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IVb ZR 74/82

Tatbestand

Der Unterhaltsrechtsstreit befindet sich zum zweiten Mal in der Revisionsinstanz.

Die Klägerin zu 1. und der Beklagte waren seit 3. April 1970 miteinander verheiratet. Seit 11. Dezember 1978 lebten sie getrennt. Durch Urteil vom 10. Juni 1980, rechtskräftig seit 22. Juli 1980, wurde ihre Ehe geschieden. Die 1970 und 1972 geborenen Kläger zu 2. und 3. sind ihre gemeinsamen Kinder. Sie leben bei der Klägerin zu 1., der seit Oktober 1979 die elterliche Sorge übertragen ist und die seit November 1979 das staatliche Kindergeld erhält. Während des Zusammenlebens mit dem Beklagten war die Klägerin zu 1. ab Juni 1978 stundenweise als Kellnerin tätig. Von November 1979 bis März 1980 verdiente sie durch eine Aushilfstätigkeit als Verkäuferin monatlich etwa 250 DM netto. Seitdem geht sie keiner Erwerbstätigkeit mehr nach. Der Beklagte ist als Chemiewerker tätig. Sein durchschnittliches Nettoeinkommen betrug im Jahre 1979 2 384 DM, im Jahre 1980 1 995 DM und 1981 2 564 DM. Er ist hoch verschuldet.

Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin zu 1. ab 1. Januar 1979 eine monatliche Unterhaltsrente von 550 DM und ab 22. Mai 1979 eine solche von 575 DM zu zahlen. Den Klägern zu 2. und 3. hat es ab 1. Januar 1979 eine monatliche Unterhaltsrente von je 250 DM zugesprochen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht dieses Urteil - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - im Ausspruch über den Kindesunterhalt dahin abgeändert, daß es jedem Kind für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober 1979 einen Betrag von 2 125 DM und ab 1. November 1979 eine laufende Unterhaltsrente von monatlich 212,50 DM zuerkannt hat. Hierbei hat es den monatlichen Unterhaltsbedarf der beiden Kinder gleichfalls mit je 250 DM bemessen; für die Zeit bis 31. Oktober 1979 hat es diesen Betrag jedoch um die Hälfte des auf jedes Kind entfallenden und während dieser Zeit vom Beklagten bezogenen Kindergeldes auf (250 + 37,50 =) 287,50 DM erhöht und von dem Gesamtbetrag von (10 x 287,50 =) 2 875 DM je Kind geleistete Zahlungen des Beklagten von je 750 DM abgesetzt. Für die Zeit ab 1. November 1979 hat es den monatlichen Betrag von 250 DM je Kind um die Hälfte des seit dieser Zeit von der Klägerin zu 1. bezogenen Kindergeldes auf (250 - 37,50 =) 212,50 DM gekürzt. Mit Revisionsurteil vom 7. April 1982 (IVb ZR 681/80 - FamRZ 1982, 678) hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben, soweit die Berufung zurückgewiesen worden ist, und den Rechtsstreit insoweit zurückverwiesen. In der neuen Berufungsverhandlung hat der Beklagte (wiederum) die Abweisung der Klage der Klägerin zu 1. sowie die Herabsetzung der zugunsten der Kläger zu 2. und 3. erfolgten Verurteilung auf je 38 DM monatlich für die Zeit vom 1. Januar bis 30. September 1979 und auf je 163 DM monatlich ab 1. Oktober 1979 beantragt. Die Klägerin zu 1. hat klargestellt, daß ihr Klageanspruch nur den Unterhalt für die Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung betrifft. Unter dementsprechender zeitlicher Begrenzung hat das Oberlandesgericht den Ausspruch über den Unterhalt, den das Amtsgericht der Klägerin zu 1. zugebilligt hat, erneut bestätigt und das Urteil insoweit dahin neu gefaßt, daß der Beklagte an die Klägerin zu 1. für die Zeit vom 1. Januar 1979 bis 21. Juli 1980 einen Gesamtbetrag von 10 623 DM (550 DM monatlich vom 1. Januar bis 21. Mai 1979 und 575 DM vom 22. Mai 1979 bis 21. Juli 1980) zu zahlen hat. Im Ausspruch über den Kindesunterhalt hat es das amtsgerichtliche Urteil dahin abgeändert, daß der Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 1979 bis 31. August 1982 einen Unterhaltsbetrag von 8 198 DM an den Kläger zu 2. und von 8 145 DM an die Klägerin zu 3. zu zahlen sowie ab 1. September 1982 eine laufende Unterhaltsrente von 250 DM monatlich an den Kläger zu 2. und von 213,50 DM monatlich an die Klägerin zu 3. zu entrichten hat. Hierbei hat es den monatlichen Unterhaltsbedarf der Kinder im Jahre 1979 auf je 200 DM, 1980 und 1981 auf je 228 DM und vom 1. Januar bis 17. Juli 1982 auf je 251 DM bemessen. Von dem letztgenannten Monatsbetrag ist es bei der Klägerin zu 3. auch für die Folgezeit ausgegangen. Bei dem Kläger zu 2. hat es ab 18. Juli 1982 einen Unterhaltsbedarf von 297 DM zugrunde gelegt. Diese Monatsbeträge hat es während des Kindergeldbezuges durch den Beklagten (1. Januar bis 31. Oktober 1979) um die Hälfte des auf jedes Kind entfallenden Kindergeldes erhöht. Ab 1. November 1979 hat es die entsprechenden Kindergeldanteile von den Monatsbeträgen abgesetzt. Damit ist es zu folgenden monatlichen Endbeträgen gelangt:

