§ 27 VersAusglG: Beschränkung oder Wegfall des Versorgungsausgleichs
veröffentlicht am |
12.09.2019 |
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Änderung | Die GRA wurde redaktionell überarbeitet und um Rechtsprechung zur Anwendung beziehungsweise Nichtanwendung der Unbilligkeitsregelung ergänzt. |
Stand | 27.08.2019 |
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Erstellungsgrundlage | in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009 |
Rechtsgrundlage | |
Version | 002.00 |
- Inhalt der Regelung
- Allgemeines
- Grobe Unbilligkeit
- Einzelfallprüfung/Gesamtschau der beiderseitigen Verhältnisse
- Regelungsmöglichkeiten des Gerichts
Inhalt der Regelung
Die Vorschrift ermöglicht es, die Durchführung des Versorgungsausgleichs in bestimmten Härtefällen aus Billigkeitsgründen vollständig oder teilweise auszuschließen.
Nach Satz 1 der Vorschrift findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre.
Satz 2 der Vorschrift regelt, dass grobe Unbilligkeit nur vorliegt, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.
Hinweis:
Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).
Ergänzende/korrespondierende Regelungen
§ 27 VersAusglG lässt eine Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz nach § 1 Abs. 1 VersAusglG zu, soweit der Ausgleich eines Anrechts herabgesetzt oder ausgeschlossen wird.
§ 224 Abs. 3 FamFG verpflichtet das Gericht, bei Anwendung des § 27 VersAusglG in der Beschlussformel festzustellen, dass insoweit kein Versorgungsausgleich stattfindet.
Nach § 226 Abs. 3 FamFG ist die Härteklausel auch im Abänderungsverfahren anzuwenden.
§ 27 VersAusglG steht im Zusammenhang mit § 242 BGB. Für den Bereich des Versorgungsausgleichs handelt es sich bei dieser Vorschrift insoweit um eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben.
Allgemeines
Nach § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Das ist dann der Fall, wenn die gesamten Umstände des konkreten Einzelfalles es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen (Unbilligkeitsprüfung). Die Vorschrift erlaubt eine Korrektur, wenn die schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs zu einem der Gerechtigkeit in nicht erträglicher Weise widersprechenden Ergebnis führen würde (siehe BT-Drucksache 16/10144, S. 67, BT-Drucksache 7/650, S. 162).
Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in seiner Entscheidung vom 28.02.1980 (BVerfG vom 28.02.1980, AZ: 1 BvL 17/77, FamRZ 1980, 326) ausgeführt, dass die Härteklausel Grundrechtsverletzungen verhindern könne. Bei bestimmten Konstellationen, beispielsweise bei sehr langer Trennung der Ehegatten vor der Scheidung, sei der Versorgungsausgleich nicht mehr mit der bisherigen und fortwirkenden Gemeinschaft der Ehegatten zu rechtfertigen. So könne der Versorgungsausgleich gegen Art. 6 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 GG verstoßen, wenn die ausgleichsberechtigte Person ihre sich aus der ehelichen Gemeinschaft ergebenden Pflichten grob verletzt habe (BT-Drucksache 16/10144, S. 67).
Eine Herabsetzung oder ein Entfallen der Ausgleichspflicht im Rahmen des Versorgungsausgleichs kommt allerdings nicht bei jedem Fehlverhalten in der Ehe oder während der Lebenspartnerschaft in Betracht, sondern nur bei besonders groben Verstößen, die sich auf die beiderseitigen Verhältnisse ausgewirkt haben müssen. Für die Feststellung der groben Unbilligkeit ist daher immer eine umfassende Würdigung aller Umstände bei den Ehegatten - auch im Hinblick auf die Folgen, die sich nach Durchführung des Versorgungsausgleichs ergeben - erforderlich (vergleiche BVerfG vom 20.05.2003, AZ: 1 BvR 237/97, FamRZ 2003, 1173).
Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig erscheint, unterliegt allein der tatrichterlichen Beurteilung. Hierbei ist es Aufgabe der Familiengerichte, anhand einer Gesamtschau der beiderseitigen persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu entscheiden, ob ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht oder nur eingeschränkt durchzuführen ist. Dabei sind auch Versorgungsanwartschaften zu betrachten, die außerhalb der Ehezeit liegen (vergleiche BGH vom 02.12.1987, AZ: IVb ZB 34/86, FamRZ 1988, 489).
Den am Versorgungsausgleichsverfahren beteiligten Versorgungsträgern steht gegen die Anwendung oder Nichtanwendung des § 27 VersAusglG mangels eigener Beschwer kein Beschwerderecht zu. Eine Beschwerdeeinlegung des Rentenversicherungsträgers kommt jedoch in Betracht, wenn durch die Entscheidung des Familiengerichts mehr Anrechte durch interne Teilung übertragen werden als der Ausgleichswert umfasst (siehe Abschnitt 5 und GRA zu § 58 FamFG, Abschnitte 3, 4 und 6), oder wenn das Recht unrichtig angewendet wurde.
§ 27 VersAusglG gilt sowohl für den Wertausgleich bei der Scheidung (Erst- und Abänderungsverfahren) als auch für Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 20 ff. VersAusglG).
Grobe Unbilligkeit
Eine grobe Unbilligkeit im Sinne von § 27 S. 1 VersAusglG liegt vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (BT-Drucksache 7/650, S. 162).
Wegen des Ausnahmecharakters der Härteregelung des § 27 VersAusglG ist vom Gericht bei der Prüfung des Vorliegens der groben Unbilligkeit ein besonders strenger Maßstab anzulegen (vergleiche BGH vom 17.01.2007, AZ: XII ZB 168/01, FamRZ 2007, 996, Rn. 26 zu § 1587c BGB).
Die rechtfertigende Grundlage für die Durchführung des Versorgungsausgleichs kann beispielsweise nicht mehr gegeben sein, wenn aufgrund des längeren Getrenntlebens der Ehegatten keine Versorgungsgemeinschaft mehr bestand oder wenn die Pflichten aus der gemeinsamen Lebensführung grob missachtet wurden (BT-Drucksache 16/10144, S. 67).
Die Feststellung, ob eine grobe Unbilligkeit im Sinne des § 27 VersAusglG im Einzelfall vorliegt, obliegt allein dem Gericht. Nach § 26 FamFG gilt in Versorgungsausgleichsverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Das bedeutet aber nicht, dass das Gericht ohne konkrete Anhaltspunkte in jedwede Richtung ermittelt, ob gegebenenfalls Ausschlussgründe bestehen. Vielmehr ist es Sache der Beteiligten darzulegen, aus welchen Gründen der Ausgleich einzelner oder mehrerer Anrechte im Einzelfall unbillig ist. Die Darlegungslast trägt derjenige, der sich auf einen Unbilligkeitsgrund beruft (BGH vom 09.05.1990, AZ: XII ZB 58/89, FamRZ 1990, 1341). Gründe, die die Anwendung des § 27 VersAusglG rechtfertigen oder nicht rechtfertigen könnten, sind somit von den Ehegatten gegenüber dem Gericht vorzutragen.
Einzelfallprüfung/Gesamtschau der beiderseitigen Verhältnisse
Nach § 27 S. 2 VersAusglG liegt grobe Unbilligkeit nur vor, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen. Die grobe Unbilligkeit muss sich im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben.
Das Gericht muss daher die gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche Situation der Eheleute in den Blick nehmen und alle bereits bekannten und vorhersehbaren Lebensumstände in Betracht ziehen, die ihre Versorgungslage beeinflussen könnten. Insoweit kann die Aufstellung einer Vorsorgevermögensbilanz Grundlage für die weitere Betrachtung sein. Darüber hinaus sind auch die sonstigen persönlichen Lebensumstände zu würdigen (BT-Drucksache 16/10144, S. 68). Unbilligkeitsgründe können sich ferner aus dem groben Fehlverhalten eines Ehegatten ergeben.
