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Art. 4 DPRA: Leistungspflichtiger Versicherungsträger und Berücksichtigung von Versicherungszeiten

Änderungsdienst
veröffentlicht am

12.11.2019

Änderung

In der GRA wurden redaktionelle Anpassungen vorgenommen.

Dokumentdaten
Stand17.08.2017
Rechtsgrundlage

Art. 4 DPRA

Version002.01

Inhalt der Regelung

Art. 4 DPRA 1975 regelt als zentrale Vorschrift des Abkommens die Rentenansprüche nach dem Eingliederungsprinzip.

Nach Absatz 1 ist allein der Versicherungsträger des Wohnsitzstaates zur Rentenfeststellung und Rentenzahlung verpflichtet.

Absatz 2 bestimmt, dass bei der Rentenfeststellung der Versicherungsträger des Wohnsitzstaates die Zeiten im anderen Staat so berücksichtigt, als ob sie in seinem Gebiet zurückgelegt worden wären.

Absatz 3 schließt einen Rentenanspruch gegenüber dem anderen Vertragsstaat aus, in dem der Berechtigte sich nicht gewöhnlich aufhält.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

Bei der Anwendung des DPRA 1975 und des ZustG sind die folgenden, für die Durchführung erlassenen Vorschriften zu berücksichtigen:

  • die Durchführungsvereinbarung (DV) vom 11.01.1977 (BGBl. II 1977 S. 585),
  • die Gemeinsame Erklärung (GE) vom 19.12.1995 und
  • die Verwaltungsvereinbarung (VV) vom 20.09.1977.

Weitere ergänzende Bestimmungen für die Anwendung des Art. 4 DPRA 1975 sind:

  • Art. 1 Nr. 2 DPRA 1975 und Art. 1a Zustimmungsgesetz zum DPRA 1975 (ZustG) enthalten Definitionen zum gewöhnlichen Aufenthalt.
  • Art. 2 ZustG zum DPRA 1975 enthält nähere Bestimmungen zur Eingliederung der polnischen Zeiten.
  • Art. 27 Abs. 2 bis  4 DPSVA 1990 (die wie das DPRA 1975 auch unter der Geltung des Europarechts weiterhin anwendbar sind) grenzen den Anwendungsbereich des DPRA 1975 und damit auch die einzugliedernden Zeiten ein und bekräftigen das Wohnsitzprinzip.

Anwendungsbereich

Das DPRA 1975 ist auch nach dem Beitritt Polens zur EU weiterhin anwendbar (siehe Abschnitt 6.1). Dies gilt sowohl für den zur Leistung verpflichteten Versicherungsträger und die von ihm vorzunehmende Eingliederung der Zeiten im anderen Staat als auch für den von der Leistungspflicht befreiten Versicherungsträger.

Auch wenn der Zuzugsstichtag (31.12.1990 beziehungsweise 30.06.1991) für die Anwendung des DPRA 1975 inzwischen seit langem verstrichen ist, können Rentenansprüche auf der Grundlage von Art. 4 DPRA 1975 auch in Zukunft noch erstmalig entstehen.

Angesichts der bis zum Zuzugsstichtag recht eindeutigen Wanderungsrichtung werden in dieser Gemeinsamen Rechtlichen Anweisung in erster Linie die Voraussetzungen für die Eingliederung polnischer Versicherungszeiten bei der Gewährung deutscher Renten beschrieben. Die Rentengewährung und Eingliederung der Zeiten gilt aber jeweils spiegelbildlich sowohl für Deutschland als auch für Polen.

Leistungspflicht

Im Rahmen des DPRA 1975 ist grundsätzlich nur ein Versicherungsträger zur Rentengewährung verpflichtet, und zwar der, in dessen Gebiet der Berechtigte wohnt beziehungsweise sich gewöhnlich aufhält. Diese Verpflichtung gilt aber nur im Rahmen der für ihn geltenden Vorschriften und so lange, wie der gewöhnliche Aufenthalt beibehalten wird.

In den folgenden Abschnitten werden für die deutsche Seite beschrieben:

  • die allgemeinen Voraussetzungen für die Leistungspflicht (Abschnitt 3.1),
  • die anzuwendenden Rechtsvorschriften für den Rentenanspruch (Abschnitt 3.2),
  • die Voraussetzungen für den Fortbestand der Leistungspflicht (Abschnitt 3.3) und
  • die Folgen der Beendigung der Leistungspflicht (Abschnitt 3.4).

Wie die polnischen Versicherungszeiten im Rahmen des deutschen Rentenanspruchs zu berücksichtigen sind, ist im Abschnitt 4 erläutert.

Allgemeine Voraussetzungen

Der deutsche Versicherungsträger ist nur dann leistungspflichtig, wenn sich der Berechtigte gewöhnlich in Deutschland aufhält.

Entsprechend den allgemeinen Bedingungen für das DPRA 1975 (Art. 27 DPSVA 1990) muss der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland ununterbrochen seit mindestens 31.12.1990 bestehen. Nur in den Ausnahmefällen des Art. 27 Abs. 3 und 4 DPSVA 1990 verschiebt sich der Stichtag auf den 30.06.1991.

Seit 01.07.1990 definiert Art. 1a ZustG zum DPRA 1975 den Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ergänzend zu Art. 1 Nr. 2 DPRA 1975 klarstellend als „unbefristet rechtmäßig". Unter welchen Voraussetzungen abkommensberechtigte Personen ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Sinne in Deutschland haben, ist der GRA zu Art. 1a ZustG zu entnehmen.

Bei der Prüfung des Aufenthalts ist auf den jeweiligen Berechtigten abzustellen. Das kann dazu führen, dass beim Wechsel des Berechtigten (von der Versicherten- zur Hinterbliebenenrente) auch ein Wechsel des leistungspflichtigen Versicherungsträgers eintreten kann.

Sind mehrere Hinterbliebene vorhanden, die in unterschiedlichen Vertragsstaaten wohnen oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten zugezogen sind, können auch unterschiedliche Versicherungsträger leistungspflichtig sein. Nur diejenigen Hinterbliebenen können einen Rentenanspruch nach dem DPRA 1975 gegen den deutschen Versicherungsträger geltend machen, die in Deutschland wohnen und rechtzeitig zugezogen sind.

