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§ 294 SGB VI: Anspruchsvoraussetzungen - Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Die Abschnitte 3.3 und 5 wurden im Hinblick auf Auslandsgeburten von ZRBG-Berechtigten ergänzt, Abschnitt 6 um einen Hinweis zur Anwendbarkeit der §§ 18/19 WGSVG.

Dokumentdaten
Stand05.06.2018
Erstellungsgrundlage in der Fassung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes vom 21.07.2004 in Kraft getreten am 01.08.2004
Rechtsgrundlage

§ 294 SGB VI

Version002.00
Schlüsselwörter
  • 0102

  • 0139

  • 0601

  • 0603

  • 0610

  • 0615

  • 0616

  • 0620

  • 0624

  • 0810

  • 1810

  • 1860

  • 1990

  • 6030

  • 6681

  • 6725

  • 6885

Inhalt der Regelung

Absatz 1 SGB VI bestimmt, dass Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921 für jedes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beziehungsweise im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze lebend geborene Kind eine Leistung für Kindererziehung erhalten.

Absatz 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Leistung für Kindererziehung besteht, wenn die Mutter ihr Kind außerhalb der in Absatz 1 genannten Gebiete geboren hat.

Absatz 3 regelt, in welchen Fällen dies im Hinblick auf Versicherungslastregelungen nicht gilt.

Absatz 4 enthält die Gleichstellungsregelung für Geburten außerhalb der in Absatz 1 genannten Gebiete für Mütter, die Vertriebene im Sinne des § 1 FRG oder sogenannte Vorvertriebene sind.

Absatz 5 enthält eine Sonderregelung zur Zahlung der Kindererziehungsleistung in das Ausland für Mütter, die zu dem von den §§ 18, 19 WGSVG erfassten Personenkreis gehören.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die §§ 295, 296, 297, 298 und 299 SGB VI ergänzen die Vorschrift hinsichtlich Beginn und Ende, Zuständigkeit und Durchführung der Leistung für Kindererziehung sowie der Anrechnungsfreiheit der Leistung bei einkommensabhängigen Sozialleistungen.

Die für das Beitrittsgebiet geltenden Besonderheiten sind in den §§ 294a, 295a SGB VI festgelegt.

Allgemeines

Die Leistung für Kindererziehung ist keine Rente, sondern eine von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringende Geldleistung besonderer Art (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f SGB I). Sie wird nicht auf der Grundlage von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erbracht und ist ausschließlich an die Person der Mutter gebunden. Die Zahlung der Kindererziehungsleistung führt daher weder zur Anrechnung von bisher nicht berücksichtigten Versicherungszeiten, noch haben die anspruchsberechtigten Mütter ein außerordentliches Nachentrichtungsrecht. Darüber hinaus stehen den Hinterbliebenen keine aus der Leistung für Kindererziehung abgeleiteten Leistungen zu.

Hieraus folgt ferner, dass die Leistung für Kindererziehung

  • in der KVdR weder zur Beitragspflicht noch zur Zuschussberechtigung führt,
  • beim Zusammentreffen mit Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ruht,
  • weder bei der Berechnung des Zahlbetrages der Hinterbliebenenrente noch beim Versorgungsausgleich zu berücksichtigen ist und
  • nicht zu einer Änderung des Rentenzahlbetrages nach § 48 SGB X führt.

Berechtigte, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, erhalten die Leistung als Zuschlag zu ihrer Rente (vergleiche GRA zu § 297 SGB VI - Zuständigkeit für die Feststellung und Zahlung der Leistung für Kindererziehung).

Berechtigter Personenkreis

Der Anspruch auf Leistung für Kindererziehung ist an die Geburt eines Kindes geknüpft (vergleiche Abschnitt 3.1). Besonderheiten für Mütter, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18.05.1990 im Beitrittsgebiet hatten, sind in § 294a SGB VI geregelt. Anders als in den Fällen der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach §§ 56, 249, 249a SGB VI kommt es hier auf den Tatbestand der Erziehung nicht an.

