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12 RJ 342/66

Gründe I.

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die beklagte Landesversicherungsanstalt zu Recht mit einer Forderung gegen den Versicherten auf Zahlung rückständiger Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung (ArV) gegen dessen Anspruch auf Versichertenrente aus der ArV aufgerechnet hat (§ 1299 der Reichsversicherungsordnung - RVO- ).

Der ursprüngliche Kläger, der Versicherte, ist während des Revisionsverfahrens am 8. Februar 1967 gestorben. Der Rechtsstreit wird von seiner Witwe, der jetzigen Klägerin, weitergeführt (§ 1288 Abs. 2 RVO).

Der Versicherte schuldete der beigeladenen AOK Lüneburg als der Einzugsstelle (§ 1399 RVO) laut Auszug aus der Konkurstabelle für die Zeit von Mai 1949 bis Juli 1950 an Sozialversicherungsbeiträgen 29.537,35 DM. Davon entfielen 13.245,40 DM auf Beiträge zur ArV. Er beantragte im August 1958 bei der Beklagten Versichertenrente. Die beigeladene Sozialbehörde Hamburg teilte der Beklagten im Mai 1962 mit, daß der Versicherte seit diesem Monat mit monatlich 347,00 DM unterstützt werde; sie beantragte die Überweisung der Nachzahlung (§ 1531 RVO). Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 2. November 1962 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit vom 9. August 1958 an in Höhe von monatlich 114,20 DM. Sie rechnete unter Hinweis auf den Rückstand an Beiträgen zur ArV in Höhe von 13.245,40 DM gegen den Anspruch des Versicherten auf die Rentennachzahlung in voller Höhe und gegen den Anspruch auf laufende Rente vom 1. Dezember 1962 an mit einem Betrag von monatlich 25,00 DM auf. Sie behielt die entsprechenden Beträge ein. Der Widerspruch des Versicherten wurde zurückgewiesen (Bescheid vom 30. April 1963).

Das Sozialgericht (SG) Hamburg hat den Widerspruchsbescheid und die Aufrechnungsanordnung in dem Bescheid vom 2. November 1962 aufgehoben (Urteil vom 13. Januar 1965). Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen (Urteil vom 16. Juni 1966) Es hat die Aufrechnung nicht für zulässig angesehen, weil Gläubigerin der Beitragsforderung weder die Beklagte noch die beigeladene AOK Lüneburg sei, sondern die „Landesversicherungsanstalt Niedersachsen“ (richtig: Landesversicherungsanstalt Hannover). Schuldnerin der Renten an den Versicherten sei aber die beklagte Landesversicherungsanstalt Hamburg. Somit bestehe keine Identität der Gläubigerschaft und die erforderliche Gegenseitigkeit der Forderungen sei nicht gegeben (§§ 387 ff. BGB).

Die Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt,

  • die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, Gegenseitigkeit für die Aufrechnung sei auch gegeben, wenn die Beitragsschuld nicht im Bereich des zur Rentengewährung verpflichteten Versicherungsträgers entstanden sei. Die Betrachtungsweise des LSG werde den wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Nicht immer habe derjenige Versicherungsträger die Rente festzusetzen und zu zahlen, der die Beiträge empfangen habe. Sie verweist auf die Zuständigkeiten im Rentenverfahren (§§ 1630 Abs. 2, 1614, 1572 Abs. 2 RVO) und beim Beitragseinzug im Lohnabzugsverfahren (§§ 1396, 1397, 1399 RVO) sowie auf das Gemeinlastverfahren (§ 1390 RVO). Es würde dem Sinn und Zweck der ArV als einer Versichertengemeinschaft nicht gerecht, wenn Gegenseitigkeit im Sinne des § 387 BGB nur dann gegeben wäre, wenn die für den Empfang der Beiträge zuständige Landesversicherungsanstalt (§§ 1399, 1433 RVO) auch diejenige sein müßte, die für die Festsetzung und Zahlung der Rente zuständig wäre (§§ 1630 Abs. 2, 1614, 1572 Abs. 2 RVO). Bei der Rechtsauffassung des LSG könne sich ein Beitragsschuldner durch Wohnsitzverlegung vor Stellung des Rentenantrages seiner Beitragsschuld ohne weiteres entziehen. Dies widerspreche dem Wesen der ArV, wonach jeder bei Erfüllung der Voraussetzungen für eine Rente aus der ArV Anspruch auf Leistungen habe, gleichgültig zu welcher Landesversicherungsanstalt für ihn Beiträge geleistet seien. Der Rentenanspruch bestehe seinem Wesen nach gegenüber der Versichertengemeinschaft, so daß diese berechtigt sei, ihrerseits mit Ansprüchen gegen den Versicherten aufzurechnen.