Anzuwendende Vorschriften

Der zur Leistung verpflichtete Versicherungsträger des Wohnstaates hat die Gewährung der Renten nach seinen Vorschriften vorzunehmen.

Das bedeutet, dass sich Rentenart, der Eintritt des Rentenfalles, die erforderliche Wartezeit, der Rentenbeginn und die Rentenberechnung nach seinem innerstaatlichen Recht bestimmen. Bei einem Aufenthalt in Deutschland sind dies in erster Linie die Vorschriften des SGB VI und FRG.

Bei der Anspruchsprüfung sind die polnischen Versicherungszeiten zu berücksichtigen (siehe Abschnitt 4). Der Anspruch kann allein mit den polnischen Zeiten begründet werden; es müssen keine deutschen Versicherungszeiten vorhanden sein.

Die Tatsache, dass einem Berechtigten im anderen Vertragsstaat (Polen) gegebenenfalls bereits (gleichartige) Rentenleistungen nach dortigen Vorschriften zuerkannt wurden, ist unerheblich. Eine „automatische" Weiterzahlung einer im anderen Vertragsstaat bezogenen fremden Rente sieht das DPRA 1975 nicht vor.

Die Prüfung kann zur Folge haben, dass nach den Vorschriften des Wohnstaates kein Anspruch besteht, obwohl im anderen Vertragsstaat bereits ein Anspruch bestand oder bei dortigem Wohnsitz bestehen würde.

Dauer der Leistungspflicht

Der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland muss nicht nur für die Feststellung der Leistungspflicht geprüft werden, sondern er muss während der gesamten Dauer der Rentengewährung beibehalten werden. Dies ergibt sich sowohl aus Art. 4 Abs. 3 S. 1 DPRA 1975 als auch aus Art. 27 Abs. 2 DPSVA 1990, der die generellen Voraussetzungen für die Anwendung des DPRA 1975 bestimmt.

Ende der Leistungspflicht

Wird der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland aufgegeben, endet die Leistungspflicht des deutschen Versicherungsträgers nach Art. 4 DPRA 1975 mit Ablauf des Monats, in dem der gewöhnliche Aufenthalt aufgegeben wird. Der Verlust der Ansprüche nach dem DPRA 1975 kann auch nicht durch einen erneuten Zuzug rückgängig gemacht werden.

In einem solchen Fall wechselt die Zuständigkeit bei den Regionalträgern zu dem für den neuen Wohnsitzstaat als Verbindungsstelle bestimmten Träger (im Verhältnis zu Polen zur Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg) (§ 128 Abs. 3 SGB VI). Siehe auch GRA zu § 128 SGB VI, Abschnitt 3.

Die Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in das Ausland stellt eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne von § 48 SGB X dar. Auf der Grundlage des DPRA 1975 erlassene Rentenbescheide müssen daher im Falle eines Verzuges unter Umständen nach § 48 SGB X aufgehoben werden, weil sie erst dadurch ihre Wirksamkeit verlieren.

Eine Bescheidaufhebung nach § 48 SGB X ist immer dann erforderlich, wenn durch die Änderung in den Verhältnissen der Verwaltungsakt selbst rechtswidrig geworden ist. Wirkt sich die Änderung dagegen nur auf dessen Begründung aus, ist keine Bescheidaufhebung erforderlich beziehungsweise zulässig; es genügt die Anpassung der Begründung.

Im Rentenbescheid stellen (neben der möglicherweise eigenständigen Anerkennung von Zeiten auf der Anlage zum Rentenbescheid) nur die Regelungen zu Art, Beginn und Höhe der Rente den Verwaltungsakt dar. Die Aussage, dass die Rentenfeststellung nach dem DPRA 1975 erfolgt, sowie die Kennzeichnung der Zeiten im Versicherungsverlauf sind dagegen nur Begründungen.

Im Zusammenhang mit der Anerkennung von Abkommenszeiten nach dem DPRA 1975 gehören zum Verwaltungsakt die Feststellung

  • des Zeitraums,
  • der Zeitenart (Beitragszeiten nach § 15 FRG oder Beschäftigungszeit nach § 16 FRG),
  • des Beweisgrades (Nachweis oder Glaubhaftmachung beziehungsweise Vollanrechnung oder 5/6-Kürzung),
  • der Einstufungsmerkmale (Leistungsgruppen beziehungsweise Qualifikationsgruppen und Wirtschaftsbereiche, Teilzeitfaktor) und
  • der sich daraus ergebenden zuzuordnenden Entgelte.

Kein Verwaltungsakt, sondern nur Begründung ist dagegen auch hier die Aussage, dass die Anerkennung nach dem DPRA 1975 erfolgt. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anerkennung in einem Herstellungsbescheid oder auf der Anlage zum Rentenbescheid erfolgte.

Bescheidaufhebungen wegen der Beendigung des DPRA 1975 infolge eines Auslandsverzuges sind deshalb nicht in jedem Fall erforderlich; entscheidend ist, ob und in welchem Ausmaß die Abkommenszeiten im Einzelfall durch FRG-Zeiten ersetzt werden können.

Eine Aufhebung der bisherigen Anerkennung der Zeiten ist erforderlich, wenn und soweit

  • keine FRG-Zeiten berücksichtigt werden können (insbesondere bei fehlender FRG-Berechtigung) oder
  • FRG-Zeiten nicht in gleicher Weise wie die Abkommenszeiten anerkannt werden können (betrifft frühere Anerkennungen nach der Rechtslage vor dem 01.07.1990).

Keiner Aufhebung der bisherigen Anerkennung der Zeiten bedarf es, wenn die FRG-Zeiten in gleicher Weise wie die Abkommenszeiten anerkannt werden können.

