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Rechtsgrundlagen Österreich

Änderungsdienst
veröffentlicht am

06.02.2023

Änderung

Abschnitt 2.1 wurde im Hinblick auf den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ergänzt.

Dokumentdaten
Stand23.01.2023
Version002.00

Rechtsgrundlagen

Zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland bestehen diverse Rechtsgrundlagen, die die Beziehungen beider Staaten auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung regeln.

Rechtsgrundlagen im Hinblick auf die gesetzliche Rentenversicherung sind

  • das Europarecht (siehe Abschnitt 2),
  • das Vierseitige Übereinkommen (siehe Abschnitt 3) und
  • das deutsch-österreichische Abkommen über Soziale Sicherheit (siehe Abschnitt 4).

Dieses Rechtshandbuch gibt einen Überblick über den Anwendungsbereich dieser Rechtsgrundlagen und deren Verhältnis zueinander.

Regelmäßig ist heute das Europarecht Grundlage für die Anspruchsprüfung und Berechnung von Leistungen von Versicherten, die unter anderem Versicherungszeiten in Deutschland und Österreich zurückgelegt haben.

Europarecht

Österreich ist seit 01.01.1995 Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU). Zuvor war das Europarecht bereits über das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen vom 02.05.1992) ab 01.01.1994 anwendbar.

VO (EG) Nr. 883/2004 und VO (EG) Nr. 987/2009

Im Verhältnis zu Österreich sind die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009

  • ab 01.05.2010 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
  • ab 01.04.2012 für die Schweiz und
  • ab 01.06.2012 für die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen

anwendbar. Sie haben damit die seit dem 01.01.1994 beziehungsweise 01.01.1995 für Österreich geltenden Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 ersetzt, sofern nicht Art. 90 Abs. 1 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 883/2004 und Art. 96 Abs. 1 S. 2 Buchst. a bis c VO (EG) Nr. 987/2009 zu deren weiterer Anwendung zwingen (vergleiche Abschnitt 2.2).

Das Europarecht ist bei Beteiligung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland nach dessen Austritt aus der EU zum 01.02.2020 und dem Ablauf des anschließenden Übergangszeitraums am 31.12.2020 nur noch anwendbar im Rahmen von Bestandsschutzvorschriften und Vertrauensschutzvorschriften des Austrittsabkommens für die von ihm erfassten Personen. Für die Zeit ab 01.01.2021 wird in Fällen, die nicht unter das Austrittsabkommen fallen das zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich geschlossene Abkommen über Handel und Zusammenarbeit (HKA) angewendet.

VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72

Die VO (EWG) Nr. 1408/71 und VO (EWG) Nr. 574/72 fanden im Verhältnis zu Österreich zunächst über das EWR-Abkommen vom 01.01.1994 bis 31.12.1994 Anwendung. Ab 01.01.1995 fanden die vorgenannten Verordnungen unmittelbar Anwendung, da Österreich zu diesem Zeitpunkt der EU beigetreten ist.

Die vorgenannten Verordnungen wurden am 01.05.2010 durch die VO (EG) Nr. 883/2004 und die VO (EG) Nr. 987/2009 ersetzt (vergleiche Abschnitt 2.1), bleiben jedoch weiterhin in Kraft

  • für Drittstaatsangehörige, die unter die VO (EG) Nr. 859/2003 fallen (ab 01.01.2011 nur noch im Verhältnis zum Vereinigten Königreich),
  • für Grönland (Zeiten vom 01.04.1973 bis zum 31.01.1985),
  • im Verhältnis zu den EWR-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen) bis zum 31.05.2012 und
  • im Verhältnis zur Schweiz bis zum 31.03.2012.

Daher sind im Verhältnis zu Österreich die VO (EWG) Nr. 1408/71 und die VO (EWG) Nr. 574/72 maßgebliche Rechtsgrundlage, wenn die VO (EG) Nr. 859/2003 anzuwenden ist, entsprechende Zeiten auch in Grönland zurückgelegt wurden oder neben Österreich bis zum 31.05.2012 noch ein EWR-Staat oder bis zum 31.03.2012 die Schweiz beteiligt waren. Einzelheiten können dem GRA zu Art. 90 VO (EG) Nr. 883/2004, Abschnitte 3.1, 3.2, 3.3 und 3.4 entnommen werden.

Vierseitiges Übereinkommen

Das deutsch-liechtensteinisch-österreichisch-schweizerische Übereinkommen im Bereich der Sozialen Sicherheit vom 09.12.1977 ist am 01.11.1980 in Kraft getreten.

Es nimmt Bezug auf die zwischen den Vertragsstaaten zweiseitig abgeschlossenen SV-Abkommen, in dem es deren persönliche Geltungsbereiche und Gleichstellungsregelungen auf alle Angehörigen der vier Vertragsstaaten und deren Hinterbliebene erweitert. Zum Erwerb des deutschen Rentenanspruchs können Zeiten aus allen vier Vertragsstaaten berücksichtigt werden. Die Rentenberechnung erfolgt aber getrennt nach jedem zweiseitigen SV-Abkommen.

Mit der Anwendung des Europarechts auf Österreich, Liechtenstein und auf die Schweiz hat das Vierseitige Übereinkommen seine Bedeutung für Neufälle verloren.

