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§ 42 FamFG: Berichtigung des Beschlusses

Änderungsdienst
veröffentlicht am

10.07.2023

Änderung

Die GRA wurde im Abschnitt 3, 4 und 6 inhaltlich und redaktionell ergänzt.

Dokumentdaten
Stand26.06.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-Reformgesetz) vom 17.12.2008 in Kraft getreten am 01.09.2009
Rechtsgrundlage

§ 42 FamFG

Version002.00

Inhalt der Regelung

§ 42 FamFG sieht eine Berichtigungsmöglichkeit für in Beschlüssen enthaltene offenbare Unrichtigkeiten vor.

Absatz 1 bestimmt, dass offenbare Unrichtigkeiten in Beschlüssen jederzeit auch von Amts wegen berichtigt werden können.

Absatz 2 regelt die Formalien für Berichtigungsbeschlüsse.

Nach Absatz 3 ist gegen einen vom Familiengericht zurückgewiesenen Berichtigungsantrag ein Rechtsbehelf nicht möglich. Ergangene Berichtigungsbeschlüsse können mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO angefochten werden.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Die Beschlussberichtigung ist sowohl in § 42 FamFG als auch in dem inhaltsgleichen § 319 ZPO geregelt.

Welche der beiden Vorschriften anzuwenden ist, hängt von der jeweiligen Familiensache (§ 111 FamFG) ab. Nach § 113 Abs. 1 FamFG ist die Anwendung des § 42 FamFG in Ehesachen nach § 121 FamFG (zum Beispiel Scheidungssachen) und Familienstreitsachen nach § 112 FamFG ausgeschlossen. In diesen Fällen richtet sich die Berichtigung von Beschlüssen nach § 319 ZPO.

In allen übrigen Familiensachen, wie zum Beispiel in Versorgungsausgleichssachen, ist § 42 FamFG die maßgebende Berichtigungsvorschrift. Dies gilt nicht nur in selbständigen Verfahren (zum Beispiel Abänderungsverfahren), sondern auch, wenn das Familiengericht im Verbund über eine Ehesache (zum Beispiel Scheidungssache) und die einzelnen Folgesachen entscheidet.

Allgemeines

§ 42 FamFG enthält eine Korrekturmöglichkeit für offenbare Unrichtigkeiten in Beschlüssen wie zum Beispiel Schreib- oder Rechenfehler.

Nach dieser Vorschrift kann jeder Beschluss in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit (zum Beispiel in einer Versorgungsausgleichssache) berichtigt werden. Dies betrifft unter anderem Beschlüsse über den Wertausgleich bei der Scheidung, Ausgleichsansprüche nach der Scheidung, oder über die Anpassung wegen Unterhalt nach § 33 VersAusglG sowie den Berichtigungsbeschluss selbst. Berichtigt werden kann in allen Instanzen - vom Amtsgericht bis hin zum BGH.

Die Berichtigung nach § 42 FamFG kann außerhalb eines förmlichen Beschwerdeverfahrens nach den §§ 58 FamFG ff.erfolgen. Fristen sind nicht zu beachten. Möglich ist die Berichtigung sowohl von Amts wegen als auch auf Antrag eines Beteiligten (vergleiche Abschnitt 3.2; zum Beteiligtenbegriff siehe GRA zu § 219 FamFG).

Berichtigung von Beschlüssen durch das Familiengericht (Absatz 1)

Nach § 42 FamFG können ausschließlich offenbare Unrichtigkeiten in Beschlüssen korrigiert werden. Andere Fehlerkorrekturen sind nach dieser Vorschrift nicht möglich. In § 42 Abs. 1 FamFG sind beispielhaft Rechen- und Schreibfehler genannt, die das Familiengericht jederzeit berichtigen kann. In welchen Fällen zum Beispiel eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt, ergibt sich aus Abschnitt 3.1. Weitere Einzelheiten zur Einleitung und Durchführung eines Verfahrens zur Berichtigung eines Beschlusses sind in Abschnitt 3.2 beschrieben.