Eine Aufhebung des bisherigen Rentenbescheides ist erforderlich, wenn (mangels verbleibender Zeiten) der Rentenanspruch entfällt. Eine Aufhebung des bisherigen Rentenbescheides ist ferner erforderlich, wenn sich die Rentenhöhe ändert, weil

  • FRG-Zeiten gar nicht oder nicht in gleicher Weise wie die Abkommenszeiten anerkannt werden können oder
  • trotz gleichartiger FRG-Zeiten deren Entgeltpunkte nach § 22 Abs. 4 FRG abgesenkt werden (betrifft regelmäßig die Fälle mit einem Rentenbeginn ab 01.10.1996).

Keiner Aufhebung des bisherigen Rentenbescheides bedarf es, wenn die FRG-Zeiten zur gleichen Rentenhöhe wie die Abkommenszeiten führen.

Auch in den Fällen, in denen (bezüglich der Anerkennung der Zeiten oder der Rentenbewilligung) eine Bescheidaufhebung nicht erforderlich ist, müssen die Betroffenen aber über

  • die Änderungen (Beendigung der Anwendung des DPRA 1975 wegen des Auslandsverzuges) und
  • deren Auswirkungen (Ersatz der Abkommenszeiten durch FRG-Zeiten, gleicher Rentenbetrag, Mitteilungspflicht zum Bezug einer ausländischen Rente im Hinblick auf § 31 FRG)

informiert werden.

Dies kann durch einen neuen Herstellungs- beziehungsweise Rentenbescheid mit entsprechender Begründung geschehen.

Gleichzeitig mit dem Wegfall des Anspruchs nach dem DPRA 1975 ist zu prüfen, ob die innerstaatlichen Regelungen des Fremdrentenrechts einen weiteren Rentenanspruch ermöglichen.

Darüber hinaus sind (sofern auch deutsche Versicherungszeiten vorhanden sind) die polnischen Versicherungszeiten nach dem über- und zwischenstaatlichen Recht für die Prüfung des Rentenanspruchs und gegebenenfalls für die Berechnung heranzuziehen. Rechtsgrundlagen hierfür bilden bis zum 30.04.2004 das DPSVA 1990 sowie ab 01.05.2004 das Europarecht.

Der polnische Träger ist frühzeitig, unter Beifügung entsprechender sachdienlicher Unterlagen, über den Verzug der Berechtigten zu informieren.

In den Fällen, in denen es auch nach dem Verzug der Berechtigten zu einer Rentenzahlung des deutschen Trägers in das Ausland kommt, ist das zwischenstaatliche Rentenverfahren beim polnischen Träger einzuleiten. Eine gesonderte Antragstellung der Berechtigten beim polnischen Träger ist nicht erforderlich.

Kommt es hingegen nicht zu einer Rentenzahlung des deutschen Trägers in das Ausland, müssen die Berechtigten selbst einen Rentenantrag beim polnischen Träger stellen. Hierüber sind die Berechtigten so frühzeitig wie möglich zu informieren (siehe TOP 7 {PL} der Verbindungsstellenbesprechung 05/2008).

Berücksichtigung von Versicherungszeiten

Nach Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975 hat der leistungspflichtige Versicherungsträger des Wohnsitzstaates die im anderen Staat erworbenen Versicherungszeiten nach seinen Rechtsvorschriften für die Anspruchsprüfung und die Rentenberechnung so zu berücksichtigen, als ob sie im Wohnsitzstaat zurückgelegt worden wären.

Die Berücksichtigung polnischer Abkommenszeiten in einer deutschen Rente erfolgt in zwei Schritten:

  • Im „ersten Schritt“ ist nach den polnischen Rechtsvorschriften festzustellen, welche Versicherungszeiten in Polen entstanden sind und vom DPRA 1975 erfasst werden (abkommensrelevant sind).
    Dies umfasst eine territoriale Prüfung (siehe Abschnitt 4.1) sowie die Prüfung der im Einzelnen vom DPRA 1975 erfassten polnischen Zeiten (siehe Abschnitt 4.2).
  • Im „zweiten Schritt“ ist nach den deutschen Vorschriften zu prüfen, ob, in welchem Umfang und in welcher Art die polnischen Zeiten eingegliedert werden können (siehe Abschnitt 4.3).

Zeiten „im anderen Staat“ (Polen)

Das DPRA 1975 enthält selbst keine Definition darüber, was unter „Zeiten im anderen Staat“ zu verstehen ist.

Ausgehend von der durch frühere mehrfache Grenzverschiebungen auch in der Rentenversicherung entstandenen komplexen rechtlichen Situationen können nicht alle auf dem heutigen Gebiet Polens zurückgelegten Zeiten, die nach dem innerstaatlichen polnischen Recht relevant sind, als Zeiten „im anderen Staat“ angesehen werden.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit seinen Urteilen vom 21.06.1989, AZ: 1 RA 53/88, und vom 07.09.1989, AZ: 5/4a RJ 83/87, zur Auslegung des Begriffs „Zeiten im anderen Staat“ eine ständige Rechtsprechung geschaffen und ist damit gleichzeitig von der früheren Entscheidung des 11a-Senats vom 25.11.1986, AZ: 11a RA 58/85, abgerückt.

Danach ist für die Auslegung des Begriffs „Zeiten im anderen Staat“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DPRA 1975 nicht allein auf den Gebietsstand bei Vertragsabschluss (09.10.1975), sondern auf den jeweiligen Gebietsstand während der Zurücklegung der früheren Zeiten abzustellen. Grundlage dessen ist schon der Wortlaut der Vorschrift, der nicht Zeiten „im Gebiet des anderen Staates“, sondern Zeiten „im anderen Staat“ erfasst und damit dem Sinn und Zweck des Abkommens entsprechend nicht auf die räumlich-politische Situation im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern auf die völkerrechtlich-historische Zugehörigkeit eines Gebietes zum anderen Staat während der Zurücklegung einer Zeit abstellt.

Territoriale Besonderheiten

Unter Berücksichtigung der oben angeführten Rechtsprechung sind bei den polnischen Zeiten folgende Besonderheiten zu beachten:

Bei der (Wieder-)Errichtung des polnischen Staates (November 1918) gingen in den ehemals deutschen Gebieten die Hoheitsrechte und andere gesetzliche Regelungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten auf den polnischen Staat über. Rentenrechtliche Zeiten „im anderen Staat“ können in diesen Gebieten daher erst von bestimmten Stichtagen an zurückgelegt sein. Dies sind der

01.01.1919in Posen,
01.01.1920in Westpreußen, Süd-Ostpreußen sowie Teilen von Brandenburg, Pommern und Niederschlesien,
15.06.1922in Ost-Oberschlesien.

