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Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004: Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften - Entsendung Beschäftigter und selbständig Erwerbstätiger

Änderungsdienst
veröffentlicht am

09.12.2019

Änderung

In den Abschn. 2.1 und 2.1.1 wurde 'Vereinigtes Königreich' aktualisiert. Abschn. 2.3 wurde klarer formuliert. Im Abschnitt 3.2 wurden Hinweise zu ehrenamtl. Tätigkeit ergänzt. In den Abschn. 3.3.1 und 3.3.1.1 wurden Ergänzungen zum AÜG eingefügt. Abschnitte 3.4 und 3.4.1 wurden klarer formuliert.

Dokumentdaten
Stand08.05.2018
Version002.00

Inhalt der Regelung

Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 regelt abweichend vom Territorialitätsprinzip des Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004, dass bei Entsendung Beschäftigter in einen anderen Mitgliedstaat bis zu einer Höchstdauer von maximal 24 Monaten die Rechtsvorschriften des Entsendestaats weitergelten, sofern nicht eine andere entsandte Person abgelöst wird.

Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 regelt dies entsprechend für Selbständige.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

  • Art. 11 VO (EG) Nr. 883/2004
    enthält als Grundsatz der Bestimmung des anwendbaren Rechts das Territorialitätsprinzip, das durch Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 in Entsendefällen durchbrochen wird.
  • Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004
    regelt die anzuwendenden Rechtsvorschriften bei gleichzeitiger oder kontinuierlich alternierender Beschäftigung/Tätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten.
  • Art. 14 VO (EG) Nr. 987/2009, Art. 15 VO (EG) Nr. 987/2009 und Art.19 VO (EG) Nr. 987/2009
    beinhalten weitere Festlegungen sowie Verfahrensregelungen im Zusammenhang mit der Bestimmung des anwendbaren Rechts.
  • Art. 87 Abs. 8 VO (EG) Nr. 883/2004
    enthält Übergangsbestimmungen. Danach bleibt eine abweichende Rechtsfestlegung nach Maßgabe der VO (EWG) Nr. 1408/71 auch nach dem Inkrafttreten der VO (EG) Nr. 883/2004 für längstens 10 Jahre bestehen, sofern sich am zugrunde liegenden Sachverhalt nichts ändert oder die betreffende Person nicht die Anwendung des neuen Europarechts beantragt.
  • Beschluss A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 - ABl. (EU) Nr. C 106 vom 24.04.2010, S. 5)
    Der Beschluss regelt die Auslegung des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 hinsichtlich der auf entsandte Arbeitnehmer sowie Selbständige, die vorübergehend eine Beschäftigung oder Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausüben, anzuwendenden Rechtsvorschriften. Der Beschluss gilt ab 01.05.2010 und ersetzt ab diesem Zeitpunkt den Beschluss Nr. 181 der Verwaltungskommission vom 13.12.2000.
  • Praktischen Leitfaden
    Als Arbeitsinstrument hat die Verwaltungskommission der EU gemäß Ziffer 7 des Beschlusses A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 den Praktischen Leitfaden „Die Bestimmung des anwendbaren Rechts für Erwerbstätige in der Europäischen Union (EU), dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz“ erarbeitet, der nähere Erläuterungen zu den in Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 verwendeten Begriffen enthält. Er ist unter anderem auf der Internetseite der DVKA unter http://www.dvka.de/oeffentlicheSeiten/pdf-Dateien/Praktischer_Leitfaden.pdf publiziert und befasst sich im Teil I mit der Entsendung nach Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004.

Allgemeines

Beachte:

Diese GRA behandelt vorübergehende Beschäftigungen bis zu 24 Monaten in einem anderen Mitgliedstaat im Rahmen einer Entsendung. Bei gewöhnlicher Erwerbstätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten sind die Ausführungen in der GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 zu beachten. Zur Abgrenzung Entsendung/gewöhnliche Erwerbstätigkeit siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitt 3).

Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 enthält für bestimmte Fallkonstellationen Ausnahmen vom Territorialitätsprinzip des Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004. In Fällen einer vorübergehenden Entsendung Beschäftigter (Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004) oder selbständig Erwerbstätiger (Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004) in einen anderen Mitgliedstaat gelten ausnahmsweise nicht die Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Beschäftigung/selbständige Erwerbstätigkeit tatsächlich ausgeübt wird (Beschäftigungsstaat), sondern die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaates, aus dem die Entsendung erfolgt (Entsendestaat).

Für die weitere Anwendung der Rechtsvorschriften des Entsendestaats nach Maßgabe des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 ist es unerheblich, ob die im Inland ausgeübte Erwerbstätigkeit, die vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt wird, nach den Rechtsvorschriften des Entsendestaats zu einer Versicherung führt oder nicht. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004, der für die weitere Anwendung der Rechtsvorschriften des Entsendestaats allein auf das Merkmal „Beschäftigung“ beziehungsweise „selbständige Erwerbstätigkeit“, nicht aber darauf abstellt, ob diese Tätigkeit im Entsendestaat vor oder während der Entsendung zu einer Versicherung führt.

Auch nach deutschem Recht geringfügig Beschäftigte (§ 8 SGB IV), nicht versicherungspflichtige Selbständige und versicherungsfreie oder von der Versicherung befreite Personen können daher im Rahmen einer Entsendung nach Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 weiterhin den deutschen Rechtsvorschriften unterstellt werden. Die von verschiedenen Trägern anderer Mitgliedstaaten vertretene Rechtsauffassung, die Rechtsvorschriften des Entsendestaats könnten im Rahmen einer Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat nur dann weiterhin gelten, wenn es sich um eine versicherte Beschäftigung/selbständige Erwerbstätigkeit handelt, findet im Europarecht keinen Rückhalt.

Persönlicher, territorialer und sachlicher Geltungsbereich

Die Entsenderegelung des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 ist nur für Personen anwendbar, die vom persönlichen und territorialen Geltungsbereich des Art. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst werden.

Vom persönlichen Geltungsbereich des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 werden neben EU-Bürgern seit dem 01.04.2012 auch Staatsangehörige der Schweiz sowie ab 01.06.2012 Staatsangehörige von Island, Liechtenstein und Norwegen erfasst.

Bei Entsendung innerhalb der EU (außer dem Vereinigten Königreich und Dänemark) werden seit dem 01.01.2011 auch Personen, für die die (Drittstaats-) VO (EU) Nr. 1231/2010 anzuwenden ist, von Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst. Für Entsendungen im Zusammenhang mit Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz sind die Besonderheiten in Abschnitt 2.1.1 zu beachten. Einzelheiten zum Personenkreis der Drittstaatsangehörigen können der GRA zu Übersicht VO (EU) Nr. 1231/2010 entnommen werden.

Der territoriale Geltungsbereich des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 ist auf die EU-Mitgliedstaaten sowie Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz beschränkt.

Für Personen, die aus einem Staat, in dem die VO (EG) Nr. 883/2004 gilt, in einen Staat, in dem die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht gilt (beispielsweise Russland), entsandt werden, kann Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 daher keine Anwendung finden. Entsprechendes gilt umgekehrt bei Entsendung aus einem Staat, in dem die VO (EG) Nr. 883/2004 keine Anwendung findet, in einen Staat, in dem die VO (EG) Nr. 883/2004 anzuwenden ist. In diesen Fällen können allenfalls Entsenderegelungen nach Maßgabe zwischenstaatlicher Sozialversicherungsabkommen oder in Bezug auf Deutschland die Regelungen über die Ausstrahlung (§ 4 SGB IV) und Einstrahlung (§ 5 SGB IV) Raum greifen. Einzelheiten hierzu sind der jeweiligen GRA EU/SVA oder der GRA zu § 3 SGB IV, GRA zu § 4 SGB IV und GRA zu § 5 SGB IV zu entnehmen.

Sofern eine Person nach Maßgabe des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 im Rahmen einer Entsendung den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats (weiterhin) unterstellt ist, gilt dies einheitlich für alle von Art. 3 VO (EG) Nr. 883/2004 erfassten Zweige der sozialen Sicherheit des Entsendestaates (deutscherseits: Rentenversicherung, Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Unfallversicherung und Arbeitslosenversicherung) und zwar unabhängig davon, ob die entsandte Person in einem oder mehreren dieser Zweige tatsächlich versichert ist. Die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates kommen umgekehrt einheitlich nicht zur Anwendung. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt in bestimmten Fällen für den Bereich der freiwilligen Versicherung (vergleiche GRA zu Art. 14 VO (EG) Nr. 883/2004).

