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§ 18 WGSVG: Zahlung von Renten in das Ausland - Zahlungen an Verfolgte

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Aktualisiert.

Dokumentdaten
Stand15.09.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung des RÜG vom 25.07.1991 in Kraft getreten am 01.01.1992
Rechtsgrundlage

§ 18 WGSVG

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift stellt den Aufenthalt von nationalsozialistisch Verfolgten im Ausland einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland für die Rentenzahlung gleich. Die einschränkenden Auslandszahlungs-Regelungen (§§ 113, 114, 272 SGB VI) werden dadurch nicht angewandt. Entgeltpunkte für FRG-Beiträge werden nur berücksichtigt, soweit es sich um übergegangene Beiträge (§ 17 Abs. 1 Buchst. b FRG alter Fassung) handelt.

Absatz 1 sieht die Gleichstellung des Aufenthalts für NS-Verfolgte vor, die vor dem 09.05.1945 aus dem Deutschen Reich - in seinen jeweiligen Grenzen - sowie aus Danzig ausgewandert sind.

Absatz 2 sieht die Gleichstellung des Aufenthalts für NS-Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes - BEG vor, die vor dem 01.01.1950 aus dem Deutschen Reich - nach dem Stand von 1937 - sowie aus Danzig ausgewandert sind. Absatz 2 erweitert insoweit den Personenkreis des Absatz 1.

Absatz 3 erweitert die Gleichstellung auch auf den Aufenthalt von Hinterbliebenen NS-Verfolgter.

Schließlich gelten nach Absatz 4 die Renten nicht als Leistungen der sozialen Sicherheit.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 18 WGSVG ist eine Sonderregelung zu den §§ 114, 272 SGB VI für NS-Verfolgte aus dem Deutschen Reich, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit; wobei die Auslandsrenten-Regelungen seit 01.10.2013 ohnehin nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit unterscheiden.

§ 19 WGSVG enthält dagegen Regelungen für ehemals deutsche Staatsan- oder Volkszugehörige beziehungsweise Angehörige des deutschen Sprach- und Kulturkreises nur aus den 1938/39 in das Deutsche Reich eingegliederten Gebieten. Daneben enthält § 318 SGB VI weitere Zahlungsmöglichkeiten für NS-Verfolgte und deren Hinterbliebene, soweit Bundesgebiets-Beitragszeiten vorliegen.

Ermessensleistung

Bei den Leistungen nach § 18 WGSVG handelt es sich historisch bedingt um Ermessensleistungen, wobei ein gebundenes Ermessen besteht. Nach der Rechtsprechung müssen Versicherte beziehungsweise ihre Hinterbliebenen die Leistung erhalten, wenn die dafür notwendigen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.

Der Rentenversicherungsträger hat im Rahmen des Ermessens lediglich die Möglichkeit zu prüfen, ob dem Zugedachten die Leistung auch zugutekommt (BSG vom 29.08.1996, AZ: 4 RA 85/95, SozR 3-5070 § 18 Nr. 2). Vom „zugutekommen“ wird regelmäßig ausgegangen. Bei Erfüllung der Zahlungsvoraussetzungen wird also die Rente in der Regel immer gezahlt.

Konkurrenz zur Ermessensleistung des SGB VI

Renten an NS-Verfolgte können nach dem WGSVG oder nach dem SGB VI gezahlt werden. Bei der Zahlung nach § 18 WGSVG kommt es auf das Vorhandensein von Bundesgebiets-Beitragszeiten nicht an. In einer Rente nach § 318 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI können dagegen nur Entgeltpunkte berücksichtigt werden, die auch ein Deutscher bei gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland erhalten würde (siehe GRA zu § 318 SGB VI, Abschnitt 4). Um danach aus Entgeltpunkten für Reichsgebiets- oder FRG-Beitragszeiten zahlen zu können, müssen dort zwingend Entgeltpunkte für Bundesgebiets-Beitragszeiten vorhanden sein (siehe GRA zu § 272 SGB VI, Abschnitt 4).

Die Renten nach § 318 SGB VI und nach den §§ 18, 19 WGSVG dürfen nicht miteinander vermengt werden. Sind im Einzelfall FRG-Zeiten vorhanden, aus denen Entgeltpunkte nicht nach dem WGSVG gezahlt werden können, wird eine gesonderte Ermittlung der zahlbaren persönlichen Entgeltpunkte nach dem SGB VI vorgenommen. Die höhere Rente wird gezahlt.