Die Klägerin beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Die beigeladene AOK Lüneburg beantragt wie die Beklagte,

  • die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die beigeladene AOK führt aus, der Versicherte, der bis zur Konkurseröffnung ein Bauunternehmen betrieben habe, habe auch in Schleswig-Holstein und Hamburg Bauaufträge durchgeführt. Die gesamten Sozialversicherungsbeiträge seien auf Antrag des Arbeitgebers gemäß Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 18. Februar 1942 (AN 1942, 148) für sämtliche Arbeitnehmer wegen der zentralen Lohnabrechnung abweichend von den allgemeinen Vorschriften der RVO an die für den Betriebssitz zuständige AOK - die AOK Lüneburg - zu entrichten gewesen. Deshalb seien auch die Rentenversicherungsbeiträge, die dem Grunde nach als Beitragsschuld im Bereich der Landesversicherungsanstalten Schleswig-Holstein und Hamburg entstanden seien, an die Landesversicherungsanstalt Hannover geleistet worden. Dadurch zeige sich, daß die Rentenversicherungsbeiträge der Versichertengemeinschaft sämtlicher Landesversicherungsanstalten gehörten und nicht einer Bereichsinstanz.

Die beigeladene Sozialbehörde Hamburg beantragt,

  • die Revision zurückzuweisen.

Sie wendet sich gegen die Auffassung der Beklagten, die Aufrechnung stehe mit Art. 20 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Einklang. Sie führt aus, die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) seien subsidiär. Die Beklagte könne sich nicht auf die Pflichten des Sozialhilfeträgers berufen, sondern müsse die volle Rente zahlen, wenn der Versicherte bei Einbehaltung von Rentenbeträgen durch Aufrechnung hilfsbedürftig oder erhöht hilfsdürftig werde. Durch die Anmeldung ihres Ersatzanspruchs habe die Beklagte wissen müssen, daß der Versicherte bei Aufrechnung erhöht hilfsbedürftig werde.

Gründe II.

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Die Aufrechnung durch die Beklagte ist rechtmäßig. Die Klägerin kann im Hinblick auf die sachliche Einheit des Versicherungszweiges der ArV nach Treu und Glauben nicht das Fehlen der Gegenseitigkeit (§ 387 BGB) infolge der formalen rechtlichen Selbständigkeit der verschiedenen Landesversicherungsanstalten als Träger der ArV geltend machen.

Die Beurteilung der Gegenseitigkeit nach § 387 BGB war bereits Gegenstand verschiedener richtungweisender Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH), denen beizutreten ist. Der BGH hat in BGHZ 10, 205 unter Hinweis auf § 242 BGB ausgesprochen, daß eine Kriegsgesellschaft, die einer Aufrechnung ihres Schuldners mit Forderungen an das Reich unter Berufung auf ihre formale Rechtsstellung als eigene Persönlichkeit widerspricht, unredlich handelt, wenn ihre Forderung der treuhänderischen Durchführung von Hoheitsaufgaben des Reiches mit zweckgebundenen Mitteln und nach Weisungen einer Reichsbehörde entspringt. Keine formale Rechtsstellung dürfe einer unredlichen Beeinträchtigung des Vertragspartners zum Vorwand dienen. In BGH2 17, 19 ff. ist gesagt, daß auch eine private Firma, die weder Kriegsgesellschaft noch kapitalmäßig ganz oder teilweise dem Reich verbunden war, trotz ihrer rechtlichen Selbständigkeit lediglich eine juristisch verselbständigte Erscheinungsform des Reiches gewesen sein und hoheitliche Aufgaben des Reiches mit zweckgebundenen Mitteln unter Bindung an Weisungen einer Reichsbehörde durchgeführt haben kann; ist diese Voraussetzung erfüllt, so muß sie sich nach Treu und Glauben die Geltendmachung einer aus Rüstungslieferungen herrührenden Gegenforderung gegen das Reich im Wege der Aufrechnung entgegenhalten lassen. Seit der Entscheidung BGHZ 10, 205 wird der entscheidende Gesichtspunkt darin gesehen, ob die Gesellschaft hoheitliche Aufgaben des Reiches mit zweckgebundenen Mitteln treuhänderisch durchgeführt hat und dabei an Weisungen einer Reichsbehörde gebunden war. Für diesen Fall wird ein gesellschaftliches Eigenleben der Gesellschaft verneint; ihre freie Entschließung beschränkt sich dann auf die technische Durchführung von Reichsaufgaben (vgl. ferner die Entscheidungen des BGH in Lindenmaier-Möhring § 242 BGB, Cd, Nr. 28 und § 387 BGB Nr. 18).