Der anspruchsberechtigte Personenkreis umfasst alle leiblichen Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921. Nicht berechtigt sind dagegen Väter sowie Adoptiv-, Stief- und Pflegemütter.

Zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehören unter anderem auch Mütter, die im Zeitpunkt der Geburt des Kindes versicherungsfrei (zum Beispiel als Beamtin) oder von der Versicherungspflicht befreit waren oder wegen über- oder zwischenstaatlicher Regelungen nicht den deutschen Rechtsvorschriften über die Versicherungspflicht unterlagen, da § 294 SGB VI - anders als § 56 Abs. 4 SGB VI - insoweit keine Ausschlusstatbestände vorsieht.

Der Anspruch auf eine Leistung für Kindererziehung besteht selbst dann, wenn für dasselbe Kind bei dem nach dem 31.12.1920 geborenen Vater eine Kindererziehungszeit nach § 56 SGB VI zu berücksichtigen ist. Die gesetzlichen Regelungen enthalten keine Vorschrift, die eine solche Doppelanrechnung ausschließt.

Der Anspruch ist nicht auf deutsche Staatsangehörige beschränkt. Bei Erfüllung der Voraussetzungen können daher auch Nichtdeutsche Anspruch auf Kindererziehungsleistung haben.

Geburt eines Kindes

Der Leistungsanspruch setzt voraus, dass die Mutter ihr Kind lebend geboren hat. Ob ein Kind lebend geboren ist, beurteilt sich nach § 29 Abs. 1 der Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes vom 12.08.1957 (BGBl. I S. 1139), Nur wenn eine Lebendgeburt im Sinne dieser Vorschrift vorlag, wurde für das Kind auch eine Personenstandsurkunde nach § 61a des Personenstandsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 08.08.1957 (BGBl. I S. 1125) ausgestellt. Bei ausländischen Geburtsurkunden ist eine Lebendgeburt zu unterstellen, sofern sich aus der Urkunde selbst oder dem Inhalt der Akten nichts Gegenteiliges ergibt.

Geburt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze

Die Geburt des Kindes muss grundsätzlich im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Bundesgebiet) erfolgt sein (§ 294 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, siehe Abschnitt 3.2.1). Dem steht eine Geburt im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze gleich (§ 294 Abs. 1 Satz 2 SGB VI, siehe Abschnitt 3.2.2). Diese Voraussetzungen entsprechen den Regelungen für die Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach §§ 56 Abs. 1 Nr. 2, 249 Abs. 2 SGB VI. Es reicht in diesem Zusammenhang aus, dass sich die Mutter im Zeitpunkt der Geburt in diesem Gebiet tatsächlich (zum Beispiel auch rein zufällig) aufgehalten hat. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in diesem Gebiet ist nicht erforderlich.

Gebiet der Bundesrepublik Deutschland

Eine Geburt erfolgte auch dann im Bundesgebiet, wenn im Zeitpunkt der Geburt das Reichs- beziehungsweise Bundesrecht nicht galt, jedoch heute Bundesrecht gilt, zum Beispiel

  • im Beitrittsgebiet;
  • im Saarland;
  • in den ehemaligen niederländischen Verwaltungsgebieten (Brommel Mühle, Elten, Etzenrather Mühle, Feldhuisen, Grondstein, Hauberg Bhf., Havert, Hegern, Heidkant, Heilder, Hillensberg, Hoch-Elten, Höngen, Isenbruch, Isenbrucher Mühle, Lind, Millen, Mindergangelt, Schalbruch, Stein, Steinward, Süstenseel, Tüddern, Vogelsang b. Wyler, Voorthuisen, Wehr, {Groß- und Klein-}Wehrhagen) während der Zeit vom 23.04.1949 bis 31.07.1963;
  • in den ehemaligen belgischen Verwaltungsgebieten (Aachen-Bildchen, Losheim, Losheimergraben, Leykoul, Hemmeres) während der Zeit vom 01.04.1949 bis 27.08.1958.