Ermessensleistung und über- /zwischenstaatliches Recht

Nach über- und zwischenstaatlichem Recht stehen besondere Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland Deutschen für die Rentenzahlung gleich. Diese Gleichbehandlungsregelungen finden auf die Ermessensleistungen nach §§ 18, 19 WGSVG und § 318 SGB VI keine Anwendung, da sie nicht als Leistungen der sozialen Sicherheit gelten (siehe § 18 Abs. 4 WGSVG, § 19 Abs. 4 WGSVG und § 318 Abs. 4 SGB VI) und damit nicht vom sachlichen Geltungsbereich der jeweiligen Verträge erfasst werden.

Staatsangehörige der EU-/EWR-Staaten, der Schweiz und von Abkommensstaaten sowie deren Hinterbliebene werden für die Ermessenleistung NS-Verfolgten sowie deren Hinterbliebenen nicht gleichgestellt (EuGH-Urteil vom 31.03.1977, Rechtssache 79/76 Fossi).

Begünstigte Personen

NS-Verfolgte und ihre Hinterbliebenen erhalten - unabhängig von Ihrer Staatsangehörigkeit - die Rente ins Ausland grundsätzlich wie Personen im Inland. Dabei muss es sich um Versicherte handeln, die das Gebiet des Deutschen Reiches aus Verfolgungsgründen verlassen haben. Dem Verlassen steht die verhinderte Rückkehr aus der Zeit vor dem 30.01.1933 wegen drohender Verfolgung gleich, wenn ein Rückkehrwille entsprechend glaubhaft ist.

Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Verlassens, ob

  • zwischen dem 30.01.1933 und dem 08.05.1945 oder
  • zwischen dem 09.05.1945 und dem 31.12.1949.

Diese beiden Zeiträume unterscheiden sich hinsichtlich der Gebiete des Deutschen Reiches, die verlassen worden sein müssen.

In der Zeit zwischen dem 30.01.1933 und dem 08.05.1945 muss das Gebiet des Deutschen Reiches - in seinen jeweiligen Grenzen - oder der Freien Stadt Danzig verlassen worden sein. Zum Deutschen Reich gehören hier also auch die eingegliederten Gebiete (siehe Abschnitt 3.1). In der Zeit nach dem 08.05.1945 und vor dem 01.01.1950 muss das Gebiet des Deutschen Reiches - in den Grenzen von 1937 - oder der Freien Stadt Danzig verlassen worden sein. Zudem werden vom zweiten Zeitraum nur anerkannte NS-Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes - BEG erfasst.

Verlassen bis zum 08.05.1945

Bei NS-Verfolgten steht der Aufenthalt im Ausland einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland für die Rentenzahlung gleich, wenn der Versicherte das Gebiet des Deutschen Reiches - in den jeweiligen Grenzen - bis einschließlich zum 08.05.1945 verlassen hat. Zum Gebiet des Deutschen Reiches zählen auch die Gebiete, die staatsrechtlich eingegliedert wurden. Eingegliedert in das Deutsche Reich wurden in den Jahren 1938/39 folgende Gebiete (siehe GRA zu § 294 SGB VI, Abschnitt 3.2.2):

NS-Einflussnahme ab
  • Danzig,
30.01.1933
  • Memelland,
23.03.1939
  • verschiedene Ostgebiete (Westpreußen, Wartheland, Ost-Oberschlesien),
18.09.1939
  • Österreich,
12.03.1938
  • Protektorat Böhmen und Mähren sowie das
16.03.1939
  • Sudetenland
10.10.1938.

Nicht dazu gehören die während militärischer Auseinandersetzungen besetzten Gebiete anderer Staaten.

Der Aufenthalt im Gebiet des Deutschen Reiches muss vor dem 09.05.1945 auf Dauer beendet worden sein (BSG vom 29.05.1968, AZ: 4 RJ 407/67, BSGE 28, 99).

Siehe Beispiel 1

Die Ansicht, wonach das jeweilige Gebiet durch freie Willensentscheidung verlassen werden musste (BSG vom 20.08.1974, AZ: 4 RJ 155/73, SozR 2200 § 1321 Nr. 2), wurde vom 4. Senat des BSG ausdrücklich aufgegeben (BSG vom 29.08.1996, AZ: 4 RA 85/95, SozR 3-5070 § 18 Nr. 2). So kann auch eine Deportation das Tatbestandsmerkmal Verlassen erfüllen, wenn der NS-Verfolgte danach nicht dauerhaft zurückgekehrt ist.

