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§ 52 SGB I: Verrechnung

Änderungsdienst
veröffentlicht am

28.08.2023

Änderung

Die Abschnitte 1, 2, 6 und 12.6 wurden überarbeitet.

Dokumentdaten
Stand31.07.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des SGB I vom 11.12.1975 in Kraft getreten am 01.01.1976
Rechtsgrundlage

§ 52 SGB I

Version002.00

Inhalt der Regelung

Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen die in §§ 18 bis 29 SGB I genannten Leistungsträger untereinander Ansprüche des Berechtigten auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Berechtigten verrechnen können. Diesen Leistungsträgern sind die Körperschaften, Anstalten und Behörden gleichgestellt, die für die Erbringung der nach den in § 68 SGB I aufgeführten Gesetzen zustehenden Sozialleistungen zuständig sind.

Die Vorschrift ist am 01.01.1976 in Kraft getreten (Art. II § 23 SGB I); sie gilt für Ansprüche des Berechtigten auf Geldleistungen, die von diesem Zeitpunkt an fällig werden (zum Beispiel Renten für Bezugszeiten ab 01.01.1976). Die Fälligkeit von Geldleistungen tritt nach § 41 SGB I mit ihrem Entstehen ein, soweit das SGB keine anderweitigen Regelungen enthält. Für die Fälligkeit von Renten, die ab 01.04.2004 gezahlt werden, gelten die Sonderregelungen der §§ 118 und 272a SGB VI.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Verrechnung darf vorgenommen werden, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist.

Allgemeines

Die Verrechnung stellt eine ‘Aufrechnung’ unter Verzicht auf die Gegenseitigkeit von Schuldner und Gläubiger (§ 387 BGB) dar. Erforderlich ist, dass ein anderer Leistungsträger im Sinne des § 12 SGB I als der, der die Geldleistung an den Berechtigten zuständigkeitshalber zu erbringen hat, diesen wegen seiner Ansprüche gegen den Berechtigten zur Verrechnung ermächtigt. Einem Leistungsträger im Sinne des § 12 SGB I sind die Körperschaften, Anstalten und Behörden gleichgestellt, die für die Erbringung der nach den in § 68 SGB I aufgeführten Gesetzen zustehenden Sozialleistungen zuständig sind.

Keine Leistungsträger sind unter anderem die Finanzämter oder Ordnungsbehörden, so dass zum Beispiel wegen rückständiger Steuern oder verhängter Bußgelder nicht mit Ansprüchen auf Geldleistungen nach dem SGB verrechnet werden kann. Ebenso handelt es sich bei Behörden nach § 10 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem AsylbLG erbringen, nicht um Leistungsträger im Sinne des § 52 SGB I (siehe hierzu AGFAVR 2/2011, TOP 2).

Voraussetzung für die Verrechnung ist, dass es sich bei den Ansprüchen des Berechtigten und den Ansprüchen des anderen Leistungsträgers gegen den Berechtigten um Geldleistungen handelt (Gleichartigkeit der Forderungen).

Schließlich müssen beide Forderungen im Zeitpunkt der Verrechnung auch fällig sein. Fällige und damit verrechnungsfähige Ansprüche der Leistungsträger gegen den Berechtigten sind auch solche, die vor dem 01.01.1976 fällig geworden sind. Die Ansprüche dürfen jedoch noch nicht verjährt sein; die Verjährung ist von Amts wegen zu beachten.

Rechtswirkung der Ermächtigung zur Verrechnung

Die Ermächtigung wird regelmäßig unter Abgabe eines Verrechnungsersuchens erteilt. Nach dem Urteil des BSG vom 24.07.2003, AZ: B 4 RA 60/02 R, darf der ermächtigte Leistungsträger Forderungen für andere Leistungsträger mittels der Verrechnung durchsetzen, soweit eine Aufrechnung nach § 51 SGB I zulässig ist. Eine Ermächtigung zur Verrechnung ist auch nachträglich oder im Wege konkludenten Handelns möglich.

Die Ermächtigung zur Verrechnung bewirkt keinen Forderungsübergang zu Gunsten des ermächtigten Leistungsträgers (vergleiche BSG vom 15.12.1994, AZ: 12 RK 85/92). Der ermächtigende Leistungsträger bleibt Gläubiger der durchzusetzenden Forderung. Nach dem Urteil des BSG vom 18.02.1992, AZ: 13/5 RJ 61/90, SozR 3-1200 § 52 SGB I Nr. 3, bedeutet der Verzicht auf die Gegenseitigkeit von Gläubiger und Schuldner bei der Verrechnung, dass die bei der Aufrechnung auf beiden Seiten jeweils in einer Person gleichzeitig vorliegende Gläubiger- und Schuldnerposition im Rahmen des § 52 SGB I auf Seiten der Leistungsträger von vornherein durch zwei Rechtsobjekte verkörpert wird, die allerdings für die Zwecke der Verrechnung als Einheit gelten. Damit kann der ermächtigte Leistungsträger wie bei der Aufrechnung zur Durchsetzung einer eigenen Forderung verfahren.

Bei Verrechnungsersuchen der Krankenkassen als Beitragseinzugsstellen gilt die Ermächtigung für alle am gemeinsamen Beitragseinzug beteiligten Leistungsträger.