Während des 2. Weltkrieges war Polen von Deutschland besetzt und Teile wurden dem Deutschen Reich eingegliedert. Dennoch blieb der völkerrechtliche Status von Polen erhalten, sodass die im vorherigen polnischen Staatsgebiet zurückgelegten Zeiten weiterhin als Zeiten „im anderen (polnischen) Staat“ zu behandeln sind.

Sind jedoch aufgrund von reichsrechtlichen Vorschriften deutsche Beitragszeiten zurückgelegt worden, sind diese nach Art. 2 Abs. 2 ZustG vorrangig anzurechnen.

Als Folge des 2. Weltkrieges wurden die östlichen Teile Polens an die UdSSR abgetreten. Sie können bis zum Zeitpunkt vor der Festlegung der polnisch-sowjetischen Grenze (22.07.1944) als Zeiten „im anderen (polnischen) Staat“ berücksichtigt werden. Hierzu gehören die Gebiete von Wilna, Molodeczno, Lida, Grodno, Wolkowysk, Baranowicze, Slonim, Brest-Litowsk, Luniniec, Pinsk, Kowel, Sarny, Luck, Rowne, Soka, Lemberg, Tarnopol, Drohobycz, Turka, Stryj, Stanislau, Kolomyjal. In der Folgezeit sind sie nicht mehr als Gebiete im polnischen Staat anzusehen.

Die in den erworbenen deutschen Gebieten (zum Beispiel Schlesien, Pommern, Ostpreußen) zurückgelegten Zeiten sind ab Kriegsende als Zeiten „im anderen (polnischen) Staat“ anzusehen.

Zeiten in den westlich der Oder gelegenen und völkerrechtlich zunächst noch nicht zu Polen gehörenden Gebieten der ehemaligen DDR (Ortschaften Pölitz, Neuwarp, Swinemünde, Odermünde) sind erst ab 01.03.1951 als Zeiten in Polen zu berücksichtigen.

Nicht zu den (polnischen) Zeiten „im anderen Staat“ gehören:

  • Zeiten im ehemaligen Deutschen Reich in den Grenzen vom 31.12.1937 (zum Beispiel Schlesien, Pommern, Ostpreußen) bis Kriegsende 1945.
  • Zeiten in der Freien Stadt Danzig bis Kriegsende 1945.
    Die früher vertretene Auffassung, dass sich die Anwendung des DPRA 1975 auch auf Danziger Zeiten vom 10.01.1920 bis 31.12.1939 erstreckt, wurde aufgrund der BSG-Rechtsprechung aufgegeben. Soweit in der Vergangenheit Danziger Zeiten bis 31.12.1939 nach dem DPRA 1975 anerkannt wurden, hat es dabei sein Bewenden. Von einer Rücknahme entsprechender Bescheide nach § 45 SGB X kann schon im Wege des Ermessens abgesehen werden.
  • Zeiten im Olsa-Gebiet (westlichen Teil des Stadt- und Landkreises Teschen bis Dezember 1939.
  • Zeiten in den westlich der Oder gelegenen und völkerrechtlich noch nicht zu Polen gehörenden Gebieten der ehemaligen DDR bis 28.02.1951
    (Ortschaften Pölitz, Neuwarp, Swinemünde, Odermünde).
    Bis zu diesem Zeitpunkt handelt es sich um deutsche (Beitrittsgebiets-)Zeiten im Sinne von § 248 Abs. 3 SGB VI.

Vom DPRA 1975 erfasste polnische Zeiten

Zunächst ergibt sich aus dem allgemeinen Anwendungsbereich des DPRA 1975 eine zeitliche Beschränkung der zu berücksichtigenden Zeiten. Als Endzeitpunkt können grundsätzlich nur bis zum 31.12.1990 zurückgelegte Versicherungszeiten berücksichtigt werden; in Ausnahmefällen bis zum 30.06.1991 (Art. 27 Abs. 2 bis 4 DPSVA 1990). Die Behandlung der Fälle, in denen Zeiten vor und nach dem Stichtag vorhanden sind, ist in der GRA zu Art. 27 DPSVA 1990, Abschnitt 4 beschrieben. Zu berücksichtigen sind auch Versicherungszeiten, die vor Inkrafttreten des DPRA 1975 (01.05.1976) zurückgelegt wurden (Art. 15 Abs. 2 DPRA 1975).

Eine Berücksichtigung polnischer Versicherungszeiten nach Art. 4 DPRA 1975 ist darüber hinaus nur möglich, soweit diese Zeiten vom sachlichen Geltungsbereich des Abkommens erfasst werden.

Entsprechend der bis 1998 geltenden und für die Anwendung des DPRA 1975 beibehaltenen Gliederung der polnischen sozialen Sicherungssysteme ist nach dem Abkommen grundsätzlich nur das allgemeine Arbeitnehmersystem (einschließlich der Sonderregelungen für Bergleute und Eisenbahner) zu berücksichtigen. Aufgrund der Besonderheiten des polnischen Rechts können aber auch Zeiten aus anderen Sicherungssystemen für das DPRA 1975 von Bedeutung sein. Auf die Ausführungen in der GRA zu Art. 2 DPRA 1975 wird verwiesen; sie sind auch im Rahmen des Art. 4 DPRA 1975 zu beachten.

Das Verfahren zur Feststellung von Abkommenszeiten ist in der GRA zu DPRA 1975 (VV) beschrieben.

Arbeitnehmerzeiten

Als abkommensrelevant sind in jedem Fall die originären Arbeitnehmerzeiten sowie die ihnen uneingeschränkt gleichgestellten Zeiten anzusehen (siehe GRA zu Art. 2 DPRA 1975, Abschnitte 2.1 und 2.2).

