Versicherungslastregelungen: EU/SVA
veröffentlicht am |
12.11.2019 |
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Änderung | redaktionelle Überarbeitungen in der gesamten GRA |
Stand | 16.10.2017 |
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Version | 001.01 |
Allgemeines
Versicherungslastregelungen sind völkerrechtliche Verträge, die die Versicherungslast bei Personen, deren Rentenversicherungszugehörigkeit infolge staatsrechtlicher Entwicklungen zwischen mehreren Staaten wechselt, je nach Staatsangehörigkeit oder Aufenthalt des Versicherten unter den vertragsschließenden Staaten verteilen. Damit soll der Versicherungsverlauf dieser Personen auf ein Land beschränkt werden.
Versicherungslastregelungen
Es gibt Versicherungslastregelungen,
- die die Übernahme von Versicherungszeiten eines anderes Staates in die deutsche Last vorschreiben oder
- die die Übernahme deutscher Zeiten in die Last eines ausländischen Staates zur Folge haben.
Versicherungslastregelungen existieren im Verhältnis zu:
- Belgien (vergleiche Abschnitt 2.1),
- Dänemark (vergleiche Abschnitt 2.2),
- Frankreich (vergleiche Abschnitt 2.3),
- Griechenland (vergleiche Abschnitt 2.4),
- Italien (vergleiche Abschnitt 2.5),
- (ehemaliges) Jugoslawien (vergleiche Abschnitt 2.6),
- Luxemburg (vergleiche Abschnitt 2.7),
- Niederlande (vergleiche Abschnitt 2.8),
- Österreich (vergleiche Abschnitt 2.9).
Belgien
Zeiträume: | 01.01.1891 bis 31.12.1919 |
01.01.1941 (01.07.1940) bis 30.09.1944 | |
01.04.1949 bis 27.08.1958 |
Rechtsgrundlagen:
Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 3 des Schlussprotokolls zum deutsch-belgischen SVA vom 07.12.1957 über Art. 7 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 und Anhang III Teil A Nr. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 und ab 01.05.2010 über Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004.
Einzelheiten:
Auf die GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Belgien: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Belgien, Abschnitt 8, wird hingewiesen.
Dänemark
Zeitraum: | 01.04.1891 bis 15.06.1920 |
Rechtsgrundlage:
Art. 3 des 14. Abkommens vom 10.06.1922 zur Ausführung des Art. 312 des Vertrages von Versailles vom 10.04.1922 in Verbindung mit der Zusatzvereinbarung zum deutsch-dänischen SVA vom 14.08.1953.
Einzelheiten:
Die in der deutschen Arbeiterrentenversicherung zurückgelegten Versicherungszeiten gehen auf Dänemark über, wenn der Versicherte am 15.06.1920 in den an Dänemark abgetretenen Gebieten Nordschleswigs (zum Beispiel Apenrade, Sonderburg, Tondern) wohnte (vergleiche GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Dänemark: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Dänemark, Abschnitt 4).
Frankreich
Zeiträume: | 01.01.1891 bis 31.12.1922 |
01.07.1940 bis 08.05.1945 | |
08.05.1945 bis 31.12.1950 |
Rechtsgrundlage:
- Art. 2 bis 4, 5, 6 und 8 der Zweiten Ergänzungsvereinbarung zum SVA-Frankreich vom 10.07.1950 über Art. 7 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 und Anhang III Teil A Nr. 14 VO (EWG) Nr. 1408/71 und ab 01.05.2010 über Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Buchst. b VO (EG) Nr. 883/2004,
- Art. 1 und Art. 3 § 1 der Vierten Zusatzvereinbarung zum SVA-Frankreich vom 10.07.1950 über Art. 7 Abs. 2 Buchst. c in Verbindung mit Art. 3 Abs. 3 und Anhang III Teil A Nr. 14 VO (EWG) Nr. 1408/71 und ab 01.05.2010 über Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II Buchst. a VO (EG) Nr. 883/2004.
Einzelheiten:
Nähere Informationen befinden sich in der GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Frankreich: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Frankreich, Abschnitt 11.
Griechenland
Zeitraum: | 01.01.1947 (gegebenenfalls früher) bis 02.10.1990 |
Rechtsgrundlage:
Protokoll vom 07.10.1991 und Vereinbarung zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Griechischen Republik über die Regelung von Rentenfragen vom 06.07.1984.
Einzelheiten:
Erläuterungen sind in der GRA zu Rechtsgrundlagen Griechenland, Abschnitt 6 und in der GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Griechenland: Versicherungszeiten und Wohnzeiten – Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Griechenland, Abschnitt 6 zu finden.
Italien
Zeitraum: | 01.04.1913 bis 31.08.1940 |
Rechtsgrundlage:
Art. 3 des deutsch-italienischen Abkommens über Arbeiterversicherung vom 31.07.1912 (RGBl. 1913 S. 171), Art. 38 des Vertrages zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien über Sozialversicherung vom 20.06.1939 (RGBl. II 1940 S. 207).
