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§ 22 VersAusglG: Anspruch auf Ausgleich von Kapitalzahlungen

Änderungsdienst
veröffentlicht am

20.08.2019

Änderung

Ergänzung aktueller Rechtsprechung im Abschnitt 2, redaktionelle Ergänzungen in den Abschnitten 3.1 und 4

Dokumentdaten
Stand13.12.2018
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 22 VersAusglG

Version001.00

Inhalt der Regelung

§ 22 VersAusglG regelt im Rahmen des Wertausgleichs nach der Scheidung den Anspruch der ausgleichsberechtigten Person auf Ausgleich von Kapitalzahlungen, die die ausgleichspflichtige Person aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht erhält.

Hinweis:

Die Ausführungen bei Scheidung einer Ehe gelten auch bei Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (siehe GRA zu § 20 LPartG).

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 22 S. 2 VersAusglG verweist auf die allgemeinen Regelungen zum Wertausgleich nach der Scheidung in den §§ 20, 21 VersAusglG, die entsprechend anzuwenden sind.

Darüber hinaus steht § 22 VersAusglG im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG, der in bestimmten Fällen einen Wertausgleich auch für Kapitalzahlungen vorsieht.

Relevant sind weiterhin:

Allgemeines

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG werden Anrechte nach dem Betriebsrentengesetz oder dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz auch dann in den Versorgungsausgleich einbezogen, wenn sie auf eine Kapitalleistung gerichtet sind (BGH vom 16.07.2014, AZ: XII ZB 16/14, FamRZ 2014, 1613, siehe GRA zu § 2 VersAusglG, Abschnitt 4). Daher wurden die Regelungen zu schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen mit § 22 VersAusglG um diese Anrechte erweitert.

Erhält die ausgleichspflichtige Person Kapitalzahlungen aus einem noch nicht ausgeglichenem Anrecht, kann die ausgleichsberechtigte Person von dieser die Zahlung des Ausgleichswerts verlangen (§ 22 S. 1 VersAusglG).

Von einem Ausgleich nach § 22 VersAusglG können betroffen sein:

  • Anrechte, die auf Kapitalzahlungen gerichtet sind und dem Betriebsrentengesetz oder dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz unterliegen und wegen fehlender Ausgleichsreife (§ 19 VersAusglG) oder aufgrund einer Vereinbarung (§§ 6 bis 8 VersAusglG) nicht öffentlich-rechtlich ausgeglichen wurden,
  • betriebliche und private Anrechte auf Rentenbasis, die wegen fehlender Ausgleichsreife nicht öffentlich-rechtlich ausgeglichen, sondern dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten blieben und später in ein Kapitalanrecht umgewandelt wurden (BGH vom 17.10.2018, AZ: XII ZB 209/18, juris) oder
  • betriebliche Anrechte auf Rentenbasis, die nach der Ausgleichssystematik bis zum 31.08.2009 nicht oder nur teilweise öffentlich-rechtlich ausgeglichen und später in Kapitalanrechte umgewandelt wurden.

Nicht von § 22 VersAusglG erfasst werden hingegen

  • Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung (siehe Abschnitt 4),
  • Anrechte, die auf die Zahlung eines Kapitalbetrags gerichtet sind und nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen,
  • Anrechte, die deshalb nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen, weil sie vor der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung in ein Kapitalanrecht umgewandelt wurden ((BGH vom 01.04.2015, AZ: XII ZB 701/13, FamRZ 2015, 998, siehe GRA zu § 2 VersAusglG, Abschnitt 4) sowie
  • vergessene, verschwiegene oder übersehene Anrechte (BGH vom 24.07.2013, AZ: XII ZB 340/11, FamRZ 2013, 1548).

Für Kapitalleistungen gelten die §§ 20, 21 VersAusglG nicht unmittelbar, da diese eine Leistung auf Rentenbasis voraussetzen. § 22 S. 2 VersAusglG regelt daher, dass die §§ 20, 21 VersAusglG entsprechend anzuwenden sind. Die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 VersAusglG gelten demnach auch für den schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch von Kapitalleistungen (siehe Abschnitt 3). Ausgenommen davon ist § 20 Abs. 3 VersAusglG, da diese Regelung auf laufende Zahlungen zugeschnitten ist.

Die Abtretung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche nach § 21 VersAusglG dürfte regelmäßig nur für solche Ansprüche auf Kapitalleistungen in Betracht kommen, deren Auszahlung ratenweise erfolgt.