Offenbare Unrichtigkeit

Eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 42 FamFG liegt immer dann vor, wenn zwischen dem Willen des Gerichts und dem Ausdruck, den er gefunden hat, eine versehentliche Abweichung besteht. Dabei muss es sich um einen bei vernünftiger Überlegung „auf der Hand“ liegenden Irrtum handeln (BGH vom 17.02.1993, AZ: XII ARZ 2/93, NJW RR 1993, 700 zu § 319 ZPO). „Offenbar“ ist eine Unrichtigkeit, wenn sie bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung klar erkennbar ist, und zwar nicht nur für den Rechtskundigen (BGH vom 26.06.2006, AZ: II ZR 43/05, NJW 2007, 518; BGH vom 29.01.2014, AZ: XII ZB 372/13, FamRZ 2014, 653). Nicht erforderlich ist, dass die Unrichtigkeit auf den ersten Blick ersichtlich ist. „Offenbar" sind danach auch Rechenfehler, die erst durch sorgfältiges Nachrechnen, welches über die vier Grundrechenoperationen hinausreicht, feststellbar sind (BGH vom 09.11.1994, AZ: XII ZR 184/93, FamRZ 1989, 263). Lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, dass die Beschlussformel den tatsächlichen Entscheidungswillen des Gerichts nur versehentlich unvollkommen wiedergibt, scheidet eine Beschlussberichtigung nach § 42 Abs. 1 FamFG aus.

Eine offenbare Unrichtigkeit liegt zum Beispiel vor, wenn das Familiengericht in der Beschlussformel versehentlich die zu übertragenden Entgeltpunkte in unrichtiger Höhe genannt hat, aus den Entscheidungsgründen die zutreffende Anzahl der Entgeltpunkte aber eindeutig hervorgeht.

Das Gleiche gilt für den Fall, dass in der Beschlussformel der Zusatz (Ost) für die zu übertragenden Entgeltpunkte fehlt, obwohl nach den Entscheidungsgründen ausschließlich Entgeltpunkte (Ost) auszugleichen sind.

Denkbar wäre auch, dass in der Beschlussformel versehentlich DM-Beträge anstelle von Euro-Beträgen genannt wurden oder umgekehrt, in den Entscheidungsgründen aber die zutreffenden Beträge genannt sind.

Eine fehlerhafte Willensbildung des Gerichts darf dagegen nur durch ein statthaftes Rechtsmittel (Beschwerde) korrigiert werden.

Es handelt sich daher beispielsweise nicht um eine offenbare Unrichtigkeit, wenn das Familiengericht sowohl in der Beschlussformel als auch in den Entscheidungsgründen eine falsche Ausgleichsform (zum Beispiel externe Teilung statt interne Teilung) oder unzutreffende Werte (zum Beispiel Entgeltpunkte) genannt hat.

Unzulässig ist auch die Berichtigung der Verfahrensbeteiligten, wenn nicht nur die versehentlich falsche Bezeichnung eines Beteiligten korrigiert, sondern ein bisher Unbeteiligter einbezogen werden soll. In derartigen Fällen ist jedoch eine Fehlerkorrektur im Beschwerdeverfahren möglich. Daher liegt zum Beispiel ein Beschwerdegrund vor, wenn in der Beschlussformel der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ein unzuständiger Rentenversicherungsträger genannt wird (siehe GRA zu § 59 FamFG, Abschnitt 6.1).

Auch ein von den Beteiligten nicht angegebenes Anrecht kann nicht nach § 42 FamFG ausgeglichen werden, da eine offenbare Unrichtigkeit nicht vorliegt (Beschluss des OLG Nürnberg vom 15.04.2014, AZ: 7 UF 1115/13). Eine Berichtigung scheidet ebenfalls aus, wenn das Gericht in seiner Entscheidung ein vorhandenes Anrecht übersieht und dessen Ausgleich vergisst (Beschluss des OLG Brandenburg vom 27.12.2022, AZ: 13 UF 178/22, NZFam 2023, 274).

Zeitlich unbegrenzte Berichtigung von Amts wegen und auf Antrag

Stellt sich der im Beschluss enthaltene Fehler eindeutig als offenbare Unrichtigkeit dar, kann das Familiengericht die Entscheidung jederzeit berichtigen. Die Berichtigung ist im laufenden Rechtsmittelverfahren und auch noch nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses möglich. Das Familiengericht kann die Berichtigung von Amts wegen oder auf Antrag vornehmen.

Für Anträge auf Berichtigung nach § 42 FamFG ist das Familiengericht, das den Beschluss erlassen hat, zuständig. Dies gilt auch dann, wenn bereits ein Beschwerdeverfahren anhängig ist. Die Berichtigung von Beschlüssen der zweiten Instanz ist beim zuständigen Oberlandesgericht beziehungsweise beim Kammergericht Berlin zu beantragen.