Besonderheiten bei Entsendung in das/aus dem Vereinigte/n Königreich, aus und nach Dänemark, Island, Liechtenstein, Norwegen oder in die/aus der Schweiz

In Bezug auf das Vereinigte Königreich, Dänemark, Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz bestehen Besonderheiten, weil das Vereinigte Königreich die (Drittstaats-) VO (EU) Nr. 1231/2010 und Dänemark, Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz weder die (Drittstaats-) VO (EG) Nr. 859/2003 noch die VO (EU) Nr. 1231/2010 angenommen haben und der persönliche Geltungsbereich des EWR-Abkommens und des AÜF eingeschränkt ist. Im Einzelnen gilt folgendes:

  • Für Drittstaatsangehörige, die aus Deutschland in das/aus dem Vereinigte/n Königreich nach Deutschland entsandt sind, gelten über die (Drittstaats-) VO (EG) Nr. 859/2003 weiterhin die Regelungen der VO (EWG) Nr. 1408/71. Die Entsendung ist mit einer Bescheinigung E101 zu dokumentieren. Beträgt die voraussichtliche Entsendedauer mehr als 12 Monate, kann die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften nur über eine Ausnahmevereinbarung nach Maßgabe des Art. 17 VO (EG) Nr. 1408/71 erreicht werden. Für den Abschluss dieser Ausnahmevereinbarung ist die DVKA in Bonn zuständig.
  • Bei Entsendung aus Deutschland nach Dänemark und aus Dänemark nach Deutschland ist zu beachten, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht für Drittstaatsangehörige gilt. Für türkische Staatsangehörige sind die Regelungen des deutsch-dänischen SVA vom 14.08.1953 einschlägig. Nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 1 des Abkommens beträgt die Entsendefrist 6 Monate.
  • Bei Entsendung aus Deutschland in die Schweiz und aus der Schweiz nach Deutschland ist zu beachten, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht für die Staatsangehörigen von Island, Liechtenstein, Norwegen sowie für Drittstaatsangehörige gilt. Für diese Personen sind die Regelungen des deutsch-schweizerischen SVA vom 25.02.1964 einschlägig. Nach Art. 6 Abs. 1 des Abkommens beträgt die Entsendefrist 24 Monate. Geht die voraussichtliche Entsendedauer darüber hinaus, kann die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Schweiz nur über eine Ausnahmevereinbarung nach Maßgabe des Art. 9 des Abkommens erreicht werden. Für den Abschluss der Ausnahmevereinbarung ist die DVKA in Bonn zuständig.
  • Bei Entsendung aus Deutschland nach Island, Liechtenstein oder Norwegen sowie aus Island, Liechtenstein oder Norwegen nach Deutschland ist zu beachten, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 nicht für Staatsangehörige der Schweiz und für Drittstaatsangehörige gilt. Im Verhältnis zu Liechtenstein sind die Regelungen des deutsch-liechtensteinischen SVA vom 07.04.1977 einschlägig, das auch Staatsangehörige der Schweiz und Drittstaatsangehörige einschließt. Art. 6 des Abkommens enthält keine bestimmte Entsendefrist. Im Verhältnis zu Island und Norwegen gelten für Staatsangehörige der Schweiz und Drittstaatsangehörige die §§ 4 und 5 SGB IV.

Änderungen gegenüber der VO (EWG) Nr. 1408/71 im Überblick

Rechtswirkung der Entsendung

Während einer Entsendung sind sowohl für Beschäftigte und ihre Arbeitgeber als auch für Selbständige in Bezug auf die Entsendebeschäftigung weiterhin die Rechtsvorschriften des Entsendestaats anzuwenden.

Die Rechtszuweisung gilt dann für alle Versicherungszweige, sodass zum Beispiel bei Rentenversicherungspflicht nach deutschem Recht keine Krankenversicherungspflicht nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats bestehen kann.

Nach § 6 SGB IV sind die Entsenderegelungen der VO (EG) Nr. 883/2004 (und insbesondere ihre zeitlichen Einschränkungen) gegenüber den entsprechenden innerstaatlichen Regelungen (§§ 4 und 5 SGB IV) vorrangig.

Sind die Kriterien für eine Entsendung nach Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht gegeben, beispielsweise weil die Entsendung von vornherein auf mehr als 24 Monate angelegt ist, gelten nach der allgemeinen Regelung des Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 ab dem ersten Tag der Entsendebeschäftigung die Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit des Staates, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, also des Beschäftigungsstaats (Territorialitätsprinzip).

Arbeitnehmer von Unternehmen mit Sitz im Ausland, die im Rahmen einer Entsendung vorübergehend in Deutschland arbeiten, unterliegen auch arbeitsrechtlich weiterhin den Regelungen des Entsendestaats.

In diesem Zusammenhang sind jedoch bei Ausübung der vorübergehenden Beschäftigung in Deutschland die Regelungen des Gesetzes über zwingende Arbeitsbedingungen für grenzüberschreitend entsandte und für regelmäßig im Inland beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (Arbeitnehmerentsendegesetz - AEntG) zu beachten. Damit folgt das AEntG dem Prinzip des Arbeitsortes. Danach sind deutsche und ausländische Unternehmen, die Arbeitnehmer nach Deutschland entsenden, verpflichtet, entsprechende Mindestarbeitsbedingungen (zum Beispiel Mindestlohn, Urlaubsanspruch) einzuhalten. Damit bietet das AEntG einen Rechtsrahmen, um die in Deutschland geltenden branchenbezogenen Mindestlöhne für alle Arbeitnehmer, unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers, durchzusetzen.

Mit dem Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz - MiLoG) vom 11.08.2014 wurde ab 01.01.2015 in Deutschland ein flächendeckender Mindestlohn eingeführt.

Die Regelungen im Mindestlohngesetz gelten auch für ausländische Arbeitnehmer, unabhängig davon, ob die Beschäftigung in Deutschland für einen deutschen oder ausländischen Arbeitgeber erfolgt.

Umgekehrt sind auch bei der Entsendung von Arbeitnehmern aus Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat der EU die entsprechenden Regelungen (zum Beispiel Mindestlohn) im Beschäftigungsstaat zu beachten.

Entsendung Beschäftigter (Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004)

Für eine Entsendung aus Deutschland muss der tatsächliche Beschäftigungsort des Arbeitnehmers auf Veranlassung seines inländischen Arbeitgebers aus Deutschland heraus zeitlich im Voraus befristet in einen anderen EU-Mitgliedstaat verlagert werden. Die Verlegung des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes ist unerheblich.

Einer Entsendung steht nicht entgegen, dass eine Weiterbeschäftigung beim entsendenden Unternehmen in Deutschland nach dem Ende der Entsendung nicht vorgesehen ist. Dem entgegenstehenden Urteil des BSG vom 10.08.1999, AZ: 2 U 30/98 R folgen die deutschen Rentenversicherungsträger über den Einzelfall hinaus nicht (AGZWSR 1/2000, TOP 14). Es dürfen jedoch keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der Arbeitnehmer nach dem Auslandseinsatz nicht in die Bundesrepublik Deutschland zurückkehrt, um dort seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (wieder) zu nehmen.

Nach Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 setzt eine ordnungsgemäße Entsendung Beschäftigter voraus, dass

  • der entsendende Arbeitgeber „entsendefähig“ ist (Abschnitt 3.1),
  • die entsandte Person vor der Entsendung im Entsendestaat beschäftigt ist (Abschnitt 3.2, Ausnahmen Abschnitt 3.2.1),
  • die entsandte Person für Rechnung des entsendenden Arbeitgebers beschäftigt ist (Abschnitt 3.3),
  • die voraussichtliche Dauer der Entsendung 24 Monate nicht überschreitet (Abschnitt 3.4) und
  • die entsandte Person keine andere Person ablöst (Abschnitt 3.5).

Die Voraussetzungen müssen nebeneinander vorliegen. Ist ein Kriterium nicht erfüllt, liegt eine Entsendung nach Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht vor. In diesem Fall kann allenfalls über eine Ausnahmevereinbarung nach Art. 16 VO (EG) Nr. 883/2004 die Weitergeltung der Rechtsvorschriften des Entsendestaats bestimmt werden (GRA zu Art. 16 VO (EG) Nr. 883/2004.

Ob eine Person im Rahmen einer Entsendung als Beschäftigter anzusehen ist, richtet sich bei Entsendungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften weiterhin anzuwenden sind. Sofern also eine Beschäftigung in Deutschland vorliegt, die im Rahmen einer Entsendung vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt wird, ist für die Bestimmung des Begriffs „Beschäftigung“ § 7 SGB IV einschlägig.