Diese Rechtslage ist mit derjenigen bei der Tätigkeit der Landesversicherungsanstalten zur Durchführung der ArV vergleichbar. Der Bindung an Weisungen einer Reichsbehörde entspricht die Bindung aller Landesversicherungsanstalten an die .Vorschriften des Sozialversicherungsrechts über die Versicherungspflicht und Beitragspflicht sowie die Rentengewährung in der ArV. Es widerspräche dem Wesen der einheitlichen ArV, wenn Beitragsschulden zu diesem Versicherungszweig nur deshalb nicht durch Aufrechnung gegen Rentenforderungen an diesen Versicherungszweig getilgt werden könnten, weil für Beitragsschuld und Rentenforderung eines Versicherten zur ArV regional verschiedene Landesversicherungsanstalten zuständig sind.

In der Wanderversicherung hat das Bundessozialgericht auf die „Funktionseinheit“ der Versicherungsträger hingewiesen (SozR Nr. 7 zu § 1311 RVO). In BSG 11, 69, 72 ist ausgeführt, daß der Gesetzgeber Erschwerungen für den Versicherten aus der formalen Selbständigkeit der drei Versicherungszweige innerhalb der Rentenversicherung beseitigen wollte. Damit ist der sachliche Inhalt des Versicherungsverhältnisses über die Selbständigkeit der verschiedenen Versicherungszweige gestellt. Umso mehr muß der Gedanke des Vorranges der sachlichen Einheit vor der formalen Selbständigkeit der Versicherungsträger innerhalb desselben Versicherungszweiges - der ArV - bestimmend in den Vordergrund treten. Die sachliche Einheit der ArV ergibt sich aus verschiedenen Einzelbestimmungen der RVO:

Die Versicherungspflicht besteht „in der ArV“ (§ 1227 RVO), nicht bei einer bestimmten Landesversicherungsanstalt. Daß z.B. bei Wechsel des Beschäftigungsortes mehrere Landesversicherungsanstalten an der verwaltungsmäßigen Durchführung der Versicherung beteiligt sind, hat keine materiellrechtliche Bedeutung für den Inhalt des Versicherungsverhältnisses und den Rentenanspruch, Die Zuständigkeit der Versicherungsträger der ArV für die Ausgabe von Versicherungskarten ist nur nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit bestimmt (§§ 1329, 1414 Abs. 1 Satz 1 RVO, § 31 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Versicherungskarten und Aufrechnungsbescheinigungen in der ArV und der Angestelltenversicherung vom 27.5.1964). Die Aufbewahrung der Versicherungskarten erfolgt aus Gründen der Zweckmäßigkeit und Übersichtlichkeit einheitlich bei der Ursprungsanstalt (§ 1415 RVO). Die bei versicherungspflichtigen Beschäftigten von der Einzugsstelle eingezogenen Beiträge werden ebenfalls aus Gründen örtlich orientierter Zweckmäßigkeit an die Versicherungsanstalt abgeführt, in deren Bezirk die Einzugsstelle ihren Sitz hat (§§ 1399, 1433 RVO), ohne daß dies den Inhalt des Versicherungsverhältnisses beeinflußte. Zudem führen die Einzugsstellen die Beiträge für die verschiedenen Versicherungszweige nach Schlüsselzahlen und nicht nach den Namen der Versicherten ab. Die Unabhängigkeit der Versicherung von einer bestimmten Landesversicherungsanstalt kommt besonders deutlich bei Pflichtversicherten, die ihre Beiträge selbst durch bei der Post zu kaufende Beitragsmarken zu entrichten haben, und freiwillig Versicherten zum Ausdruck (§§ 1405, 1407, 1408, 1410 RVO). Der Anspruch auf Rente hängt von der Erfüllung der Voraussetzungen des materiellen Rechts ab (§§ 1246, 1247, 1248, 1263 RVO). Soweit darüber hinaus bestimmte Voraussetzungen gefordert werden, z.B. bei Auslandsaufenthalt des Versicherten, ist es auf die Zurücklegung der Versicherungszeiten im Geltungsbereich der RVO, nicht im Bezirk bestimmter Landesversicherungsanstalten abgestellt (§§ 1318, 1319 RVO). Die Zuständigkeit der Landesversicherungsanstalt, die die Rente festzustellen und zu zahlen hat, ist nach örtlichen Gesichtspunkten bestimmt, nämlich nach dem Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Versicherten zur Zeit der Antragstellung (§§ 1630, 1614, 1572 Abs. 2 bis 5 RVO). Welche Landesversicherungsanstalt die Beiträge erhalten hat, kann bei der Zuständigkeit für den Rentenantrag schon wegen der Gestaltung des Beitragsverfahrens - keine Abführung an die Landesversicherungsanstalten nach dem Namen des Versicherten - nicht berücksichtigt werden. Mit der Anonymität des Beitragseingangs bei den Landesversicherungsanstalten stimmt es überein, daß die Rentenleistungen der ArV von den Versicherungsträgern dieses Versicherungszweiges gemeinsam getragen werden (§§ 1390, 1391 RVO). Die Abrechnung im Gemeinlastverfahren erfaßt die Beitragseinnehmen lediglich als Ausgangswert für die Aufteilung der Ausgaben zum Ausgleich zwischen Zuschuß- und Überschußanstalten. Die Rentenzahlung an einen Versicherten belastet somit nicht gerade nur die zahlende Landesversicherungsanstalt, so wie die Beitragseinnahmen nicht gerade nur der Landesversicherungsanstalt zugute kommen, an die die Einzugsstelle die Beiträge abführt. Zudem betreffen Beitragsschulden und Rentenforderungen nicht Fragen der rechtlichen Selbständigkeit der Versicherungsanstalten, wie Selbstverwaltung, Dienstrecht, Ermessensmaßnahmen, sondern das dem Gemeinlastverfahren unterliegende Vermögen der ArV insgesamt. Im Vordergrund steht bei der Aufrechnung das Vermögen der ArV, nicht die Rechtspersönlichkeit der Landesversicherungsanstalten. Es wäre daher nicht sachgerecht und verstieße gegen Treu und Glauben, wenn der Versicherte mit dem Hinweis auf die formale rechtliche Selbständigkeit der Landesversicherungsanstalten sich der Erfüllung seiner Beitragsschulden entziehen wollte. In der Entscheidung vom 29. August 1968 - 12 RJ 518/66 - zu §§ 1299, 1542 RVO hat der Senat das Interesse der Versichertengemeinschaft, vertreten durch die Versicherungsträger, am Schutz ihres Vermögens, aus dem die Renten zu zahlen sind und dem deshalb die geschuldeten Beiträge zufließen müssen, besonders hervorgehoben.