Häufig werden von Sozialleistungsträgern Verrechnungsersuchen lange vor dem Eintritt des Leistungsfalles für den Schuldner gestellt. Erst bei einer Leistungsgewährung für den Schuldner wird durch den Rentenversicherungsträger konkret geprüft, ob und inwieweit eine Verrechnung der bis dahin bestehenden Forderungen zugunsten des ermächtigenden Sozialleistungsträgers erfolgen kann. Im Fall der Gewährung einer Hinterbliebenenrente erfordert die Durchführung eines Verrechnungsverfahrens eine wirksame Ermächtigung zur Verrechnung durch den forderungsberechtigten Leistungsträger gegen den Hinterbliebenen. Es besteht für den Rentenversicherungsträger keine grundsätzliche Verpflichtung, bei Eingang eines Hinterbliebenenrentenantrages zu prüfen, ob ein Verrechnungsersuchen im Versicherungskonto der Antragstellerin/des Antragstellers vorgemerkt wurde (siehe RBRTB 1/2013, TOP 03).

Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss kann nicht in ein Verrechnungsersuchen umgedeutet werden (BSG vom 22.06.1979, AZ: 3 RK 84/77).

Inhalt des Verrechnungsersuchens

Die für den Inhalt der Aufrechnungserklärung geltenden Grundsätze (vergleiche GRA zu § 51 SGB I, Abschnitt 9.1) gelten entsprechend für die Verrechnungserklärung. Eine Ermächtigung zur Verrechnung setzt folglich voraus, dass die durchzusetzende Forderung voll wirksam, entstanden und fällig ist. Das Verrechnungsersuchen muss mithin Angaben zum Rechtsgrund, dem Entstehungszeitpunkt und der Fälligkeit der Forderung enthalten. Dies gilt auch für die bestands- oder rechtskräftige Feststellung der Forderung, da sie sonst - zum Beispiel im Zwangsvollstreckungsverfahren - nicht durchsetzbar wäre (siehe hierzu RBRTN 2/2004, TOP 4).

Die ermächtigenden Leistungsträger sind gegebenenfalls mit Hinweis auf das Urteil des BSG vom 24.07.2003, AZ: B 4 RA 60/02 R, um Ergänzung der nach vorstehenden Ausführungen erforderlichen Angaben zu bitten. Dies gilt auch für bereits vorgemerkte Verrechnungsersuchen, für die meist ohnehin der aktuelle Forderungsstand zu erfragen ist.

Da die von anderen Sozialleistungsträgern für Verrechnungsersuchen verwendeten Formulare häufig nicht die im BSG-Urteil vom 24.07.2003 konkretisierten Anforderungen an die ausreichende Bestimmtheit der zu verrechnenden Forderung erfüllten, wurde von den Spitzenverbänden der Sozialleistungsträger ein Mustervordruck für Verrechnungsersuchen an die Rentenversicherungsträger zur Verfügung gestellt (siehe AGFAVR 2/2007, TOP 11 und AGFAVR 4/2013, TOP 2, Anlage).

Bei Verrechnungsersuchen der Krankenkassen als Beitragseinzugsstellen sind besondere Voraussetzungen in Bezug auf die bestands- oder rechtskräftige Feststellung der Forderungen zu beachten. Nach § 28f Abs. 3 Satz 3 SGB IV gilt der eingereichte Beitragsnachweis des Arbeitgebers für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderung der Einzugsstelle. Einer besonderen Feststellung der Forderung durch einen Bescheid der Krankenkasse als Beitragseinzugsstelle bedarf es daher nicht.

Verrechnungsfähige Ansprüche der Leistungsträger

Ansprüche der Leistungsträger, die mit Ansprüchen des Berechtigten auf Geldleistungen verrechnet werden können, sind Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen, Beitragsansprüche (hierzu gehören unter anderem geschuldete Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die Winterbau-Umlage nach § 354 SGB III/früher § 186a AFG oder Insolvenzgeld/früher Konkursausfallgeld, soweit es sich um Aufwendungen für Sozialversicherungsbeiträge handelt - § 208 SGB III/früher § 141n AFG) sowie sämtliche anderen Ansprüche der Leistungsträger gegen den Berechtigten (unter anderem: Verfahrenskosten, Zwangsgelder, oder Geldbußen).

Verrechnungsfähig sind auch Ansprüche einer gesetzlichen Krankenkasse, deren jeweilige Aufsichtsbehörde (Bundesversicherungsamt, Länderministerien) die Schließung angeordnet hat (zum Beispiel City BKK; Schließung nach § 153 Satz 1 Nr. 3 SGB V zum 01.07.2011). Für die Zeit nach der Schließung hat der Vorstand die Geschäfte der geschlossenen Krankenkasse abzuwickeln. Die geschlossene Krankenkasse gilt für die Dauer des Abwicklungsprozesses nach § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V als fortbestehend, soweit es der Zweck der Abwicklung erfordert. Bis zur vollständigen Abwicklung der Geschäfte ist eine geschlossene Krankenkasse daher eine „Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung“ und damit ein Leistungsträger im Sinne des § 12 SGB I. Voraussetzung für die Verrechnungsfähigkeit ist, dass die Ansprüche bis zu dem von der jeweiligen Aufsichtsbehörde angeordneten Zeitpunkt der Schließung entstanden sind. Ansprüche, welche vermeintlich erst nach dem Zeitpunkt der Schließung entstanden sein sollen, sind nicht verrechnungsfähig.

