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Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009: Beitreibungsersuchen - Einziehung von Beiträgen und Rückforderung von Leistungen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

24.04.2023

Änderung

In den Abschnitten 6.1 und 6.1.1 wurde die Anschrift der DRV Bund aufgrund einer Organisationsänderung angepasst.

Dokumentdaten
Stand12.04.2023
Version005.00

Inhalt der Regelung

Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 konkretisiert die Grundregel des Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 bezüglich der Beitreibung. In dieser Vorschrift wird das eigentliche Beitreibungsersuchen näher geregelt.

In Absatz 1 wird bestimmt, dass der ersuchende Träger (Geschäftsprozessinhaber) dem Beitreibungsersuchen eine amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Kopie des Vollstreckungstitels beifügen muss.

Absatz 2 enthält drei Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit ein mitgliedstaatlicher Träger ein Beitreibungsersuchen an einen Träger in einem anderen Mitgliedstaat richten darf.

Absatz 3 gibt die Informationen vor, die ein Beitreibungsersuchen mindestens enthalten muss.

Nach Absatz 4 muss der Geschäftsprozessinhaber erklären, dass die Voraussetzungen aus Absatz 2 erfüllt sind

Absatz 5 regelt, dass der Geschäftsprozessinhaber sämtliche Informationen, die ihm in Zusammenhang mit dem Beitreibungsersuchen zur Kenntnis gelangen, der ersuchten Partei (Geschäftsprozessteilnehmer) zur Verfügung stellt.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 ist eine der Durchführungsnormen zu Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004, die die allgemeinen Bestimmungen zur gegenseitige Amtshilfe nach Art. 76 VO (EG) Nr. 883/2004 für den Bereich der Beitreibung von Forderungen ergänzt.

Die Definitionen zu den Begrifflichkeiten aus Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 sind in Art. 75 VO (EG) Nr. 987/2009 geregelt.

Im Vorfeld des eigentlichen Beitreibungsersuchens können auch das Auskunftsersuchen nach Art. 76 VO (EG) Nr. 987/2009 oder das Zustellungsersuchen nach Art. 77 VO (EG) Nr. 987/2009 von Bedeutung sein.

Art. 79 VO (EG) Nr. 987/2009 bestimmt, dass mitgliedstaatliche Forderungstitel in anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt werden.

Art. 80 VO (EG) Nr. 987/2009 enthält Regelungen zu Zahlungsfristen/-modalitäten.

In Art. 81 VO (EG) Nr. 987/2009 wird normiert, wie mit Anfechtungen der Forderungstitel und der Vollstreckungsmaßnahmen umzugehen ist, wenn ein Beitreibungsverfahren bereits aufgenommen wurde.

Art. 82 VO (EG) Nr. 987/2009 enthält die Grenzen der Amtshilfe für Beitreibungsersuchen.

In den Art. 83 VO (EG) Nr. 987/2009, Art. 84 VO (EG) Nr. 987/2009 und Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009 werden die Verjährungsfristen, etwaige Vorsorgemaßnahmen und die Beitreibungskosten näher festgelegt.

Hinsichtlich der Beitreibung und Vollstreckung in Deutschland sind § 76 SGB IV und § 66 SGB X einschlägig.

Grundlagen für die Beitreibung

Mit Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 hat der Verordnungsgeber Rechtsgrundlagen geschaffen, nach denen auch öffentlich-rechtliche Forderungen aus dem Bereich der sozialen Sicherheit grenzüberschreitend im Geltungsbereich der VO (EG) Nr. 883/2004 beigetrieben werden können. In der Vergangenheit scheiterte deren Durchsetzbarkeit regelmäßig an entsprechenden Rechtsgrundlagen, wonach zum Beispiel deutsche Vollstreckungstitel in anderen Mitgliedstaaten anerkannt und insbesondere vollstreckt werden konnten. Dies war bis 30.04.2010 nur vereinzelt in bilateralen Abkommen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten geregelt (zum Beispiel SVA Österreich 1995 - siehe GRA zu Rechtsgrundlagen Österreich, Abschnitt 4.1 oder im Rahmen spezieller Vereinbarungen für die Beitreibung von Beitragsforderungen, siehe auch Abschnitt 2.1.1).

Nunmehr besteht eine generelle Rechtsgrundlage, die uneingeschränkt im Verhältnis zu allen Mitgliedstaaten gilt, sofern nicht über Art. 9 VO (EG) Nr. 987/2009 in Verbindung mit Anhang 1 vorrangig bilaterale Beitreibungsverfahren zu beachten sind (vergleiche Abschnitt 2.1.1).

Forderungsarten

Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 umfasst Beitragsforderungen (vergleiche Abschnitt 2.1.1) und Forderungen wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen (vergleiche Abschnitt 2.1.2). Durch die Einbeziehung der zu Unrecht erbrachten Leistungen ist Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 weiter gefasst als die frühere Regelung des Art. 92 VO (EWG) Nr. 1408/71, der lediglich für Beitragsforderungen einschlägig war.

Beitragsforderungen

Bezüglich des Verfahrens für Beitragsforderungen wurden im Verhältnis zu verschiedenen Mitgliedstaaten (Frankreich, Italien und Luxemburg) noch unter Herrschaft des Art. 92 VO (EWG) Nr. 1408/71 zwischenstaatliche Vereinbarungen getroffen, die heute weiterhin in Anhang 1 zur VO (EG) Nr. 987/2009 aufgeführt und daher vorrangig zu beachten sind (vergleiche hierzu GRA zu Art. 9 VO (EG) Nr. 987/2009).

Im Verhältnis zu allen anderen Mitgliedstaaten findet uneingeschränkt Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 Anwendung.

In der Anlage 1 werden Länderinformation auch hinsichtlich der Einleitung von Beitreibungsersuchen bei Beitragsforderungen - insbesondere im Hinblick auf die vorgenannten bilateralen Vereinbarungen - zur Verfügung gestellt. Dort wird auch die Zuständigkeit der Träger in den anderen Mitgliedstaaten - soweit bekannt - beschrieben.

