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§ 2 ZRBG: Fiktion der Beitragszahlung, Bewertung, Auslandsrentenrecht

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

Im Abschnitt 4.4 wurde das deutsch-polnische Abkommen vom 05.12.2014 ergänzt, das am 01.06.2015 in Kraft getreten ist.

Dokumentdaten
Stand22.06.2015
Erstellungsgrundlage in der Fassung Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern - vom 29.08.2013 in Kraft getreten am 01.10.2013
Rechtsgrundlage

§ 2 ZRBG

Version001.01

Inhalt der Regelung

§ 2 Abs. 1 ZRBG unterstellt für Zeiten einer Beschäftigung in einem Ghetto, die nach § 1 ZRBG zu berücksichtigen sind, eine Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung (Ghetto-Beitragszeit).

Für die Berechnung der Rente gelten die Ghetto-Beitragszeiten als Reichsgebiets-Beitragszeiten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt worden sind.

Damit diese Rente ins Ausland gezahlt werden kann, wird bei der Ermittlung der Auslandsrente nach §§ 110 ff. SGB VI unterstellt, dass die Ghetto-Beitragszeiten als Bundesgebiets-Beitragszeiten gelten.

Nach Absatz 2 wird ein zusätzliches Mitziehen von FRG-Beitragszeiten und Reichsgebiets-Beitragszeiten gemäß § 272 SGB VI auf Grund von Ghetto-Beitragszeiten ausgeschlossen.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Das ZRBG schließt die Anwendung des WGSVG, des SGB VI und des FRG/FANG nicht aus. Nach § 1 Abs. 2 ZRBG ergänzen sich die oben angeführten Vorschriften, wenn dies für den Verfolgten günstiger ist.

Beitragsfiktion

Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG sind Beitragszeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Als solche sind sie Pflichtbeitragszeiten nach Bundesrecht im Sinne von § 55 Abs. 1 SGB VI gleichgestellt, auch wenn der Berechtigte die (persönlichen) Voraussetzungen des FRG nicht erfüllt. Dies gilt sowohl bei Aufenthalt des Berechtigten im Ausland als auch im Inland; die Regelungen des ZRBG finden mithin auch bei Aufenthalt des Berechtigten im Inland Anwendung.

Bewertung der Ghetto-Beitragszeiten

Das ZRBG enthält keine eigenständige Regelung, wie die Ghetto-Beitragszeiten bei der Rentenberechnung bewertet werden. Das FRG einschließlich des FANG findet keine Anwendung, weil die Ghetto-Beitragszeiten weder FRG-Zeiten sind noch als solche gelten.

Nach § 14 WGSVG in Verbindung mit § 15 Sätze 2 bis 4 WGSVG sind die Entgeltpunkte aus der Beitragsbemessungsgrundlage zu ermitteln, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in die Anlage 1 zum FRG und nach Zuordnung der Lohn-, Beitrags- oder Gehaltsklasse oder Bruttoarbeitsentgelte der Anlagen 2 bis 16 zum FRG ergibt.

Für die maßgebende Beschäftigung ist nach den Tätigkeitsmerkmalen die entsprechende Leistungsgruppe der Anlage 1 zum FRG

  • A. Rentenversicherung der Arbeiter
  • B. Rentenversicherung der Angestellten
  • C. Knappschaftliche Rentenversicherung

zu bestimmen und dementsprechend die jeweils maßgebende Beitragsbemessungsgrundlage nach den Anlagen 2 bis 16 zum FRG zuzuordnen.

Maßgebend für die Einstufung ist grundsätzlich die tatsächlich ausgeübte Beschäftigung im Ghetto. Hat der Verfolgte vor der Ghetto-Beitragszeit eine nach sonstigen Vorschriften anrechenbare versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt, ist mindestens diese vorherige Beschäftigung für die Einstufung heranzuziehen. Ein durch Verfolgungsmaßnahmen entgangener beruflicher Aufstieg ist ebenfalls auszugleichen.

Im Übrigen gelten die Grundsätze zu § 22 FRG in der Fassung bis 30.06.1990 einschließlich der Regelungen des § 26 FRG.

