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§ 24 SGB IV: Säumniszuschlag

Änderungsdienst
veröffentlicht am

27.02.2023

Änderung

Aktualisierung aufgrund des 8. SGB IV-ÄndG

Dokumentdaten
Stand17.02.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz - 8. SGB IV-ÄndG) vom 20.12.2022, in Kraft getreten am 01.01.2023
Rechtsgrundlage

§ 24 SGB IV

Version004.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift soll den Zahlungspflichtigen zur pünktlichen Zahlung der Beiträge anhalten, zugleich sind die Säumniszuschläge aber auch Gegenleistung für das Herausschieben der Zahlung (Ausgleich für entgangene Zinsen).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Der für die Anwendung des § 24 SGB IV maßgebende Fälligkeitstag wird für die Beiträge aus Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen und Sozialleistungen durch § 23 SGB IV bestimmt.

§ 24 SGB IV findet auch Anwendung bei verspäteten Beitragszahlungen für Wehrdienstzeiten im Rahmen der RV-Wehr- und Zivildienstpauschalbeitrags-VO.

Bei Beitragszahlungen für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung verweist § 188 Abs. 1 S. 4 SGB VI auf § 24 SGB IV.

Allgemeine Grundsätze

  • Recht vor dem SGB IV
    Säumniszuschläge waren früher im § 397a RVO geregelt, der auf Grund der §§ 122 AVG, 1400 RVO auch für die Rentenversicherung und über § 179 AFG für die Arbeitslosenversicherung galt. § 397a RVO unterschied zwischen Säumniszuschlägen (Absatz 1) und Verzugszinsen (Absatz 2).
    Waren Arbeitgeber mit der Zahlung der Beiträge länger als eine Woche im Verzug, konnte als Ermessensentscheidung vom Versicherungsträger ein einmaliger Säumniszuschlag von 2 vom Hundert der rückständigen Beiträge erhoben werden. Bei einem Zahlungsverzug von mehr als drei Monaten war der Versicherungsträger verpflichtet, Zinsen in Höhe von 2 vom Hundert über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu erheben.
    Für die Unfallversicherung waren die Verzinsungsregelung und die Erhebung von Säumniszuschlägen bisher in § 751 RVO geregelt.
  • Recht bis zum 31.12.1994
    • Zuschlag bei kurzfristiger Säumnis (Absatz 1)
      § 24 Abs. 1 SGB IV eröffnete dem Versicherungsträger die Möglichkeit, einen einmaligen Säumniszuschlag bis zur Höhe von 2 vom Hundert der rückständigen Beiträge zu erheben, wenn der Zahlungspflichtige Beiträge oder Beitragsvorschüsse eine Woche nach Fälligkeit (vergleiche GRA zu § 23 SGB IV) noch nicht entrichtet hatte. Während § 397a RVO den Prozentsatz des Säumniszuschlags bestimmte, lag es nun im Ermessen des Versicherungsträgers, ob und in welcher Höhe Säumniszuschläge erhoben wurden. Ein Säumniszuschlag kam demnach nur für Beiträge oder Beitragsvorschüsse in Betracht, wenn Beitragsansprüche entstanden, das heißt fällig geworden waren und der Zahlungspflichtige nach Ablauf einer Woche nach Fälligkeit die Beiträge noch nicht entrichtet hatte.
      Hierbei war hinsichtlich der Fälligkeit der Beiträge und der Erhebung von Verspätungszuschlägen das Urteil des BSG vom 11.11.1975, AZ: 3/12 RK 12/74 (USK 75179, SGB 1976, 57) zu beachten. Das BSG hatte hier entschieden, dass unabhängig vom Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung des Gehalts der durch Arbeitsgerichtsurteil festgestellte Gehaltsanspruch zur Fälligkeit der Beiträge führt (vergleiche GRA zu § 23 SGB IV). Spätestens von diesem Zeitpunkt an kann der Versicherungsträger Verspätungszuschläge erheben.
    • Säumniszuschläge bei versicherungspflichtigen Selbständigen (Absatz 1a)
      In der Vergangenheit kamen einige pflichtversicherte Selbständige ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zur Rentenversicherung gar nicht oder nur sehr schleppend nach. Durch die Einfügung des Absatz 1a sollte eine kontinuierliche Beitragszahlung sichergestellt werden. In diesen Fällen wurde der Ermessensspielraum des Versicherungsträgers beseitigt, da er nach dem Wortlaut des Absatzes 1a Säumniszuschläge zu erheben hatte. Lediglich in Fällen besonderer Härte konnte auf die Erhebung von Säumniszuschlägen vom Versicherungsträger verzichtet werden.
    • Zuschlag bei längerfristiger Säumnis (Absatz 2)
      Die frühere Regelung des § 397a Abs. 2 RVO, nach der Zinsen in Höhe von 2 vom Hundert über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu erheben waren, sofern Beiträge länger als drei Monate in Verzug waren, ist mit § 24 Abs. 2 SGB IV aufgegeben worden. Das ist deshalb geschehen, weil wegen des häufig wechselnden Diskontsatzes Schwierigkeiten bei der Berechnung der Verzugszinsen aufgetreten sind. Nunmehr konnte der Versicherungsträger in Anlehnung an das Steuerrecht (vergleiche § 240 AO) einen Säumniszuschlag in Höhe von 1 vom Hundert der rückständigen Beträge je angefangenen Monat erheben. Dabei konnte ein Säumniszuschlag nach § 24 Abs. 1 SGB IV angerechnet werden. Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 2 SGB IV durften nur erhoben werden, wenn der Zahlungspflichtige die Beiträge ganz oder teilweise länger als drei Monate nach Fälligkeit noch nicht entrichtet hatte.
  • Recht vom 01.01.1995 an
    Nach der vom 01.01.1995 an geltenden Fassung ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent (bis 31.12.2022: eins vom Hundert) des rückständigen, auf 50,00 EUR (bis 31.12.2001 100,00 DM) nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einem rückständigen Betrag unter 150,00 EUR (bis 31.12.2022: 100,00 EUR; bis 31.12.2001 200,00 DM) ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert (bis 31.12.2022: "gesondert schriftlich") anzufordern wäre. Die Erhebung der Säumniszuschläge ist zwingend, sie liegt nicht mehr im Ermessen des Versicherungsträgers.
    Nicht nur Arbeitgeber, sondern auch die in vergleichbarer Funktion als Beitragsschuldner tätigen Sozialleistungsträger oder Versorgungsträger für Versorgungsleistungen nach § 9 AAÜG haben seit dem 01.01.2001 Säumniszuschläge zu zahlen. Die bis zum 31.12.2000 gültige abweichende Behandlung der Sozialleistungs- und Versorgungsträger war sachlich nicht berechtigt.
    Säumniszuschläge, die geltend gemacht werden und auf Beitragsansprüche entfallen, die durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wurden, sind nach den Vorschriften zu erheben, die im Zeitpunkt der Fälligkeit dieser Beiträge maßgebend waren.
    Seit dem 01.01.2017 regelt Absatz 3 Satz 1, dass auch dann wenn der Zahlungspflichtige eine Zustimmung zur Einziehung der Beiträge im Wege des Lastschriftverfahrens erteilt hat, Säumniszuschläge zu erheben sind, wenn der Zahlungspflichtige den verspäteten Bankeinzug der fälligen Beiträge zu verantworten hat, zum Beispiel durch die fehlende Deckung des zu belastenden Kontos. Dasselbe gilt in den Fällen, wenn die eingezogenen Beiträge per Rücklastschrift zurückgebucht werden, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungsgrund auf Seiten des Beitragsschuldners vorliegt.
    Darüber hinaus wird mit Absatz 3 Satz 2 klargestellt, dass von Geldinstituten erhobene Entgelte für Rücklasten dem Zahlungspflichtigen in Rechnung gestellt werden sollen. Durch Satz 2 wird dem Gläubiger nunmehr eine eigenständige Rechtsgrundlage im Sozialversicherungsrecht an die Hand gegeben, die es ihm auch ermöglicht, Entgelte für Rücklastschriften als öffentlich rechtliche Forderung nach Maßgabe von § 66 Abs. 1 SGB X in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz zu vollstrecken.Seit dem 01.01.2023 regelt Absatz 1 Satz 2, dass eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition zulässig ist (Fälligkeitsmethode). Hintergrund der Neuregelung war, dass für die Abrundung des Beitragssolls zum Zwecke der Berechnung des Säumniszuschlags zuvor zwei Methoden von den Versicherungsträgern für zulässig erachtet wurden: die sogenannte Fälligkeitsmethode und die sogenannte Additionsmethode. Bei der Fälligkeitsmethode werden die Beiträge und Umlagen unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition jeweils abgerundet. Bei der Additionsmethode findet dagegen eine Saldierung aller offenen Beitragsforderungen statt; erst der Gesamtbetrag aller Beiträge und Umlagen wird zum Zwecke der Säumniszuschlagsberechnung abgerundet. Das Bundessozialgericht hat die Fälligkeitsmethode für unzulässig erachtet (BSG vom 07.07.2020, AZ: B 12 R 28/18 R). Durch die Gesetzesänderung kann sie jedoch weiterhin angewendet werden.