Forderungen wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen

Neben Beitragsforderungen umfasst das Europarecht auch die zu Unrecht erbrachten Leistungen (Leistungsforderungen).

Über Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 in Verbindung mit Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 können somit alle öffentlich-rechtlichen Forderungen, die diesem Bereich zugeordnet werden, beigetrieben werden. Dies betrifft aus deutscher Sicht insbesondere Forderungen nach § 50 SGB X, aber auch Forderungen nach § 118 Abs. 4 SGB VI.

Bei Forderungen im Sinne von § 118 Abs. 4 SGB VI kann es im Verhältnis zu einzelnen Mitgliedstaaten Schwierigkeiten geben (zum Beispiel Dänemark). Einige Mitgliedstaaten klassifizieren diese Forderungen als fristgebundene Nachlassforderungen oder verweigern die Amtshilfe, da es sich nach deren Recht um zivilrechtliche Forderungen handelt. Auf etwaige Besonderheiten wird daher in den Ausführungen in der Anlage 1 hingewiesen.

Grundvoraussetzungen im Vorfeld eines Beitreibungsersuchens

Unbedingte Grundvoraussetzung ist sowohl bei eingehenden als auch ausgehenden Ersuchen, dass eine bestandskräftige Forderung besteht und darauf basierend ein Vollstreckungstitel existent ist. In Bezug auf eine deutsche Forderung bedeutet dies, dass ein bestandskräftiger Bescheid (Verwaltungsakt) vorliegen muss, der nach deutschem Recht somit auch Vollstreckungstitel ist.

Liegen diese Grundvoraussetzungen vor, so kann der fordernde Träger als Geschäftsprozessinhaber ein Beitreibungsersuchen an den zuständigen Träger (Geschäftsprozessteilnehmer) im anderen Mitgliedstaat richten, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat.

Dabei müssen die Voraussetzungen nach Art. 78 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 (vergleiche Abschnitt 3.1) erfüllt werden.

Voraussetzungen nach Art. 78 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009

Art. 78 Abs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 führt drei Voraussetzungen auf (vergleiche Abschnitte 3.1.1 bis 3.1.3), damit ein Beitreibungsersuchen gestellt werden darf.

Der Geschäftsprozessinhaber muss nach Art. 78 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 bei Einleitung des Beitreibungsverfahrens ausdrücklich erklären, dass diese Voraussetzungen gegeben sind (siehe auch Anlage 3, dortige Ausführungen zum SED R017).

Keine Anfechtung der Forderung

Ein Beitreibungsersuchen kann nur dann an einen Träger in einem anderen Mitgliedstaat gerichtet werden, wenn die Forderung nicht vom Schuldner angefochten wurde.

In Bezug auf deutsche Forderungen bedeutet dies, dass der Bescheid grundsätzlich bestandskräftig sein muss.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach Art. 81 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009, wenn die Anfechtung des Vollstreckungstitels keine Aussetzung der Vollziehung zur Folge hat. Sollte ein deutscher Forderungsbescheid angefochten worden sein, so ist nach § 86a SGG zu prüfen, ob der Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat oder nicht:

  • Sofern die aufschiebende Wirkung eintritt, ist zunächst der Ausgang des Rechtsbehelfs-/mittelverfahrens abzuwarten, bevor ein Beitreibungsersuchen gestellt werden kann (Leistungsforderungen).
  • Keine aufschiebende Wirkung haben Rechtsbehelfe/-mittel gegen Beitragsforderungsbescheide (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). In diesen Fällen können nach deutschem Recht Beitreibungsmaßnahmen eingeleitet werden. Es liegt somit ein Fall von Art. 81 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 vor mit der Folge, dass trotz Anfechtung des Vollstreckungstitels gegebenenfalls ein Beitreibungsersuchen an einen mitgliedstaatlichen Träger gerichtet werden kann.
    Beachte:
    Sollte die Anfechtung Erfolg haben, so muss der Geschäftsprozessinhaber für die Erstattung der bereits beigetriebenen Beiträge haften beziehungsweise die Kosten für das Beitreibungsverfahren erstatten (vergleiche auch GRA zu Art. 81 VO (EG) Nr. 987/2009, GRA zu Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009). Hier ist im Einzelfall daher zu entscheiden, ob nicht zunächst der Ausgang des Rechtsbehelfs-/mittelverfahrens abgewartet wird.

Durchführung aller innerstaatlichen Beitreibungsmaßnahmen

Bevor ein Beitreibungsersuchen an einen mitgliedstaatlichen Träger gerichtet wird, muss der Geschäftsprozessinhaber zunächst alle ihm zur Verfügung stehenden Maßnahmen genutzt haben. Dazu gehören in Bezug auf eine deutsche Forderung

  • die Auf-/Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I, wenn der Schuldner deutsche Sozialleistungen bezieht, oder
  • der Ausgleich nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009, wenn der Schuldner eine Sozialleistung aus einem anderen Mitgliedstaat bezieht (vergleiche auch Abschnitt 6.1.5), oder
  • die Vollstreckung nach § 66 SGB X in etwaige inländische Vermögenswerte des Schuldners.

In Bezug auf deutsche Forderungen bedeutet dies, dass nach Bekanntgabe des Forderungsbescheides an den Schuldner im anderen Mitgliedstaat beziehungsweise negativer Prüfung der vorgenannten Optionen der Schuldner zunächst an die Zahlung zu erinnern ist. Dabei kann durchaus bereits auf die etwaige Möglichkeit der Beitreibung nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 hingewiesen werden. Erst dann, wenn der Schuldner trotz Zahlungserinnerung nicht reagiert und nach § 66 SGB X in einem vergleichbaren Inlandsfall die Zwangsvollstreckung einzuleiten wäre, ist ein Beitreibungsersuchen nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 an einen mitgliedstaatlichen Träger zu richten. Zum weiteren Vorgehen vergleiche Abschnitt 6.2.

