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§ 184 SGB VI: Fälligkeit der Beiträge und Aufschub

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.04.2024

Dokumentdaten
Stand05.05.2022
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 in Kraft getreten am 01.01.2008
Rechtsgrundlage

§ 184 SGB VI

Version005.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift regelt in Absatz 1 die Fälligkeit der Beiträge und den Anspruch auf einen Säumniszuschlag bei verspäteter Zahlung und in den Absätzen 2 bis 4 Einzelheiten zum Aufschub der Nachversicherungsbeiträge.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Behandlung vor dem 01.01.1992 erteilter Aufschubbescheinigungen regelt § 277 SGB VI.

Für ehemalige Soldaten auf Zeit sieht § 185 Abs. 2a SGB VI einen „rückwirkenden Aufschub“ der Nachversicherung vor.

Eine besondere Aufschubregelung für Postbeamte enthielt bis zum 31.12.2003 § 18 PostPersRG (Postpersonalrechtsgesetz).

§ 186a SGB VI regelt die Nachversicherung für die zusätzlichen Entgeltpunkte nach § 76e SGB VI für Zeiten einer besonderen Auslandsverwendung von Soldaten und Zivilbeschäftigten des Bundes und verweist in Absatz 1 hinsichtlich der Fälligkeit und des Aufschubs dieser (zusätzlichen) Nachversicherung auf § 184 SGB VI.

Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge

Nach dem Eintritt der Nachversicherungsvoraussetzungen wird die Nachversicherungsschuld am Folgetag fällig (BSG vom 29.07.1997, AZ: 4 RA 107/95, SozR 3-2600 § 8 Nr. 4); der Nachversicherungsschuldner (Dienstherr, Arbeitgeber, geistliche Genossenschaft) hat die Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger zu zahlen. Ein Aufschubgrund berührt nicht mehr allein die Fälligkeit der Nachversicherungsbeiträge - wie im bis zum 31.12.1991 geltenden Recht in § 125 AVG/ § 1403 RVO in der Fassung bis 31.12.1991 geregelt -, sondern steht darüber hinaus bereits dem Eintritt der Nachversicherungsvoraussetzungen entgegen (so auch § 8 Abs. 2 SGB VI und § 181 Abs. 1 SGB VI).

Der Anspruch des Rentenversicherungsträgers auf die Nachversicherungsbeiträge verjährt nach § 25 Abs. 1 S. 1 SGB IV in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er fällig geworden ist, es sei denn, sie sind vorsätzlich vorenthalten worden. In diesem Fall beträgt die Verjährungsfrist nach Satz 2 der Vorschrift 30 Kalenderjahre. (FAVR 1/94, TOP 12). Wäre die Einrede der Verjährung rechtsmissbräuchlich, kann der Rentenversicherungsträger sogar Nachversicherungsbeiträge fordern, deren Fälligkeit länger als 30 Kalenderjahre zurück liegt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Nachversicherungsschuldner den Rentenversicherungsträger nicht rechtzeitig von dem unversorgten Ausscheiden seines versicherungsfrei Beschäftigten zum Beispiel durch Übersendung einer Nachversicherungsbescheinigung informiert hat und der Rentenversicherungsträger nicht - ausnahmsweise - von dem Beschäftigten hierauf hingewiesen wurde, wobei der Beschäftigte zu einem solchen Hinweis nicht verpflichtet ist (BSG vom 27.06.2012, AZ: B 5 R 88/11 R, SozR 4-2600 § 233 Nr. 2).

Erhebung von Säumniszuschlägen bei verspäteter Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen

Mit Wirkung ab 01.01.2008 wurden in Absatz 1 die Sätze 2 und 3 angefügt. Danach gilt bei verspätet gezahlten Nachversicherungsbeiträgen § 24 SGB IV mit der Maßgabe, dass die Säumnis drei Monate nach Eintritt der Fälligkeit beginnt und für die Ermittlung des rückständigen Betrages die zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechengrößen anzuwenden sind. Sind die Beiträge vor dem 01.10.1994 fällig geworden, beginnt die Säumnis am 01.01.1995 und für die Ermittlung des rückständigen Betrages sind die am 01.01.1995 geltenden Rechengrößen anzuwenden. Mit dieser Ergänzung hat der Gesetzgeber die bisherige Praxis der Rentenversicherungsträger sanktioniert, die auch vom Bundessozialgericht mit Urteil BSG vom 12.02.2004, AZ: B 13 RJ 28/03 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 2, bestätigt wurde. Wichtig war jedoch die Klarstellung hinsichtlich der Berechnung des Säumniszuschlags, die der bisherigen Auffassung der Rentenversicherungsträger entspricht.

§ 24 SGB IV ist am 01.07.1977 in Kraft getreten und galt zunächst nur für nach dem 30.06.1977 fällig gewordene Beitragsansprüche. Für vor dem 01.07.1977 fällig gewordene Ansprüche galten gemäß Art. II § 14 SGB IV die bisherigen Regelungen weiter, die eine Ermessensentscheidung vorsahen. Auch für Säumniszeiträume nach dem 31.12.1994 lag für derartige Beitragsansprüche die Erhebung von Säumniszuschlägen zunächst im Ermessen des Gläubigers. Art. II § 14 SGB IV ist jedoch durch das Vierte Euro-Einführungsgesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I S. 1983) mit Wirkung ab 01.01.2001 aufgehoben worden, sodass ab diesem Zeitpunkt § 24 SGB IV in der ab 01.01.1995 geltenden Fassung ohne Übergangsregelung anzuwenden ist. Sowohl für vor dem 01.07.1977 als auch für nach dem 30.06.1977 fällig gewordene und verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge besteht deshalb ein Anspruch auf Säumniszuschläge, der nicht im Ermessen des Rentenversicherungsträgers liegt.

