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§ 48 SGB I: Auszahlung bei Verletzung der Unterhaltspflicht

Änderungsdienst
veröffentlicht am

23.10.2023

Änderung

Die GRA wurde redaktionell überarbeitet und in den Abschnitten 3.2.2.3 und 6.1.1 ergänzt.

Dokumentdaten
Stand18.08.2023
Erstellungsgrundlage in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner vom 20.11.2015 in Kraft getreten am 26.11.2015
Rechtsgrundlage

§ 48 SGB I

Version003.00

Inhalt der Regelung

Nach § 48 Abs. 1 SGB I können laufende Geldleistungen, die für die Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sind, in angemessener Höhe an den Ehegatten, den Lebenspartner nach dem LPartG oder die Kinder eines Leistungsberechtigten ausgezahlt werden, wenn er ihnen gegenüber seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Die Rentenbeträge können auch an die Person oder Stelle (zum Beispiel das Sozialamt) gezahlt werden, die dem Unterhaltsberechtigten Unterhalt gewährt.

Nach § 48 Abs. 2 SGB I ist die Abzweigung von kindbezogenen Leistungen, die der Leistungsberechtigte für Kinder erhält, auch dann möglich, wenn der Leistungsberechtigte den Kindern gegenüber weder zum Unterhalt verpflichtet ist noch diese tatsächlich unterhält.

Ergänzende/korrespondierende Regelungen

§ 48 Abs. 1 S. 2 SGB I beinhaltet einen Verweis auf § 54 Abs. 5 S. 2 SGB I und stellt damit für kindbezogene Leistungen auf die Höhe des pfändbaren Betrages bei Kindergeld ab. Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung hat diese Regelung für die Praxis jedoch kaum noch Bedeutung; auf Abschnitt 5.4 wird hingewiesen.

Allgemeines

§ 48 SGB I soll im Falle der Verletzung der Unterhaltspflicht für die Unterhaltsberechtigten eine ‘Soforthilfe’ bewirken, ohne den Unterhalt des Rentenberechtigten selbst zu gefährden. Dies gebietet eine weitgehend schematische Anwendung der unterhaltsrechtlichen Vorschriften des BGB mit der Zielsetzung, den Unterhaltsberechtigten das Mindestmaß an Unterhalt zukommen zu lassen. Diese GRA behandelt daher nur die allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsätze; das sonst im Unterhaltsrecht geltende Prinzip der individuellen Betrachtung bleibt weitgehend unberücksichtigt.

Die Anwendung des § 48 SGB I soll nicht die gerichtliche Feststellung des Unterhaltsanspruches ersetzen. Die Unterhaltberechtigten sind daher hinsichtlich weitergehender Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung besonderer Sachverhalte des Einzelfalles grundsätzlich auf den hierfür gegebenen zivilen Rechtsweg zu verweisen.

Berechtigte Personen

Für die Beurteilung, ob jemand zum berechtigten Personenkreis im Sinne des § 48 SGB I gehören kann, gilt Folgendes:

  • Der Ehegatte, mit Wirkung vom 26.11.2015 der Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG), und die Kinder (leibliche und adoptierte) des Rentenempfängers haben die Möglichkeit, ohne Umweg über einen Unterhaltsprozess und einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für ihre Unterhaltsansprüche die Rente in Anspruch zu nehmen. Hinsichtlich der Unterhaltspflicht zwischen Personen, die keine Kinder sind, wird allein auf das Bestehen einer rechtsgültigen Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft abgestellt.
  • Nicht erfasst werden demzufolge andere Personen, denen gegenüber der Rentenberechtigte möglicherweise ebenfalls unterhaltspflichtig ist. Andere unterhaltsberechtigte Personen können damit die Rente des Unterhaltspflichtigen grundsätzlich nur durch einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in Anspruch nehmen (§ 54 SGB I).
  • Eine gesetzliche Unterhaltspflicht besteht nicht zugunsten von Stiefkindern, Pflegekindern und Geschwistern, sodass diese Personen nicht zum berechtigten Personenkreis gehören.
  • Der geschiedene Ehegatte hat keine Möglichkeit, seinen Unterhaltsanspruch gegen den Versicherten über § 48 SGB I geltend zu machen. Er gehört nicht zum berechtigten Personenkreis. Geschiedene Ehegatten können die Rente des unterhaltspflichtigen Leistungsberechtigten nur im Wege einer Zwangsvollstreckung über § 54 SGB I in Anspruch nehmen. Bei einer laufenden Abzweigung von Rentenbeträgen zugunsten des (Noch-)Ehegatten endet der Anspruch auf die weitere Abzweigung mit Ablauf des Monats, in dem die Scheidung rechtskräftig wird. Der Bescheid nach § 48 SGB I ist wegen geänderter Verhältnisse gemäß § 48 SGB X aufzuheben.

Voraussetzungen im Einzelnen

Bei Entscheidungen im Sinne des § 48 SGB I muss eine Abwägung der Interessen des Unterhaltspflichtigen (des Rentenempfängers) einerseits mit denen der Unterhaltsberechtigten (Ehegatte/Lebenspartner nach dem LPartG/Kind) andererseits vorausgehen. Es ist darauf zu achten, dass durch die Abzweigung eines Rententeils bei dem Rentenempfänger nicht Unterhaltsbedürftigkeit mit der Folge der Inanspruchnahme von Sozialhilfe eintritt.

Der Rentenversicherungsträger hat zu prüfen,

  • ob der Rentenberechtigte seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner nach dem LPartG beziehungsweise seinen Kindern gegenüber unterhaltspflichtig ist,
  • ob der Rentenberechtigte seine Unterhaltspflicht verletzt hat und
  • in welcher Höhe an den unterhaltsberechtigten Ehegatten, an den Lebenspartner nach dem LPartG beziehungsweise die Kinder Teile der Rente des Rentenempfängers zu zahlen sind.

Über Letzteres entscheidet der Rentenversicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen.

Betroffene Leistungen und Ansprüche

Von dem Unterhaltsberechtigten können nur laufende Leistungen in Anspruch genommen werden, die nach der Antragstellung fällig werden. Bei laufend gezahlten Rentenleistungen gilt dies erst von dem Zeitpunkt an, zu dem frühestens eine Einstellung beziehungsweise Minderung der laufenden Rentenzahlung möglich ist (siehe hierzu - ‘Beginn der Abzweigung’ - in Abschnitt 7).

Die Einstellung beziehungsweise Minderung der laufenden Rentenzahlung darf erst erfolgen, wenn feststeht, dass nach Maßgabe dieser GRA eine bestehende laufende Unterhaltspflicht verletzt wird.

Die Auszahlung an die Unterhaltsberechtigten ist nur für deren laufenden Unterhalt zulässig. Die Grundsätze des § 1613 BGB gelten nicht, das heißt Unterhaltsrückstände können die Unterhaltsberechtigten nicht über § 48 SGB I verlangen.

Unterhaltspflicht

Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 48 Abs. 1 SGB I ist, dass der Sozialleistungsberechtigte seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Gesetzliche Unterhaltspflichten müssen gegenüber dem Ehegatten, dem Lebenspartner nach dem LPartG und/oder den Kindern verletzt werden.

Die Verletzung lediglich vertraglich begründeter Unterhaltspflichten erfüllt diese Voraussetzungen nicht, es sei denn, der Vertrag ist nur abgeschlossen worden, um die gesetzliche Unterhaltspflicht ihrer Höhe nach zu konkretisieren.

Nach der einmal erfolgten Feststellung der Verletzung der Unterhaltspflicht im Sinne des § 48 SGB I kann der Rentenversicherungsträger so lange vom Fortbestehen der Unterhaltsverpflichtung ausgehen, wie ihm nicht Sachverhalte bekannt werden, die auf eine Beseitigung der Unterhaltspflicht schließen lassen (zum Beispiel Aufnahme einer Erwerbstätigkeit durch den Unterhaltsberechtigten).

Unterhaltspflicht mit Unterhaltstitel

Ist die Unterhaltsverpflichtung in einem Unterhaltstitel oder einem sonstigen vollstreckbaren Titel im Sinne des § 794 ZPO festgestellt, gilt für den Rentenversicherungsträger allein dieser Titel. Bringt eine der Parteien vor, dass aufgrund von Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen der Unterhaltstitel die unterhaltsrechtlichen Beziehungen nicht mehr zutreffend regelt, bleibt es ihr unbenommen, durch eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO die Wirkungen des Titels ganz oder teilweise zu beseitigen (BSG vom 17.09.1981, AZ: 4 RJ 105/80, und BSG vom 23.10.1985, AZ: 7 RAr 32/84, in SozR 1200 § 48 SGB I Nr. 3, 10). Der Rentenversicherungsträger prüft gegebenenfalls in einem solchen Fall, ob die Düsseldorfer Tabelle anzuwenden ist. Wird der Titel geändert oder beseitigt, hat der Rentenversicherungsträger dies von der Rechtskraft an, frühestens aber vom nächstmöglichen Zeitpunkt einer Änderung der laufenden Leistungszahlungen an zu beachten.

Ob eine Abzweigung - auch bei vorhandenem Unterhaltstitel - überhaupt durchzuführen ist, muss vom Rentenversicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung des Zwecks des § 48 SGB I geprüft werden (siehe hierzu auch die Ausführungen im Abschnitt 5.1).

Unterhaltspflicht ohne Unterhaltstitel

Besteht kein Unterhaltstitel, hat der Rentenversicherungsträger nach den im Unterhaltsrecht geltenden Grundsätzen die unterhaltsrechtlichen Beziehungen des Rentenempfängers zu seinem Ehegatten/seinem Lebenspartner nach dem LPartG/seinen Kindern selbst zu prüfen.

Diese Beziehungen können bestimmt sein

  • durch vertragliche Regelungen (Unterhaltsvereinbarung, außergerichtlicher Unterhaltsvergleich) oder
  • durch gesetzliche Bestimmungen.

Unterhaltsvereinbarung (-vergleich)

Besteht eine Unterhaltsvereinbarung beziehungsweise ein Unterhaltsvergleich, kann davon ausgegangen werden, dass der Rentenempfänger in dem darin genannten Umfang unterhaltspflichtig ist.

Dies gilt nicht, wenn von dem Rentenempfänger nachgewiesen wird, dass er nicht leistungsfähig ist. Wird die Erfüllung einer Verpflichtung aus einer Unterhaltsvereinbarung/einem Unterhaltsvergleich unter Hinweis auf die fehlende Leistungsfähigkeit vom Rentenempfänger abgelehnt, ist dies nach Maßgabe von Abschnitt 3.2.2.3 zu überprüfen. Bestätigt sich danach das Fehlen einer Leistungsfähigkeit beim Rentenempfänger, besteht keine Unterhaltsverpflichtung, die eine Anwendung des § 48 SGB I rechtfertigt. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die in der Unterhaltsvereinbarung/dem Unterhaltsvergleich begünstigten Berechtigten auf dem zivilen Rechtsweg ihre Ansprüche realisieren können.

Gesetzlicher Unterhaltsanspruch

Das Bestehen eines gesetzlichen Unterhaltsanspruchs ist von folgenden Voraussetzungen abhängig:

  • familienrechtliches Verhältnis mit unterhaltsrechtlichen Folgen
    (siehe Abschnitt 3.2.2.1),
  • Bedürftigkeit auf der einen Seite - hier: des Antragstellers -
    (siehe Abschnitt 3.2.2.2),
  • Leistungsfähigkeit auf der anderen Seite - hier: des Rentenempfängers -
    (siehe Abschnitt 3.2.2.3).

Es ist davon auszugehen, dass der nach § 48 SGB I begünstigte Personenkreis (Ehegatte/Lebenspartner nach dem LPartG/Kind) die familienrechtlichen Voraussetzungen mit den entsprechenden unterhaltsrechtlichen Folgen in jedem Fall erfüllt.

Ob auch die sachlichen Voraussetzungen (Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit) vorliegen, ist dagegen von den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles abhängig. Denn nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann auch eine Verletzung der Unterhaltspflicht vorliegen.

Familienrechtliche Beziehungen

Zu den familienrechtlichen Beziehungen mit unterhaltsrechtlichen Folgen gilt Folgendes:

  • Gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten
    Die Unterhaltspflicht zwischen Ehegatten folgt aus den §§ 1360 ff. BGB. Aus dem in § 1360 BGB genannten Grundsatz, dass die Ehegatten einander verpflichtet sind, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten, ergibt sich die Verpflichtung, einander Unterhalt zu gewähren. Der bedürftige Ehegatte hat einen Unterhaltsanspruch gegen seinen leistungsfähigen Partner.
    Bei der Anwendung des § 48 SGB I bleibt außer Betracht, ob die Ehegatten in ehelicher Gemeinschaft (§1360a BGB) oder ob sie getrennt leben (§ 1361 BGB). Auch die Billigkeitserwägungen des § 1361 Abs. 3 BGB (in Verbindung mit § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB) sind nicht vorzunehmen.
    Für § 48 SGB I ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der eine Ehegatte von dem anderen insoweit Unterhalt verlangen kann, als er (zum Beispiel wegen Krankheit oder Kindererziehung) außerstande ist, selbst Unterhaltsmittel durch eigene Erwerbstätigkeit oder aus Vermögen zu erzielen.
  • Gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Lebenspartnern nach dem LPartG
    Die Unterhaltspflicht zwischen Lebenspartnern gründet sich auf § 5 LPartG. Danach sind die Lebenspartner einander während des Bestehens der Lebenspartnerschaft zum angemessenen Unterhalt verpflichtet. Die Regelungen der §§ 1360 S. 2, 1360a, 1360b und 1609 BGB finden entsprechende Anwendung.
    Im Falle des Getrenntlebens bestimmt § 12 LPartG, dass ein Lebenspartner von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Lebenspartner angemessenen Unterhalt verlangen kann. Die Regelungen der §§ 1361 und 1609 BGB finden entsprechende Anwendung. Die Lebenspartner stehen damit auch hinsichtlich des Trennungsunterhaltsanspruchs den Ehegatten gleich.
    Bei der Anwendung des § 48 SGB I sind damit für Lebenspartner nach dem LPartG ebenfalls die für Ehegatten geltenden Grundsätze zu berücksichtigen.
  • Gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern
    Die Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern gründet sich auf die §§ 1601 ff. BGB. Damit sind beide Elternteile gleichermaßen ihren Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Zu den unterhaltsberechtigten Kindern gehören neben den leiblichen Kindern auch die adoptierten Kinder (§§ 1741 ff. BGB).
    Die Vaterschaft eines männlichen Rentenbeziehers ergibt sich aus § 1592 BGB. Vater eines Kindes ist danach derjenige,
    • der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; das gilt nicht, wenn die Vaterschaft mit Erfolg rechtskräftig angefochten ist (§ 1599 Abs. 1 BGB) oder - sofern das Kind in der Zeit zwischen der Anhängigkeit des Scheidungsantrags und der Rechtskraft der Scheidung geboren ist - wenn ein Dritter die Vaterschaft anerkannt hat (§ 1599 Abs. 2 BGB).
    • der die Vaterschaft anerkannt hat (§ 1594 BGB).
    • dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellt ist.
    Für den Unterhaltsanspruch der Kinder ist es dabei ohne Bedeutung, mit wem das Kind in häuslicher Gemeinschaft lebt oder ob es zum Beispiel in einem Heim untergebracht ist.
Bedürftigkeit

Bedürftigkeit liegt vor, wenn der Unterhaltsberechtigte außerstande ist, seine unterhaltsrechtlich erheblichen Bedürfnisse (Lebensbedarf) aus eigenen Kräften und Mitteln zu decken. Dieser Bedürftigkeitsbegriff steht demjenigen des Sozialhilferechts nahe. Danach hat derjenige Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 17 Abs. 1 S. 1 SGB XII), der seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen beschaffen kann (§ 19 Abs. 1 SGB XII und § 19 Abs. 2 S. 1 SGB XII). Es gilt der Vorrang der Selbsthilfe, das heißt grundsätzlich muss das Einkommen und Vermögen für den eigenen Unterhalt eingesetzt werden.