1. Januar bis 30. Juni 1979 je (200 + 32,50 =) 232,50 DM

1. Juli bis 31. Oktober 1979 je (200 + 37,50 =) 237,50 DM

1. November bis 31. Dezember 1979 je (200 - 37,50 =) 162,50 DM

1. Januar 1980 bis 31. Januar 1981 je (228 - 37,50 =) 190,50 DM

1. Februar bis 31. Dezember 1981 je (228 - 42,50 =) 185,50 DM

1. Januar bis 17. Juli 1982 je (251 - 37,50 =) 213,50 DM

ab 18. Juli 1982 für die Klägerin zu 3. (251 - 37,50=) 213,50 DM.

Für den Kläger zu 2. hat es ab 18. Juli 1982 einen monatlichen Betrag von (297 - 37,50 =) 259,50 DM errechnet, diesen Betrag jedoch nur in Höhe von 250 DM monatlich zuerkannt, weil eine höhere Unterhaltsrente nicht beantragt sei. Von den für die Zeit vom 1. Januar 1979 bis 31. August 1982 errechneten Gesamtbeträgen von 8 948 DM für den Kläger zu 2. und von 8 895 DM für die Klägerin zu 3. hat das Oberlandesgericht die Zahlungen des Beklagten von 750 DM je Kind in Abzug gebracht. Gegen das Berufungsurteil hat der Beklagte wiederum (zugelassene) Revision eingelegt, mit der er den zurückgewiesenen Teil seines Berufungsbegehrens weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