Der Anspruch des Rentenversicherungsträgers auf den Säumniszuschlag entsteht kraft Gesetzes. Zahlt der Nachversicherungsschuldner nicht von sich aus, ist der Anspruch nach vorheriger Anhörung (§ 24 SGB X) mit Bescheid zu fordern.

  • Beginn und Ende der Säumnis
    Die Säumnis beginnt nach Ablauf von drei Monaten nach der Fälligkeit gemäß § 184 Abs. 1 S. 2 SGB VI. Die Frist von drei Monaten ist unter Beachtung von § 26 SGB X in Verbindung mit §§ 187 Abs. 2, 188 Abs. 2 BGB zu ermitteln.
    Ausnahme:
    Bei der Nachversicherung tritt für die Dauer von 15 Monaten nach der Fälligkeit (§ 184 Abs. 1 S. 1 SGB VI) keine Säumnis der Nachversicherungsbeiträge ein, wenn der Nachzuversichernde innerhalb der Dreimonatsfrist des § 184 Abs. 1 S. 2 SGB VI gegenüber dem Arbeitgeber seine Absicht erkennen lässt, dass er möglicherweise innerhalb eines Jahres nach dem Eintritt der Nachversicherungsvoraussetzungen eine Beschäftigung/Tätigkeit aufnehmen werde, die zu einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung führt (RBRTS 1/2013, TOP 10).
    Hatte der Arbeitgeber schon vor Ablauf der Einjahresfrist des § 186 Abs. 3 SGB VI Kenntnis darüber, dass es nicht mehr zu einem fristgerechten Antrag kommen wird, beginnt die Dreimonatsfrist (§ 184 Abs. 1 S. 2 SGB VI) mit der Kenntnis. Äußert sich der Nachzuversichernde nicht innerhalb der Dreimonatsfrist zu seinen weiteren Berufsabsichten, sind die Nachversicherungsbeiträge am Folgetag des unversorgten Ausscheidens fällig (§ 184 Abs. 1 S. 1 SGB VI) - vergleiche insoweit Urteil des BSG vom 29.11.2007, AZ: B 13 R 48/06 R, SozR 4-2600 § 186 Nr. 1, und siehe verbindliche Entscheidung in RVaktuell 1/2009, 35.
    Frühester Zeitpunkt der Säumnis ist bei vorher fällig gewordenen Nachversicherungsbeiträgen der 01.01.1995.
    Für Nachversicherungsbeiträge der Sondervollzeitdiener der Bibel- und Traktat-Gesellschaft der Zeugen Jehovas e. V. (Wachtturmgesellschaft), die von der deutschen Teilgliederung in eine ausländische Teilgliederung übertreten, kommt die Erhebung von Säumniszuschlägen frühestens ab dem 01.10.2002 in Betracht (RBRTB 2/2003, TOP 6).
    Der Säumniszeitraum endet mit dem Monat der Zahlung der Nachversicherungsbeiträge. Nach § 181 Abs. 1 S. 2 SGB VI gilt als Zeitpunkt der Zahlung der Tag der Wertstellung des Gegenwerts der Nachversicherungsbeiträge auf dem Konto des Rentenversicherungsträgers.
    Siehe Beispiel 1
  • unzulässige Einrede der Verjährung und unverschuldete Unkenntnis
    Sofern Nachversicherungsbeiträge trotz Verjährung gezahlt wurden, besteht kein Anspruch auf Säumniszuschläge, wenn sich der Arbeitgeber rechtswirksam auf die Einrede der Verjährung des Beitragsanspruchs hätte berufen können. Nach dem Urteil des BSG vom 27.06.2012, AZ: B 5 R 88/11 R, SozR 4-2600 § 233 Nr. 2, verstößt die Einrede der Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der Nachversicherungsbeiträge gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens des Nachzuversichernden nicht seiner Verpflichtung zur Erteilung einer Nachversicherungsbescheinigung nachkommt. Das Gleiche gilt, wenn bei Vorliegen eines Aufschubtatbestandes weder eine Nachversicherungs- noch eine Aufschubbescheinigung erteilt wurde (rechtskräftige Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 16.01.2006, AZ: L 3 R 3/05 und Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 26.01.2007, AZ: L 13 R 117/05) oder eine Aufschubbescheinigung wegen voraussichtlicher Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung erteilt wurde, es nicht zu dieser fristgerechten Aufnahme der Beschäftigung kam und die Nachversicherungsbeiträge verspätet gezahlt wurden. Wäre die Einrede der Verjährung auf den Beitragsanspruch rechtsunwirksam gewesen, gilt dies auch für die aufgrund der verspäteten Zahlung der Beiträge anfallenden Säumniszuschläge (BSG vom 02.11.2015, AZ: B 13 R 35/14 R).
    Nach § 24 Abs. 2 SGB IV ist ein Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn die Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt wird, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Bei Nachversicherungsbeiträgen findet diese Regelung auch ohne erteilten Beitragsforderungsbescheid Anwendung (BSG vom 12.02.2004, AZ: B 13 RJ 28/03 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 2). Unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Versicherter unmittelbar nacheinander bei verschiedenen Dienstherren eine versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt hat und bei Ausscheiden aus der letzten versicherungsfreien Beschäftigung ohne Aufschubgrund der beziehungsweise die jeweils vorherigen Dienstherren keine Kenntnis vom Eintritt des Nachversicherungsfalls erhalten. Den Nachversicherungsstellen ist hier eine dreimonatige Zahlungsfrist ab Kenntnis der Zahlungspflicht einzuräumen (RBRTB 1/2008, TOP 9).
    Unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht liegt nicht vor, wenn der Beitragsschuldner seine Unkenntnis vorsätzlich oder fahrlässig verursacht hat. Fahrlässig handelt, wer die im rechtlichen Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (BSG vom 01.07.2010, AZ: B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5 – bestätigt durch BSG vom 12.12.2018, AZ: B 12 R 15/18 R, Rz.19).
    Die unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht muss der Beitragsschuldner glaubhaft machen. Gelingt ihm dies nicht, findet auf den Säumniszuschlag grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV Anwendung (BSG vom 17.04.2008, AZ: B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2). Insbesondere wenn der Beitragsschuldner keine Angaben (mehr) darüber machen kann, aus welchen Gründen die Nachversicherungsbeiträge verspätet gezahlt wurden, ist eine unverschuldete Unkenntnis von der Zahlungspflicht nicht glaubhaft (rechtskräftiges Urteil des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 30.11.2009, AZ: L 8 R 212/08).
    Bedient sich der Nachversicherungsschuldner (zum Beispiel Bundesland) für die Betreuung der aktuell Beschäftigten und der Nachversicherung der ausgeschiedenen Beschäftigten unterschiedlicher Behörden und informiert die für die aktuell Beschäftigten zuständige Behörde die für die Nachversicherung zuständige Behörde über das Ausscheiden aus dem versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis, gelangt diese Information jedoch nicht zu der zuständigen Stelle innerhalb der Nachversicherungsbehörde, kann sich der Beitragsschuldner nicht nach § 24 Abs. 2 SGB IV auf unverschuldete Unkenntnis berufen, wenn das Ausbleiben der Information bei der zuständigen Stelle innerhalb der Nachversicherungsbehörde auf einem Organisationsverschulden in der Nachversicherungsbehörde beruht (BSG vom 17.04.2008, AZ: B 13 R 123/07 R, SozR 4-2400 § 25 Nr. 2). Nach dem Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28.04.2010, AZ: L 8 R 140/09, muss die Organisation der Nachversicherung ausgeschiedener Beschäftigter mindestens drei Anforderungen genügen, wenn für die Betreuung aktiver und ausgeschiedener Beschäftigter unterschiedliche Stellen zuständig sind:

  1. Es muss sichergestellt sein, dass die Absendung der die Nachversicherung betreffenden Vorgänge durch die für die aktiv Beschäftigten zuständige Organisationseinheit tatsächlich (das kann zum Beispiel durch ein Vier-Augen-Prinzip und ein anschließendes Kontrollsystem - Wiedervorlage - geschehen) erfolgt,
  2. es muss gewährleistet sein, dass der Zugang der Vorgänge bei der für die Nachversicherung zuständigen Organisationseinheit kontrolliert wird und
  3. es muss kontrolliert werden, ob die Nachversicherungsbeiträge tatsächlich gezahlt wurden.
  • Bestimmung des rückständigen Ausgangsbetrages und Ermittlung des Säumniszuschlages
    Bei der Bestimmung des rückständigen Ausgangsbetrages im Sinne von § 24 Abs. 1 SGB IV werden bei der Erhebung von Säumniszuschlägen aus Nachversicherungsbeiträgen die zu Beginn der Säumnis maßgebenden Dynamisierungsfaktoren sowie der dann geltende Beitragssatz in der Rentenversicherung zu Grunde gelegt. Für vor dem 01.10.1994 fällig gewordene Beiträge gelten die am 01.01.1995 geltenden Rechengrößen. Der so ermittelte Ausgangsbetrag ist auf 50,00 EUR (bis 31.12.2001 100,00 DM) nach unten abzurunden.
    Siehe Beispiel 2
  • Säumniszuschläge bei einem Widerruf der Nachversicherung nach § 185 Abs. 2a SGB VI
    Im Falle eines Widerrufs der Nachversicherung nach § 185 Abs. 2a SGB VI sind erhobene Säumniszuschläge an den Dienstherrn zurückzuzahlen (RBRTB 2/2004, TOP 5).
    Siehe Beispiel 3
  • Zuständigkeit für die Erhebung der Säumniszuschläge
    Säumniszuschläge auf Nachversicherungsbeiträge sind von dem für die Durchführung der Nachversicherung zuständigen Rentenversicherungsträger zu erheben (RBRTB 2/2003, TOP 7). Wurden Nachversicherungsbeiträge vom Betriebsprüfdienst gefordert, sind Säumniszuschläge nach Zahlung der Beiträge ebenfalls vom kontoführenden Rentenversicherungsträger und nicht vom Betriebsprüfdienst zu erheben (AGBEIUE 1/2009, TOP 18).
  • keine Verwirkung
    Obwohl § 24 SGB IV am 01.07.1977 in Kraft getreten ist, seit dem 01.01.1995 nicht mehr als Ermessensvorschrift ausgestaltet ist und nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12.02.2004 am angegebenen Ort) auch auf Nachversicherungsbeiträge Anwendung findet (seit dem 01.01.2008 über § 184 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB VI), haben die Rentenversicherungsträger jahrelang von ihrem Forderungsrecht keinen Gebrauch gemacht. Die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte hat die Nachversicherungsschuldner erst im Jahr 2003 darüber informiert, dass sie künftig Säumniszuschläge auf verspätete gezahlte Nachversicherungsbeiträge erheben werde. Einige Nachversicherungsschuldner waren deshalb der Auffassung, dass die jahrelange Untätigkeit der Rentenversicherungsträger und insbesondere der Hinweis der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, dass sie „künftig“ Säumniszuschläge erheben werde, zur Verwirkung der Ansprüche zumindest für Zeiten vor 2003 führen würde. Dieser Auffassung ist jedoch mit Urteil des BSG vom 01.07.2010, AZ: B 13 R 67/09 R, SozR 4-2400 § 24 Nr. 5, entgegengetreten. Auch für Nachversicherungsfälle vor 2003 ist deshalb gegebenenfalls ein Säumniszuschlag zu fordern.
  • Verzicht auf den Säumniszuschlag (Kleinstbetragsregelung)
    Ist die Forderungssumme oder die Differenz zwischen der gezahlten und der zu zahlenden Summe gering, ist Ziffer 7.1.1 der VV zu § 59 BHO (Anlage zum BMF-Rundschreiben vom 10.02.2016; GMBl 2016 Nr. 10, S. 204) zu beachten. Danach ist von einer Anforderung von Beträgen von weniger als 7,00 EUR abzusehen. Ist der Nachversicherungsschuldner ein Sondervermögen des Bundes oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts, tritt unter der Voraussetzung, dass Gegenseitigkeit besteht, an die Stelle des Betrages von 7,00 EUR der Betrag von 36,00 EUR (siehe auch RBRTO 1/2005, TOP 5). Gegenseitigkeit bedeutet, dass der Nachversicherungsschuldner bei einer Forderung gegen die Deutsche Rentenversicherung bei einem Betrag von weniger als 36,00 EUR ebenfalls auf die Einziehung verzichten würde. Zwischen dem Bundesverwaltungsamt als größten Nachversicherungsschuldner (Nachversicherung für Zeitsoldaten) und den Rentenversicherungsträgern liegt bei der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen auf Nachversicherungsbeiträge nach dem 31.12.2019 Gegenseitigkeit Im Sinne der Ziffer 7.1.1 der VV zu § 59 BHO vor (RBRTB 1/2019, TOP 14, RBRTN 1/2019, TOP 12, RBRTS 1/2019, TOP 14), sodass Differenzbeträge von weniger als 36,00 EUR weder vom Rentenversicherungsträger noch vom Bundesverwaltungsamt gefordert werden.