Für glaubhaft gemachte Ghetto-Beitragszeiten sind die ungekürzten Tabellenwerte der Anlagen 2 bis 16 FRG zu berücksichtigen. Es erfolgt auch keine Absenkung der Werte nach § 22 Abs. 4 FRG.

Sind dagegen Renten neu festzustellen, bei denen das vor dem 01.01.1992 geltende Recht (AVG-/RVO-/RKG-Recht) zur Anwendung kommt, können glaubhaft gemachte Zeiten lediglich zu fünf Sechsteln berücksichtigt werden (vergleiche BSG vom 20.12.1979, AZ: 4 RJ 111/76). Dies gilt unabhängig davon, ob die Zeiten nach dem ZRBG oder nach dem FRG beziehungsweise nach reichsgesetzlichen Vorschriften angerechnet werden.

Zuordnung von Entgeltpunkten (Ost) beziehungsweise Entgeltpunkten

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG gelten Ghetto-Beitragszeiten für die Berechnung der Rente nach den Reichsversicherungsgesetzen für eine Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets als Reichsgebiets-Beitragszeiten. Gemäß § 254d Abs. 1 Nr. 5 SGB VI sind daher für diese Zeiten grundsätzlich Entgeltpunkte (Ost) zu ermitteln. Die Ermittlung von Entgeltpunkten kommt aber in den in § 254d Abs. 2 SGB VI genannten Fällen in Betracht (zum Beispiel gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland am 18.05.1990 nach vorherigem Aufenthalt in den alten Bundesländern).

Bei Berechtigten nach dem ZRBG, die zwecks Aufenthaltnahme im Ausland das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet als „Displaced Persons“ (DP) verlassen haben, ist von einem gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Gebiet auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn dieser Aufenthalt nur von kurzer Dauer war. Für die Ghetto-Beitragszeiten dieser Personen sind daher grundsätzlich Entgeltpunkte zu ermitteln.

Sind darüber hinaus Beitragszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen, sind diesen bei Aufenthalt des Berechtigten im Ausland stets Entgeltpunkte zuzuordnen. Für beitragsfreie Zeiten und den Zuschlag an Entgeltpunkten für beitragsgeminderte Zeiten ist in diesen Fällen nach § 263a SGB VI eine Aufteilung in Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) vorzunehmen.

Das vor dem 01.01.1992 geltende Recht kennt keine Unterscheidung zwischen Entgeltpunkten und Entgeltpunkten (Ost). Ist danach eine Rente nach dem vor dem 01.01.1992 geltenden Recht neu festzustellen, ergeben sich aus den der Rente zugrunde liegenden Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG nach der Umwertung gemäß § 307 SGB VI stets Entgeltpunkte. Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG geht insoweit ins Leere.

Bewertung der Verfolgungszeit nach § 15 WGSVG

Verfolgte, denen Ghetto-Beitragszeiten angerechnet werden, sind pflichtversicherte Verfolgte im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3 WGSVG. Hinsichtlich der Bewertung der Verfolgungszeit findet § 15 WGSVG Anwendung, wenn eine Ghetto-Beitragszeit aus Verfolgungsgründen unterbrochen oder beendet worden ist. Die an eine Ghetto-Beitragszeit anschließende Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI ist bei der Rentenberechnung auch wie eine Zeit mit vollwertigen Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen, wenn dies für den Berechtigten günstiger ist.

Die Vergleichsberechnung ist nicht auf Verfolgungszeiten bis zum 08.05.1945 zu begrenzen, wenn neben der Ghetto-Beitragszeit keine weiteren deutschen Beitragszeiten zurückgelegt wurden.

Verfolgungszeiten, denen als Ersatzzeiten Beitragsmonate zuzuordnen sind, fallen nicht unter die Regelung des § 254d Abs. 1 SGB VI, so dass für sie stets Entgeltpunkte zu berücksichtigen sind.

Eine Unterbrechung aus Verfolgungsgründen liegt auch dann vor, wenn die Ghetto-Beitragszeit vor der Vollendung des 14. Lebensjahres endet und die an den Ghetto-Aufenthalt anschließende weitere Verfolgung erst nach Vollendung des 14. Lebensjahres als Ersatzzeit angerechnet werden kann.