Deutsch-österreichisches SV-Abkommen

Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Soziale Sicherheit (SVA-Österreich 1995) vom 04.10.1995 ist am 01.10.1998 in Kraft getreten. Es wurde auf der Grundlage von Art. 8 VO (EWG) Nr. 1408/71 geschlossen und sollte das Europarecht ergänzen (vergleiche Abschnitt 4.1). Mit Inkrafttreten des SVA-Österreich 1995 traten das SVA-Österreich 1966 und die jeweiligen Zusatzabkommen sowie die Durchführungs- und Zusatzvereinbarungen außer Kraft. Das SVA-Österreich 1995 hat - bis auf wenige Ausnahmen (vergleiche Abschnitt 4.2) - heute kaum noch Bedeutung.

Überblick über das SVA-Österreich 1995

Das SVA-Österreich 1995 galt für die Rechtsvorschriften, für die auch die Verordnung VO (EWG) Nr. 1408/71 galt. Die Arbeitslosenversicherung und das Erziehungsgeld wurden ausdrücklich ausgenommen (Art. 2 SVA-Österreich 1995). Erfasst wurden alle Personen, die sozialversicherungsrechtliche Beziehungen zu einem oder beiden Vertragsstaaten hatten, sowie deren Hinterbliebene. Dabei war es unerheblich, ob die Person bereits von der Verordnung erfasst wurde oder nicht (Art. 3 SVA-Österreich 1995). Unabhängig davon sind bei Anwendung des SVA-Österreich 1995 nur deutsche und österreichische rentenrechtliche Zeiten zu berücksichtigen.

Für die nicht schon von der Verordnung erfassten Personen regelte das Abkommen die entsprechende Anwendung der Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und Nr. 574/72 (Art. 5 Abs. 1 SVA-Österreich 1995). Dieser Regelungsgehalt hatte durch die VO (EG) Nr. 859/2003 (Drittstaatsverordnung) seine Bedeutung verloren. Das Europarecht findet seit 01.06.2003 auf Drittstaatsangehörige und deren Hinterbliebene über die Drittstaatsverordnung Anwendung (vergleiche GRA zu Übersicht VO (EU) Nr. 1231/2010).

Das Abkommen sah für die Staatsangehörigen der Vertragsstaaten grundsätzlich die Gleichbehandlung bei der Anwendung der jeweiligen innerstaatlichen Rechtsvorschriften vor; Ausnahmen bestanden für das diplomatische Personal sowie für die freiwillige Versicherung (Art. 4 SVA-Österreich 1995). Diese Regelung ermöglichte es unter anderem, Österreichern auch bei Aufenthalt außerhalb des Geltungsbereichs des Europarechts die deutsche Rente wie an einen Deutschen zu zahlen. Durch die Anpassungen der Auslandsrenten-Regelungen (§§ 110 ff. SGB VI) beginnend mit dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz ab 01.08.2004 hatte die Gleichbehandlungsregelung aber ihre Bedeutung verloren.

Das Abkommen sah Besonderheiten für die Berechnung von Waisenrenten vor (Art. 5 Abs. 4 SVA-Österreich 1995, Art. 8 Buchst. b SVA-Österreich 1995). Durch die VO (EG) Nr. 1399/1999 (Waisenverordnung) wurden diese Leistungen regelmäßig ab 01.09.1999 als Leistungen nach Kapitel 3 der VO (EWG) Nr. 1408/71 festgestellt und konnten - sofern es sich nicht um die Waisen von Drittstaatsangehörigen handelte - auch bei Drittstaatsaufenthalt gewährt werden.

Vollstreckbare Entscheidungen und Urkunden wurden im anderen Vertragsstaat anerkannt und vollstreckt (Art. 10 SVA-Österreich 1995). Das Verfahren richtete sich nach den Vorschriften des Staates, in dem die Vollstreckung erfolgen sollte. Im Hinblick auf Art. 84 VO (EG) Nr. 883/2004 bedarf es grundsätzlich seit dem 01.05.2010 keiner entsprechenden bilateralen Regelungen mehr.

Weitergeltende Bestimmungen des SVA-Österreich 1995

Seit 01.05.2010 regelt Art. 8 VO (EG) Nr. 883/2004 die Konkurrenz mit dem SVA-Österreich 1995, indem bestimmt wird, dass die VO (EG) Nr. 883/2004 an die Stelle aller bilateralen Abkommen tritt. Bestimmungen der Abkommen, die vor dem Beginn der Anwendung der VO (EG) Nr. 883/2004 geschlossen wurden, gelten nur dann fort, wenn sie im Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004 eingetragen sind.

Dies ist für das SVA-Österreich 1995 dahingehend der Fall, dass in den Anhang ll die Regelung des Art. 14 Abs. 2 Buchst. g, h, i und j SVA-Österreich 1995 aufgenommen wurde, die noch auf besondere Bestimmungen des SVA-Österreich 1966 zurückgehen:

  • Anrechnung der österreichischen Leistung
    Sind infolge der Besetzung Österreichs und des Zweiten Weltkrieges die gleichen Versicherungszeiten sowohl in der österreichischen Pension als auch in der deutschen Rente enthalten, so kann der darauf beruhende Teil der österreichischen Pension von der deutschen Rente abgezogen werden (Art. 14 Abs. 2 Buchst. g, h und j SVA-Österreich 1995 in Verbindung mit Ziff. 19 Buchst. b SP zum SVA-Österreich 1966).
  • Behandlung von Beitragszeiten im Kleinen Walsertal und der Gemeinde Jungholz
    Versicherungszeiten, die im Zeitraum 01.05.1945 bis zum 30.04.1953 im Kleinen Walsertal (Gemeinden Mittelberg, Riezlern, Baad und Hirschegg) und der Gemeinde Jungholz zurückgelegt wurden, fallen in die deutsche Leistungspflicht und sind daher wie Bundesgebietsbeitragszeiten zu behandeln. (Art. 14 Abs. 2 Buchst. i SVA-Österreich 1995)

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