Siehe Beispiel 2

Für die Anwendung des § 18 Abs. 1 WGSVG liegt ein Verlassen des Deutschen Reichs vor, wenn vor der Deportation ein Aufenthalt in den vorgenannten Gebieten bestand. Die Rentenzahlung hängt demnach nicht davon, ob die Verschleppung in ein Konzentrationslager innerhalb oder außerhalb des Gebietes des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 und der anschließenden Auswanderung von dort aus erfolgte. Ein vorübergehender Aufenthalt im verlassenen Gebiet nach dem 08.05.1945, beispielsweise um das Schicksal Familienangehöriger zu klären oder die Formalitäten für die Auswanderung zu erledigen, ist unschädlich.

Siehe Beispiel 3

Grund für das Verlassen muss eine vom Versicherten nicht zu vertretende besonderen Zwangslage gewesen sein, die durch die politischen Verhältnisse bedingten war. Diese lag insbesondere dann vor, wenn Gefahr für Leib und Leben oder für die persönliche Freiheit bestand. Bei dem Personenkreis, dem nach der NS-Ideologie Leben oder andere Menschenrechte genommen werden sollten, lag die besonderen Zwangslage regelmäßig vor (BSG vom 29.08.1996, AZ: 4 RA 85/95, SozR 3-5070 § 18 Nr. 2). Bei NS-Verfolgten im Sinne des Bundesentschädigungsgesetz - BEG (§ 1 Abs. 1 WGSVG) wird diese Zwangslage unterstellt (BSG vom 05.07.1978, AZ: 1 RA 75/77, SozR 2200 § 1251 Nr. 49). Verfolgter ist danach unter anderem, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch NS-Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist (§ 1 BEG).

Die besondere Zwangslage wird in eigener Zuständigkeit festgestellt (BSG vom 15.03.1968, AZ: 4 RJ 551/64, SozR Nr. 34 § 1251 RVO), dabei wird auf die Ermittlungen der Entschädigungsbehörden oder -gerichte zurückgegriffen (siehe GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 6.1). Die Vorlage eines Bescheides über Entschädigungsleistungen nach dem BEG reicht aus, um die besondere Zwangslage zu bejahen. Für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen genügt es, wenn sie glaubhaft gemacht sind (§ 3 Abs. 1 S. 1 WGSVG), wenn also ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 23 Abs. 1 S. 2 SGB X). Dies kann im begründeten Einzelfall, bei unklarer Sachlage auch eine gutachtliche Stellungnahme (§ 2 WGSVG) der zuständigen Entschädigungsbehörde einschließen.

Verlassen ab 09.05.1945 bis zum 31.12.1949

Bei NS-Verfolgten steht der Aufenthalt im Ausland einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland für die Rentenzahlung gleich, wenn der Versicherte das Gebiet des Deutschen Reiches - in den Grenzen von 1937 - in der Zeit nach dem 08.05.1945 bis einschließlich zum 31.12.1949 verlassen hat. Die eingegliederten Gebiete (siehe Abschnitt 3.1) zählen, bis auf das Gebiet der Freien Stadt Danzig, nicht dazu. Dies berücksichtigt, dass viele Länder erst geraume Zeit nach Kriegsende Ein- und Ausreisen in größerem Umfang zugelassen haben (BSG vom 15.03.1974, AZ: 11 RA 9/73, SozR 5070 § 19 Nr. 1).

Um das Gebiet verlassen zu haben, bedarf es entsprechend dem Wortlaut des Gesetzes zuvor keines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes (BSG vom 29.08.1996, AZ: 4 RA 85/95, SozR 3-5070 § 18 Nr. 2). NS-Verfolgte, die den Holocaust überlebten, befanden sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges oft in Lagern für aus der Heimat verschleppten Personen (Displaced Persons) - kurz DP -Lager, bevor sie Deutschland verlassen konnten. Die Auswanderung bis zum 31.12.1949 aus einem DP-Lager, das sich auf dem Gebiet des ehemaligen Deutsche Reiches in den Grenzen von 1937 befand, erfüllt die Voraussetzungen des Verlassens.

Siehe Beispiel 4

Auf die Gründe des Verlassens des Gebiets des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 beziehungsweise der Freien Stadt Danzig nach dem 08.05.1945 kommt es nicht an. Die Ursächlichkeit zwischen Verfolgung und Auswanderung wird hier vom Gesetzgeber unterstellt. Begünstigt sind aber nur NS-Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes - BEG (§ 1 Abs. 1 WGSVG).