Aufschubgründe

Nach § 184 Abs. 2 S. 1 SGB VI wird die Nachversicherung aufgeschoben, wenn

  • die versicherungsfreie Beschäftigung vorübergehend unterbrochen wird (Nummer 1 der Vorschrift),
  • eine andere versicherungsfreie Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aufgenommen wird (Nummer 2 der Vorschrift) oder
  • eine widerrufliche Versorgung gezahlt wird, die der aus einer Nachversicherung erwachsenen Rentenanwartschaft mindestens gleichwertig ist (Nummer 3 der Vorschrift).

Besonderheiten zum Eintritt eines Nachversicherungsfalls beziehungsweise zum Vorliegen von Aufschubgründen ergeben sich für den Personenkreis der satzungsmäßigen Mitglieder geistlicher Genossenschaften. Auf die Ausführungen in der GRA zu § 8 SGB VI, Abschnitt 5.2 wird verwiesen.

Vorübergehende Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung

Nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI wird die Nachversicherung aufgeschoben, wenn die versicherungsfreie Beschäftigung nach einer Unterbrechung, die infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist, voraussichtlich wieder aufgenommen wird. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis gelöst und die Versorgungszusage entfallen ist, jedoch aufgrund der Umstände des Einzelfalles Grund zur Annahme besteht, dass später das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis bei demselben Dienstherrn mit einer entsprechenden Versorgungszusage unter Anrechnung der Vordienstzeiten wieder aufgenommen wird. Eine Unterbrechung in diesem Sinne verlangt einen objektiven Rückkehrwillen des Beschäftigten sowie eine konkrete Zusicherung des Arbeitgebers für eine Wiedereinstellung in das versicherungsfreie Beschäftigungsverhältnis (FAVR 2/98, TOP 8). Außerdem ist für den Aufschub die Erteilung einer Aufschubbescheingung erforderlich.

Es handelt sich dabei in der Praxis zum einen um Fälle, in denen ein Beamtenverhältnis im Hinblick auf einen Übertritt in den Dienst der Europäischen Gemeinschaft oder in den Dienst einer internationalen Organisation formell aufgelöst wird, dem Beamten aber eine Rückkehroption in Gestalt der Zusage einer (bevorzugten) Wiedereinstellung verbleibt. Zum anderen kann zum Beispiel auch die Nachversicherung für Referendare im schulischen Dienst aufgeschoben werden, die im Anschluss an ihre erfolgreich abgeschlossene Ausbildung aus haushaltsrechtlichen Gründen für eine begrenzte Zeit (zum Beispiel bis zu fünf Jahre) bei demselben Dienstherrn zunächst als versicherungspflichtige Angestellte mit 3/4-Verträgen eingestellt werden - mit der festen Zusage für eine anschließende Übernahme in das Beamtenverhältnis. Die Rechtsprechung des BSG zum bisherigen Recht, wonach bei einer Unterbrechung von voraussichtlich mehr als zwei Jahren ein Aufschub der Nachversicherung nicht zulässig war (BSG vom 11.09.1980, AZ: 1 RA 81/79, SozR 2200 § 1403 Nr. 2), findet auf § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI keine Anwendung (FAVR 2/98, TOP 8).