Keine Verjährung der Forderung

Ein Beitreibungsersuchen ist unzulässig, wenn die Forderung bereits verjährt ist. Die Verjährung ist in Art. 83 VO (EG) Nr. 987/2009 geregelt. Nach Art. 83 Abs. 1 Alt. a VO (EG) Nr. 987/2009 gelten für die eigentliche Forderung und/oder den Vollstreckungstitel die Rechtsvorschriften des Geschäftsprozessinhabers.

Wenn es also um eine deutsche Forderung geht, dann finden somit die innerstaatlichen deutschen Verjährungsvorschriften Anwendung (vergleiche auch GRA zu Art. 83 VO (EG) Nr. 987/2009, Abschnitt 2).

Neben diesen rein nationalen Verjährungsvorschriften ist zusätzlich eine Fünf-Jahres-Frist, die sich unmittelbar aus Art. 82 VO (EG) Nr. 987/2009 ergibt, zu beachten (siehe Abschnitt 3.1.3.1).

Forderungstitel nicht älter als fünf Jahre

Aus Art. 82 Abs. 1 Buchst. b VO (EG) Nr. 987/2009 ergibt sich eine weitere Frist, die bei Einleitung des Beitreibungsverfahrens zu beachten ist und die letztlich auch im Beitreibungsersuchen (SED R017) zu bestätigen ist. Nach der vorgenannten Regelung besteht keine Verpflichtung zur Amtshilfe nach Art. 76 VO (EG) Nr. 987/2009, Art. 77 VO (EG) Nr. 987/2009 und Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 für den Geschäftsprozessteilnehmer, wenn der Vollstreckungstitel älter als fünf Jahre ist. Im SED  R017 ist daher diesbezüglich eine entsprechende Bestätigung enthalten.

Inhalt eines Beitreibungsersuchens

Nach Art. 78 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 müssen aus dem Beitreibungsersuchen folgende Informationen in jedem Fall ersichtlich sein:

  • Name und Anschrift des Schuldners beziehungsweise Drittschuldners,
  • Name und Anschrift des Geschäftsprozessinhabers,
  • maßgeblicher Vollstreckungstitel (in Bezug auf eine deutsche Forderung sind hier das Bescheiddatum oder Urteilsdatum anzugeben),
  • Art und Höhe der Forderung,
  • Zustellungsdatum des Vollstreckungstitels (entweder Zustellungsdatum nach Einschreiben-Rückschein oder Datum der Zustellung im Rahmen eines Zustellungsverfahrens nach Art. 77 VO (EG) Nr. 987/2009),
  • Datum, ab dem die Beitreibung erfolgen soll oder Beitreibungsfrist,
  • sonstige Informationen, die für die Beitreibung sachdienlich sein könnten.

Für die Einleitung eines Beitreibungsersuchens ist regelmäßig das hierfür vorgesehene SED R017 zu nutzen. Dieses Formular enthält die vorgenannten Informationen als Standarddaten, die vom Geschäftsprozessinhaber vorgegeben werden müssen. Es enthält auch die nach Art. 78 Abs. 4 VO (EG) Nr. 987/2009 vorgesehene Erklärung (siehe auch Abschnitt 3.1)

Übermittlungsgebot

Nach Art. 78 Abs. 5 VO (EG) Nr. 987/2009 müssen dem Geschäftsprozessteilnehmer alle maßgeblichen Informationen, die das Beitreibungsverfahren betreffen, zur Verfügung gestellt werden. Neben Pflichtinformationen nach Art. 78 Abs. 3 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 4) sind auch alle sonstigen Informationen (gegebenenfalls als Anlagen zum Beitreibungsersuchen), die dem Geschäftsprozessinhaber zur Verfügung stehen, an den Geschäftsprozessteilnehmer zu übermitteln.

Diese Informationspflicht besteht auch zu jedem Zeitpunkt nach Übermittlung des Ersuchens, wenn sich wesentliche Fakten im Hinblick auf die Forderung nachträglich ändern, wie zum Beispiel Minderung oder Rücknahme der Forderung, Insolvenz des Schuldners et cetera.

Form des Beitreibungsersuchens/Verwendung der SEDs

Das Verfahren nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 wird grundsätzlich mit Hilfe von Strukturierten Elektronischen Dokumenten (SEDs) im Rahmen des elektronischen Datenaustauschs EESSI umgesetzt. Nähere Informationen zur elektronischen Kommunikation über EESSI enthalten die EESSI-Verfahrensbeschreibungen; dort wird auch der Geschäftsprozess der Beitreibung nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 (R_BUC_07) näher beschrieben und wie dieser vollelektronisch bearbeitet werden kann.

In einer Übergangszeit, bis zum endgültigen Einsatz der elektronischen Übermittlung, können die SEDs weiterhin als Papiervordrucke genutzt werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung verwenden für die Verfahrensführung ausschließlich die SEDs der Serie R.

Folgende SEDs sind für das Beitreibungsverfahren vorgesehen und stehen als elektronische Vordrucke zur Verfügung:

  • R017
    (Beitreibungsersuchen/Ersuchen um Ergreifen von Sicherungsmaßnahmen)
  • R018
    (Antwort auf ein Beitreibungsersuchen/ein Ersuchen um Ergreifen von Sicherungsmaßnahmen)
  • R025
    (Mitteilung der Rücknahme oder Verringerung der Forderung)
  • R036
    (Übermittlung von Zusatzinformationen)
  • R004
    (Zahlungsmitteilung).

Bis auf das SED R017 können die Formulare im Verlauf des Beitreibungsverfahrens auch mehrfach zum Einsatz kommen.

Sofern ein Rechtsbehelf eingelegt wird oder Kostenerstattung in Betracht kommt, sind für diese Unterprozesse noch weitere SEDs von Bedeutung. Diese sind in der GRA zu Art. 81 VO (EG) Nr. 987/2009 und der GRA zu Art. 85 VO (EG) Nr. 987/2009 aufgeführt.

Nähere Informationen zu den SEDs als Papiervordrucke können auch dem „Leitfaden zur Verwendung von Rückforderungs-SEDs und -Flows“ entnommen werden. Siehe dazu bitte Anlage 2; dort sind sowohl der Leitfaden für die Version 1 als auch für die Version 3.2 der SEDs enthalten, da beide Versionen aktuell im Einsatz innerhalb der DRV sind. In der Anlage 3 ist eine Kurzerläuterung zu den SEDs enthalten, die insbesondere auf das SED R017 abstellt und in der auf beide Versionen eingegangen wird.