Verschiedentlich sind Krankenkassen dazu übergegangen, mit der Erteilung von Verrechnungsersuchen und deren Durchführung Dritte zu beauftragen (§ 197b SGB V). Bisher haben die Krankenkassen die itsc GmbH und die AFS GmbH mit der Wahrnehmung derartiger Aufgaben bevollmächtigt. Die Ausgestaltungen der Vertragsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und der itsc GmbH beziehungsweise der AFS GmbH sind jedoch unklar. Verrechnungsersuchen können wirksam nur von einem Sozialleistungsträger gestellt werden. Ob und inwieweit derartige Rechte auf Dritte übertragen werden können, ist nicht abschließend geklärt. Daher haben die Rentenversicherungsträger beschlossen, bis auf weiteres Vormerkungs- und Verrechnungsersuchen der itsc GmbH und der AFS GmbH abzulehnen. Wurden Verrechnungsersuchen bereits vorgemerkt oder erfüllt, ist die zuständige Krankenkasse aufzufordern, eine wirksame Ermächtigung nachzuweisen (siehe AGFAVR 3/2010, TOP 2).

Die Einbehaltung von rückständigen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner nach § 255 Abs. 2 Satz 1 SGB V stellt keine Verrechnung nach § 52 SGB I dar.

Aufgrund der Angaben im Verrechnungsersuchen (vergleiche Abschnitt 4) wird regelmäßig erkennbar sein, ob die Verrechnungsforderung auf einer Beitragsforderung, einer Rückforderung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen oder einer sonstigen Forderung beruht. Zu den Beitragsansprüchen gehören auch die entsprechenden Säumniszuschläge, Zinsen und sonstige Nebenansprüche.

Säumniszuschläge sind gemäß § 24 SGB IV für Beiträge und Beitragsvorschüsse zu erheben, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat. Die Säumniszuschläge sind - unabhängig von einem etwaigen Verschulden des Zahlungspflichtigen - für jeden angefangenen Monat der Säumnis zu zahlen und sind gemäß § 28e Abs. 4 SGB IV Teil des Beitragsanspruchs im Sinne des § 51 Abs. 2 SGB I. Der kraft Gesetzes entstandene Säumniszuschlag wird grundsätzlich durch Bescheid festgestellt, der insoweit deklaratorische Bedeutung hat.

Für die Erteilung einer wirksamen Verrechnungserklärung (vergleiche hierzu auch die Ausführungen im Abschnitt 7 und in der GRA zu § 51 SGB I, Abschnitt 9.1) zur Tilgung von Beitragsansprüchen ist es erforderlich, dass darin neben den Daten über die bestandskräftige Feststellung des Beitragsanspruchs auch das Datum des/der Bescheide(s) benannt werden, mit dem gegenüber dem Leistungsberechtigten der zu verrechnende Anspruch auf bereits entstandene und künftig noch entstehende Säumniszuschläge bestandskräftig festgestellt worden ist.

Darüber hinaus muss auch die Summe der entstandenen und festgesetzten Säumniszuschläge sowie der Stichtag, zu dem sie berechnet wurden, in der Verrechnungserklärung benannt sein.

Bittet die Krankenkasse um Verrechnung einer Forderung wegen nicht geleisteter Zuzahlungen (beispielsweise wegen eines Krankenhausaufenthaltes), ist eine Verrechnung nur in Verbindung mit § 51 Abs. 1 SGB I möglich.

Verrechnung mit Geldleistungen des Rentenversicherungsträgers

Die Ansprüche anderer Leistungsträger gegen den Berechtigten können mit dessen Ansprüchen auf einmalige und laufende Geldleistungen aus der Rentenversicherung verrechnet werden, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Die GRA zu § 51 SGB I gilt daher entsprechend. Das bedeutet:

Mit einmaligen Geldleistungen des Rentenversicherungsträgers können sämtliche Ansprüche anderer Leistungsträger gegen den Berechtigten insoweit verrechnet werden, als dies nach Feststellung des Rentenversicherungsträgers der Billigkeit entspricht (§ 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 1 SGB I, der auf § 54 Abs. 2 SGB I verweist). Auf die Ausführungen in der GRA zu § 51 SGB I Abschnitt 6.1 wird hingewiesen.

Gegen laufende Geldleistungen des Rentenversicherungsträgers (zum Beispiel Rente oder Übergangsgeld) kann eine Verrechnung mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen sowie mit Beitragsansprüchen anderer Leistungsträger gegen den Berechtigten grundsätzlich bis zur Hälfte der laufenden Geldleistung vorgenommen werden. Dies gilt nicht, wenn der Leistungsberechtigte nachweist, dass er durch die Verrechnung hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird (§ 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I). Bei der Nachzahlung einer Rente (Rentennachzahlung = laufende Geldleistung) kann Hilfebedürftigkeit rückwirkend nicht eintreten. Wegen der Einzelheiten hierzu sind die Ausführungen in der GRA zu § 51 SGB I, Abschnitt 6.2 zu berücksichtigen.

Weist der Rentner bei einer Verrechnung nach § 52 SGB I den Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II nach, besteht grundsätzlich keine Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, die für eine Verrechnung zur Verfügung stehenden laufenden (Renten-)Beträge regelmäßig zu überprüfen. Die Überprüfungsverpflichtung besteht vorrangig beim ersuchenden Leistungsträger. In geeigneten Einzelfällen (beispielsweise wegen Änderungen der Hinterbliebenenrente im Rahmen der Einkommensanrechnung) kann auch eine Überprüfung durch den Rentenversicherungsträger vorgenommen werden.