Entsendefähigkeit des entsendenden Arbeitgebers

Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 stellt für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Entsendung zunächst Anforderungen an den entsendenden Arbeitgeber. Dieser muss vor der Entsendung von Beschäftigten in einen anderen Mitgliedstaat im Entsendestaat „gewöhnlich tätig“ sein.

Sinn und Zweck dieser Regelung ist, einer missbräuchlichen Anwendung der Entsenderegelung durch Unternehmen entgegenzuwirken, die in einem Mitgliedstaat (mit zum Beispiel geringen Sozialversicherungsabgaben) ausschließlich zu dem Zweck gegründet werden, von dort eigens zum Zwecke der Entsendung eingestelltes Personal in andere Mitgliedstaaten (mit zum Beispiel höheren Sozialversicherungsabgaben) zu entsenden, um so gegenüber Unternehmen im Beschäftigungsstaat günstiger am Markt auftreten zu können. Im Entsendestaat selbst werden kaum oder keine Geschäftstätigkeiten entfaltet. Hierzu zählt auch das Phänomen der sogenannte „Briefkastenfirmen“.

Die Voraussetzung „gewöhnlich tätig“ ist in zeitlicher Hinsicht in jedem Fall erfüllt, wenn das entsendende Unternehmen vor der Entsendung im Entsendestaat seit mindestens 2 Monaten tätig war. Sollte dieser Zeitraum unterschritten werden, schließt dies die Entsendefähigkeit des Arbeitgebers nicht automatisch aus. In diesem Fall ist jedoch anhand aller übrigen Kriterien eingehend zu prüfen, ob das Unternehmen nicht eigens zum Zwecke der Entsendung gegründet worden ist.

Der in Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 verwendete Begriff „gewöhnlich tätig“ wird darüber hinaus durch Art. 14 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 näher definiert. Danach muss das entsendende Unternehmen im Entsendestaat eine „nennenswerte Tätigkeit“ entfalten, die nicht nur „reine Verwaltungstätigkeiten“ sind.

Damit knüpft Art. 14 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 an die Rechtsprechung des EuGH-Urteil vom 09.11.2000, Rechtssache C-404/98, Plum, an. In diesem Verfahren hatte ein Bauunternehmen im Entsendestaat zwar eine Zweigstelle eingerichtet. Diese hatte aber lediglich die Aufgabe, Personal ausschließlich zum Zwecke der Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat anzuwerben und entsprechende Arbeitsverträge abzuschließen. Wirtschaftliche Aktivitäten im Baubereich wurden im Entsendestaat nicht entfaltet, sondern allein im Beschäftigungsstaat. Mit der erwähnten Entscheidung stellte der EuGH klar, dass das entsendende Unternehmen und die angeworbenen Beschäftigten bei dieser Konstellation von der europarechtlichen Entsenderegelung keinen Gebrauch machen können.

Ob das entsendende Unternehmen eine „nennenswerte Geschäftstätigkeit“ im Entsendestaat entfaltet oder nicht, ist anhand einer Reihe objektiver Kriterien festzustellen. Zu diesen Kriterien gehören insbesondere (nicht abschließend):

  • Ort, an dem das entsendenden Unternehmen seinen registrierten Sitz und seine Verwaltung hat,
  • Personalstruktur (nicht die Anzahl) des gesamten Personalbestands des entsendenden Unternehmens im Entsendestaat und im Beschäftigungsstaat (befindet sich vor der Entsendung im Entsendestaat ausschließlich Verwaltungspersonal, ist eine Entsendung von vornherein an bereits ausgeschlossen),
  • Anzahl der im Entsendestaat und im Beschäftigungsstaat (ohne Verwaltungspersonal) beschäftigten Arbeitnehmer (liegt der im Entsendestaat vor der Entsendung beschäftigte Anteil der Arbeitnehmer bei mindestens 25 %, ist dieses Kriterium erfüllt),
  • Anzahl der mit den Kunden des entsendenden Unternehmens im Entsendestaat und im Beschäftigungsstaat geschlossenen Verträge,
  • Ort, an dem die entsandten Arbeitnehmer eingestellt werden,
  • Ort, an dem der Großteil der Verträge mit den Kunden des Unternehmens geschlossen wird,
  • Recht, dem die Verträge unterliegen, die das entsendende Unternehmen mit seinen Arbeitnehmern und mit seinen Kunden abschließt,
  • der während eines hinreichend charakteristischen Zeitraums im Entsendestaat und im Beschäftigungsstaat vom entsendenden Unternehmen erzielte Umsatz (liegt der im Entsendestaat erzielte Umsatz bei mindestens 25 % des Gesamtumsatzes, ist dieses Kriterium erfüllt).

Anhand der genannten Kriterien ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung festzustellen, ob ausreichende Merkmale dafür vorliegen, dass das entsendende Unternehmen im Entsendestaat neben reinen Verwaltungstätigkeiten tatsächlich nennenswerte wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet und somit dort „gewöhnlich tätig“ ist. Zu beachten ist, dass diese Aufzählung nicht abschließend ist, sondern die zu berücksichtigenden Merkmale immer von den tatsächlichen Umständen/Tätigkeiten des Unternehmens im Entsendestaat abhängig sind. Je nach Sachverhalt können zusätzliche Aspekte in die Prüfung einbezogen werden.

Ein Unterschreiten des 25 % Wertes bei Personal und/oder Umsatz im Entsendestaat schließt die Entsendefähigkeit des Arbeitgebers nicht automatisch aus. Entsprechende Fälle sind jedoch unter Beachtung aller übrigen Kriterien sowie im Hinblick auf Sinn und Zweck des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 einer genauen Einzelfallprüfung zu unterziehen.

Entsendung im Rahmen einer bestehenden Beschäftigung

Weitere Voraussetzung für eine Entsendung nach Maßgabe des Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ist, dass die entsandte Person vor der Entsendung bereits beim entsendenden Unternehmen beschäftigt ist. Bei Personen, die im Rahmen eines Dauerarbeitsvertrages beschäftigt sind, reicht dabei eine kurze Zugehörigkeit zum entsendenden Unternehmen aus. Für Personen, die eigens zum Zwecke der Entsendung eingestellt werden, sind zusätzlich die in Abschnitt 3.2.1 beschriebenen Voraussetzungen zu beachten.

Beschäftigung bedeutet, dass zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem eine arbeitsrechtliche Bindung besteht, die während der Entsendung fortbestehen muss. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn

  • die bisherige Bindung der Parteien (Arbeitgeber/Beschäftigter), zwischen denen der Arbeitsvertrag geschlossen wurde beziehungsweise (falls kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde) deren übereinstimmende Willenserklärung zur Einstellung des Beschäftigten geführt hat, fortbesteht,
  • ausschließlich das entsendende Unternehmen berechtigt ist, den Arbeitsvertrag durch Kündigung aufzulösen,
  • die Weisungsbefugnis (insbesondere Bestimmung der Art der Arbeit) des entsendenden Unternehmens (gegebenenfalls in einer durch den Auslandseinsatz gelockerten Form) fortbesteht und
  • der arbeitsvertragliche Entgeltanspruch des Beschäftigten sich gegen das entsendende Unternehmen richtet (unabhängig davon, wer die Auszahlung des Gehalts tatsächlich vornimmt).

Beachte:

Wesentliche Merkmale einer Beschäftigung sind die Leistungserbringung während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung und die Gewährung einer Vergütung als Gegenleistung. Für den Fall, dass eine Person unzweifelhaft einer rein ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht, ist nicht davon auszugehen, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Liegt eine Beschäftigung nicht vor, kann bei grenzüberschreitenden Einsätzen auch keine Bescheinigung A1 als Nachweis über die anzuwendenden Rechtsvorschriften nach Art. 12 Abs. 1 VO(EG) Nr. 883/2004 beantragt bzw. ausgestellt werden. Maßgeblich sind die näheren Umstände des Einzelfalls. Die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status einer Person kann auf Anfrage von der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) oder durch die Clearingstelle der DRV Bund im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV vorgenommen werden.

Ist die Entsendefähigkeit des entsendenden Unternehmens gegeben (vergleiche Abschnitt 3.1) und besteht eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor und während der Entsendung (Abschnitt 3.2), ist zu prüfen, ob die Entsendebeschäftigung „für Rechnung“ des entsendenden Arbeitgebers ausgeübt wird (vergleiche Abschnitt 3.3).

Zum Zwecke der Entsendung eingestellte Beschäftigte

Auch Personen, die ausschließlich zum Zwecke der Entsendung eingestellt worden sind, werden von Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 erfasst. Hierzu müssen zunächst die unter Abschnitt 3.1 insgesamt und unter Abschnitt 3.2 im Hinblick auf das Merkmal „Beschäftigung“ beschriebenen Voraussetzungen vorliegen.