Zuständigkeit für ein- und ausgehende Beitreibungsersuchen

Bei der Anwendung von Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 muss differenziert werden, ob ein Träger der Deutschen Rentenversicherung

  • Geschäftsprozessteilnehmer (also im Wege der Amtshilfe um Unterstützung ersucht wird - vergleiche Abschnitt 6.1) ist oder
  • selber ein Beitreibungsersuchen an einen ausländischen Träger senden möchte und damit Geschäftsprozessinhaber (vergleiche Abschnitt 6.2) ist.

Die Deutsche Rentenversicherung als Geschäftsprozessteilnehmer

Die Deutsche Rentenversicherung ist immer dann Geschäftsprozessteilnehmer, wenn sich ein mitgliedstaatlicher Träger als Geschäftsprozessinhaber mit einem Beitreibungsersuchen an sie wendet. Regelmäßig sollte dies mittels SED R017 geschehen, formlose Amtshilfeersuchen sind denkbar und daher nicht zurückzuweisen.

Beachte:

Für alle eingehenden Beitreibungsersuchen mit einer Forderung aus dem Sektor „Rente“ ist seit 01.07.2019 die zentrale Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund, Dezernat 3003 Bereich 06, 10704 Berlin gegeben, so dass entsprechende eingehende Ersuchen, die per Post eingehen, zentral dorthin abzugeben sind (siehe auch Abschnitt 6.1.1).

Nach Eingang des SEDs R017 sind grundsätzlich folgende Prüfungen/Arbeitsschritte erforderlich:

  • Prüfung der grundsätzlichen Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung für das Beitreibungsersuchen (Abschnitt 6.1.2),
  • Prüfung, ob vorrangig ein Ausgleich nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 möglich ist (Abschnitt 6.1.5),
  • Prüfung der Beitreibungsmaßnahmen ( Abschnitt 6.1.6).

Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund

Für alle eingehenden Beitreibungsersuchen besteht seit 01.07.2019 eine zentrale Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund (dort: Dezernat 3003 Bereich 06).

Wenn bei einem Träger der Deutschen Rentenversicherung ein (formloses) Beitreibungsersuchen in Papier eingeht, ist der Vorgang folglich umgehend an die Deutsche Rentenversicherung Bund, Dezernat 3003 Bereich 06, 10704 Berlin weiterzuleiten. Sofern ein anderer Träger Kontoführer für die maßgebliche Versicherungsnummer ist, erfolgt ausschließlich nur die Bearbeitung des Beitreibungsverfahrens durch die Deutsche Rentenversicherung Bund, diese ist gegebenenfalls aber auf Informationen vom Kontoführer im Rahmen des Beitreibungsverfahrens angewiesen. Etwaige Anfragen sind daher im Wege der Amtshilfe zu erteilen.

Nach Eingang des Beitreibungsersuchens bei der Deutschen Rentenversicherung Bund ist zunächst zu prüfen, ob die Deutsche Rentenversicherung generell zuständig ist und insbesondere, um welche Art von Forderung es sich handelt. Im SED R017 wird im Abschnitt „Art der Forderung“ zwischen „Beiträge“ und „Überzahlte Leistungen“ unterschieden.

Generelle Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung

Bei Beitragsforderungen, die den Bereich Rente betreffen (bei sektorübergreifenden Beitragsforderungen oder bei bilateralen Beitreibungsvereinbarungen beachte bitte auch Abschnitt 6.1.3), und bei Forderungen wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen aus dem Bereich Rente kann generell die Zuständigkeit der Rentenversicherung gegeben sein, auch wenn für die Person des Schuldners bisher kein Versicherungskonto besteht.

Hinweis:

Die Deutsche Rentenversicherung Bund ist daneben auch dann zuständig, wenn ein Träger aus einem anderen Mitgliedstaat als Geschäftsprozessinhaber ein Beitreibungsersuchen nach Deutschland sendet und der Schuldner nur Leistungen aus der Beamtenversorgung bezieht.

Beitragsforderungen

In den Fällen, in denen der mitgliedstaatliche Träger die Alternative „Beiträge“ markiert hat, ist entsprechend Abschnitt 2.1.1 zu prüfen, ob nicht aufgrund einer bilateralen Vereinbarung die DVKA als Verbindungsstelle zuständig ist (siehe auch Anlage 1, Abschnitt 1.1).

Die DVKA ist ferner für alle sektorübergreifenden Beitreibungsersuchen zuständig, wenn die Beitragsforderung mehr als einen Sektor umfasst und auch Beiträge zur Krankenversicherung gefordert werden; wird vom mitgliedstaatlichen Träger vorgegeben, dass die Forderung „alle Zweige der sozialen Sicherheit“ umfasst, wird die Zuständigkeit der DVKA unterstellt.

Die Deutsche Rentenversicherung ist grundsätzlich nur dann für eine Beitragsforderung zuständig, wenn diese den Sektor „Krankheit“ nicht umfasst und die Forderung auch oder ausschließlich den Sektor „Rente“ betrifft.

Beachte:

In Ausnahmefällen (Beitragsforderung aus dem Bereich der Krankenversicherung) kann gleichwohl die Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung gegeben sein, wenn zum Beispiel der Rentenberechtigte seine vorgeschriebenen Beiträge zur Krankenversicherung der Pensionisten (KVdP) in Österreich nicht zahlt und der österreichische Krankenversicherungsträger an die Deutsche Rentenversicherung herantritt und um Beitreibung seiner Forderung aus der laufenden Rente bittet.

Betrifft die Beitragsforderung ausschließlich einen anderen Sektor (zum Beispiel Arbeitslosenversicherung oder Unfallversicherung) oder ist in Deutschland die Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Sozialversicherung oder eines berufsständischen Versorgungswerks gegeben, ist die entsprechende deutsche Verbindungsstelle zuständig.