Da es im Hinblick auf § 27 VersAusglG stets auf eine Gesamtwürdigung aller Umstände im Einzelfall ankommt, können für die Anwendung oder Nichtanwendung keine Regelbeispiele genannt werden. Mögliche Fallgestaltungen für die Anwendung (siehe Abschnitt 4.1) und die Nichtanwendung (siehe Abschnitt 4.2) des § 27 VersAusglG sind in den folgenden Abschnitten dargestellt. Die Aufzählungen sind nicht abschließend.
Beispiele für die Anwendung des § 27 VersAusglG
Eine grob unbillige Härte kann beispielsweise in folgenden Fällen bestehen:
- Erhebliches wirtschaftlichen Ungleichgewicht
Hiervon kann ausgegangen werden, wenn der Versorgungsausgleich nicht zu einer ausgewogenen sozialen Sicherheit der Ehegatten für den Fall des Alters oder der verminderten Erwerbsfähigkeit beiträgt, sondern im Gegenteil zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen würde. Allerdings liegen diese Voraussetzungen regelmäßig nicht schon dann vor, wenn die insgesamt ausgleichsberechtigte Person gegenüber der insgesamt ausgleichspflichtigen Person nach Durchführung des Versorgungsausgleichs über eine höhere Versorgung verfügt. Von grober Unbilligkeit des Ausgleichsergebnisses kann erst dann ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass die insgesamt ausgleichsberechtigte Person über eine im Verhältnis zur insgesamt ausgleichspflichtigen Person unverhältnismäßig hohe Altersversorgung verfügen wird oder bereits anderweitig abgesichert ist, während die insgesamt ausgleichspflichtige Person auf ihre in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung ihres und des Unterhalts ihrer gleichrangigen Unterhaltsberechtigten dringend angewiesen ist (BGH vom 05.11.2008, AZ: XII ZB 53/06, FamRZ 2009, 303 ff.). - Keine Lebens- und Versorgungsgemeinschaft
In der Ehezeit hat keine Lebens- und Versorgungsgemeinschaft bestanden, weil die Ehegatten wirtschaftlich selbständig waren und getrennt gelebt haben. Allerdings führt eine langjährige Trennung nicht zwangsläufig zu einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs. Es muss vielmehr eine vollständige Entflechtung der Lebensbereiche und eine wirtschaftliche Verselbständigung der getrennt lebenden Ehegatten eingetreten sein. In diesem Zusammenhang kann insbesondere bei phasenverschobenen Ehen dann eine grobe Unbilligkeit angenommen werden, wenn der Überschuss an Versorgungsanrechten, den die ausgleichspflichtige Person erzielt hat, nicht auf ihrer höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit während der Ehezeit beruht, sondern auf dem Umstand, dass der andere Ehegatte nach der Trennung aufgrund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat (BGH vom 19.05.2004, AZ: XII ZB 14/03, FamRZ 2004, 1181, BGH vom 13.02.2013, AZ: XII ZB 527/12, FamRZ 2013, 690, und BGH vom 09.09.2015, AZ: XII ZB 211/15, NZFam 2015, 1125). - Treuwidriges Handeln in Bezug auf Versorgungsanrechte
In Betracht für treuwidriges Handeln kommt beispielsweise die Kündigung privater Vorsorgeverträge beziehungsweise die Ausübung des Kapitalwahlrechts in der Absicht, diese Anrechte dem Versorgungsausgleich zu entziehen. Kann der Entzug der Anrechte nicht dadurch kompensiert werden, dass der andere Ehegatte über ein anderes Ausgleichssystem an dem Vermögenswert teilhat, kann das Gericht den Ausgleich der Anrechte des anderen Ehegatten in demselben Umfang beschränken (BGH vom 01.04.2015, AZ: XII ZB 701/13, NJW 2015, 1599, BGH vom 16.12.2015, AZ: XII ZB 450/13, FamRZ 2016, 697 und BGH vom 21.09.2016, AZ: XII ZB 264/13, FamRZ 2017, 26 ff.). - Verfrühter Scheidungsantrag als treuwidriges Verhalten