1. Im ersten Berufungsurteil hatte das Oberlandesgericht bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten dessen Verbindlichkeiten, die nach den Feststellungen aus verschiedenen, während des Zusammenlebens der Ehegatten einverständlich aufgenommenen Krediten herrührten und sich infolge der hohen Zinssätze zuletzt auf über 65 000 DM erhöht hatten, durch den Abzug eines monatlichen Betrages von nur 337,50 DM vom Nettolohn des Beklagten in Höhe von 2 412 DM monatlich berücksichtigt. Zur Begründung hatte es ausgeführt, es sei zwar davon auszugehen, daß Schuldverpflichtungen, die während des ehelichen Zusammenlebens einverständlich eingegangen worden seien, bei der Unterhaltsbemessung im Umfange angemessener Tilgungsraten vom laufenden Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen seien. Indessen habe der Beklagte im Jahre 1979 zur Begleichung seiner Verbindlichkeiten lediglich die Beträge aufgebracht, die ihm im Wege der Lohnpfändung einbehalten worden seien und die im gesamten Jahr 4 051,51 DM oder monatlich rund 337,50 DM ausgemacht hätten. Auch in den Jahren zuvor habe er über die gegen ihn ausgebrachten Pfändungen hinaus keine regelmäßigen Tilgungsraten geleistet. Unter diesen Umständen sei ihm zuzumuten, sich auch weiterhin auf Leistungen an die Gläubiger in Höhe des pfändbaren Teiles seines Nettoeinkommens zu beschränken.

2. Diese Beurteilung hat der Senat im ersten Revisionsurteil beanstandet. Er hat dargelegt, daß es bei der Frage, wie hoch die Tilgungsraten zur unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung von Schulden anzusetzen seien, nicht allein und ausschlaggebend darauf ankommen könne, in welcher Höhe der Unterhaltspflichtige die Schulden bislang laufend abgetragen habe. Habe ein Unterhaltspflichtiger während des Zusammenlebens einen objektiv unvertretbar geringen Teil des Einkommens zur Rückführung der Verbindlichkeiten aufgewendet, könne er daran nicht auch für die Zukunft festgehalten werden, wenn er nunmehr zur Zahlung angemessener Raten entschlossen sei. Zwar sei es im vorliegenden Fall angesichts der festgestellten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den Beklagten zu einer den Schuldenstand vermindernden Tilgung außerstande gesehen habe. Indessen reichten die vom Erwerbseinkommen abgesetzten Beträge nicht einmal aus, um die laufenden Zinsen zu decken. Damit habe die Entscheidung des Oberlandesgerichts zur Folge, daß der Beklagte nicht nur außerstande gesetzt werde, die bereits bestehenden Schulden zurückzuführen, sondern auch die Möglichkeit verliere, wenigstens gegen ein weiteres Anwachsen der Schulden anzugehen. Eine solche Erhöhung der - unterhaltsrechtlich an sich zu berücksichtigenden - Verschuldung könne einem Unterhaltspflichtigen, der ohnehin schon überschuldet sei, grundsätzlich nicht zugemutet werden. Auf jeden Fall sei das Interesse an der Verhinderung einer weiteren Zunahme der Verbindlichkeiten in die umfassende Interessenabwägung einzubeziehen, die nach der Senatsrechtsprechung bei der Frage der unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung von Verbindlichkeiten vorzunehmen sei. Zu dieser Abwägung der Belange, insbesondere zur tatrichterlichen Feststellung des Betrages, um den das Einkommen des Beklagten hiernach im Hinblick auf die Zinslast zu mindern ist, hat der Senat den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