Für die Anwendung des § 48 SGB I ist grundsätzlich von der Bedürftigkeit des Ehegatten/des Lebenspartners nach dem LPartG/des Kindes auszugehen, wenn er/es im Sinne des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch bedürftig ist.

Dies bedeutet:

  • Der Ehegatte/der Lebenspartner nach dem LPartG/das Kind ist bedürftig, wenn er/es Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII erhält oder
  • der Ehegatte/der Lebenspartner nach dem LPartG/das Kind ist bedürftig, wenn der Träger der Sozialhilfe den eventuell abzutrennenden Rententeil auf sich übergeleitet hat oder
  • der Ehegatte/der Lebenspartner nach dem LPartG/das Kind ist bedürftig, wenn er/es zwar keine Unterhaltshilfe nach dem SGB XII erhält, solche aber beantragen könnte.

Die Bedürftigkeit des Ehegatten/des Lebenspartners nach dem LPartG/des Kindes kann damit grundsätzlich durch zusätzliche Rückfrage beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger geklärt werden.

Wird der Antrag auf Abzweigung durch einen Kostenträger gestellt (zum Beispiel Jugendhilfe), kann regelmäßig unterstellt werden, dass Bedürftigkeit vorliegt.

Übt der Ehegatte/der Lebenspartner nach dem LPartG/das Kind eine Beschäftigung oder Tätigkeit aus, bedarf es bei der Anwendung des § 48 SGB I nicht der an sich im Unterhaltsrecht notwendigen Prüfung, ob die Beschäftigung oder Tätigkeit auch zumutbar ist. Bis zu einer anders lautenden gerichtlichen Feststellung kann der Rentenversicherungsträger von der Zumutbarkeit der tatsächlich ausgeübten Beschäftigung oder Tätigkeit ausgehen.

Leistungsfähigkeit

Bei dem Rentenempfänger liegt Leistungsfähigkeit vor, wenn er für seinen eigenen Unterhalt (Lebensbedarf) selbst aufkommen kann und darüber hinaus über Mittel verfügt. Der selbst bedürftige Rentenempfänger ist in keinem Fall leistungsfähig.

Maßgebend für die Leistungsfähigkeit sind sämtliche Einkünfte des Rentenempfängers, also nicht nur seine Rente, sondern die auch sonst unterhaltsrechtlich maßgebenden Einkünfte (zum Beispiel Arbeitseinkommen, Renten aus einer Zusatzversorgung, Einkünfte aus Vermögen und Ähnliches).

Der Lebensbedarf des Rentenempfängers wird unterhaltsrechtlich von seinen Einzelbedürfnissen (Ernährung, Kleidung, Wohnung, aber auch Mehrbedarf wegen Diät und Ähnliches) bestimmt. Für die Anwendung des § 48 SGB I sind diese Einzelbedürfnisse aus Vereinfachungsgründen regelmäßig nicht zu prüfen (so Urteil des BSG vom 13.05.1987, AZ: 7 RAr 13/86, SozR 1200 § 48 Nr. 11).

Bei der Feststellung der Leistungsfähigkeit spricht sich die Rechtsprechung insbesondere für die Anwendung der Düsseldorfer Tabelle (siehe Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht") aus (Urteile des BSG vom 20.06.1984, AZ: 7 RAr 18/83, BSG vom 23.10.1985, AZ: 7 RAr 32/84, und BSG vom 13.05.1987, AZ: 7 RAr 13/86, SozR 1200 § 48 Nrn. 8, 10, 11). Maßstab für die Prüfung der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 48 SGB I ist damit der in der Düsseldorfer Tabelle festgelegte monatliche Selbstbehalt.

Die Höhe des monatlichen Selbstbehalts ist abhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht. Er beinhaltet neben den Kosten für Ernährung, Kleidung und Körperpflege auch feste Kosten für eine Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung. Insbesondere bei erheblich höheren und unvermeidbaren Kosten für die Unterkunft als dort vorgesehen kann der monatliche Selbstbehalt im Einzelfall erhöht werden (so Anmerkungen zur Düsseldorfer Tabelle). Schulden hingegen führen - zumindest bei einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern - regelmäßig nicht zu einer Heraufsetzung des Selbstbehalts. Nach § 1603 Abs. 2 BGB sind Eltern von minderjährigen Kindern verpflichtet, für deren Unterhalt alle verfügbaren Mittel einzusetzen. Schulden des Unterhaltsverpflichteten dürfen nicht den notwendigen Unterhalt der minderjährigen Kinder beeinträchtigen (Urteil des BGH vom 09.05.1984, AZ: IVb ZR 74/82, FamRZ 1984, 657 bis 659; ergänzend Abschnitt 6.1.1). Dies gilt auch für die den minderjährigen Kindern nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB gleichgestellten volljährigen unverheirateten Kinder (siehe auch Leitlinien des OLG Hamm, Ziffer 10.4.2).

Liegt das Gesamteinkommen des Rentenempfängers über dem nach den oben angeführten Grundsätzen festgestellten Betrag, ist er für die Anwendung des § 48 SGB I leistungsfähig.

Eventuell bestehende gesetzliche oder vertragliche Unterhaltsverpflichtungen oder tatsächliche Unterhaltszahlungen des Rentenempfängers für Personen, die keinen Antrag nach § 48 SGB I gestellt haben, können nicht ohne weiteres dazu führen, dass keine Leistungsfähigkeit besteht. Das den maßgebenden Betrag übersteigende Einkommen steht insgesamt für sämtliche Unterhaltsberechtigte zur Verfügung. Seine Verteilung ist ausschließlich nach Abschnitt 5.3 auf der Grundlage des gesetzlichen Ranges vorzunehmen, den die Unterhaltsansprüche zueinander haben.

Nur wenn bei dem Ehegatten/dem Lebenspartner nach dem LPartG/dem Kind Bedürftigkeit vorliegt und beim Rentenempfänger Leistungsfähigkeit vorhanden ist, besteht ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch.

Siehe Beispiel 1

Verletzung der Unterhaltspflicht

Nicht jedes bloße Unterlassen von Unterhaltszahlungen ist nach Dauer und Umfang so schwerwiegend, dass es eine Anwendung des § 48 SGB I, also eine teilweise Auszahlung der Rente unmittelbar an die Unterhaltsberechtigten rechtfertigt (Begründung in der Bundestagsdrucksache 7/868).

Andererseits ist eine Anwendung des § 48 SGB I nicht erst dann geboten, wenn der Straftatbestand einer Verletzung der Unterhaltspflicht (§ 170 StGB) vorliegt.

Es liegt im Ermessen des Rentenversicherungsträgers, ob Maß und Umfang der ‘Nichterfüllung’ der Unterhaltspflicht Maßnahmen rechtfertigen (BSG vom 13.05.1987, AZ: 7 RAr 13/86, und BSG vom 28.07.1987, AZ: 7 RAr 39/86, SozR 1200 § 48 Nr. 11 und 12). Den Verhältnissen im Einzelfall kommt damit erhöhte Bedeutung zu. Allgemein gültig kann daher nur der Rahmen bezeichnet werden, innerhalb dessen die entsprechende Ermessensentscheidung getroffen werden soll. Grundsätzlich ist die Anwendung des § 48 SGB I gerechtfertigt, wenn

  • nach Maßgabe dieser GRA (siehe Abschnitt 3) der Rentenempfänger zu Unterhaltsleistungen an seinen Ehegatten/an seinen Lebenspartner nach dem LPartG/sein Kind verpflichtet ist und
  • der Rentenempfänger zu erkennen gibt, dass er zu Unterhaltsleistungen nicht bereit ist.

Aus dem Verhalten des Rentenempfängers muss sich sein Vorsatz ergeben, trotz Unterhaltsverpflichtung keinen Unterhalt leisten zu wollen. Dies ist der Fall,

  • wenn er nach Aufklärung über seine Unterhaltspflicht keinen Unterhalt leistet beziehungsweise Unterhaltsleistungen ausdrücklich verweigert oder
  • wenn er sich auf eine entsprechende Anfrage innerhalb einer angemessenen Frist nicht äußert.

Allein unregelmäßige oder unpünktliche Erfüllung der Unterhaltspflicht rechtfertigen die Anwendung des § 48 SGB I grundsätzlich nicht. Ausnahmen werden aber dann gelten müssen, wenn durch das Verhalten des Rentenempfängers der Unterhaltsbedarf der Unterhaltsberechtigten (Ehegatte/Lebenspartner nach dem LPartG/Kind) entscheidend gefährdet wird, wenn zum Beispiel die Unterhaltsberechtigten bereits wiederholt wegen des Verhaltens des Rentenempfängers Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch in Anspruch nehmen mussten.

Der Rentenversicherungsträger kann im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 48 SGB I von einer zulässigen Abzweigung absehen, wenn diese aufgrund der Umstände des Einzelfalls (beispielsweise zu geringe Beträge, unverhältnismäßiger Aufwand) nicht angezeigt oder nicht erforderlich ist. Die Abzweigung nach § 48 SGB I soll auch nicht dauerhaft eine Vollstreckung ersetzen.

Es ist nicht ermessensfehlerhaft, die Durchführung der Abzweigung abzulehnen, wenn die Unterhaltspflicht beziehungsweise deren Verletzung - nach vollständig durchgeführten Ermittlungen - nicht zweifelsfrei aufgeklärt werden kann (BSG vom 23.10.1985, AZ: 7 RAr 32/84, SozR 1200 § 48 SGB I Nr. 10). In diesem Fall sind die Parteien darauf hinzuweisen, den Rechtsstreit über den Unterhalt vor dem zuständigen Zivil-(Familien-)Gericht auszutragen.

Angemessene Höhe

Die angemessene Höhe des an die Unterhaltsberechtigten auszuzahlenden Teils der Leistung bestimmt der Rentenversicherungsträger ebenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen. Hierbei hat der Träger zu beachten, dass

  • die Unterhaltsmittel des Leistungsempfängers nicht in dem Maße eingeschränkt werden dürfen, dass er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch in Anspruch nehmen muss und
  • die Unterhaltsberechtigten höchstens das erhalten dürfen, was sie im Unterhaltsverfahren als laufenden Unterhalt verlangen könnten.

Auch bei der Bemessung der angemessenen Höhe gilt der Grundsatz, dass § 48 SGB I als ‘Soforthilfe’ das ordentliche Gerichtsverfahren beziehungsweise Vollstreckungsverfahren nicht ersetzen soll. Höhere Ansprüche als die von dem Rentenversicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen zugebilligten können nur durch Unterhaltsklage und/oder gerichtliches Vollstreckungsverfahren (Pfändung: siehe § 54 SGB I) verfolgt werden.

Im Rahmen seines Ermessens ist der Rentenversicherungsträger berechtigt zu pauschalieren. Dies gilt sowohl für die Festsetzung des mindestens dem Leistungsempfänger verbleibenden Betrages (Selbstbehalt) als auch für die Berechnungsweise des an die Unterhaltsberechtigten zu zahlenden Betrages. Die sonst im Unterhaltsrecht weitgehende individuelle Bemessung von Selbstbehalt und Unterhalt gilt bei § 48 SGB I nur mit Einschränkungen.

Bemessungsgrundlagen im Einzelnen

Unter Berücksichtigung der oben angeführten Grundsätze gilt für die Bemessung der angemessenen Höhe Folgendes:

  • Ist der laufende Unterhaltsanspruch tituliert (§ 794 ZPO), bestimmt der Unterhaltstitel den Unterhaltsanspruch.
    Unterhaltstitel sind Unterhaltsurteile, gerichtliche Vergleiche und notarielle beziehungsweise gerichtliche Urkunden im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Ihre Änderung kann nur durch eine Abänderungsklage im Sinne von § 323 ZPO durch den Leistungsempfänger (Unterhaltspflichtigen) beziehungsweise durch den Unterhaltsberechtigten erreicht werden. Bringt eine der Parteien im Verfahren zu § 48 SGB I vor, dass die Änderung in den Verhältnissen eine neue Bemessung des Unterhaltsanspruches notwendig macht, ist er auf die Möglichkeit des § 323 ZPO hinzuweisen.
    Ist nach Aktenlage davon auszugehen, dass in den für die Feststellung der Unterhaltspflicht (zum Beispiel in einem älteren Unterhaltstitel) maßgeblichen Verhältnissen in der Zwischenzeit eine wesentliche Änderung eingetreten ist (zum Beispiel weil sich die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen verändert hat), so sind in einem solchen Fall, obwohl ein Unterhaltstitel vorhanden ist, die nach § 48 SGB I abzweigbaren Beträge nach den Grundsätzen der Düsseldorfer Tabelle (neu) zu bestimmen. Dem anders lautenden Urteil des BSG vom 17.03.2009, AZ: B 14 AS 34/07 R wird für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gefolgt (siehe RBRTB 2/2010, TOP 3).
    Liegt dem Ersuchen nach Abzweigung nach § 48 SGB I ein Unterhaltstitel zugrunde, ist dies als wesentlicher Aspekt bei der Ermessensausübung hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 48 SGB I zu berücksichtigen (siehe RBRTN 2/2013, TOP 2).
  • Besteht eine nicht titulierte Unterhaltsvereinbarung (Unterhaltsvergleich), richtet sich der Unterhaltsanspruch hiernach.
    Zu den nicht titulierten Unterhaltsansprüchen gehören solche aus Unterhaltsverträgen, außergerichtlichen Unterhaltsvergleichen und sonstigen Urkunden, in denen der laufende Unterhaltsanspruch des Ehegatten/des Lebenspartners nach dem LPartG/des Kindes festgelegt ist. Der Rentenversicherungsträger hat einen so festgesetzten Unterhaltsanspruch so lange zu beachten, wie er nicht durch einen Unterhaltstitel (siehe vorstehende Ausführungen) oder einen neuen Vertrag oder Ähnliches geändert wird. Auch hier ist jedoch der Mindestselbstbehalt (Abschnitt 3.2.2.3) zu beachten.
  • Besteht weder ein Unterhaltstitel noch eine nicht titulierte Unterhaltsvereinbarung (-vergleich), bemisst sich der Unterhaltsanspruch nach den Grundsätzen der ‘Düsseldorfer Tabelle’ (siehe Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht").
    Für die Bemessung der gesetzlichen Unterhaltsansprüche bestehen unterschiedliche Berechnungsverfahren. In der Rechtsprechung findet aber überwiegend die vom Landgericht Düsseldorf entwickelte Düsseldorfer Tabelle Anwendung. Diese Tabelle wird laufend fortgeschrieben und gibt damit am ehesten die Höhe des Unterhaltsanspruches wieder, die die Unterhaltsberechtigten im ordentlichen Unterhaltsverfahren erreichen könnten.
    Besteht kein Unterhaltstitel und kann die Abzweigung durchgeführt werden, ist diese in der Regel zu befristen, sofern sich im Wege der Ermessensausübung keine entgegenstehenden Gesichtspunkte ergeben. Die Dauer der Befristung hat sich an den Umständen des Einzelfalls zu orientieren und sollte in der Regel ein Jahr nicht übersteigen. Dem Unterhaltsgläubiger wird mit der befristeten Abzweigung ausreichend Zeit gegeben, einen Unterhaltstitel zu erwirken.