In Fällen, in denen keine Zuständigkeit der Rentenversicherung gegeben ist, sollte das Ersuchen direkt an die dann zuständige Verbindungsstelle weitergeleitet werden. Der Geschäftsprozessinhaber im anderen Mitgliedstaat ist über die Weiterleitung zu informieren.

Zuständigkeitsabgrenzung zu anderen SV-Zweigen

Für die Prüfung der generellen Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund als zentrale Stelle sind verschiedene Fallgruppen zu differenzieren (gilt sowohl für Beitragsforderungen als auch für Forderungen zu Unrecht gezahlter Leistungen):

  • Wenn der Schuldner keine Leistung von einem deutschen Sozialversicherungsträger oder nur eine Leistung aus der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung bezieht, ist nach Abschnitt 6.1.4.1 zu verfahren.
  • Bezieht der Schuldner eine Leistung aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung und daneben Leistungen von einem oder mehreren deutschen Sozialversicherungsträgern, gelten die Ausführungen unter Abschnitt 6.1.4.2.
  • Wie zu verfahren ist, wenn der Schuldner keine Leistung aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung, aber von einem oder mehreren anderen deutschen Sozialversicherungsträgern bezieht, ist unter Abschnitt 6.1.4.3 dargestellt.
Schuldner erhält Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder keine Leistungen eines deutschen Sozialversicherungsträgers

Wenn der Schuldner keine Leistung von einem deutschen Sozialversicherungsträger oder nur eine Leistung aus der gesetzlichen deutschen Rentenversicherung bezieht, ist die generelle Zuständigkeit der Deutschen Rentenversicherung für das Beitreibungsersuchen gegeben. Bei eingehenden Beitreibungsersuchen wird daher in einem ersten Schritt immer geprüft, ob für die Person des Schuldners eine Versicherungsnummer besteht.

Hinweis:

Falls eine Versicherungsnummer besteht und laufend Leistungen bezogen werden, kommt gegebenenfalls vorrangig ein Ausgleich nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 (vergleiche Abschnitt 6.1.5) in Betracht.

Besteht für den Schuldner keine deutsche Versicherungsnummer und ist die Deutsche Rentenversicherung Bund für den Einzelfall generell zuständig (siehe Abschnitt 6.1.2), so ist diese zu Ordnungszwecken neu zu vergeben. Die Bearbeitung des Beitreibungsersuchens erfolgt dann erst anschließend.

Schuldner bezieht sowohl Leistungen aus der deutschen Rentenversicherung als auch von einem anderen deutschen Sozialversicherungsträger

Erhält der Schuldner eine Rente und eine oder mehrere andere Sozialleistungen (soweit dies bekannt ist), so ist die Zuständigkeit für das Verfahren anhand der Besonderheit des Einzelfalles unter den Beteiligten zu klären.

So kann sich beispielsweise nach Zusammenrechnung der Einkünfte im Rahmen des Ausgleichs/der Verrechnung ein pfändbarer Betrag nach § 850c ZPO ergeben. Wenn dieser Betrag jedoch höher ist als die gezahlte Rente, ist es zweckmäßig, die Verrechnung nach § 52 SGB I bei einer daneben gezahlten, höheren Sozialleistung durch den hierfür zuständigen Leistungsträger vornehmen zu lassen.

Sofern die Möglichkeit des Ausgleich nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 besteht, ist der Geschäftsprozessinhaber entsprechend zu informieren (vergleiche Abschnitt 6.1.5).

In Fällen, in denen nach entsprechender vorheriger Abstimmung ein anderer Sozialleistungsträger das weitere Verfahren betreibt, sollte das Ersuchen direkt an die zuständige Verbindungsstelle des anderen Sektors weitergeleitet werden. Der Geschäftsprozessinhaber im anderen Mitgliedstaat ist über die Weiterleitung zu informieren.

Schuldner bezieht nur Leistungen von anderen deutschen Sozialversicherungsträgern/ Einrichtungen

Erhält der Schuldner keine Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und wird bekannt, dass Leistungen von einem anderen vom Europarecht erfassten deutschen Sozialleistungsträger gezahlt werden, so ist grundsätzlich zu prüfen, ob hier gegebenenfalls nicht vorrangig ein Ausgleich nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 6.1.5) durchgeführt werden kann oder die Zuständigkeit des anderen Trägers für die Beitreibung gegeben ist. Dies gilt auch, wenn die Leistung von einem anderen vom Europarecht erfassten deutschen System der Alterssicherung gezahlt wird und dies bekannt ist, also der Alterssicherung der Landwirte oder den berufsständischen Systemen.

In diesen Fällen sollte der Kontakt zum anderen Träger gesucht und geklärt werden, ob im Einzelfall grundsätzlich bei einer laufenden Leistung ein Ausgleich möglich ist (zum Beispiel bei Krankengeldbezug oder Bezug von Arbeitslosengeld l) oder der Vorgang generell zur weiteren Bearbeitung der Beitreibung dorthin abgegeben werden kann.

Der Geschäftsprozessinhaber im anderen Mitgliedstaat ist im Nachgang entsprechend zu informieren; übernimmt der andere Träger die Bearbeitung, erfolgt eine Weiterleitung und der Geschäftsprozessinhaber wird über die Abgabe informiert. Kommt ein Ausgleich bei einem anderen Träger in Betracht, wird der Geschäftsprozessinhaber entsprechend informiert.

Bezieht der Schuldner mehrere Leistungen, so ist im Einzelfall zu prüfen, von welchem Leistungsträger die Beitreibung der Forderung des mitgliedstaatlichen Trägers am wahrscheinlichsten Erfolg verspricht. Es empfiehlt sich vorrangig die Abgabe an den Leistungsträger, der die höchste Leistung zahlt. Die konkrete Vorgehensweise im Einzelfall sollte allerdings im Vorfeld zwischen den beteiligten deutschen Trägern abgestimmt werden.

Das Ersuchen sollte dann direkt an den für das weitere Verfahren als zuständig bestimmten Träger weitergeleitet werden. Der Geschäftsprozessinhaber im anderen Mitgliedstaat ist über die Weiterleitung zu informieren.