Weitere Voraussetzung ist darüber hinaus, dass der betreffende Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Beginn der Beschäftigung (das heißt vor der Entsendung) bereits den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem das entsendende Unternehmen seinen Sitz hat, unterstellt war (Art. 14 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009).

Die Voraussetzung „unmittelbar vor dem Beginn der Entsendung“ ist in jedem Fall erfüllt, wenn die entsandte Person mindestens seit einem Monat vor der Entsendung den Rechtsvorschriften des Entsendestaats unterstellt war. Bei kürzeren Zeiträumen ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller übrigen Entsendekriterien zu beurteilen, ob von der Entsenderegel des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 Gebrauch gemacht werden kann.

Die Anwendung der Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats vor der Entsendung muss nicht auf der Ausübung einer Beschäftigung beruhen. Beispielsweise können auch Hausfrauen und Studenten, die eigens zum Zwecke der Entsendung eingestellt werden, von der Entsenderegelung des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 Gebrauch machen, wenn im Regelfall zumindest seit einem Monat aufgrund ihres Wohnsitzes im Entsendestaat vor der Entsendung nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 3 Buchst. e VO (EG) Nr. 883/2004 die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats auf sie anwendbar waren.

Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 findet keine Anwendung, wenn der zum Zweck der Entsendung eingestellte Beschäftigte unmittelbar vor der Entsendung

  • weder in Deutschland wohnte noch hier erwerbstätig war oder
  • zwar in Deutschland wohnte, jedoch für ihn aufgrund der Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat die dortigen Rechtsvorschriften galten (beispielsweise Grenzgänger aus Deutschland in einen anderen Mitgliedstaat),
  • die Rechtsvorschriften eines dritten Mitgliedstaats, eines Drittlandes oder des Mitgliedstaates, in den er entsandt wird, anzuwenden waren.

Diese Personen unterliegen folglich den Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats, in den sie entsandt werden (Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004).

Beschäftigung „für Rechnung“ des entsendenden Arbeitgebers

Weitere Voraussetzung für die Anwendung des Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ist, dass die Beschäftigung im Rahmen der Entsendung „für Rechnung“ des entsendenden Arbeitgebers erfolgt. Hiervon ist auszugehen, wenn eine arbeitsrechtliche Bindung zwischen dem Beschäftigten und dem entsendenden Unternehmen fortbesteht (vergleiche Abschnitt 3.2) und die Arbeit tatsächlich für dieses Unternehmen ausgeführt wird. Die Hauptpflichten aus einem Arbeitsverhältnis, also die Lohnzahlungspflicht beziehungsweise Gehaltszahlungspflicht des entsendenden Unternehmens und - nach der Natur der Sache in abgeschwächter Form - die organisatorische Eingliederung und die Weisungsbefugnis während der Entsendung müssen weiterbestehen (BSG vom 21.09.1983, AZ: 10 RAr 6/82, SozR 4100 § 141b Nr. 28).

Bezüglich der Prüfung, inwiefern eine arbeitsrechtliche Bindung weiter besteht, sind nach Ziffer 1 des Beschlusses A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 insbesondere folgende Merkmale von Bedeutung:

  • Die Verantwortung zur Anwerbung des Arbeitnehmers muss beim entsendenden Arbeitgeber liegen.
  • Während der Entsendung muss zwischen dem entsendenden Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer ein Arbeitsvertrag bestehen.
  • Die Entlohnung erfolgt durch den entsendenden Arbeitgeber. Hierbei ist zu beachten, dass Vereinbarungen zwischen dem entsendenden Arbeitgeber und dem Unternehmen im Beschäftigungsstaat über die Entlohnung unerheblich sind. Der arbeitsrechtliche Entgeltanspruch des Arbeitnehmers muss sich gegen das entsendende Unternehmen richten.
  • Ausschließlich der entsendende Arbeitgeber kann den Arbeitsvertrag gegenüber dem Arbeitnehmer auflösen.
  • Der entsendende Arbeitgeber behält weiterhin die Entscheidungsgewalt über die Art der Arbeit. Hierunter ist nicht die Ausübung des Direktionsrechts bis in alle Einzelheiten zu verstehen, sondern die Bestimmung über das Endprodukt beziehungsweise die Art der Dienstleistung.
  • Die Befugnis zur Verhängung von Disziplinarmaßnahmen liegt weiterhin beim Entsendeunternehmen.

Da die Entsendung begrifflich einen Ortswechsel voraussetzt, liegt sie nicht vor, wenn die Einstellung des Arbeitnehmers erst im Beschäftigungsstaat erfolgt.

Wird der entsandte Arbeitnehmer von dem Unternehmen im Beschäftigungsstaat einem dritten (weiteren) Unternehmen zur Verfügung gestellt, liegen in der Regel keine arbeitsrechtlichen Bindungen mehr zum Unternehmen im Entsendestaat vor.

Eine arbeitsrechtliche Bindung zum Entsendeunternehmen ist auch dann nicht mehr gegeben, wenn der Arbeitsvertrag mit diesem endet, ruhend gestellt oder durch einen Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers mit dem Unternehmen, zu dem er entsandt wurde, ergänzt wird.

Um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und die gegenseitige wirtschaftliche Verflechtung zu fördern, gilt gemäß Ziffer 3 Buchstabe a des Beschlusses A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 auch für entsandte Arbeitnehmer, die nacheinander oder gleichzeitig für ein oder mehrere Unternehmen im Beschäftigungsstaat tätig sind. Maßgeblich ist in diesen Fällen wiederum, dass diese Arbeitnehmer ihre Tätigkeit weiterhin für Rechnung des entsendenden Unternehmens ausüben.

Sofern unmittelbar nacheinander Entsendungen in verschiedene Mitgliedstaaten erfolgen, führen diese jeweils zu einer neuen Entsendung im Sinne von Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 mit der Folge, dass für jede Entsendung die Voraussetzungen entsprechend zu prüfen sind und jeweils ein gesonderte A1-Bescheinigung auszustellen ist (Beschluss A2 vom 12.06.2009, Ziffer 3 Buchst. a).

Der Auslandseinsatz innerhalb eines Konzern-Unternehmens (zum Beispiel bei einer Tochtergesellschaft oder Muttergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat) stellt keine Entsendung dar, wenn der Arbeitnehmer organisatorisch in das ausländische Unternehmen eingegliedert ist und insoweit die Hauptpflichten (Arbeitsleistung, Entgeltanspruch) aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis ausgesetzt sind (Rumpfarbeitsverhältnis). Für eine solche Eingliederung spricht die Besetzung eines Arbeitsplatzes, der zur Betriebsstruktur des ausländischen Unternehmens gehört. Indiz für eine Entsendung ist in der Regel die durch das inländische Unternehmen (weiterhin) erfolgende Gehaltszahlung. Diese Indizwirkung entfällt jedoch, wenn dieser Zahlungsmodus lediglich auf einer konzerninternen Regelung beruht und nicht mit der betrieblichen Eingliederung des Arbeitnehmers verbunden ist.

Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung

Eine Entsendung liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn der Beschäftigte einem Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat überlassen wird, sofern während der Arbeitnehmerüberlassung weiterhin eine arbeitsrechtliche Bindung (vergleiche Abschnitt 3.2) zum entsendenden Unternehmen (Verleiher im Entsendestaat) besteht. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Verleihunternehmen üblicherweise Personal an in seinem Sitzstaat niedergelassene Entleiher zur Beschäftigung in diesem Staat verleiht.

Eine Entsendung liegt auch vor, wenn ein Entleiher einen Leiharbeitnehmer vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat einsetzt, sofern die Tätigkeit dem Entleiher zuzurechnen ist und die arbeitsrechtliche Bindung zwischen Leiharbeitnehmer und Verleiher uneingeschränkt fortbesteht.

In den nachfolgend aufgeführten Konstellationen kann grundsätzlich nicht mehr von einer der arbeitsrechtlichen Bindung zwischen Arbeitnehmer und Entsendeunternehmen ausgegangen werden. Einer Entsendung nach Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 liegt danach insbesondere nicht vor, wenn

  • das Unternehmen, zu dem der Arbeitnehmer entsandt ist, diesen einem anderen Unternehmen im Mitgliedstaat seiner Niederlassung überlässt,
  • der in einen Mitgliedstaat entsandte Arbeitnehmer einem Unternehmen überlassen wird, das in einem anderen Mitgliedstaat gelegen ist,
  • der in einen Mitgliedstaat entsandte Arbeitnehmer einem Unternehmen überlassen wird, um von einem in einem zweiten Mitgliedstaat gelegenen Unternehmen zu einem Unternehmen in einem dritten Mitgliedstaat entsandt zu werden, ohne dass die Voraussetzungen des Anschlusses an das Sozialversicherungssystem des Entsendestaats erfüllt sind oder
  • der Arbeitnehmer in einem Mitgliedstaat von einem Unternehmen eingestellt wird, das in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, um eine Tätigkeit im ersten Mitgliedstaat auszuführen.