Maßgebende Leistungen

Wie bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Leistungsempfängers sind für die Bemessung der Unterhaltsansprüche sämtliche Einkünfte zu berücksichtigen, die der Leistungsempfänger regelmäßig erhält. Maßgebend sind also nicht nur die laufenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (zum Beispiel Renten und Übergangsgelder), sondern es sind auch andere Rentenleistungen (etwa aus der Unfallversicherung, der betrieblichen Altersversorgung, der Zusatzversorgung und so weiter) sowie sonstige Einkünfte (aus abhängiger Beschäftigung oder selbständiger Erwerbstätigkeit, Erträgnisse aus Vermietung, Verpachtung, Kapital und anderes mehr) zugrunde zu legen. Dies gilt aber nur insoweit, als die anderen Erträgnisse durch entsprechende Unterlagen oder amtliche Bescheinigungen bewiesen sind. Bloße Angaben der Unterhaltsberechtigten über vermutete sonstige Einkünfte sind kein Beweis.

Da mit der Abzweigung nach § 48 SGB I der voraussichtlich in der Zukunft bestehende laufende Unterhaltsanspruch in gewissem Umfang befriedigt werden soll, sind nur diejenigen sonstigen Einkünfte zu beachten, deren Zahlung auf Dauer gerichtet ist. Nur kurzfristige Erträgnisse (etwa Einmalzahlungen, monatliche Erträgnisse bis zu drei Monaten) bleiben - anders als sonst im Unterhaltsrecht - außer Betracht.

Ob die Auszahlung der Geldleistung verspätet erfolgt oder ob die Geldleistung in einer Summe für mehrere Zeitabschnitte erbracht wird, ist unerheblich, sodass beispielsweise auch Rentennachzahlungen, soweit sie noch nicht erfüllt worden sind, als laufende Geldleistungen abgezweigt werden können.

Keine laufenden Leistungen sind dagegen Witwen- und Witwerrentenabfindungen nach § 107 SGB VI und Beitragserstattungen nach § 210 SGB VI; der Beitragszuschuss zur Krankenversicherung wiederum dient einem anderen Zweck als dem der Sicherung des Lebensunterhalts des Leistungsberechtigten und gegebenenfalls seiner Angehörigen, sodass er für eine Unterhaltssicherung Dritter ebenfalls nicht in Betracht kommen kann.

Wird der Mindestselbstbehalt des Leistungsempfängers (siehe Abschnitt 3.2.2.3) bereits aus sonstigen Erträgnissen gesichert, kann die gesamte Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung für die Unterhaltsansprüche des Ehegatten/des Lebenspartners nach dem LPartG/der Kinder in Anspruch genommen werden.

Trifft eine Abzweigung mit einem angeordneten Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 EStG zusammen, so ist bei der Ermittlung des Ausgangsbetrages (Nettorente) der angeordnete Steuerabzug abzuziehen (siehe AGFAVR 2/2015, TOP 3).

Verfahren bei mehreren Unterhaltsansprüchen

Die Unterhaltsansprüche der nach § 48 SGB I berechtigten Personen (Ehegatte/Lebenspartner nach dem LPartG/leibliche und adoptierte Kinder) sind anderen Ansprüchen gegenüber (zum Beispiel Ansprüchen der sonstigen Verwandten des Leistungsempfängers) vorrangig. Untereinander nehmen minderjährige Kinder und nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegierte Kinder den ersten Rang vor unterhaltsberechtigten Ehegatten und Lebenspartnern nach dem LPartG ein (§ 1609 BGB). Näheres über die Rangfolge von unterhaltsberechtigten Personen ist dem Abschnitt 6.1.5 zu entnehmen.

Sind mehrere gleichrangige Unterhaltsansprüche vorhanden, ist der nach § 48 SGB I abzutrennende Teil gleichmäßig auf die unterhaltsberechtigten Personen zu verteilen. Es ist eine sogenannte Mangelfallberechnung (vergleiche Düsseldorfer Tabelle Ziffer C) durchzuführen.

Soweit der Leistungsempfänger den oben angeführten Ansprüchen gegenüber nachrangige gesetzliche Unterhaltsansprüche erfüllt oder auf anderer Grundlage Leistungen zum Unterhalt an nachrangig unterhaltsberechtigte andere Personen erbringt, ist dies nicht zu beachten. Reichen nach Befriedigung der Unterhaltsansprüche der vorrangig Berechtigten die vorhandenen Mittel für weitere Ansprüche nicht aus, können die übrigen Berechtigten keinen Unterhalt verlangen.

Besonderheit beim Kindesunterhalt

Für die Abzweigung eines Rententeils zur Befriedigung eines Unterhaltsanspruches eines Kindes gelten die oben angeführten Grundsätze. Das heißt, liegen ein Unterhaltstitel oder eine nicht titulierte Unterhaltsvereinbarung vor, richtet sich die Höhe des abzutrennenden Betrages - unter Beachtung des Mindestselbstbehalts (Abschnitt 3.2.2.3) - hiernach. Besteht weder ein Unterhaltstitel noch eine nicht titulierte Unterhaltsvereinbarung richtet sich die Höhe des maximal abtrennungsfähigen Betrages - unter Beachtung des Mindestselbstbehalts (Abschnitt 3.2.2.3) - nach der Düsseldorfer Tabelle.

Die Regelung des § 48 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB I, nach der spezielle Geldleistungen für Kinder, die Bestandteil der Rente des Berechtigten sind, mindestens in Höhe dieser Geldleistung abgetrennt werden können, hat in der gesetzlichen Rentenversicherung kaum noch Bedeutung. Aus Sicht der gesetzlichen Rentenversicherung gehört hierzu nur der Kinderzuschuss gemäß § 270 SGB VI.

Gleiches gilt für § 48 Abs. 2 SGB I. § 48 Abs. 2 SGB I erweitert die Abtrennungsmöglichkeit der Geldleistungen für Kinder im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 SGB I auf Kinder, denen gegenüber der Leistungsberechtigte nicht kraft Gesetzes unterhaltspflichtig ist (so zum Beispiel Stiefkindern und Pflegekindern). Durch das Auslaufen des Kinderzuschusses kommt dieser Regelung in der gesetzlichen Rentenversicherung keine Bedeutung mehr zu.

Die Leistungen nach dem Kindererziehungsleistungsgesetz (KLG) sowie die Kindererziehungszeiten als Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gehören nicht zu den in § 48 Abs. 1 S. 2 und 3 SGB I genannten Geldleistungen für Kinder. Eine gesonderte Abzweigung dieser Beträge ist damit nicht möglich. Die Begründung hierfür liegt in der Tatsache, dass sowohl die Leistung nach dem Kindererziehungsleistungsgesetz als auch die Kindererziehungszeit in keiner Weise im Zusammenhang mit der erhöhten Bedürftigkeit aufgrund des Vorhandenseins eines Kindes gewährt werden.

Düsseldorfer Tabelle

Besteht weder ein Unterhaltstitel noch eine Unterhaltsvereinbarung (Ausnahme: wesentliche Änderung in den Verhältnissen), so hat der Rentenversicherungsträger nach pflichtgemäßem Ermessen auf der Grundlage der unterhaltsrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) selbst darüber zu entscheiden, in welcher Höhe an den unterhaltsberechtigten Ehegatten/Lebenspartner nach dem LPartG beziehungsweise die Kinder Teile der laufenden Geldleistung des Unterhaltspflichtigen zu zahlen sind. Der jeweilige Unterhaltsanspruch ist dann nach den Grundsätzen der Düsseldorfer Tabelle zu prüfen und gegebenenfalls der Höhe nach zu bemessen (BSG vom 20.06.1984, AZ: 7 RAr 18/83).

Bei der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle ist allerdings zu beachten, dass sie nur Richtlinien aufstellt, sodass sie nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann. Somit muss von den Werten dieser Tabelle abgewichen werden, wenn die Verhältnisse des (Einzel-)Falles dies erforderlich machen.

Da aber der „Soforthilfecharakter“ des § 48 SGB I den Rentenversicherungsträger zu einer möglichst raschen Entscheidung drängt, wird nicht jede Besonderheit des Einzelfalles von dem Rentenversicherungsträger ermittelt und im Rahmen der Entscheidung nach § 48 SGB I berücksichtigt werden können. Daher ist es ermessensfehlerfrei, die Unterhaltsberechtigten auf das Unterhaltsverfahren vor den Zivilgerichten zu verweisen, falls sie über die Entscheidung nach § 48 SGB I hinausgehende Ansprüche geltend machen.

Auch soweit die Unterhaltsrichtlinien der jeweiligen Oberlandesgerichte von der Düsseldorfer Tabelle abweichende Werte enthalten, ist es nicht ermessensfehlerhaft, wenn sich der Rentenversicherungsträger im Rahmen seiner Entscheidung nach § 48 SGB I ausschließlich an den Werten der Düsseldorfer Tabelle orientiert; denn es ist nicht Aufgabe des Sozialleistungsträgers, im Rahmen der als Sofortmaßnahme gedachten Abzweigung den Unterhaltsanspruch anstelle des Familiengerichts bindend zu regeln (BSG vom 23.10.1985, AZ: 7 RAr 32/84, und BSG vom 13.05.1987, AZ: 7 RAr 13/86, in SozR 1200 § 48 SGB I Nr. 10 und 11). Gleichwohl können für die Interpretation unbestimmter Begriffe der Düsseldorfer Tabelle auch die Unterhaltsrichtlinien anderer Oberlandesgerichte (zum Beispiel des Oberlandesgerichts Hamm) herangezogen werden.

Im Übrigen kommt der Düsseldorfer Tabelle seit dem 01.01.2008 bundesweite Bedeutung zu, sodass sie nunmehr auch bei Wohnsitz der am Unterhaltsverfahren Beteiligten in den neuen Bundesländern uneingeschränkt anzuwenden ist. Die bisher in sogenannten Ost-West-Fällen als Vortabelle zur Düsseldorfer Tabelle dienende Berliner Tabelle hat über den 31.12.2007 hinaus keine Relevanz mehr, sodass sie jetzt auch nicht mehr fortgeschrieben wird.

Ändern sich die Werte der Düsseldorfer Tabelle (unter der Geltung des neuen Unterhaltsrechts: nach Fortschreibung des nach § 32 Abs. 6 EStG für das sächliche Existenzminimum eines Kindes geltenden Freibetrages), so sind die neuen Werte bei einer laufenden (bereits bestandskräftig entschiedenen) Abzweigung nach § 48 SGB I nur auf Antrag einer beteiligten Person oder Stelle zu berücksichtigen. Ein Aufgreifen der Bestandsfälle von Amts wegen im Geschäftsgang oder aus Anlass einer Rentenanpassung erfolgt nicht (siehe RBRTN 2/2007, TOP 6).

Allgemeines

Anhand der Ausführungen in den nachfolgenden Abschnitten ist der Unterhaltsanspruch des Unterhaltsberechtigten und der dem Unterhaltspflichtigen zu verbleibende Selbstbehalt beziehungsweise angemessene Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen unter Anwendung der Düsseldorfer Tabelle festzustellen.

Einkommen des Unterhaltspflichtigen

Die Unterhaltsrichtsätze orientieren sich am Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen.

Zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen, das im Rahmen der nach der Düsseldorfer Tabelle zu treffenden Feststellungen zu berücksichtigen ist, gehören neben dem Erwerbseinkommen sämtliche Einkünfte, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt oder geeignet sind, so zum Beispiel Renten, Zinsen. Nicht darunter fallen jedoch Leistungen zur Pflege und die nicht der Deckung des Lebensbedarfs dienende Grundrente (§ 31 BVG).

Unterhaltsrechtlich relevant ist das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen, also der Betrag seines Einkommens nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben. Personen (zum Beispiel Selbständige), die freiwillig oder privat gegen Krankheit und Pflege versichert sind, können die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einkommensmindernd geltend machen. Das gilt auch für etwaige Aufwendungen zum Zwecke der privaten Altersvorsorge. Für eine Zusatzkrankenversicherung und eine zusätzliche Altersvorsorge gilt dies jedoch in den Fällen nicht, in denen der Mindestunterhalt für ein minderjähriges Kind nicht aufgebracht werden kann (Urteil des BGH vom 30.01.2013, AZ: XII ZR 158/10).

Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind als Einkommen ebenso zu berücksichtigen wie sonstige Einnahmen (zum Beispiel Tantiemen, Gewinnbeteiligung). Derartige Zahlungen sind in der Regel auf das Jahr umzulegen und in der Höhe ihrer Nettobeträge in die Einkommensermittlung einzubeziehen.

Zu den abzugsfähigen berufsbedingten Aufwendungen (Tabellenteil A, Anmerkung 3) gehören unter anderem Fahrtkosten für den Weg zu und von der Arbeitsstelle, Beiträge für Berufsverbände, typische Arbeitskleidung, Fachliteratur. Diese werden mit einer Pauschale abgegolten. Hierzu wird auf Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht" (siehe Tabellenteil A, Anmerkung 3) hingewiesen.