Ein höherer Betrag als die Hälfte der laufenden Geldleistung kann gegebenenfalls im Rahmen von § 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 1 SGB I verrechnet werden; jedoch ist dem Berechtigten in diesem Fall mindestens der Betrag zu belassen, der ihm als ‘pfandfreier’ Betrag bei Anwendung von § 54 Abs. 4 SGB I verbleiben würde (§ 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 1 SGB I, der auf § 54 Abs. 4 SGB I verweist). Der Rentenversicherungsträger hat selbst den ‘pfandfreien’ Betrag festzustellen.

Handelt es sich nicht um Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen oder Beitragsansprüche anderer Leistungsträger, so kann gegen laufende Geldleistungen des Rentenversicherungsträgers nur verrechnet werden, soweit die Leistung bei Anwendung von § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar wäre (§ 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 1 SGB I, der auf § 54 Abs. 4 SGB I verweist). Diese Feststellung ist vom Rentenversicherungsträger zu treffen. Liegt der ermittelte pfändbare Betrag unter der Hälfte der laufenden Geldleistung, so ist es unter keinen Umständen zulässig, bis zur Hälfte der laufenden Geldleistung zu verrechnen.

Verrechnungsersuchen des Rentenversicherungsträgers bei anderen Leistungsträgern

Hat der Rentenversicherungsträger Ansprüche gegen den Berechtigten, die er entweder gar nicht oder nur in beschränktem Umfang durch eigene Aufrechnung nach § 51 SGB I ausgleichen kann, so ist festzustellen, ob ein anderer Leistungsträger eine einmalige oder laufende Geldleistung zuständigkeitshalber zu erbringen hat. Ist das der Fall, so ist der andere Leistungsträger zu ermächtigen, mit der von ihm zu erbringenden Geldleistung die Ansprüche (beziehungsweise Restansprüche) des Rentenversicherungsträgers gegen den Berechtigten zu verrechnen. Das gilt auch dann, wenn der Rentenversicherungsträger seine Ansprüche gegen den Berechtigten zwar durch eigene laufende Aufrechnung tilgen könnte, bei dem anderen Leistungsträger aber mit einer einmaligen Verrechnung ein sofortiger vollständiger oder zumindest teilweiser Ausgleich zu schaffen ist, so dass eine eigene laufende Aufrechnung völlig entfallen kann beziehungsweise nur noch Restbeträge durch eigene laufende Aufrechnung auszugleichen sind.

Für die Ermächtigung zur Verrechnung und den Inhalt des Verrechnungsersuchens gilt Abschnitt 4.

Verrechnungsersuchen eines anderen Rentenversicherungsträgers

Ansprüche der Rentenversicherungsträger aus Beitragsforderungen, auf Rückzahlung zu Unrecht erbrachter Leistungen oder aus sonstigen Geldforderungen sind untereinander aufgrund der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 14.03.2013 (BSG vom 14.03.2013, AZ: B 13 R 5/11 R) nur im Wege der Verrechnung nach § 52 SGB I auszugleichen.

Der 13. Senat des BSG führt in seinem Urteil aus, dass das der gesetzlichen Regelung des § 51 SGB I zugrunde liegende Erfordernis der Gegenseitigkeit der zur Aufrechnung gestellten Forderungen zwischen verschiedenen (regionalen) Leistungsträgern der gesetzlichen Rentenversicherung nicht erfüllt sei. Die fehlende Gegenseitigkeit kann nach Auffassung des Gerichts auch nicht unter Berufung auf den Grundsatz der „sachlichen Einheit der allgemeinen Rentenversicherung“ überwunden werden. Zwar habe der 12. Senat des BSG im Urteil vom 01.11.1968 (BSG vom 01.11.1968, AZ: 12 RJ 342/66, BSGE 28, 288) entschieden, dass sich ein Schuldner trotz der formalen rechtlichen Selbständigkeit der Landesversicherungsanstalten (Regionalträger) nach Treu und Glauben nicht auf das Fehlen der Gegenseitigkeit berufen kann. Diese Entscheidung sei durch das Inkrafttreten des SGB I und der ausdrücklichen Regelung dieser Problematik in den §§ 51, 52 SGB I jedoch überholt. Auch durch die Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung habe sich insofern keine Änderung der Rechtslage ergeben. Die durch das RVOrG neu gefassten Regelungen zum Finanzverbund nach § 219 SGB VI führten nach Ansicht des 13. Senats des BSG zu keinem anderen Ergebnis. Zwar würden bestimmte versichertenbezogene Aufwendungen von den Trägern der allgemeinen Rentenversicherung gemeinsam getragen. Eine Gesamtgläubigerschaft im Sinne des § 428 BGB werde hierdurch aber nicht begründet.

Die Rentenversicherungsträger haben sich in den zuständigen Gremien gemeinsam darauf verständigt, dem Urteil des 13. Senats des BSG vom 14.03.2013 über den entschiedenen Einzelfall hinaus zu folgen und eine Aufrechnung der Forderungen der Träger der allgemeinen Rentenversicherung untereinander nach § 51 SGB I nicht mehr vorzunehmen. Die bisher vertretene Rechtsauffassung über die Zulässigkeit der Aufrechnung von Forderungen der Träger der allgemeinen Rentenversicherungsträger untereinander nach § 51 SGB I ab dem 01.01.2006 (vergleiche hierzu die Ausführungen in der GRA zu § 51 SGB I, Abschnitt 4.1) wird nicht weiter aufrechterhalten.

