a S. 1 SGB IV. Die bis zum 31.12.2014 vorgesehene monatliche Meldung für Beschäftigte bei mehreren Arbeitgebern entfällt. Ab 2015 haben die Arbeitgeber in diesen Fällen - neben der Jahresmeldung nach § 28a Abs. 2 SGB IV - nur noch auf Anforderung der Einzugsstellen weitere Angaben zu machen. Die Einzugsstelle hat das Verfahren zur Beitragsaufteilung innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen aller insoweit erforderlichen Meldungen abzuschließen. Die abschließende Krankenkassenmeldung versetzt den jeweiligen Arbeitgeber in die Lage, den auf ihn entfallenden beitragspflichtigen Anteil des Arbeitsentgelts festzustellen, hiervon Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen zu berechnen und gegebenenfalls bereits gezahlte Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nachträglich zu korrigieren.

Beispiel 1: Bescheid über die Zulassung laufender freiwilliger Beiträge ist rechtswidrig belastend

(Beispiel zu Abschnitt 3.1.7)

Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung am 31.03.2008.

Die Versicherte zahlt zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes gegen Erwerbsminderung (§ 241 Abs. 2 SGB VI) freiwillige Mindestbeiträge für die Zeit ab April 2008.

Der Zulassungsbescheid datiert vom 12.06.2008.

Im Jahr 2010 erkennt die Pflegekasse, dass bereits seit dem 01.01.2008 Versicherungspflicht nach § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI besteht und zahlt die entsprechenden Pflichtbeiträge (nach).

Lösung:

Für die Zeit nach dem 31.03.2008 bestand nach § 7 Abs. 1 SGB VI kein Recht zur freiwilligen Versicherung. Der freiwilligen Beiträge hätte es für die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes gegen Erwerbsminderung auch nicht bedurft. Der Zulassungsbescheid stellt sich als rechtswidrig nicht begünstigend im Sinne des § 44 SGB X dar.

Beispiel 2: Bescheid über die Zulassung laufender freiwilliger Beiträge ist rechtswidrig begünstigend

(Beispiel zu Abschnitt 3.1.7)

Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung am 31.03.2002.

Die Versicherte zahlte zur Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes gegen Erwerbsminderung (§ 241 Abs. 2 SGB VI) freiwillige Mindestbeiträge für die Zeit vom 01.04.2002 bis 30.11.2005.

Der Zulassungsbescheid datiert vom 12.06.2002.

Vom 01.12.2005 bis 31.10.2007 wurden Pflichtbeiträge für eine selbständige Tätigkeit gezahlt.

Die Versicherte stellt am 25.02.2008 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Erst im Jahr 2010 stellt sich im Klageverfahren heraus, dass Erwerbsminderung seit dem 25.02.2008 vorliegt. Außerdem wurde festgestellt, dass in der Zeit vom 01.04.2002 bis 30.11.2005 eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wurde. Der Arbeitgeber beruft sich jedoch erfolgreich auf die Einrede der Verjährung des Beitragsanspruchs.

Lösung:

Für die Zeit vom 01.04.2002 bis 30.11.2005 bestand nach § 7 Abs. 1 SGB VI kein Recht zur freiwilligen Versicherung (siehe GRA zu § 7 SGB VI, Abschnitt 2.2). Ohne die freiwilligen Beiträge sind die Voraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsminderung jedoch nicht erfüllt. Der Zulassungsbescheid stellt sich als rechtswidrig begünstigend im Sinne des § 45 SGB X dar.

Beispiel 3: Bescheid über die Zulassung laufender freiwilliger Beiträge wird infolge Änderung in den Verhältnissen rechtswidrig

(Beispiel zu Abschnitt 3.1.7)

Der Versicherte ist nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit, erfüllte vor dem 11.08.2010 die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 SGB VI und zahlt seit dem 01.01.2004 laufend freiwillige Mindestbeiträge.