Siehe Beispiel 3

Schulden (Tabellenteil A, Anmerkung 4) sind vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen nur dann abzuziehen, wenn sie aus einer Zeit resultieren, in der die Familie noch nicht getrennt war, oder wenn ihre Begründung als Folge der Trennung unumgänglich war (zum Beispiel Aufnahme eines Kredits für den Bezug und die Einrichtung einer neuen Wohnung mit notwendigem Mobiliar und entsprechenden Haushaltsgeräten, vergleiche Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm, Ziffer 10.4). Bestehen auf Seiten des Unterhaltspflichtigen jedoch Verbindlichkeiten, die dieser erst nach der Trennung und insbesondere trotz Kenntnis der bestehenden Unterhaltspflicht eingegangen ist, so kann er diese nicht mit Erfolg dem oder den Unterhaltsberechtigten entgegenhalten. Für solche Schulden muss der Unterhaltspflichtige vielmehr allein aufkommen, indem er sie aus dem Einkommen zu bestreiten hat, das ihm nach Abzug des Kindes-, Ehegatten-, Lebenspartnerunterhalts verbleibt.

Selbstbehalt/angemessener Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen

Der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen bezeichnet die untere Grenze dessen, was dem Betreffenden auf jeden Fall verbleiben muss („Opfergrenze“).

Die Düsseldorfer Tabelle legt im Tabellenteil A, Anmerkung 5 Werte für den Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen fest:

  • gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern und gegenüber diesen Kindern gleichgestellten volljährigen unverheirateten Kindern,

wenn der Unterhaltspflichtige nicht erwerbstätig („kleiner Selbstbehalt“) und wenn der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ("großer Selbstbehalt") ist.

Die Düsseldorfer Tabelle legt darüber hinaus auch Werte für den angemessenen Eigenbedarf des Unterhaltsverpflichteten fest:

  • gegenüber volljährigen Kindern, die mit minderjährigen unverheirateten Kindern nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nicht gleichgestellt sind.

Im Tabellenteil B, Anmerkung IV sind Werte für den Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen festgelegt

  • gegenüber dem getrennt lebenden und dem geschiedenen Ehegatten, unabhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig oder nicht erwerbstätig ist.

Die zu berücksichtigenden Werte der Düsseldorfer Tabelle in den seit 01.07.2003 veröffentlichten Fassungen sind in Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht" zu entnehmen.

Bezüglich des Selbstbehalts bei Übergangsgeldbeziehern während einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und Leistung zur medizinischen Rehabilitation wird auf die Ausführungen in Abschnitt 11.2 hingewiesen.

Bis zum 31.12.2007 bestimmte sich der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen, der im Beitrittsgebiet wohnte, nach den Lebens- und Einkommensverhältnissen im Beitrittsgebiet, sodass im pauschalierten Verfahren für ihn nicht der Selbstbehalt nach der Düsseldorfer Tabelle, sondern entweder der nach der Berliner Tabelle (bei Wohnsitz in Berlin) oder der nach den Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts (bei Wohnsitz im Beitrittsgebiet außerhalb von Berlin) maßgebend war. Eine solche Differenzierung erfolgt seit dem 01.01.2008 nicht mehr. Damit stehen ab diesem Zeitpunkt alle an einem Unterhaltsrechtsverhältnis Beteiligten einander gleich, ungeachtet ihres Wohnorts (siehe hierzu auch Ziffer 25 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in der Fassung vom 01.01.2008).

In Einzelfällen kann von dem entsprechenden Tabellenwert auch abgewichen werden. Denn Gegenstand von Unterhaltsvergleichen beziehungsweise -vereinbarungen können auch Absprachen der Parteien sein, die Veranlassung dazu geben, den Selbstbehalt individuell zu bestimmen.

Bei der Festlegung des Selbstbehalts nach der Düsseldorfer Tabelle ist Folgendes noch zu beachten:

a) gegenüber minderjährigen und gleichgestellten volljährigen Kindern

In dem jeweiligen Betrag ist jeweils ein Betrag für Warmmiete und umlagefähige Nebenkosten enthalten (Tabellenteil A, Anmerkung 5). Die Werte im Einzelnen sind den Ausführungen in Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle-Übersicht", zu entnehmen. Sind die diesbezüglichen tatsächlichen Aufwendungen höher und nicht unangemessen und weist der Unterhaltspflichtige dies nach, wird man den Selbstbehalt entsprechend höher ansetzen müssen.

Der für den erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen höhere Selbstbehalt soll den Unterhaltspflichtigen nicht zuletzt davon abhalten, sich durch Aufgabe der Beschäftigung seiner Unterhaltspflicht zu entziehen. Der Mehrbetrag soll jedenfalls nicht die nicht bezifferbaren berufsbedingten Aufwendungen abdecken, für die bereits vor Prüfung des Selbstbehalts eine Pauschale abzuziehen ist. Die Einzelheiten hierzu sind den Ausführungen in der Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht"" (siehe Tabellenteil A, Anmerkung 3), zu entnehmen.

Siehe Beispiel 4

b) gegenüber volljährigen Kindern, die minderjährigen Kindern nicht gleichgestellt sind

In dem Betrag für den angemessenen Eigenbedarf ist jeweils ein Betrag für Warmmiete enthalten (Tabellenteil A, Anmerkung 5).

Aufgrund besonderer Umstände kann für den angemessenen Eigenbedarf aber auch ein höherer Betrag angesetzt werden. Zudem ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Beispiel die Zumutbarkeit weiterer Unterhaltszahlungen für die Eltern dann besonders zu prüfen, wenn das volljährige Kind bereits eine Ausbildung abgeschlossen hat und nunmehr die Finanzierung einer weiteren (zweiten) Ausbildung begehrt.

Der angemessene Eigenbedarf gegenüber volljährigen Kindern gilt - jedenfalls vom Grundsatz her - sowohl für den (noch) erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen als auch für denjenigen Unterhaltspflichtigen, der nicht (mehr) erwerbstätig ist, weil er zum Beispiel bereits Rente bezieht.

Mit einem angemessenen Eigenbedarf ist im Rahmen der Prüfung und Bemessung von Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder im Übrigen auch der unterhaltsberechtigte Ehegatte, der volljährigen Kindern im Range vorgeht, zu berücksichtigen.

c) gegenüber dem Ehegatten/Lebenspartner nach dem LPartG

Die Höhe des Selbstbehalts ist nicht davon abhängig, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig oder nicht erwerbstätig ist. Seit dem 01.01.2015 gilt sowohl für erwerbstätige als auch für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige ein einheitlicher Wert (siehe hierzu die Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht", Stand: 01.01.2015 und später).

Bedarfssätze der Unterhaltsberechtigten

Die Bedarfssätze für Kinder regelt die Düsseldorfer Tabelle unter A, die des Ehegatten unter B. Zu den minderjährigen Kindern gehören im unterhaltsrechtlichen Sinne auch die ihnen gleichgestellten volljährigen Kinder.

Unterhaltsbedarf der Kinder

Der Ausgangswert für die Ermittlung des individuellen Unterhalts ist seit dem 01.01.2008 der in § 1612a Abs. 1 S. 2 BGB definierte Mindestunterhalt. Seine Höhe knüpfte bis zum 31.12.2015 unmittelbar an den einkommensteuerrechtlichen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 S. 1 EStG an.

Der für die Zeit bis zum 31.12.2015 zu berücksichtigende Kinderfreibetrag in § 32 Abs. 6 S. 1 EStG steht steuerrechtlich jedem Elternteil zu; er ist deshalb halbiert. Die Summe dieser beiden Beträge (also der doppelte Kinderfreibetrag) stellte bis zum 31.12.2015 das sächliche Existenzminimum dar. Von seinem Betrag leitete sich bis zum 31.12.2015 der Mindestunterhalt für die verschiedenen Altersstufen ab, wobei für das gesamte Bundesgebiet einheitliche Werte gelten (die Differenzierung bei den Unterhaltssätzen für Kinder in den alten und neuen Bundesländern ist entfallen). Ab dem 01.01.2016 wurde der Mindestunterhalt vom Kinderfreibetrag entkoppelt. Als Bezugsgröße wird unmittelbar auf das steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum minderjähriger Kinder abgestellt.

Der Mindestunterhalt gemäß § 1612a BGB ist nach dem Lebensalter des Kindes gestaffelt und betrug/beträgt danach

  • bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr des Kindes (erste Altersstufe) 87 Prozent,
  • vom siebten bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr des Kindes (zweite Altersstufe) 100 Prozent und
  • vom dreizehnten Lebensjahr des Kindes an (dritte Altersstufe) 117 Prozent

(eines Zwölftels) des doppelten Kinderfreibetrages nach § 32 Abs. 6 S. 1 EStG für die Zeit bis zum 31.12.2015 beziehungsweise ab 01.01.2016 des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums des minderjährigen Kindes. Seit dem 01.01.2016 wird der Mindestunterhalt für die drei oben genannten Altersstufen durch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz festgelegt. Die Festlegung erfolgt vom Ministerium alle 2 Jahre. Die entsprechenden Beträge für die verschiedenen Altersstufen sind der Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht" zu entnehmen.

Die Düsseldorfer Tabelle kennt - quasi in Ergänzung des § 1612a Abs. 1 BGB - noch eine weitere, vierte Altersstufe, die den sogenannten Volljährigenunterhalt betrifft, für den ein Existenzminimum aber nicht gesetzlich festgelegt ist. Der Ausgangsbetrag dieses Unterhalts ergibt sich rechnerisch aus dem Unterhalt der dritten Altersstufe zuzüglich der Differenz zwischen dem Unterhalt der zweiten und dem der dritten Altersstufe. Die genauen Werte sind der Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht", zu entnehmen.

Bei dem Unterhalt der minderjährigen unverheirateten Kinder und der ihnen gleichgestellten volljährigen Kinder differenziert die Düsseldorfer Tabelle neben den bereits erwähnten Altersstufen seit dem 01.01.2008 zwischen insgesamt 10 (bis zum 31.12.2007: zwischen 13) Einkommensgruppen des Unterhaltspflichtigen. Hinsichtlich der Höhe der Unterhaltsrichtsätze geht die Düsseldorfer Tabelle seit dem 01.01.2010 von zwei Unterhaltsberechtigten (ohne Rücksicht auf deren Rang) aus.

Auch nach dem seit dem 01.01.2008 geltenden Unterhaltsrecht kann das minderjährige Kind von dem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, Unterhalt in dynamischer Form verlangen (§ 1612a Abs. 1 S. 1 BGB). Als Rechengröße dient dabei der jeweilige Mindestunterhalt nach § 1612 a Abs. 1 S. 2 BGB.

Somit kann der Individualunterhalt des Kindes nach wie vor entweder als statischer Unterhalt in Höhe eines Festbetrages oder als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts festgesetzt werden. Auch im Rahmen einer Abzweigung nach § 48 SGB I ist deshalb der maßgebliche individuelle Unterhalt entsprechend der materiellen Rechtslage anzupassen beziehungsweise zu dynamisieren, wenn beziehungsweise sobald dies beantragt wird.

Siehe Beispiel 2

Anmerkung 7 des Tabellenteils A in Verbindung mit der 4. Altersstufe der Tabelle regelt den Unterhalt des volljährigen Kindes, das in Ermangelung der Voraussetzungen des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB einem minderjährigen Kind nicht gleichgestellt ist.

Ehegattenunterhalt

Die Düsseldorfer Tabelle unterscheidet beim Ehegattenunterhalt, der anders als der Unterhalt minderjähriger unverheirateter Kinder stets als statischer Betrag (Festbetrag) festzustellen ist, im Tabellenteil B zwischen Ansprüchen gegen erwerbstätige und nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige (Anmerkungen I,1 und I,2) sowie zwischen Unterhaltsansprüchen ohne Beteiligung (Anmerkungen I und II) und mit Beteiligung unterhaltsberechtigter Kinder (Anmerkung III). Der notwendige Eigenbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten ergibt sich aus den Anmerkungen V und VI.

Mangelfälle

Tabellenteil C der Düsseldorfer Tabelle zeigt die Berechnung der Unterhaltsansprüche auf, wenn das Einkommen nicht zur Deckung des notwendigen Bedarfs des Unterhaltspflichtigen und mehrerer nach § 1609 BGB im Range gleichstehender Unterhaltsberechtigte ausreicht.

Rangfolge

Die ab dem 01.01.2008 geltende Rangordnung in § 1609 BGB räumt den minderjährigen und den privilegierten volljährigen Kindern nunmehr den absoluten Vorrang und damit Rang 1 vor allen anderen Unterhaltsberechtigten ein. Denn sie sind anders als Erwachsene regelmäßig nicht in der Lage, für ihren Unterhalt selbst aufzukommen.

Volljährige Kinder, die nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nicht privilegiert sind, stehen dagegen erst im vierten Rang, während die Ränge dazwischen Elternteile, Ehegatten und geschiedene Ehegatten belegen, und zwar in folgender Reihenfolge:

  • Rang 2:
    Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder bei einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer.
  • Rang 3:
    Ehegatten und geschiedene Ehegatten, wenn sie nicht die Voraussetzungen für eine Einordnung in Rang 2 erfüllen.

Im Verhältnis zu anderen Unterhaltsansprüchen nimmt der Unterhalt für minderjährige oder ihnen gleichgestellte volljährige Kinder im Übrigen auch deshalb eine Sonderstellung ein, weil er vor dem Unterhalt des Ehegatten im Wege eines Vorwegabzugs ermittelt wird; insoweit ist eine Änderung gegenüber dem bisherigen Recht nicht eingetreten.

Unterhalt minderjähriger und gleichgestellter volljähriger Kinder

Gegenüber minderjährigen Kindern, die unverheiratet sind, sind Eltern nach § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB „gesteigert“ unterhaltspflichtig. Diese gesteigerte Unterhaltspflicht kommt darin zum Ausdruck, dass der leistungsfähige Unterhaltspflichtige alle verfügbaren Mittel bis zum sogenannten notwendigen Selbstbehalt einsetzen muss, wenn das Kind den eigenen Unterhalt nicht aus dem Stamme seines Vermögens bestreiten kann und kein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist. Den minderjährigen unverheirateten Kindern stehen unterhaltsrechtlich volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden (§ 1603 Abs. 2 S. 2 BGB, eingefügt mit Wirkung vom 01.07.1998 durch das Gesetz zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder vom 06.04.1998, BGBl. I S. 666). Die allgemeine Schulausbildung umfasst nicht nur die gesetzliche Schulpflicht, sondern auch deren Weiterführung zu den Regelabschlüssen mittlere Reife (zum Beispiel Mittlerer Schulabschluss, Realschulabschluss) und Abitur. Nicht erfasst ist hingegen der Besuch einer Berufsschule, da diese schon zu einem Beruf ausbildet und keine allgemeine Schulausbildung vermittelt (Regelung analog zu § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG).