Prüfung eines vorrangigen Ausgleichs nach Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009

Nach Art. 71 VO (EG) Nr. 987/2009 ist in Rückforderungsfällen bei überzahlten Leistungen vorrangig der Ausgleich nach Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009 (vergleiche GRA zu Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009) vor der Beitreibung nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 zu prüfen.

Daher ist zunächst zu prüfen, ob der Schuldner im Einzelfall Leistungen von der Deutschen Rentenversicherung bezieht und wenn ja, welcher Rentenversicherungsträger die Leistung zahlt.

In den Fällen, in denen eine Leistung von der Deutschen Rentenversicherung gezahlt wird und eine Verrechnung grundsätzlich möglich ist, ist dem Geschäftsprozessinhaber mittels SED R018 mitzuteilen, dass vorrangig die Möglichkeit des Ausgleichs nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 besteht und er ein entsprechendes Ausgleichsersuchen mittels SED R001 erneut übermitteln soll. Beachte auch GRA zu Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009, Abschnitt 2.4.2.

Bei Beitragsforderungen besteht keine Möglichkeit des Ausgleichs nach Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009, da diese Regelungen ausschließlich auf Leistungsforderungen begrenzt ist.

Grundsätze zur Vollstreckung im Inland

Die eigentliche Vollstreckung im Inland ist für den Bereich des Sozialrechts in § 66 SGB X geregelt. Danach haben die deutschen Sozialleistungsträger grundsätzlich zwei Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung:

Nach § 66 Abs. 1 SGB X gilt für die Behörden des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts das Verwaltungsvollstreckungsgesetz (VwVG) und die eigentliche Vollstreckung erfolgt über die Vollstreckungsbehörden der Finanzverwaltung (Hauptzollämter).

Nach § 3 Abs. 1 VwVG wird die Vollstreckung gegen den Vollstreckungsschuldner durch eine Vollstreckungsanordnung eingeleitet. Voraussetzungen für die Einleitung der Vollstreckung sind nach Absatz 2, dass

  • der Schuldner durch einen Bescheid zur Zahlung aufgefordert wurde,
  • die Leistung fällig ist und
  • seit Bekanntgabe des Bescheides beziehungsweise Fälligkeit eine Woche vergangen ist.

§ 3 VwVG regelt zwar in seinem Wortlaut, dass es eines vollstreckbaren Titels nicht bedarf. Diese Formulierung ist aber insoweit missverständlich, da damit lediglich gesagt werden soll, dass die Vollstreckungsbehörde keinen Titel braucht, der die Voraussetzungen der Zivilprozessordnung erfüllt. Im zivilrechtlichen Bereich bedarf es regelmäßig einer gerichtlichen Entscheidung, die in der Verwaltungsvollstreckung gerade nicht erforderlich ist. Der eigentliche Titel ist daher der Verwaltungsakt, also der Bescheid, mit dem der Schuldner zur Zahlung aufgefordert wird.

In Bezug auf die vorgenannten Grundsätze gestaltet sich das Beitreibungsverfahren gegen einen Schuldner mit Wohnsitz in Deutschland durch die Deutsche Rentenversicherung Bund nach den Grundsätzen in den nachfolgenden Abschnitten 6.1.6.1 und 6.1.6.2.

Ankündigung der Einleitung der Zwangsvollstreckung

In Fällen, in denen der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Beitreibungsersuchen mittels SED R017 übermittelt wurde und nach Prüfung der Abschnitte 6.1.4 (Zuständigkeit) und 6.1.5 (Vorrang des Ausgleichs) nur die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung bleibt, ist dem Schuldner die Einleitung der Zwangsvollstreckung zunächst anzukündigen.

Ihm soll durch diese Maßnahme Gelegenheit gegeben werden, die mitgliedstaatliche Forderung unmittelbar an den ausländischen Träger oder die Deutsche Rentenversicherung Bund zu leisten. Die Ankündigung kann in Form eines freien Schreibens mit einer angemessen kurzen Fristsetzung erfolgen.

Es handelt sich dabei um keinen Verwaltungsakt. In dem Schreiben ist dem Schuldner auch die Möglichkeit der Ratenzahlung anzubieten, sofern aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse eine Begleichung der Gesamtforderung in einer Summe nicht möglich ist.

Durch diese Ankündigung soll dem Schuldner bewusst gemacht werden, dass bei Nichtleistung das Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet wird. Durch die Verdeutlichung der Situation werden einzelne Schuldner ihrer Zahlungsverpflichtung nachkommen und die Einleitung der Zwangsvollstreckung wird dadurch entbehrlich. Der Schuldner sollte daher auch aufgefordert werden, gegebenenfalls einen Nachweis über die eventuell bereits erfolgte Zahlung an den ausländischen Träger vorzulegen.

In den Fällen, in denen der Schuldner die Forderung im Anschluss an die Ankündigung begleicht oder einen Zahlungsnachweis vorlegt, kann das Beitreibungsersuchen mittels SED R018 beendet werden. Nach Zahlungseingang bei der Deutschen Rentenversicherung ist der Betrag dem Geschäftsprozessinhaber zu überweisen und das SED R004 an diesen Träger zu senden. Sofern mit dem Schuldner eine Ratenzahlung vereinbart wird, ist dies ebenfalls dem Geschäftsprozessinhaber mittels SED R018 mitzuteilen. Dabei ist auch mitzuteilen, dass die Überweisung des Gesamtbetrages grundsätzlich nach Eingang der letzten Ratenzahlung erfolgt. Sobald die Gesamtforderung per Ratenzahlung getilgt ist, ist daher das SED R004 an den Geschäftsprozessinhaber zu senden.

Erfolgt die Zahlung (einmalig oder in Raten) unmittelbar an den Geschäftsprozessinhaber, ist abzuwarten, bis die Erklärung dieses Trägers über die Rücknahme der Forderung mit SED R025 oder in anderer Form vorliegt.