Eine Bagatellgrenze gilt für die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach § 42 FamFG nicht. Allerdings sollte vorher geprüft werden, ob ein Berichtigungsantrag unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten auch zweckmäßig ist. Es bestehen keine Bedenken von fehlender Zweckmäßigkeit auszugehen, wenn die offenbare Unrichtigkeit nur einen Kleinstbetrag (weniger als 1,00 EUR) betrifft.

Berichtigungsantrag oder Beschwerde

Bestehen Zweifel, ob es sich bei dem Fehler in einem Beschluss um eine offenbare Unrichtigkeit handelt, ist - bei Vorliegen eines entsprechenden Beschwerdegrundes und Überschreitung der Bagatellgrenze - zur Vermeidung des Fristablaufs Beschwerde beim Familiengericht einzulegen, das den Beschluss erlassen hat (siehe GRA zu § 58 FamFG). In diesem Fall hat das Gericht zu entscheiden, ob es den Beschluss berichtigen kann oder ein Beschwerdeverfahren durchzuführen ist.

Es ist nicht möglich, eine Berichtigung des familiengerichtlichen Beschlusses zu beantragen und „hilfsweise“ Beschwerde“ einzulegen, da es sich in diesem Fall um eine unzulässige, weil „bedingte“ Beschwerdeeinlegung handeln würde (Beschluss des OLG Nürnberg vom 26.03.2014, AZ: 11 UF 1513/13, NZFam 2014, 466). Umgekehrt wäre aber eine Beschwerdeeinlegung zulässig, in der „hilfsweise“ die Berichtigung beantragt wird. Ergeht ein Berichtigungsbeschluss (§ 42 FamFG) im Sinne des gestellten Beschwerdeantrags und wird dieser rechtskräftig, liegt eine Beschwer nicht mehr vor. In diesem Fall ist die Beschwerde durch den Beschwerdeführer zurückzunehmen.

Ein (ausdrücklich) gestellter Berichtigungsantrag nach § 42 FamFG kann auch nicht als Beschwerde (§ 64 Abs. 2 Satz 3 FamFG) ausgelegt oder umgedeutet werden (Beschluss des OLG Hamm vom 01.06.2015, AZ: 5 UF 36/15, NZFam 2015, 772).

Berichtigungsverfahren beim Gericht (Absatz 2)

Die Entscheidung über die Berichtigung ergeht durch Beschluss (§ 38 FamFG) des Gerichts, das den zu berichtigenden Beschluss erlassen hat. Dabei ist es dem Gericht freigestellt, ob es eine mündliche Verhandlung anberaumt. Das Gericht muss seinen Beschluss kurz begründen (§ 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG).

Die Berichtigung muss auf dem berichtigten Beschluss sowie dessen Ausfertigungen vermerkt werden (§ 42 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Beide Beschlüsse können miteinander verbunden werden. Bereits bekannt gegebene Ausfertigungen oder Abschriften des unrichtigen Beschlusses werden an die Geschäftsstelle des Familiengerichts zurückgesandt, damit sie miteinander verbunden oder mit einem Vermerk versehen werden. Erfolgt dies nicht, wird der Berichtigungsbeschluss dennoch wirksam.

In § 42 Abs. 2 Sätze 2 und 3 FamFG sind die Formalien bei elektronischen Beschlüssen geregelt. Derartige Beschlüsse sind in einem elektronischen Dokument festzuhalten, das mit dem Beschluss unmittelbar zu verbinden ist.

Beachte: Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten dürfen nur durch das Gericht, nicht aber durch den Rentenversicherungsträger oder Versorgungsträger berichtigt werde

Ist ein Beschluss berichtigt worden, muss diese Tatsache mit dem Datum des Berichtigungsbeschlusses vermerkt werden. Der Berichtigungsvermerk ist sowohl auf der Urschrift als auch auf den Ausfertigungen anzubringen. Auf der Urschrift kann dazu der Berichtigungsbeschluss auf den zu berichtigenden Beschluss selbst gesetzt oder mit ihm verbunden werden. Bereits erteilte Ausfertigungen des unrichtigen Beschlusses müssen an den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zurückgesandt werden, damit sie mit einem Vermerk versehen werden können. Der Berichtigungsbeschluss ist allerdings auch ohne den Vermerk wirksam.