Die Arbeitnehmerüberlassung nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) bedarf immer einer Erlaubnis durch die Arbeitsagenturen. Der Verleiher darf den Leiharbeitnehmer maximal 18 aufeinanderfolgende Monate demselben Entleiher überlassen; eine Abweichung aufgrund tarifrechtlicher Regelungen ist möglich (§ 1 Abs. 1b AÜG).

 Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland

Damit auf Leiharbeitnehmer, die aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland entsandt werden, die Rechtsvorschriften des Entsendestaats angewandt werden können, muss einerseits der grenzüberschreitende Arbeitnehmerverleih nach den Vorschriften des anderen Mitgliedstaats zulässig sein, andererseits muss dem Verleiher die nach dem AÜG vorgeschriebene Verleiherlaubnis der zuständigen Regionaldirektion der Agentur für Arbeit erteilt worden sein.

Besitzt der (Arbeitgeber) Verleiher nicht die deutsche Verleiherlaubnis der zuständigen Regionaldirektion der Agentur für Arbeit, ist der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer unwirksam und es entsteht ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher (§§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 10 Abs. 1 AÜG). In diesem Fall liegt keine Entsendung nach Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 vor. Nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 gelten für den Beschäftigten bzw. die in Deutschland ausgeübte Beschäftigung dann die deutschen Rechtsvorschriften.

Wird ein Leiharbeitnehmer von einem Verleiher im anderen Mitgliedstaat an einen ebenfalls dort ansässigen Entleiher überlassen und von diesem Entleiher tatsächlich im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen in Deutschland eingesetzt, so bedarf dies keiner gesonderten Erlaubnis nach dem AÜG.

In diesem Zusammenhang ist die Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung zu beachten. Die „Zweite Verordnung über eine Lohnuntergrenze in der Arbeitnehmerüberlassung“ vom 21.03.2014 gilt auch für Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Verleiher und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern.

Arbeitnehmerüberlassung aus Deutschland

Verleiht ein Verleihunternehmen in Deutschland Arbeitnehmer an ein Unternehmen (Entleiher) in einem anderen Mitgliedstaat, liegt bei entsprechender arbeitsrechtlicher Bindung zum Verleiher ein inländisches (deutsches) Beschäftigungsverhältnis vor. Voraussetzung ist jedoch auch in diesen Fällen, dass der Verleiher, der gewerbsmäßig Arbeitnehmer verleiht, von der zuständigen Regionaldirektion der Agentur für Arbeit die nach dem AÜG vorgeschriebene Verleiherlaubnis besitzt und die Vorschriften nach dem AÜG entsprechend eingehalten werden.

Liegt in derartigen Fällen eine Entsendung nach Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 vor, gelten die deutschen Rechtsvorschriften während der Beschäftigung beim Unternehmen im anderen Mitgliedstaat (Entleiher) für den Leiharbeitnehmer weiter.

Überlässt jedoch das Unternehmen im anderen Mitgliedstaat (Entleiher) diesen Leiharbeitnehmer einem weiteren Unternehmen, ist die arbeitsrechtliche Bindung zum deutschen Verleihunternehmen nicht mehr vorhanden. Infolgedessen liegt keine Entsendung aus Deutschland mehr vor. Die deutschen Rechtsvorschriften sind dann nicht mehr anzuwenden.

Liegt für den (deutschen) Verleiher die notwendige Verleiherlaubnis der Agentur für Arbeit nicht vor, besteht auch in diesen Fällen kein inländisches (deutsches) Beschäftigungsverhältnis, da der Vertrag zwischen dem (deutschen) Verleiher und dem Leiharbeitnehmer unwirksam ist. Insoweit gilt in diesen Fällen das Unternehmen im anderen Mitgliedstaat (Entleiher) als Arbeitgeber. Aufgrund des fehlenden inländischen (deutschen) Beschäftigungsverhältnisses liegt somit keine Entsendung vor. Nach Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 gelten für den Beschäftigten bzw. die in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübte Beschäftigung dann die dortigen Rechtsvorschriften.

Befristung auf 24 Monate

Eine Entsendung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 liegt nur dann vor, wenn die voraussichtliche Dauer der Arbeit 24 Monate (nicht Kalendermonate) nicht überschreitet. Aus der Formulierung „voraussichtliche Dauer“ ergibt sich, dass die zeitliche Begrenzung bereits vor der Arbeitsaufnahme im anderen Mitgliedstaat feststehen muss. Die 24-monatige Höchstdauer bezieht sich nicht auf die Art der zu verrichtenden Arbeit, sondern auf die Einsatzdauer des Entsandten. Ansonsten wäre das Ablöseverbot des Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004, letzter Teilsatz, nicht erforderlich.

Mehrfache Verlängerungen sind möglich, wenn dadurch die Gesamtdauer von 24 Monaten - gerechnet ab dem Beginn der ersten Entsendung - nicht überschritten wird, die jeweilige Verlängerung nicht vorhersehbar war und rechtzeitig, das heißt vor Ablauf der jeweiligen geplanten Verlängerung beantragt wurde.

Sofern die Entsendung von vornherein 24 Monate überschreitet, finden vom ersten Tag der Entsendung die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats Anwendung (Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004). Die weitere Anwendung der deutschen Rechtsvorschriften über § 4 SGB IV (Ausstrahlung) ist nicht möglich, da die Rechtszuweisung in den Beschäftigungsstaat nach Maßgabe des Art. 11 Abs. 3 Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004 Anwendungsvorrang gegenüber innerstaatlichem Recht hat (§ 6 SGB IV).

Die konkrete Befristung im Voraus kann sich insbesondere

  • aus vertraglichen Regelungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber,
  • aus vertraglichen Regelungen zwischen dem deutschen und dem ausländischen Unternehmen oder
  • aus der Eigenart der Aufgabe

ergeben.

Beachte:

Im Gegensatz zur VO (EWG) Nr. 1408/71 ist eine Verlängerung der Entsendefrist nach Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 nicht möglich. Die Verlängerung der anzuwendenden Rechtsvorschriften des Entsendestaats kann allenfalls im Rahmen einer Ausnahmevereinbarung (Art. 16 VO (EG) Nr. 883/2004) in Betracht kommen.

Unterbrechung der Entsendung

Eine zeitweise Unterbrechung der Tätigkeit (zum Beispiel durch Urlaub, Arbeitsunfähigkeit, Fortbildungsmaßnahmen) während der vorgesehenen Entsendung im Beschäftigungsstaat, gilt nicht als Unterbrechung der Entsendung. Der Zeitraum der Unterbrechung ist in die 24-Monatsfrist der Entsendung einzubeziehen. Die Unterbrechungszeit verlängert also nicht den vorgesehenen Entsendezeitraum. Dieser endet genau zum geplanten Termin, unabhängig von der Zahl und der Dauer der Ereignisse, die zu einer Unterbrechung der Tätigkeit geführt haben.

Eine Entsendung gilt erst als beendet, wenn der Unterbrechungszeitraum länger als zwei Monate andauert. Wird danach der Einsatz fortgesetzt, gilt dieser grundsätzlich als neue Entsendung. Dies gilt nicht, wenn der ursprüngliche Entsendezeitraum und die weitere Entsendung zusammen 24 Monate nicht überschreiten. Wird der Zeitraum von 24 Monaten nicht überschritten, kann die Entsendetätigkeit mittels der ursprünglich ausgestellten Bescheinigung A1 bis zum Ende des ursprünglich geplanten Entsendezeitraums fortgesetzt werden.

Ist der Zeitplan aufgrund der mehr als zwei Monate andauernden Unterbrechung nicht mehr einzuhalten und werden die im Beschäftigungsstaat zu erledigenden Tätigkeiten - von Beginn an gerechnet - voraussichtlich länger als 24 Monate andauern, ist nach dem Ende des Unterbrechungszeitraums von mehr als zwei Monaten (und nicht erst nach dem Ende des ursprünglichen Entsendezeitraums) eine erneute Entsendung (Ausstellung der Bescheinigung A1) zu beantragen. Diese erneute Entsendung kann nach dem Ende des Unterbrechungszeitraums von mehr als zwei Monaten für die Dauer von maximal 24 Monaten erfolgen. Dies gilt unabhängig davon, ob der zuvor entsandte Arbeitnehmer oder eine andere Person die Arbeit im anderen Mitgliedstaat fortsetzt. Wird die erneute Entsendung erst nach Ablauf des ursprünglichen Entsendezeitraums beantragt, kann eine weitere Entsendung für denselben Arbeitnehmer, dasselbe Unternehmen und denselben Mitgliedstaat grundsätzlich erst nach Ablauf von zwei Monaten nach Ablauf des vorherigen Entsendezeitraums erfolgen.