Der Zulassungsbescheid wurde am 03.03.2004 erteilt. Seit der Geburt der Tochter am 26.05.2005 erzieht sie ein Kind.

Erst nach Inkrafttreten der Neufassung des § 56 Abs. 4 SGB VI am 22.07.2009 macht die Versicherte ihre Kindererziehungszeiten geltend.

Lösung:

Kindererziehungszeiten sind für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.05.2008 anzurechnen. Für diese Zeit war der Bescheid vom 03.03.2004 rechtswidrig infolge Änderung in den Verhältnissen. Der Bescheid ist für die Zeit vom 01.06.2005 bis 31.05.2008 nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB X aufzuheben. Die Beiträge sind dann für diese Zeit zu Unrecht gezahlt.

Beispiel 4: Anwendung der Fiktion ab 01.01.2011 unter Berücksichtigung der Fälligkeit der Beiträge für Zeiten ab 01.01.2006

(Beispiel zu Abschnitt 6)

Ein Antrag auf Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge wurde nach § 26 Abs. 2 SGB IV am 05.02.2011 gestellt.

Es sind Beiträge aus einer Beschäftigung für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.12.2006 zu Unrecht gezahlt.

Lösung:

Der Antrag auf Erstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge nach § 26 Abs. 2 SGB IV ist abzulehnen, weil die Beiträge vom 01.01.2002 bis 31.12.2006 der Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV unterliegen.

Auch für den (letzten) Beitrag für 12/2006 ist die im § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV bestimmte Frist am 31.12.2010 abgelaufen. Alle zu Unrecht gezahlten Beiträge gelten deshalb als rechtswirksame Pflichtbeiträge. Der Beitrag für Dezember 2006 ist nach § 23 Abs. 1 SGB IV in der Fassung ab 01.01.2006 am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung ausgeübt wurde (in diesem Beispiel am 27.12.2006). Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Beitrag zum Zeitpunkt seiner Fälligkeit, also am 27.12.2006, gezahlt wurde, unterliegt er der Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV.

Beispiel 5: Bis zum Erstattungsantrag sind keine Leistungen gewährt worden

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)

Es sind für die Zeit vom 15.02. bis 31.03.2007 Beiträge zu Unrecht gezahlt.

Ein Antrag auf Leistung zur Rehabilitation wurde am 29.03.2007 gestellt.

Der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund über die Bewilligung der Leistung zur Rehabilitation wurde erteilt am 07.05.2007.

Der formlose Erstattungsantrag der zu Unrecht gezahlten Beiträge ging ein am 09.05.2007.

Die Leistung zur Rehabilitation begann am 30.05.2007.

Der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund über die Beanstandung der zu Unrecht gezahlten Beiträge wurde am 12.06.2007 erteilt.

Der formelle Erstattungsantrag wurde am 05.07.2007.gestellt.

Lösung:

Die zu Unrecht gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 15.02.2007 bis 31.03.2007 können aufgrund des formlosen Erstattungsantrages vom 09.05.2007 erstattet werden, sobald der Beanstandungsbescheid bestandskräftig geworden ist.

Diese Beiträge werden vom Erstattungsausschluss nach § 26 Abs. 2 SGB IV nicht erfasst, weil der Erstattungsantrag vor Beginn der Leistung zur Rehabilitation gestellt wurde. Auf den Zeitpunkt der formellen Antragstellung und des Bewilligungsbescheides für die Leistung zur Rehabilitation kommt es hier für den Erstattungsanspruch nicht an.

Beispiel 6: Ausnahme: Belassen zu Unrecht gezahlter Beitragsanteile im Versicherungskonto

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)

Der Versicherte ist am 05.08.2008 gestorben.

Das Sterbegeld in Höhe von 393,60 EUR wurde zu Unrecht verbeitragt. Aufgrund des Bescheides vom 21.10.2008 wird Witwenrente für die Zeit ab 05.08.2008 gezahlt.

Die Feststellung der Unrechtmäßigkeit der Beitragszahlung erfolgte im Rahmen der Betriebsprüfung mit Bescheid vom 24.01.2011.