Rente für Hinterbliebene von NS-Verfolgten

Hinterbliebene erhalten - unabhängig von Ihrer Staatsangehörigkeit - die Rente wie NS-Verfolgte. Dies gilt auch dann, wenn sie selbst nicht NS-Verfolgte sind. Dabei muss es sich aber um Hinterbliebene von NS-Verfolgten im Sinne von Abschnitte 3.1 und 3.2 handeln, die das Gebiet des Deutschen Reiches aus Verfolgungsgründen verlassen haben oder dorthin nicht zurückkehren konnten. Eine Versichertenrente muss zuvor nicht gezahlt worden sein. Hinterbliebene von NS-Verfolgten, die ihrerseits bereits eine Ermessenleistung bezogen, erhalten einen Besitzschutz auf die gezahlten persönlichen Entgeltpunkte des Verstorbenen (§ 88 Abs. 2 SGB VI).

Zahlungsumfang

Die Rente von NS-Verfolgten und deren Hinterbliebenen wird gezahlt aus Entgeltpunkten für:

  • Bundesgebiets-Beitragszeiten (siehe GRA zu § 113 SGB VI, Abschnitt 3),
  • Reichsgebiets-Beitragszeiten (siehe GRA zu § 254d SGB VI, Abschnitt 5),
  • übergegangene Beiträge (siehe GRA zu § 17 FRG, Abschnitt 3.1),
    • zwar ist § 17 Abs. 1 FRG alter Fassung zum 01.01.1992 gestrichen worden, dennoch werden Entgeltpunkten auch danach noch in der Fassung vom 30.06.1990 ermittelt,
  • beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (siehe GRA zu § 114 SGB VI, Abschnitt 4).
    • diese werden gegebenenfalls anteilig berücksichtigt, im Verhältnis der zahlbaren Entgeltpunkte für Beitragszeiten (einschließlich der Entgeltpunkte für übergegangene Beiträge) zu allen Entgeltpunkten für Beitrags- und Beschäftigungszeiten (siehe GRA zu § 114 SGB VI, Abschnitt 3),
    • Verfolgungszeiten (siehe GRA zu § 250 SGB VI, Abschnitt 6), die wie Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen sind (siehe GRA zu § 15 WGSVG Abschnitt 2), verlieren dabei nicht ihren Charakter als beitragsfreie Zeiten,

Die Rente für NS-Verfolgte kann beispielsweise allein aus Entgeltpunkten für übergegangene FRG-Beiträge gezahlt werden. Entgeltpunkte für sonstige FRG-Beitragszeiten (siehe GRA zu § 15 FRG, Abschnitt 3) können allerdings wie FRG-Beschäftigungszeiten (siehe GRA zu § 16 FRG, Abschnitt 3) nicht berücksichtigt werden.

Obwohl der Aufenthalt des NS-Verfolgten im Ausland einem gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gleichsteht, werden Bundesgebiets-Beitragszeiten vor dem 19.05.1990 auf dem Gebiet der ehemaligen DDR und Reichgebiets-Beitragszeiten gegebenenfalls mit Entgeltpunkten (Ost) bewertet (siehe GRA zu § 254d SGB VI, Abschnitt 3.3).

Leistungen für Kindererziehung

Mütter, die zu den in § 18 WGSVG genannten Personen gehören, erhalten die Leistungen für Kindererziehung für die Dauer des gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland wie Verfolgte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben (§ 294 Abs. 5 SGB VI).

Beispiel 1: Verlassen des Gebiets des Deutschen Reiches in seinen jeweiligen Grenzen
- durch Ausreise bis 08.05.1945

(Beispiel zu Abschnitt 3.1)

Ein NS-Verfolgter hat von September 1931 bis November 1941 in Karlsbad (Tschechoslowakei, später Sudetenland - eingegliedertes Gebiet) gearbeitet.

Nach der Eingliederung des Sudetenlandes im Oktober 1938 gelingt ihm im November 1941 die Flucht nach Großbritannien.

Kann die Rente dem NS-Verfolgten gezahlt werden?

Lösung:

Der NS-Verfolgte hat in der Zeit vom 30.01.1933 bis 08.05.1945 das Gebiet des Deutschen Reiches in seinem jeweiligen Grenzen verlassen. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 WGSVG sind erfüllt.

Beispiel 2: Verlassen des Gebiets des Deutschen Reiches in seinen jeweiligen Grenzen
- durch Verschleppung in ein Konzentrationslager

(Beispiel zu Abschnitt 3.1)

Ein NS-Verfolgter hat bis August 1944 im Ghetto Lodz (Wartheland - eingegliedertes Gebiet) gearbeitet. Anschließend wurde er in das KZ Mauthausen (ebenfalls eingegliedertes Gebiet - heute Österreich) verschleppt.

Nach der Befreiung im Mai 1945 hielt er sich zunächst weiterhin dort auf und wanderte dann im Januar 1946 über Schweden in die USA aus.