3. Im zweiten Berufungsurteil hat das Oberlandesgericht den Standpunkt eingenommen, die Verpflichtungen des Beklagten gegenüber seinen - nicht bevorrechtigten - Gläubigern könnten nur insoweit berücksichtigt werden, als dadurch nicht der notwendige Unterhalt der Kläger beeinträchtigt werde. Im Revisionsurteil vom 7. April 1982 habe der Senat auf die Ausführungen in seiner Entscheidung vom 7. Oktober 1981 (IVb ZR 598/80 - FamRZ 1982, 23 f.) Bezug genommen, wonach in einem derartigen Fall zu fragen sei, wie sich der Unterhaltspflichtige bei Fortdauer der ehelichen Gemeinschaft verständigerweise verhalten und welche Beträge er bei verantwortlicher Abwägung der Unterhaltsbelange und der Fremdgläubigerinteressen für die Schuldentilgung verwendet hätte. Diese Frage sei dahin zu beantworten, daß der Beklagte neben seinem eigenen notwendigen Unterhalt jedenfalls den Notunterhalt der Kläger sichergestellt hätte, ehe er Zahlungen an seine übrigen Gläubiger geleistet hätte. Die Annahme einer den notwendigen Unterhalt unterschreitenden Alimentierung der Unterhaltsgläubiger zugunsten der Fremdgläubiger sei lebensfremd und würde den Beklagten dem Vorwurf der Unterhaltspflichtverletzung ausgesetzt haben. Auch die Einbeziehung des Interesses des Unterhaltsschuldners an der Verhinderung einer weiteren Zunahme seiner Schulden in die Interessenabwägung könne nicht zu dem Ergebnis führen, daß dem Unterhaltsschuldner die zur Verzinsung seiner Schulden erforderlichen Beträge belassen werden müßten, auch wenn dadurch der notwendige Unterhalt der minderjährigen unverheirateten Kinder und der getrennt lebenden Ehefrau beeinträchtigt werde. Aus dem Vorrang, den der Gesetzgeber gemäß §§ 850 c, 850 d ZPO den Unterhaltsgläubigern gegenüber anderen Gläubigern eingeräumt habe, folge, daß Schulden gleich welcher Art auf seiten des Unterhaltsverpflichteten nur insoweit einkommensmindernd berücksichtigt werden könnten, als dadurch nicht der notwendige Unterhalt der minderjährigen unverheirateten Kinder und des getrennt lebenden Ehegatten beeinträchtigt werde. Demgemäß ständen im vorliegenden Fall der Klägerin zu 1. jedenfalls die im ersten Berufungsurteil zuerkannten Beträge von 550 DM (bis 21. Mai 1979) und 575 DM (ab 22. Mai 1979) monatlich zu, da ihr notwendiger Unterhalt nach den Kölner Unterhaltsrichtlinien auf 918,64 DM (450 DM Grundbetrag und 468,64 DM Miete) zu veranschlagen sei. Der notwendige Unterhalt der Kläger zu 2. und 3. sei nach den jeweiligen Sätzen der ersten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle zu bemessen, die den Sätzen der Regelunterhalt-VO entsprächen.

4. Dieser Beurteilung kann nicht in vollem Umfang gefolgt werden.

a) Bereits in dem auch vom Berufungsgericht zitierten Urteil vom 7. Oktober 1981 (a.a.O. S. 24) hat der Senat für den Anspruch auf Trennungsunterhalt die Auffassung abgelehnt, daß bei einem lediglich zur Deckung des notwendigen Unterhalts ausreichenden Einkommen des Verpflichteten dessen sonstige Schulden nicht zu berücksichtigen seien. An diesem Standpunkt, der im Schrifttum Gefolgschaft gefunden hat (vgl. Soergel/Lange, BGB 11. Aufl. Nachträge § 1361 Rdn. 12; Soergel / Häberle, a.a.O. Nachträge § 1581 Rdn. 14; vgl. auch Palandt / Diederichsen, BGB 43. Aufl. § 1361 Anm. 2 b cc), wird festgehalten. Er steht der Ansicht des Berufungsgerichts entgegen, daß Verbindlichkeiten auf seiten des Unterhaltsverpflichteten nur insoweit einkommensmindernd berücksichtigt werden könnten, als der notwendige Unterhalt des getrennt lebenden Ehegatten nicht beeinträchtigt werde. Daß das Vollstreckungsrecht Unterhaltsberechtigte vor anderen Gläubigern bei der Pfändung bevorrechtigt, rechtfertigt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine andere Beurteilung.