Unterhaltsbedarf

Die in der Düsseldorfer Tabelle angegebenen Unterhaltsbeträge sind ihrer Höhe nach so bemessen, dass sie in der Regel den gesamten Bedarf des Kindes abdecken; sie gelten uneingeschränkt für den Fall, in dem das Kind bei dem betreuenden Elternteil - in der Regel bei der Mutter - wohnt, sodass der Wohnbedarf nur mit verhältnismäßig geringen Beträgen zu Buche schlägt.

Da die Beträge der Düsseldorfer Tabelle den Unterhalt aber lediglich pauschalieren, muss bei einem etwaigen Mehrbedarf vor allem für ein krankes oder behindertes Kind oder für ein Kind, das nicht bei einem Elternteil wohnt, sondern zum Beispiel in einem Heim untergebracht ist, der Unterhaltsbedarf des Kindes entsprechend erhöht werden.

Wohnt das Kind nicht bei einem Elternteil, so kann dies aber auch aus anderen Gründen von Bedeutung sein, weil dann nämlich - jedenfalls vom Grundsatz her - beide Elternteile entsprechend ihrer individuellen Leistungsfähigkeit gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig sein können.

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind in den Unterhaltsbeträgen der Düsseldorfer Tabelle nicht enthalten (Tabellenteil A, Anmerkung 9). Das ist jedoch ohne Bedeutung, wenn und solange das Kind im Rahmen der Familienversicherung mitversichert ist. Endet diese Familienversicherung aber oder ist der Unterhaltspflichtige Mitglied einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung, so hat er auch die Kosten für eine eigene Kranken- und Pflegeversicherung des Kindes zu tragen.

Höher- und Herabgruppierung

In Bezug auf die Höhe der Unterhaltsbeträge geht die Düsseldorfer Tabelle in der Fassung ab 01.01.2010 von der Annahme aus, dass der Unterhaltspflichtige nicht mehr drei (entsprechend der Rechtslage bis zum 31.12.2009), sondern nur noch zwei Personen (ohne Rücksicht auf deren Rang) Unterhalt zu leisten hat. Für die Fälle, in denen die Zahl der Unterhaltsberechtigten geringer oder höher ist, sieht die Tabelle eine Höher- beziehungsweise Herabgruppierung sowie Zu- oder Abschläge in Form eines Zwischenbetrages vor.

Darüber hinaus ist nach der Düsseldorfer Tabelle eine Herabstufung des Kindesunterhalts gegebenenfalls bis in die unterste Einkommensgruppe vorzunehmen, wenn allein dadurch der Mindestbedarf aller Beteiligten - einschließlich des Ehegatten - gedeckt werden kann.

Somit kann der Unterhalt eines Kindes nicht ohne weiteres aus der Gruppe der Düsseldorfer Tabelle, die dem Einkommen des Unterhaltsschuldners entspricht, abgelesen werden. Trifft der Unterhaltsanspruch eines Kindes etwa mit dem Unterhaltsanspruch eines Ehegatten zusammen, muss trotz des Nachrangs des Ehegattenunterhalts darauf geachtet werden, inwieweit der Vorwegabzug des Kindesunterhalts den Ehegattenunterhalt beeinflusst.

Steht dem Ehegatten dann kein in Bezug auf die ehelichen Verhältnisse angemessener Unterhalt mehr zu, weil sonst der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen unterschritten würde, muss der Kindesunterhalt einer niedrigeren Einkommensgruppe entnommen werden, deren Bedarfskontrollbetrag unter Berücksichtigung des Kindesunterhalts und des Ehegattenunterhalts noch gewahrt ist.

Erst wenn der Unterhaltspflichtige ohne Gefährdung seines Selbstbehalts den nach der Herabstufung in die unterste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle für den Kindes- und den Ehegattenunterhalt notwendigen Betrag nicht aufbringen kann, liegt eine Fallkonstellation vor, bei der sich der Vorrang des Kindesunterhalts durchsetzt; nur zwischen erstrangigen Unterhaltsberechtigten (nicht aber zwischen Kindern und dem Ehegatten) ist dann gegebenenfalls eine Mangelberechnung vorzunehmen.

Häufig wird ein Elternteil nur gegenüber einem Kind (also nicht auch gegenüber einem Ehegatten und einem weiteren Kind) unterhaltspflichtig sein. In einem solchen Fall dürfte - ausgehend von der bisherigen Praxis der Familiengerichte - nunmehr eine Höhergruppierung um eine Gruppe als angemessen erachtet werden.

Liegt zudem das Einkommen des Unterhaltspflichtigen im Grenzbereich zweier Gruppen, so wäre es auch vertretbar, Unterhalt nach einem Zwischenwert zu bemessen.

Siehe Beispiel 5

Bedarfskontrollbetrag

Der Bedarfskontrollbetrag soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den Kindern gewährleisten (Tabellenteil A, Anmerkung 6). Mit Ausnahme der untersten Einkommensgruppe ist er nicht identisch mit dem notwendigen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen. Sein Zweck ist es, eine (für den Unterhaltspflichtigen nachteilige) unangemessen hohe Eingruppierung zu verhindern, und zwar sowohl dann, wenn eine Unterhaltspflicht nur gegenüber minderjährigen Kindern besteht, als auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige nicht nur seinen Kindern, sondern auch seinem Ehegatten gegenüber unterhaltspflichtig ist.

Dadurch, dass dem Unterhaltspflichtigen dann in jedem Fall der Bedarfskontrollbetrag zu belassen ist, wird erreicht, dass an seinem höheren Einkommen nicht nur die Kinder partizipieren, sondern auch er selbst. Denn der Kindesunterhalt muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Betrag stehen, der dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug des Kindes- und gegebenenfalls Ehegattenunterhalts verbleibt.

Wird der Bedarfskontrollbetrag der jeweiligen Einkommensgruppe unterschritten, ist als Kindesunterhalt der Tabellenbetrag der nächstniedrigeren Einkommensgruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, oder eventuell ein Zwischenbetrag anzusetzen. Letztlich muss sogar ein niedrigerer Kindesunterhalt als der Tabellenwert der untersten Einkommensgruppe (gegebenenfalls nach Durchführung einer „Mangelberechnung“) angesetzt werden, wenn auch der (mit dem Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen identische) Bedarfskontrollbetrag der untersten Einkommensgruppe unterschritten wird.

Siehe Beispiel 6

Kindergeld

Im Gegensatz zum früheren Recht wird das Kindergeld ab dem 01.01.2008 unmittelbar auf den regelmäßig nach Maßgabe der Düsseldorfer Tabelle ermittelten Unterhaltsbedarf des Kindes angerechnet, der damit eine entsprechende Minderung erfährt. Faktisch wird das Kindergeld dabei wie eigenes Einkommen des Kindes behandelt und damit seiner unterhaltsrechtlichen Zweckbindung Rechnung getragen. Je nach Fallkonstellation kommt bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs eine hälftige oder eine volle Anrechnung des Kindergeldes in Betracht.

Diese Neuregelung in § 1612b BGB („Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld“) ersetzt die bisherige Regelung (§ 1612b Abs. 5 BGB in der Fassung bis zum 31.12.2007), wonach die Anrechnung des Kindergeldes auf den Unterhalt des Kindes zu unterbleiben hatte, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande war, Unterhalt in Höhe von 135 % des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.

Berücksichtigung des Kindergeldes in hälftiger Höhe

Im Normalfall wird ein Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber dem minderjährigen Kind durch Pflege und Erziehung (Betreuungsunterhalt) erfüllen (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB). Unter dieser Voraussetzung ist das Kindergeld nach § 1612b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB nicht in voller, sondern nur in hälftiger Höhe als Einkommen auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Dabei bleibt bis zum 31.12.2015 das Kindergeld vor der Erhöhung im Jahr 2015 maßgebend. Wenn dann der betreuende Elternteil gemäß § 64 Abs. 2 S. 1 EStG das Kindergeld bezieht, mindert es den von dem anderen Elternteil zu leistenden Barunterhalt in Höhe seines hälftigen Betrages. Wegen der Höhe der Beträge im Einzelnen wird auf die Ausführungen in der Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht" (siehe Anhang: Tabelle Zahlbeträge) verwiesen. Die andere Hälfte des Kindergeldes soll entsprechend dem Grundsatz, dass Bar- und Betreuungsunterhalt gleichwertig sind, den betreuenden Elternteil entlasten.

Die bedarfsdeckende Berücksichtigung des Kindergeldes führt in der Konsequenz dazu, dass dem Kind nur ein Anspruch auf Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle in Höhe eines um das hälftige Kindergeld gekürzten Betrages zusteht, sofern der Barunterhaltspflichtige über ein entsprechendes unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen über dem Selbstbehalt verfügt. Bei geringerem Einkommen ist der Unterhaltsanspruch des Kindes auf den Betrag begrenzt, der den Selbstbehalt übersteigt.

Berücksichtigung des Kindergeldes in voller Höhe

Liegen die Voraussetzungen nach § 1612b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB nicht vor, ist das Kindergeld nach § 1612b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des Kindes anzurechnen. Wegen der Höhe der Werte im Einzelnen siehe Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht" (Anhang: Tabelle Zahlbeträge). Diese Rechtsfolge ergibt sich insbesondere

  • für minderjährige Kinder, die nicht von einem Elternteil, sondern von Dritten betreut werden,
  • für verheiratete minderjährige Kinder und
  • für volljährige Kinder grundsätzlich, selbst wenn sie nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegiert sind oder noch im Haushalt eines Elternteils leben.

Unabhängig davon, wer das Kindergeld erhält (ob ein Elternteil, das Kind selbst oder ein Sozialleistungsträger), ist bei diesen Fallkonstellationen das gesamte auf das Kind entfallende Kindergeld als eigenes Einkommen des Kindes zu behandeln und auf dessen Bedarf anzurechnen. Beide Elternteile haben dann entsprechend ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit anteilig für den Unterhalt des Kindes aufzukommen. Der sich ausgehend von den zusammengerechneten Einkünften beider Eltern ermittelte Unterhaltsbedarf ist dann um den vollen Betrag des Kindergeldes zu kürzen.

Besonderheit für Zählkinder

Sind mehrere gemeinschaftliche Kinder vorhanden, so ist für jedes dieser Kinder ein gleicher Anteil am (Gesamt-)Kindergeld zugrunde zu legen und bedarfsmindernd anzurechnen. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn § 1612b Abs. 2 BGB einschlägig ist, weil neben einem gemeinschaftlichen Kind wenigstens ein weiteres, jedoch nicht gemeinschaftliches Kind als „Zählkind“ berücksichtigt worden ist. In einem solchen Fall ist von dem (fiktiven) Kindergeldbetrag auszugehen, auf den ohne Berücksichtigung dieses „Zählkindes“ Anspruch bestehen würde. Auch im umgekehrten Fall, wenn ein gemeinschaftliches Kind als „Zählkind“ für ein weiteres (aber nicht gemeinschaftliches) Kind vorhanden ist, muss der „Zählkindvorteil“ deshalb unberücksichtigt bleiben.

Siehe Beispiel 7

Eigenes Einkommen des Kindes

Bezieht das Kind eigenes Einkommen, so ist dieses auf den sich aus der Anwendung der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Wert anzurechnen. Barunterhalt und Betreuungsunterhalt, den der Elternteil gewährt, bei dem das Kind wohnt, sind jedoch - wie schon in Abschnitt 6.2.1.3.1 ausgeführt - gleichwertig (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB). Das Einkommen des Kindes darf daher nicht nur einem Elternteil zugutekommen. Es ist demzufolge auch nur zum Teil, in der Regel zur Hälfte, auf den Barunterhalt anzurechnen.

Erhält das Kind, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, eine Ausbildungsvergütung, so ist diese vor ihrer Anrechnung um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf zu kürzen. (Tabellenteil A, Anmerkung 8).

Siehe Beispiel 8

Unterhalt volljähriger Kinder

Gegenüber volljährigen Kindern, wenn sie minderjährigen unverheirateten Kindern nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nicht gleichgestellt sind, sind Eltern nur begrenzt unterhaltspflichtig. Eltern müssen für den Unterhalt volljähriger Kinder - anders als bei der „gesteigerten“ Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern - nicht alle Mittel bis zum notwendigen Selbstbehalt, sondern nur diejenigen Mittel einsetzen, die den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährden. Dem Unterhaltspflichtigen muss daher (zumindest) sein eigener angemessener Unterhalt verbleiben (§ 1603 Abs. 1 BGB). Insoweit unterscheidet sich der Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder von dem minderjähriger unverheirateter Kinder beziehungsweise von dem des Ehegatten oder Lebenspartners nach dem LPartG.

Unterhaltsbedarf

Der nach der Düsseldorfer Tabelle für ein volljähriges Kind anzusetzende Unterhaltsbedarf richtet sich auch danach, ob das Kind noch im Haushalt der Eltern oder zumindest eines Elternteils wohnt oder ob das Kind studiert, ohne bei seinen Eltern oder bei einem Elternteil zu wohnen; Studierenden gleichgestellt sind Kinder mit eigenem Haushalt (Tabellenteil A, Anmerkung 7). Dies gilt allerdings nur, wenn das Kind noch keine eigene Lebensstellung erlangt hat, sich also zum Beispiel noch in Ausbildung befindet.

Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, ist der Unterhaltsbedarf ausgehend von der jeweiligen Einkommensgruppe aus der Altersstufe 4 zu ermitteln.

Mit dem in der Tabelle angeführten Unterhaltsbedarf für Studierende und volljährige Kinder mit eigenem Haushalt soll der gesamte Bedarf abgedeckt werden, also insbesondere Verpflegung, Wohnen, Studienkosten, Fachliteratur, Fahrten am Studienort und gelegentliche Heimfahrten. Lediglich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind in diesem Betrag nicht enthalten. Auf die Ausführungen in der Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht", wird hingewiesen.

Kindergeld und eigenes Einkommen des Kindes

Unabhängig davon, wer das Kindergeld erhält, ist dieses in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des Kindes anzurechnen.

Auch eigenes Einkommen des Kindes ist voll anzurechnen. Berufsbedingte Aufwendungen sind einkommensmindernd nur dann zu berücksichtigen, wenn das Kind nicht im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebt.

Wohnt das Kind noch bei den Eltern oder einem Elternteil und ist deshalb der Unterhalt der jeweiligen Einkommensgruppe angesetzt worden, so ist eine Ausbildungsvergütung, die das Kind erhält, vor ihrer Anrechnung regelmäßig um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf zu kürzen (Tabellenteil A, Anmerkung 8).

Ehegattenunterhalt

Nach § 1360 BGB sind die Ehegatten einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Leben die Ehegatten getrennt, so kann nach § 1361 BGB ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen angemessenen Unterhalt verlangen. Durch die in den §§ 5, 12 LPartG normierte entsprechende Anwendung der Regelungen der §§ 1360 S. 2, 1361 BGB sind die nachfolgenden, für Ehegatten geltenden Grundsätze auch für Lebenspartner nach dem LPartG zu berücksichtigen (siehe hierzu die Ausführungen im Abschnitt 3.2.2.1).