Kein Aufschubgrund nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB VI ist die Beurlaubung ohne Dienstbezüge, weil hier die Anwartschaft auf Versorgung weiterhin erhalten bleibt. In diesem Fall liegt noch kein Nachversicherungstatbestand im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB VI vor (AGFAVR 2/94, TOP 3).

Sofortige Aufnahme einer anderen versicherungsfreien Beschäftigung

Beim Wechsel des Nachversicherungsschuldners von einem zum anderen Tag (zum Beispiel Übertritt vom Bund zum Land und umgekehrt oder von einer Stadtverwaltung zur anderen oder von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zur anderen) liegt ein Aufschubgrund vor, sodass noch keine Nachversicherungsverpflichtung für den ersten Dienstherrn eintreten kann. Voraussetzung ist, dass der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der neuen Beschäftigung berücksichtigt wird und der Arbeitgeber die Aufschubbescheinigung erteilt.

Beachte:

Soldaten auf Zeit wird keine Versorgungsanwartschaft gewährleistet. Ein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit kann deshalb keinen Aufschub der Nachversicherung für ein vorangegangenes versicherungsfreies Dienstverhältnis begründen.

Auch beim Übertritt von einer Ordensgemeinschaft in eine andere Ordensgemeinschaft kann kein Aufschubgrund für die Nachversicherung nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI vorliegen; die Versorgung in der Gemeinschaft in „kranken und alten Tagen“ sieht keine Berücksichtigung von „Vordienstzeiten“ vor.

Voraussichtliche Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden

Das BMI hat in Zusammenarbeit mit dem VDR und der BfA für die Beurteilung dieses Aufschubgrundes mit Rundschreiben vom 27.04.1999 (AZ: D II 6-224 012/55) folgende Hinweise für die Dienstherren erteilt (Rundschreiben des VDR vom 19.05.1999, Aktenzeichen 111-00)

„Nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI wird die Nachversicherung aufgeschoben, wenn eine andere Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aufgenommen wird, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft Versicherungsfreiheit besteht oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt, sofern der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der anderen Beschäftigung berücksichtigt wird.

Nach dieser Regelung kann ein Aufschub der Beitragszahlung nur in Betracht kommen, wenn bei Ablauf des Tages des unversorgten Ausscheidens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit konkret zu erwarten ist, dass

  • der Beschäftigte sofort oder innerhalb von zwei Jahren eine andere versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen wird und
  • der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus dieser Beschäftigung berücksichtigt werden wird.

Nach dem Urteil des BSG vom 29.07.1997 - 4 RA 107/95 - (SozR 3-2600 § 8 Nr. 4) kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung eine hinreichend sichere, auf objektiven Merkmalen beruhende Erwartung besteht, dass der Beschäftigte vom nächsten Tage an beziehungsweise innerhalb von zwei Jahren eine erneute entsprechende Beschäftigung aufnimmt. Im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens muss aufgrund einer Würdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalles eine hinreichend sichere Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Beschäftigte sofort oder innerhalb von zwei Jahren erneut eine Beschäftigung aufnehmen wird, in der er - unter Einbeziehung der bisherigen Nachversicherungszeiträume - wiederum wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung abgesichert sein wird. Eine hinreichende (subjektive und objektive) ‘Voraussichtlichkeit’ ist nur gegeben, wenn bei vernünftiger Abwägung aller Umstände im Zeitpunkt des unversorgten Ausscheidens die Erwägungen, welche die Aufnahme einer anderen entsprechenden Beschäftigung sofort beziehungsweise innerhalb von zwei Jahren nahe legen, so stark überwiegen, dass keine erheblichen Zweifel daran verbleiben. Keinesfalls reichen vage Spekulationen über Möglichkeiten einer Wiedereinstellung aus.

Um das Vorliegen eines Aufschubgrundes beurteilen zu können, muss der Beschäftigte bei Bekanntwerden der Ausscheidensabsicht nach seinen weiteren Berufsabsichten befragt werden (wird die Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb der nächsten zwei Jahre beabsichtigt? Liegt bereits eine konkrete Einstellungszusage vor? Wird der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der neuen Beschäftigung berücksichtigt?). Die Anfrage und die Antwort sind aktenkundig zu machen. Die Nachversicherung kann nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI nur dann aufgeschoben werden, wenn alsbald nach dem Ausscheiden feststeht, dass der Betreffende innerhalb von zwei Jahren eine andere versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen und der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus dieser Beschäftigung berücksichtigt wird. Die Entscheidung über den Aufschub der Beitragszahlung sollte spätestens drei Monate nach dem Ausscheiden getroffen werden. Beantwortet der Beschäftigte die Anfrage über seine weiteren Berufsabsichten in dieser Zeit nicht oder gibt der Betreffende keine konkreten Hinweise auf seine spätere Beschäftigung, muss davon ausgegangen werden, dass kein Aufschubgrund nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI vorliegt. Es ist nicht zulässig, die Beitragszahlung ohne das Vorliegen von Aufschubgründen aufzuschieben. Denn nach § 184 Abs. 1 SGB VI sind die Beiträge grundsätzlich beim Ausscheiden zu zahlen. Der Aufschub ist die Ausnahme und muss im Einzelfall nachgewiesen werden.