Kann die Rente dem NS-Verfolgten gezahlt werden, obwohl er nicht bis zum 08.05.1945 aus den eingegliederten Gebieten (=> Reichsgebiet in seinen jeweiligen Grenzen) ausgewandert ist?

Lösung:

Ein Verlassen kann auch zum Zeitpunkt der Verschleppung aus den maßgeblichen Gebieten vorliegen, sofern der NS-Verfolgte nach den Verfolgungsmaßnahmen nicht dauerhaft in diese Gebiete zurückgekehrt ist.

Der NS-Verfolgte hat das Gebiet des Deutschen Reiches in seinen jeweiligen Grenzen (hier eingegliedertes Gebiet) mit der Verschleppung aus Lodz in ein KZ verlassen. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 WGSVG sind erfüllt.

Beispiel 3: Verlassen des Gebiets des Deutschen Reiches in seinen jeweiligen Grenzen
- trotz vorübergehendem Aufenthalt im Herkunftsgebiet

(Beispiel zu Abschnitt 3.1)

Eine NS-Verfolgte hat bis Juli 1944 im Ghetto Lodz (Wartheland - eingegliedertes Gebiet) gearbeitet. Anschließend wurde sie in das KZ Auschwitz-Birkenau (eingegliedertes Gebiet) verschleppt.

Nach der Befreiung im Januar 1945 und anschließendem Krankenhausaufenthalt, kehrte er im September 1945 nach Lodz zurück, um das Schicksal ihrer Angehörigen zu klären. Im Januar 1946 wanderte sie von dort in die USA aus.

Kann die Rente der NS-Verfolgten gezahlt werden, obwohl sie nicht bis zum 08.05.1945 aus dem Reichsgebiet in seinen jeweiligen Grenzen ausgewandert ist?

Lösung:

Die NS-Verfolgte hat das Gebiet des Deutschen Reiches in seinen jeweiligen Grenzen (hier eingegliedertes Gebiet) mit der Verschleppung aus Lodz in ein KZ verlassen. Der vorübergehende Aufenthalt in ihrem Heimatgebiet ist unschädlich. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 WGSVG sind erfüllt.

Beispiel 4: Verlassen des Gebiets des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937
- durch Ausreise aus einem DP-Lager bis 31.12.1949

(Beispiel zu Abschnitt 3.2)

Eine NS-Verfolgte im Sinne des BEG aus Polen wurde im November 1941 in das Zwangs- und Konzentrationslager Ober Altstadt (Sudentenland - eingegliedertes Gebiet) verschleppt.

Nach ihrer Befreiung im Mai 1945 gelangte sie im Dezember 1945 in das DP-Lager Feldafing (Bayern - Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937) und wanderte von dort im Oktober 1947 nach Israel aus.

Kann die Rente der NS-Verfolgten gezahlt werden, obwohl sie nicht bis zum 08.05.1945 aus den eingegliederten Gebieten (=> Reichsgebiet in seinen jeweiligen Grenzen) ausgewandert ist?

Lösung:

Die Verfolgte hat das Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 durch die Auswanderung aus einem DP-Lager in der Zeit vom 09.05.1945 bis 31.12.1949 verlassen. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 WGSVG sind erfüllt.

RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405

Der Verweis auf § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG alter Fassung wurde aufgenommen (Art. 20 RÜG), da diese Regelung zum 01.01.1992 gestrichen wurde (Art. 14 RÜG).

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Die bisherige Regelung für Ermessensleistungen an Verfolgte wurde an die Gesamtleistungsbewertung nach dem RRG 1992 angepasst (Art. 21 RRG).

Rentenanpassungsgesetz 1982 vom 01.12.1981 (BGBl. I S. 1205)

Inkrafttreten: 01.06.1979

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 9/458

Absatz 1 wurde an die geänderten Auslandsrenten-Regelungen angepasst.

20. Rentenanpassungsgesetz vom 27.06.1977 (BGBl. I S. 1040)

In-Kraft-Treten: 01.07.1977

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 8/165

Die Ermessensleistung für vertriebene NS-Verfolgte (§ 100 Abs. 2 AVG in der Fassung bis 30.06.1977) wurde in § 18 Abs. 1 übernommen. Die bis dahin bestehende Regelung in § 18 WGSVG wurde zu Abs. 2.

WGSVG vom 22.12.1970 (BGBl. I S. 1846)

Inkrafttreten: 01.02.1971

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 6/715

Die Ermessensleistung für NS-Verfolgte (§ 100 Abs. 5 AVG in der Fassung bis 30.06.1977) wurde durch § 18 WGSVG auf Personen ausgedehnt, die nach dem 08.05.1945 und vor dem 01.01.1950 das Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 verlassen haben.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 18 WGSVG