Erhebung von Säumniszuschlägen im Rahmen des Gesamtsozialversicherungsbeitrages

Die Erhebung von Säumniszuschlägen bei verspäteter Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber betrifft ausschließlich den Aufgabenbereich der Einzugsstellen und des Betriebsprüfdienstes.

Wegen näherer Ausführungen wird auf die jeweils aktuellste Fassung der gemeinsamen Verlautbarungen der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung „Prüfung der Rentenversicherungsträger bei den Arbeitgebern“ sowie die „Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit zur Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV im Rahmen des Gesamtsozialversicherungsbeitrages ab 01.01.1995“ verwiesen.

Fälligkeit der Beiträge

Für die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge gelten nach § 23 Abs. 1 S. 1 SGB IV die Regelungen der Satzung der Einzugsstelle. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Änderung des Vierten und Sechsten Buches Sozialgesetzbuch nicht verändert. Die Einzugsstellen können danach weiterhin den Fälligkeitstermin im Rahmen der ihnen zugestandenen Satzungsautonomie regeln. Allerdings haben sie dabei den nach § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV (bis 31.12.2005 § 23 Abs. 1 S. 2 bis 4 SGB IV in der Fassung bis 31.12.2005) spätesten Fälligkeitstermin für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu berücksichtigen.

  • Recht bis 31.12.2005
    In der Regel hatten die Kranken- und Pflegekassen die Fälligkeit entsprechend § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV auf den 15. des Folgemonats festgelegt. Wurde das Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung bis zum 15. eines Monats fällig, waren die Beiträge spätestens am 25. des Monats fällig, in dem die Beschäftigung, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wurde, ausgeübt wurde oder als ausgeübt galt (§ 23 Abs. 1 S. 3 SGB IV).
    Bei betriebsüblicher Abrechnung des Arbeitsentgelts nach dem 10. des Folgemonats waren die Beiträge in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens bis zum Fälligkeitstag (15. des Folgemonats) zu zahlen; ein verbleibender Restbetrag wurde eine Woche nach dem betriebsüblichen Abrechnungstermin fällig. In diesen Fällen waren vom Arbeitgeber stets zwei Fälligkeitstermine zu beachten (§ 23 Abs. 1 S. 4 SGB IV).
  • Recht ab 01.01.2006
    Die bisherigen Vorgaben zur Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags waren in § 23 Abs. 1 S. 2 bis 4 SGB IV geregelt. Sie wurden durch die Bestimmungen des neu gefassten § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV abgelöst. Die neue Fälligkeitsregelung kennt innerhalb eines Kalendermonats nur noch einen Fälligkeitstag. Danach sind die Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt bemessen werden,
    • in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung, mit der das Arbeitsentgelt erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt,
    • ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig.

Maßgebender Zeitpunkt der Beitragszahlung

Hinsichtlich des Tages der Zahlung für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag bestimmt § 3 Abs. 1 S. 2 BVV, dass dies

  1. bei Barzahlung der Tag des Geldeingangs ist;
  2. bei Zahlung durch Scheck, bei Überweisung oder bei Einzahlung auf ein Konto der Einzugsstelle der Tag der Wertstellung zugunsten der Einzugsstelle ist. Bei rückwirkend vorgenommener Wertstellung gilt das Datum des elektronischen Kontoauszuges des Geldinstituts der Einzugstelle;
  3. bei Vorliegen der Einzugsermächtigung der Tag der Fälligkeit ist.

Erhebung von Säumniszuschlägen auf Nachforderungen aus Betriebsprüfungen

Wird bei einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (Absatz 2).

Dies setzt voraus, dass der Beitragsschuldner in bestimmten Fällen keine unverschuldete Unkenntnis geltend machen kann.

In den Fällen, in denen keine unverschuldete Unkenntnis geltend gemacht werden kann, ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Beitragsschuldner mindestens bedingt vorsätzlich Kenntnis von seiner Beitragsschuld hatte und deshalb nicht unverschuldet im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV gehandelt hat.

Es gibt zwei Alternativen, die zur Erhebung von Säumniszuschlägen führen, nämlich

  • Kenntnis von der Zahlungspflicht
    und – wenn eine solche Kenntnis nicht vorliegt – die
  • verschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht.

Kenntnis von der Zahlungspflicht

Kenntnis von der Zahlungspflicht liegt dann vor, wenn der Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person, das sichere Wissen darum hat, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung von Beiträgen verpflichtet zu sein.

Eine solche positive Kenntnis kann zum Beispiel bei:

  • Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung,
  • Beanstandungen aus früheren Betriebsprüfungen, die versicherungs- und beitragsrechtlich unbeachtet blieben oder
  • arbeitsgerichtlichen Entscheidungen, die versicherungs- und beitragsrechtlich nicht umgesetzt wurden

angenommen werden.

Verschuldete Unkenntnis

Kenntnis ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Beitragszahlung verpflichtet zu sein. Ob ihr Fehlen unverschuldet ist, bestimmt sich nicht nach § 276 BGB, sondern nach einem eigenständigen Verschuldensmaßstab. Verschulden setzt wenigstens bedingten Vorsatz voraus, das heißt, es liegt ein vorwerfbares Verhalten und ein jeweils vorsätzliches Handeln vor (vergleiche Urteil des BSG vom 12.12.2018, AZ: B 12 R 15/18 R).

Bedingter Vorsatz bedeutet, dass der Arbeitgeber seine Beitragspflicht für möglich gehalten und die Nichtabführung der Beiträge billigend in Kauf genommen hat.

Eine Säumniszuschlagerhebung aufgrund grober Fahrlässigkeit scheidet nach der vorgenannten BSG- Rechtsprechung aus. Grobe Fahrlässigkeitliegt vor, wenn der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten.

Erhebung von Säumniszuschlägen bei verspäteter Zahlung von Pflichtbeiträgen von versicherungspflichtigen selbständig Tätigen

Säumniszuschläge sind grundsätzlich für Pflichtbeiträge zu erheben, die von versicherungspflichtigen selbständig Tätigen nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt worden sind (Regelfall).