Im Übrigen gelten die Regelungen zur Geringfügigkeit nach § 18 VersAusglG (siehe § 22 S. 2 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 S. 3 VersAusglG) sowie zur Beschränkung und Wegfall des Ausgleichsanspruchs nach § 27 VersAusglG (in diesem Sinne BGH vom 19.09.2012, AZ: XII ZB 649/11, FamRZ 2013, 106 ff.; BGH vom 01.10.2014, AZ: XII ZB 635/13, FamRZ 2015, 37).

Für die Verjährung des Ausgleichsanspruchs gelten die allgemeinen Verjährungsregeln des BGB. Wurde die Kapitalleistung aus dem nicht ausgeglichenen Anrecht bereits vor Erfüllung der Fälligkeitsvoraussetzungen aufseiten der ausgleichsberechtigten Person (§ 22 S. 2 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 VersAusglG) an die ausgleichspflichtige Person ausgezahlt, richtet sich der Beginn der Verjährungsfrist nach dem Zeitpunkt, zu dem der Ausgleichsanspruch für die ausgleichsberechtigte Person fällig geworden ist.

Eine gerichtliche Entscheidung über den Ausgleichsanspruch von Kapitalzahlungen ergeht nur auf Antrag (§§ 223, 124 FamFG). Der Ausgleichsanspruch gegenüber der ausgleichspflichtigen Person kann aber auch ohne Einschaltung des Familiengerichts geltend gemacht werden.

Verstirbt ein Ehegatte, erlischt nach § 31 Abs. 3 VersAusglG auch der Ausgleichsanspruch nach § 22 VersAusglG. Soweit die Voraussetzungen vorliegen, kann sich ein Teilhabeanspruch an der Hinterbliebenenversorgung aufseiten der ausgleichsberechtigten Person gegenüber dem Versorgungsträger (§ 25 VersAusglG) oder gegenüber der Witwe oder dem Witwer der ausgleichspflichtigen Person (§ 26 VersAusglG) ergeben.

Ausgleichsansprüche nach § 22 VersAusglG sind anders als Abfindungen nach § 23 VersAusglG nicht zweckgebunden. Die Abfindung eines Anrechts nach § 22 VersAusglG ist allerdings nach Maßgabe der §§ 23, 24 VersAusglG möglich.

Anspruch auf Zahlung des Ausgleichswerts

Nach § 22 S. 1 VersAusglG ist ein Ausgleichsanspruch erst dann gegeben, wenn die ausgleichspflichtige Person Kapitalzahlungen aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht erhält (siehe Abschnitt 3.1).

Durch den Verweis in § 22 S. 2 VersAusglG ist hinsichtlich der Fälligkeitsvoraussetzungen aufseiten der ausgleichsberechtigten Person § 20 Abs. 2 VersAusglG einschlägig (siehe Abschnitt 3.2).

Der Ausgleichsanspruch der ausgleichsberechtigten Person besteht in Höhe des Ausgleichswerts (siehe Abschnitt 3.3).

Erfolgt die Auszahlung der Kapitalleistung an die ausgleichspflichtige Person in Raten, kann die ausgleichsberechtigte Person bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen die Abtretung des jeweils anteiligen Ausgleichswerts nach Maßgabe des § 21 VersAusglG von der ausgleichspflichtigen Person verlangen. Auf die Ausführungen in der GRA zu § 21 VersAusglG wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Voraussetzungen aufseiten der ausgleichspflichtigen Person

Nach dem Wortlaut in § 22 S. 1 VersAusglG kann ein Ausgleichsanspruch erst dann entstehen, wenn die ausgleichspflichtige Person Kapitalzahlungen aus einem noch nicht ausgeglichenen Anrecht tatsächlich erhalten hat. Es reicht nicht aus, wenn die ausgleichspflichtige Person lediglich die Leistungsvoraussetzungen erfüllt und somit einen fälligen Anspruch gegen den Versorgungsträger hat.

Bei dem noch nicht ausgeglichenen Anrecht muss es sich um ein solches handeln, dass nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG dem Versorgungsausgleich unterliegt und dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten wurde. In den Ausgleich nach § 22 VersAusglG sind auch solche privaten oder betrieblichen Anrechte einbezogen, die zunächst auf eine Rentenzahlung gerichtet waren, ganz oder teilweise dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten blieben und die erst nach der Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung in ein Kapitalanrecht umgewandelt wurden (siehe Abschnitt 2).