Abweichungen vom Mindestbedarf (Existenzminimum) des unterhaltsberechtigten Ehegatten - Tabellenteil B, Anmerkung V - sind unter Umständen dann geboten, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit dem Unterhaltspflichtigen (noch oder wieder) in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Dann bestimmt sich der notwendige Eigenbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern oder nachrangigen (geschiedenen) Ehegatten nach Teil B der Düsseldorfer Tabelle, Anmerkung VI. Hinsichtlich der Werte im Einzelnen wird auf die Aktuelle Werte "Düsseldorfer Tabelle - Übersicht", verwiesen.

Die Düsseldorfer Tabelle unterscheidet darüber hinaus zwischen

  • unterhaltsberechtigten Ehegatten ohne gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder und
  • unterhaltsberechtigten Ehegatten mit gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindern.

Ferner kommt es bei Anwendung der Düsseldorfer Tabelle darauf an, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig oder nicht erwerbstätig ist und ob der unterhaltsberechtigte Ehegatte seinerseits über Einkommen verfügt (Tabellenteil B, Anmerkungen I und III).

Unterhaltsansprüche zwischen Ehegatten ohne gemeinsame unterhaltsberechtigte Kinder

Hat der unterhaltsberechtigte Ehegatte kein eigenes Einkommen, so sind 3/7 des berücksichtigungsfähigen Erwerbseinkommens des Unterhaltspflichtigen als angemessener Unterhalt anzusetzen. Die Quote von 3/7 berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen bei der Bedarfsbemessung ein die Hälfte des verteilungsfähigen Einkommens maßvoll übersteigender Betrag verbleiben muss. Man bezeichnet diesen Betrag auch als Erwerbstätigenbonus, und dieser beläuft sich nach der Düsseldorfer Tabelle auf 1/7. Allerdings ist der Erwerbstätigenbonus nur auf das Erwerbseinkommen anzurechnen. Hat der Unterhaltspflichtige nur oder daneben andere Einkünfte (zum Beispiel Rente), so gilt für diese der Halbteilungsgrundsatz.

Siehe Beispiel 9

Unterhaltsansprüche zwischen Ehegatten mit gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindern

Werden gemeinsame minderjährige unverheiratete Kinder oder ihnen gleichgestellte volljährige Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB vom Unterhaltsberechtigten versorgt, so ist der Kindesunterhalt in voller Höhe vorab vom Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen und von dem dann verbleibenden Einkommen der Ehegattenunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln (Tabellenteil B, Anmerkung III). Ausnahmsweise kann ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts auch für andere als gemeinsame Kinder in Betracht kommen, wenn der Unterhaltspflichtige schon während des Zusammenlebens für sie Unterhalt zu zahlen hatte. Kinder, die aus einer Verbindung stammen, die zur Trennung geführt hat, scheiden dabei aber aus. Auch für Kinder, die bereits volljährig sind, ohne dass sie minderjährigen unverheirateten Kindern gleichgestellt sind, ist ein Vorwegabzug grundsätzlich ausgeschlossen, denn deren Unterhaltsanspruch geht dem Unterhaltsanspruch des Ehegatten im Range nach.

Der sogenannte „Erwerbstätigenbonus“, der in der Aufteilung des maßgeblichen Erwerbseinkommens im Verhältnis von 4/7 zu 3/7 seinen Niederschlag findet, steht dem Unterhaltspflichtigen nur gegenüber dem unterhaltsberechtigten Ehegatten, nicht aber gegenüber den unterhaltsberechtigten Kindern zu. Bei einem Vorwegabzug des Kindesunterhalts wird der Erwerbstätigenbonus daher erst von dem danach verbleibenden Nettoeinkommen gewährt. Damit bleibt er ohne Einfluss auf den Kindesunterhalt.

Siehe Beispiel 10

Unterhalt in Mangelfällen

Reicht der Betrag, der von dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen zur Verfügung steht, nicht aus, um beim Zusammentreffen von Ansprüchen mehrerer Berechtigter, die im Range gleichstehen, diesen einen angemessenen, zumindest aber notwendigen Unterhalt zu garantieren, kommt es zu der im Teil C der Düsseldorfer Tabelle beschriebenen Mangelberechnung.

Nach dem ab dem 01.01.2008 geltenden Recht stehen allein noch die minderjährigen unverheirateten und die nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privilegierten volljährigen Kinder im ersten Rang, sodass immer dann, wenn ein solches Kind unterhaltsberechtigt ist, eine Mangelberechnung nur Platz greift, wenn daneben andere Kinder gleichen Rangs ebenfalls Anspruch auf Unterhalt erheben.

Wenn das nicht der Fall ist, entfällt die Durchführung einer Mangelberechnung, weil dann der Unterhaltsanspruch des minderjährigen unverheirateten oder des privilegierten volljährigen Kindes vor allen anderen Unterhaltsansprüchen zu befriedigen ist; gegebenenfalls kann dann nur noch bezogen auf einen hinteren Rang (etwa beim Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen eines getrennt lebenden und eines geschiedenen Ehegatten (Rang 2 oder 3) oder mehrerer volljähriger, aber nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB nicht privilegierter Kinder (Rang 4) eine Berechnung im Mangelfall erforderlich sein.

Dem Umstand, dass das Kindergeld seit dem 01.01.2008 unmittelbar auf den Bedarf des Kindes anzurechnen ist - die Düsseldorfer Tabelle unterscheidet deshalb auch zwischen dem Unterhaltsbedarf des Kindes und dem tatsächlich zu zahlenden Kindesunterhalt („Zahlbetrag“) -, ist bei Durchführung einer Mangelberechnung in der Weise Rechnung zu tragen, dass hier der Unterhalt des Kindes entweder mit seinem um das hälftige oder das volle Kindergeld gekürzten Betrag anzusetzen ist; in jedem Fall darf dieser Betrag aber den Mindestunterhalt des Kindes nach § 1612a Abs. 1 BGB nicht unterschreiten.

Das Wesen einer solchen Berechnung ist eine Mangelverteilung, die in einer Quotelung der Unterhaltsansprüche ihren Niederschlag findet. Entsprechend der ermittelten Quoten ist dabei der von dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen nach Abzug des Selbstbehalts verbleibende Betrag („Verteilungsmasse“), auf die Einzelnen Unterhaltsberechtigten, soweit sie im Rang einander gleichstehen, aufzuteilen.

Siehe Beispiele 11 und 12

Verfahren

Das Verfahren zur Abzweigung von Rentenbeträgen wegen Verletzung der Unterhaltspflicht ist im Interesse der Beteiligten unbedingt zügig durchzuführen (§ 9 SGB X - so auch BSG vom 13.05.1987, AZ: 7 RAr 13/86, und BSG vom 28.07.1987, AZ: 7 RAr 39/86, SozR 1200 § 48 Nrn. 11, 12).

  • Antragstellung
    Es gilt das sich aus § 115 Abs. 1 SGB VI ergebende Antragsprinzip (BSG vom 12.05.1982, AZ: 7 RAr 20/81, SozR 1200 § 54 Nr. 6); antragsberechtigt sind der Ehegatte, der Lebenspartner nach dem LPartG und die Kinder, aber auch Stellen (zum Beispiel Sozialhilfeträger) und Personen, die den Unterhalt des Ehegatten, des Lebenspartners nach dem LPartG und der Kinder zumindest teilweise tragen.
    Ein Tätigwerden von Amts wegen ist im Einzelfall jedoch nicht ausgeschlossen (zum Beispiel bei einer Anfrage des Jugendamtes wegen Verletzung der Unterhaltspflicht).
  • Beginn der Abzweigung
    Abzweigungsanträgen kann generell nach § 48 SGB I nur für die Zukunft - ausgehend vom Zeitpunkt der Entscheidung über die Abzweigung bei laufenden Geldleistungen - entsprochen werden. Der Abzweigungsbescheid erfasst im Ausnahmefall auch Nachzahlungsbeträge, soweit sie für die Zeit nach dem Abzweigungsantrag zur Verfügung stehen und noch nicht ausgezahlt wurden.
  • Anhörung
    Vor der Abzweigung von Rentenbeträgen gemäß § 48 SGB I ist nach Eingang des Antrags unverzüglich eine Anhörung gemäß § 24 SGB X durchzuführen. Dabei ist dem Rentenberechtigten insbesondere die Gelegenheit zu geben, sich zu seiner Unterhaltsverpflichtung und gegebenenfalls zu ihrer Verletzung zu äußern. Gleichzeitig ist - sofern sich dies dem Abzweigungsbegehren nicht entnehmen lässt - der Antragsteller zu befragen, auf welcher Grundlage sich die Unterhaltspflicht begründet und welche rechtlichen Schritte bislang zur Durchsetzung der Unterhaltspflicht unternommen wurden. Soweit der Rentenberechtigte Einwendungen gegen die beabsichtigte Abzweigung erhebt, kann es zweckmäßig sein, dem Antragsteller diese mit der Bitte um Stellungnahme mitzuteilen.
  • Bescheid
    Nach durchgeführter Anhörung gemäß § 24 SGB X ist nach Ablauf der gesetzten Frist unverzüglich der Bescheid mit Rechtsbehelf über die Abzweigung zu erteilen. Dieser Bescheid muss deutlich die Ermessensausübung durch den Rentenversicherungsträger darstellen. Der Bescheid ist sowohl an den Rentenberechtigten als auch an den Abzweigungsempfänger zu richten. Damit sind alle Beteiligten berechtigt, Rechtsmittel gegen den Bescheid einzulegen. Hinsichtlich der Vorgabe einer Befristung der Abzweigung nach § 48 SGB I im Bescheid wird auf die Ausführungen im Abschnitt 5.1 hingewiesen.
    Die Auszahlung des gegebenenfalls abzuzweigenden Leistungsanteils kann der Abzweigungsberechtigte erst ab Wirksamwerden des Bescheides über die Abzweigung verlangen; während der Dauer des Verfahrens steht dem Rentenberechtigten weiter die unverminderte Rente zu (§ 39 SGB X). Dieser Grundsatz gilt allerdings uneingeschränkt nur dann, wenn das Verwaltungsverfahren innerhalb einer angemessenen Zeit abgeschlossen ist. Eine Verzögerung des Verfahrensabschlusses aus Gründen, die der Leistungsträger zu vertreten hat, darf nicht zu Lasten der Unterhaltsberechtigten gehen (BSG vom 29.08.1984, AZ: 1 RJ 82/83, SozR 1200 § 48 Nr. 9).
  • Widerspruch und Klage
    Gegen die Abzweigung können beide Bescheidempfänger Widerspruch einlegen. Der Widerspruch hat nach § 86a Abs. 1 SGG eine aufschiebende Wirkung (vergleiche GRA zu § 86a SGG, Abschnitte 2 und 3). Sie führt dazu, dass die im Bescheid über die Abzweigung erklärte Herabsetzung des Zahlbetrages einstweilen, das heißt bis zur Unanfechtbarkeit des Widerspruchsbescheides, nicht vollzogen wird.
    Bei einer anschließenden Klageerhebung gegen die Abzweigung tritt ebenfalls eine aufschiebende Wirkung gemäß § 86a Abs. 1 SGG ein. Auf die Ausführungen in der GRA zu § 86a SGG, Abschnitt 9 wird insoweit hingewiesen.

Empfangsberechtigte

Die Auszahlung der Geldleistungen kann nicht nur an den Ehegatten, den Lebenspartner nach dem LPartG und die Kinder erfolgen, sondern auch an die Person oder Stelle, die den Unterhalt gewährt (§ 48 Abs. 1 S. 4 SGB I). Ein Verwandtschaftsverhältnis der den Unterhalt gewährenden Person zu dem Unterhaltsberechtigten ist nicht erforderlich. Unterhaltsgewährende Stellen sind sowohl juristische Personen des Privat- und öffentlichen Rechts als auch zum Beispiel Heime, Anstalten oder karitative Organisationen.

Gewähren von Unterhalt bedeutet, die tatsächliche (zumindest teilweise) Befriedigung der Lebensbedürfnisse durch persönliche oder sächliche Zuwendungen.

Verschollenheit des Unterhaltspflichtigen

Die Verschollenheit des Rentenberechtigten (§ 49 SGB VI) schließt eine Abzweigung nach § 48 SGB I nicht aus. Insoweit sind die Ausführungen in der GRA zu § 49 SGB VI, Abschnitt 5 zu beachten.

Konkurrenzen

Eine Konkurrenz im Sinne der folgenden Ausführungen liegt vor, wenn verschiedene Belastungen betragsmäßig denselben Leistungsanteil betreffen. Eine Konkurrenz ist nicht gegeben, wenn die vorhandenen Belastungen unterschiedliche Rententeile erfassen.

Rangfolge beim Zusammentreffen von Abzweigung und Abzweigung

Ein Konkurrenzverhältnis kann aus rechtlichen Gründen nicht entstehen. Der auf einen Antrag nach § 48 SGB I gegebenenfalls abzuzweigende Betrag ist stets unter Beachtung sämtlicher Unterhaltsverpflichtungen des Leistungsberechtigten, soweit diese den gleichen Rang haben, zu bestimmen. Rechtsunerheblich ist dabei, ob und gegebenenfalls inwieweit der Leistungsberechtigte seiner Unterhaltspflicht direkt, indem er Unterhaltsberechtigten tatsächlich Unterhalt zahlt, oder indirekt, indem Unterhaltsberechtigten Teile seiner Rente nach § 48 SGB I ausgezahlt werden, nachkommt.

Wird durch einen weiteren (späteren) Antrag nach § 48 SGB I bekannt, dass bei einer früheren Entscheidung nach § 48 SGB I eine weitere Person mit ihrem Unterhaltsanspruch gegenüber dem Leistungsberechtigten hätte berücksichtigt werden müssen, so ist diese frühere Entscheidung zu überprüfen und der nach § 48 SGB I abzuzweigende Betrag gegebenenfalls neu zu bestimmen.

Rangfolge beim Zusammentreffen von Abzweigung und Abtretung, Pfändung (§§ 53 bis 54 SGB I)

Die Abzweigung ist gegenüber den genannten Forderungen immer nachrangig.

Rangfolge beim Zusammentreffen mit einem Erstattungsanspruch

Die Rangfolge beim Zusammentreffen einer Abzweigung mit einem Erstattungsanspruch nach den §§ 102 ff. SGB X ist in der GRA zu § 106 SGB X, Abschnitt 4, Zusammentreffen von Erstattungsansprüchen nach §§ 102 ff. SGB X mit sonstigen Ansprüchen, geregelt.

Rangfolge beim Zusammentreffen von Abzweigung und Insolvenz

Ein Konkurrenzverhältnis zwischen einer Abzweigung nach § 48 SGB I und einem Insolvenzverfahren tritt ein, wenn sich der abzuzweigende Betrag in den massezugehörigen (pfändbaren) Teil der laufenden Geldleistung erstreckt. Eine gleiche Situation kann sich schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben, wenn das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.

