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§ 94 SGG: Rechtshängigkeit

Änderungsdienst
veröffentlicht am

04.07.2022

Änderung

Neu aufgenommen

Dokumentdaten
Stand24.06.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des FamFG sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 11.10.2016 in Kraft getreten am 15.10.2016
Rechtsgrundlage

§ 94 SGG

Version001.00

Inhalt der Regelung

§ 94 S. 1 SGG regelt die Rechtshängigkeit der Streitsache durch Erhebung der Klage.

§ 94 S. 2 SGG regelt die Rechtshängigkeit der Streitsache zum Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren mit Zustellung der Klage (siehe GRA zu § 202 SGG, Abschnitt 8).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 204 BGBHemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung
§ 209 BGBWirkung der Hemmung
§ 17 GVGZulässigkeit nach Rechtshängigkeit
§ 17a GVGRechtsweg
§ 17b GVGAnhängigkeit nach Verweisung
§ 31 SGB XBegriff des Verwaltungsaktes
§ 62 SGB XRechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte
§ 7 SGGErrichtung, Bezirk, Zweigstellen
§ 8 SGGSachliche Zuständigkeit
§ 90 SGGKlageerhebung
§ 91 SGGFristwahrung bei Erhebung der Klage bei unzuständigem Gericht oder unzuständiger Behörde
§ 95 SGGStreitgegenstand
§ 98 SGGVerweisung bei Unzuständigkeit
§ 202 SGGEntsprechende Anwendung des GVG, der ZPO und des GWB

Beginn der Rechtshängigkeit

Die Rechtshängigkeit der Streitsache tritt mit Erhebung der Klage bei dem zuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nach § 90 SGG ein.

Die Erhebung der Klage bei einem örtlich (§§ 7, 57 SGG) oder sachlich (§ 8 SGG) unzuständigen Gericht der Sozialgerichtsbarkeit steht der Klageerhebung beim zuständigen Gericht in den Rechtswirkungen gleich und führt ebenfalls zur Rechtshängigkeit der Klage (§ 98 S. 1 SGG in Verbindung mit §§ 17a Abs. 2, 17b Abs. 1 S. 2 GVG). Die Rechtshängigkeit wirkt über die rechtskräftige Verweisung an das zuständige Gericht durch Beschluss hinaus (§ 17b Abs. 1 S. 1 GVG).

Die Erhebung der Klage beispielsweise bei der Deutschen Rentenversicherung wirkt nach § 91 SGG dagegen nur fristwahrend (siehe GRA zu § 91 SGG, Abschnitt 1).

Gegenstand der Rechtshängigkeit

Gegenstand der Rechtshängigkeit ist die Streitsache, das ist der Streitgegenstand (siehe GRA zu § 95 SGG, Abschnitt 2). Damit ist der prozessuale Anspruch gemeint, der sich aus den vom Kläger in Bezug auf einen bestimmten Lebenssachverhalt gestellten Anträgen oder Rechtsschutzbegehren bestimmt (Binder in Berchtold, SGG 2021, § 94 Rn. 2).

Wird eine Streitsache von den Beteiligten in der Hauptsache erledigt und die Bestimmung der Kosten (§ 195 SGG) dem Gericht überantwortet, so bleibt die Rechtshängigkeit hinsichtlich dieser Kosten bis zur gerichtlichen Entscheidung durch Beschluss bestehen (§ 193 Abs. 1 S. 3 SGG, § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 161 Abs. 1 und 2 VwGO).

Prozessuale Wirkung der Rechtshängigkeit

Die Rechtshängigkeit begründet ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Beteiligten (§ 69 SGG) untereinander und dem Gericht. Dies hat zur Folge, dass das Gericht über die rechts-hängige Streitsache eine Entscheidung (zum Beispiel durch Urteil) herbeiführen muss, soweit keine Erledigung auf andere Weise (Klagerücknahme, Vergleich, Anerkenntnis, Erledigungserklärung) erfolgt (Jaritz in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG 2021, § 94 Rn. 63).

Prozessual bewirkt die Rechtshängigkeit

Weitere wesentliche Folgen der Rechtshängigkeit sind

Fortbestehen des Gerichtsstands

Der Grundsatz des Fortbestehens des Gerichtsstands (lat. perpetuatio fori) bestimmt, dass ein einmal örtlich oder sachlich zuständiges Gericht (siehe GRA zu § 57 SGG) zuständig bleibt, auch wenn sich später die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen so ändern, dass jetzt ein anderes Gericht zuständig wäre. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit ist der Zeitpunkt der Rechtshängigkeit.

Änderungen sind im Wesentlichen solche

Verbot anderweitiger Klageerhebung

Während der Rechtshängigkeit einer Klage ist nach § 202 S. 1 SGG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 S. 2 GVG ein weiteres Klageverfahren zwischen denselben Beteiligten (§ 69 SGG) über denselben Streitgegenstand (§ 95 SGG) unzulässig. Mit der Sperrwirkung soll der Erlass einander widersprechender Entscheidungen über denselben Streitgegenstand im Interesse der Rechtssicherheit vermieden werden.

Die Identität des Streitgegenstands und der Beteiligten ist nach den für die Reichweite der Rechtskraftwirkung geltenden Kriterien zu bestimmen (siehe GRA zu § 141 SGG, Abschnitt 2).

Materielle Wirkung der Rechtshängigkeit

Mit der Rechtshängigkeit geht die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) einher. Das betrifft

Die Hemmung der Verjährung endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens (§ 204 Abs. 2 S. 1 BGB).

Ende der Rechtshängigkeit

Die Sperrwirkung der Rechtshängigkeit nach § 202 S. 1 SGG in Verbindung mit § 17 Abs. 1 S. 2 GVG endet mit

Kein Ende der Rechtshängigkeit

Keine prozessuale Beendigungswirkung entfalten

Wiederaufleben der Rechtshängigkeit

Die Rechtshängigkeit lebt wieder auf bei

  • Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 SGG (siehe GRA zu § 67 SGG, Abschnitt 6),
  • Streit über die Wirksamkeit beziehungsweise Gültigkeit eines Vergleichs beziehungsweise eines Anerkenntnisses mit dem Ziel der Fortsetzung des Verfahrens (siehe GRA zu § 101 SGG, Abschnitt 12),
  • Streit über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme (siehe GRA zu § 102 SGG, Abschnitt 5),
  • begründeter Anhörungsrüge nach § 178a Abs. 5 SGG und
  • Stattgabe einer Verfassungsbeschwerde gegen eine fachgerichtliche Entscheidung mit der Maßgabe, die Sache nach § 95 Abs. 2 BVerfGG zur erneuten Entscheidung an das zuständige Gericht zurückzugeben.

 

Gesetz zur Änderung des Sachverständigenrechts und zur weiteren Änderung des FamFG sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 11.10.2016 (BGBl. I S. 2222)
Inkrafttreten: 15.10.2016

§ 94 S. 2 SGG wurde eingefügt, wonach in Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig wird.

4. Gesetz zur Änderung der VwGO vom 17.12.1990 (BGBl. I S. 2809)
Inkrafttreten: 01.01.1991

Die Regelungen über die prozessuale Wirkung der Rechtshängigkeit (§ 94 Abs. 2 und 3 SGG) wurden gestrichen und durch den zeitgleich eingeführten, für alle Gerichtsbarkeiten, in der Sozialgerichtsbarkeit nach § 202 S. 1 SGG, geltenden § 17 Abs. 1 GVG ersetzt.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 94 SGG