Arbeitnehmerzeiten entstehen grundsätzlich aufgrund eines Arbeitsvertrages (umowa o prace); sie können aber auch auf einer Ernennung (mianowania), einer Berufung (powolania) oder Wahl (wyboru) beruhen. Voraussetzung ist außerdem, dass während der Beschäftigung ein Entgelt gezahlt wurde.

Hat ein Arbeitgeber im Einzelfall die erforderliche Meldung beim polnischen Versicherungsträger (ZUS) und/oder die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge unterlassen, stehen diese Tatsachen der Berücksichtigung von abkommensrelevanten Zeiten (für den ersten Schritt) nicht entgegen, wenn das abhängige Beschäftigungsverhältnis als solches unstrittig ist.

Ausnahme:

Bei privaten Arbeitgebern spricht die unterlassene Anmeldung zur Sozialversicherung zunächst gegen ein reguläres Beschäftigungsverhältnis; in diesen Fällen kommt eine Berücksichtigung erst nach Bestätigung durch die ZUS in Betracht.

Hinsichtlich des zeitlichen Umfanges einer Beschäftigung muss diese nach polnischen Rechtsvorschriften mindestens die Hälfte der in dem Beruf üblichen Arbeitszeit umfasst haben (mindestens 1/2 Etat). Bei mehreren gleichzeitig - aber bei verschiedenen Arbeitgebern - ausgeübten Arbeitnehmer-Beschäftigungen werden die Arbeitszeiten für die Prüfung des Mindestumfanges zusammengerechnet.

Als Mindestalter für ordentliche Beschäftigungsverhältnisse wird im Allgemeinen das 15. Lebensjahr angesehen (im Bergbau das 18. Lebensjahr). Insbesondere vor 1945 oder in den Nachkriegsjahren bis circa 1950 ist nicht ausgeschlossen, dass auch vor dem 15. (18.) Lebensjahr ein ordentliches abhängiges Arbeitsverhältnis vorgelegen haben kann. Vor dem 14. Lebensjahr kann jedoch nur in seltenen Ausnahmefällen (zum Beispiel bei „erzwungenen“ Beschäftigungen in der Nachkriegszeit) von einem „Beschäftigungsverhältnis“ ausgegangen werden (in Polen bestand vom 6. bis 14. Lebensjahr Schulpflicht).

Bleibt ein vor dem 15. (18.) Lebensjahr behauptetes abhängiges Beschäftigungsverhältnis zweifelhaft, ist der polnische Versicherungsträger (ZUS) um Beurteilung und Bestätigung aus dortiger Sicht zu bitten.

Dienstzeiten als „Uniformierter“

Dienstzeiten in den Sondersystemen der „Uniformierten“ (Berufssoldaten, Polizei, Strafvollzug) sind nur dann als abkommensrelevant anzusehen, wenn

a)die Berücksichtigung dieser Zeiten in einer Rente aus dem Arbeitnehmersystem günstiger war oder
b)ein Versorgungsanspruch aus den genannten Sondersystemen nicht bestand.

Auf die Ausführungen in der GRA zu Art. 2 DPRA 1975, Abschnitt 2.3 wird hingewiesen.

Zeiten als „Nicht-Arbeitnehmer“

Zeiten in den Sondersystemen der „Nicht-Arbeitnehmer“ (zum Beispiel Handwerker, Agenturkräfte, Landwirte, Kunstschaffende) sind nur dann als abkommensrelevant anzusehen, wenn insbesondere

a)diese Zeiten bereits in einer Arbeitnehmerrente enthalten waren oder
b)in Polen zuletzt eine Arbeitnehmertätigkeit ausgeübt wurde.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der GRA zu Art. 2 DPRA 1975, Abschnitte 2.4 und 2.4.1 hingewiesen.

Für die Berücksichtigung polnischer Nicht-Arbeitnehmerzeiten nach den Versicherungsvorschriften für Handwerker (und den daraus abgeleiteten Vorschriften für sonstige Selbständige, die eine Wirtschaftstätigkeit ausüben) ist die Bestätigung durch die zuständige ZUS-Zweigstelle erforderlich, weil die dort für diese Personen geführten individuellen Versicherungsnachweise auszuwerten sind.

Ebenfalls nur nach Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers sind Zeiten von Familienangehörigen anzurechnen, die bei einem Handwerker, sonstigen Selbständigen sowie Auftrags- oder Agenturkräften mitgearbeitet haben.

Mit dieser Bestätigung wird aber zunächst nur die Zurücklegung der polnischen Nicht-Arbeitnehmerzeiten an sich dokumentiert, das heißt, dass die betreffenden Personen die Versicherungsvoraussetzungen (zum Beispiel Mindestalter, Mindestdauer) der besonderen polnischen Regelungen erfüllten und zutreffend erfasst wurden. Sie trifft nicht in jedem Fall eine Aussage über die Abkommensrelevanz der Sonderzeit im Sinne von Art. 2 DPRA 1975. Dies ist besonders zu prüfen, zum Beispiel wenn der/die Versicherte noch kein Rentenbezieher in Polen war. In Zweifelsfällen ist die ZUS dazu um Amtshilfe zu bitten.

Die Tätigkeit als Nicht-Arbeitnehmer führt zu keinen polnischen Versicherungszeiten, wenn

a)gleichzeitig eine im polnischen Arbeitnehmersystem versicherte Beschäftigung ausgeübt wird oder
b)bereits ein Anspruch auf eine Alters- oder sonstige Rente besteht (unabhängig aus welchem System); dann ist erst auf ausdrücklichen Antrag eine Aufnahme im Nicht-Arbeitnehmersystem möglich.

Tätigkeiten als (selbständiger) Landwirt gehören ebenfalls zu den Zeiten, die im Ausnahmefall und im begrenzten Umfang im Arbeitnehmersystem berücksichtigt werden können. Die Prüfung (einschließlich der notwendigen Ermittlungen in Polen), ob und in welchem Umfang diese Zeiten im Einzelfall abkommensrelevant sind („erster Schritt“), kann aber regelmäßig unterbleiben, weil derartige Zeiten (selbst wenn sie abkommensrelevant sind) im „zweiten Schritt“ nicht eingliederungsfähig sind.