Einzelheiten:
Für italienische Staatsangehörige, die vor der Beschäftigung in Deutschland in Italien versichert waren, war auf Antrag die Hälfte der Beiträge der Arbeiterrentenversicherung auf die italienische Rentenversicherung zu übertragen.
Zeitraum: | 01.01.1938 bis 31.08.1940 |
Rechtsgrundlage:
Deutsch-italienische Vereinbarung über die Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung italienischer landwirtschaftlicher Arbeiter und deutsch-italienische Vereinbarung über die Anwerbung, Vermittlung und Beschäftigung italienischer landwirtschaftlicher Wanderarbeiter, beide vom 28.07.1937 (nicht veröffentlicht), Rundschreiben RVA vom 05.04.1938 - II 2 2061 a 1/38 -1 (nicht veröffentlicht).
Einzelheiten:
Für italienische Staatsangehörige, die aufgrund der Vereinbarung in der deutschen Landwirtschaft tätig waren, wurde die Hälfte der Beiträge auf die italienische Rentenversicherung übertragen.
Jugoslawien (ehemaliges)
Zeitraum: | 01.01.1891 bis 31.12.1955 |
Rechtsgrundlage:
Art. 1 Abs. 1 Buchst. a und b in Verbindung mit Art. 2 Buchst. a und b des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über die Regelung gewisser Forderungen aus der Sozialversicherung vom 10.03.1956, Art. 3 und 5 des Deutschen Zustimmungsgesetzes vom 25.06.1958 zu diesem Vertrag, Nr. 12 Buchst. a und b SP SVA-Jugoslawien vom 12.10.1968.
Diese zwischenstaatlichen Regelungen gelten trotz Auflösung der ehemaligen SFRJ (seit 1991) auch in Bezug auf die im Gebiet des früheren Jugoslawien neu entstandenen Staaten fort, und zwar im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien und Slowenien.
Einzelheiten:
- Die bis 31.12.1955 in einer gesetzlichen jugoslawischen Renten- beziehungsweise Pensionsversicherung zurückgelegten Zeiten fallen in die deutsche Versicherungslast, wenn der Versicherte oder, falls dieser vorher verstorben ist, der Anspruchsberechtigte am Stichtag 01.01.1956 als Deutscher im Sinne des Art. 116 GG seinen ständigen Wohnsitz im Bundesgebiet (ohne Saarland und das Beitrittsgebiet) oder im Land Berlin (bis 31.01.1949 einschließlich Berlin-Ost) hatte.
- Die bis 31.12.1955 im Bundesgebiet (ohne Saarland und das Beitrittsgebiet) einschließlich Land Berlin (bis 31.01.1949 einschließlich Berlin-Ost) zurückgelegten Versicherungszeiten fallen in die jugoslawische Versicherungslast, wenn der Versicherte oder, falls dieser vorher verstorben ist, der Anspruchsberechtigte am Stichtag 01.01.1956 als jugoslawischer Staatsangehöriger seinen ständigen Wohnsitz in Jugoslawien hatte.
- Für Personen, die die Voraussetzungen des § 1 FRG (§ 1 Buchst. b FRG ist ausgeschlossen) erfüllen, sind die in die jugoslawische Last gefallenen Zeiten wiederum in der deutschen Rentenversicherung abzugelten; § 31 FRG findet Anwendung. Siehe Nr. 12 SP SVA-Jugoslawien vom 12.10.1968.
- Die neuen Staaten auf dem Territorium des ehemaligen Jugoslawien übernehmen die auf Jugoslawien übergegangenen Versicherungszeiten
- für ihre eigenen Staatsangehörigen und
- für sonstige Staatsangehörige, ohne die Staatsangehörigen eines neuen Staates, die am 01.01.1956 dessen betreffende Republikstaatsangehörigkeit hatten.
(Vergleiche GRA zu Übersicht Versicherungslast Jugoslawien; im Verhältnis zu Kroatien, Mazedonien und Slowenien siehe GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Kroatien: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Kroatien, Abschnitt 3, GRA zu Art. 41 SVA-Mazedonien vom 08.07.2003 und GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Slowenien: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Slowenien, Abschnitt 3. Im Verhältnis zu Bosnien-Herzegowina, dem Kosovo, Montenegro und Serbien gelten diese Ausführungen entsprechend.)
Luxemburg
Zeiträume: | 01.01.1912 bis 31.05.1946 |
30.09.1940 bis 01.06.1946 |
Rechtsgrundlage:
Art. 4, 5, 6 und 7 des deutsch-luxemburgischen Vertrages vom 11.07.1959 über Art. 7 Abs. 2 Buchst. c und Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 1408/71 in Verbindung mit Anhang III Teil A Nr. 15 VO (EWG) Nr. 1408/71 und ab 01.05.2010 über Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004.
Einzelheiten:
Vergleiche GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Luxemburg: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Luxemburg, Abschnitt 4.