Stattdessen sind von den Rentenversicherungsträgern, die eine Forderung innehaben, künftig Verrechnungsersuchen gemäß § 52 SGB I zu stellen, wenn die Forderungsinhaber- und - Gläubigerschaft auseinander fallen.

Bereits gestellte Aufforderungen zur Aufrechnung - an anderer Stelle auch „Aufrechnungsersuchen“ genannt - können dem Inhalt nach entsprechend dem erklärten Willen in eine Ermächtigung zur Verrechnung nach § 52 SGB I „umgedeutet“ werden, wobei die „Umdeutung“ rückwirkend vorgenommen werden kann. Legt man nämlich die Aufforderung zur Aufrechnung nach Sinn und Zweck und dem wahren Willen des erklärenden Rentenversicherungsträgers aus, geht es ihm erkennbar um die Ermächtigung des anderen Rentenversicherungsträgers zur Tilgung seiner Forderung. Abgesehen vom anderen Terminus unterscheidet sich das sogenannte „Aufrechnungsersuchen“ in der Praxis insofern auch nicht von einem „echten“ Verrechnungsersuchen beziehungsweise der Ermächtigung zur Verrechnung. Auf die Ausführungen in der GRA zu § 51 SGB I, Abschnitt 4.1 wird hingewiesen.

Fälle, in denen vom Rentenversicherungsträger ab dem 01.01.2006 Aufrechnungen nach § 51 SGB I zur Tilgung von Forderungen eines anderen Rentenversicherungsträgers vorgenommen werden, müssen von Amts wegen nicht aufgegriffen werden.

Im Einzelfall kann ein bereits erteilter Aufrechnungsbescheid nach § 43 SGB X rückwirkend in einen zulässigen Verrechnungsbescheid nach § 52 SGB I umgedeutet werden.

Grenzbeträge bei Verrechnungen

§§ 51, 52 SGB I enthalten keine Regelungen über Grenzbeträge für Verrechnungsersuchen. Da eine Verrechnung beziehungsweise die Vormerkung einer Verrechnung mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden ist, hatten die Krankenkassen, die Bundesagentur für Arbeit und die Rentenversicherungsträger für rückständige Sozialversicherungsbeiträge vereinbart,

  • Verrechnungsersuchen nur bei Forderungen von mehr als 50,00 EUR (ehemals 100,00 DM) zu stellen,
  • Vormerkungen von Verrechnungsersuchen erst zu veranlassen, wenn die Forderung mindestens ein Viertel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV beträgt (dies wird auch von den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung beachtet).

Durch die Vereinbarung soll uneffektiver Verwaltungsaufwand vermieden werden. Sie kann daher auch bei Verrechnungsersuchen anderer Sozialleistungsträger sowie bei anderen Forderungen (zum Beispiel Erstattungsansprüche im Sinne des § 50 SGB X) entsprechend angewandt werden. Letzteres galt hingegen nicht für Zuzahlungsforderungen der Krankenkassen oder anderer Rehabilitationsträger (zum Beispiel nach §§ 39 Abs. 4, 60 Abs. 2 SGB V oder § 32 SGB VI).

Die Rentenversicherungsträger haben aber inzwischen in den zuständigen Gremien gemeinsam die Anhebung der Grenzbeträge für Verrechnungsersuchen ab dem 01.03.2014 beschlossen, die auch für Zuzahlungsforderungen (zum Beispiel der Krankenkasse) gelten.

Der bisherige Grenzbetrag für Verrechnungsersuchen von 50,00 EUR wird auf 7,5 % der monatlichen Bezugsgröße, aufgerundet auf den nächsten vollen 10-EURO-Betrag, angehoben. Das heißt, zum Beispiel für das Jahr 2014 gilt ein Grenzbetrag von 210,00 EUR.

Der Grenzbetrag für Vormerkungen von Verrechnungsersuchen bleibt bei einem Viertel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV. Er ist aber ebenso auf den nächsten vollen 10-EURO-Betrag aufzurunden. Er beträgt zum Beispiel für das Jahr 2014 demzufolge 700,00 EUR.

Für die Verrechnungsersuchen der Rentenversicherungsträger untereinander verbleibt es bei dem bisherigen Grenzbetrag für Verrechnungsersuchen von 50,00 EUR.

Die aktuelle Höhe des jeweiligen Grenzbetrages kann den Angaben unter Aktuelle Werte „Grenzbeträge für Verrechnungsersuchen nach § 52 SGB I und Vormerkungsersuchen“ entnommen werden.

Eingehende Verrechnungs- und Vormerkungsersuchen, die unter Außerachtlassung der festgelegten Grenzwerte gestellt werden, sind vom Rentenversicherungsträger zurückzuweisen.

Verrechnungserklärung: Inhalt, Rechtswirkungen, Anhörung, Ermessen, Verfahren und Bescheiderteilung

§ 52 SGB I erfordert für Aufrechnung und Verrechnung eine rechtliche Gleichbehandlung. Deshalb gilt die GRA zu § 51 SGB I, Abschnitte 8, 9, 9.1, 9.2, 9.3 und 10, entsprechend.