Entsprechendes gilt nach § 13 WGSVG a.F. für Ersatzzeiten nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AVG/§ 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO/ § 51 Abs. 1 Nr. 4 RKG, sofern die Rente nach dem Recht vor dem 01.01.1992 neu festzustellen ist. Sind in diesen Fällen die Ghetto-Beitragszeiten nach § 19 Abs. 2 Satz 1 erster Halbsatz FRG auf fünf Sechstel zu kürzen, sind die mit Ersatzzeiten aufzufüllenden Kürzungslücken allerdings nicht nach § 13 WGSVG a.F. zu bewerten.

Bewertung nach anderen Rechtsgrundlagen

Die Regelungen des ZRBG gelten nach § 1 Abs. 1 ZRBG für alle entgeltlichen Beschäftigungen in einem Ghetto, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen sind. Sind diese Zeiten bereits nach anderen Rechtsvorschriften anrechenbar (zum Beispiel nach § 17 Abs. 1 Buchstabe b FRG und in das Ausland zahlbar (zum Beispiel § 18 WGSVG), bleiben diese Rechtsvorschriften unberührt, soweit dies für den Verfolgten günstiger ist.

Berechnung der Auslandsrente

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG gelten Ghetto-Beitragszeiten für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet. Dies gilt allerdings mit der Einschränkung, dass zusätzliche Entgeltpunkte für Beitragszeiten außerhalb des Bundesgebiets aufgrund von Ghetto-Beitragszeiten nicht zu ermitteln sind (§ 2 Abs. 2 ZRBG).

Im Rahmen der seit 01.01.1992 geltenden Auslandsrentenvorschriften gelten damit Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG sowohl bei Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI (Ermittlung der Entgeltpunkte aus Beitragszeiten) als auch bei Anwendung des § 114 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (Ermittlung der Entgeltpunkte aus beitragsfreien Zeiten) als Bundesgebiets-Beitragszeiten. Sie können jedoch keine Beitragszeiten nach dem FRG oder Reichsgebiets-Beitragszeiten nach § 272 SGB VI “mitziehen” (vergleiche Abschnitt 4.1.1.)

Soweit die Rente nach dem Recht vor dem 01.01.1992 neu festzustellen ist, ist das ZRBG im Rahmen der Auslandsrentenvorschriften sinngemäß anzuwenden. Danach gelten Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG als im Geltungsbereich des AVG zurückgelegte Beitragszeiten im Sinne von § 97 AVG/§ 1318 RVO/§ 108 RKG. Bei Anwendung des § 99 Abs. 1 Satz 1 AVG/§ 1320 Abs. 1 Satz 1 RVO/§ 108b RKG (Ermittlung der beitragslosen Zeiten für die Auslandsrente) gehören sie zu den “zu berücksichtigenden” Beitragszeiten. Sie können jedoch keine außerhalb des Geltungsbereichs des AVG zurückgelegten reichsgesetzlichen Beitragszeiten oder Beitragszeiten nach dem FRG nach § 98 Abs. 1 AVG/§ 1319 Abs. 1 RVO/ § 108a Abs. 1 RKG „mitziehen“.

Für die Berechnung der Auslandsrente ergeben sich daraus folgende Konsequenzen.

Ermittlung der Auslandsrente

Ab 01.10.2013 erhalten alle Personen, unabhängig von deren Staatsangehörigkeit aus den Ghetto-Beitragszeiten die volle Rente in das Ausland (§ 113 Abs. 1 SGB VI); davor galt dies nur für Deutsche und diesen (aufgrund über- und zwischenstaatlichen Rechts) gleichgestellte Ausländer (s. Abschnitt 4.2). Entgeltpunkte für die in § 114 Abs. 1 Satz 1 SGB VI genannten Zeiten (insbesondere für beitragsfreie Zeiten) sind in dem Verhältnis zu berücksichtigen, in dem die zahlbaren Entgeltpunkte für Beitragszeiten (einschließlich der Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG) zu allen Entgeltpunkten für Beitragszeiten einschließlich der Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG stehen (§ 114 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Dies gilt auch für Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, die nach § 15 WGSVG bei pflichtversicherten Verfolgten alternativ wie Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen sind (vergleiche Abschnitt 3.2). Sind die Ghetto-Beitragszeiten die einzigen Beitragszeiten, werden die Entgeltpunkte für Zeiten nach § 114 Abs. 1 Satz 1 SGB VI im vollen Umfang in das Ausland gezahlt.