Niederlande
Zeitraum: | 14.05.1940 bis 31.08.1945 |
Rechtsgrundlage:
Art. 2 und 3 der Vierten Zusatzvereinbarung zum SVA-Niederlande vom 29.03.1951 über Art. 7 Abs. 2 Buchst. c und Art. 3 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 1408/71 in Verbindung mit Anhang III Teil A Nr. 17b VO (EWG) Nr. 1408/71 und ab 01.05.2010 über Art. 8 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II VO (EG) Nr. 883/2004.
Einzelheiten:
Vergleiche auch GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Niederlande: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Niederlande, Abschnitt 7.
Zeitraum: | 23.04.1949 bis 31.07.1963 |
Rechtsgrundlage:
Deutsch-niederländischer Ausgleichsvertrag vom 08.04.1960 (BGBl. II 1963, Seite 458). Für Leistungsfälle vor dem 01.01.1996 standen für die Anrechnung deutscher Ersatzzeiten (§ 250 SGB VI) die zur niederländischen Versicherung entrichteten Beiträgen in der oben angegebenen Zeit der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit nach deutschen Rechtsvorschriften gleich (Anhang VI Teil C Nr. 2e VO (EWG) Nr. 1408/71 in der Fassung bis 31.12.1995).
Einzelheiten:
Vergleiche GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Niederlande: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Niederlande, Abschnitt 8.
Österreich
Zeitraum: | 01.01.1939 bis 10.04.1945 |
Rechtsgrundlage:
Art. 14 Abs. 2 Buchst. g SVA-Österreich vom 04.10.1995 in Verbindung mit Ziffer 19 Buchst. b SP zum DÖSVA vom 22.12.1966.
Beachte:
Obwohl Zeiten in die österreichische Versicherungslast fallen, können sie im Rahmen der Anwendung der Ziffer 19 SP zum DÖSVA vom 22.12.1966 auch in der deutschen Rentenversicherung abzugelten sein.
Einzelheiten:
Vergleiche GRA zu Art. 1 Buchstabe t und v VO (EG) Nr. 883/2004 Österreich: Versicherungszeiten und Wohnzeiten - Versicherungszeiten und Wohnzeiten, Österreich, Abschnitt 7 und GRA zu Art. 14 SVA-Österreich.
Behandlung ausgeschiedener deutscher Versicherungszeiten
Versicherungszeiten, die aufgrund einer Versicherungslastregelung aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschieden sind, sind so zu betrachten, als wären sie in der deutschen Rentenversicherung niemals existent gewesen (entsprechende Anwendung der Urteile des BSG vom 22.11.1962, AZ: 4 RJ 157/60, BSGE 18, 113 und vom 25.05.1965, AZ: 1 RA 251/62, BSGE 23, 74-78).
Ausnahmen:
Österreich (vergleiche Abschnitt 2.9),
Jugoslawien (vergleiche Abschnitt 2.6, dort Ausführungen zum FRG in Verbindung mit Nr. 12 SP SVA-Jugoslawien).
Der vorstehende Grundsatz gilt selbst dann, wenn aus der Versicherung des „Übernahmestaates“ ein Rentenanspruch nicht gegeben ist.
In den Urteilsbegründungen heißt es unter anderem:
„Der Sinn aller zwischenstaatlichen Regelungen dieser Art geht dahin, zwischen den beteiligten Ländern und ihren Sozialversicherungsträgern Klarheit darüber zu schaffen, in wessen Bereich die früher abgeleisteten Versicherungszeiten (dieser Begriff im weitesten Sinne gebraucht) fallen und wer demnach für sie dann einzustehen hat, wenn infolge Verschiebung der Staatsgrenzen ein Wechsel der Staatshoheit und damit auch der gesetzlichen Grundlagen eingetreten ist. Hierbei kann sinnvoll immer nur darauf abgestellt werden, dass Zeiten, die durch ein derartiges Abkommen dem einen Land zugewiesen werden, damit auch ausschließlich und definitiv (auch rückschauend betrachtet) als Zeiten jenes Landes anzusehen sind und völlig aus dem Bereich des anderen Vertragspartners ausscheiden. Dass diese Zeiten sich dadurch bei der Verschiedenheit der Sozialversicherungsvorschriften und -systeme in den beiden Ländern sehr häufig nach dem nun anzuwendenden anderen Recht im Ergebnis für den Versicherten günstiger oder ungünstiger auswirken als dies bei einem Verbleib im alten Rechtsgebiet der Fall gewesen wäre, ist eine unumgängliche Folge derartiger Regelungen. Der Versuch, diesem für den Versicherten zweifelsfrei zuweilen ungünstigen Ergebnis dadurch auszuweichen, dass man einen - subsidiären - Anspruch gegen den an sich befreiten Versicherungsträger zulässt, wenn beziehungsweise soweit der Versicherte beziehungsweise seine Hinterbliebenen nach dem für ihn jetzt geltenden Recht gar keine oder geringere Leistungen erhält, scheitert daher bereits an seiner mit dem Sinn derartiger zwischenstaatlicher Regelungen unvereinbaren Systemwidrigkeit.“