Beachte:

Wird eine Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat regelmäßig durch Einsätze in Deutschland unterbrochen, sollte geprüft werden, ob es sich statt um einen entsandten Arbeitnehmer um eine Person handelt, die eine Beschäftigung gewöhnlich in mehreren Mitgliedstaaten ausübt (Art. 13 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004). Hiervon kann ausgegangen werden, wenn für nur einen Arbeitgeber zumindest an einem Tag in jedem Monat eine Beschäftigung in mindestens einem weiteren Mitgliedstaat ausgeübt wird. Wird eine Beschäftigung zwar regelmäßig, aber beispielsweise nur für einen Tag jeden zweiten Monat oder für weniger als 5 Tage im Quartal für nur einen Arbeitgeber in einem weiteren Mitgliedstaat ausgeübt, sind die einzelnen Einsätze als Entsendungen anzusehen.

Ablöseverbot

Erfolgt der Auslandseinsatz des Beschäftigten, um eine andere entsandte Person abzulösen, ist die Entsenderegelung nicht anwendbar (Art. 12 Abs. 1 letzter Teilsatz VO (EG) Nr. 883/2004). Ohne dieses Ablöseverbot bliebe bei sogenannten Kettenablösungen das Recht des Entsendestaats auch bei langfristigen Arbeiten im anderen Mitgliedstaat anwendbar.

Das Ablöseverbot des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a VO (EWG) Nr. 1408/71 lässt nach dem Wortlaut dieser Vorschrift (anders als Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004) eine Entsendung des ablösenden Arbeitnehmers in Fällen zu, in denen die Entsendefrist für den abzulösenden Arbeitnehmer noch nicht abgelaufen ist. In der Praxis führte dies dazu, dass das Ablöseverbot dadurch ausgehöhlt wurde, dass die Entsendung von Arbeitnehmern spätestens einen Tag vor Ablauf der geplanten Entsendung beendet wurde. Da die Entsendefrist dieses Arbeitnehmers folglich nicht abgelaufen war, griff das Ablöseverbot des Art. 14 Abs. 1 Buchst. a VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht ein, womit der entsprechende Arbeitsplatz umgehend wieder im Rahmen einer (Ketten) Entsendung besetzt werden konnte.

Um dem entgegenzuwirken bestimmt Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 ein generelles Ablöseverbot. Davon werden nunmehr auch Fälle erfasst, in denen die Entsendefrist für den abgelösten Arbeitnehmer noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der ursprüngliche Entsendezeitraum und eine weitere Entsendung im Rahmen einer Ablösung zusammen 24 Monate nicht überschreiten (siehe Abschnitt 3.4).

Das Ablöseverbot ist nicht nur aus Sicht des Entsendestaats, sondern auch aus Sicht des Aufnahmestaats zu betrachten. In der Praxis bedeutet dies, dass eine von einem Unternehmen aus einem Mitgliedstaat entsandte Person nicht durch eine weitere

  • vom gleichen Unternehmen entsandte Person,
  • entsandte Person aus demselben Mitgliedstaat,
  • entsandte Person aus einem anderen Mitgliedstaat

abgelöst werden kann.

Letztendlich ist eine Entsendung immer dann ausgeschlossen, sofern im Aufnahmeunternehmen bereits eine entsandte Person beschäftigt wurde, die nun von einer weiteren entsandten Person abgelöst werden soll. Unbeachtlich ist hierbei, aus welchem Entsendestaat beziehungsweise durch welches Entsendeunternehmen der neue Arbeitnehmer zum Aufnahmeunternehmen entsandt wird.

Entsendung im Anschluss an eine vorherige Entsendung

In den Fällen, in denen die Entsendung eines Arbeitnehmers abgelaufen ist, kann nach Ziffer 3 Buchst. c des Beschlusses A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 eine weitere Entsendung für denselben Arbeitgeber, dieselben Unternehmen und denselben Mitgliedstaat nur nach Ablauf von zwei Monaten nach Ende des vorangegangenen Entsendezeitraums bewilligt werden. Nur unter besonderen Umständen kann hiervon abgewichen werden.

Ein besonderer Umstand kann ein zwischenzeitlicher Arbeitgeberwechsel sein. Zu beachten ist in derartigen Fällen, dass sehr genau zu prüfen ist, inwieweit eventuell Beziehungen zwischen beiden Arbeitgebern bestehen.

Wird hingegen der ursprüngliche Entsendezeitraum und die weitere Entsendung insgesamt die Dauer von 24 Monaten nicht übersteigen, kann eine erneute A1-Bescheinigung ausgestellt werden. Insoweit sind auch mehrmalige Verlängerungen möglich, vorausgesetzt

  • der gesamte Entsendezeitraum überschreitet nicht die Dauer von 24 Monaten (gerechnet vom Beginn der ersten Entsendung an),
  • die jeweilige Verlängerung war nicht voraussehbar und
  • die Verlängerung wird rechtzeitig (vor Ablauf der geplanten Entsendedauer) beantragt.

Informationspflichten des Arbeitnehmers und Arbeitgebers

Der entsandte Arbeitnehmer und dessen Arbeitgeber haben nach Ziffer 5 Buchst. b des Beschlusses A2 der Verwaltungskommission vom 12.06.2009 den zuständigen Träger des Entsendestaats über alle im Laufe der Entsendung eingetretenen Änderungen zu unterrichten; insbesondere, wenn

  • die beantragte Entsendung tatsächlich nicht erfolgt oder früher endet,
  • die Tätigkeit unterbrochen wird und es sich nicht um eine kurze Unterbrechung durch Krankheit, Urlaub, Lehrgänge oder Ähnliches handelt,
  • der entsandte Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber einem anderen Unternehmen im Entsendestaat überlassen wurde, insbesondere bei Fusion oder Übertragung von Unternehmen.

Der zuständige Träger im Entsendestaat erteilt dem Träger im Beschäftigungsstaat auf dessen Anfrage die entsprechenden Auskünfte.

Wird der zuständige Träger im Entsendestaat nicht entsprechend informiert, kann dies gegebenenfalls zum Widerruf der A1-Bescheinigung und somit zur Anwendung der Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats führen. Dies ist auch für zurückliegende Zeiträume möglich.

Keine Entsendefälle - Zusammenfassung

Entsendung liegt insbesondere in folgenden Fällen nicht vor:

  • Das Unternehmen, zu dem der Beschäftigte entsandt wird, überlässt diesen einem anderen Unternehmen im Beschäftigungsstaat (vergleiche Abschnitt 3.3.1).
  • Das Unternehmen, zu dem der Arbeitnehmer entsandt wird, überlässt diesen einem Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat (vergleiche Abschnitt 3.3.1).
  • Der Arbeitnehmer wird in Mitgliedstaat A eingestellt, um von einem Unternehmen, das in einem zweiten Mitgliedstaat B ansässig ist, zu einem Unternehmen in einem dritten Mitgliedstaat C entsandt zu werden (vergleiche Abschnitt 3.2.1).
  • Der Beschäftigte wird in Mitgliedstaat A von einem Unternehmen eingestellt, das in einem anderen Mitgliedstaat B ansässig ist, um eine Tätigkeit im ersten Mitgliedstaat A auszuführen (vergleiche Abschnitt 3.2.1).
  • Die voraussichtliche Dauer der Entsendung beträgt mehr als 24 Monate (vergleiche Abschnitt 3.4).
  • Der Beschäftigte wird entsandt, um einen anderen entsandten Beschäftigten abzulösen (vergleiche Abschnitt 3.5).

Entsendung Selbständiger (Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004)

Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 enthält Sonderregelungen zu Art. 11 Abs. 3 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 für Selbständige, die ihre selbständige Erwerbstätigkeit vergleichbar den entsandten Beschäftigten vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat ausüben.

Nach Maßgabe des Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 gelten für eine Person die Rechtsvorschriften des Entsendestaats weiterhin, wenn sie

  • gewöhnlich im Entsendestaat eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt (vergleiche Abschnitt 4.1) und
  • eine ähnliche Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat ausübt (vergleiche Abschnitt 4.2),
  • sofern die voraussichtliche Dauer dieser Tätigkeit 24 Monate nicht überschreitet (vergleiche Abschnitt 4.3).