Die Ausführungen im Abschnitt 4 beziehen sich speziell auf den Personenkreis der selbstständig Tätigen, die kraft Gesetzes der Rentenversicherungspflicht unterliegen, beziehungsweise die auf Antrag versicherungspflichtig sind und ihre Pflichtbeiträge direkt an den Rentenversicherungsträger zahlen. Hierzu gehören selbständig Tätige, die nach folgenden Vorschriften der Versicherungspflicht unterliegen:

Für selbständige Künstler (§ 2 S. 1 Nr. 5 SGB VI in Verbindung mit dem KSVG) bestehen im Hinblick auf die Beitragszahlung Besonderheiten, die bei der Berechnung von Säumniszuschlägen durch die Künstlersozialkasse berücksichtigt werden (vergleiche unter anderem § 18 KSVG).

Für versicherungspflichtig selbständig Tätige nach § 2 S. 1 Nr. 4 und 6 SGB VI (Seelotsen, Küstenschiffer und Küstenfischer) gelten die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag entsprechend (§ 174 SGB VI). Es finden die Ausführungen in Abschnitt 3 Anwendung.

Der Begriff „Zahlungspflichtige“ im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB IV ist gleichzusetzen mit dem Begriff „Beitragsschuldner“. Gemäß §§ 169, 173 SGB VI sind versicherungspflichtige selbständig Tätige die Beitragsschuldner. Sie sind auch Zahlungspflichtige von weiteren Schulden (zum Beispiel Säumniszuschläge, Mahngebühren, Stundungszinsen).

Fälligkeit der Pflichtbeiträge

Pflichtbeiträge von versicherungspflichtigen Selbständigen werden nach § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Tätigkeit, mit der das Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist (vergleiche GRA zu § 23 SGB IV, Abschnitt 4).

Werden rückständige Pflichtbeiträge gestundet, wird deren Fälligkeit hinausgeschoben (vergleiche Abschnitt 4.6.3).

Auch wenn im Einzelfall im Widerspruchsverfahren die aufschiebende Wirkung angeordnet wird (vergleiche GRA zu § 86a SGG und GRA zu § 86b SGG), wird die Fälligkeit der Pflichtbeiträge nicht berührt. Das heißt, dass auch für die während des laufenden Rechtsbehelfsverfahrens fälligen Pflichtbeiträge Säumniszuschläge entstehen, wenn der versicherungspflichtige Selbständige diese nicht rechtzeitig zahlt. Dies gilt auch dann, wenn die aufschiebende Wirkung im Klageverfahren vom Gericht angeordnet wird. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung verschiebt nicht die Fälligkeit der Beitragsforderung. Es wird lediglich die Vollziehbarkeit und damit die Vollstreckbarkeit ausgesetzt (vergleiche Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 29.08.2018, AZ: L 11 KR 2686/18 ER-B).

Zeitpunkt der Beitragszahlung

Der maßgebende Zeitpunkt der Beitragszahlung bei versicherungspflichtigen selbständig Tätigen, die ihre Pflichtbeiträge direkt an den Rentenversicherungsträger zahlen, richtet sich nach der Art der Zahlung (vergleiche GRA zu § 178 SGB VI, Abschnitt 5.5).

Fälligkeit von Säumniszuschlägen

Nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist für Pflichtbeiträge, die die versicherungspflichtig selbständig Tätigen nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages (vergleiche Abschnitt 4.1) gezahlt haben, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag zu zahlen (vergleiche Abschnitt 4.5). Wird eine Beitragsforderung für mehr als einen Monat durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, können nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV auch mehrere Säumniszuschläge für die Vergangenheit vom Zeitpunkt ab Kenntnis der Zahlungspflicht oder der verschuldeten Unkenntnis erhoben werden.

Die Säumnis entsteht, wenn die Pflichtbeiträge nicht bis zum Ablauf ihres Fälligkeitstages gezahlt werden. Die Säumnis endet grundsätzlich mit dem Tag der Tilgung der gesamten Beitragsschuld. Der Säumniszuschlag entsteht und wird gleichzeitig an dem Tag nach dem drittletzten Bankarbeitstag des jeweiligen Monats fällig (vergleiche AGVR 1/2022, TOP 8).

Ein eröffnetes Insolvenzverfahren hindert nicht die Entstehung von Säumniszuschlägen. Dies gilt sowohl für Säumniszuschläge, die zu den Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) gehören (Säumniszuschläge, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind) als auch für die Säumniszuschläge, die als nachrangige Insolvenzforderungen (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO) zu behandeln sind (Säumniszuschläge, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehen). Der Umstand, dass diese gegebenenfalls nicht realisiert werden können, hindert nicht ihre Entstehung.

Besonderheiten nur im maschinellen Verfahren

Die Rentenversicherungsträger haben sich auf folgende Vorgehensweise im maschinellen Verfahren für die Umsetzung des Regelfalles (§ 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV) verständigt:

Bei einer Vielzahl von Fallgestaltungen (zum Beispiel Erstveranlagungen, Beitragsänderungen) kommt es bei dem Personenkreis der selbständig Tätigen regelmäßig zu einer Bescheiderteilung mit Rückwirkung. Da die Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV kraft Gesetzes entstehen (vergleiche Abschnitt 4.3), hätte die Forderung von Beiträgen für die Vergangenheit unmittelbar auch die Erhebung der Säumniszuschläge zur Folge.

In der Praxis ist die Rückwirkung vielfach durch die im Einzelfall erforderliche Bearbeitungsdauer beim Rentenversicherungsträger und bzw. oder die maschinell festgelegten Überprüfungszeitpunkte bedingt. Sofern der selbständig Tätige in dem Beitragsverfahren rechtzeitig mitwirkt (§§ 190a, 196 Abs. 1 SGB VI), würde in diesen Fällen zu Unrecht Säumniszuschläge erhoben.

Von daher haben sich die Rentenversicherungsträger für das maschinelle Verfahren auf eine Besonderheit zur Erhebung von Säumniszuschlägen verständigt. Die Rentenversicherungsträger erheben die Säumniszuschläge grundsätzlich monatlich durch einen maschinell erstellten Forderungsbescheid. Der Forderungsbescheid führt unter anderem die Höhe der Säumniszuschläge separat auf und fordert zur Zahlung innerhalb von einer Woche auf.

Kommt der selbständig Tätige nach Bekanntgabe des zuerst erstellten Beitragsbescheides seiner Zahlungsverpflichtung nicht umgehend nach, werden die bereits entstandenen Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV vollmaschinell, abgestellt auf die im zurückliegenden Zeitraum jeweils zu den einzelnen „Säumnis-Zeitpunkten“ aufaddierten Beitragsschulden, mit einem Forderungsbescheid erhoben (vergleiche Abschnitt 4.5).

Das schließt jedoch nicht aus, dass bei einer entsprechenden Glaubhaftmachung der „unverschuldeten Unkenntnis der Zahlungspflicht“ die Erhebung von Säumniszuschlägen im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV entfallen kann (vergleiche Abschnitt 4.6.2).

Berechnung der Säumniszuschläge

Säumniszuschläge werden in Höhe von einem Prozent des rückständigen, auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages für jeden angefangenen Monat der Säumnis berechnet. Maßgeblich ist jeder angefangene Monat. Es kommt nicht darauf an, dass die Säumnis einen ganzen Monat anhält.