Jeweiliger Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze

Die Reichsversicherungsgesetze galten im Reichsgebiet nach dem Stand vom 31.12.1937 (einschließlich der ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, zum Beispiel Pommern, Ostpreußen und Schlesien). Außerdem galt Reichsrecht zeitweise in folgenden Gebieten:

A:

  • Elsass-Lothringen bis 11.11.1918 und vom 01.07.1940 bis 08.05.1945, soweit die Versicherungslast auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist
  • Eupen, Malmedy, St. Vith bis 31.12.1919 und vom 01.01.1941 bis 30.09.1944 (bei Beschäftigten deutscher Dienststellen bereits ab 01.07.1940), soweit die Versicherungslast auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist
  • Klein-Walsertal vom 01.05.1945 bis 30.04.1953
  • Luxemburg vom 01.10.1940 bis 30.09.1944, soweit die Versicherungslast auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist
  • Österreich vom 01.01.1939 bis 09.04.1945, soweit die Versicherungslast auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist

B:

  • Danzig bis 09.01.1920 und vom 01.01.1940 bis 08.05.1945
  • Hultschiner Ländchen bis 09.01.1920 und vom 01.10.1938 bis 08.05.1945
  • Memelgebiet bis 09.01.1920 und vom 01.05.1939 bis 08.05.1945
  • Ost-Oberschlesien bis 14.06.1922 und vom 01.01.1940 bis 08.05.1945
  • Posen bis 31.12.1918 und vom 01.01.1942 bis 08.05.1945
  • Sudetenland vom 01.10.1938 bis 08.05.1945
  • Westpreußen bis 31.12.1919 und vom 01.01.1942 bis 08.05.1945

Bei Anwendung von Versicherungslastregelungen sind die Ausführungen in Abschnitt 3.4 und bei Geburten in den unter Buchstabe B aufgeführten Gebieten in Abschnitt 3.5 zu beachten.

Geburt im Ausland

Der Geburt im Bundesgebiet/jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze steht eine Geburt im Ausland nach § 294 Abs. 2 SGB VI gleich, wenn die Mutter