Sobald die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auf den - gegebenenfalls zunächst nur vorläufigen - Insolvenzverwalter oder Treuhänder übergegangen ist, ist der Teil der Rente/Geldleistung, der nach der Tabelle zu § 850c ZPO der Pfändung unterworfen und damit massezugehörig ist, nicht mehr an den Berechtigten beziehungsweise an den durch die Entscheidung nach § 48 Abs. 1 SGB I Begünstigten auszuzahlen, sondern an den (vorläufigen) Insolvenzverwalter oder Treuhänder. Das gilt mithin auch für einen bisher nach § 48 Abs. 1 SGB I von der Rente/Geldleistung abgezweigten Betrag, soweit dieser nicht dem pfändungsfreien Renten- beziehungsweise Leistungsteil entnommen worden ist. Im Rahmen der Feststellung des von der Rente/Geldleistung pfändbaren Betrages nach der Tabelle zu § 850c ZPO sind auch die unterhaltsberechtigten Angehörigen zu berücksichtigen, die erst über die Anwendung des § 48 SGB I Unterhalt erhalten.

Den Unterhaltsberechtigten ist für die Dauer des Insolvenzverfahrens und eines eventuell nachfolgenden Restschuldbefreiungsverfahrens auch über den Weg einer Abzweigung nach § 48 Abs. 1 SGB I der (weitere) Zugriff auf den Teil der Rente/Geldleistung, der nach der Tabelle zu § 850c ZPO allgemein der Pfändung unterworfen ist, verwehrt. In dieser Zeit können sie auch im Rahmen des § 48 Abs. 1 SGB I auf die Rente/Geldleistung nur bis zu dem Betrag Anspruch erheben, um den der nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfändungsfreie Teil dieser Leistung den - regelmäßig nach der Düsseldorfer Tabelle zu bestimmenden - notwendigen Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen übersteigt (also die Differenz zwischen dem notwendigen Eigenbedarf und dem Pfändungsfreibetrag nach § 850c ZPO). Die rechtliche Ausgangssituation ist damit hier keine andere als bei einer Unterhaltspfändung nach § 850d ZPO. Auch diese ist gegen einen Berechtigten, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, lediglich noch insoweit zulässig, als sie sich auf den pfändbaren Betrag der Rente/Geldleistung erstreckt, der dem Zugriff anderer Gläubiger entzogen ist.

Siehe Beispiel 13

Besonderheiten bei Rehabilitationsverfahren

Im Falle der Verletzung der Unterhaltspflicht während der Durchführung von Leistungen zur Teilhabe gelten nachfolgende Besonderheiten.

Einkommen des Unterhaltspflichtigen

Zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen, das im Rahmen der nach der Düsseldorfer Tabelle zu treffenden Feststellungen zu berücksichtigen ist, gehören - wie in Abschnitt 6.1.1 bereits erläutert - sämtliche Einkünfte des Versicherten.

Hiervon werden allerdings Sach- und Dienstleistungen, die in Form von Geld (sogenannte Geldsurrogate) an den Versicherten erbracht werden, nicht erfasst. Entgegen der bisherigen Auffassung hat die Arbeitsgruppe „Durchführung der Rehabilitation“ in ihrer Sitzung 1/2000 vom 07. und 08.03.2000 unter TOP 7 (siehe AGDR 1/2000, TOP 7) beschlossen, dass diese Leistungen weder übertragen, verpfändet noch gepfändet werden können.

Der Wert der freien Kost (und selbstverständlich auch der Wert der freien Wohnung), die der Versicherte während der Rehabilitationsleistung erhält, gehört ebenfalls nicht mehr zum Einkommen des Versicherten.

Des Weiteren sind bei Übergangsgeldbeziehern - entgegen den Ausführungen in Abschnitt 6.1.1 - im Rahmen der Einkommensermittlung des Unterhaltspflichtigen keine berufsbedingten Aufwendungen abzuziehen.

Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen

Es gelten grundsätzlich die Aussagen in Abschnitt 6.1.2. Übergangsgeldbezieher werden grundsätzlich einem nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen gleichgestellt. Dies gilt auch für Übergangsgeldbezieher aufgrund der Teilnahme an einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Mit Urteil vom 26.10.2000 hat das LSG Nordrhein-Westfalen (9. Senat, AZ: L 9 AL 162/99) die Auffassung des OLG Dresden bestätigt, nach der derjenige, der eine Entgeltersatzleistung während einer beruflichen Bildungsmaßnahme bezieht, aus unterhaltsrechtlicher Sicht eines besonderen finanziellen Anreizes nicht bedarf, damit er die Bildungsmaßnahme fortsetzt. Wegen der besonderen Verantwortung gegenüber unterhaltsberechtigten Kindern ist es dem Unterhaltspflichtigen vielmehr zuzumuten, sich in seiner Lebensführung während der Bildungsmaßnahme so einzurichten, dass ein nennenswerter Verpflegungsmehraufwand nicht entsteht. Das BSG stimmt der Rechtsauffassung zu, dass der Selbstbehalt für einen nicht Erwerbstätigen zu Grunde zu legen ist. Dies ergäbe sich schon aus dem Wortlaut „erwerbstätig“ (BSG vom 13.07.2006, AZ: B 7a AL 24/05 R, Randziffer 14)

Soweit die Düsseldorfer Tabelle jetzt noch eine entsprechende Differenzierung vorschreibt, nämlich beim Kindesunterhalt, ist für den Übergangsgeldbezieher somit generell der Selbstbehalt eines nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich zugrunde zu legen.

Medizinische Rehabilitation

Wie bereits in Abschnitt 7 dargestellt, ist gemäß § 24 SGB X vor Durchführung der Abzweigung eine Anhörung des Leistungsberechtigten durchzuführen. Die Einbehaltung der abzuzweigenden Beträge ist erst nach Bekanntgabe des Abzweigungsbescheides möglich.

Aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zur Durchführung der Anhörung muss dem Leistungsberechtigten im Regelfall eine Äußerungsfrist von zwei Wochen ohne Anrechnung von Postlaufzeiten verbleiben. Dies bedeutet, dass eine Abzweigung von Beträgen für die Dauer einer dreiwöchigen medizinischen Rehabilitationsleistung aus Zeitgründen in der Regel nicht in Betracht kommt (BSG vom 28.07.1987, AZ: 7 RAr 39/86).

Beispiel 1: Leistungsfähigkeit des Rentenempfängers

(Beispiel zu Abschnitt 3.2.2.3)

Der nicht erwerbstätige Ehemann verfügt allein über eine Rente von

a) monatlich 1.300,00 EUR

b) monatlich 650,00 EUR

Die getrennt lebende Ehefrau bezieht Sozialhilfe.

Lösung:

Im Fall a) übersteigt die monatliche Rente des Ehemannes den für seine Leistungsfähigkeit bei der Anwendung des § 48 SGB I maßgebenden monatlichen Selbstbehalt; es besteht also Leistungsfähigkeit.

Die Ehefrau bezieht Sozialhilfe, sodass bei ihr Bedürftigkeit vorliegt. Damit besteht ein Unterhaltsanspruch der Ehefrau gegen ihren Ehemann; die Höhe des Unterhaltsanspruches ist nach Abschnitt 5 der Gemeinsamen Rechtlichen Anweisung zu berechnen.

Im Fall b) liegt der Ehemann mit seinem monatlichen Einkommen unterhalb des für die Anwendung des § 48 SGB I maßgebenden monatlichen Selbstbehalts; es besteht also keine Leistungsfähigkeit. Das Fehlen der Leistungsfähigkeit hat zur Folge, dass die Ehefrau trotz ihrer Unterhaltsbedürftigkeit keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehemann hat.

Beispiel 2: Ermittlung des abzweigbaren Betrages (Prozentsatz des Mindestunterhalts)

(Beispiel zu Abschnitt 6.1.3.1)

Mit dem Ersuchen vom 15.03.2013 nach § 48 SGB I wird ausdrücklich beantragt, dass der nach § 48 SGB I abzuzweigende Leistungsanteil (Unterhaltsbetrag) gemäß § 1612a Abs. 1 S. 1 BGB als Prozentsatz des Mindestunterhalts festgestellt werden soll. Für das Kind im Alter von 4 Jahren ermittelt der Rentenversicherungsträger nach der Düsseldorfer Tabelle einen Unterhaltsbedarf von 365,00 EUR (Altersstufe 1 in der Einkommensgruppe 4).

Lösung:

Der Betrag von 365,00 EUR entspricht nach der Berechnungsmethode des § 1612a Abs. 1 BGB einem Unterhalt von 115 % des Mindestunterhalts (365 geteilt durch 317 mal 100 ist gleich 115 %). Nach Abzug des hälftigen Kindergelds (92,00 EUR) beläuft sich der nach § 48 SGB I abzuzweigende Betrag auf 273,00 EUR.

Beispiel 3: Maßgebendes Einkommen bei Zusammenrechnung von Rente mit Arbeitsentgelt

(Beispiel zu Abschnitt 6.1.1)

  • Rente des Unterhaltspflichtigen ab 01.07.2013 = monatlich 600,00 EUR
  • Erwerbseinkommen des Unterhaltspflichtigen ab 01.07.2013 = monatlich 660,00 EUR

Lösung:

Das im Rahmen der Prüfung und Feststellungen nach der Düsseldorfer Tabelle zu berücksichtigende monatliche Einkommen beläuft sich auf 1.210,00 EUR; es setzt sich zusammen aus 600,00 EUR Rente und 610,00 EUR Erwerbseinkommen (660,00 EUR minus 50,00 EUR Mindestbetrag für berufsbedingte Aufwendungen).

Beispiel 4: Abzweigbarer Betrag bei Rente und Erwerbseinkommen des Unterhaltsverpflichteten

(Beispiel zu Abschnitt 6.1.2)

  • Rente des Unterhaltspflichtigen = monatlich 700,00 EUR
  • Erwerbseinkommen des Unterhaltspflichtigen = monatlich 500,00 EUR

Nach der Düsseldorfer Tabelle sind von dem Erwerbseinkommen 450,00 EUR zu berücksichtigen (500,00 EUR minus 5 % beziehungsweise 50,00 EUR mindestens).

Lösung:

Da der Selbstbehalt des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen 1.000,00 EUR (Stand 01.01.2013 bis 31.12.2014) beträgt, stehen für den Unterhalt der Kinder nur insgesamt 150,00 EUR „Verteilungsmasse“ zur Verfügung (1.200,00 EUR minus 50,00 EUR Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen und 1.000,00 EUR Selbstbehalt).

Beispiel 5: Eingruppierung des Unterhaltsverpflichteten in eine Einkommensgruppe (1 Kind)

(Beispiel zu Abschnitt 6.2.1.1)

  • Bereinigtes Einkommen des Unterhaltspflichtigen = monatlich 2.320,00 EUR
  • Unterhaltspflicht besteht nur gegenüber einem Kind (Stand 2013).

Lösung:

Der Unterhaltspflichtige ist eigentlich der 4. Einkommensgruppe (2.301 bis 2.700) zuzuordnen; da nur ein Kind unterhaltsberechtigt ist, kommt eventuell eine Eingruppierung in die Gruppe 5 in Betracht.

Da jedoch der obere Grenzwert der 3. Einkommensgruppe nur um 20,00 EUR überschritten wird, ist gegebenenfalls von einer Höhergruppierung in die Gruppe 5 abzusehen.

Alternativ kann aber auch von einem Zwischenwert ausgegangen werden, und dieser könnte zum Beispiel für ein Kind der 3. Altersstufe wie folgt errechnet werden:

  • „Bandbreite“ der Gruppe 4 (von 2.301 bis 2.700) = 400,00 EUR
  • Überschreitung des unteren Grenzwertes um 20,00 EUR
  • Dies entspricht 5 % der „Bandbreite“.
  • Die Differenz zwischen dem Unterhalt der 3. Altersstufe in der Einkommensgruppe 4 (490,00 EUR) und dem der 3. Altersstufe in der Einkommensgruppe 5 (512,00 EUR) beträgt 22,00 EUR.

Es könnte daher angemessen sein, den Unterhalt des Kindes der Einkommensgruppe 4 um 1,10 EUR (1/20 mal 22,00 EUR) von 490,00 EUR auf 491,10 EUR zu erhöhen.

Beispiel 6: Berechnung des abzweigbaren Betrages bei Unterschreitung des Bedarfskontrollbetrages

(Beispiel zu Abschnitt 6.2.1.2)

  • Bereinigtes monatliches Einkommen des erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (Stand 01.01.2013 bis 31.12.2014) in Höhe von 1.700,00 EUR
  • Unterhaltsberechtigt sind zwei Kinder im Alter von 13 und 15 Jahren.

Lösung:

Der Bedarfskontrollbetrag der Einkommensgruppe 2 beläuft sich auf 1.100,00 EUR.

Nach Abzug des Kindesunterhalts in Höhe von 356,00 EUR (Bedarf nach der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes von 448,00 EUR minus 92,00 EUR) mal 2 ist gleich 712,00 EUR würden dem Unterhaltspflichtigen jedoch nur 988,00 EUR verbleiben, sodass der Bedarfskontrollbetrag um 112,00 EUR unterschritten wäre.

Der Unterhalt der untersten Einkommensgruppe 1 (Altersstufe 3) beträgt 334,00 EUR (426,00 EUR minus 92,00 EUR), in der Summe 668,00 EUR (2 mal 334,00 EUR). Der dem Unterhaltspflichtigen für den eigenen Unterhalt verbleibende Betrag beläuft sich danach auf 1.032,00 EUR (1.700,00 EUR minus 668,00 EUR); damit ist sowohl der Bedarfskontrollbetrag der untersten Einkommensgruppe als auch der Selbstbehalt von 1.000,00 EUR gewahrt. Demzufolge hat der Unterhaltspflichtige Kindesunterhalt in Höhe von 668,00 EUR (2 mal 334,00 EUR) zu leisten.

Beispiel 7: Berücksichtigung eines „Zählkindes“

(Beispiel zu Abschnitt 6.2.1.3.3)

Es besteht Anspruch auf Kindergeld für Kinder A und B in Höhe von jeweils 184,00 EUR und für Kind C in Höhe von 190,00 EUR; Kinder A und B sind voreheliche Kinder der Ehefrau, bei Kind C handelt es sich dagegen um ein gemeinsames Kind der Eheleute; das Kindergeld wird für alle Kinder an die Kindesmutter, bei der sich die Kinder aufhalten, gezahlt.

Lösung:

Der von dem Unterhaltspflichtigen für das Kind C nach der Düsseldorfer Tabelle zu zahlende Kindesunterhalt ist nur um die Hälfte des für die ersten 2 Kinder zu zahlenden Kindergeldes von 92,00 EUR je Kind zu mindern.