Siehe Beispiel 1

Soweit die Rente nach den vor dem 01.01.1992 geltenden Auslandsrentenvorschriften neu festzustellen ist, gelten die Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG als im Geltungsbereich des AVG/der RVO/des RKG zurückgelegte Beitragszeiten im Sinne von § 97 AVG/§ 1318 RVO/§ 108 RKG. Sie gehören damit zu den Versicherungsjahren im Sinne von § 35 AVG/§ 1258 RVO/§ 56 RKG, aus denen die Rente voll in das Ausland gezahlt werden kann. Ersatzzeiten, Ausfallzeiten, die Zurechnungszeit sowie im jeweiligen Geltungsbereich der Reichsversicherungsgesetze außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegte oder nach § 28b FRG gleichgestellte Kindererziehungszeiten vor dem 01.01.1986 sind grundsätzlich in dem Verhältnis zu berücksichtigen, in dem die in das Ausland zahlbaren Beitragszeiten (einschließlich der Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG) zu allen Beitragszeiten einschließlich der Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG stehen (§ 99 Abs. 1 Satz 1 AVG/§ 1320 Abs. 1 Satz 1 RVO/§ 108 Abs. 1 Satz 1 RKG). Dies gilt auch für Ersatzzeiten nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AVG/§ 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO/§ 51 Abs. 1 Nr. 4 RKG, denen nach § 13 WGSVG a.F. alternativ Beitragsklassen oder Bruttoarbeitsentgelte nach den Anlagen 1 bis 16 FRG zuzuordnen sind (vergleiche Abschnitt 3.2).

Im Rahmen des § 99 Abs. 1 Satz 2 AVG/§ 1320 Abs. 1 Satz 2 RVO/§ 108 Abs. 1 Satz 2 RKG gelten Ghetto-Beitragszeiten ebenfalls als Beitragszeiten im Geltungsbereich des AVG. Die Rente für Ersatzzeiten, die aufgrund einer Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG anzurechnen ist, ist daher im vollen Umfang in das Ausland zahlbar.

Keine zusätzlichen Entgeltpunkte für Beitragszeiten außerhalb des Bundesgebiets

Für Berechtigte, die die besonderen Voraussetzungen gemäß § 272 SGB VI erfüllen, schließt § 2 Abs. 2 ZRBG ein „Mitziehen“ von Entgeltpunkten nach dem FRG und Reichsgebiets-Beitragszeiten aufgrund von Ghetto-Beitragszeiten aus.

Diese Vorschrift hat für Fälle Bedeutung, in denen neben den Ghetto-Beitragszeiten auch anrechenbare Beitragszeiten nach dem FRG oder Reichsgebiets-Beitragszeiten vorhanden sind. In diesen Fällen können für die Rentenzahlung in das Ausland die Entgeltpunkte für die Ghetto-Beitragszeiten nicht die Entgeltpunkte für die Beitragszeiten nach dem FRG oder die Reichsgebiets-Beitragszeiten nach § 272 SGB VI „mitziehen“. Im Rahmen des § 272 SGB VI haben daher die Ghetto-Beitragszeiten nicht den Charakter von Bundesgebiets-Beitragszeiten.

Bei Anwendung des § 114 Abs. 1 Satz 2 SGB VI (Proratisierung der Entgeltpunkte aus den beitragsfreien Zeiten) gelten dagegen die Ghetto-Beitragszeiten als Bundesgebiets-Beitragszeiten. Dies führt gegebenenfalls zu einem höheren Anteil zahlbarer Entgeltpunkte aus den beitragsfreien Zeiten.

Soweit die Rente nach dem vor dem 01.01.1992 geltenden Recht neu festzustellen ist, ist § 2 Abs. 2 ZRBG sinngemäß anzuwenden. Danach können Ghetto-Beitragszeiten im Rahmen des § 98 Abs. 1 AVG/§ 1319 Abs. 1 RVO/§ 108a Abs. 1 RKG außerhalb des Geltungsbereichs des AVG zurückgelegte reichsgesetzliche Beitragszeiten und FRG-Beitragszeiten ebenfalls nicht „mitziehen“. Sie haben insoweit nicht den Charakter von Beitragszeiten im Geltungsbereich des AVG/der RVO/des RKG. Die Ghetto-Beitragszeiten zählen auch nicht für die Voraussetzungen „mindestens 60 Beitragsmonate im Geltungsbereich des AVG/der RVO/des RKG“ oder „überwiegend“ mit.