  • im Zeitpunkt der Geburt des Kindes ihren gewöhnlichen Aufenthalt (siehe GRA zu § 30 SGB I) im Bundesgebiet oder im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze hatte, das Kind also während eines nur vorübergehenden Auslandsaufenthalts geboren ist (§ 294 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).
    Sonderfälle:
    • Internierung
      Für die Dauer einer die Flucht oder Vertreibung vor Erreichen des Ziellandes unterbrechenden Internierung im Ausland ist von der Fortdauer des gewöhnlichen Aufenthalts in der bisherigen Heimat auszugehen (AGZWSR 1/86, TOP 24).
    • Evakuierung
      Evakuierte sind Personen, die aus kriegsbedingten Gründen in der Zeit vom 26.08.1939 bis 31.12.1946 ihre Wohnsitzgemeinde verlassen haben, um in einem anderen Ort Zuflucht zu finden. Bei Evakuierten ist regelmäßig davon auszugehen, dass sie am Evakuierungsort nur vorübergehend Aufenthalt nehmen wollten. Evakuierte haben daher regelmäßig ihren gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort nicht verloren, aus dem sie evakuiert wurden.
    • In das Ausland verschleppte Personen
      Personen, die von der Besatzungsmacht in das Ausland verschleppt wurden, haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort, von dem aus sie verschleppt wurden, nicht aufgegeben.
      Hat die verschleppte Person während der Festsetzung im Ausland ein Kind geboren, gilt dieses Kind als am Herkunftsort geboren.
    • Weibliches Wehrmachtspersonal im Ausland
      Für die Dauer des Krieges und einer anschließenden Gefangenschaft/Internierung gilt der Aufenthalt dieses Personenkreises außerhalb des jeweiligen Geltungsbereiches der Reichsversicherungsgesetze nur als vorübergehender Aufenthalt. Als gewöhnlicher Aufenthalt gilt der Ort vor dem Einsatz bei der Wehrmacht, Luftwaffe, Marine.
  • im Zeitpunkt der Geburt des Kindes zwar ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte, aber für sie im Zeitpunkt der Geburt des Kindes beziehungsweise unmittelbar vorher auf Grund einer Entsendung ins Ausland wegen der dort ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten zur deutschen Rentenversicherung entrichtet wurden (§ 294 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI). Zwischen der Geburt und dem letzten deutschen Pflichtbeitrag darf kein voller Kalendermonat liegen. Wurde unmittelbar vor der Geburt kein Pflichtbeitrag entrichtet, ist jedoch eine Anrechnungszeit der Arbeitsunfähigkeit oder der Schwangerschaft anzurechnen und hat das Beschäftigungsverhältnis im Zeitpunkt der Geburt noch bestanden, ist die Voraussetzung ebenfalls erfüllt. Dies gilt auch, wenn Pflichtbeiträge nur wegen Zugehörigkeit zum Personenkreis des § 5 SGB VI beziehungsweise entsprechender früherer Regelungen nicht entrichtet wurden, die Mutter von der Versicherungspflicht befreit war oder wenn die Beschäftigung im Voraus durch Vertrag zeitlich begrenzt ausgeübt wurde und im Inland während des Auslandseinsatzes mindestens ein sogenanntes Rumpfarbeitsverhältnis (siehe GRA zu § 56 SGB VI, Abschnitt 6.3.3) weiter bestanden hat (AGFAVR 1/93, TOP 5).
    Hat sich die Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes zusammen mit ihrem Ehemann im Ausland aufgehalten, reicht es aus, wenn dieser die aufgeführten Voraussetzungen erfüllt.
  • bei Geburten bis zum 31.12.1949 im Zeitpunkt der Geburt des Kindes zwar ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hatte, aber der gewöhnliche Aufenthalt im Bundesgebiet oder im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze aus Verfolgungsgründen im Sinne des § 1 BEG aufgegeben worden ist (§ 294 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI). Wurden die genannten Gebiete vor dem 30.01.1933 (beziehungsweise vor Einführung des Reichsrechts) oder nach dem 08.05.1945 verlassen, können im Einzelfall noch Verfolgungsgründe für das Verlassen ursächlich sein.
    Das gilt auch, wenn bei Ehegatten der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in den vorgenannten Gebieten aufgegeben worden war und nur beim Ehemann Verfolgungsgründe vorgelegen haben.
    Beachte:
    Bei Anwendung des § 294 Abs. 2 Nr. 3 erster Halbs. SGB VI steht die Geburt eines Kindes während einer Ersatzzeit wegen verfolgungsbedingten Auslandsaufenthalts nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b SGB VI einer Geburt im Inland gleich, wenn der Mutter eine Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG anerkannt werden kann. Eines vorhergehenden Aufenthaltes im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (Stand 3. Oktober 1990) oder des jeweiligen Geltungsbereichs der Reichsversicherungsgesetze bedarf es nicht.
  • oder ihr Ehemann im Zeitpunkt der Geburt des Kindes ausländische Versicherungszeiten zurückgelegt hat, die aufgrund einer zwischenstaatlichen Versicherungslastregelung von der deutschen Rentenversicherung zu übernehmen sind (AGZWSR 2/93, TOP 24). Infrage kommen hier die Versicherungslastregelungen mit
    • Frankreich (Art. 3 § 1 Abs. 1 und 2 der 4. Zusatzversicherung zum Allgemeinen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich vom 10.07.1950),
    • Luxemburg (Art. 5 des deutsch-luxemburgischen Vertrages vom 11.07.1959 und Art. 2 des Vertragsgesetzes vom 08.08.1960),
    • Jugoslawien (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vom 10.03.1956).