Für den Fall, dass der Berichtigungsbeschluss als elektronisches Dokument ergeht, ist ein gesondertes elektronisches Dokument zu erstellen, das mit dem Beschluss untrennbar zu verbinden ist. Rechtlich ausgeschlossen ist damit die Veränderung des elektronischen Dokuments, das die ursprüngliche Beschlussfassung enthält.

Rechtsmittel gegen Berichtigungsbeschlüsse (Absatz 3)

Für die Zulässigkeit der Einlegung eines Rechtsmittels kommt es darauf an, ob das Familiengericht den Berichtigungsantrag zurückweist oder einen Berichtigungsbeschluss erlässt.

Beschlüsse über die Zurückweisung eines Berichtigungsantrags

Hat das Familiengericht einen Berichtigungsantrag zurückgewiesen, weil es sich zum Beispiel bei dem im Beschluss enthaltenen Fehler nicht um eine offenbare Unrichtigkeit, sondern um einen Fehler in der Willensbildung des Gerichts handelt, ist ein Rechtsmittel gegen den Zurückweisungsbeschluss nicht zulässig. Eine Korrektur dieses Fehlers wird wegen Fristablaufs regelmäßig auch nicht mehr durch Beschwerdeeinlegung nach §§ 58 ff. FamFG möglich sein.

Beschlüsse mit erfolgter Berichtigung

Gegen Berichtigungsbeschlüsse des Familiengerichts ist die sofortige Beschwerde nach §§ 567 bis 572 ZPO zulässig. Die sofortige Beschwerde muss innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen eingelegt werden. Sie beginnt grundsätzlich mit der Bekanntgabe des Berichtigungsbeschlusses (§ 569 Abs. 1 ZPO, siehe auch § 42 Abs. 3 Satz 2 FamFG).

Ein Grund für die Einlegung einer sofortigen Beschwerde liegt vor, wenn die Entscheidung über den Versorgungsausgleich in fehlerhafter Weise berichtigt wurde, sodass die berichtigte Entscheidung nicht der Sach- und Rechtslage entspricht.

Gegen den Berichtigungsbeschluss eines Oberlandesgerichts/des Kammergerichts Berlin ist ein Rechtsmittel regelmäßig nicht möglich (BGH vom 10.05.1989, AZ: IVa ZB 27/88, NJW 1989, 2625).

Wirkung von Berichtigungsbeschlüssen

Mit Erlass des Berichtigungsbeschlusses nach § 42 FamFG tritt die berichtigte Fassung an die Stelle der bisherigen Fassung des Beschlusses - bezogen auf den Verkündungszeitpunkt. Sie ist so zu behandeln, als hätte sie von Anfang an bestanden (BGH vom 09.12.1992, AZ: XII ZB 114/92, FamRZ 1993, 690).

Der Eintritt der Rechtskraft eines Berichtigungsbeschlusses verschiebt daher nicht den Rechtskrafttermin der berichtigten Entscheidung.

Die Berichtigung wirkt vielmehr auf die berichtigte Entscheidung zurück, sodass es für die leistungsrechtlichen Auswirkungen allein darauf ankommt, wann die berichtigte Entscheidung wirksam geworden ist.

Die Kenntnis über die Wirksamkeit von Berichtigungsbeschlüssen ist lediglich aus Gründen der Rechtssicherheit von Bedeutung.

Ausnahmsweise kann eine Beschwerdeeinlegung noch nach erfolgter Berichtigung in Betracht kommen. Zwar wirkt sich der Berichtigungsbeschluss auf den Lauf der Rechtsmittelfristen grundsätzlich nicht aus, weil es hierfür auf die Zustellung des ursprünglichen Beschlusses ankommt. Ist die Beschwer jedoch erstmals nach der erfolgten Berichtigung erkennbar, beginnt die Rechtsmittelfrist ausnahmsweise erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses (BGH vom 09.11.2016, AZ: XII ZB 275/15, FamRZ 2017, 225).

FGG-Reformgesetz (FGG-RG) vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2585)

Inkrafttreten: 01.09.2009

Quellen zum Entwurf: BR-Drucksache 617/08; BT-Drucksache 16/6308

Artikel 1 des Gesetzes zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) beinhaltet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG). § 42 FamFG entspricht inhaltlich § 319 ZPO, der in Ehesachen und Familienstreitsachen anzuwenden ist (§ 113 Abs. 1 FamFG).

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 42 FamFG