Gewöhnlich in einem Mitgliedstaat selbständig erwerbstätig

Die Weitergeltung der Rechtsvorschriften des Entsendestaats bei vorübergehender Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat setzt nach Maßgabe des Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 zunächst voraus, dass die betreffende Person vor Aufnahme der Tätigkeit im Beschäftigungsstaat im Entsendestaat gewöhnlich eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt. Dies ist nach den näheren Erläuterungen des Art. 14 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 der Fall, wenn der Selbständige

  • üblicherweise nennenswerte Tätigkeiten in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, ausübt (vergleiche Abschnitt 4.1.1),
  • die nennenswerte Tätigkeit dort bereits „einige Zeit“ vor der Entsendung ausgeübt hat (vergleiche Abschnitt 4.1.2) und
  • während der vorübergehenden Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat die für die Ausübung seiner selbständigen Erwerbstätigkeit im Entsendestaat erforderliche Infrastruktur aufrechterhält (vergleiche Abschnitt 4.1.3).

Nennenswerte Tätigkeit im Sitzstaat

Hinsichtlich der Beurteilung der Frage, ob ein selbständig Erwerbstätiger üblicherweise „nennenswerte Tätigkeiten“ in dem Mitgliedstaat ausübt, in dem er ansässig ist (Sitzstaat), gelten zunächst die unter Abschnitt 3.1 für die Entsendefähigkeit von Arbeitgebern genannten Kriterien entsprechend. Weitere Indizien sind

  • Benutzung von Geschäftsräumen (zum Beispiel Büro oder Werkstatt) im Entsendestaat,
  • Zahlung von Steuern im Entsendestaat,
  • Entrichtung von Beiträgen an ein System der sozialen Sicherheit im Entsendestaat,
  • Besitz einer Gewerbeerlaubnis und Umsatzsteuernummer im Entsendestaat,
  • Eintragung bei Handelskammern und Berufsverbänden im Entsendestaat,
  • vom Sitzstaat ausgestellte Urkunden über die berufliche Qualifikation.

Anhand der genannten Kriterien ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung festzustellen, ob ausreichende Merkmale dafür vorliegen, dass ein Selbständiger beziehungsweise ein Unternehmen in seinem Sitzstaat (und nicht in einem anderen Staat) tatsächlich nennenswerte Tätigkeiten ausübt und somit dort „gewöhnlich tätig“ ist.

Zeitliches Kriterium

Zusätzlich zur Ausübung einer „nennenswerten Tätigkeit“ im Sitzstaat (Abschnitt 4.1.1) fordert Art. 14 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 für die Anwendung der Entsendevorschrift des Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004, dass diese Tätigkeit bereits „seit einiger Zeit“ im Sitzstaat ausgeübt worden ist. Diese Voraussetzung ist in jedem Fall erfüllt, wenn die nennenswerte Tätigkeit durch den selbständig Erwerbstätigen/das Unternehmen seit 2 Monaten vor der Entsendung im Entsendestaat ausgeübt worden ist. Kurze Zeiträume schließen eine Entsendung nicht automatisch aus. Entsprechende Vorgänge sind jedoch unter Beachtung aller übrigen Kriterien im Einzelfall eingehend zu prüfen, um festzustellen, ob die selbständige Erwerbstätigkeit nicht eigens zu dem Zweck der Entsendung aufgenommen wurde.

Aufrechterhaltung der für die Ausübung der Tätigkeit im Sitzstaat erforderlichen Infrastruktur

Von der Entsenderegelung des Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 kann nur Gebrauch gemacht werden, wenn während jeder Zeit der Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat die Voraussetzungen für die Ausübung der Tätigkeit im Entsendestaat weiterhin aufrecht erhalten bleiben, damit die Fortsetzung der Tätigkeit nach dem Ende der Entsendung gewährleistet ist.

Kriterien hierfür sind unter anderem, ob im Inland:

  • Büro- beziehungsweise Geschäftsräume unterhalten werden,
  • Steuern gezahlt werden,
  • ein Gewerbeausweis und eine Umsatzsteuernummer nachgewiesen werden können oder
  • die Eintragung bei der Handelskammer oder einem Gewerbeverband erfolgte.

Die Anforderungen an dieses Kriterium sind je nach Art der ausgeübten selbständigen Tätigkeit zu bemessen und orientieren sich an den für die jeweilige Branche üblichen Gegebenheiten. So könnte bei einem Musiker beispielsweise die Beibehaltung einer Wohnung im Entsendestaat ausreichend sein, in anderen Berufen die Beibehaltung von Geschäftsräumen (Büro/Werkstatt).

Entsendung nur in „ähnliche Tätigkeiten“

Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 ist nur anwendbar, wenn während der Entsendung im Beschäftigungsstaat eine „ähnliche Tätigkeit“ wie im Entsendestaat ausgeübt wird.

Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Selbständiger im Beschäftigungsstaat eine „ähnliche Tätigkeit“ wie im Entsendestaat ausübt, kommt es nach Art. 14 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 zunächst auf die tatsächliche Eigenart der Tätigkeit an und nicht darauf, ob diese Tätigkeit vom Beschäftigungsstaat als selbständige Erwerbstätigkeit oder als abhängige Beschäftigung angesehen wird. Damit weicht Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 (ausschließlich für den Bereich der Entsendung Selbständiger) vom Grundsatz des Art. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004 ab, wonach die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Erwerbstätigkeit anhand der Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates erfolgt.

Die Entsendung eines selbständig Erwerbstätigen nach Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 kann sowohl in eine „ähnliche“ selbständige Erwerbstätigkeit, als auch in eine „ähnliche“ abhängige Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat erfolgen. Voraussetzung ist, dass es sich um „ähnliche“ Tätigkeiten handelt.

„Ähnlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Tätigkeiten im Entsendestaat und Beschäftigungsstaat nicht vollständig identisch sein müssen. Zumindest die Branche muss aber übereinstimmen. Ein Landwirt, der im Entsendestaat einen Viehwirtschaftsbetrieb unterhält, könnte demnach im Rahmen einer Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat vorübergehend dort im Ackerbau tätig sein, weil beide Tätigkeiten dem Sektor Landwirtschaft zuzuordnen sind. Ein selbständiger Tischler könnte für eine vorübergehende Tätigkeit als Fleischer in einem anderen Mitgliedstaat jedoch nicht von der Entsenderegelung des Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 Gebrauch machen.

Die rechtserheblichen Tatsachen sollten vom betreffenden Selbständigen im Voraus durch entspreche Verträge (Arbeitsverträge, Werkverträge) belegt werden.

Schließlich kann die Entsendung eines selbständig Tätigen nach Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 sowohl in eine ähnliche selbständige Tätigkeit als auch in eine ähnliche abhängige Beschäftigung erfolgen.

Befristung auf 24 Monate

Die Ausführungen zur Befristung der Entsendung von Beschäftigten gelten für Selbständige zunächst entsprechend (vergleiche Abschnitt 3.4). Darüber hinaus ist die Befristung der Entsendetätigkeit Selbständiger anhand geeigneter Unterlagen (Arbeitsverträge beziehungsweise Werkverträge) nachzuweisen.

Unterbrechung der Entsendung/erneute Entsendung

Hinsichtlich der Unterbrechung der Entsendung bestehen keine besonderen Regelungen, die bei der Entsendung von Selbständigen nach Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 zu beachten sind. Die Regelungen für Arbeitnehmer gelten insoweit entsprechend (siehe Abschnitt 3.4.1).

Ebenso kann für einen Selbständigen, für den die Entsendefrist von maximal 24 Monaten für eine Tätigkeit in einem Mitgliedstaat abgelaufen ist, unmittelbar anschließend eine erneute Entsendung in einen weiteren Mitgliedstaat für weitere 24 Monate erfolgen, sofern alle anderen Voraussetzungen nach Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 vorliegen.

Eine erneute Entsendung in denselben Mitgliedstaat kann hingegen erst nach einer Unterbrechung von mindestens zwei Monaten erfolgen, sofern der Entsendezeitraum von 24 Monaten bereits abgelaufen ist. Insoweit findet hier der Beschluss A2 vom 12.06.2009 Ziffer 3 analog Anwendung. Die Voraussetzungen nach Art. 12 Abs. 2 VO (EG) Nr. 883/2004 sind dabei erneut zu prüfen.

Erfolgen wiederholt vorübergehende Erwerbstätigkeiten in anderen Mitgliedstaaten, ist darüber hinaus zu prüfen, ob die Infrastruktur für die Fortsetzung der selbständigen Tätigkeit im Entsendestaat weiterhin gegeben ist (siehe Abschnitt 4.1.3) oder ob eine Fall der Mehrfacherwerbstätigkeit nach Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 vorliegt (siehe GRA zu Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004).