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 20.04.1993 (AZ: 5 RJ 36/92) entschieden, dass die Ehefrau eines in Frankreich im Anschluss an die Kriegsgefangenschaft beschäftigten Deutschen für die in Frankreich erfolgte Geburt ihres Kindes in entsprechender Anwendung des Art. 2 § 62 Abs. 3 Nr. 3 ArVNG (entspricht Art. 2 § 61 Abs. 3 Nr. 3 AnVNG, Art. 2 § 35 Abs. 3 Nr. 3 KnVNG beziehungsweise § 294 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI) einen Anspruch auf eine Leistung wegen Kindererziehung hat, weil die französischen Beitragszeiten des Ehemannes nach Art. 3 § 1 Abs. 1 und 2 der 4. Zusatzversicherung zum deutsch-französischen SVA von Deutschland zu übernehmen waren. Derartige Versicherungslastregelungen sind Bestimmungen über die Verteilung von Anwartschaften aus der Leistungspflicht des einen Vertragsstaates in die des anderen Vertragsstaates mit der Wirkung, dass dieser die Zeiten des ersten Vertragsstaates wie eigene Zeiten zu behandeln hat, während der erste Vertragsstaat von der Leistungspflicht aus diesen Zeiten befreit wird. Sie erreichen damit die volle Eingliederung in die inländische Arbeits- und Erwerbswelt, wenn die Versicherungszeiten auf die deutsche Rentenversicherung übergehen. Dem Urteil wird gefolgt. In einschlägigen Fällen ist die Zuständigkeit der jeweiligen deutschen Verbindungsstelle gegeben.

Anrechnungsausschluss bei Versicherungslastregelungen

Nach § 294 Abs. 3 SGB VI gilt die Gleichstellung von Geburten im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze nicht, wenn Beitragszeiten zum Zeitpunkt der Geburt auf Grund einer Versicherungslastregelung mit einem anderen Staat nicht in die Versicherungslast der Bundesrepublik Deutschland fallen würden (AGZWSR 1/86, TOP 22, und AGZWSR 2/87, TOP 13). Im Einzelnen gilt die GRA zu § 249 SGB VI, Abschnitte 13.2.2 bis 13.2.5 entsprechend.

Geburt im Herkunftsgebiet und Gebiet mit Beitragsübergang

  • FRG-Berechtigte
    Der Geburt im Bundesgebiet oder im Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze steht nach § 294 Abs. 4 Nr. 1 SGB VI eine Geburt in den jeweiligen Herkunftsgebieten für Mütter gleich, die zu den in §§ 1, 17a FRG, beziehungsweise § 20 WGSVG genannten Personen gehören (hinsichtlich der persönlichen Voraussetzungen wird auf die entsprechenden GRA zu diesen Vorschriften verwiesen).
    Bei den Herkunftsgebieten handelt es sich im Wesentlichen um die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG genannten Vertreibungsgebiete (die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen, die ehemalige Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien, China).
    Die Leistung für Kindererziehung ist eine Leistung an die Mutter. Deshalb müssen die Voraussetzungen für die Leistung und damit auch die FRG-Berechtigung in ihrer Person erfüllt sein (Ausnahmen vergleiche § 294 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB VI mit auch möglicher Ableitung vom Ehemann).
    Die Vorschrift des § 2 FRG ist auf KLG-Leistungen entsprechend anzuwenden. Sieht das ausländische Recht die Abgeltung der Geburt oder Erziehung eines Kindes durch Versicherungszeiten vor, ist die Berücksichtigung der Geburt nach § 2 FRG auch dann ausgeschlossen, wenn die Versicherungszeit nicht für den Monat der Geburt zu berücksichtigen ist.
    Eine KLG-Leistung ist ferner ausgeschlossen, wenn für dasselbe Kind eine Abkommenszeit (Zeit des Erziehungsurlaubes) im Sinne des deutsch-polnischen Rentenabkommens von 1975 (DPSVA 75) anzurechnen ist.
    Eine Gleichstellung der Geburt nach § 294 Abs. 4 SGB VI kommt nicht in Betracht, wenn im Herkunftsgebiet zur Zeit der Geburt Reichsrecht galt (siehe Abschnitt 3.2.2). Insoweit richtet sich der Anspruch auf Leistung wegen Kindererziehung unmittelbar nach § 294 Abs. 1 SGB VI.
  • Geburt in einem Gebiet mit Beitragübergang
    Einer Geburt im Bundesgebiet oder im Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze steht darüber hinaus die Geburt in den jeweiligen Herkunftsgebieten bei einer Mutter gleich, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt vor dem 01.09.1939 aus einem Staat (Gebiet), aus dessen Rentenversicherung Beiträge auf die reichsgesetzliche Rentenversicherung übergegangen waren, in das Bundesgebiet oder den Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze verlegt hat.
    Im Ergebnis sind also auch Geburten in/im Posen, Westpreußen, Ost-Oberschlesien, Niederschlesien, Freie Stadt Danzig, Memelland, Sudetenland (einschließlich Hultschiner Ländchen) vor der jeweiligen (Wieder-)Einführung der Reichsversicherungsgesetze dort (siehe Abschnitt 3.2.2) bei einer solchen Mutter wie Inlandsgeburten zu behandeln.