Rentenbezugszeiten

Obwohl ein polnischer Rentenbezug keine abkommensrelevante Zeit ist und das DPRA 1975 solche Tatbestände auch nicht zur Erfüllung von Rentenanspruchsvoraussetzungen (insbesondere der deutschen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen) gleichstellt, hat das BSG in ständiger Rechtsprechung (Urteile vom 18.02.1992, AZ: 13/5 RJ 56/90, und vom 29.04.1997, AZ: 5 RJ 52/95) entschieden, dass polnische Rentenbezugszeiten auch bei nur Abkommensberechtigten, die nicht gleichzeitig FRG-Berechtigte sind, bei Anwendung des DPRA 1975 Dehnungstatbestände zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§§ 43 Abs. 4 Nr. 1, 237 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI oder Anwartschaftserhaltungszeiten nach § 241 Abs. 2 SGB VI) darstellen.

Der BSG-Rechtsprechung wird gefolgt, mit der Ergänzung, dass es sich um die Bezugszeit einer polnischen Rente handeln muss, die aus einem der in Art. 2 DPRA 1975 genannten Systeme gezahlt wird (AGZWSR 2/97, TOP 20). Zu berücksichtigen sind außer den Bezugszeiten einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Invalidenrenten) auch Altersrenten vor dem Eintritt des deutschen Versicherungsfalls wegen Erwerbsminderung oder Alters sowie anstelle von Invaliden- oder Altersrenten gezahlte Hinterbliebenenrenten.

In der Vergangenheit gegebenenfalls rechtskräftig abgelehnte DPRA-1975-Rentenansprüche sind auf Antrag gemäß § 44 SGB X zu überprüfen. Eine Überprüfung von Amts wegen ist nicht ausgeschlossen.

Die BSG-Rechtsprechung ist darüber hinaus nicht auf andere rentenrechtliche Regelungen, die sich auf Rentenbezugszeiten beziehen, zu übertragen. Polnische Rentenbezugszeiten von allein Abkommensberechtigten sind daher nicht als rentenrechtliche Zeiten bei der deutschen Rentenfeststellung zu berücksichtigen (AGZWSR 2/97, TOP 20).

Hinweis:

Bei FRG-Berechtigten ist vorrangig (unabhängig vom Abkommen) eine Anrechnung nach § 28a FRG zu prüfen.

Eingliederung der polnischen Zeiten

Nach Feststellung der abkommensrelevanten polnischen Zeiten „im ersten Schritt“ (siehe Abschnitte 4.1 und 4.2) sind diese Zeiten „im zweiten Schritt“ nach den deutschen Vorschriften einzugliedern.

Nach den polnischen Rechtsvorschriften konnten abkommensberechtigte Personen in Polen „Beitragszeiten“ und „beitragsfreie Zeiten“ erwerben. Diese nach polnischem Recht vorgenommene Unterteilung ist aber kein Maßstab für die Eingliederung in die deutsche Rentenversicherung, denn sie bestimmt lediglich die Wertigkeit der entsprechenden Zeit im polnischen Leistungsfall.

Die polnischen Versicherungszeiten behalten also nicht ihre dortige Klassifizierung in Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten, sondern werden nach den Vorschriften des SGB VI und des FRG als Beitrags-, Beschäftigungs-, Kindererziehungs-, Ersatz-, Anrechnungs- oder Berücksichtigungszeiten in die deutsche Rentenversicherung eingeordnet. Die besonderen persönlichen Voraussetzungen für die Anwendung des FRG (Vertriebeneneigenschaft) brauchen nicht erfüllt sein.

Voraussetzung für die Eingliederung ist allerdings, dass das deutsche Recht für die den polnischen Zeiten zugrunde liegenden Sachverhalten ebenfalls zu rentenrechtlichen Zeiten führt. Außerdem sind allgemeine Einschränkungen zu beachten (zum Beispiel Verfallswirkung einer deutschen Beitragserstattung).

Die Prüfung der Eingliederungsfähigkeit nach deutschem Recht kann dazu führen, dass einzelne polnische Zeiten nicht berücksichtigt werden können (siehe Abschnitt 4.3.2).

Ergänzende Regelungen zur Eingliederung enthält Art. 2 ZustG zum DPRA 1975 (siehe GRA zu Art. 2 ZustG zum DPRA 1975).

Katalog der polnischen Zeiten

Die Anlage zu dieser Gemeinsamen Rechtlichen Anweisung enthält einen Katalog polnischer Zeiten und deren Berücksichtigung im Rahmen des DPRA 1975.

Der Katalog ist gegliedert nach den polnischen Zeiten, die vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 erfasst sein können. Die Bezeichnung der Zeiten und deren gesetzliche Grundlage entspricht dem aktuellen polnischen Gesetz vom 17.12.1998 über Altersrenten und Renten aus dem Sozialversicherungsfonds.

Er enthält Hinweise sowohl zum „ersten Schritt“ (abkommensrelevante polnische Zeiten) als auch zum „zweiten Schritt“ (Eingliederung nach deutschem Recht).

Folgen fehlender Eingliederungsmöglichkeiten

Sind einzelne polnische Zeiten nicht eingliederungsfähig, weil das deutsche Recht vergleichbaren Sachverhalten keine rentenrechtliche Bedeutung beimisst (zum Beispiel Zeiten als Landwirt oder als Sportstipendiat), so können diese Zeiten weder bei der Anspruchsprüfung noch bei der Rentenberechnung berücksichtigt werden.

Dies gilt auch nach dem Beitritt Polens zur EU. Anders als bei den polnischen Zeiten, die nicht vom sachlichen Geltungsbereich des DPRA 1975 erfasst werden und die deshalb nach Europarecht berücksichtigt werden können, bleiben die nicht eingliederungsfähigen Zeiten abkommensrelevant und sind ausschließlich nach den Bestimmungen des DPRA 1975 zu beurteilen. Auf die Ausführungen im Abschnitt 6.1 wird hingewiesen.