Ermittlung der Auslandsrente für Ausländer vor dem 01.10.2013

Vor dem 01.10.2013 erhielten Ausländer, die einem Deutschen nicht gleichgestellt sind (d. h. insbesondere Nicht-Vertragsausländer), nur 70 % der Entgeltpunkte aus den Ghetto-Beitragszeiten (§ 113 Abs. 3 SGB VI). Aus Zeiten nach § 114 Abs. 1 Satz 1 SGB VI (insbesondere aus beitragsfreien Zeiten) war eine Rentenzahlung nicht möglich. Dies galt auch für Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, die nach § 15 WGSVG bei pflichtversicherten Verfolgten alternativ wie Zeiten mit vollwertigen Pflichtbeiträgen zu berücksichtigen sind.

Siehe Beispiel 2

Ist die Rente nach dem vor dem 01.01.1992 geltenden Recht neu festzustellen, gelten die Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG als im Geltungsbereich des AVG/der RVO/des RKG zurückgelegte Beitragszeiten im Sinne von § 97 AVG/§ 1318 RVO/§ 108 RKG. Sie gehören damit zu den anrechnungsfähigen Versicherungsjahren im Sinne von § 35 AVG/§ 1258 RVO/ § 56 RKG, aus denen eine Rente in das Ausland gezahlt werden kann. Die Rente aus diesen Zeiten wurde jedoch nur in Höhe von 70 % gezahlt (§ 102 AVG/§ 1323 RVO/§ 108e RKG). Aus beitragslosen Zeiten war eine Rentenzahlung nicht möglich. Dies galt auch für Ersatzzeiten nach § 28 Abs. 1 Nr. 4 AVG/§ 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO/§ 51 Abs. 1 Nr. 4 RKG, denen nach § 13 WGSVG a.F. alternativ Beitragsklassen oder Bruttoarbeitsentgelte nach den Anlagen 1 bis 16 FRG zuzuordnen sind (vergleiche Abschnitt 3.2).

Die Zahlungsvorschriften der §§ 18, 19 WGSVG blieben unberührt.

Ab 01.10.2013 unterscheiden die Auslandsrentenvorschriften nicht mehr nach der Staatsangehörigkeit. Für Auslandsrenten, die ab diesem Zeitpunkt an Ausländer zu zahlen sind gilt daher das unter Abschnitt 4.1 gesagte sinngemäß. Für Bestandfälle von 70 %-Ausländerrenten enthält der § 317a SGB VI die Möglichkeit der Neufeststellung.

Ermittlung der Auslandsrente nach § 18 WGSVG

Das ZRBG und die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG ergänzen sich und schließen sich daher nicht gegenseitig aus. Personen, die sowohl die Voraussetzungen des ZRBG als auch die besonderen Stichtagsvoraussetzungen des § 18 WGSVG erfüllen, können die Vergünstigungen beider Vorschriften in Anspruch nehmen. Dies wirkt sich insbesondere für Ausländer aus, die einem Deutschen nicht gleichgestellt sind.

Erfüllt der Berechtigte die Voraussetzungen nach § 18 WGSVG, kann aus den Ghetto-Beitragszeiten nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG die Rente in vollem Umfang und aus den etwaigen beitragsfreien Zeiten die Rente ggf. im Rahmen des § 114 Abs. 1 SGB VI ins Ausland gezahlt werden.

Siehe Beispiel 3

Fälle nach dem deutsch-polnischen Rentenabkommen von 1975

Für Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 31.12.1990 in Polen hatten, gilt für die weitere Dauer dieses Aufenthalts das „alte“ deutsch-polnische Rentenabkommen vom 09.10.1975 (Art. 27 Abs. 2 des deutsch-polnischen SV-Abkommens vom 08.12.1990, Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004) weiter.