Die Erhebung von Säumniszuschlägen erfolgt auch dann, wenn keine weiteren Beitragsforderungen mehr entstehen (zum Beispiel nach der Beendigung der selbständigen Tätigkeit), aber der rückständige Betrag noch nicht vollständig vom selbständig Tätigen getilgt worden ist.

Bei dem rückständigen Betrag handelt es sich um die Summe der bis zum Ablauf des jeweiligen Fälligkeitszeitpunktes noch nicht getilgten Beitragsforderungen.

Säumniszuschläge sind nach § 24 Abs. 1 S. 1 SGB IV zu erheben, sobald sich der nach Addition aller fälligen Pflichtbeiträge ergebende rückständige Betrag auf insgesamt mindestens 50,00 EUR beläuft. Der rückständige Gesamtbetrag ist auf 50,00 EUR abzurunden. Das gilt auch, wenn die rückständigen Pflichtbeiträge in verschiedenen Monaten fällig geworden sind.

Nicht zum rückständigen Betrag gehören weitere Schulden (zum Beispiel Mahngebühren, Stundungszinsen) und frühere Säumniszuschläge (das heißt, es erfolgt keine Berechnung von Säumniszuschlägen auf Säumniszuschläge).

Eine rückwirkende Beitragsänderung - sowohl Beitragserhöhung als auch Beitragsminderung - ändert nichts daran, dass dem Grunde nach Säumnis im Sinne von § 24 SGB IV besteht und diese daher auch nicht durch eine Änderung in der Höhe der Beitragsforderung rückwirkend entfallen kann. Demzufolge ändert sich in diesen Fällen durch die rückwirkende Beitragskorrektur nichts am Zahlungsverzug, jedoch ändert sich die Höhe der Säumniszuschläge.

Ausnahmen von der Erhebung von Säumniszuschlägen

Unter bestimmten Voraussetzungen ist von der Erhebung von Säumniszuschlägen abzusehen, beziehungsweise entstandene Säumniszuschläge sind zu erlassen. Dies gilt in Fällen, in denen:

  • bei einem rückständigen Betrag unter 150,00 EUR der Säumniszuschlag gesondert anzufordern wäre (vergleiche Abschnitt 4.6.1),
  • eine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht glaubhaft gemacht wird (vergleiche Abschnitt 4.6.2),
  • der gesetzlich in § 23 Abs. 1 S. 2 SGB IV vorgegebene Zeitpunkt für die Fälligkeit von Pflichtbeiträgen durch den Rentenversicherungsträger in die Zukunft verschoben wird (durch Stundung – vergleiche Abschnitt 4.6.3),
  • von der Verfolgung der Forderung abgesehen wird (durch Niederschlagung – vergleiche Abschnitt 4.6.4) oder
  • wenn die Erhebung von Säumniszuschlägen unbillig ist (Erlass der Säumniszuschläge – vergleiche Abschnitt 4.6.5).

Keine gesonderte Erhebung von „Bagatell - Säumniszuschlägen“ (§ 24 Abs. 1 S. 2 SGB IV)

Bei einem rückständigen Betrag unter 150,00 EUR ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre.

Es handelt sich hierbei um einen einzelnen Säumniszuschlag in Höhe von 1,00 EUR. Dieser ist ohne weitere Forderungen nicht gesondert anzufordern, da der Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zum zu fordernden Säumniszuschlag stehen würde. Derartige Fälle können auftreten, wenn ein einzelner Pflichtbeitrag verspätet gezahlt wird. Sind jedoch gleichzeitig weitere Schulden zu erheben, ist der Säumniszuschlag in Höhe von 1,00 EUR in die Gesamtforderung einzubeziehen.

Unverschuldet keine Kenntnis (§ 24 Abs. 2 SGB IV)

Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.

Regelmäßig kann sich der versicherungspflichtige selbständige Tätige nicht auf unverschuldete Unkenntnis berufen. § 24 Abs. 2 SGB IV stellt eine Ausnahmeregelung vom Regelfall des Absatzes 1 dar und verlangt daher eine Glaubhaftmachung durch den selbständig Tätigen. Wird keine unverschuldete Unkenntnis geltend gemacht beziehungsweise ist die Glaubhaftmachung nicht erfolgreich, sind Säumniszuschläge nach Absatz 1 zu erheben.

Mit Urteil des BSG vom 12.12.2018, AZ: B 12 R 15/18 R wurde entschieden, dass ein Verschulden im Sinne von § 24 Abs. 2 SGB IV mindestens bedingten Vorsatz voraussetzt. Eine lediglich fahrlässig bedingte Unkenntnis von der Zahlungspflicht dagegen würde nicht zur Erhebung von Säumniszuschlägen führen. Das BSG - Urteil erging im Rahmen der rückwirkenden Erhebung von Beiträgen bei Arbeitgebern (Gesamtsozialversicherungsbeitrag). Diese Rechtsprechung findet keine Anwendung bei rückständigen Beitragsforderungen selbständig Tätiger (vergleiche AGBGLBE 3/2019, TOP 5). Nach Auffassung der Rentenversicherungsträger wird die Regelung in Absatz 2 bei selbständig Tätigen dahingehend ausgelegt, dass sowohl bei Vorsatz als auch bei Fahrlässigkeit keine unverschuldete Unkenntnis besteht und Säumniszuschläge zu erheben sind. Dem Urteil des BSG vom 12.12.2018, AZ: B 12 R 15/18 R, wird nicht gefolgt.

Keine Säumniszuschläge während der Stundung einer Beitragsforderung

Ansprüche dürfen nur gestundet werden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für die Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch die Stundung nicht gefährdet wird (vergleiche GRA zu § 76 SGB IV, Abschnitt 5.1).

Die Stundung einer Forderung bedeutet das Hinausschieben der Fälligkeit bei bestehen bleiben der Erfüllbarkeit. Es fehlt also an der Fälligkeit der geforderten Beiträge und damit an einer mit einer Sanktion belegbaren Säumigkeit des Beitragsschuldners. Die Stundung schließt demgemäß die Erhebung von Säumniszuschlägen für den Stundungszeitraum aus (vergleiche BSG vom 23.02.1988, AZ: 12 RK 50/86).

Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV sind ab Eingang des Stundungsantrages beziehungsweise der Zustimmung des selbständig Tätigen zu einer im Einzelfall vom Rentenversicherungsträger angebotenen Stundung grundsätzlich nicht mehr zu erheben. Das schließt nicht aus, dass im Einzelfall auch für die Zeit des Verwaltungsverfahrens weiterhin Säumniszuschläge erhoben werden können, wenn bei dem selbständig Tätigen erkennbar eine mangelnde Bereitschaft bei der zur Prüfung der Stundungsvoraussetzungen erforderlichen Klärung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse besteht.

Werden die vereinbarten Raten nach Erhalt des Stundungsbescheides pünktlich gezahlt, treten kein Verzug in der Zahlung und somit auch keine Säumnis ein; deshalb kommt die Festsetzung von Säumniszuschlägen nicht in Betracht.

Wird die im Rahmen der Stundung gewährte Ratenzahlung nicht eingehalten und daraufhin vom Rentenversicherungsträger beendet, wird die Restforderung sofort fällig. Ab diesem Zeitpunkt sind (wieder) Säumniszuschläge auf den dann noch offenen rückständigen Betrag zu erheben (vergleiche AGBGLBE 2/2011, TOP 7 und FAVR 3/94, TOP 15).

Als Ausgleich für den Zahlungsaufschub können vom Rentenversicherungsträger Zinsen auf den gestundeten Betrag erhoben werden (vergleiche GRA zu § 76 SGB IV, Abschnitt 5.1.2).