Die Berücksichtigung von Nachteilen, die einem Ehegatten aus einer verfrühten Scheidungsantragstellung erwachsen, kann im Versorgungsausgleich allenfalls nach § 27 VersAusglG erfolgen, sofern sich ein verfrühter Scheidungsantrag als treuwidriges Verhalten im Rahmen des Versorgungsausgleichs darstellt, das zu einer unbilligen Härte führt (BGH vom 16.08.2017, AZ: XII ZB 21/17, FamRZ 2017, 1914 ff.). - Verrechnung von nicht mehr erstattungsfähigen Beiträgen aus einem Erstverfahren mit im Abänderungsverfahren auszugleichenden Anrechten
In einem Einzelfall wurde die Auffassung eines Oberlandesgerichts vom Bundesgerichtshof bestätigt, wonach eine durch die Abänderung (§§ 51, 52 VersAusglG) nicht mehr erforderliche Beitragszahlung zur Begründung von Anrechten aufseiten der früheren Ehefrau mit Anrechten zu verrechnen sei, die nunmehr zulasten der ausgleichspflichtigen Person zu übertragen sind, weil es aufgrund der anzurechnenden Leistungen (§ 52 Abs. 3 VersAusglG) nicht zu einer Beitragsrückzahlung an den Einzahler kommt (BGH vom 09.05.2018, AZ: XII ZB 391/17, Rz. 32; FamRZ 2018, 1233 ff.). Im Ergebnis werden durch diese Verrechnung im Abänderungsverfahren weniger Anrechte zugunsten der ausgleichsberechtigten Person übertragen oder begründet, sodass sich für die gesetzliche Rentenversicherung keine Beschwer und insoweit kein Beschwerdegrund ergibt.
Beispiele für die Nichtanwendung des § 27 VersAusglG
Für die Anwendung des § 27 VersAusglG ist in folgenden Fällen beispielsweise kein Raum:
- Kein krasses persönliches Fehlverhalten
Liegt ein persönliches Fehlverhalten eines Ehegatten vor, das jedoch nicht als besonders krass angesehen werden kann und sind auch sonst keine besonders belastenden Umstände vorhanden, die die Durchführung des Versorgungsausgleichs unerträglich erscheinen lassen, kommt ein Ausschluss des Versorgungsausgleichs nicht in Frage. Denn der Ausschluss oder die Reduzierung des Versorgungsausgleichs, der die verfassungsrechtlich geschützte Teilhabe an dem während der Ehe gemeinsam geschaffenen Versorgungsvermögen gewährleisten soll, ist nur ausnahmsweise gerechtfertigt (BGH vom 16.10.2013, AZ: XII ZB 176/12, FamRZ 2014, 105). - Wegfall des Rentnerprivilegs beziehungsweise des Pensionistenprivilegs
Allein die Gesetzesänderung betreffend den Wegfall des Rentner- beziehungsweise Pensionistenprivilegs (§ 101 Abs. 3 S. 1 SGB VI, § 57 Abs. 1 S. 2 BeamtVG jeweils in der Fassung bis 31.08.2009) rechtfertigt nicht eine auf § 27 VersAusglG gestützte Korrektur des Versorgungsausgleichs zu Lasten des ausgleichsberechtigten Ehegatten (BGH vom 15.04.2015, AZ: XII ZB 252/14, FamRZ 2015, 1004). - Geminderter Zugangsfaktor bei vorzeitiger Inanspruchnahme einer Rente
Eine Rentenkürzung, die die ausgleichspflichtige Person infolge eines durch vorzeitigen Renteneintritt geminderten Zugangsfaktors hinzunehmen hat, stellt grundsätzlich keine grob unbillige Härte dar. Denn der Umstand, dass der ausgleichspflichtigen Person nach durchgeführtem Versorgungsausgleich bezogen auf den Ehezeitanteil weniger verbleibt als der ausgleichsberechtigten Person, beruht auf dem Entschluss, ein vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch zu nehmen und damit in den Genuss eines verlängerten Rentenbezugs zu kommen (BGH vom 09.09.2015, AZ: XII ZB 211/15, NZFam 2015, 1125).