Nach Art. 4 Abs. 1 des Abkommens vom 09.10.1975 werden Renten allein vom Träger des Aufenthaltsstaates gezahlt. Dieser hat die nach dem Recht des anderen Staates erworbenen Versicherungszeiten nach seinen Rechtsvorschriften anzurechnen. Danach dürfen die deutschen Träger aus den Ghetto-Beitragszeiten eine deutsche Rente nicht nach Polen zahlen (so auch Urteil des BSG vom 10.07.2012, AZ: B 13 R 17/11 R).

Im Hinblick auf die vorgenannte Rechtslage wurde das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen zum Export besonderer Leistungen für berechtigte Personen, die im Hoheitsgebiet der Republik Polen wohnhaft sind, vom 05.12.2014 geschlossen, wodurch auch die Zahlung einer Rente mit Zeiten nach dem ZRBG nach Polen möglich ist. Das Abkommen ist am 01.06.2015 in Kraft getreten. Auf die GRA zu dem Abkommen wird insoweit verwiesen.

Fälle nach den Zusatzabkommen mit Israel, Kanada und den USA

Ist die Rente nach den Zusatzabkommen mit Israel, Kanada oder den USA aufgrund des ZRBG neu festzustellen, ist Folgendes zu beachten:

  • Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG sind Pflichtbeitragszeiten nach dem AVG/der RVO/dem RKG gleichgestellt und können daher nicht mit nachentrichteten Beiträgen nach den Zusatzabkommen belegt werden.
  • Wurde die Zeit im Ghetto bisher als Ersatzzeit angerechnet und mit nachentrichteten Beiträgen belegt und ist diese nunmehr als (nicht belegungsfähige) Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG anzurechnen, ist zunächst zu prüfen, ob die nachzuentrichtenden Beiträge auf noch belegungsfähige andere Zeiten (insbesondere auf Ausfallzeiten) verlegt werden können.
  • Sind die Beschäftigungen im Ghetto bisher nach dem FRG anerkannt worden, wird sich bei der Neufeststellung wegen des Wechsels der Rechtsgrundlage vom FRG zum ZRBG in der Regel auch die Bewertung der Zeit ändern (vergleiche Abschnitt 3).
  • Die Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG bewirken im Rahmen des § 98 Abs. 1 AVG/§ 1319 Abs. 1 RVO/§ 108a RKG kein „Mitziehen“ der Beitragszeiten nach §§ 15 und 17a FRG (§ 2 Abs. 2 ZRBG). Die Voraussetzungen “mindestens 60 Beitragsmonate im Geltungsbereich dieses Gesetzes” oder “überwiegend” müssen daher allein durch nachentrichtete freiwillige Beiträge und eventuell vorhandene andere im Geltungsbereich des AVG/der RVO/des RKG zurückgelegten Beiträge erfüllt werden.
  • Bei der Rentenberechnung sind die sich aus den Ghetto-Beitragszeiten ergebenden Entgeltpunkte „übrige Entgeltpunkte”.
  • Würde sich die Rente nach dem Zusatzabkommen nach Anwendung des ZRBG mindern oder müsste der Anspruch sogar entfallen (weil weniger oder nicht mehr ausreichend Lücken für nachzuentrichtende Beiträge vorhanden sind), ist die Rente in der bisherigen Höhe weiterzuzahlen (dynamischer Besitzschutz nach § 306 Abs. 1 SGB VI).
  • Ist die Rente nach dem ZRBG höher als die Rente nach dem Zusatzabkommen, ist ab 01.07.1997 die Rente nach dem ZRBG zu zahlen.

Mindest-Rangstellenwert für Verfolgte nach dem deutsch-israelischen SV-Abkommen (DISVA)

Nach dem Urteil des BSG vom 24.07.2001, AZ: B 4 RA 45/99 R, dem die Deutsche Rentenversicherung grundsätzlich folgt, ergibt sich für Verfolgte im Sinne des BEG aus Art. 22 Nr. 3 DISVA in Verbindung mit Nr. 7 SP, dass sie am 31.12.1991 ein Anwartschaftsrecht auf Rente erlangt haben, dessen Mindest-Rangstellenwert sich allein aus den vor dem 01.01.1987 (dem Inkrafttreten des Änderungsabkommens) erworbenen Rangwerten ihrer früher zurückgelegten Ausfallzeiten ergibt.