Ansprüchen Unterhaltsberechtigter kommt kein allgemeiner Vorrang vor anderen Verbindlichkeiten des Unterhaltsverpflichteten zu (vgl. Göppinger/Wenz, Unterhaltsrecht 4. Aufl. Rdn. 1155). Andererseits dürfen diese Verbindlichkeiten auch nicht ohne Rücksicht auf die Unterhaltsinteressen getilgt werden. Vielmehr bedarf es nach der Rechtsprechung des Senats eines Ausgleichs der Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger (Senatsurteil vom 25. November 1981 - IVb ZR 611/80 - FamRZ 1982, 157, 158). Dabei erscheint es allerdings im Hinblick auf die vollstreckungsrechtlichen Regeln über die Pfändungsfreigrenzen und das Pfändungsvorrecht Unterhaltsberechtigter gerechtfertigt, die Interessen der Drittgläubiger in Fällen, in denen die Berücksichtigung ihrer Ansprüche den Mindestbedarf Unterhaltsberechtigter beeinträchtigen würde, nicht weiter zu berücksichtigen, als durch die Vollstreckungsvorschriften ohnehin gewährleistet wird. Auch in solchen Fällen bedarf es jedoch der Abwägung der Interessen von Unterhaltsgläubiger und Unterhaltsschuldner. Für deren sachgerechten Ausgleich bieten die vorgenannten vollstreckungsrechtlichen Regeln keine Gewähr. Insoweit sind insbesondere der Zweck der Verbindlichkeiten, der Zeitpunkt und die Art ihrer Entstehung, die Dringlichkeit der beiderseitigen Bedürfnisse, die Kenntnis des Unterhaltsschuldners von Grund und Höhe der Unterhaltsschuld und seine Möglichkeiten bedeutsam, die Leistungsfähigkeit in zumutbarer Weise ganz oder teilweise wieder herzustellen (vgl. Senatsurteil a.a.O.). Zu einer Berücksichtigung dieser Umstände kommt es bei der vom Berufungsgericht verfochtenen alleinigen Orientierung an den vollstreckungsrechtlichen Regeln nicht in ausreichendem Maße.

Daß in Fällen, in denen es um die Deckung des Mindestbedarfs des Unterhaltsberechtigten geht, die Belange der Drittgläubiger über das durch die Vollstreckungsvorschriften gewährleistete Maß hinaus nicht berücksichtigt werden können, kann nicht bedeuten, daß auch das Interesse des Unterhaltsschuldners an der Schuldentilgung und vor allem an der Vermeidung eines weiteren Anwachsens seiner Verbindlichkeiten im Verhältnis zum Unterhaltsgläubiger von vornherein zurückstehen müßte. Wenn auch dessen Interesse an der Sicherung seines notwendigen Unterhalts besonderes Gewicht zukommt, so kann doch die nach Billigkeitsgrundsätzen vorzunehmende Interessenabwägung im Einzelfall ergeben, daß die Zurücksetzung der vorbezeichneten Belange des Schuldners und dessen Belastung mit Unterhaltsleistungen unzumutbar und ungerechtfertigt wäre. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die Verbindlichkeiten im Einverständnis mit dem Unterhaltsberechtigten oder gar in seinem Interesse eingegangen worden sind und dieser dem Verpflichteten nicht den Vorwurf mangelnder Rücksichtnahme auf seine Belange machen kann. Hat sich ein Ehegatte im Einvernehmen mit dem andern und im Zuge der gemeinsamen Lebensführung durch die Eingehung von Verbindlichkeiten im Übermaß verschuldet und seine Leistungsfähigkeit entsprechend eingeschränkt, so kann der unterhaltsberechtigte Partner im Falle der Trennung und der damit verbundenen weiteren Belastung der finanziellen Verhältnisse nicht von vornherein seines notwendigen Unterhalts sicher sein. Zwar hat der Verpflichtete sich unter Ausnutzung aller zumutbaren Möglichkeiten um die Rückgängigmachung der getroffenen Dispositionen und die weitestmögliche Wiederherstellung seiner Leistungsfähigkeit - auch durch Verwertung von nicht dringend benötigten, mit hohen Schulden belasteten Gegenständen - zu bemühen. Soweit das nicht gelingt, muß sich jedoch der Unterhaltsberechtigte daran festhalten lassen, daß die Einkünfte des Verpflichteten nur zu einem Teil für den Unterhalt zur Verfügung stehen. Er muß sich unter Umständen mit einer den notwendigen Unterhalt unterschreitenden Alimentierung zufriedengeben und sich die fehlenden Mittel unter äußerster Anspannung seiner Kräfte durch einen über das im allgemeinen Gebotene hinausgehenden Einsatz selbst verschaffen. Das gilt jedenfalls, wenn die Verschuldung des Verpflichteten, wie im vorliegenden Fall, ein Ausmaß erlangt hat, daß er nicht einmal zur Begleichung der laufenden Zinsen in der Lage ist und Unterhaltsleistungen an den Berechtigten daher nur auf Kosten einer entsprechenden Erhöhung des Schuldenstandes möglich sind, dessen Amortisation den Verpflichteten ohnehin auf Jahrzehnte im vollstreckungsrechtlich höchstzulässigen Maße belasten wird. Hier kann die Inanspruchnahme des Verpflichteten durch den getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten zu einer derartigen Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens führen, daß die Grenze des Zumutbaren überschritten wird.