Keine Säumniszuschläge während der Niederschlagung einer Beitragsforderung

Ansprüche dürfen nur niedergeschlagen werden, wenn feststeht, dass die Einziehung der Beitragsschuld keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen (vergleiche GRA zu § 76 SGB IV, Abschnitt 5.2).

Während der Niederschlagung von Beitragsansprüchen entstehen auf die niedergeschlagenen Ansprüche keine weiteren Säumniszuschläge. Die gegebenenfalls vor Beginn der Niederschlagung bereits entstandenen Säumniszuschläge bleiben dagegen bestehen und sind nach beendeter Niederschlagung (wieder) zu fordern.

Entstehen aufgrund weiterhin vorliegender Versicherungspflicht während des Niederschlagungszeitraums neue Beitragsansprüche und werden diese Beiträge nicht bis zum jeweiligen Fälligkeitstag gezahlt (tritt also Säumigkeit ein), sind auf diese neu entstandenen Beitragsansprüche Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV zu erheben. Das bedeutet, dass die niedergeschlagenen Beitragsansprüche nicht in die Berechnung der auf die neu entstandenen Beitragsansprüche zu erhebenden Säumniszuschläge einzubeziehen sind.

Im Anschluss an eine befristete Niederschlagung ergeben sich die zu fordernden Säumniszuschläge somit aus der Summe

  • der bereits bei Niederschlagung bestehenden und bisher nicht getilgten beziehungsweise erlassenen Säumniszuschläge,
  • der gegebenenfalls aufgrund neuer Beitragsforderungen im Zeitraum der Niederschlagung neu entstandenen Säumniszuschläge sowie
  • der sich neu ergebenden Säumniszuschläge aufgrund des im jeweiligen neuen Säumnismonat bestehenden Gesamtbeitragsrückstandes.

Erlass

Ansprüche dürfen nur erlassen werden, wenn ihre Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre (vergleiche GRA zu § 76 SGB IV, Abschnitt 5.3). Dies gilt auch für Säumniszuschläge.

Für den Erlass von Säumniszuschlägen gelten die in Abschnitt 11 dargestellten Grundsätze.

Bei Prüfung der Frage, ob Säumniszuschläge zu erlassen sind, weil eine besondere Härte vorliegt, kommt es auf die Umstände im Zeitraum der Einziehung der Forderung, insbesondere auf den Zeitpunkt der Bescheiderteilung über den Erlass, nicht auf die Zeit der Entstehung (Festsetzung) der Säumniszuschläge an (vergleiche Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.10.1985, AZ: L 11 Kr 75/84).

Tilgung von Forderungen

Die Regelung in § 7 RV-BZV erlaubt dem selbständig Tätigen, die Reihenfolge der Tilgung von Schulden selbst zu bestimmen. Schuldet der Versicherte Auslagen des Rentenversicherungsträgers, Gebühren, insbesondere Mahn- und Vollstreckungsgebühren sowie wie Gebühren zu behandelnde Entgelte für Rücklastschriften (vergleiche Abschnitt 2), Beiträge, Säumniszuschläge, Zinsen oder Geldbußen, so kann er bei der Zahlung bestimmen, welche Schuld getilgt werden soll. Trifft der Versicherte keine Bestimmung, wird die Schuld in der oben genannten Reihenfolge getilgt. Innerhalb der gleichen Schuldenart wird die einzelne Schuld nach ihrer Fälligkeit, bei gleichzeitiger Fälligkeit anteilmäßig getilgt.

Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Pflichtbeiträgen aus Sozialleistungen

Nach § 24 Abs. 2 S. 2 SGB IV in der Fassung bis 31.12.2000 waren Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Beiträgen in den Fällen des § 23 Abs. 2 SGB IV (also aus Sozialleistungen nach § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI) und für verspätetet gezahlte Beiträge der Versorgungsträger für Versorgungsleistungen im Sinne des § 9 AAÜG nicht zu erheben.

Mit Wirkung ab 01.01.2001 wurde diese Einschränkung aufgehoben, so dass Säumniszuschläge nunmehr uneingeschränkt auch für verspätet gezahlte Beiträge aus Sozialleistungen bei Versicherungspflicht nach § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI sowie für Versorgungsleistungen nach § 9 AAÜG zu erheben sind. Die Regelung erstreckte sich auch auf verspätet gezahlte Beiträge aus Arbeitslosengeld II bei Versicherungspflicht nach § 3 S. 1 Nr. 3a SGB VI in der Fassung vom 01.01.2005 bis 31.10.2010. Sie ist seit dem 01.08.2012 auch auf verspätet gezahlte Beiträge aus Leistungen für den Ausfall von Arbeitseinkünften anzuwenden (Versicherungspflicht nach § 3 S. 1 Nr. 3a SGB VI in der Fassung ab 01.08.2012).

Säumniszuschläge können erstmalig für verspätet gezahlte Beiträge erhoben werden, die nach dem 31.12.2000 - also frühestens am 08.01.2001 - fällig geworden sind. Sind fällige Beiträge oder Beitragsvorschüsse nur zum Teil gezahlt worden, sind Säumniszuschläge von dem nicht geleisteten Differenzbetrag zu erheben.

Zur Fälligkeit der Beiträge wird auf die Ausführungen in der GRA zu § 23 SGB IV verwiesen.

Schuldner des Säumniszuschlags ist stets der Zahlungspflichtige, der den Beitrag oder Beitragsvorschuss an den Rentenversicherungsträger zu zahlen hat. Diese Pflicht ergibt sich bei Pflichtbeiträgen aus Sozialleistungen aus den §§ 170 Abs. 1, 173, 176 Abs. 2 SGB VI. Hier kommen also beispielsweise Krankenkassen, Arbeitsagenturen, Berufsgenossenschaften und so weiter als Zahlungspflichtige in Betracht.

Erheben der Säumniszuschläge bei Sozialleistungen

Ob Beiträge oder Beitragsvorschüsse nicht, nicht in richtiger Höhe und/oder verspätet gezahlt wurden und daher gegebenenfalls nachzufordern und dementsprechend Säumniszuschläge zu erheben sind, wird regelmäßig im Rahmen der Prüfung der unmittelbaren Beitragszahler nach § 212a SGB VI geprüft. Die Träger der Rentenversicherung prüfen mindestens alle 4 Jahre bei den Stellen, die Pflichtbeiträge für sonstige Versicherte zu zahlen haben, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit der Zahlung von Pflichtbeiträgen ordnungsgemäß erfüllen. Sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 212a Abs. 1 SGB VI). Die Prüfung beschränkt sich auf Stichproben.

Darüber hinaus werden von den Rentenversicherungsträgern regelmäßig monatlich die laufend eingehenden Beiträge der unmittelbaren Beitragszahler im Hinblick auf den einzuhaltenden Fälligkeitstermin nach § 23 Abs. 2 SGB IV geprüft (§ 76 Abs. 1 SGB IV) und bei verspäteter Zahlung Säumniszuschläge erhoben.

Für die Erhebung und den Erlass von Säumniszuschlägen bei verspäteter Beitragszahlung gelten die Ausführungen unter Abschnitte 5 und 7 der „Gemeinsamen Verlautbarung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des VDR und der BA zur Erhebung von Säumniszuschlägen nach § 24 SGB IV im Rahmen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ab 01.01.1995“ vom 09.11.1994 entsprechend (vergleiche Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zum 4. Euro-Einführungsgesetz (Änderungen im Beitragsrecht) vom 02.05.2001).