Sollte der Schuldner nicht auf das Ankündigungsschreiben reagieren, so ist regelmäßig die Zwangsvollstreckung über das Hauptzollamt Potsdam (von wo die Weiterleitung an das regional zuständige Hauptzollamt erfolgt) einzuleiten (vergleiche Abschnitt 6.1.6.2), da der Geschäftsprozessinhaber im SED R017 bestätigt hat, dass die Forderung entweder vom Schuldner nicht angefochten wurde oder es sich um einen Fall von Art. 81 Abs. 2 Unterabs. 2 VO (EG) Nr. 987/2009 handelt.

Werden vom Schuldner Einwände gegen die Forderung gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Bund geltend macht, womit die Forderung als solches angefochten wird, ist Art. 81 VO (EG) Nr. 987/2009 zu beachten (siehe auch GRA zu Art. 81 VO (EG) Nr. 987/2009). In diesem Fall ist der Geschäftsprozessinhaber im anderen Mitgliedstaat mittels SED R019 (vergleiche GRA zu Art. 81 VO (EG) Nr. 987/2009, Abschnitt 2.3) über die Anfechtung entsprechend Art. 81 VO (EG) Nr. 987/2009 in Kenntnis zu setzen und zu befragen, ob die Beitreibung fortgesetzt werden soll. Wird dies bestätigt, so ist die Zwangsvollstreckung über die Vollstreckungsstelle einzuleiten. Ansonsten ist zunächst der Ausgang des etwaigen Rechtsbehelfsverfahrens im anderen Mitgliedstaat abzuwarten; der Geschäftsprozessinhaber wird nach Ablauf des Verfahrens gegebenenfalls die Fortsetzung der Beitreibung beantragen.

Einleitung der Zwangsvollstreckung

Da fremdmitgliedstaatliche Forderungen nach Art. 84 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004 wie eigene Forderungen zu behandeln sind, werden ausländische Forderungstitel wie Forderungen aus inländischen Verwaltungsakten vollstreckt. Fremdmitgliedstaatliche Titel sind in Deutschland unmittelbar nach Art. 79 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 anzuerkennen und zu vollstrecken (vergleiche GRA zu Art. 79 VO (EG) Nr. 987/2009).

Die Vollstreckung erfolgt nach den nach § 66 SGB X für die Deutschen Rentenversicherung Bund vorgesehenen Möglichkeiten (Verwaltungs- und Justizvollstreckung), wobei regelmäßig die Verwaltungsvollstreckung über die Hauptzollämter genutzt wird.

Bei einer Verwaltungsvollstreckung nach § 66 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz ist die Übersendung des mitgliedstaatlichen Forderungstitels an das Hauptzollamt nicht erforderlich, da dort lediglich die Vollstreckungsanordnung benötigt wird. Die eigentlichen Forderungsdaten ergeben sich aus dem SED R017. In der Vollstreckungsanordnung ist zum Ausdruck zu bringen, dass es sich um eine Zwangsvollstreckung einer mitgliedstaatlichen Forderung im Wege der Amtshilfe nach Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 handelt, damit keine Vollstreckungspauschale nach § 19a VwVG erhoben wird.

Ein mitgliedstaatlicher Titel bedarf keiner formellen Vollstreckbarkeitsklausel (zum Beispiel nach § 725 ZPO). Ein allgemeiner Hinweis an die Vollstreckungsbehörde über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Titels ist ausreichend.

Die Deutsche Rentenversicherung als Geschäftsprozessinhaber

In Fällen, in denen eine Forderung der Deutschen Rentenversicherung von einem Schuldner nicht erfüllt wurde und ein bestandskräftiger Forderungsbescheid vorliegt, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, als Geschäftsprozessinhaber ein Beitreibungsersuchen nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 an den zuständigen Träger im Wohnsitzmitgliedstaat des Schuldners zu richten.

Beachte:

Im Bereich der Regionalträger ist dabei jeder Träger unmittelbar Geschäftsprozessinhaber und gibt etwaige Vorgänge seit 01.07.2019 nicht mehr zur Amtshilfe an die nach den §§ 128 Abs. 3, 128a SGB VI zuständige deutsche Verbindungsstelle auf der Ebene der Regionalträger ab; vielmehr tritt jeder Regionalträger als Geschäftsprozessinhaber unmittelbar an den zuständigen Träger im anderen Mitgliedstaat heran.

Zunächst ist dabei zu prüfen, ob die Möglichkeit des Ausgleichs im Wege des Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 (siehe Abschnitt 6.1.5 und vergleiche auch GRA zu Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009) gegeben ist.

Sofern bekannt ist, dass der Schuldner Sozialleistungen im Wohnsitzmitgliedstaat (oder einem anderen Mitgliedstaat) bezieht beziehungsweise dies im Rahmen entsprechender Ermittlungen (zum Beispiel im Rahmen eines Auskunftsersuchen nach Art. 76 VO (EG) Nr. 987/2009) festgestellt wird, ist entsprechend Art. 71 VO (EG) Nr. 987/2009 vorrangig die Möglichkeit des Ausgleichs nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 zu nutzen, falls in beiden Ländern grundsätzlich ein Ausgleich nach nationalem Recht zulässig ist.

In einem solchen Fall ist mittels SED R001 der zuständige Träger um die Prüfung des Ausgleichs zu bitten, falls nach deutschem Recht eine Auf-/Verrechnung zulässig wäre. Sollte der Geschäftsprozessteilnehmer im Anschluss mit SED R002 mitteilen, dass ein Ausgleich nach seinen nationalen Rechtsvorschriften nicht zulässig oder möglich ist, kann im nächsten Schritt ein Beitreibungsersuchen auf der Grundlage von Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 gestellt werden.

Ist vorab bereits bekannt, dass ein Ausgleich nach dem nationalen Recht des Geschäftsprozessteilnehmers generell nicht zulässig ist, kann unmittelbar ein Beitreibungsersuchen übersandt werden.