Beweis der rechtserheblichen Tatsachen

Die für die Gewährung einer Leistung für Kindererziehung erheblichen Tatsachen sind im Wesentlichen nachzuweisen. Wenn die Glaubhaftmachung der Tatbestände auch nicht generell möglich ist, so kann sie doch unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden (vergleiche § 298 SGB VI).

Beginn der Leistung

Zum Beginn der Leistung vergleiche GRA zu § 296 SGB VI.

Beachte:

Wurde der Antrag auf ZRBG-Leistungen in der Vergangenheit abgelehnt und damit auch der Antrag auf KLG-Leistungen nach § 294 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI, weil kein vorhergehender Aufenthalt im Bundesgebiet oder im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze vorlag, und führt das Überprüfungsverfahren zur Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit, besteht regelmäßig auch ein Anspruch auf KLG-Leistungen. Beginn der KLG-Leistungen ist in diesen Fällen der 01.07.1997, weil der Anspruch auf KLG-Leistungen nur im Zusammenhang mit der ZRBG-Beitragszeit (und der darauf beruhenden Ersatzzeit wegen verfolgungsbedingten Auslandsaufenthaltes) entsteht. Art. 16 Abs. 6 Satz 2 des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes (Rü-ErgG) ist daher in diesen Fällen nicht anzuwenden; ein früherer Zahlungsbeginn ist somit ausgeschlossen.

Dies gilt auch dann, wenn erstmalig ein Antrag auf ZRBG-Leistungen gestellt wird. Auch in diesen Fällen können KLG-Leistungen erst ab 01.07.1997 gezahlt werden, weil der Anspruch darauf erst durch die Existenz der Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG realisiert werden kann.

Zahlung bei Auslandsaufenthalt

Die Leistung für Kindererziehung wird grundsätzlich nur an Mütter erbracht, die sich gewöhnlich im Inland, das heißt im Bundesgebiet, aufhalten. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 294 Abs. 5 SGB VI. Besonderheiten hierzu ergeben sich jedoch aus den vorrangig (§ 6 SGB IV) anzuwendenden Bestimmungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts.