Säumniszuschläge werden für jeden angefangenen Monat der Säumnis gefordert. Damit sind Säumniszuschläge auch dann zu erheben, wenn die Beiträge lediglich einen Tag verspätet gezahlt werden. Im Rahmen der Beitragsüberwachung orientiert sich das Ende der Säumniszuschlagsberechnung am Datum der sogenannten Schlussbesprechung. Wann die Prüfmitteilung/der Prüfbescheid erteilt wird, ist unerheblich.

Das Erheben von Säumniszuschlägen ist nicht in das Ermessen der Rentenversicherungsträger gestellt.

Der Säumniszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der Säumnis eins vom Hundert des rückständigen, auf 50,00 EUR nach unten abgerundeten Betrages. Bei einem rückständigen Betrag unter 150,00 EUR ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre.

Werden Beiträge durch Bescheid rückwirkend gefordert und hatte der Beitragsschuldner unverschuldet keine Kenntnis von seiner Zahlungspflicht, sind Säumniszuschläge nicht zu erheben. Die unverschuldete Unkenntnis ist vom Beitragsschuldner glaubhaft zu machen.

Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Pflichtbeiträgen für Pflegepersonen

Die Versicherungspflicht von Pflegepersonen nach § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI wurde mit Wirkung ab 01.04.1995 neu eingeführt. Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV sind somit von diesem Zeitpunkt an auch für fällig gewordene, aber verspätet gezahlte Beiträge für Pflegepersonen zu erheben.

Ob § 24 Abs. 2 S. 2 SGB IV in der Fassung bis 31.12.2000 analog auf die verspätete Zahlung von Beiträgen für Pflegepersonen nach § 3 S. 1 Nr. 1a SGB VI anzuwenden ist und somit Säumniszuschläge wie bei verspäteter Zahlung von Beiträgen aus Sozialleistungen nach § 3 S. 1 Nr. 3 SGB VI und bei verspätetet gezahlten Beiträgen der Versorgungsträger für Versorgungsleistungen im Sinne des § 9 AAÜG nicht zu erheben sind, war zwischen Renten- und Pflegeversicherung umstritten. Im Rahmen eines Kompromisses wurden „Ausgleichsbeträge“ für verspätete Beitragszahlungen vereinbart. Diese Problematik besteht seit der Aufhebung von § 24 Abs. 2 S. 2 SGB IV mit Wirkung ab 01.01.2001 nicht mehr. Nunmehr sind bei verspäteter Zahlung keine „Ausgleichsbeträge“, sondern Säumniszuschläge zu erheben.

Zur Fälligkeit der Beiträge für Pflegepersonen wird auf die Ausführungen in der GRA zu § 23 SGB IV verwiesen.

Schuldner des Säumniszuschlags ist stets der Zahlungspflichtige, der den Beitrag an den Rentenversicherungsträger zu zahlen hat. Diese Pflicht ergibt sich bei Pflichtbeiträgen aus nicht erwerbsmäßiger Pflege aus den §§ 170 Abs. 1, 173, 176a SGB VI und § 44 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB XI . Hier kommen also gesetzliche Pflegekassen, private Versicherungsunternehmen, Festsetzungsstellen für die Beihilfe oder Dienstherren als Zahlungspflichtige in Betracht.

Zur Erhebung der Säumniszuschläge gelten die Ausführungen im Abschnitt 5.1.

Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Pflichtbeiträgen für Wehr- und Zivildienstleistende und Einsatzverletzte

Wehr- und Zivildienstleistende sind nach § 3 S. 1 Nr. 2 SGB VI rentenversicherungspflichtig. Für Einsatzverletzte besteht Rentenversicherungspflicht nach § 3 S. 1 Nr. 2a SGB VI.

Die Beiträge für Wehr- oder Zivildienstleistenden und für Einsatzverletzte werden nach § 23 Abs. 1 SGB IV dem Grunde nach spätestens am 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den sie zu entrichten sind (vergleiche GRA zu § 23 SGB IV, Abschnitt 6).

Allerdings gilt in diesen Fällen die aufgrund der Verordnungsermächtigung nach § 178 Abs. 1 SGB VI erlassene RV-Wehr- und Zivildienstpauschalbeitragsverordnung. Danach sind auf die zu entrichtenden Beiträge jeweils bis zum 15. des zweiten Monats eines jeden Kalendervierteljahres (Fälligkeitstag) Vorschüsse zu zahlen. Nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres werden die zu zahlenden Beiträge den gezahlten Vorschüssen gegenübergestellt. Unterschiedsbeträge sind bis zum 31.03. eines jeden Jahres (Fälligkeitstag) für das vergangene Kalenderjahr zu zahlen oder zu erstatten.

Werden Beitragsvorschüsse nicht fristgerecht bis zum 15. des zweiten Monats eines jeden Kalendervierteljahres und Unterschiedsbeträge nicht bis zum 31.03. des Jahres für das vergangene Kalenderjahr gezahlt, sind Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV zu erheben.

Zur Erhebung der Säumniszuschläge gelten im Übrigen die Ausführungen im Abschnitt 5.1.

Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Pflichtbeiträgen aufgrund des Bezugs von Übergangsgebührnissen

Bezieher von Übergangsgebührnissen sind nach § 3 S. 1 Nr. 2b SGB VI seit dem 01.01.2021 rentenversicherungspflichtig.

Die Beiträge für Bezieher von Übergangsgebührnissen werden nach § 23 Abs. 1 S. 5 SGB IV am 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den sie zu entrichten sind (vergleiche GRA zu § 23 SGB IV, Abschnitt 6).

Werden die Beiträge nicht fristgerecht gezahlt, sind Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV zu erheben.

Zur Erhebung der Säumniszuschläge gelten die Ausführungen im Abschnitt 5.1.

Säumniszuschläge bei verspäteter Zahlung von Beiträgen für Zuschläge an Entgeltpunkten für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung

Seit dem 13.12.2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen für Zeiten der besonderen Auslandsverwendung von rentenversicherungspflichtigen Wehrdienstleistenden für Zuschläge an Entgeltpunkten nach § 76e SGB VI in Verbindung mit § 188 SGB VI vom Bund Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen.

Zahlungspflichtig ist das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr.

Zur Fälligkeit der Beiträge wird auf die Ausführungen in der GRA zu § 188 SGB VI verwiesen.

Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV sind, analog zu § 184 Abs. 1 S. 2 SGB VI im Rahmen der Nachversicherung, für die ersten drei Monate nach der Fälligkeit der Beiträge nicht zu zahlen (§ 188 Abs. 1 S. 4 SGB VI). Für die Ermittlung des rückständigen Betrages sind die zum Zeitpunkt des Eintritts der Säumnis geltenden Rechengrößen anzuwenden. Der Zeitpunkt der verspäteten tatsächlichen Beitragszahlung ist dabei unerheblich.

Zur Erhebung der Säumniszuschläge gelten im Übrigen die Ausführungen im Abschnitt 5.1.