Eine Abwägung der Belange der Klägerin zu 1. und des Beklagten nach diesen Grundsätzen ist bisher nicht erfolgt. Vielmehr hat sich das Oberlandesgericht aus generellen, nicht in den Besonderheiten dieses Falles liegenden Gründen gehindert gesehen, bei der Unterhaltsbemessung die bisher zugesprochenen Beträge zu unterschreiten. Da nicht auszuschließen ist, daß bei einer sachgerechten umfassenden Interessenabwägung die Unterhaltsrente der Klägerin zu 1. hinter den bisher erkannten Beträgen zurückbleibt oder gar entfällt, kann die Verurteilung des Beklagten zugunsten der Klägerin zu 1. nicht bestehen bleiben.

b) Daß sonstige Schulden des Unterhaltsverpflichteten nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben dürfen, wenn das Einkommen lediglich zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts ausreicht, hat nicht nur für den Unterhalt getrennt lebender oder geschiedener Ehegatten, sondern auch für den Verwandtenunterhalt nach §§ 1601 ff. BGB zu gelten (ebenso Soergel/ Häberle, a.a.O. Nachträge § 1603 Rdn. 9; vgl. auch Palandt / Diederichsen, a.a.O. § 1603 Anm. 3 b). Gleichwohl hat die Verurteilung des Beklagten zu Unterhaltsleistungen an die Kläger zu 2. und 3. im wesentlichen Bestand. Denn es erscheint ausgeschlossen, daß die entsprechend den vorstehenden Ausführungen nach Billigkeitsgrundsätzen vorzunehmende Abwägung der berechtigten Interessen des Beklagten und seiner minderjährigen unverheirateten Kinder, denen er nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB verschärft unterhaltspflichtig ist, zu einer Unterhaltsbemessung führt, die den für ein nichteheliches Kind der entsprechenden Altersstufe festgesetzten Regelbedarf (§ 1610 Abs. 3 BGB) unterschreitet. Vor allem kann der Umstand, daß die Verbindlichkeiten im Einverständnis mit der Klägerin zu 1. und im Zuge der gemeinsamen Lebensführung eingegangen worden sind, nicht in gleicher Weise wie bei der Klägerin zu 1. zu Lasten der Kläger zu 2. und 3. gehen. Außerdem fällt entscheidend ins Gewicht, daß für diese beiden Kläger bei ihrem Alter von vornherein jede Möglichkeit ausscheidet, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Unterhaltsbedarfs beizutragen. Unter diesen Umständen wird die Herabsetzung des Kindesunterhalts von den im ersten Berufungsurteil zuerkannten Beträgen auf die Sätze der Regelunterhalt-VO den Belangen des Beklagten in ausreichendem Maße gerecht. Daß die Kläger zu 2. und 3. nach § 1609 Abs. 2 BGB unterhaltsrechtlich den gleichen Rang einnehmen wie die Klägerin zu 1., steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