Beachte:

Ein Verrechnungsbescheid genügt dem Bestimmtheitsgebot des § 33 SGB X auch ohne Angabe einer Tilgungsreihenfolge von Einzelforderungen eines Leistungsträgers, wenn bei einem Rentenversicherungsträger das Verrechnungsersuchen über eine genau bezifferte (Gesamt-)Forderung vorliegt und die weiteren Bestimmtheitserfordernisse (siehe hierzu auch die Ausführungen in der GRA zu § 51 SGB I, Abschnitt 9.1) erfüllt sind. Angaben zum Beendigungszeitpunkt der Forderungstilgung sind für die hinreichende Bestimmtheit eines Verrechnungsbescheids nicht erforderlich (siehe AGFAVR 1/2015, TOP 2).

Wird dem Verrechnungsersuchen jedoch nicht stattgegeben, weil beispielsweise im Falle einer nach § 52 SGB I in Verbindung mit § 51 Abs. 1 SGB I beantragten Verrechnung hierfür (pfändbare) Beträge von der Geldleistung, die an den Leistungsberechtigten gezahlt wird, nicht zur Verfügung stehen, so ist dem um Verrechnung ersuchenden Leistungsträger diese Entscheidung in Form einer „schlichten Mitteilung“ und nicht in Form eines Verwaltungsaktes bekannt zu geben. Einer Erteilung eines Bescheides (auch gegenüber dem Leistungsberechtigten) bedarf es in einem solchen Fall nicht. Der durch diese Entscheidung beschwerte Leistungsträger kann seinen (vermeintlichen) Anspruch auf Verrechnung dann allein im Wege der allgemeinen Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG weiterverfolgen.

Behandlung des verrechneten Betrages

Der um Verrechnung ersuchende Leistungsträger hat gegenüber dem für die Geldleistung zuständigen Leistungsträger einen Erstattungsanspruch in Höhe des verrechneten Betrages. Dieser Erstattungsanspruch ist grundsätzlich durch Überweisung der einbehaltenen Beträge zu erfüllen. Dies gilt nicht im Verhältnis zur Deutschen Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See, sofern diese im Rahmen des § 136 SGB VI als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung tätig wird. Die für die Knappschaft-Bahn-See einbehaltenen Beträge sind in den nach § 223 SGB VI vorzunehmenden Wanderversicherungsausgleich einzubeziehen (vergleiche auch GRA zu § 223 SGB VI).

Verrechnet ein Rentenversicherungsträger zugunsten eines anderen Trägers der allgemeinen Rentenversicherung, so sind die einbehaltenen Beträge dem anderen Rentenversicherungsträger nicht zu überweisen; dem ersuchenden Rentenversicherungsträger ist lediglich die Einbehaltung der Forderung mitzuteilen (Beschluss des Versicherungs- und Rentenausschusses des damaligen Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger - VDR- in der Sitzung am 16.02.1977 - TOP 15).

Der Verrechnungsbescheid wird gem. § 39 SGB X mit seiner Bekanntgabe wirksam; die Verrechnung kann nach Eintritt der Bestandskraft des Verrechnungsbescheides vollzogen werden. Ausgenommen hiervon sind Fälle, in denen Widerspruch und Klage gegen den Verrechnungsbescheid keine aufschiebende Wirkung haben (vergleiche hierzu die Ausführungen in der GRA zu § 86a SGG, Abschnitte 7 und 9). Dies betrifft jedoch nur Fälle, in denen Beitragsforderungen im Wege der Verrechnung durchgesetzt werden sollen. Unter diesen Umständen darf eine Verrechnung sogleich - gegebenenfalls mit der der Bekanntgabe des Verrechnungsbescheides - vollzogen werden.

Bei Verrechnung mit der laufenden Geldleistung (zum Beispiel Rente) hat die Überweisung grundsätzlich nach Abschluss der Verrechnung zu erfolgen, keinesfalls jedoch vor Eintritt der Bindungswirkung des Verrechnungsbescheides (vergleiche auch GRA zu § 86a SGG). Bei längeren Verrechnungen ist jährlich einmal eine Überweisung vorzunehmen (BSG vom 27.01.1972, AZ: 4 RJ 3/71,BSGE 33, 295, entsprechend). Auf Wunsch des ersuchenden Leistungsträgers kann auch eine monatliche Überweisung vorgenommen werden (Regelfall). Ein anderer Überweisungsrhythmus (etwa zweimonatlich, viertel- oder halbjährlich) ist ausgeschlossen.

Für die Zeit von der Vornahme der Verrechnung (Einbehaltung der Sozialleistung) bis zur Überweisung der einbehaltenen Beträge an den Gläubiger werden Zinsen und Säumniszuschläge nicht mehr erhoben.

Wird ein bereits bindend gewordener Verrechnungsbescheid aufgehoben (§§ 44, 48 SGB X), sind die ohne Rechtsgrund an den zur Verrechnung ermächtigenden Leistungsträger gezahlten Beträge nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zurückzufordern.

Verrechnung gegen Hinterbliebenenrentenansprüche

Sind die Ansprüche gegenüber dem verstorbenen Versicherten entstanden, bedarf es einer gesonderten Ermächtigung. Zuvor hat der ermächtigende Leistungsträger zu prüfen, ob er die Hinterbliebenen in Anspruch nehmen kann (vergleiche GRA zu § 51 SGB I, Abschnitte 4.2.1 und 4.2.2).