Die Voraussetzungen des § 45 SGB X sind nicht erfüllt. Die Rente wird nicht ausgespart (siehe GRA zu § 48 SGB X, Abschnitt 9).

Lösung:

Da die Beanstandung der Beitragsanteile keine Rechtsfolgen hätte, sind die zu Unrecht gezahlten Beitragsanteile nicht zu beanstanden, sondern im Versicherungskonto zu belassen.

Beispiel 7: Anwendung der Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV bei Rücknahme eines rechtswidrigen Bescheides über das Vorliegen von Versicherungspflicht

(Beispiel zu Abschnitt 6)

Eine vermeintliche Beschäftigung wird ausgeübt seit dem 15.09.1997.

Es werden seitdem laufend Pflichtbeiträge gezahlt.

Mit Bescheid der Einzugsstelle vom 21.09.2008 wurde das Vorliegen von Versicherungspflicht bestätigt.
Die Entscheidung über das Vorliegen von Versicherungspflicht wird mit Bescheid vom 25.02.2015 zurückgenommen.
Lösung:

Der Erstattungsanspruch für die vor dem 21.09.2008 gezahlten Beiträge entstand mit der Beitragsentrichtung. Die Frist des § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV lief für diese Beiträge am 31.12.2012 ab. Die Beiträge für die Zeit vom 15.09.1997 bis 31.08.2008 unterliegen deshalb der Fiktion des § 26 Abs. 1 S. 3 SGB IV.

Diese Beiträge dürfen nicht beanstandet und erstattet werden. Sie gelten als zu Recht entrichtete Beiträge.

Für die zu Unrecht gezahlten Beiträge ab 01.09.2008 beginnt die Frist des § 27 Abs. 2 S. 1 SGB IV im Jahr der Rücknahme der Entscheidung über die Versicherungspflicht, und zwar im Jahr 2015. Sie endet im Jahr 2019.

Da der Antrag auf Erstattung der Beiträge innerhalb dieser Frist, am 10.03.2015, gestellt wurde, sind die zu Unrecht gezahlten Beiträge für den Zeitraum ab 01.09.2008 zu beanstanden und zu erstatten.

Beispiel 8: Erstattungsausschluss wegen Rentenleistung

(Beispiel zu Abschnitt 6.1)
Zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge für eine Pflegepersonvom 01.01.2015 – 31.12.2015
Eintritt der verminderten Erwerbsfähigkeit10.09.2015
Rentenantrag24.01.2016
Beginn der unbefristeten Rente wegen Erwerbsminderung01.01.2016
Die Rechtsunwirksamkeit der Beitragszahlung wird erst nach Rentenbescheiderteilung erkannt.
Lösung:
Da die zu Unrecht für die Zeit bis zum 30.09.2015 gezahlten Beiträge in der Rentenberechnung berücksichtigt wurden, ist der Erstattungsausschluss des § 26 Abs. 2 SGB IV auf die vor dem 01.10.2015 liegenden Beiträge begrenzt. Die nach dem 30.09.2015 liegenden Beiträge sind erstattungsfähig.
Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz - GKV-FQWG) vom 21.07.2014 (BGBl. I S. 1133)

Inkrafttreten: 01.01.2015

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/1307

Absatz 4 wurde angefügt. Die Vorschrift betrifft Pflichten der Einzugsstellen bei zu Unrecht gezahlten Beitragsanteilen über der Beitragsbemessungsgrenze, die bei Mehrfachbeschäftigten anfallen.

Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024)

Inkrafttreten: 01.01.2008

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 16/6540

Dem Absatz 1 wurde Satz 3 angefügt. Hierdurch werden in voller Höhe für eine abhängige Beschäftigung zu Unrecht gezahlte Pflichtbeiträge nach Ablauf von vier Kalenderjahren nach der Beitragszahlung zu rechtmäßig gezahlten Pflichtbeiträgen fingiert.