Liegt kein Aufschubgrund vor, ist die Nachversicherung somit unverzüglich durchzuführen. Die Nachversicherungsbescheinigung kann nicht mit einem Vorbehalt versehen werden, wonach die Nachversicherungsbeiträge zurückgefordert werden, wenn der Versicherte innerhalb von zwei Jahren eine versicherungsfreie Beschäftigung aufnimmt. Denn das Gesetz sieht die Rückabwicklung einer Nachversicherung nicht vor. Nimmt der ehemalige Beschäftigte

  • trotz gegenteiliger Antwort auf die oben angeführten Befragung oder
  • bei Fehlen von konkreten Vorstellungen über seine weiteren Berufsabsichten zum Zeitpunkt des Ausscheidens

doch eine versicherungsfreie Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren auf, hat dies keinen Einfluss auf die bereits durchgeführte Nachversicherung. Die Nachversicherungsbeiträge können nicht zurückgefordert werden. In diesen Fällen greift § 26 Abs. 2 SGB IV nicht; die Beiträge waren und sind nicht zu Unrecht gezahlt.

Wurden die Nachversicherungsbeiträge gezahlt, weil der ausgeschiedene Beschäftigte nicht innerhalb von drei Monaten die oben angeführten Anfrage beantwortet hat, kann ein Aufschubgrund jedoch nachträglich geltend gemacht werden, wenn der Beschäftigte innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden eine versicherungsfreie Beschäftigung unter Anrechnung der Vordienstzeiten bei der Versorgungsanwartschaft aufgenommen hat und nachgewiesen werden kann, dass die Aufnahme dieser Beschäftigung bereits im Zeitpunkt des Ausscheidens „voraussehbar“ im Sinne der Rechtsprechung des BSG war.

Kommt der Dienstherr alsbald nach dem Ausscheiden zu dem Ergebnis, dass ein Aufschubgrund nach § 184 Abs. 2 SGB VI vorliegt, ist unverzüglich eine Aufschubbescheinigung nach § 184 Abs. 4 SGB VI zu erteilen. Ein Aufschub der Beitragszahlung ohne Erteilung einer Aufschubbescheinigung ist nach dem oben angeführten Urteil des BSG nicht möglich. Der Aufschubgrund wird von den Rentenversicherungsträgern grundsätzlich nicht überprüft, sofern die Aufschubbescheinigung nicht nach Zahlung der Nachversicherungsbeiträge erteilt wurde. Mit der Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit endet die Wirkung einer bereits erteilten Aufschubbescheinigung. Wird vor Aufnahme der beabsichtigten versicherungsfreien Beschäftigung allerdings kurzzeitig (im Falle des § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI weniger als zwei Jahre) eine vorher geplante (versicherungspflichtige) Zwischenbeschäftigung aufgenommen, ändert dies an der Wirksamkeit der Aufschubbescheinigung nichts.“

Beachte:

Soldaten auf Zeit wird keine Versorgungsanwartschaft gewährleistet. Ein Dienstverhältnis als Soldat auf Zeit kann deshalb keinen Aufschub der Nachversicherung für ein vorangegangenes versicherungsfreies Dienstverhältnis begründen.

Auch beim Übertritt von einer Ordensgemeinschaft in eine andere Ordensgemeinschaft kann kein Aufschubgrund für die Nachversicherung nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI vorliegen; die Versorgung in der Gemeinschaft in „kranken und alten Tagen“ sieht keine Berücksichtigung von „Vordienstzeiten“ vor.

Zahlung widerruflicher Versorgung

Wird beim Ausscheiden eine widerrufliche Versorgung (zum Beispiel Unterhaltsbeitrag) gezahlt, liegt ein Aufschubgrund vor. Das gilt allerdings nur dann, wenn die zeitliche Versorgung unmittelbar an das Ausscheiden anschließt und der Rentenanwartschaft, die sich aus einer Nachversicherung der beendeten versicherungsfreien Beschäftigung ergeben würde, betragsmäßig mindestens gleichwertig ist, und der Dienstherr die Aufschubbescheinigung erteilt. Die Tatsache, dass auf die Versorgung andere Leistungen, wie zum Beispiel eine Rente aus der Rentenversicherung, anzurechnen sind, ist dabei unbeachtlich. Die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages auf Widerruf oder auf Zeit zum Beispiel nach §§ 15, 26 BeamtVG begründet deshalb einen Aufschub der Nachversicherung, wenn die Zahlung unmittelbar an das Ausscheiden anschließt. Die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages vor Zahlung der Nachversicherungsbeiträge für einen nicht unmittelbar an das Ausscheiden anschließenden Zeitraum steht der Zahlung der Nachversicherungsbeiträge nicht entgegen. Sie werden am Folgetag des Ausscheidens fällig.

Wurde die Nachversicherung bereits durchgeführt, hat die nachträgliche Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages nach §§ 15, 26 BeamtVG keine Auswirkungen auf die bereits gezahlten Nachversicherungsbeiträge.

Ein nach Disziplinarrecht für eine bestimmte Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis gewährter Unterhaltsbeitrag stellt keine widerrufliche Versorgung dar und ist deshalb kein Aufschubgrund nach § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB VI (RBRTB 2/2007, TOP 8).

Die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages auf Lebenszeit nach §§ 15, 26 BeamtVG vor der Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen sowie die Bewilligung eines Unterhaltsbeitrages auf Lebenszeit nach § 2 Nr. 1 BeamtVÜV begründen keinen Aufschub, sondern verhindern bereits den Eintritt eines Nachversicherungstatbestandes nach § 8 Abs. 2 S. 1 SGB VI (FAVR 1/95, TOP 16).