Der Versicherte muß sich aus diesen Gründen die Aufrechnung gefallen lassen.

Eine Gesetzesverletzung der Beklagten bei der Einbehaltung der gesamten Rentennachzahlung und eines laufenden Betrages von monatlich 25,00 DM bei einer monatlichen Rente von 114,20 DM ist nicht zu erkennen. Die Sondervorschrift des § 1299 RVO über die Aufrechnung in der Rentenversicherung schränkt die Aufrechnung nicht aus Gründen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten ein, wie dies bei der Rückforderung nach § 1301 Satz 2 RVO geschehen ist. Der Grundsatz der Sozialstaatlichkeit des Art. 20 Abs. 1 GG wird durch die besonderen Vorschriften der jeweiligen Gesetze verwirklicht (vgl. auch BSG 10, 97, 100; BVerfG 22, 180). Die beigeladene Sozialbehörde kann deshalb nicht schon allein und unmittelbar nach Art. 20 Abs. 1 GG verlangen, daß der Versicherungsträger nicht aufrechnet, wenn der Versicherte hilfsbedürftig im Sinne des BSHG ist. Die Versicherungsträger haben bei Entscheidungen, die ihrem Ermessen überlassen sind - wie Umfang ihrer Aufrechnung -, pflichtgemäß unter Beachtung des Grundsatzes von Treu und Glauben und des Sozialstaatsprinzips vorzugehen. Es ist jedoch kein Ermessensfehler, wenn der Versicherungsträger seine Beitragsforderungen durch Aufrechnung einzieht, obwohl der Versicherte hilfsbedürftig ist. Das Interesse der Versichertengemeinschaft der ArV am ordnungsmäßigen Eingang der Beiträge zur Ermöglichung der Rentenzahlungen steht dem allgemeinen Interesse der Sozialbehörde, die Ausgaben nach dem BSHG niedrig zu halten, keineswegs nach. In SozR Nr. 10 zu § 1299 RVO hat das Bundessozialgericht dargelegt, daß es kein fehlsamer .Ermessensgebrauch ist, wenn der Versicherungsträger einem Rentenbezieher gegenüber, der ohnehin aus öffentlichen Mitteln unterstützt werden muß, seine Kassenbelange stärker beachtet. Auch aus dem Grundsatz der Subsidiarität der Sozialhilfe nach § 2 BSHG ergibt sich nicht, daß eine Aufrechnung unzulässig wäre. Die Bevorzugung des Schuldners durch § 406 BGB, wonach der Schuldner selbst bei Forderungsübergang eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen kann, ist für die Rentenversicherungsträger nicht beseitigt worden.

Die Revision der Beklagten ist somit begründet.

Das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts sind daher aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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