Erhebung von Säumniszuschlägen bei verspäteter Zahlung von Pflichtbeiträgen in Nachversicherungsfällen

Nach Maßgabe des § 184 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB VI gilt § 24 SGB IV auch für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge. § 184 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB VI ist am 01.01.2008 in Kraft getreten. Bis zum 31.12.2007 war § 24 SGB IV auf Nachversicherungsbeiträge unmittelbar anwendbar (BSG vom 12.02.2004, AZ: B 13 RJ 28/03 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 2). Die Rentenversicherungsträger sind bei Anwendung des § 24 SGB IV im Hinblick auf das Rundschreiben des Bundesministerium des Inneren vom 27.04.1999 - D II 6 - 224 012/55 - von einer Säumnis erst drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit der Beiträge ausgegangen; der früheste Beginn der Säumnis war bei vorher fällig gewordenen Nachversicherungsbeiträgen der 01.01.1995 (FAVR 1/2000, TOP 5). Diese Regelungen hat der Gesetzgeber in § 184 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB VI übernommen (vergleiche GRA zu § 184 SGB VI, Abschnitt 3).

siehe Beispiel 1 und 2

Erlass von Säumniszuschlägen

Da die Erhebung eines Säumniszuschlages nicht mehr in das Ermessen der Einzugsstelle gestellt ist und auch eine Schonfrist nicht mehr eingeräumt wird, haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung im Rundschreiben vom 09.11.1994 für gewisse Ausnahmefälle einen Erlass von Säumniszuschlägen zugelassen. Dies wurde durch die Neufassung des § 76 Abs. 2 Nr. 3 SGB IV ermöglicht. Danach dürfen Säumniszuschläge erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Ein Erlass ist grundsätzlich nur auf Antrag des Beitragsschuldners möglich. Der Antrag bedarf keiner besonderen Form.

Ein Erlass von Säumniszuschlägen wegen Unbilligkeit kann insbesondere in folgenden Fällen in Betracht kommen.

  • Unabwendbares Ereignis
    Ist der Zahlungspflichtige durch Eintritt eines unabwendbaren Ereignisses an einer pünktlichen Beitragszahlung gehindert und war es ihm nicht möglich, einen Vertreter mit der Zahlung zu beauftragen, so kann die Einziehung der erhobenen Säumniszuschläge unbillig sein. Ein unabwendbares Ereignis kann zum Beispiel eine plötzliche Erkrankung oder ein Unfall des Zahlungspflichtigen beziehungsweise des für die Beitragszahlung Verantwortlichen, aber auch eine Naturkatastrophe oder ein Brand sein. Das unabwendbare Ereignis muss ursächlich dafür sein, dass die Zahlung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages erfolgen konnte.
  • Bisher pünktlicher Beitragszahler
    Bei einem bisher pünktlichen Beitragszahler kann die Einziehung von Säumniszuschlägen unbillig sein, wenn dem Zahlungspflichtigen ein offenbares Versehen unterlaufen ist und er infolgedessen die Beiträge nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat (zum Beispiel falsche Einschätzung der Überweisungslaufzeit). Als pünktlicher Beitragszahler ist derjenige anzusehen, der in den letzten 12 Monaten die Beiträge nicht mehr als einmal nach Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat.
  • Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung
    Die Einziehung von Säumniszuschlägen ist auch dann unbillig, wenn dem Zahlungspflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Beiträge wegen Zahlungsunfähigkeit und/oder wegen Überschuldung nicht möglich war. Da Säumniszuschläge im Fall der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung zunächst nur hinsichtlich ihres Druckmittelcharakters ins Leere gehen, ist es in diesen Fällen jedoch sachgerecht, nur die Hälfte der Säumniszuschläge zu erlassen.
    Als Zahlungsunfähigkeit ist im Grundsatz das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden (das heißt fälligen) Geldschulden noch im Wesentlichen zu begleichen. Ein derartiges dauerndes Unvermögen wird angenommen, wenn feststeht, dass der Schuldner seine wesentlichen und fälligen Verpflichtungen in den nächsten drei bis sechs Monaten nicht wird begleichen können. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners seine Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, das heißt, dass die Passiva die Aktiva übersteigen.
    Die Voraussetzungen der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung müssen, um einen Erlass der Säumniszuschläge zu rechtfertigen, nicht zwingend kumulativ vorliegen. Liegt nur eine dieser beiden Voraussetzungen vor, ist deshalb ein Erlass der Säumniszuschläge nicht ausgeschlossen.
    Die Eröffnung eines Konkurs- beziehungsweise Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beitragsschuldners hindert nicht die Entstehung von Säumniszuschlägen. Insoweit kann aber ein Teilerlass (Erlass von Säumniszuschlägen zur Hälfte) in Frage kommen, wenn der Säumniszuschlag die Funktion des Druckmittels verliert, zum Beispiel wenn die Konkurs- beziehungsweise Insolvenzmasse zeitweise oder dauernd unzulänglich ist. In diesen Fällen wird für die Erlassentscheidung eine Erklärung der Masseunzulänglichkeit durch den Konkurs- beziehungsweise Insolvenzverwalter bei der Einzugsstelle vorliegen müssen. Ein Erlass der Säumniszuschläge in voller Höhe kommt nicht in Betracht. Im Übrigen ist es für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass der Säumniszuschläge unbeachtlich, ob die Einzugsstelle die Säumniszuschläge im Konkurs- beziehungsweise Insolvenzverfahren oder nach dessen Beendigung überhaupt realisieren kann. Für diese Fälle ist die Niederschlagung nach § 76 Abs. 2 Nr. 2 SGB IV vorgesehen.
  • Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz
    Nach § 258 AO kann die Vollstreckungsbehörde im Einzelfall die Vollstreckung wegen Unbilligkeit einstweilig einstellen oder beschränken oder eine bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahme aufheben. Diese Maßnahmen dienen - ähnlich wie eine Stundung nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV - der vorübergehenden Schonung des Zahlungspflichtigen. Mit dem Vollstreckungsaufschub wird lediglich zeitweise auf die zwangsweise Durchsetzung des Zahlungsanspruchs verzichtet, die Fälligkeit der Beitragsforderung und damit die Entstehung von Säumniszuschlägen durch Zahlungsverzug wird aber nicht berührt. Die Einziehung von Säumniszuschlägen bei Gewährung von Vollstreckungsaufschub ist nicht von vornherein unbillig, wenn die Einzugsstelle beziehungsweise die Vollstreckungsbehörde auf deren Erhebung ausdrücklich hingewiesen hatte. Ausnahmsweise kann aber ein teilweiser Erlass der Säumniszuschläge dann gerechtfertigt sein, wenn Vollstreckungsaufschub anstelle eines an sich gebotenen Erlasses beziehungsweise einer gebotenen Stundung gewährt wurde.
    Soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist (das heißt, wenn die wirtschaftliche Existenz des Zahlungspflichtigen gefährdet ist) und die Vollstreckungsbehörde sie deshalb einstweilen einstellt oder aufhebt, kann auf Antrag wie bei Zahlungsunfähigkeit/Überschuldung die Hälfte der insoweit angefallenen Säumniszuschläge erlassen werden.
  • Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass der Hauptschuld
    Bei einem Erlass der Hauptschuld ist es sachgerecht, gleichzeitig die bis dahin entstandenen Säumniszuschläge zu erlassen, auch wenn es sich um einen eigenständigen Anspruch aus dem Beitragsschuldverhältnis handelt.
  • Sonstige Fälle
    Die aufgeführten Fallgruppen zu Erlassmöglichkeiten aus Billigkeitsgründen können nicht erschöpfend sein. Es ist denkbar, dass weitere Gründe persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit einen Erlass von Säumniszuschlägen (in voller Höhe oder zur Hälfte) rechtfertigen.
    Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung sind zum Beispiel der Auffassung, dass Säumniszuschläge für die gegebenenfalls verspätete Beitragszahlung für den Monat Januar 2006, die aus der umstrittenen Auslegung des § 119 Abs. 2 SGB IV resultiert, nicht geltend gemacht werden können, sofern die Beitragsschuld für den Monat 01/2006 bis zum nächsten Fälligkeitstag (24.02.2006) in vollständiger Höhe beglichen wird. Dabei gehen die Spitzenorganisationen davon aus, dass Arbeitgeber, die vor dem 01.01.2006 als Fälligkeitstermin für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag den 25. eines Monats zu berücksichtigen hatten und beabsichtigten, von der Übergangsregelung des § 119 Abs. 2 SGB IV Gebrauch zu machen, die voraussichtliche Höhe der Beitragsschuld für den Monat Januar 2006 bis zum Fälligkeitstag (27.01.2006) nicht mehr rechtzeitig bestimmen konnten. (Erst mit dem Rundschreiben der Spitzenorganisationen vom 25.01.2006 wurden sie darüber informiert, dass sie von der Übergangsregelung des § 119 Abs. 2 SGB IV keinen Gebrauch machen durften.)