Einigungsvertrag vom 18.09.1990 (BGBl. II S. 889)
Inkrafttreten: 01.01.1991

Durch Art. 8 in Verbindung mit Anlage I Kap. VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 1 Buchst. o des Einigungsvertrages ist § 26 SGB IV in den neuen Bundesländern in Kraft gesetzt worden.

Melderecht- und Beitragseinzug-Einordnungsgesetz vom 20.12.1988 (BGBl. I S. 2330)

Inkrafttreten: 01.01.1989

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/2221

Der Beanstandungsschutz von Beiträgen ergab sich vor dem 01.01.1989 in erster Linie aus § 145 Abs. 2 AVG/§ 1423 Abs. 2 RVO. Danach konnte nach Ablauf von zehn Jahren nach Aufrechnung der Versicherungskarte die Richtigkeit der Eintragung der Beschäftigungszeiten, der Arbeitsentgelte und der Beiträge und die Rechtsgültigkeit der Verwendung der in der Aufrechnung der Versicherungskarte bescheinigten Beitragsmarken vom Rentenversicherungsträger nicht mehr angefochten werden. Seit Inkrafttreten der DEVO am 01.01.1973 wurden für die Bescheinigung der Pflichtbeiträge abhängig Beschäftigter keine Versicherungskarten mehr verwendet. Nach § 17 Abs. 3 der 2. DEVO konnten die in einem ab dem 01.01.1981 ausgestellten Versicherungsverlauf enthaltenen rentenrechtlichen Zeiten nach Ablauf von zehn Jahren nicht mehr beanstandet werden. In der Zeit bis zum 31.12.1980 wurde dem Versicherten zur Information über die gespeicherten rentenrechtlichen Zeiten zwar ein Versicherungsverlauf übersandt, jedoch stellte dieser weder einen Verwaltungsakt dar, noch wurden die darin enthaltenen Daten nach Ablauf von zehn Jahren nach Versendung des Versicherungsverlaufs verbindlich.

Ab dem 01.01.1987 hatte der Versicherungsträger gemäß § 104 Abs. 3 AVG/§ 1325 Abs. 3 RVO die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurück lagen, dem Versicherten mitzuteilen und durch Bescheid festzustellen, wenn das Versicherungskonto geklärt oder der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs dessen Inhalt nicht widersprochen hatte. Da die Versicherten ihren ersten Versicherungsverlauf jedoch regelmäßig erst nach vollendetem 55. Lebensjahr erhielten, wurde der an § 104 Abs. 3 AVG/§ 1325 Abs. 3 RVO geknüpfte Vertrauensschutz als unzureichend empfunden. Mit Einfügung des Absatzes 1 (Sätze 1 und 2) in § 26 SGB IV ist der Vertrauensschutz des Versicherten hinsichtlich der Pflichtbeiträge von abhängig Beschäftigten verbessert worden. Seitdem gilt § 45 Abs. 2 SGB X entsprechend, wenn Pflichtbeiträge für Zeiten nach dem 31.12.1972 trotz Fehlens der Versicherungspflicht nicht spätestens bei der nächsten Prüfung beim Arbeitgeber beanstandet worden sind. Vor 1989 unterlagen Pflichtbeiträge auch bei mehrfachen Betriebsprüfungen nicht dem Beanstandungsschutz (BSG vom 28.04.1987, AZ: 12 RK 47/85, Die Beiträge 1987, 237).

Die bisherigen Absätze 1 und 2 wurden zu Absätzen 2 und 3.

SGB IV vom 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845)

Inkrafttreten: 01.07.1977

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 7/4122 und 7/5457

Die Vorschrift bestand zunächst nur aus zwei Absätzen - den heutigen Absätzen 2 und 3 - und regelte lediglich die Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge. Es wurde im Wesentlichen das bisherige Recht (§ 146 Abs. 3 und 4 AVG/§ 1424 Abs. 3 und 4 RVO) übernommen.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 26 SGB IV