In Bezug auf eine deutsche Forderung gegen einen Schuldner im Ausland setzt dies einen bestandskräftigen Bescheid voraus, der damit Vollstreckungstitel ist. Das bedeutet, der Beitragsforderungsbescheid oder der Rückforderungsbescheid wurde zunächst dem Schuldner im anderen Mitgliedstaat bekannt gegeben. In diesen Fällen ist - vorrangig - die unmittelbare Zustellung als Einschreiben-Rückschein durch den Träger der Deutschen Rentenversicherung durchzuführen, da für die Einleitung des Beitreibungsverfahrens nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 regelmäßig ein Zustellungsnachweis erforderlich ist. Alternativ kann - nachrangig - die Zustellung nach Art. 77 VO (EG) Nr. 987/2009 über den Träger im anderen Mitgliedstaat (siehe hierzu auch GRA zu Art. 77 VO (EG) Nr. 987/2009) erfolgen.

Ferner muss die Forderung weiterhin (teilweise) offen sein und kann nicht durch innerstaatliche Maßnahmen beglichen werden (zum Beispiel im Wege der Auf- und Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I).

Nach Art. 78 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009 muss dem Beitreibungsersuchen eine amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Kopie des Vollstreckungstitels beigefügt werden.

Beachte:

Daher ist bei Einleitung eines Beitreibungsersuchens im Ausland - ein Träger der Deutschen Rentenversicherung ist folglich Geschäftsprozessinhaber - dem ausländischen Geschäftsprozessteilnehmer regelmäßig der Forderungsbescheid als bestätigte Kopie, ergänzt um einen Hinweis auf dessen Vollstreckbarkeit, zur Verfügung zu stellen.

Die Beitreibung im Ausland richtet sich nach den Rechtsvorschriften des ausländischen Trägers. Es ist daher nicht erforderlich, einen deutschen Verwaltungsakt um eine formelle Vollstreckbarkeitsklausel (zum Beispiel nach § 725 ZPO) zu ergänzen, da solche Formerfordernisse nur für die Vollstreckung im Inland nach § 66 SGB X vorgeschrieben sind.

Beitragsforderungen

In Fällen, in denen die Deutsche Rentenversicherung eine Beitragsforderung gegen einen Schuldner im Ausland hat, ist das entsprechende Ersuchen um Beitreibung nach Art. 78 VO (EG) Nr. 987/2009 an den zuständigen Träger im Ausland zu richten.

Handelt es sich um einen Mitgliedstaat, mit dem eine bilaterale Vereinbarung besteht, so ist das Ersuchen mit dem entsprechenden Vordruck über die DVKA an die zuständige Verbindungsstelle im Ausland zu senden.

Siehe auch Abschnitt 2.1.1 und Anlage 1, Abschnitt 1.1.

Forderungen wegen zu Unrecht erbrachter Leistungen

In Fällen, in denen es um Forderungen nach § 50 SGB X oder nach § 118 Abs. 4 SGB VI geht, kann die Deutsche Rentenversicherung ein Beitreibungsersuchen mittels SED R017 an den zuständigen Träger im entsprechenden anderen Mitgliedstaat richten.

In der Anlage 1 werden die entsprechenden zuständigen Stellen und etwaige länderspezifische Besonderheiten, die bei der Verfahrenseinleitung zu beachten sind beziehungsweise die auf entsprechenden bilateralen Vereinbarungen basieren, dargestellt.

Forderungsverfahren nach § 118 Abs. 4 SGB VI, wenn zwei Renten überzahlt sind

Bei Überzahlungen wegen Todes ist immer zu prüfen, ob gegebenenfalls auch eine zweite Rente überzahlt wurde, es also parallel zu einer Überzahlung von Versicherten- und Hinterbliebenenrente gekommen ist. Ist dies der Fall, so ist - gegebenenfalls auch trägerübergreifend - abzustimmen, welche Informationen jeweils bekannt sind und ob im Ergebnis letztlich in beiden Überzahlungen ein Beitreibungsersuchen gegen denselben Schuldner angezeigt ist.

Im Ergebnis ist in derartigen Fällen darauf hinzuwirken, dass möglichst eng und abgestimmt vorgegangen wird und letztlich nur ein deutscher Träger (vorrangig derjenige, der auch Verbindungsstelle für den entsprechenden Mitgliedstaat, in dem der Geschäftsprozessteilnehmer seinen Sitz hat, ist oder derjenige mit der höheren Forderung) das Beitreibungsersuchen an den zuständigen Träger im anderen Mitgliedstaat richtet und damit beide Forderungen mit einem Beitreibungsersuchen mittels SED R017 anmeldet. Das SED R017 sieht es ausdrücklich vor, dass gekennzeichnet werden kann, dass sich die Forderung aus mehreren Teilforderungen zusammensetzt. Sofern beide Forderungen zusammen mit einem SED R017 angemeldet werden, so muss dann später intern noch die Weiterleitung beziehungsweise getrennte Buchung eventuell eingehender Beträge erfolgen. In Anbetracht, dass vorübergehend bis zum endgültigen Einsatz der elektronischen Übermittlung die SEDs als Papierversion weiterhin eingesetzt werden können, besteht gegenwärtig daher auch die Möglichkeit, dass jeder Träger separat ein SED R017 erstellt und seine jeweilige Bankverbindung vorgibt, aber im Ergebnis beide Ersuchen durch einen Träger zusammen an den Geschäftsprozessteilnehmer im anderen Mitgliedstaat übersandt werden.

Hinweis:

Bei Forderungen nach § 118 Abs. 4 SGB VI besteht gegebenenfalls auch die Möglichkeit eines Ausgleichs nach Art. 72 Abs. 1 VO (EG) Nr. 987/2009. Für Näheres siehe bitte GRA zu Art. 72 VO (EG) Nr. 987/2009.

VO (EG) Nr. 987/2009 vom 16.06.2009

Inkrafttreten: 01.05.2010

Quelle: ABl. (EU) Nr. L 284/1 vom 30.10.2009

Anlage 1Länderinformation
Anlage 2Leitfaden zur Verwendung von R-SEDs in der Version 1
Leitfaden zur Verwendung von R-SEDs in der Version 3.2
Anlage 3Bedeutung der einzelnen SED im Beitreibungsverfahren

Zusatzinformationen