Voraussetzungen aufseiten der ausgleichsberechtigten Person

Der Ausgleichsanspruch ist nach § 22 S. 2 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 VersAusglG erst dann fällig, wenn die ausgleichsberechtigte Person

  • eine eigene laufende Versorgung bezieht oder
  • die Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erreicht hat oder
  • die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine laufende Invaliditätsversorgung erfüllt.

Auf die Ausführungen in der GRA zu § 20 VersAusglG, Abschnitt 4 wird verwiesen.

Erhält die ausgleichspflichtige Person Kapitalzahlungen im Sinne des § 22 VersAusglG bereits vor Fälligkeit des hierauf gerichteten Ausgleichsanspruchs, kann die ausgleichsberechtigte Person diesen Anspruch auch rückwirkend geltend machen. Denn anders als bei laufenden Rentenleistungen dienen Kapitalleistungen meist nicht der Bestreitung des unmittelbaren Lebensunterhalts. Zudem weiß die ausgleichspflichtige Person, dass ein Teil des ausgezahlten Kapitalbetrags der ausgleichsberechtigten Person zusteht, diese den Zahlungszeitpunkt aber nicht zwangsläufig kennt. Das Schutzbedürfnis der ausgleichsberechtigten Person an der Teilhabe am Ausgleichswert hat daher einen höheren Rang als der Vertrauensschutz der ausgleichspflichtigen Person, den gesamten Ausgleichswert behalten zu dürfen (BT-Drucksache 16/10144, S. 65).

Höhe des Ausgleichsanspruchs

Die Höhe des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich gemäß § 41 Abs. 1 VersAusglG aus dem tatsächlich gezahlten Kapitalbetrag (BT-Drucksache 16/10144, S. 65). Dabei sind auch die anteiligen Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen (§ 20 Abs. 1 S. 2 VersAusglG).

Erfolgt die Auszahlung der Kapitalleistung aus dem noch nicht ausgeglichenen Anrecht in mehreren Raten, richtet sich die Fälligkeit des Anspruchs nach diesen Teilzahlungen. Die Höhe des jeweils fälligen Teilausgleichsanspruchs bestimmt sich in diesen Fällen nach dem Verhältnis der Ratenzahlung zum gesamten Kapitalwert.

Die ausgleichsberechtigte Person kann die Abtretung des Kapitalzahlungsanspruchs der ausgleichspflichtigen Person gegen den Versorgungsträger in Höhe des geschuldeten (Teil-) Ausgleichsanspruchs verlangen. Eine Abtretung kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die ausgleichspflichtige Person die Kapitalzahlung zwar noch nicht erhalten, aber bereits einen fälligen Zahlungsanspruch – und gegebenenfalls weitere Teilzahlungsansprüche – gegen den Versorgungsträger hat.

Der Anspruch der ausgleichsberechtigten Person nach § 22 VersAusglG ist anders als bei Abfindungszahlungen nach den §§ 23, 24 VersAusglG nicht zweckgebunden.

Bezug der gesetzlichen Rentenversicherung zu der Regelung

Von der Regelung des § 22 VersAusglG ist die gesetzliche Rentenversicherung grundsätzlich nicht betroffen, da sie keine Leistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes erbringt. Darüber hinaus sind Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung generell ausgleichsreif und im Übrigen stets auf Rentenzahlungen und nicht auf Kapitalleistungen gerichtet.

Beitragserstattungen nach § 210 SGB VI oder Erstattungen von zu Unrecht entrichteten Beiträgen nach § 26 SGB IV sind keine Kapitalleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG.

Wurde ein unter § 22 VersAusglG fallendes betriebliches Anrecht bereits teilweise nach § 3 b Abs. 1 S. 1 VAHRG in der Fassung bis 31.08.2009 ausgeglichen, ist der Wert des bereits öffentlich-rechtlich erfolgten Teilausgleichs anzurechnen. Auf die GRA zu § 53 VersAusglG wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) vom 03.04.2009 (BGBl. I S. 700)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 343/08, BT-Drucksachen 16/10144, 16/11903

Artikel 1 des Gesetzes zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs (VAStrRefG) beinhaltet das Gesetz über den Versorgungsausgleich (Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG). Die Vorschrift ist Teil des Gesetzes.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 22 VersAusglG