Dauer des Aufschubs

In den Fällen der Abschnitte 4.1 und 4.2 erstreckt sich der Aufschub auch auf die unterbrochene (gleiche) Beschäftigung beziehungsweise auf die andere aufgenommene versicherungsfreie Beschäftigung. Erst mit dem dienstrechtlichen Ende der unterbrochenen Beschäftigung beziehungsweise dem Ende der anderen versicherungsfreien Beschäftigung fällt der Aufschubgrund weg, und die Nachversicherungsvoraussetzungen können eintreten.

Auch im Fall der voraussichtlichen Aufnahme einer anderen versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren nach dem unversorgten Ausscheiden (Abschnitt 4.3) erstreckt sich der Aufschub auch auf die andere aufgenommene versicherungsfreie Beschäftigung. Wird entgegen der ursprünglichen Voraussetzung keine versicherungsfreie Beschäftigung innerhalb des Zweijahreszeitraums aufgenommen, endet der Aufschubgrund mit dem Wegfall der Voraussicht im Sinne des § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI (vergleiche insoweit das Rundschreiben des BMI vom 27.04.1999 - Abschnitt 4.3). Die Bestimmung dieses Zeitpunktes ist wichtig für die Frage, ob der Arbeitgeber Nachversicherungsbeiträge gegebenenfalls schuldhaft verspätet gezahlt und deshalb eventuell einen Säumniszuschlag zu zahlen hat (vergleiche Abschnitt 3). Hängt der Aufschub von der subjektiven Voraussicht - das heißt von dem Willen des Ausgeschiedenen, eine versicherungsfreie Beschäftigung innerhalb der Zweijahresfrist aufzunehmen - ab, ist der Zeitpunkt des Sinneswandels des Betreffenden für den Wegfall des Aufschubgrundes maßgebend. Dieser wird spätestens mit der Absendung einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Dienstherrn oder dem Rentenversicherungsträger manifestiert. Gegebenenfalls ist der Betreffende zu befragen.

Hat der Nachzuversichernde dagegen während der gesamten zwei Jahre nach dem unversorgten Ausscheiden den Willen, eine versicherungsfreie Beschäftigung aufzunehmen, hängt der Wegfall des Aufschubgrundes von dem Wegfall der objektiven Voraussicht ab. Dieser Wegfall tritt regelmäßig nicht erst genau zwei Jahre nach dem Ausscheiden ein. Vielmehr dürfte bereits einige Zeit vor Ende der Zweijahresfrist objektiv feststehen, dass der Betreffende nicht mehr rechtzeitig eine versicherungsfreie Beschäftigung aufnehmen wird.

Am Folgetag des Wegfalls der subjektiven oder objektiven Voraussicht werden die Nachversicherungsbeiträge fällig.

Im Falle einer widerruflichen Versorgung (Abschnitt 4.4) wird die Nachversicherung bei Wegfall der der Rentenanwartschaft gleichwertigen Versorgung fällig.

Entscheidung über den Aufschub

Über den Aufschub der Nachversicherung entscheidet gemäß § 184 Abs. 3 SGB VI der Arbeitgeber. Der Nachversicherungsschuldner hat hierfür eine Aufschubbescheinigung zu erteilen. Es reicht nicht aus, dass einer der in Absatz 2 Satz 1 genannten Tatbestände vorliegt. Ohne Aufschubbescheinigung ist der Rentenversicherungsträger gehindert, die Voraussetzungen für den Aufschub zu überprüfen (BSG vom 29.07.1997, AZ: 4 RA 107/95, SozR 3-2600 § 8 Nr. 4). Auf das Rundschreiben des BMI unter Abschnitt 4.3 wird verwiesen.

Aufschubbescheinigung

Im Aufschubfall erteilt der Arbeitgeber die Aufschubbescheinigung. Aus ihr muss der Aufschubgrund und der Nachversicherungszeitraum hervorgehen. Im Fall des § 186a SGB VI sollten auch die Zeiten der besonderen Auslandsverwendung gekennzeichnet werden. Der ausgeschiedene Beschäftigte und/oder der Rentenversicherungsträger können verlangen, dass sich die Aufschubbescheinigung auch auf die beitragspflichtigen Einnahmen erstreckt, die einer Nachversicherung in den einzelnen Kalenderjahren zugrunde zu legen wären. Die Rentenversicherungsträger verzichten indes in Fällen auf die Entgeltangaben, in denen der Dienstherr sich bereit und jederzeit in der Lage erklärt, im später tatsächlich eintretenden Nachversicherungsfall die beitragspflichtigen Einnahmen zu bescheinigen. Das Recht des Beschäftigten, die Entgeltangaben auch in diesen Fällen zu verlangen, bleibt hiervon unberührt.

Die Zahlung von Nachversicherungsbeiträgen steht der Erteilung einer Aufschubbescheinigung dann nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber nachträglich Kenntnis vom Vorliegen eines Aufschubtatbestandes erlangt hat und den Aufschubgrund nachweist. Die gezahlten Beiträge stellen sich dann als von Anfang an als zu Unrecht entrichtet heraus (BSG vom 14.02.1973, AZ: 1 RA 241/72, SozR Nr. 4 zu § 1403 RVO).