 

Beispiel 1: Beginn und Ende der Säumnis

(Beispiel zu Abschnitt 10)
Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung, ohne dass ein Aufschubgrund vorliegt:30.09.2002
Fälligkeit der Beiträge (§ 184 Abs. 1 SGB VI):01.10.2002
Beginn der Säumnis im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB IV:01.01.2003
Wertstellung der Nachversicherungsbeiträge:10.05.2003
Monate der Säumnis (5 Monate):01/2003 bis 05/2003

Beispiel 2: Säumniszuschläge bei einem Widerruf der Nachversicherung nach § 185 Abs. 2a SGB VI

(Beispiel zu Abschnitt 10)
Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung als Soldat auf Zeit30.06.2003
Übergangsgebührnisse werden gezahlt bis31.12.2003
Zahlung der Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger05.01.2004
Widerruf der Nachversicherung nach § 185 Abs. 2a SGB VI durch den Dienstherrn, weil der Versicherte am 01.06.2004 eine Beschäftigung als Beamtenanwärter aufnimmt25.06.2004
Lösung:
Die vom Rentenversicherungsträger für die Zeit von 10/2003 bis 1/2004 festgesetzten Säumniszuschläge sind bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 185 Abs. 2a SGB VI zusammen mit den Nachversicherungsbeiträgen an den Dienstherrn zurückzuzahlen.
Achtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 20.12.2022 (BGBl. I S. 2759)

Inkrafttreten: 01.01.2023

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 20/3900

Durch Artikel 1 Nr. 10 des Achten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (8. SGB IV-Änderungsgesetz) wurde § 24 Absatz 1 wie folgt geändert:
In Satz 1 wurden die Wörter „eins vom Hundert“ durch die Angabe „1 Prozent“ ersetzt. Nach Satz 1 wurde folgender Satz eingefügt: "Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig.“ In dem neuen Satz 3 wurde die Angabe „100“ durch die Angabe „150“ ersetzt und das Wort „schriftlich“ gestrichen. Zudem wurde folgender Satz angefügt: „Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.“

Sechstes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 11.11.2016 (BGBl. I S. 2500)

Inkrafttreten: 01.01.2017

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/8487

Durch Artikel 1 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (6. SBG IV-Änderungsgesetz) vom 11.11.2016 wurde Absatz 3 angefügt.

Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragschulden in der Krankenversicherung (KVBeitrSchG) vom 15.07.2013 (BGBl. I S. 2423)

Inkrafttreten: 01.08.2013

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 17/13402

Durch Artikel 2 des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.07.2013 (BGBL. I S. 2423) wurde Absatz 1a mit Wirkung ab 01.08.2013 aufgehoben.

Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378)

Inkrafttreten: 01.04.2007

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 16/3100, 16/3950

Durch Artikel 5 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz) vom 26.03.2007 (BGBL.I S. 378) wurde Absatz 1a eingefügt. Mit diesem Absatz wurde ein erhöhter Säumniszuschlag von 5 % für in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig oder nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V pflichtige Versicherte eingeführt. Der Säumniszuschlag von 1 % wurde für diese Sachverhalte als nicht ausreichend angesehen.

4. Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983)

Inkrafttreten: 01.01.2001 beziehungsweise 01.01.2002

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 14/4375

Mit Wirkung vom 01.01.2002 wurden die Wörter „hundert Deutsche Mark“ durch „50 Euro“ und „zweihundert Deutsche Mark“ durch „100,00 Euro“ ersetzt (Artikel 5 des 4. Euro-Einführungsgesetzes). Absatz 2 Satz 2 (Artikel 4 des 4. Euro-Einführungsgesetzes) wurde mit Wirkung zum 01.01.2001 aufgehoben. Die Aufhebung bewirkt, dass das bisherige Verbot der Erhebung von Säumniszuschlägen auf Beiträge aus Entgeltersatzleistungen, die nach dem 31.12.2000 fällig geworden sind, nicht mehr gilt. Eine verspätete Zahlung dieser Beiträge löst die auch im Bereich des Gesamtsozialversicherungsbeitrags eintretenden Folgen hinsichtlich der Säumniszuschlagserhebung aus.

2. SGBÄndG vom 13.06.1994 (BGBl. I S. 1229)

Inkrafttreten: 01.01.1995

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 12/5187 und 12/7324

Die wesentlichste Änderung erfuhr § 24 SGB IV als die Vorschrift mit Wirkung vom 01.01.1995 neu gefasst wurde.

Von der Regelung des § 24 SGB IV in der Fassung ab 01.01.1995 werden Beiträge erfasst, die erstmals ab 01.01.1995 fällig werden (ab Beitrag Dezember 1994). Für alle Beiträge, deren Fälligkeit bis 31.12.1994 eintrat, gilt grundsätzlich die alte Regelung des § 24 SGB IV (Ausnahme: Nachversicherungsbeiträge, Rentenversicherungsbeiträge von selbständig Tätigen).

Die ab 01.01.1995 geltende Regelung unterscheidet sich von der bisherigen deutlich. Die Erhebung von Säumniszuschlägen ist ab diesem Zeitpunkt zwingend vorgeschrieben.

Einigungsvertragsgesetz vom 23.09.1990 (BGBl. II S. 885)

Inkrafttreten: 01.01.1991

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/7760

Aufgrund des Artikels 1 des Einigungsvertragsgesetzes in Verbindung mit Artikel 8 Anlage I Kap. VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nummer 1 Buchst. o des Einigungsvertrages ist § 24 SGB IV ab 01.01.1991 auch in den neuen Bundesländern anzuwenden.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Mit Artikel 3 Nummer 8 des RRG 1992 wurde Absatz 1a eingefügt. Für Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung, die der Versicherte, der seine Pflichtbeiträge selbst zu zahlen hatte, nach Fälligkeit zahlte, hatte der Träger der Rentenversicherung Säumniszuschläge zu erheben. In Fällen besonderer Härte konnte auf die Erhebung von Säumniszuschlägen verzichtet werden.

Sozialgesetzbuch (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung vom 23.12.1976 (BGBl. I S. 3845)

Inkrafttreten: 01.07.1977

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 7/4122 und 7/5457

Artikel I des Sozialgesetzbuchs (SGB) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung enthielt das SGB IV und Artikel II Übergangs- und Schlussvorschriften.

§ 24 SGB IV ist am 01.07.1977 in Kraft getreten (Artikel II § 21 Absatz 1 des Sozialgesetzbuches - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung). Die Vorschrift gilt nur für die nach dem 30.06.1977 fällig gewordenen Beitragsansprüche; für davor fällig gewordene Ansprüche gilt das bisherige Recht weiter (Artikel  II § 14 SGB IV).

§ 24 SGB IV ersetzt im Bereich der Rentenversicherung die Verweisungsregelungen der § 1400 Abs. 1 RVO beziehungsweise § 122 Abs. 1 AVG (weggefallen mit Wirkung vom 01.07.1977 gemäß Artikel II § 1 Nummer 1 Buchst. b SGB IV).

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 24 SGB IV