  • Gewöhnlicher Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat der EU, des EWR oder der Schweiz beziehungsweise in einem Vertragsstaat
    Die Leistung für Kindererziehung wird als Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung vom sachlichen Geltungsbereich des Europarechts (VO (EG) Nr. 883/2004) sowie der von der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Sozialversicherungsabkommen erfasst und damit auch in die Gebietsgleichstellungsklausel dieser über- und zwischenstaatlichen Regelungen einbezogen.
    Danach ist die Leistung für Kindererziehung beim gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat, dessen Staatsgebiet dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gleichgestellt ist, zu erbringen. Dies gilt im Verhältnis zu allen Anwenderstaaten des Europarechts und zu allen Sozialversicherungsabkommen, die Regelungen über die Gebietsgleichstellung enthalten.
    Die Vorschriften über die Gebietsgleichstellung gelten nur für die Mütter, die vom persönlichen Geltungsbereich der jeweiligen anzuwendenden über- oder zwischenstaatlichen Regelungen erfasst werden (AGZWSR 1/87, TOP 1). Im Einzelnen wird auf die Ausführungen in den GRA zum Europarecht beziehungsweise den jeweiligen SVA verwiesen.
  • Gewöhnlicher Aufenthalt im vertragslosen Ausland
    Nach § 294 Abs. 5 SGB VI erhält eine Berechtigte für die Zeit ihres gewöhnlichen Aufenthalts im Ausland (zum Begriff des gewöhnlichen Auslandsaufenthalts siehe GRA zu § 30 SGB I, Abschnitt 2.1) die Leistung für Kindererziehung nur, wenn sie die Voraussetzungen der §§ 18, 19 WGSVG erfüllt, das heißt wenn sie zu dem dort genannten Personenkreis gehört (siehe GRA zu § 18 WGSVG und GRA zu § 19 WGSVG).
    Beachte:
    Die im Zusammenhang mit dem ZRBG ergangenen Entscheidungen zur Geburt eines Kindes während einer Ersatzzeit wegen verfolgungsbedingten Auslandsaufenthalts nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b SGB VI (siehe Abschnitt 3.3 „Beachte“) betreffen ausschließlich die Anerkennung rentenrechtlicher Zeiten und sind daher nicht auf die in den §§ 18, 19 WGSVG genannten Stichtagsvoraussetzungen übertragbar.

Bei der Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in das (vertragslose) Ausland sind die Grundsätze des § 48 SGB X zu beachten.

Verfassungsmäßigkeit

Das BVerfG hat in seiner Entscheidung BVerfG vom 07.07.1992, AZ: 1 BvL 51/86 und andere, SozR 3-5761 Allg. Nr. 1, die vom Gesetzgeber getroffenen Regelungen zur Leistung für Kindererziehung für verfassungsgemäß und mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar erklärt. Dies betrifft insbesondere

  • die Beschränkung der Regelung auf leibliche Mütter sowie den Leistungsausschluss von Vätern,
  • die stufenweise Zuerkennung von Leistungen für Kindererziehung an Mütter der Geburtsjahrgänge vor 1921,
  • den Ausschluss der vor 1921 geborenen Mütter von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach dem HEZG.

Durch Beschluss des Richterausschusses des 1. Senats des BVerfG vom 02.11.1992, AZ: 1 BvR 700/90, SozR 3-5750 Art. 2 § 62 Nr. 8, ist darüber hinaus der Ausschluss von Pflegemüttern bestätigt worden.

RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791)

Inkrafttreten: 01.08.2004

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/2149, 15/3158

Durch Artikel 1 des Gesetzes zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.07.2004 wurde in § 294 Abs. 1 SGB VI der Satz 3 (Regelung über den in Abhängigkeit vom Geburtsjahr der Mutter gestaffelten frühestmöglichen Beginn der Kindererziehungsleistung in der Zeit vom 01.10.1987 bis 01.10.1990) wegen Zeitablaufs mit Wirkung ab 01.08.2004 gestrichen.

Rü-ErgG vom 24.06.1993 (BGBl. I S. 1038)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/4810

Durch Artikel 1 des Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetzes vom 24.06.1993 wurde in Absatz 2 die Nummer 3 rückwirkend ab 01.01.1992 angefügt.

Hierdurch wurde der Personenkreis der KLG-Berechtigten um diejenigen Mütter ergänzt, die bis 31.12.1949 ihre Kinder nur deshalb außerhalb der in Absatz 1 der Vorschrift genannten Gebiete geboren hatten, weil sie ihren vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt in diesen Gebieten aus Verfolgungsgründen aufgeben mussten.

RÜG vom 25.07.1991 (BGBl. I S. 1606)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 12/405

Durch Artikel 1 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25.07.1991 wurden Absatz 1 Sätze 1 und 2 und Absatz 4 neu gefasst und in Absatz 5 die Worte „außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzbuchs“ durch die Worte „im Ausland“ ersetzt.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Mit Wirkung ab 01.01.1992 wurde § 294 SGB VI eingeführt.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 294 SGB VI