Zuständigkeit für die Entgegennahme der Aufschubbescheinigung

Mit der Erteilung einer Aufschubbescheinigung nach § 184 Abs. 4 SGB VI wird ein Nachversicherungsverfahren nicht eingeleitet, sondern lediglich aufgeschoben. Um einen unnötigen Wechsel in der Kontoführung zu vermeiden, ist für die Entgegennahme der Aufschubbescheinigung der aktuelle Kontoführer zuständig. Nach Wegfall der Aufschubgründe richtet sich die Zuständigkeit für die Durchführung der Nachversicherung nach den §§ 126 ff SGB VI (AGFAVR 1/2001, TOP 7).

Beispiel 1: Beginn und Ende der Säumnis

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung, ohne dass ein Aufschubgrund vorliegt: 30.09.2002

Fälligkeit der Beiträge (§ 184 Abs. 1 SGB VI): 01.10.2002

Beginn der Säumnis im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB IV: 01.01.2003

Wertstellung der Nachversicherungsbeiträge: 10.05.2003

Lösung:

Monate der Säumnis (5 Monate): 01/2003 bis 05/2003

 

Beispiel 2: Bestimmung des rückständigen Ausgangsbetrages und Ermittlung des Säumniszuschlages

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Versicherungsfreie Beschäftigung vom 01.02. bis 31.07.2012 mit einem Arbeitsentgelt in Höhe von 15.000,00 EUR. Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung am 31.07.2012, ohne dass ein Aufschubgrund vorliegt. Die Wertstellung des Nachversicherungsbeitrages erfolgt am 15.02.2013.

Fälligkeit der Beiträge 01.08.2012

Beginn der Säumnis im Sinne des § 24 Abs. 1 SGB IV: 01.11.2012

Wertstellung des Nachversicherungsbeitrags 15.02.2013

Monate der Säumnis (4 Monate) 11/2012 bis 02/2013

Lösung:

Für die Ermittlung des Säumniszuschlages ist die Nachversicherungsschuld heranzuziehen, die bei Eintritt der Säumnis (am 01.11.2012) zu begleichen gewesen wäre:

15.000,00 EUR mal 1,0000 (Dynamisierungsfaktor) ist gleich 15.000,00 EUR

15.000,00 EUR mal 19,6 % ist gleich 2.940,00 EUR

Ermittlung der Säumniszuschläge:

2.900,00 EUR (abgerundet) mal 4 Monate mal 1 % ist gleich 116,00 EUR

Beispiel 3: Säumniszuschläge bei einem Widerruf der Nachversicherung nach § 185 Abs. 2a SGB VI

(Beispiel zu Abschnitt 3)

Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung als Soldat auf Zeit: 30.06.2003

Übergangsgebührnisse werden gezahlt bis: 31.12.2003

Zahlung der Nachversicherungsbeiträge an den Rentenversicherungsträger 05.01.2004

Widerruf der Nachversicherung nach § 185 Abs. 2a SGB VI durch den Dienstherrn, weil der Versicherte am 01.06.2004 eine Beschäftigung als Beamtenanwärter aufnimmt:
25.06.2004

Lösung:

Die vom Rentenversicherungsträger für die Zeit von 10/2003 bis 01/2004 festgesetzten Säumniszuschläge sind bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 185 Abs. 2a SGB VI zusammen mit den Nachversicherungsbeiträgen an den Dienstherrn zurückzuzahlen.

Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.12.2007 (BGBl. I S. 3024)

Inkrafttreten: 01.01.2008

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksachen 16/6540

Dem Absatz 1 wurden die Sätze 2 und 3 angefügt. Damit wurde für verspätet gezahlte Nachversicherungsbeiträge eine eigenständige Regelung für Säumniszuschläge geschaffen.

RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791)

Inkrafttreten: 01.08.2004

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 15/2149

In Absatz 1 wurden die Worte „werden gezahlt“ durch die Worte „sind zu zahlen“ ersetzt. Es handelt sich hier lediglich um eine sprachliche Klarstellung des Begriffs der Fälligkeit.

WFG vom 25.09.1996 (BGBl. I S. 1461)

Inkrafttreten: 01.10.1996

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 13/4610

Mit Wirkung vom 01.10.1996 wurden in § 184 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB VI nach dem Wort „Ausscheiden“ die Worte „oder innerhalb eines Jahres nach dem Wegfall von Übergangsgebührnissen“ gestrichen. Für die hiervon betroffenen Soldaten auf Zeit enthält nun § 185 Abs. 2a SGB VI eine Sonderregelung.

RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I S. 2261)

Inkrafttreten: 01.01.1992

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4124

Der Aufschubgrund des Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 entspricht dem früheren Aufschubgrund des § 125 Abs. 1 Buchst. b AVG/§ 1403 Abs. 1 Buchst. b RVO in der Fassung bis 31.12.1991. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 weicht vom früheren Recht insoweit ab, als nunmehr eine voraussichtliche Aufnahme einer anderen versicherungsfreien Beschäftigung innerhalb von zwei Jahren (bisher ein Jahr) nach dem Ausscheiden ausreicht, wobei der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der folgenden Beschäftigung berücksichtigt werden muss.

Eine widerrufliche Versorgung schiebt die Nachversicherung nur noch auf, wenn sie der aus der Nachversicherung erwachsenden Rentenanwartschaft mindestens gleichwertig ist.

Abweichend vom Recht vor 1992 entscheidet jetzt der Arbeitgeber über den Aufschub. In der Aufschubbescheinigung müssen nicht mehr in jedem Fall die Arbeitsentgelte angegeben werden.

Im Beitrittsgebiet ist die Vorschrift am 03.10.1990 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 184 SGB VI