Leistungsbefreiung

Während der Zeit, in der der Versicherungsträger des Wohnstaates leistungspflichtig ist, ist der Versicherungsträger des anderen Vertragsstaates von jeglicher Leistungsverpflichtung befreit (Art. 4 Abs. 3 S. 2 DPRA 1975).

Das gilt auch dann, wenn der Versicherungsträger des Wohnstaates aufgrund der für ihn geltenden Vorschriften zu keiner Rentengewährung kommt oder einzelne Zeiten nicht eingliedern kann.

Eine Ausnahme gilt nur für die bereits vor Inkrafttreten des DPRA 1975 gezahlten Bestandsrenten nach Art. 15 und 16 DPRA 1975; diese Regelung ist aber inzwischen durch Zeitablauf weitgehend gegenstandslos geworden.

Der polnische Versicherungsträger ist daher von der Leistungspflicht befreit, wenn sich der Berechtigte seit 31.12.1990 (30.06.1991) in Deutschland aufhält.

Der deutsche Versicherungsträger ist von der Leistungspflicht befreit, wenn sich der Berechtigte seit 31.12.1990 (30.06.1991) in Polen aufhält. Die bis zum Stichtag in Deutschland zurückgelegten Zeiten sind vom polnischen Versicherungsträger nach seinen Vorschriften bei einer Rentengewährung zu berücksichtigen.

Die Befreiung von der Leistungspflicht gilt auch nach dem Beitritt Polens zur EU, weil das DPRA 1975 als weitergeltendes Recht die Ansprüche umfassend und abschließend regelt. Eine Ausnahme gilt lediglich für etwaige zusätzliche Versicherungszeiten, die nicht vom DPRA 1975 erfasst sind (siehe Abschnitt 6.1).

Auswirkungen auf einzelne Rechtsgebiete

Das Eingliederungsprinzip des DPRA 1975 hat Auswirkungen auf verschiedene Gebiete des Rentenrechts.

Die folgenden Abschnitte enthalten Hinweise im Zusammenhang mit der Anwendung des Europarechts (Abschnitt 6.1), des FRG (Abschnitt 6.2), der Durchführung des Versorgungsausgleichs (Abschnitt 6.3) und mit der Aufteilung von Hinterbliebenenrenten (Abschnitt 6.4).

Europarecht

Das DPRA 1975 ist durch die Aufnahme in den Anhang III der VO (EWG) Nr. 1408/71 zum Bestandteil des Europarechts geworden und bleibt nach Art. 7 Abs. 2 Buchst. c VO (EWG) Nr. 1408/71 weiter anwendbar. Inzwischen ist dies nach Art. 8 in Verbindung mit Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004 möglich. Mit Artikel 4 regelt das DPRA 1975 die von seinem Geltungsbereich erfassten Rentenansprüche umfassend und abschließend. Für die sonst üblicherweise anzuwendenden Regelungen des Europarechts verbleibt daher kein Raum. Es ist daher grundsätzlich weder eine zwischenstaatliche Anspruchsprüfung vorzunehmen noch eine zwischenstaatliche Rentenberechnung. Das gilt auch für die abkommensrelevanten Zeiten, die nicht eingliederungsfähig sind.

Damit entfällt auch eine Neufeststellung der bisherigen Bestandsrenten nach Europarecht.

Die Regelungen des Europarechts finden im Verhältnis zu den polnischen Versicherungszeiten nur dann Anwendung, wenn in Polen zusätzliche Versicherungszeiten zurückgelegt wurden, die nicht vom DPRA 1975 erfasst werden. Dies können Zeiten in den nicht zum sachlichen Geltungsbereich des Abkommens gehörenden Sicherungssystemen sein oder Zeiten ab 01.01.1991 (01.07.1991).

Bei Anwendung der entsprechenden Regelungen des Europarechts sind in diesen Fällen

  • die vom DPRA 1975 erfassten polnischen Zeiten wie deutsche Zeiten,
  • die zusätzlichen vom DPRA 1975 nicht erfassten Zeiten wie „normale“ mitgliedstaatliche Zeiten

in die Anspruchsprüfung und Berechnung einzubeziehen.

Entsprechendes gilt, wenn neben den (vom DPRA 1975 erfassten) polnischen Zeiten auch noch Zeiten in anderen EU-/EWR-Staaten vorhanden sind.

In diesen beiden Fällen ist auf Antrag auch eine Neufeststellung nach Europarecht vorzunehmen.

Für die Einzelfälle der Regionalträger ist als Verbindungsstelle die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg zuständig (§ 128 Abs. 3 SGB VI). Siehe GRA zu § 128 SGB VI, Abschnitt 3.

Liegen Versicherungszeiten in einem weiteren Mitgliedstaat vor, finden ebenfalls die Regelungen des Europarechts Anwendung.

Für die Einzelfälle der Regionalträger ist insofern der auf Grund des letzten Beitrags in dem anderen Mitgliedstaat als Verbindungsstelle bestimmte Regionalträger zuständig. Siehe GRA zu § 128 SGB VI, Abschnitt 3.

Europarecht und Leistungsausschluss nach dem DPRA 1975

Die Konstellation Europarecht und Leistungsausschluss nach dem DPRA 1975 tritt auf, wenn einem in Polen wohnhaften Rentenberechtigten aus allen Versicherungszeiten bis 31.12.1990 eine polnische Eingliederungsrente nach dem DPRA 1975 zusteht und aus den deutschen Versicherungszeiten ab 01.01.1991 eine deutsche Rente auf der Grundlage des Europarechts nach Polen zu gewähren ist.

In diesen Fällen wird nicht aus allen deutschen Zeiten eine Rentenleistung vom deutschen Versicherungsträger erbracht.

Zur Anspruchsprüfung sind nicht nur die Versicherungszeiten ab 01.01.1991, sondern auch die bis 31.12.1990 heranzuziehen, die der andere Versicherungsträger im Rahmen des DPRA 1975 honorieren muss. Die Wartezeit kann mit den vor dem 01.01.1991 (und daher in die polnische Last fallenden) und den ab 01.01.1991 zurückgelegten deutschen Versicherungszeiten erfüllt werden.