Verrechnung mit Nachzahlungen

Wird ein Leistungsträger von einem anderen Leistungsträger um Verrechnung mit einer Nachzahlung ersucht, so dient die Vorschrift des § 87 Abs. 1 SGB X dazu, die Rechtsposition des Leistungsberechtigten, zu dessen Lasten die Verrechnung durchgeführt werden soll, zu verbessern.

Nach dieser Vorschrift hat der um Verrechnung ersuchte Leistungsträger die Nachzahlung spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zugang des Verrechnungsersuchens zu leisten, wenn der um Verrechnung ersuchende Leistungsträger die Höhe des zu verrechnenden Anspruchs noch nicht bestimmen kann, der um Verrechnung ersuchte Leistungsträger aber bereits in der Lage ist, die Nachzahlung zu erbringen. Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass die Nachzahlung unverzüglich auszuzahlen ist, soweit sie nach Auffassung der beteiligten Leistungsträger die Ansprüche des um Verrechnung ersuchenden Leistungsträgers übersteigt.

Durch die Regelung des § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB X soll der Leistungsträger, der einen anderen Leistungsträger um Verrechnung mit einer zur Verfügung stehenden Nachzahlung ersucht, dazu gedrängt werden, sein Verrechnungsersuchen möglichst schnell zu beziffern. Geschieht dies innerhalb von zwei Monaten nach Zugang des Verrechnungsersuchens nicht, ist der um Verrechnung ersuchte Leistungsträger nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB X berechtigt, die Nachzahlung an den Leistungsberechtigten auszuzahlen.

Aus § 87 Abs. 1 Satz 2 SGB X ergibt sich für den um Verrechnung ersuchten Leistungsträger sogar die Verpflichtung, den Teil der Nachzahlung unverzüglich auszuzahlen, der den höchstmöglichen Verrechnungsbetrag übersteigt.

In der Verwaltungspraxis kommt den Regelungen des § 87 Abs. 1 SGB X jedoch nur geringe Bedeutung zu, denn die um Verrechnung ersuchenden Leistungsträger geben regelmäßig bereits mit ihrem Verrechnungsersuchen die genaue Höhe der zu verrechnenden Forderung an. Ein Anwendungsfall des § 87 Abs. 1 SGB X kann sich dann erst gar nicht ergeben.

Widerspruch und Klage

Die Ausführungen in der GRA zu § 51 SGB I, Abschnitt 9.3 zur Aufrechnung bei Widerspruch und Klage gelten entsprechend.

Zusammentreffen von Verrechnung mit Verrechnung, Aufrechnung, Abtretung, Pfändung und einem Insolvenzverfahren

Im SGB sind für die Zusammentreffensfälle keine Regelungen enthalten. Deshalb gelten die entsprechenden Vorschriften des BGB, der ZPO und der Insolvenzordnung.

 Allgemeines zur Konkurrenz

Eine Konkurrenz im Sinne dieser GRA liegt vor, wenn verschiedene Belastungen betragsmäßig denselben Leistungsanteil erfassen. Die Rangfolge richtet sich dann grundsätzlich nach der zeitlichen Reihenfolge (Grundsatz der zeitlichen Priorität) des Eintritts der Wirksamkeit der Belastungen. Es können jedoch Besonderheiten gelten (vergleiche zum Beispiel § 406 BGB, vergleiche FAVR 2/81, TOP 10).

Eine Konkurrenz ist nicht gegeben, wenn die vorhandenen Belastungen unterschiedliche Rententeile erfassen. So kann zum Beispiel nach Abtretung eines Teilbetrages einer laufenden Rente gegen den bis zur Hälfte verbleibenden Rest eine Verrechnung im Rahmen der § 52 in Verbindung mit § 51 Abs. 2 SGB I zusätzlich durchgeführt werden. Dies kann zur gleichzeitigen Ausführung einer Abtretung oder Pfändung und eines Verrechnungsbescheides führen.

 Datenschutz

Bei der Bearbeitung von Konkurrenzfällen sind die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des SGB X zu beachten. Es ist unbedingt zu vermeiden, dass den Beteiligten Daten offenbart werden, deren Offenbarung nicht erforderlich ist (vergleiche § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X). Es ist zum Beispiel unzulässig, rangbesseren Gläubigern nachrangige Gläubiger und deren Forderungen zu benennen.

Dem Insolvenzverwalter sind regelmäßig Anfragen zu Rentenansprüchen und deren Belastungen zu beantworten, weil mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten, auf den Insolvenzverwalter übergeht. Damit muss er das Vermögen kennen. Dies gilt selbst dann, wenn sich alleine aus der Rente kein pfändbarer Betrag ergibt. Auch dann kann nämlich unter Anwendung des § 36 Abs. 1 InsO in Verbindung mit § 850e Nr. 2a ZPO ein Insolvenzbeschlag aufgrund eines vom Insolvenzgericht erlassenen Zusammenrechnungsbeschlusses eintreten.

 Zusammentreffen von Verrechnung mit Verrechnung

Die Ermächtigungen zur Verrechnung sind in der Reihenfolge ihres Einganges zu bearbeiten und gegebenenfalls entsprechende Entscheidungen zu treffen. Dies gilt auch für im Versicherungskonto vor dem Entstehen von Leistungsansprüchen gespeicherte Verrechnungsersuchen. Auf den Zeitpunkt des Entstehens der durchzusetzenden Forderungen der ermächtigenden Sozialleistungsträger kommt es nicht an.