Bezüglich der Verlängerung einer Entsendung von Selbständigen wird auf die Ausführungen im Abschnitt 3.4.1 verwiesen.

Verfahren bei der Anwendung des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004

Gelten in Anwendung des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 für eine Person, die ihre Beschäftigung/Tätigkeit vorübergehend in einem anderen Mitgliedstaat ausübt, die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit, benötigt sie zur Dokumentation dieses Sachverhaltes gegenüber den Behörden im Beschäftigungsstaat einen Nachweis, die A1-Bescheinigung (ehemals E101). Nach den Festlegungen im gemeinsamen Ministerialblatt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 20.01.2011 (GMBl. Nr. 1/2011) stellt die A1-Bescheinigung in Deutschland aus:

  • die gesetzliche Krankenkasse, bei der die Person versichert ist. Dies gilt unabhängig davon, ob bei dieser Krankenkasse eine Pflicht-, freiwillige oder Familienversicherung besteht,
  • der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV Bund, DRV Knappschaft-Bahn-See oder der zuständige Regionalträger der DRV), wenn die Person nicht gesetzlich krankenversichert ist,
  • die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V., Postfach 08 02 54, 10002 Berlin, wenn die Person nicht gesetzlich krankenversichert und aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung von der Rentenversicherungspflicht befreit ist. Diese Zuständigkeit gilt auch, wenn neben der Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung in einer daneben ausgeübten Erwerbstätigkeit Rentenversicherungspflicht besteht.

Auf die Ausführungen in der GRA zu Art. 15 VO (EG) Nr. 987/2009 sowie GRA zu § 127a SGB VI, Abschnitt 2.3.1, und GRA zu § 128 SGB VI, Abschnitt 3 wird verwiesen.

Verfahrensvereinfachung bei kurzfristigen Entsendungen

Nach dem bis zum 30.04.2010 geltenden Recht ermöglichte der Beschluss Nr. 148 der Verwaltungskommission vom 25.06.1992 den Unternehmen für Entsendungen von bis zu drei Monaten eine Entsendebescheinigung selbst auszustellen. Für die VO (EG) Nr. 883/2004 wurde ein entsprechender Beschluss nicht gefasst. Daher sind sämtliche Entsendebescheinigungen grundsätzlich im Voraus beim zuständigen Träger zu beantragen. Da dies insbesondere bei eng hintereinander liegenden kurzfristigen Einsatzzeiträumen in der Praxis zu administrativen Problemen auf der Arbeitgeberseite führte, hat das BMAS Hinweise zur Handhabung der A1-Bescheinigung bei kurzfristiger Entsendung erarbeitet. Sie richten sich in erster Linie an die betroffenen Arbeitgeber und sind nur für deutsche Träger relevant.

Danach ist eine A1-Bescheinigung grundsätzlich für jede vorübergehende Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat beim zuständigen Träger im Voraus zu beantragen. Sie kann jedoch auch nachträglich erteilt werden. Bei kurzfristig anberaumten Geschäftsreisen und bei sehr kurzen Entsendezeiträumen von bis zu einer Woche kann es für den betroffenen Arbeitgeber zweckmäßig sein, auf einen Antrag auf Ausstellung der A1-Bescheinigung zu verzichten. Sofern von den prüfenden Stellen des Beschäftigungsstaats jedoch eine A1-Bescheinigung verlangt wird, ist sie im Nachhinein zu beantragen und dieser Stelle vorzulegen. Das Recht, in jedem Fall eine A1-Bescheinigung auch für sehr kurze Entsendungen zu beantragen, bleibt unberührt, zumal hierdurch mögliche Probleme für die entsandten Personen vermieden werden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass bei einem Arbeitsunfall in bestimmten Ländern (insbesondere in Italien, Österreich und der Schweiz) eine besondere Sachleistungsaushilfe im Rahmen der Gesetzlichen Unfallversicherung nur dann in Anspruch genommen werden kann, wenn neben der Europäischen Krankenversicherungskarte auch die A1-Bescheinigung vorgelegt wird. In Bezug auf Belgien ist Arbeitgebern auf Anfrage zu raten, auch bei kurzfristigen Entsendungen die Ausstellung des Vordrucks A1 zu beantragen.

Speicherung von im Ausland ausgestellten Bescheinigungen bei einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit in Deutschland

Nach § 150 Abs. 3 SGB VI werden die von den Trägern der anderen Mitgliedstaaten ausgestellten A1-Bescheinigungen bei einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit in Deutschland von der Datenstelle der Träger der Rentenversicherung (DSRV) in Würzburg gespeichert.

Bei den Rentenversicherungsträgern eingehende Durchschriften oder Mitteilungen über die Ausstellung von A1-Bescheinigungen anderer Mitgliedstaaten sind deshalb zuständigkeitshalber an die Deutsche Rentenversicherung Bund, Referat 0552, Berner Straße 1, 97084 Würzburg, weiterzuleiten.

Beispiel 1: Einstellung zum Zwecke der Entsendung

(Beispiel zu Abschnitt 3.2.1)

Frau G. wohnt in Deutschland und arbeitete bislang für ein dort ansässiges Unternehmen in Österreich, weshalb für sie die österreichischen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit galten. Zum 01.11. nimmt sie eine Beschäftigung in Deutschland auf. Ihr Arbeitgeber setzt sie vom 07.11. bis 30.11. in Tschechien ein.

Lösung:

Da für Frau G. vor dem Einsatz in Tschechien nicht seit mindestens einem Monat die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit galten, liegt keine Entsendung nach Art. 12 Abs. 1 EWGV 883/2004 vor. Auf Frau G. sind ab dem 07.11. die tschechischen Rechtsvorschriften anzuwenden.

Beispiel 2: Einstellung zum Zwecke der Entsendung

(Beispiel zu Abschnitt 3.2.1)

Herr H. wohnt in München, wo er bis 31.05. ein Studium absolviert hat. Nach einer Phase der beruflichen Orientierung, während der er keine Beschäftigung ausübte und weiterhin privat krankenversichert war, nimmt er am 01.08. eine Tätigkeit für ein deutsches Unternehmen auf, das ihn unmittelbar für 8 Monate in Frankreich einsetzen möchten.

Lösung:

Für Herrn H. galten vor Beginn des Arbeitseinsatzes in Frankreich die deutschen Rechtsvorschriften, da er hier wohnt und nicht die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates für ihn galten. Dass er bislang nicht erwerbstätig und nicht gesetzlich sozialversichert war, ist dabei unerheblich. Während seiner Entsendung nach Frankreich gelten für ihn daher nach Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 weiterhin die deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit.

Beschluss Nr. 1/2014 des gemischten Ausschusses, eingesetzt im Rahmen des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 28.11.2014 zur Änderung von Anhang II dieses Abkommens über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

Inkrafttreten: 01.01.2015

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 367/122 vom 23.12.2014

Mit dem Beschluss Nr. 1/2014 des gemischten Ausschusses vom 28.11.2014 wurde der Anwendungsbereich der VO (EU) Nr. 465/2012 vom 22.05.2012 auf die Schweiz erweitert.

Beschluss Nr. 14/2013 des gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 01.02.2013 zur Änderung von Anhang VI (Soziale Sicherheit) des EWR-Abkommens

Inkrafttreten: 02.02.2013

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 144/19 vom 30.05.2013

Mit dem Beschluss Nr. 14/2013 des gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 01.02.2013 wurde der Anwendungsbereich der VO (EU) Nr. 465/2012 vom 22.05.2012 auf die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen erweitert.

VO (EU) Nr. 465/2012 vom 22.05.2012

Inkrafttreten: 28.06.2012

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 149/4 vom 08.06.2012

In Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 wurde durch Art. 1 Nr. 5 der VO (EU) Nr. 465/2012 nach dem Wort „andere“ das Wort „entsandte“ eingefügt.

Die Änderung des Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 ist für die Mitgliedstaaten der EU mit der VO (EU) Nr. 465/2012 vom 22.05.2012 am 28.06.2012 in Kraft getreten.

VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004

Inkrafttreten: 20.05.2004

Quelle: Amtsblatt (EU) Nr. L 200/1 vom 07.06.2004 (berichtigte Fassung)

Anzuwenden ab: 01.05.2010

Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 ist mit der VO (EG) Nr. 883/2004 vom 29.04.2004 am 20.05.2004 in Kraft getreten und ab 01.05.2010 anwendbar (Art. 91 Satz 2 VO (EG) Nr. 883/2004).

Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 entspricht inhaltlich weitgehend den Art. 14 und 14a VO (EWG) Nr. 1408/71.

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