Beispiel 8: Anrechnung einer Ausbildungsvergütung bei der Ermittlung des Unterhalts

(Beispiel zu Abschnitt 6.2.1.4)

  • Kindesunterhalt (Einkommensgruppe 1, Altersstufe 3, abzüglich des hälftigen Kindergeldes von 92,00 EUR) = monatlich 334,00 EUR
  • Das anspruchsberechtigte Kind lebt bei dem anderen Elternteil (Stand 01.01.2013 bis 31.12.2014).
  • Ausbildungsvergütung = monatlich 310,00 EUR

Lösung:

Von der Ausbildungsvergütung in Höhe von 310,00 EUR sind 220,00 EUR anzurechnen (310,00 EUR minus 90,00 EUR ausbildungsbedingter Mehrbedarf), davon jedoch jeweils zur Hälfte in Höhe von 110,00 EUR auf den Bar- und Betreuungsunterhalt. Der Unterhaltspflichtige hat daher noch Unterhalt in Höhe von 224,00 EUR (334,00 EUR minus 110,00 EUR) zu zahlen.

Beispiel 9: Abzweigbarer Betrag bei Rente und Erwerbseinkommen des Unterhaltsverpflichteten gegenüber seinem nicht erwerbstätigen Ehegatten

(Beispiel zu Abschnitt 6.4.1)

  • Rente des Unterhaltspflichtigen ab 01.07.2013 = 1.200,00 EUR
  • Hinzuverdienst des Unterhaltspflichtigen ab 01.07.2013 = 525,00 EUR

Lösung:

Der angemessene Unterhalt des nicht erwerbstätigen unterhaltsberechtigten Ehegatten errechnet sich wie folgt:

  • 1/2 der Rente (1/2 mal 1.200,00 EUR) = 600,00 EUR
  • 3/7 des Hinzuverdienstes (3/7 mal 525,00 EUR) = 225,00 EUR

Insgesamt = 825,00 EUR

Beispiel 10: Unterhaltsansprüche zwischen Ehegatten mit gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kindern

(Beispiel zu Abschnitt 6.4.2)

  • Erwerbseinkommen des Unterhaltspflichtigen ab 01.07.2013 = 2.300,00 EUR
  • Rente des Unterhaltspflichtigen ab 01.07.2013 = 350,00 EUR

Unterhaltspflicht besteht gegenüber dem getrennt lebenden Ehegatten, der über kein eigenes Einkommen verfügt, und gegenüber zwei Kindern im Alter von 2 beziehungsweise 3 Jahren.

Lösung:

a)

Ein Vorwegabzug des Kindesunterhalts (Tabellenbetrag abzüglich des hälftigen Kindergeldes) der 4. Einkommensgruppe (2.301 bis 2.700) in Höhe von 273,00 EUR (365,00 EUR minus 92,00 EUR) mal 2 ist gleich 546,00 EUR ist nicht zulässig, denn dem Unterhaltspflichtigen verblieben danach unter Berücksichtigung des von ihm zu leistenden Ehegattenunterhalts nur 1.182,00 EUR und damit weniger als der für diese Einkommensgruppe geltende Bedarfskontrollbetrag von 1.300,00 EUR. Dies ist das Ergebnis der nachfolgend dargestellten Berechnung:

Der Unterhalt von 546,00 EUR ist anteilig vom Erwerbseinkommen und von der Rente des Unterhaltspflichtigen abzuziehen:

  • 546 mal 2.300/2.650 = 473,89 EUR
  • 546 mal 350/2.650 = 72,11 EUR

Insgesamt = 546,00 EUR

 

Der Unterhaltsanspruch des Ehegatten errechnet sich wie folgt:

  • 2.300,00 EUR minus 473,89 EUR = 1.826,11 EUR mal 3/7 = 782,62 EUR
  • 350,00 EUR minus 72,11 EUR = 277,89 EUR mal 1/2 = 138,95 EUR

Insgesamt = 921,57 EUR

 

Prüfung des Bedarfskontrollbetrages:

Einkommen des Unterhaltspflichtigen = 2.650,00 EUR

  • Kindesunterhalt = 546,00 EUR
  • Ehegattenunterhalt (aufgerundet auf volle EUR) = 922,00 EUR

Dem Unterhaltspflichtigen würden 1.182,00 EUR verbleiben.

 

b)

Da der Bedarfskontrollbetrag der 4. Gruppe von 1.300,00 EUR unterschritten wird, ist deshalb durch die nachfolgend dargestellte Berechnung zu prüfen, ob der Kindesunterhalt entsprechend der nächstniedrigeren Einkommensgruppe 3 (1.901 bis 2.300) zu bemessen ist:

Der Kindesunterhalt (gemindert um das hälftige Kindergeld) in Höhe von 257,00 EUR (349,00 EUR minus 92,00 EUR) mal 2 ist gleich 514,00 EUR insgesamt ist wiederum anteilig von dem Erwerbseinkommen und von der Rente des Unterhaltspflichtigen abzuziehen:

  • 514 mal 2.300/2.650 = 446,11 EUR
  • 514 mal 350/2.650 = 67,89 EUR

Insgesamt = 514,00 EUR

 

Der Unterhaltsanspruch des Ehegatten errechnet sich wie folgt:

  • 2.300,00 EUR minus 446,11 EUR = 1.853,89 EUR mal 3/7 = 794,52 EUR
  • 350,00 EUR minus 67,89 EUR = 282,11 EUR mal 1/2 = 141,06 EUR

Insgesamt = 935,58 EUR

 

Prüfung des Bedarfskontrollbetrages:

Einkommen des Unterhaltspflichtigen = 2.650,00 EUR

  • Kindesunterhalt = 514,00 EUR
  • Ehegattenunterhalt (aufgerundet auf volle EUR) = 936,00 EUR

Dem Unterhaltspflichtigen würden nur verbleiben = 1.200,00 EUR

 

Der Bedarfskontrollbetrag der 3. Einkommensgruppe von 1.200,00 EUR ist damit gewahrt; das Einkommen des Unterhaltspflichtigen erfährt faktisch folgende Aufteilung:

  • Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen = 1.200,00 EUR
  • Ehegattenunterhalt = 936,00 EUR
  • Kindesunterhalt = 514,00 EUR

Insgesamt = 2.650,00 EUR

Beispiel 11: Mangelfallberechnung

(Beispiel zu Abschnitt 6.5)

Zwei Kinder im Alter von 4 und 7 Jahren von unterschiedlichen Müttern verlangen von ihrem Vater, der über ein Einkommen aus Rente und Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.250,00 EUR verfügt, Unterhalt. Das Kindergeld für beide Kinder erhält die jeweilige Kindesmutter; selbst ist keine von ihnen unterhaltsberechtigt (Stand 01.01.2013 bis 31.12.2014).

Lösung:

Der Unterhaltsbedarf der beiden Kinder beläuft sich nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.01.2013) auf 317,00 EUR beziehungsweise 364,00 EUR. Auf diesen Unterhaltsbedarf ist das hälftige Kindergeld von jeweils 92,00 EUR anzurechnen, sodass für das jüngere Kind sich ein tatsächlicher Bedarf von 225,00 EUR und für das ältere Kind sich ein solcher von 272,00 EUR ergibt.

Da das um diese Beträge geminderte Einkommen des Vaters von 1.250,00 EUR mit 753,00 EUR (1.250,00 EUR minus 497,00 EUR) geringer ist als der dem Unterhaltspflichtigen zustehende Selbstbehalt von 1.000,00 EUR, muss eine Mangelberechnung durchgeführt werden.

  • Verteilungsmasse (unter Wahrung des Selbstbehalt des Vaters) = 250,00 EUR
  • Unterhaltsansprüche der Kinder in der Summe = 497,00 EUR
  • Kind (4 Jahre alt): 225,00 EUR mal 250 : 497 = 113,00 EUR
  • Kind (7 Jahre alt): 272,00 EUR mal 250 : 497 = 137,00 EUR

Der den Kindern nach Durchführung einer Mangelberechnung geschuldete Unterhalt beträgt in der Summe 250,00 EUR (113,00 EUR plus 137,00 EUR) und entspricht damit dem Betrag des Einkommens, der über den Selbstbehalt des Kindesvaters von 1.000,00 EUR hinausgeht.

Beispiel 12: Mangelfallberechnung

(Beispiel zu Abschnitt 6.5)

Drei Kinder im Alter von 8, 10 und 14 Jahren verlangen von dem Vater, der über ein Einkommen aus Rente und Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.600,00 EUR verfügt, Unterhalt. Das Kindergeld erhält die Kindesmutter; sie selbst ist nicht unterhaltsberechtigt (Stand 01.01.2013 bis 31.12.2014).

Lösung:

Zunächst erfolgt eine Herabstufung in die unterste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle („bis 1.500“), da - würde man die Tabellenwerte der zweiten Einkommensgruppe („1.501 bis 1.900“) als Kindesunterhalt ansetzen - der Bedarfskontrollbetrag von 1.100,00 EUR nicht gewahrt wäre.

Der Unterhaltsbetrag beläuft sich somit auf jeweils 364,00 EUR für die zwei jüngeren Kinder und auf 426,00 EUR für das älteste Kind. Auf diesen Unterhaltsbedarf ist jeweils ein hälftiges Kindergeld von 93,00 EUR (92,00 EUR plus 92,00 EUR plus 95,00 EUR geteilt durch 3) anzurechnen, sodass sich für die Mangelberechnung Werte von 2 mal 271,00 EUR und 333,00 EUR, insgesamt 875,00 EUR ergeben.

Verteilungsmasse (unter Wahrung des Selbstbehalts des Vaters)

  • 1.600,00 EUR minus 1.000,00 EUR = 600,00 EUR
  • Unterhaltsansprüche der Kinder in der Summe = 875,00 EUR
  • Kind (8 Jahre alt): 271,00 EUR mal 600 geteilt durch 875 = 186,00 EUR
  • Kind (10 Jahre alt): 271,00 EUR mal 600 geteilt durch 875 = 186,00 EUR
  • Kind (14 Jahre alt): 333,00 EUR mal 600 geteilt durch 875 = 228,00 EUR

Der den Kindern nach Durchführung einer Mangelberechnung geschuldete Unterhalt beträgt in der Summe 600,00 EUR (186,00 EUR plus 186,00 EUR plus 228,00 EUR) und entspricht damit dem Betrag des Einkommens, der über den Selbstbehalt des Kindesvaters von 1.000,00 EUR hinausgeht.

 

Beispiel 13: Abzweigung und Insolvenz

(Beispiel zu Abschnitt 10.4)

Der Rentner bezieht eine Rente von 1.630,00 EUR monatlich. Er lebt von seiner Ehefrau, die keine eigenen Einkünfte hat, getrennt. Weitere unterhaltsberechtigte Angehörige sind nicht vorhanden.

Da der Rentner seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt, stellt die Ehefrau am 10.01.2013 einen Antrag nach § 48 Abs. 1 SGB I. Der Rentenversicherungsträger entspricht diesem Antrag und zahlt in Ausführung der getroffenen Entscheidung seit dem 01.02.2013 monatlich 530,00 EUR von der Rente an die Ehefrau aus.

Am 10.03.2013 wird über das Vermögen des Rentners das (Verbraucher-) Insolvenzverfahren eröffnet. Wen das Insolvenzgericht zum Treuhänder bestimmt hat, ist dem Eröffnungsbeschluss zu entnehmen, von dem auch der Rentenversicherungsträger eine Ausfertigung erhält.

Lösung:

Von der Rente sind nach der Tabelle zu § 850c ZPO 106,95 EUR pfändbar (bei Berücksichtigung einer Unterhaltspflicht für 1 Person). Dieser Betrag ist massezugehörig und daher ab sofort an den Treuhänder, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen des Rentners übergegangen ist, zu zahlen.

Für die Abzweigung nach § 48 Abs. 1 SGB I (bisherige Höhe: 530,00 EUR monatlich) verbleibt danach noch die Differenz zwischen dem Betrag von 1.100,00 EUR (notwendiger Eigenbedarf des Unterhaltspflichtigen) und dem nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfändungsfreien Betrag von 1.523,05 EUR (1.630,00 EUR minus 106,95 EUR). Ab sofort sind daher an die Ehefrau nur noch 423,05 EUR monatlich (1.523,05 EUR minus 1.100,00 EUR) anstelle des bisher geleisteten Betrages von 530,30 EUR zu zahlen. Den Beteiligten ist ein entsprechender Abänderungsbescheid zu erteilen.

Für den Rentner selbst ändert sich insofern nichts, als er wie bisher monatlich 1.100,00 EUR von seiner Rente ausgezahlt erhält.

Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner vom 20.11.2015 (BGBl. I S. 2010)

Inkrafttreten: 26.11.2015

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 18/5901

Durch das Gesetz zur Bereinigung des Rechts der Lebenspartner wurde in den Sätzen 1 und 4 der Begriff der Lebenspartner eingefügt. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gehörten die (gleichgeschlechtlichen) Lebenspartner nicht zu dem nach § 48 SGB I berechtigten Personenkreis, weil sie den Ehegatten in diesem Sinne nicht gleichgestellt waren.

2. SGBÄndG vom 13.06.1994 (BGBl. I S. 1229)

Inkrafttreten: 18.06.1994

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 12/5187, 12/6306, 12/6334

Durch Artikel 1 des 2. SGBÄndG wurde die Angabe ‘§ 54 Absatz 4 Satz 2’ durch die Angabe ‘§ 54 Absatz 5 Satz 2’ ersetzt.

Zwölftes Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 30.06.1989 (BGBl. I S. 1294)

Inkrafttreten: 01.07.1989

Quelle zum Entwurf: BT-Drucksache 11/4686

Durch das Zwölfte Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes wurde Absatz 1 Satz 3 eingefügt und in Absatz 2 nach den Worten ‘Absatz 1’ die Worte ‘Satz 1, 2 und 4’ eingefügt.

Erstes Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs - 1. SGBÄndG - vom 20.07.1988 (BGBl. I S. 1046)

Inkrafttreten: 27.07.1988

Quellen zum Entwurf: BT-Drucksache 11/1004, 11/2460

Durch das 1. SGBÄndG wurde Absatz 1 Satz 2 eingefügt und in Absatz 2 die Worte ‘für Kinder’ ersetzt durch die Worte ‘unter Berücksichtigung von Kindern’.

SGB I vom 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015)

Inkrafttreten: 01.01.1976

Quelle zum Entwurf: BR-Drucksache 305/72

§ 48 SGB I ist gemäß Art. II § 23 Abs. 1 SGB I am 01.01.1976 in Kraft getreten. Die Vorschrift gilt für laufende Geldleistungen von diesem Zeitpunkt an.

Zusatzinformationen

Rechtsgrundlage

§ 48 SGB I