Siehe Beispiel 1

Für die Prüfung „weniger als 12 Monate“ nach Art. 57 VO (EG) Nr. 883/2004 sind dabei nur die Monate ab 01.01.1991 zu zählen, für die tatsächlich der deutsche Versicherungsträger leistungspflichtig ist.

Die deutsche Teilrente ist zunächst aus sämtlichen Zeiten fiktiv zu berechnen einschließlich der Gesamtleistungsbewertung sowie des Zuschlags an Entgeltpunkten bei Waisenrenten, das heißt als ob die deutsche Seite aus allen deutschen Zeiten leistungspflichtig wäre. Dieser Rentenberechnung werden dann die maßgebenden Entgeltpunkte für die Zeiten ab 01.01.1991 entnommen und fließen in die weitere innerstaatliche und zwischenstaatliche Rentenberechnung ein.

Die entgegengesetzte Konstellation tritt auf, wenn einem in Deutschland wohnhaften Rentenberechtigten aus allen Versicherungszeiten bis 31.12.1990 eine deutsche Eingliederungsrente nach dem DPRA 1975 zusteht und aus den polnischen Versicherungszeiten ab 01.01.1991 eine polnische Rente auf der Grundlage des Europarechts nach Deutschland zu gewähren ist.

Für die Einzelfälle der Regionalträger ist auch hier als Verbindungsstelle die Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg zuständig (§ 128 Abs. 3 SGB VI). Siehe GRA zu § 128 SGB VI, Abschnitt 3.

Fremdrentenrecht

Das DPRA 1975 schließt die Anwendung des FRG nicht aus. Jedoch hat das Abkommen Vorrang. Das ergibt sich aus der Verdrängungsregelung des Art. 2 Abs. 2 ZustG zum DPRA 1975. Auf die Prüfung einer Anerkennung als Abkommenszeit darf daher auch dann nicht verzichtet werden, wenn die gleiche Zeit als FRG-Zeit anrechenbar wäre.

Bedeutung hat das FRG daher für die Zeiten, die nicht abkommensrelevant sind. Für die reine FRG-Anwendung muss der Berechtigte aber auch die persönlichen und die gesetzlichen Voraussetzungen des FRG erfüllen.

Versorgungsausgleich

Für alle Ansprüche und Anwartschaften, die vom DPRA 1975 erfasst werden, ist eine Auskunft zum Versorgungsausgleich grundsätzlich nur zu erteilen, wenn sich beide Ehepartner gewöhnlich in Deutschland aufhalten, denn nur dann ist die Aufteilung und Übertragung von (rein deutschen) Rentenansprüchen und -anwartschaften möglich.

Wohnt die ausgleichsberechtigte Partei in Polen, kann sich die Übertragung von Rentenanwartschaften auf ein in Deutschland zu begründendes Rentenkonto nicht zu deren Gunsten auswirken, weil der Bonus aufgrund des Versorgungsausgleichs weder vom deutschen Versicherungsträger nach Polen zahlbar ist noch der polnische Versicherungsträger die Gutschrift nach Art. 4 DPRA 1975 berücksichtigen kann.

Umgekehrt können der ausgleichspflichtigen Partei in Polen die dortigen Rentenanwartschaften nicht gemindert und dem Ausgleichsberechtigten nach Deutschland übertragen werden. Die einseitige Leistungspflicht des Wohnsitzträgers nur für Berechtigte im jeweiligen Inland steht dem Ausgleich entgegen.

Sollte das Gericht dennoch auf der Auskunftserteilung bestehen, ist dem im Einzelfall zu entsprechen; einem Ausgleich in der Rentenversicherung wäre allerdings zu widersprechen.

Sind im Einzelfall zusätzlich auch deutsche Versicherungszeiten ab 01.01.1991 vorhanden, aus denen ein Leistungsexport nach Polen möglich ist, steht der Durchführung des Versorgungsausgleichs insoweit nichts entgegen. Über die aus diesen Zeiten erworbenen Rentenanwartschaften ist eine Auskunft zu erteilen.

Aufteilung von Hinterbliebenenrenten

Ist nach § 91 SGB VI eine Aufteilung der Witwen- oder Witwerrente auf mehrere Berechtigte zu prüfen, so erfolgt die Aufteilung nur für die Witwen beziehungsweise Witwer, die Ansprüche gegenüber dem deutschen Versicherungsträger haben.

Ist der deutsche Versicherungsträger nach Art. 4 Abs. 3 S. 2 DPRA 1975 für eine Person von der Leistungspflicht befreit, so bleibt sie bei Anwendung des § 91 SGB VI unberücksichtigt.

Beispiel 1: Anspruchsprüfung in einem Mischfall

(Beispiel zu Abschnitt 6.1.1)
Versicherungszeiten in Polen01/1967 bis 12/1985
Versicherungszeiten in Deutschland06/1988 bis 09/1988
06/2001 bis 09/2001
06/2002 bis 09/2002
05/2003 bis 09/2003
gewöhnlicher Aufenthalt des Berechtigten in Polenseit Geburt (1951)
Lösung:
Zur Anspruchsprüfung sind die vor dem 01.01.1991 zurückgelegten (und daher in die polnische Last fallenden) Versicherungszeiten, 228 Monate in Polen plus 4 Monate in Deutschland, und die nach dem 31.12.1990 zurückgelegten deutschen Versicherungszeiten, 13 Monate, heranzuziehen.
Insgesamt stehen 245 Monate zur Verfügung. Die allgemeine Wartezeit ist erfüllt.
Eine Leistung wird aus den nach dem 31.12.1990 zurückgelegten deutschen Versicherungszeiten erbracht.
Gesetz zu dem Abkommen vom 09.10.1975

Inkrafttreten: 01.05.1976 (Abkommen)

Quelle: BGBl. II 1976 S. 393 ff.

Mit dem vorgenannten Gesetz wurde das Abkommen Bestandteil der deutschen Rechtsordnung. Das Abkommen und damit auch Art. 4 DPRA 1975 sind zum 01.05.1976 in Kraft getreten.

Anlage 1Katalog der polnischen Zeiten

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

Art. 4 DPRA