Ghetto-Beitragszeiten, die allein nach dem ZRBG angerechnet werden können, bleiben bei der Ermittlung des Mindest-Rangstellenwertes stets unberücksichtigt. Sie können damit weder einen Versichertenstatus am 31.12.1986 noch den Eintritt in die Versicherung begründen. Ebenso haben sie keinen Einfluss auf die Höhe eines etwaigen Rangstellenwertes am 31.12.1986.

Ungeachtet dessen kann in diesen Fällen der Versichertenstatus am 31.12.1986 durch einen bis dahin entrichteten freiwilligen Beitrag erworben werden und sich aus diesem Beitrag ein Mindest-Rangstellenwert ergeben. Der so erworbene Versichertenstatus bewirkt aber nicht, dass auch die Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG bei der Ermittlung des Mindest-Rangstellenwertes zu berücksichtigen ist.

(Ghetto-)Beitragszeiten, die bereits nach dem am 31.12.1986 geltenden Recht (§§ 1, 17 Abs. 1 Buchstabe b FRG, 20 WGSVG) als FRG-Zeiten oder als Reichsgebiets-Beitragszeiten anrechenbar waren, sind bei der Ermittlung des Mindest-Rangstellenwertes einzubeziehen. Sie können damit sowohl den Versichertenstatus am 31.12.1986 als auch den Eintritt in die Versicherung begründen und auch die Höhe des Rangstellenwertes beeinflussen.

Beispiel 1: Ghetto-Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 4.1)
Ghetto-ZeitenEP 2,0000
EZ 4 (bewertet gem. § 15 WGSVG)EP 1,0000
Ermittlung der Auslandsrente für Deutsche und gleichgestellte Ausländer
1. Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten
1.1. Ghetto-BeitragszeitenEP 2,0000
2. Ermittlung der Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten und für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 SGB VI
Die EP sind aus der Inlandsberechnung zu nehmen
2.1 Beitragsfreie ZeitenEP 1,0000
2.2 EP (2.1) 1,0000 x EP (1.1) 2,0000 : EP (1.1) 2,0000= EP 1,0000
3. Ermittlung der Entgeltpunkte
aus 1.1EP 2,0000
aus 2.2+ EP 1,0000
GesamtentgeltpunkteEP 3,0000

Beispiel 2: Ghetto-Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 4.2)
Ghetto-ZeitenEP (Ost) 2,5000
EZ 4 (bewertet gem. § 15 WGSVG)EP 1,3000
Ermittlung der Auslandsrente für Ausländer vor dem 01.10.2013
1. Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten
1.1 Ghetto-Beitragszeiten (keine Entgeltpunkte für EZ 4)EP (Ost) 2,5000
2. Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte
Für Berechtigte, die nicht Deutsche sind, werden die persönlichen Entgeltpunkte zu 70 % berücksichtigt, das sindEP (Ost) 1,7500

Beispiel 3: Ghetto-Zeiten

(Beispiel zu Abschnitt 4.3)
Ghetto-ZeitenEP 2,0000
Reichsgebiets-BeitragszeitenEP 3,0000
EZ 4 (bewertet gemäß § 15 WGSVG)EP 4,0000
EZ 4EP 0,0500
Ermittlung der Auslandsrente nach § 18 WGSVG
1. Ermittlung der Entgeltpunkte für Beitragszeiten
1.1 Ghetto-BeitragszeitenEP 2,0000
1.2 Reichsgebiets-BeitragszeitenEP 3,0000
1.3 Gesamtentgeltpunkte5,0000
2. Ermittlung der Entgeltpunkte für beitragsfreie Zeiten und für beitragsgeminderte Zeiten gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 SGB VI
Die EP sind aus der Inlandsberechnung zu nehmen
2.1 Beitragsfreie ZeitenEP 4,0500
2.2 EP (2.1) 4,0500 x EP (1.1 + 1.2) 5,0000 : EP (1.3) 5,0000= EP 4,0500
3. Ermittlung der Entgeltpunkte
aus 1.3EP 5,0000
aus 2.2+ EP 4,0500
Gesamtentgeltpunkte= EP 9,0500

Das ZRBG vom 20.06.2002 wurde am 27.06.2002 verkündet (BGBl. I S. 2074) und ist nach seinem Art. 3 Abs. 2 rückwirkend zum 01.07.1997 in Kraft getreten.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 2 ZRBG