Liegen bei einem Rentenversicherungsträger mehrere Verrechnungsersuchen vor, kann der Rentenversicherungsträger grundsätzlich im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens zu der rechtsfehlerfreien Entscheidung kommen, einem zeitlich nachrangig gestellten Verrechnungsersuchens eines anderen Rentenversicherungsträgers den Vorrang einzuräumen.

 Zusammentreffen mit Aufrechnung

Die Aufrechnung zur Durchsetzung eigener Forderungen kann generell vorrangig gegenüber einer Verrechnung durchgeführt werden. Dies gilt selbst dann, wenn ein Verrechnungsbescheid bindend geworden ist. Dann bedarf es nicht unbedingt einer Aufhebung dieses Bescheides, sondern es genügt die einstweilige Aussetzung des Verrechnungsbescheides für die Dauer der Aufrechnung.

 Zusammentreffen mit Abtretung oder Pfändung

Verrechnungen, die vor Wirksamwerden einer Abtretung oder Pfändung erklärt wurden, haben nach dem Grundsatz der zeitlichen Priorität Vorrang vor diesen. Für die im umgekehrten Fall zu beachtenden Besonderheiten gelten die Ausführungen in der GRA zu § 53 SGB I, Abschnitt 9.5, und in der GRA zu § 54 SGB I, Abschnitt 8.6, entsprechend.

Zusammentreffen mit einem Insolvenzverfahren

Aufgrund der Ermächtigung zur Verrechnung kann der Rentenversicherungsträger so verfahren, als wären die durchzusetzenden Ansprüche als seine eigenen Ansprüche entstanden. Deshalb gelten hier die Regelungen zum Zusammentreffen der Aufrechnung mit einem Insolvenzverfahren entsprechend (vergleiche GRA zu § 51 SGB I, Abschnitte 12.1, 12.1.1, 12.1.2, 12.1.3 und 12.1.4).

Gelegentlich wird von den Insolvenzverwaltern behauptet, dass eine Verrechnung während des Insolvenzverfahrens nicht zulässig ist. Sie stützen sich dabei insbesondere auf den Beschluss des Bayerischen Oberlandesgerichtes vom 10.04.2001, AZ: 4 Z BR 23/00, Rechtspfleger 2001 S. 446 ff. Das OLG meinte, dass§ 114 Abs. 2 InsO in der Fassung bis 30.06.2014 für die Verrechnung gemäß § 52 SGB I nicht gelten könne, weil in dieser Vorschrift nur die Aufrechnung genannt wird. Dem ist nicht zu folgen, weil § 52 SGB I die Verrechnung der Aufrechnung gleichstellt. Die Insolvenzordnung enthält insoweit keine Sonderregelungen. Diese Auffassung wurde auch vom BSG im Urteil vom 10.12.2003, AZ: B 5 RJ 18/03 R, bestätigt. Das BSG hat insoweit klargestellt, dass die von ihm unter der Geltung der Konkursordnung entwickelte Rechtsprechung (unter anderem Urteil BSG vom 12.07.1990, AZ: 4 RA 47/88, BSGE 67, 143) auch unter der Geltung der InsO anwendbar ist.

Die Regelung des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO, die eine Aufrechnung verbietet, falls der Insolvenzgläubiger seine Forderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem anderen Gläubiger erworben hat, steht der Verrechnung nach § 52 SGB I dabei nicht entgegen. Das gilt für die Verrechnung generell, unabhängig davon, ob die Ermächtigung zur Verrechnung vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilt worden ist. Denn derjenige Sozialleistungsträger, der von einem anderen Sozialleistungsträger nach § 52 SGB I um Verrechnung ersucht wird, wird damit nicht zum Inhaber des betreffenden Anspruchs, das heißt, zwischen den an diesem Verfahren beteiligten Sozialleistungsträgern findet kein Anspruchsinhaberwechsel im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 2 InsO statt.

Nach Erteilung der Restschuldbefreiung werden grundsätzlich alle Forderungen des Insolvenzverfahren in sog. unvollkommene, nicht mehr durchsetzbare Verbindlichkeiten umgewandelt (§§ 286, 301 InsO). Eine Verrechnung dieser Verbindlichkeiten ist nicht zulässig. Die Verbindlichkeiten sind zwar weiterhin erfüllbar, aber nicht mehr erzwingbar und es fehlt der Forderung damit an ihrer Durchsetzbarkeit im Rahmen einer Verrechnung.

Von dieser Umwandlung in unvollkommene Forderungen werden Forderungen nach § 302 InsO (zum Beispiel Forderungen aus unerlaubter Handlung) nicht erfasst.

Die Rentenversicherungsträger sind nicht verpflichtet, nach Erteilung der Restschuldbefreiung zu ermitteln, ob es sich bei den zu verrechnenden Forderungen um solche nach § 302 InsO handelt (siehe RBRTN 2/2012, TOP 3).

 Zusammentreffen mit Erstattungsansprüchen

Es gilt die GRA zu § 106 SGB X, Abschnitt 4.

SGB I vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten: 01.01.1976

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 305/72

§ 52 SGB I ist am 01.01.1976 in Kraft getreten (Art. II § 23 SGB I). Für die Leistungsträger besteht seither die Möglichkeit, untereinander Ansprüche des Leistungsberechtigten auf Geldleistungen mit Ansprüchen gegen den Leistungsberechtigten zu verrechnen.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 52 SGB I