Es kann jedoch nach Würdigung aller Umstände in Einzelfällen unbillig erscheinen, wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte die mit einem geminderten Zugangsfaktor einhergehende wirtschaftliche Belastung – soweit sie auf den vor dem Ehezeitende zurückgelegten Verminderungszeiten beruht – nach der Durchführung des Versorgungsausgleichs allein tragen soll (BGH vom 11.05.2016, AZ: XII ZB 480/13, FamRZ 2016, 1343 – 1345). - Behinderung
Der Anrechtserwerb durch einen behinderten Menschen unter Anwendung der besonderen Beitragsbemessung nach § 162 Nr. 2 SGB VI rechtfertigt für sich genommen keine Beschränkung des Versorgungsausgleichs gemäß § 27 VersAusglG (BGH vom 11.04.2018, AZ: XII ZB 623/17, FamRZ 2018, 904 – 905).
Regelungsmöglichkeiten des Gerichts
Das Gericht hat bei grober Unbilligkeit einen tatrichterlichen Ermessensspielraum und kann den Versorgungsausgleich beispielsweise insgesamt ausschließen, sodass keiner der Ehegatten ausgleichspflichtig oder ausgleichsberechtigt ist.
Ebenso kann das Gericht einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs anordnen. Das kann zum Beispiel in der Weise geschehen, dass die Anrechte eines Ehegatten nicht auszugleichen oder dessen Ausgleichswerte anteilig zu reduzieren sind. Einen teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs kann das Gericht nach der Rechtslage seit dem 01.09.2009 auch durch die Beschränkung der Teilung auf einzelne Anrechte erreichen. Damit steht dem Gericht ein im Vergleich zum Recht bis 31.08.2009 erweiterter Gestaltungsspielraum zur Verfügung, da bis dahin nur die Herabsetzung oder der Ausschluss des Einmalausgleichs zugunsten der insgesamt ausgleichspflichtigen Person erfolgen konnte.
Die Grenzen der Korrekturmöglichkeit des § 27 VersAusglG liegen im Halbteilungsgrundsatz entsprechend § 1 Abs. 1 VersAusglG und in Art. 14 GG. Es darf aus Billigkeitsgründen zugunsten der ausgleichsberechtigten Person deshalb höchstens der Ausgleichswert eines einzelnen Anrechts übertragen oder begründet werden (siehe auch Abschnitt 2).
Sieht das Gericht nach § 27 VersAusglG vom Ausgleich einzelner Anrechte oder von der Durchführung des Versorgungsausgleichs insgesamt ab, muss es nach § 224 Abs. 3 FamFG in der Beschlussformel ausdrücklich feststellen, dass ein Versorgungsausgleich insoweit nicht stattfindet. Ein bloßer Hinweis in den Entscheidungsgründen genügt nicht.
Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700) |
Inkrafttreten: 01.09.2009 Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 343/08; BT-Drucksache 16/10144 |
Artikel 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) beinhaltet das Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes.
In § 27 VersAusglG wurden die Härtefälle der §§ 1587c, 1587h BGB und der §§ 3a Abs. 6, 10a Abs. 3 VAHRG jeweils in der Fassung bis 31.08.2009 in einer Vorschrift zusammengefasst.