c) Einer Korrektur bedarf die Verurteilung des Beklagten zugunsten der Kläger zu 2. und 3. lediglich insoweit, als diesen Klägern für die Zeit ab 1. Januar 1982 höhere Unterhaltsrenten als im ersten Berufungsurteil zuerkannt worden sind. Der Standpunkt des Oberlandesgerichts, auch wenn die Kläger gegen das damalige Berufungsurteil keine Revision eingelegt hätten, sei die Zuerkennung höherer Unterhaltsrenten zulässig, weil in ihrem Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Beklagten eine unselbständige Anschlußberufung zu erblicken sei, unterliegt durchgreifenden Bedenken.

Allerdings kann ein Unterhaltsgläubiger, der in der Berufungsinstanz mit seinem Anspruch teilweise abgewiesen worden ist und diese Abweisung durch das Unterlassen einer Anfechtung rechtskräftig werden läßt, nach einer auf die Revision des Gegners erfolgten Zurückverweisung der Sache wegen einer zwischenzeitlichen wesentlichen Veränderung der für die Verurteilung maßgeblichen Verhältnisse gemäß § 323 ZPO im Wege der Anschlußberufung seinerseits eine Abänderung des Urteils verlangen und eine höhere Unterhaltsrente geltend machen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 1954 - VI ZR 64/54 - LM Nr. 4 zu § 323 ZPO). Daß die Kläger zu 2. und 3. sich hier nach der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht in dieser Weise der Berufung des Beklagten angeschlossen hätten, trifft jedoch nicht zu.

Nach § 522 a Abs. 1 ZPO hätte es dazu der Einreichung einer Berufungsanschlußschrift bei dem Berufungsgericht bedurft. Eine solche Anschlußschrift ist hier nicht eingereicht worden. Die Kläger haben insoweit durch Schriftsatz ihrer Prozeßbevollmächtigten lediglich angekündigt, daß sie den Antrag aus der im ersten Berufungsverfahren eingereichten Berufungserwiderung wiederholen würden. Dieser lautete dahin, die Berufung des Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen. Hierin ist keine Anschließungserklärung zu erblicken. Zwar hätte es dazu keiner ausdrücklichen Erklärung bedurft, daß sich die Kläger der Berufung des Beklagten anschlössen. Vielmehr reicht es zur Wirksamkeit der Anschließung aus, daß durch den Inhalt der Schrift der klare und bestimmte Wille des Anschlußklägers zum Ausdruck kommt, eine Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu seinen Gunsten zu erreichen. Ein Antrag auf Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels oder sonst eine Erklärung, die nur die Abwehr des gegnerischen Begehrens zum Ziel hat, reichen jedoch nicht aus (vgl. BGH NJW 1954, 266, 267; Stein / Jonas / Grunsky, ZPO 20. Aufl. § 522 a Rdn. 4; Fenn, Anschlußbeschwerde im Zivilprozeß und im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit S. 123; Kalamaris, Das Rechtsmittel der Anschlußberufung S. 222 f.).

Danach fehlt es auch hier an einer wirksamen Anschließung, da der eingereichte Schriftsatz keine Erklärung enthielt, die über die bloße Abwehr der Berufung des Beklagten hinausging und sich als ein Begehren auf Abänderung des vorinstanzlichen Urteils zugunsten der Kläger zu 2. und 3. darstellte. Damit verstößt die angefochtene Entscheidung insoweit, als der Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger zu 2. und 3. ab 1. Januar 1982 höhere Unterhaltsrenten als je 212,50 DM monatlich zu zahlen, gegen das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers. Im übrigen steht auch der Zeitpunkt, von dem ab das Oberlandesgericht die erhöhten Unterhaltsbeträge zuerkannt hat, nicht in Einklang mit der für das Abänderungsverfahren maßgeblichen Regelung des § 323 Abs. 3 ZPO.

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